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Bundesblatt 114. Jahrgang

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Bern, den 15. November 1962

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Band II

Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Beziehungen der Schweiz mit dem Europarat (Vom 26. Oktober 1962) Herr Präsident, Hochgeehrte Herren!

In Ausführung des Postulates des Nationalrates vom 20. Juni 1962 (Postulat Bretscher) betreffend die Beziehungen der Schweiz mit dem Buroparat beehren wir uns, Ihnen den vorliegenden Bericht zu unterbreiten.

I. Struktur und Tätigkeit des Europarates 1. Geschichtliches Der Europarat verkörpert den ersten nach dem Ende des zweiten Weltkrieges unternommenen Versuch, ein Forum der Begegnung und der Verständigung zwischen Mitgliedern europäischer Eegierungen und Parlamente zu schaffen. Es war Winston Churchill, der in semer Zürcher Eede vom 19. September 1946 den Anstoss dazu gab. Churchill zog, nachdem er das durch den Krieg verursachte Elend beschrieben hatte, die Aufmerksamkeit auf ein «Mittel, das wie durch ein Wunder die ganze Szene zu verwandeln vermöchte und dem es gelänge, ganz Europa oder doch den grössten Teil dieses Kontinents ebenso frei und glücklich zu machen, wie dies heute die Schweiz ist...» « ...Wir müssen», fügte er hinzu, «eine Art Vereinigte Staaten von Europa gründen.» Zu jener Zeit wurden mehrere private europäische Vereinigungen ins Leben gerufen, die sich das Ziel setzten, innerhalb und mit der öffentlichen Meinung zugunsten der Einigung unseres Kontinents zu kämpfen. Um ihre Anstrengungen zusammenzufassen, schufen sie ein Internationales Komitee zur Koordinierung der Bewegungen für ein vereinigtes Europa.

Bundesblatt. 114. Jahrg. Bd. II.

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1086 Dieses Komitee setzte sich als erste Aufgabe die Vorbereitung eines Europäischen Kongresses, der im Mai 1948 unter dem Vorsitz Winston Churchills stattfand. Er wurde zu einem grossen Erfolg; fast tausend Delegierte aus sechzehn Ländern, darunter die Schweiz, nahmen daran teil. Sie erliessen einen Aufruf zur europäischen Einigung und entwarfen das Konzept einer europäischen Union, einer Beratenden Versammlung und eines Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte.

Im Jahre 1949 war es der Konsultativrat der fünf Brüsseler Vertragsstaaten Frankreich, Grossbritannien, Belgien, die Niederlande und Luxemburg, der sich seinerseits zugunsten der Gründung eines Europarates, bestehend aus einem Ministerkomitee und einer beratenden Körperschaft, aussprach. Verhandlungen mit, andern Staaten führten am 5.Mai in London zur Unterzeichnung des Statuts des Europarates durch zehn europäische Staaten, nämlich Frankreich, Grossbritannien, Belgien, die Niederlande, Luxemburg, Dänemark, Irland, Italien, Norwegen und Schweden. Das Statut trat schon am S.August 1949 in Kraft. Die am Tage der Unterzeichnung veröffentlichte offizielle Erklärung lautete: «Der wichtigste Wesenszug des Statuts liegt in der Gründung eines Ministerkomitees und einer Beratenden Versammlung, die zusammen den Europarat bilden. Von diesen beiden Organismen obliegt dem Ministerkomitee die Ausdehnung der Zusammenarbeit zwischen den Regierungen, während durch das Mittel der Beratenden Versammlung die europäischen Völker ihre Anliegen vorbringen können, sodass eine ständige Verbindung zwischen den Regierungen und der europäischen öffentlichen Meinung gesichert wird.» Folgende Staaten schlössen sich später dem Europarat an: Griechenland, die Türkei, die Bundesrepublik Deutschland, Österreich und schliesslich Zypern. Heute zählt der Europarat also sechzehn Mitglieder.

2. Die Ziele des Europarates In der Präambel seiner Satzung erklären sich die Mitgliedstaaten unerschütterlich verbunden mit den geistigen und sittlichen Werten, die das gemeinsame Erbe ihrer Völker und von jeher die Quelle der persönlichen Freiheit, der politischen Freiheit und der Herrschaft des Rechtes bilden, auf denen jede wahre Demokratie beruht. Im Sinne dieses Ideals und in der Erkenntnis der Notwendigkeit eines engeren Zusammenschlusses verpflichten sie sich dem sozialen
und wirtschaftlichen Fortschritt zwischen den europäischen Ländern.

Diese Grundsätze werden auch in unserem Lande anerkannt und angewendet.

Die Ziele des Europarates sind in Artikel l, Buchstabe a klar definiert: Der Rat hat zur Aufgabe, eine engere Verbindung zwischen seinen Mitgliedern zum Schütze und zur Förderung der Ideale und Grundsätze, die ihr gemeinsames Erbe bilden, herzustellen und ihren wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt zu fördern.

Der Europarat besitzt keinerlei gesetzgeberische Kompetenzen. Artikel l, Buchstabe fc zählt die Mittel auf, die dem Rat zur Verfolgung seiner Ziele zur

1087 Verfügung stehen: Der Abschluss von Abkommen, gemeinschaftliches Vorgehen auf wirtschaftlichem, sozialem, kulturellem und wissenschaftlichem Gebiet und auf den Gebieten des Eechts und der Verwaltung sowie Schutz und Fortentwicklung der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Bei der Tätigkeit des Europarates haben wir es also mit zwischenstaatlicher Zusammenarbeit im Eahmen einer permanenten internationalen Organisation zu tun.

Obwohl von politischen Fragen im Statut des Europarates nicht die Eede ist, ist offensichtlich, dass dessen sachlicher Zuständigkeitsbereich grundsätzlich unbeschränkt ist, jedoch mit zwei Ausnahmen: Artikel l, Buchstabe c der Satzung erklärt, die Teilnahme der Mitglieder an den Arbeiten des Europarates dürfe deren Mitwirkung am Werk der Vereinten Nationen und der anderen internationalen Organisationen oder Vereinigungen, denen sie angehören, nicht beeinträchtigen, und Artikel l, Buchstabe d entzieht die Fragen der nationalen Verteidigung der Zuständigkeit des Eates. Namentlich diese letztere Bestimmung hat den Beitritt neutraler Staaten wie Schweden und Österreich erleichtert.

3. Organe a. Ministerkomitee: Das Ministerkomitee ist das Organ, das für und im Namen des Europarates handelt und das diesen gleichzeitig nach aussen vertritt.

Es setzt sich aus Delegierten - im Prinzip den Aussenministern - der Eegierungen der Mitgliedstaaten zusammen. Jede Eegierung kann einen Ersatzmann bezeichnen, der wenn immer möglich Eegierungsmitglied sein sollte. Jeder Delegierte besitzt eine Stimme im Ministerkomitee. Dieses legt der Beratenden Versammlung Berichte vor und kann den Eegierungen Empfehlungen übermitteln.

Der Abstimmungsmodus im Ministerkommitee variiert je nach dem Gewicht der diskutierten Materie. Die Beschlussfassung über wichtige Probleme sowie über an die Eegierungen gerichtete Empfehlungen hat einstimmig hinsichtlich der abgegebenen Stimmen und mit einfacher Mehrheit der Eegierungsvertreter zu erfolgen, die zur Einsitznahme im Komitee berechtigt sind. Über Probleme untergeordneter Bedeutung, über Finanz- und Verfahrensfragen wird mit Zweidrittel- bzw. einfacher Mehrheit entschieden. Das Ministerkomitee tagt grundsätzlich geheim. Der Vorsitz wechselt von Mitglied zu Mitglied.

Zur Wahrung der Kontinuität zwischen den Sitzungsperioden bereitet ein Komitee-hoher Beamter
die Arbeit des Ministerkomitees vor und kann in dessen Namen einstimmig gewisse Entscheidungen untergeordneter Natur treffen.

Dieser Ausschuss ist zum ständigen Organ geworden, dessen Mitglieder Ministerstellvertreter heissen.

Zur Vorbereitung und Prüfung der verschiedenen Fragen, mit denen der Europarat sich befasst, verfügt das Ministerkomitee über zeitweilige und ständige Expertengruppen. Zu nennen sind vor allem der Eat für kulturelle Zusammenarbeit, der Sozialausschuss, der Expertenausschuss für soziale Sicherheit, der Expertenausschuss für ein öffentliches Gesundheitswesen, die Ausschüsse für Kriminalfragen, für Schiedsverfahren, für Menschenrechte, für Eadio und Fern-

1088 sehen, für Zahlungsverpflichtungen in ausländischer Währung, für mehrfache Staatsangehörigkeit, für die Behandlung juristischer Personen, für die Herstellung und den Vertrieb von Weinprodukten und Spirituosen, für das Patentwesen, für die Anerkennung von Diplomen, für ein Konsularabkommen sowie der Konsultativausschuss des Sondervertreters für Flüchtlingsfragen und der Konsultativausschuss für ein europäisches Dienstrecht.

b. Beratende Versammlung: In der Beratenden Versammlung bietet sich den Vertretern der Parlamente der Mitgliedstaaten ein Forum zu öffentlichem Meinungsaustausch. Es handelt sich dabei um eine Neuerung in der Geschichte der internationalen Zusammenarbeit. Gegensärtig gehören der Versammlung 188 Vertreter aus 16 Nationen an. Im einzelnen lautet die Zusammensetzung f olgendermassen :

[ien Bundesrepublik Deutschland Dänemark Frankreich Griechenland Grossbritannien Irland Island Italien Luxemburg Niederlande Norwegen Österreich Schweden Türkei Zypern

c

7 18 5 18 7 18 4 8 18 8 7 5 6 6 10 8

Wie aus der Aufstellung ersichtlich ist, bestimmt sich die Anzahl der Vertreter pro Land nicht nach dem Prinzip der Gleichheit der Staaten, sondern ist eine Funktion der Bevölkerungszahl. Um jedoch einerseits den volkreichen Staaten kein zu grosses Übergewicht zu verleihen und anderseits den kleineren Mitgliedstaaten zu ermöglichen, Vertreter all ihrer wichtigen Parteien abzuordnen, wurde eine gewogene Abstufung vorgenommen. Schweden z.B. entsendet der Anzahl nach ein Drittel der Abgeordneten Grossbritanniens, obwohl seine Bevölkerung nur ein Siebentel derjenigen des Vereinigten Königreichs ausmacht.

Die Anzahl der jedem Land in der Beratenden Versammlung zustehenden Sitze wird vom Ministerkomitee fixiert. Die Abgeordneten vertreten nicht etwa ihre Eegierungen oder ihr nationales Parlament, wenn auch die jeweilige nationale Legislative ihre Delegierten und deren Wahlmodus selbst bezeichnet; denn die einmal gewählten Parlamentarier üben ihr Mandat in voller Freiheit aus und sprechen nur in eigenem Namen. Ihre Stimme verpflichtet einzig sie persönlich.

1089 Jedem Abgeordneten kann ein Ersatzmann beigegeben werden, der ibn vertreten, an seiner Stelle das Wort ergreifen und seine Stimme abgeben kann.

Eine solche Eegelung ist ohne weiteres möglich, weil die Beratende Versammlung rein konsultativen Charakter hat, was sie freilich nicht hindern kann, Beschlüsse zu fassen. Diese nehmen die Form von Empfehlungen, Eesolutionen, Stellungnahmen oder Antworten an. Im allgemeinen werden bloss die Empfehlungen an das Ministerkomitee gerichtet, über das die Verbindung zu den Eegierungen der Mitgliedstaaten führt. Ihrem besonderen Gewicht entsprechend bedürfen Empfehlungen einer Zweidrittelsmehrheit in namentlicher Abstimmung, während für Eesolutionen, Stellungnahmen und Antworten die einfache Mehrheit genügt. Eesolutionen drücken den Standpunkt der Beratenden Versammlung aus. ohne dass diese damit notwendigerweise das Ministerkomitee anspricht. Antworten und Stellungnahmen beziehen sich auf Anfragen bzw. auf Berichte des Ministerkomitees oder anderer Organisationen.

Die Beratende Versammlung verfügt also praktisch über keinerlei Entscheidungsbefugnis oder Möglichkeiten des Handelns gegenüber den Mitgliedstaaten.

Ihre Empfehlungen lassen sich nur durch Zwischenschaltung des Ministerkomitees an die Eegierungen herantragen, in deren Hand es liegt, ihnen weitere Folge zu geben, falls sie dies wünschen.

Die Beratende Versammlung hat einen Ständigen Ausschuss; ihm gehören der Präsident und die sieben Vizepräsidenten der Beratenden Versammlung, die Vorsitzenden der ordentlichen Kommissionen und eine Anzahl weiterer Mitglieder der Versammlung an. Der Ständige Ausschuss tagt viermal jährlich zwischen den Sitzungsperioden der Versammlung. Er wahrt die Kontinuität in der Tätigkeit der letzteren und handelt in deren Namen.

Schliesslich verfügt die Beratende Versammlung gegenwärtig über 12 ordentliche Kommissionen. Es sind dies die Politische Kommission, die Wirtschaftskommission, die Sozialkommission, dieRechtskommission,dieKulturkommission, die Kommission für Bevölkerung und Flüchtlinge, die Geschäftsordnungskommission, die Haushaltkommission, die Landwirtschaftskommission, die Kommunalkommission, die Kommission für die nichtvertretenen Nationen und die Arbeitsgruppe für die Verbindung zu den nationalen Parlamenten. Spezialkommissionen können zum Studium solcher
Probleme bestellt werden, die nicht in die Zuständigkeit der ständigen Kommissionen fallen.

o. Gemischter Ausschuss: Für die Koordination zwischen dem Ministerkomitee und der Beratenden Versammlung sorgt ein Gemischter Ausschuss, der aus acht Vertretern der Beratenden Versammlung und aus acht Mitgliedern des Ministerkomitees besteht. Sein Vorsitzender ist der Präsident der Beratenden Versammlung. Ausserdem wurden zwei weiteren gemischten Ausschüssen Spezialaufgaben zugewiesen. Der eine beschäftigt sich mit Flüchtlingsfragen und mit Problemen der Überbevölkerung, der andere mit kulturellen Angelegenheiten.

d. Generalsekretariat: Das Generalsekretariat, das mit der Verwaltung des Europarates betraut ist, ist in seiner Tätigkeit dem Ministerkomitee verant-

1090 wortlich. Der Generalsekretär und sein Stellvertreter werden von der Beratenden Versammlung auf Empfehlung des Ministerkomitees ernannt. Ausser dem Bureau der Versammlung umfasst das Sekretariat sieben Abteilungen, die politische Abteilung (die als Sekretariat des Ministerkomitees fungiert und die Verbindung zwischen dem Europarat und den Eegierungen herstellt), die Wirtschafts- und Sozialabteilung, die Abteilung für Menschenrechte, die Presse- und Informationsabteilung, die juristische Abteilung, die Verwaltungsabteilung sowie die Abteilung für Unterricht, Forschung und kulturelle Angelegenheiten.

Ferner unterhält es eine Anzahl technische Dienste, nämlich für Aussenbeziehungen und allgemeine Angelegenheiten. Es beschäftigt gegenwärtig etwa 850 Personen.

4. Tätigkeit des Europarates Seit seiner Gründung entwickelt der Europarat eine vielfältige Tätigkeit auf den verschiedensten Gebieten.

In wirtschaftlicher Hinsicht erwies er sich als nützliches parlamentarisches Forum für die Diskussion von Plänen, die von Organisationen wie der OECE und später der OECD entworfen worden waren.

Auf dem Gebiet der Landwirtschaft hat sich der Europarat namentlich mit Fragen der Agrarstruktur und Agrarreform, der Waldwirtschaft, der Gleichwertigkeit landwirtschaftlicher Diplome, des Vieh- und Fleischmarktes, des Kampfes gegen die Maul- und Klauenseuche und der Weinwirtschaft befasst.

1960 kam unter seiner Ägide eine Konferenz der an Weinwirtschaftsfragen interessierten nationalen Verbände zustande.

Im Sozialsektor war es vor allem das Ministerkomitee, dessen Tätigkeit zur Ausarbeitung gemeinsamer Bestimmungen für soziale Sicherheit sowie einer europäischen Sozialcharta geführt hat. Auf dem Gebiet der öffentlichen Hygiene ist es zu Übereinkommen betreffend den Austausch von Kriegsversehrten und den Austausch gewisser Heilmittelkategorien gekommen. Auch das Programm der Medizinalstipendien geht auf den Europarat zurück.

In juristischer Hinsicht ist zunächst jene vom Europarat ausgearbeitete Konvention zu erwähnen, welche die Menschenrechte und Grundfreiheiten umschreibt und eine Menschenrechtskommission sowie einen europäischen Gerichtshof für Menschenrechte schuf. Dieses Übereinkommen stellt ein Novum dar. Ferner ist unter den Vertragswerken des Europarates eine Niederlassungsordnung zu nennen, der das
Prinzip der Gleichbehandlung der Ausländer und der eigenen Bürger in jedem Vertragsstaat zugrunde liegt. Eine weitere Konvention schuf ein System obligatorischer Streitschlichtung für alle zwischenstaatlichen Differenzen rechtlicher Natur. Andere Übereinkommen betreffen die Auslieferung, die Eechtshilfe in Strafsachen, den Austausch von Fernsehprogrammen und die obligatorische Haftpflichtversicherung für Motorfahrzeuge. In Vorbereitung befinden sich Konventionen betreffend internationale privatrechtliche Schiedsgerichtsbarkeit, Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit, Zahlungsverpflichtungen in fremder Währung, Behand-

1091 hing juristischer Personen, Verantwortlichkeit des Hoteliers, schliesslich die Anerkennung ausländischer Diplome zur Berufsausübung und die Kodifikation des Konsularrechts. Das Komitee für Kriminalfragen hat sich mit der Todesstrafe, den zivilen und politischen Eechten von Strafgefangenen und von Strafentlassenen, der gegenseitigen Amtshilfe in Fragen der Schutzaufsicht und der Entlassenenfürsorge, der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Übertretungen im Strassenverkehrsrecht, mit Jugendkriminalität und mit Strafrechtsreform befasst.

Im weiteren hat der Buroparat ein verwaltungstechnisches Übereinkommen betreffend den grenzüberschreitenden Personenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten geschaffen, das Vereinfachungen hinsichtlich der Personalausweise vorsieht. Sodann hat sich der Eat auch Flüchtlingsfragen und Problemen der Überbevölkerung zugewandt. Er hat namentlich einen Wiedereingliederungsfonds gegründet, aus dessen Mitteln in Form von Darlehen und Bürgschaften neue Arbeitsstätten geschaffen und die Wiedereingliederung von Arbeitern, beispielsweise durch die Bereitstellung einer Wohnung am Arbeitsort, erleichtert werden sollen.

Schliesslich beschloss der Europarat 1957 die Einberufung einer europäischen Gemeindekonferenz, die seither alljährlich zusammentritt. Bei dieser Konferenz handelt es sich um ein beratendes Organ der Versammlung, das den Bürgermeistern aus Städten und Dörfern ganz Europas als Forum der Meinungsäusserung dient und in dem Diskussionen um die Gemeindeautonomie, eine typisch schweizerische Institution, einen breiten Eaum einnehmen.

Auf kulturellem Gebiet entfaltet der Europarat seit der am I.Januar 1962 erfolgten Konstituierung eines Rates für kulturelle Zusammenarbeit eine intensive Tätigkeit. Drei Ständige Komitees (für höheren Unterricht und Forschung, für allgemeinen und technischen Unterricht, für Jugend- und Erwachsenenbildung und körperliche Erziehung ausserhalb von Schulen) widmen sich der Gesamtheit der Probleme, deren Lösung der Eat für kulturelle Zusammenarbeit sich zum Ziel gesetzt hat. Abgesehen von der in diesen Komitees geleisteten Arbeit organisieren die Mitgliedstaaten des Europarates und solche, die wohl der Europäischen Kulturkonvention, nicht aber dem Eat angehören, unter den Auspizien des letzteren eine grosse Zahl von Arbeits-,
Studien- und Expertentagungen sowie Kolloquien. Mit solchen Kontakten wird versucht, die grossen Linien der Zusammenarbeit zu ziehen und eine gegenseitige Angleichung der Gesetzgebungen zu erreichen. Ein im Jahre 1962 mit einer Million neuer französischer Franken dotierter Kulturfonds dient der Verwirklichimg des Kulturprogramms des Europarates durch Ausstellungen, Universitätsaustausche, Forschungsstipendien, Veröffentlichung von Dissertationen, Übersetzungen von literarischen Meisterwerken, Tagungen, Preisverleihungen an Europa gewidmeten Filmen usw.

Auf politischem Gebiet hat sich der Europarat mit manchen wichtigen europäischen Fragen befasst, so mit den Ost-West-Beziehungen, der Wiedervereinigung Deutschlands, der Abrüstung, der Situation der osteuropäischen Staa-

1092 ten. Der Meinungsaustausch erfolgte im Bestreben, innerhalb der verschiedenen politischen Richtungen eine gemeinsame Linie zu finden, ursprünglich sogar in der Absicht, zu einer gemeinsamen Aussenpolitik der Mitgliederländer zu kommen. Indessen hat sich der Europarat im Lauf der letzten Jahre mehr den Problemen der europäischen Integration einerseits, der Intensivierung der Zusammenarbeit auf kulturellem, rechtlichem und sozialem Gebiet sowie auf dem der öffentlichen Hygiene anderseits zugewandt. Damit treten die politischen Fragen zurück, und die Debatten berühren mehr und mehr Gebiete, die für uns von unmittelbarem Interesse sind.

Unsere Beurteilung der Tätigkeit der Europarates folgt in Kapitel IV, doch sei schon an dieser Stelle bemerkt, dass vor einigen Monaten das Ministerkomitee die Mitgliedstaaten über die Notwendigkeit einer «Relance» des Europarates befragt hat. In ihrer Antwort bejahten sämtliche Mitglieder die Nützlichkeit der Organisation. Mehrere unter ihnen hoben besonders hervor, der Europarat verkörpere heute den unentbehrlichen Treffpunkt der «Sechs» und der am Römervertrag nicht beteiligten oder nur assoziierten Länder ; er sei ein notwendiges und wirkungsvolles Forum der Fühlungnahme und der Zusammenarbeit.

u. Die bisherigen Beziehungen der Schweiz zum Europarat Die Frage eines Beitritts der Schweiz zum Europarat hat sich zu verschiedenen Malen gestellt. Der Bundesrat entschied sie bisher in negativem Sinne.

Dennoch entschloss sich unser Land in den letzten Jahren zu einer Annäherung an diese europäische Organisation und knüpfte mit ihr Bande verschiedener Art an.

1. Teilnahme an der Arbeit der Expertenausschüsse Schon im Jahre 1951 ernannte der Bundesrat Experten für die vom Ministerkomitee geschaffenen technischen Ausschüsse, die sich mit der Ausarbeitung europäischer Konventionen befassen. So nehmen schweizerische Experten als Beobachter an den Ausschüssen für Kultur, Erfinderpatente, öffentliche Gesundheit, Urheberrechte, Radiofragen, Rechtshilfe, Kriminalfragen, für Konsularrecht, soziale Sicherheit und schliesslich für die Herstellung und den Vertrieb von Weinprodukten und Spirituosen teil.

2. Verwaltung internationaler Konventionen Die Schweiz hat die Verwaltung bestimmter Konventionen auf dem Gebiet des Patentrechts übernommen ; deshalb wurde ihr die Aufsicht
über das am 19. Dezember 1954 unterzeichnete Europäische Abkommen über die internationale Klassifizierung von Erfinderpatenten übertragen, das auf Betreiben des Europarates zustandekam.

1093 3. Beitritt zu vom Europarat geschaffenen Konventionen 1959 trat die Schweiz dem Europäischen Abkommen vom 11. Dezember 1958 zur Eegelung der Antragsformalitäten bei Patentanmeldungen bei. Seit 1961 nimmt sie als vollberechtigtes Mitglied am Programm der medizinischen Stipendien des Europarates teil; schliesslich hat sie vor kurzem die Europäische Kulturkonvention vom 19. Dezember 1954 ratifiziert.

4. Parlamentarische Beobachter in der Beratenden Versammlung Die Entsendung parlamentarischer Beobachter in die Beratende Versammlung des Europarates geht zurück auf eine am 28. September 1953 von Nationalrat Alfred Borei und 49 Mitunterzeichneten eingereichte Interpellation, worin der Bundesrat eingeladen wurde, die Entsendung parlamentarischer Abgeordneter in die Beratende Versammlung ins Auge zu fassen. Der Bundesrat antwortete am 15. März 1955, er halte den Augenblick, aus der bis dahin beobachteten Zurückhaltung herauszutreten, noch nicht für gekommen; der Europarat habe vorwiegend politischen Charakter und die Entwicklung seiner Tätigkeit sei noch ungewiss.

Im März 1957 nahmen indessen fünf Schweizer Parlamentarier auf Einladung des Präsidenten des Allgemeinen Ausschusses der Beratenden Versammlung und mit Zustimmung des Bundesrates in privater Eigenschaft an einer in Paris abgehaltenen Sitzung der Kommission teil. Bei dieser Gelegenheit wurde der Vorschlag gemacht, schweizerische Parlamentarier sollten als regelmässige Beobachter zu den Beratungen derjenigen Ausschüsse des Europarates eingeladen werden, die sich mit wirtschaftlichen Problemen und solchen der OECE befassen. Diese Frage war Gegenstand einer Interpellation von Nationalrat Duft vom 3. Juni 1959.

Mit Schreiben vom 21. Juni 1959 lud der Generalsekretär des Europarates im Namen des Ministerkomitees und der Beratenden Versammlung die Schweiz ein, sich in der letzteren durch regelmässige Beobachter vertreten zu lassen, um so den Debatten über die OECE und die wirtschaftlichen Fragen im allgemeinen folgen zu können.

Am 10. Mai 1960 empfahl der Bundesrat den Eidgenössischen Bäten die Annahme dieser Einladung, und am 14. Juni beantwortete der Chef des Politischen Departements die Interpellation Duft im gleichen Sinne. Am 21. und 22. September desselben Jahres beschlossen auch die Eidgenössischen Bäte, der Einladung Folge zu leisten
und bestimmten durch ihre Bureaux für die Dauer der Legislaturperiode sechs Beobachter und sechs Stellvertreter, die verschiedenen Fraktionen der Bundesversammlung angehörten. Diese Beobachter haben an dem vom 1. bis 3.März 1961 dauernden dritten Teil der 12. Session der Beratenden Versammlung sowie an den nachfolgenden Sessionen teilgenommen.

Sie folgten ausserdem den Arbeiten der Wirtschafts- und der Landwirtschaftskommission.

1094 Auf Grund der gewonnenen Erfahrungen wurde das Mandat der Beobachter auf die juristischen, kulturellen und sozialen Sachgebiete ausgedehnt, nachdem der Bundesrat durch Beschluss vom 80. Juni 1961 die Übermittlung eines vom Präsidenten der Beratenden Versammlung an die Präsidenten der Eidgenössischen Räte gerichteten Einladungsschreibens veranlasst hatte.

5. Ministerkonferenzen Im Laufe der letzten Jahre versammelten sich verschiedentlich einzelne Minister von Mitgliedstaaten des Europarates zu Konferenzen. So fand zweimal eine europäische Konferenz der Justizminister statt, 1961 in Paris und 1962 in Born. Der Chef des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements nahm an beiden Konferenzen teil. Zu erwähnen wäre auch die europäische Konferenz der für Erziehungsfragen verantwortlichen Minister, die seit 1960 alljährlich stattfindet und an der die Schweiz bisher durch den Vorsteher eines kantonalen Departements für öffentlichen Unterricht vertreten war. Zwar sind diese Konferenzen noch keine Organe des Europarates, doch wurde die Frage ihrer Institutionalisierung bereits aufgeworfen.

6. Vorstösse zugunsten des Beitritts zum Statut des Europarates Die Entwicklung machte jedoch mit der Entsendung von regelmässigen Beobachtern nicht halt. Am 27. Juli 1957 hatte das Komitee für den Beitritt der Schweiz zum Europarat in den Eidgenössischen Bäten eine Petition eingereicht, worin die Bäte aufgefordert wurden, den Bundesrat zu Verhandlungen mit dem Europarat einzuladen, welche die Aufnahme der Schweiz als Mitglied zum Zwecke hätten. National- und Stähderat beschlossen im März 1959 die Überweisung der Petition an den Bundesrat und erteilten ihm gleichzeitig Auftrag, den Beziehungen und der Zusammenarbeit unseres Landes mit dem Europarat weiterhin Aufmerksamkeit zu schenken.

Die Frage des Beitritts wurde sodann von der parlamentarischen Beobachterdelegation wiederaufgenommen. Ihr Präsident, Nationalrat Bretscher, richtete am 6.Februar 1962 an den Chef des Politischen Departements ein Schreiben mit dem Ersuchen, die Möglichkeit des Beitritts der Schweiz zu prüfen. Am 28.Mai beschloss die aussenpolitische Kommission des Nationalrates einstimmig die Einreichung eines von Nationalrat Bretscher am 20. Juni begründeten Postulats folgenden Inhalts: «Der Bundesrat wird eingeladen, die Prüfung der Frage der
Beziehungen der Schweiz zum Europarat, insbesondere die Frage des Beitritts als Vollmitglied, beförderlich an die Hand zu nehmen und den Eidgenössischen Bäten sobald als möglich über das Ergebnis dieser Prüfung Bericht zu erstatten.» Bei der Entgegennahme des Postulats anerkannte der Bundesrat die Nützlichkeit der Teilnahme der schweizerischen Parlamentarier an der Beratenden Versammlung und an den Ausschüssen des Europarates; dieser sei der Ort zur Anknüpfung von Kontakten in einem Augenblick, da die Form und das Aus-

1095 mass der Assoziierung der Schweiz mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft geprüft werde. Der Bundesrat hielt im weitern dafür, dass angesichts der bloss beratenden Funktion der Strassburger Versammlung sowie in Anbetracht der Tatsache, dass deren Mitglieder in eigenem Namen sprechen, Kompetenzkonflikte zwischen den abgeordneten Parlamentariern und dem Bundesrat, der gemäss Artikel 102, Ziffer 8 und 9 der Bundesverfassung für die schweizerische Aussenpolitik verantwortlich ist, nicht entstehen können. Die Eesolutionen des Europarates vermöchten schliesslich, wie der Bundesrat bei jener Gelegenheit feststellte, unser Neutralitätsrecht nicht zu beeinträchtigen, da sie bloss empfehlenden Charakter tragen. Auf diesen Punkt wird im vierten Kapitel dieses Berichtes näher eingetreten.

m. Beitrittsfolgen Ein Beitritt zum Europarat hätte für die Schweiz die Mitarbeit in den verschiedenen Organen des Bats, die Befolgung der statutarischen Verpflichtungen - namentlich die Zahlung der finanziellen Beiträge -, die Prüfung des Beitritts zu einem Teil der europäischen Konventionen sowie die Mitwirkung an der Europäischen Gemeindekonferenz zur Folge.

1. Mitarbeit in den Organen des Europarates a. Beratende Versammlung: Wahrscheinlich käme es zu keinen Veränderungen hinsichtlich der Zahl (6) und der Art der Teilnahme der schweizerischen Parlamentarier. Diese verlören ihren blossen Beobachterstatus und erwürben das Stimmrecht in der Versammlung und ihren Kommissionen. Indessen würden ihre Handlungen die Eegierung auch weiterhin nicht engagieren. Anderseits wären, im Gegensatz zum bisherigen Zustand, Schweizer Parlamentarier für sämtliche Kommissionen zu ernennen.

b. Ministerkomitee: Der Chef des Politischen Departements oder ein Stellvertreter hätte die Schweiz im Ministerkomitee zu vertreten. Das Komitee tagt zweimal jährlich während eines Tages, und zwar im Mai in Strassburg und im Dezember in Paris. Vor allem an der Strassburger Sitzung lassen die Aussenminister sich oft von den Unterstaatssekretären oder von den Ständigen Delegierten vertreten.

c. Ausschuss der Ständigen Delegierten (Ministerstellvertreter): Diese Delegierten - gewöhnlich hohe Beamte - versammeln sich monatlich in Strassburg während durchschnittlich vier Tagen. Sie fassen ihre Beschlüsse im Namen des Ministerkomitees, mit Ausnahme
bestimmter wichtiger Angelegenheiten, die einen Beschluss des Ministerkomitees selbst erfordern.

d. Expertenausschüsse: Gegenwärtig gibt es acht vom Ministerkomitee eingesetzte Expertenausschüsse. Einige davon besitzen eine Anzahl Unterausschüsse. Die Schweiz war schon bisher durch Beobachter in einem Teil der Ausschüsse vertreten. Als Mitglied des Europarates hätte sie jedoch sämtliche zu beschicken.

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e. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte: Die Schweiz würde das Anrecht auf einen Sitz im Gerichtshof erlangen. Sie hätte dem Ministerkomitee eine Liste der Eichterkandidaten zu unterbreiten. Der Eichterposten wäre ohne Eücksicht auf einen eventuellen Beitritt zur europäischen Menschenrechtskonvention zu besetzen. Die Eichter werden für neun Jahre gewählt.

/. Generalsekretariat: Die Schweiz hätte ein Anrecht auf die Besetzung einer bestimmten Anzahl Stellen.

2. Finanzielle Beiträge

Die Beitragsquote für jedes Land richtet sich nach seiner Bevölkerungszahl. Auf die Schweiz entfielen 1,8 Prozent der Ausgaben, was für das Jahr 1962 einem Beitrag von 330 000 französischen Franken entspricht. Dazu kämen noch 37000 französische Franken als technischer Beitrag zum Betriebskapital.

3. Vom Europarat ausgearbeitete Konventionen

Gegenwärtig existieren 37 Europäische Übereinkommen, wovon 32 in Kraft getreten sind. Keines wurde bisher von sämtlichen Mitgliedstaaten rati-, fiziert, noch ist ein Mitgliedstaat sämtlichen Konventionen beigetreten. Indessen ist selbstverständlich, dass die Schweiz als Mitglied des Europarates an dessen Werk auch durch ihren Beitritt zu einer gewissen Zahl dieser Konventionen teilzunehmen hätte. Die Prüfung dieser Frage wird zu gegebener Zeit erfolgen.

4. Europäische Gemeindekonferenzen

Der Europarat hat eine spezielle Unterorganisation gebildet. Wenn wir auch nicht rechtlich verpflichtet sind, uns ihr anzuschliessen, so doch aus moralischen Gründen. Es handelt sich um die Europäische Gemeindekonferenz, die ein beratendes Organ der Beratenden Versammlung ist und die jeder Mitgliedstaat mit der gleichen Anzahl an Vertretern für Gemeindefragen beschickt wie die Beratende Versammlung mit Parlamentsabgeordneten. Ihre Kompetenzen sind in der Charta der Gemeindekonferenz umschrieben.

IV. Betrachtungen zur Frage des Beitritts der Schweiz zum Europarat

Bei der Prüfung der Petition des Komitees für den Beitritt der Schweiz zum Europarat im September 1957 erachtete der Bundesrat die drei nachstehenden Elemente für entscheidend.

Er stellte zunächst fest, dass der Neutralitätsstatus die Schweiz nicht zwinge, sich vom Europarat fernzuhalten, da ja die Ziele des letzteren, selbst wenn sie teils politischen Charakter hatten, aus der Institution keine Allianz machten.

Er bemerkte, dass der Europarat den Ehrgeiz hatte, die Stelle zu sein, wo eine gemeinsame europäische Aussenpolitik betrieben würde. Dies konnte seiner Ansicht nach zu gewissen Unannehmlichkeiten in bezug auf unsere Neutralitäts-

1097 politik führen, indem unsere Vertreter in der Beratenden Versammlung und jene im Ministerkomitee sich veranlasst sehen würden, in Debatten über strittige Fragen politischer Natur Stellung zu beziehen, sei es auch nur durch Enthaltung.

Schliesslich prüfte der Bundesrat die Vorteile und das Interesse eines Beitritts. Sie schienen ihm damals nicht genügend stark, um die neutralitätspolitischen Bedenken aufzuwiegen.

Nachdem inzwischen fünf Jahre verstrichen sind, ist es angezeigt, diese drei, für die Beurteilung unseres Beitritts entscheidenden Punkte im Lichte der gegenwärtigen Verhältnisse wiederum zu prüfen.

Neutralitätsrecht Vom Standpunkt des Neutralitätsrechts aus ergibt sich keinerlei neue Tatsache. Wie 1957 stünde es der Mitgliedschaft der Schweiz im Europarat nicht entgegen. Bei dieser Feststellung ist davon auszugehen, dass der Europarat keine militärische oder politische Allianz ist. Seine Mitglieder laufen keinerlei Gefahr, durch ihn in bewaffnete Konflikte hineingezogen oder zum Ergreifen neutralitätswidriger Massnahmen gezwungen zu werden. Die Belange der nationalen Verteidigung sind, wie wir darlegten, gemäss Artikel l, Buchstabe 6 ausdrücklich aus der Zuständigkeit der Organisation ausgeschlossen, während politische oder wirtschaftliche Sanktionen, die mit der Neutralität unvereinbar wären, in den Statuten nicht vorgesehen sind. Zu betonen ist ebenfalls, dass es sich beim Europarat nicht um eine supranationale Institution handelt, deren Organe die Souveränität der Mitgliedstaaten beeinträchtigen könnten. Die Entscheidungen haben höchstens den Charakter von Empfehlungen, welche die Regierungen der Mitgliedstaaten nicht verpflichten.

Dass die Zugehörigkeit zu regionalen Organisationen als solchen nicht neutralitätswidrig ist, wurde schon beim Beitritt der Schweiz zur Europäischen Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECE) und zur Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung (CEEN) verdeutlicht. Der Bundesrat hat sich hiezu eingehend in seiner Botschaft vom 15.August 1953 betreffend die Europäische Organisation für kernphysikalische Forschung geäussert, auf die hier verwiesen sei.

Man darf übrigens nicht vergessen, dass die Verpflichtungen der Neutralität, welche die Freiheit des Staates einengen, gemäss einem allgemeinen Prinzip des Völkerrechtes restriktiv
auszulegen sind.

Neutralitätspolitik Obschon der in Artikel l der Statuten festgelegte Zweck und die in seiner Verfolgung anzuwendenden Mittel nicht in erster Linie politischer Natur sind, so gelangen bekanntlich im Europarat trotzdem politische Probleme zur Behandlung. Dies trifft vor allem für die Debatten der Beratenden Versammlung zu. Wie erwähnt, erwog der Bundesrat, dass die schweizerischen Vertreter dadurch in Situationen geraten könnten, die für unsere Neutralitätspolitik, wenn auch nicht abträglich, so doch unerwünscht sein könnten.

1098 In dieser Beziehung ist es freilich wesentlich, dass die parlamentarischen Vertreter nicht ihre Länder, sondern nur sich persönlich engagieren. Dennoch werden sie darauf achten, nicht in delikate politische Debatten einzugreifen.

Im Gegensatz zu den Abgeordneten in der Versammlung repräsentieren die Delegierten im Ministerkomitee ihre Eegierungen. Auch sie werden indessen an politischen Debatten nicht teilnehmen und sich von politischen Empfehlungen an die Eegierungen (Art.lSb der Statuten) oder von politischen Schlussfolgerungen in seinen Berichten an die Beratende Versammlung (Art. 19) fernhalten.

In letzter Zeit hat sich, wie in Kapitel I dargelegt, der Charakter der politischen Tätigkeit des Europarates gewandelt. Wenn er ursprünglich die Ambition hegte, der Ort der Entstehung einer gemeinsamen europäischen Aussenpolitik zu sein, so ist dieser Ehrgeiz heute in den Hintergrund gerückt, zumal seitdem andere europäische Organisationen entstanden sind. Das ist von grundsätzlicher Bedeutung. Zwar stehen die mannigfachen Probleme der europäischen Integration, Inbegriffen die politischen, auch beim Europarat im Vordergrund der Erörterungen. Doch handelt es sich dabei nur um Debatten, denen keine unmittelbare organisationseigene Aktion folgen kann. Politischen Erörterungen als solchen stehen keine schwerwiegenden neutralitätspolitischen Bedenken entgegen, sofern sie keine unmittelbaren Aktionen auslösen.

Die Argumente gegen den Beitritt zum Europarat haben denn auch heute, angesichts der Wandlungen in seiner politischen Ambition, nicht mehr das gleiche Gewicht wie vor fünf Jahren, als der Bundesrat feststellte, dass sie durch die zu gewärtigenden Vorteile nicht aufgewogen würden.

Die Vorteile des Europarates Die Rolle des Europarates in den europäischen Integrationsbestrebungen ist angesichts der Entwicklung der EWG und der EFTA klar in Erscheinung getreten. Er ist ein wichtiger Treffpunkt der sechs Länder der Römer Konvention und der übrigen Mitgliedstaaten der Strassburger Organisation geworden.

Er ist der Ort, wo sie auf der Ebene der Minister und der Parlamentarier ihre Standpunkte darlegen und erörtern, wo sie sich gemeinsam um deren Annäherung bemühen können; der Ort auch, wo sich wertvolle persönliche Beziehungen knüpfen lassen. Der Europarat erfüllt damit eine Aufgabe, die wir begrüssen
und von der wir annehmen, dass sie uns im Bestreben nach einer Assoziierung mit der EWG zustatten kommen kann.

Auch in anderer Beziehung bietet der Europarat einen neuen Aspekt: Er ist seit der Ablösung der Europäischen Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECE) durch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), welcher neben europäischen Staaten auch die USA und Kanada angehören, die einzige rein europäische und umfassende Organisation, die sich, mit Ausnahme der Probleme der nationalen Verteidigung, mit allen Belangen unseres Kontinents befassen kann. Damit hat er eine neue Bedeutung erlangt, die nicht zu unterschätzen ist.

1099 Bei der Beurteilung der Vorteile, die der Europarat bietet, sind die oben dargelegten Anstrengungen in technischen, sozialen, juristischen und kulturellen Gebieten sowie die Konventionen, die unter seinem Patronat entstanden, nicht zu übersehen. Sie haben in letzter Zeit einen wesentlichen Impuls erhalten; ohne grosses Aufheben werden hier wertvolle Bausteine zusammengetragen.

Wir stellen fest, dass die heutige Prüfung der für unsere Beziehungen zum Europarat wesentlichen Elemente zu einer neuen Beurteilung führt. Während die Gründe zu neutralitätspolitischen Bedenken gegen unseren Beitritt schwächer geworden sind, gewann die Strassburger Organisation für uns an Gewicht und Interesse. Unser allfälliger Beitritt würde somit nicht eine Kichtungsänderung, eine largere Handhabung unserer Neutralitätspolitik bedeuten, sondern die Konsequenz der Erkenntnis sein, dass sich die Akzente des Europarates gewandelt haben.

Provisorium der gegenwärtigen Beziehungen Unser Interesse an der Zusammenarbeit mit dem Europarat haben wir schon dadurch bekundet, dass wir zahlreiche Bande mit ihm knüpften. Besonders bedeutungsvoll war dabei als letzte Stufe der Annäherung die Abordnung von parlamentarischen Beobachtern in die Beratende Versammlung. Seit Jahren ziehen wir Nutzen aus den in Strassburg zusammengetragenen Erfahrungen der europäischen Staaten. Soll die Schweiz dauernd in einer Stellung verharren, die namentlich seit jenem letzten Schritt, der Entsendung der parlamentarischen Beobachter, schwerlich anders denn als Übergangszustand betrachtet werden kann? Soll sie fortfahren, von den Diensten der verschiedenen Organe in Strassburg und vom Forum, das ihr insbesondere die Beratende Versammlung bietet, zu profitieren, ohne wie die übrigen Länder an die Kosten beizutragen ?

Das sind die Fragen, die sich heute stellen. Wir glauben nicht, dass der Sonderplatz, den die Schweiz bisher im Schosse der Organisation einnahm, heute seine politische Berechtigung noch finde. Der Zeitpunkt scheint uns gekommen zu sein, wo unsere Beziehungen normalisiert werden sollten. Dadurch gelangen wir in die Stellung, in der wir nach Massgabe unseres Willens und unserer Möglichkeiten unbehindert in einer Organisation mitarbeiten können, die heute viele wichtige Ziele verfolgt, die den unsrigen entsprechen.

Vereinbarkeit des
schweizerischen Rechts mit dem Statut des Europarates Der Bundesrat prüfte insbesondere, ob gewisse Eigenarten des schweizerischen Eechts mit den Bestimmungen des Statuts des Europarates vereinbar sind. Es handelt sich dabei um: - die Tatsache, dass die Schweiz - mit Ausnahme einiger Kantone in Kantonsund Gemeindeangelegenheiten - das Frauenstimmrecht nicht kennt;

1100 - Artikel 51 der Bundesverfassung, welcher bestimmt, dass der Jesuitenorden sowie die ihm angeschlossenen Gesellschaften in der Schweiz nicht aufgenommen werden ; - Artikel 52, welcher die Gründung neuer Klöster und neuer religiöser Orden verbietet ; - die Gesetzgebung gewisser Kantone, welche die Zwangsversorgung von Geistesgestörten und verwahrlosten Personen vorsieht.

Der Bundesrat stellte, nachdem er die Frage mit dem Sekretariat des Europarates erörtert hatte, fest, dass das schweizerische Becht mit dem erwähnten Statut nicht unvereinbar ist. In der Tat erfordern die Bestimmungen des Statuts, speziell jene des weiter unten erwähnten Artikel 3, von den Mitgliedstaaten lediglich eine prinzipielle Haltung, sie berühren auf keine Weise das nationale geltende Becht der Mitgliedstaaten.

V. Das im Hinblick auf den Beitritt einzuschlagende Verfahren Artikel 4 des Statuts des Europarates sagt über das Beitrittsverfahren folgendes aus : « Jeder europäische Staat, der für fähig und gewillt befunden wird, die Bestimmungen des Artikels 3 zu achten, kann vom Ministerkomitee eingeladen werden, Mitglied des Europarates zu werden. Jeder auf diese Weise eingeladene Staat erwirbt die Mitgliedschaft mit der in seinem Namen erfolgenden Hinterlegung einer Urkunde über den Beitritt zu dieser Satzung beim Generalsekretär.» Artikel 3 des Statuts hat folgenden Wortlaut : « Jedes Mitglied des Europarates erkennt den Grundsatz der Vorherrschaft des Eechtes und der Anwendung der Menschenrechte und Grundfreiheiten auf alle seiner Herrschaftsgewalt unterstellten Personen an. Es verpflichtet sich, bei der Erfüllung der in Kapitel I bestimmten Aufgaben aufrichtig und tatkräftig mitzuarbeiten. » Diese Grundsätze entsprechen dem Fundament unserer eigenen Bechtsauffassung.

Zum Eintritt in den Europarat ist eine Einladung des Ministerkomitees erforderlich, das zuvor die Beratende Versammlung konsultiert. Dieses Verfahren wäre von uns durch ein an das Generalsekretariat des Bates zu richtendes Schreiben auszulösen, worin wir den Wunsch der Schweiz äussern, eine Einladung zur Erlangung der Vollmitgliedschaft im Europarat zu erhalten. Den uns erteilten Auskünften zufolge dürfte dieser Schritt bei den Mitgliedstaaten eine freundliche Aufnahme finden.

Der Bundesrat beabsichtigt, den vorgezeichneten Weg einzuschlagen. Sobald wir im Besitz der Einladung zum Beitritt wären, würden wir deren Annahme beschliessen und Ihnen diesen Beschluss zur Genehmigung unterbreiten.

1101 Da jedes Mitglied des Eates gemäss Artikel 7 des Statuts aus der Organisation kurzfristig austreten kann, kommen die Bestimmungen des Artikels 89, Absatz 8 der Bundesverfassung betreffend das fakultative Eeferendum bei internationalen Verträgen nicht zur Anwendung.

Wir beantragen Ihnen, von diesem Bericht in zustimmendem Sinne Kenntnis zu nehmen.

Wir beantragen Ihnen ebenfalls, das Postulat des Nationalrates (Nr. 8490) abzuschreiben.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 26.Oktober 1962.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : P. Chaudet

6549

Der Bundeskanzler : Ch. Oser

Bundesblatt. 114. Jahrg. Bd. II.

74

1102 Anhang I Übersetzung

Statut des Europarates vom S.Mai 1949 Die Eegierungen des Königreichs Belgien, des Königreichs Dänemark, der Französischen Eepublik, der Kepublik Irland, der Italienischen Eepublik, des Grossherzogtums Luxemburg, des Königreichs der Niederlande, des Königreichs Norwegen, des Königreichs Schweden und des Vereinigten Königreichs von Grossbritannien und Nordirland haben, in der Überzeugung, dass die Festigung des Friedens auf den Grundlagen der Gerechtigkeit und internationalen Zusammenarbeit für- die Erhaltung der menschlichen Gesellschaft und der Zivilisation von lebenswichtigem Interesse ist ; in unerschütterlicher Verbundenheit mit den geistigen und sittlichen Werten, die das gemeinsame Erbe ihrer Völker und von jeher die Quelle der persönlichen Freiheit, der politischen Freiheit und der Herrschaft des Eechtes bilden, auf denen jede wahre Demokratie beruht; in der Überzeugung, dass zum Schütze und zur fortschreitenden Verwirklichung dieses Ideals und zur Förderung des sozialen und wirtschaftlichen Fortschritts zwischen den europäischen Ländern, die von demselben Geiste beseelt sind, eine engere Verbindung hergestellt werden muss ; in der Erwägung, dass, um diesem Bedürfnis und den offenkundigen Bestrebungen ihrer Völker Eechnung zu tragen, schon jetzt eine Organisation errichtet werden muss, in der die europäischen Staaten enger zusammengeschlossen werden ; beschlossen, einen Europarat zu gründen, der aus einem Komitee von Vertretern der Eegierungen und einer Beratenden Versammlung besteht, und zu diesem Zweck diese Satzung angenommen.

Kapitel I Aufgabe des Europarates Artikel l a. Der Europarat hat zur Aufgabe, eine engere Verbindung zwischen seinen Mitgliedern zum Schütze und zur Förderung der Ideale und Grundsätze, die ihr gemeinsames Erbe bilden, herzustellen und ihren wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt zu fördern.

1108 6. Diese Aufgabe wird von den Organen des Eates erfüllt durch Beratung der Fragen allgemeinen Interesses, durch den Abschluss von Abkommen und durch gemeinschaftliches Vorgehen auf wirtschaftlichem, sozialem, kulturellem und wissenschaftlichem Gebiet und auf den Gebieten des Eechts und der Verwaltung sowie durch den Schutz und die Fortentwicklung der Menschenrechte und Grundfreiheiten.

c. Die Beteiligung der Mitglieder an den Arbeiten des Europarates darf ihre Mitwirkung am Werk der Vereinten Nationen und der anderen internationalen Organisationen oder Vereinigungen, denen sie angehören, nicht beeinträchtigen.

d. Fragen der nationalen Verteidigung gehören nicht zur Zuständigkeit des Europarates.

Kapitel II Zusammensetzung Artikel 2 Vertragsparteien dieser Satzung sind die Mitglieder des Europarates.

Artikel 3 Jedes Mitglied des Europarates erkennt den Grundsatz der Vorherrschaft des Eechtes und der Anwendung der Menschenrechte und Grundfreiheiten auf alle seiner Herrschaftsgewalt unterstellten Personen an. Es verpflichtet sich, bei der Erfüllung der in Kapitel I bestimmten Aufgaben aufrichtig und tatkräftig mitzuarbeiten.

Artikel 4 Jeder europäische Staat, der für fähig und gewillt befunden wird, die Bestimmungen des Artikels 3 zu achten, kann vom Ministerkomitee eingeladen werden, Mitglied des Europarates zu werden. Jeder auf diese Weise eingeladene Staat erwirbt die Mitgliedschaft mit der in seinem Namen erfolgenden Hinterlegung einer Urkunde über den Beitritt zu dieser Satzung beim Generalsekretär.

Artikel 5 .

a. Unter besonderen Umständen kann ein europäisches Land, das für fähig und gewillt befunden wird, die Bestimmungen des Artikels 3 zu achten, vom Ministerkomitee eingeladen werden, assoziiertes Mitglied des Europarates zu werden. Jedes auf diese Weise eingeladene Land erwirbt die Eigenschaft eines assoziiertes Mitgliedes mit der in seinem Namen erfolgenden Hinterlegung einer Urkunde über die Annahme dieser Satzung beim Generalsekretär. Die assoziierten Mitglieder sind nur in der Beratenden Versammlung vertreten.

1104 b. In dieser Satzung umfasst der Ausdruck «Mitglied» auch die assoziierten Mitglieder, soweit es sich nicht um die Vertretung im Ministerkomitee handelt.

Artikel 6 .

Vor der Absendung einer der in den Artikeln 4 oder 5 vorgesehenen Einladungen setzt das Ministerkomitee die Zahl der dem zukünftigen Mitglied in der Beratenden Versammlung zustehenden Sitze und seinen Beitrag zu den finanziellen Aufwendungen fest.

Artikel 7 Jedes Mitglied des Europarates kann aus diesem ausscheiden, indem es dem Generalsekretär gegenüber eine förmliche Erklärung abgibt. Die Austrittserklärung wird mit dem Ende des laufenden Eechnungsjahres wirksam, wenn sie innerhalb der neun ersten Monate dieses Jahres, und mit dem Ende des folgenden Eechnungsjahres, wenn sie in den drei letzten Monaten dieses Jahres abgegeben wurde.

Artikel 8 Einem Mitglied des Europarates, das sich einer schweren Verletzung der Bestimmungen des Artikels 8 schuldig macht, kann sein Eecht auf Vertretung vorläufig entzogen und es kann vom Ministerkomitee aufgefordert werden, gemäss den in Artikel 7 vorgesehenen Bestimmungen seinen Austritt zu erklären.

Kommt es dieser Aufforderung nicht nach, so kann das Komitee beschliessen, dass das Mitglied von einem vom Komitee bestimmten Zeitpunkt an dem Eat nicht mehr angehört.

Artikel 9 Kommt ein Mitglied seinen finanziellen Verpflichtungen nicht nach, so kann ihm das Ministerkomitee das Eecht auf Vertretung im Komitee und in der Beratenden Versammlung entziehen, und zwar für so lange, als es seinen Verpflichtungen nicht nachkommt.

Kapitel III Allgemeine Bestimmungen Artikel 10 Die Organe des Europarates sind : 1. das Ministerkomitee; 2. die Beratende Versammlung.

Diesen beiden Organen steht das Sekretariat des Europarates zur Seite.

1105 Artikel 11 Der Europarat hat seinen Sitz in Strassburg.

Artikel 12 Die Amtssprachen des Europarates sind Französisch und Englisch. Die Geschäftsordnungen des Ministerkomitees und der Beratenden Versammlung bestimmen die Umstände und Voraussetzungen, unter denen andere Sprachen verwendet werden können.

Kapitel IV Das Ministerkomitee Artikel 18 Das Ministerkomitee ist das zuständige Organ, das im Namen des Europarates gemäss den Artikeln 15 und 16 tätig wird.

Artikel 14 Jedes Mitglied hat im Ministerkomitee einen Vertreter, jeder Vertreter hateine Stimme. Vertreter im Komitee sind die Aussenminister. Kann ein Aussenminister an den Sitzungen nicht teilnehmen oder lassen andere Umstände es wünschenswert erscheinen, so kann ein Ersatzmann bezeichnet werden, der für ihn tätig wird. Der Ersatzmann soll, wenn irgend möglich, ein Mitglied der Begierung seines Landes sein.

Artikel 15 a. Das Ministerkomitee prüft auf Empfehlung der Beratenden Versammlung oder von Amtes wegen die Massnahmen, die zur Erfüllung der Aufgaben des Europarates geeignet sind, einschliesslich des Abschlusses von Abkommen und Vereinbarungen und der Annahme einer gemeinsamen Politik der Eegierungen in bestimmten Fragen. Seine Beschlüsse werden vom Generalsekretär den Mitgliedern mitgeteilt.

b. Die Beschlüsse des Ministerkomitees können gegebenenfalls die Form von Empfehlungen an die Eegierungen annehmen. Das Komitee kann die Eegierungen auffordern, ihm über die auf Grund der Empfehlungen getroffenen Massnahmen zu berichten.

Artikel 16 Vorbehaltlich der Bestimmungen der Artikel 24, 28, 30, 32, 33 und 35 über die Befugnisse der Beratenden Versammlung regelt das Ministerkomitee mit bindender Wirkung alle Fragen der inneren Organisation und Ordnung des Europarates. Es erlässt zu diesem Zweck die erforderlichen Haushalts- und Verwaltungsordnungen.

1106 Artikel 17 Das Ministerkomitee kann zu den von ihm für wünschenswert erachteten Zwecken Komitees oder Ausschüsse beratenden oder technischen Charakters bilden.

Artikel 18 Das Ministerkomitee gibt sich eine Geschäftsordnung ; diese regelt insbesondere : 1. die Frage der Beschlussfähigkeit; 2. den Modus für die Bestellung des Vorsitzenden und die Dauer seines Mandats; 8. das Verfahren für die Aufstellung der Tagesordnung und für die Einreichung der Entschliessungsanträge ; 4. die Art und Weise der Mitteilung der Bestellung von Ersatzleuten gemäss Artikel 14.

Artikel 19 Bei jeder Sitzungsperiode der Beratenden Versammlung unterbreitet ihr das Ministerkomitee Berichte über seine Tätigkeit unter Beifügung der einschlägigen Unterlagen.

Artikel 20 a. Einstimmigkeit der abgegebenen Stimmen und die Stimmen der Mehrheit der Vertreter, die Anspruch auf einen Sitz im Ministerkomitee haben, sind für Beschlüsse des Komitees über folgende wichtige Fragen erforderlich: 1. Empfehlungen nach Artikel 15 b; 2. Fragen nach Artikel 19 ; 3. Fragen nach Artikel 21 a, 1. und b; 4. Fragen nach Artikel 33 ; 5. Empfehlungen für die Abänderung der Artikel I d , l, 15, 20 und 22; und 6. alle sonstigen Fragen, für die das Komitee wegen ihrer Bedeutung durch eine unter den Voraussetzungen des nachstehenden Absatzes d angenommene Entschliessung gegebenenfalls die Einstimmigkeit vorschreibt.

b. Fragen aus dem Bereich der Geschäftsordnung oder der Haushalts- oder Verwaltungsordnung können den Gegenstand eines Beschlusses bilden, der mit einfacher Mehrheit der Stimmen aller Vertreter, die Anspruch auf einen Sitz im Ministerkomitee haben, gefasst wird.

o. Die in Anwendung der Artikel 4 und 5 gefassten Beschlüsse des Komitees bedürfen der Annahme durch eine Zweidrittelmehrheit aller Vertreter, die Anspruch auf einen Sitz im Ministerkomitee haben.

d. Alle sonstigen Beschlüsse des Komitees werden mit Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen und der einfachen Mehrheit der Stimmen allerVer-

1107 treter, die Anspruch auf einen Sitz im Ministerkomitee haben, gefasst. Zu diesen Beschlüssen gehören insbesondere diejenigen über die Annahme des Haushaltsplanes, der Geschäftsordnung, der Haushalts- und Verwaltungsordnungen, die Empfehlungen über die Abänderung der vorstehend unter a 5. nicht erwähnten Artikel dieser Satzung sowie darüber, welcher Absatz dieses Artikels im Zweifelsfalle anzuwenden ist.

Artikel 21 a. Die Sitzungen des Ministerkomitees finden, wenn dieses nichts anderes bestimmt, statt : 1. unter Ausschluss der Öffentlichkeit und 2. am Sitze des Eates.

b. Das Komitee bestimmt selbst, welche Mitteilungen über die nichtöffentlichen Beratungen und über ihre Ergebnisse zu veröffentlichen sind.

c. Das Komitee tritt vor der Eröffnung der Sitzungsperioden der Beratenden Versammlung und zu Beginn dieser Sitzungsperioden zusammen ; es tritt ausserdem zusammen, wenn es von ihm für zweckmässig erachtet wird.

Kapitel V Beratende Versammlung Artikel 22 Die Beratende Versammlung ist das beratende Organ des Europarates. Sie befasst sich mit den Fragen, die in ihr Aufgabengebiet fallen, wie es in dieser Satzung umschrieben ist, und übermittelt die Ergebnisse ihrer Beratungen dem Ministerkomitee in der Form von Empfehlungen.

Artikels1) a. Die Beratende Versammlung kann über alle Fragen, die nach den Begriffsbestimmungen des Kapitels I der Aufgabe des Europarates entsprechen und in dessen Zuständigkeit fallen, beraten und Empfehlungen ausarbeiten ; sie berät ferner über jede Frage, die ihr vom Ministerkomitee zur Stellungnahme unterbreitet wird und kann dazu Empfehlungen ausarbeiten.

b. Die Versammlung setzt ihre Tagesordnung im Einklang mit den Bestimmungen des vorstehenden Absatzes a. und unter Berücksichtigung der Tätigkeit der anderen europäischen zwischenstaatlichen Organisationen, denen einige oder alle der Mitglieder des Eates angehören, fest.

1

) Neufassung vom 22.Mai 1951.

1108 c. Der Präsident der Versammlung entscheidet im Zweifelsfalle, ob eine im Laufe einer Sitzungsperiode aufgeworfene Frage auf die Tagesordnung der Versammlung gehört.

Artikel 24 Die Beratende Versammlung kann unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Artikels 88 d. Unterkomitees oder Ausschüsse bilden, die beauftragt sind, alle Fragen im Rahmen ihrer Zuständigkeit, wie sie in Artikel 28 umschrieben ist, zu prüfen, ihr Bericht zu erstatten und zu den auf ihre Tagesordnung gesetzten Angelegenheiten sowie zu allen Verfahrensfragen Stellung zu nehmen.

Artikel 25 a. Die Beratende Versammlung besteht aus Vertretern aller Mitglieder, die von deren Parlamenten gewählt oder nach einem von diesen Parlamenten bestimmten Verfahren bezeichnet werden, jedoch unter dem Vorbehalt, dass die Regierung eines jeden Mitglieds ergänzende Ernennungen vornehmen kann, wenn das Parlament nicht tagt und das in diesem Falle zu befolgende Verfahren nicht bestimmt hat. Jeder Vertreter muss Staatsangehöriger des von ihm vertretenen Mitgliedstaates sein. Er darf nicht gleichzeitig Mitglied des Ministerkomitees sein1).

Das Mandat der so ausgewählten Vertreter beginnt mit der Eröffnung der der Wahl nachfolgenden ordentlichen Sitzungsperiode. Es erlischt erst zu Beginn der nächsten Sitzungsperiode oder einer späteren ordentlichen Sitzungsperiode, unbeschadet des Rechts der Mitgliedstaaten zur Wahl neuer Vertreter im Anschluss an Parlamentswahlen 1). Besetzt ein Mitgliedstaat Sitze, die infolge des Todes oder des Rücktritts eines Vertreters frei geworden sind, oder wählt er neue Vertreter im Anschluss an Parlamentswahlen, so beginnt das Mandat der neuen Vertreter mit der ersten auf die Wahl folgenden Sitzung der Versammlung1).

b. Kein Vertreter kann im Laufe einer Sitzungsperiode der Versammlung ohne deren Zustimmung seines Mandats enthoben werden.

c. Jeder Vertreter kann einen Ersatzmann haben, der im Falle der Abwesenheit des Vertreters berechtigt ist, an seiner Stelle an den Sitzungen teilzunehmen, das Wort zu ergreifen und abzustimmen. Die Bestimmungen des vorstehenden Absatzes a. finden auch auf die Bezeichnung der Ersatzleute Anwendung.

Artikel 26 2 ) Die Mitglieder haben Anspruch auf die nachstehend angegebene Zahl von Sitzen : Belgien 7, Dänemark 5, Frankreich 18, Bundesrepublik Deutschland 18, Griechenland 7,
Island 8, Irland 4, Italien 18, Luxemburg 8, Niederlande 7, !)

Neufassung (Abs.4) vom 22.Mai 1951 und 4.Mai 1953.

2 ) Geänderte Fassung auf Grund des Beitritts verschiedener Länder.

1109 Norwegen 5, Schweden 6, Türkei 10, Vereinigtes Königreich von Grossbritannien und Nordirland 18, Österreich 6, Zypern 8.

Artikel 27 *) Die Bedingungen, unter denen das Ministerkomitee insgesamt bei den Aussprachen der Beratenden Versammlung vertreten sein kann, und diejenigen, unter denen die Vertreter im Komitee und ihre Beauftragten einzeln das Wort vor der Versammlung ergreifen können, unterliegen den einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung, die nach Anhörung der Versammlung vom Komitee beschlossen werden können.

Artikel 28 (Geschäftsordnung, Präsident) a. Die Beratende Versammlung gibt sich ihre Geschäftsordnung. Sie wählt aus ihrer Mitte ihren Präsidenten, der bis zur Eröffnung der folgenden ordentlichen Sitzungsperiode im Amt bleibt.

b. Der Präsident leitet die Arbeiten, nimmt aber weder an den Aussprachen noch an der Abstimmung teil. Der Ersatzmann des Präsidenten ist befugt, an seiner Stelle an den Sitzungen teilzunehmen, das Wort zu ergreifen und abzustimmen.

c. Die Geschäftsordnung regelt insbesondere : 1. die Frage der Beschlussfähigkeit; 2. das Verfahren für die Wahl und die Dauer des Mandates des Präsidenten und der anderen Mitglieder des Büros ; 8. das Verfahren für die Aufstellung der Tagesordnung und für deren Bekanntgabe an die Vertreter; 4. Zeitpunkt und Verfahren der Bekanntgabe der Namen der Vertreter und ihrer Stellvertreter.

Artikel 29 Vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 30 bedürfen alle Beschlüsse der Beratenden Versammlung der Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen, einschliesslich der Beschlüsse, die zum Gegenstand haben : 1. die Annahme von Empfehlungen für das Ministerkomitee ; 2. Vorschläge an das Komitee über die auf die Tagesordnung der Versammlung zu setzenden Fragen; 8. die Bildung der Unterkomitees oder Ausschüsse; 4. die Festsetzung des Eröffnungstages der Sitzungsperioden; 5. die Bestimmung der erforderlichen Mehrheit für die Annahme der Beschlüsse, die nicht unter die vorstehenden Ziffern l bis 4 fallen, oder in Zweifelsfällen die Bestimmung der angemessenen Mehrheitsregel.

!) Neufassung vom 22.Mai 1951.

1110 Artikel 30 Die Beschlüsse der Beratenden Versammlung über Fragen des inneren Geschäftsganges, insbesondere über die Wahl der Mitglieder des Büros, die Ernennung der Mitglieder für die Unterkomitees und Ausschüsse und die Annahme der Geschäftsordnung, bedürfen der von der Versammlung gemäss Artikel 29, 5 bestimmten Mehrheit.

Artikel 31 Die Beratungen über die dem Ministerkomitee zu unterbreitenden Vorschläge über die Eintragung einer Frage auf die Tagesordnung der Beratenden Versammlung dürfen sich nach Abgrenzung des Gegenstandes der Frage nur auf die Gründe beziehen, die für oder gegen diese Eintragung sprechen. · Artikel 32 Die Beratende Versammlung tritt alljährlich zu einer ordentlichen Sitzungsperiode zusammen, deren Zeitpunkt und Dauer von der Versammlung so festgesetzt werden, dass jedes Zusammentreffen mit den Sitzungsperioden der Parlamente der Mitglieder und der Hauptversammlung der Vereinigten Nationen nach Möglichkeit vermieden wird. Die Dauer der ordentlichen Sitzungsperioden darf einen Monat nicht überschreiten, es sei denn, dass die Versammlung und das Ministerkomitee in beiderseitigem Einvernehmen etwas anderes beschliessen.

Artikel 33 Die ordentlichen Sitzungsperioden der Beratenden Versammlung finden am Sitze des Eates statt, es sei denn, dass die Versammlung und das Ministerkomitee in beiderseitigem Einvernehmen eine andere Entscheidung treffen.

Artikel 34 l ) Die Beratende Versammlung kann durch Entschluss des Ministerkomitees oder des Präsidenten der Versammlung nach einem zwischen ihnen'erzielten diesbezüglichen Einvernehmen, das sich auch auf den Zeitpunkt und den Ort bezieht, zu einer ausserordentlichen Sitzungsperiode einberufen werden.

Artikel 35 Die Sitzungen der Beratenden Versammlung sind öffentlich, es sei denn, dass die Versammlung etwas anderes beschliesst.

*) Neufassung vom 22.Mai 1951.

lili Kapitel VI Sekretariat Artikel 86 a. Das Sekretariat besteht aus dem Generalsekretär, einem stellvertretenden Generalsekretär und dem erforderlichen Personal.

b. der Generalsekretär und der stellvertretende Generalsekretär werden von der Beratenden Versammlung auf Empfehlung des Ministerkomitees ernannt.

c. Die übrigen Mitglieder des Sekretariats werden vom Generalsekretär nach Massgabe der Verwaltungsordnung ernannt.

d. Kein Mitglied des Sekretariats kann eine entgeltliche Stellung bei einer Begierung innehaben, Mitglied der Beratenden Versammlung oder eines nationalen Parlamentes sein oder eine Tätigkeit ausüben, die mit seinen Pflichten unvereinbar ist.

e. Jeder Angehörige des Personals des Sekretariates hat in einer feierlichen Erklärung seine Treuepflicht gegenüber dem Europarat zu bekräftigen und zu geloben, dass er die Pflichten seiner Stellung gewissenhaft erfüllen wird, ohne sich dabei durch Erwägungen nationaler Natur beeinflussen zu lassen, und dass er Weisungen im Zusammenhang mit der Erfüllung seiner Aufgaben von keiner Eegierung und keiner anderen Behörde als dem Eat anfordern oder entgegennehmen und sich jeder Handlung enthalten wird, die mit seiner Stellung als eines internationalen, ausschliesslich dem Eat verantwortlichen Beamten unvereinbar ist. Der Generalsekretär und der stellvertretende Generalsekretär geben diese Erklärung vor dem Komitee ab ; die übrigen Mitglieder des Personals geben die Erklärung vor dem Generalsekretär ab.

f. Jedes Mitglied hat den ausschliesslich internationalen Charakter der Aufgaben des Generalsekretärs und des Personals des Sekretariats zu achten und davon Abstand zu nehmen, diese Personen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu beeinflussen.

Artikel 37 a. Das Sekretariat wird am Sitze des Eates eingerichtet.

b. Der Generalsekretär ist für die Tätigkeit des Sekretariats dem Ministerkomitee gegenüber verantwortlich. Er hat insbesondere, vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 38 d, der Beratenden Versammlung die von ihr etwa benötigten Verwaltungsdienste und sonstigen Dienste zur Verfügung zu stellen.

Kapitel VII Finanzen Artikel 38 a. Jedes Mitglied trägt die Kosten seiner eigenen Vertretung im Ministerkomitee und in der Beratenden Versammlung.

1112 b. Die Aufwendungen des Sekretariats und alle sonstigen gemeinsamen Aufwendungen werden in dem vom Komitee unter Zugrundelegung der Bevölkerungszahl jedes Mitgliedes bestimmten Verhältnis auf alle Mitglieder umgelegt.

Der Beitrag eines jeden assoziierten Mitglieds wird vom Komitee festgesetzt.

c. Der Haushalt des Eates wird alljährlich vom Generalsekretär unter Beachtung der Haushaltsordnung dem Komitee zur Genehmigung unterbreitet.

d. Der Generalsekretär unterbreitet dem Ministerkomitee die Anforderungen der Versammlung, die geeignet sind, Ausgaben zu verursachen, welche den Betrag der im Haushalt für die Versammlung und ihre Arbeiten bereits bewilligten Kredite überschreiten.

e. Der Generalsekretär unterbreitet dem Ministerkomitee ferner einen Voranschlag der Ausgaben, die mit der Durchführung jeder der dem Komitee vorgelegten Empfehlungen verbunden sind. Ein Beschluss, dessen Durchführung zusätzliche Ausgaben verursacht, gilt erst dann als vom Ministerkomitee angenommen, nachdem dieses die daraus bezüglichen zusätzlichen Kostenvoranschläge genehmigt hat 1 ).

Artikel 39 Der Generalsekretär gibt alljährlich den Eegierungen der Mitglieder die Höhe ihres Beitrages bekannt. Die Beiträge sind mit dem Tage dieser Bekanntgabe fällig: sie sind dem Generalsekretär innerhalb von sechs Monaten zu überweisen.

Kapitel VIII Vorrechte und Immunitäten Artikel 40 a. Dem Europarat, den Vertretern der Mitglieder und dem Sekretariat stehen im Gebiete der Mitgliedstaaten die Immunitäten und Vorrechte zu, die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Auf Grund dieser Immunitäten dürfen insbesondere die Vertreter der Beratenden Versammlung im Gebiete der Mitgliedstaaten wegen etwaiger im Laufe der Beratungen der Versammlung, ihrer Unterkomitees und Ausschüsse zum Ausdruck gebrachter Auffassungen oder wegen ihrer Stimmabgabe weder festgenommen noch verfolgt werden.

b. Die Mitglieder verpfhebten sich, so bald wie möglich ein Abkommen abzuschliessen, um die Anwendung des vorstehenden Absatzes a. in vollem Masse sicherzustellen. Zu diesem Zweck wird das Ministerkomitee den Eegierungen der Mitglieder den Abschluss eines Abkommens empfehlen, das die in ihren Gebieten zu gewährenden Vorrechte und Immunitäten näher bezeichnet. Ausserdem wird mit der Eegierung der Französischen Eepublik ein besonderes Abkommen getroffen, das die Vorrechte und Immunitäten bezeichnet, die dem Eat an seinem Sitze zustehen.

1

) Neuer Buchstabe e vom 22.Mai 1951.

1118 Kapitel IX Abänderungen

Artikel 41 a. Vorschläge auf Abänderung dieser Satzung können dem Ministerkomitee oder, unter den in Artikel 23 vorgesehenen Bedingungen, der Beratenden Versammlung unterbreitet werden.

b. Das Komitee empfiehlt die von ihm für wünschenswert erachteten Abänderungen der Satzungen und sorgt für ihre Aufnahme in ein Protokoll.

c. Jedes Abänderungsprotokoll tritt in Kraft, sobald es von zwei Dritteln der Mitglieder ratifiziert ist.

d. Unbeschadet der Bestimmungen der vorstehenden Absätze dieses Artikels treten die Abänderungen der Artikel 23 bis 35, 38 und 39 nach ihrer jeweiligen Billigung durch das Komitee und die-Versammlung mit dem Datum des vom Generalsekretär erstatteten besonderen Berichts, der den Eegierungen der Mitglieder mitzuteilen ist und die Billigung der genannten Abänderungen beglaubigt, in Kraft. Die Bestimmungen dieses Absatzes können erst vom Schluss der zweiten ordentlichen Sitzungsperiode der Versammlung an Anwendung finden.

Kapitel X: Schlussbesiimmungen

Artikel 42 a. Diese Satzung bedarf der Eatifizierung. Die Eatifikationsurkunden werden bei der Eegierung des Vereinigten Königreichs von Grossbritannien und Nordirland hinterlegt.

b. Diese Satzung tritt nach der Hinterlegung von sieben Eatifikationsurkunden in Kraft. Die Eegierung des Vereinigten Königreiches gibt allen Unterzeichnerregierungen das Inkrafttreten der Satzung und die Staaten, die zu diesem Zeitpunkt Mitglieder des Europarates sind, bekannt.

c. In der Folge wird jeder weitere Unterzeichnerstaat mit dem Tage der Hinterlegung seiner Eatifikationsurkunde Vertragspartei dieser Satzung.

1114 Anhang II

Liste der Konventionen, Abkommen und Übereinkommen des Europarates

* am 1. Juli 1962 noch nicht in Kraft 1. Allgemeines Abkommen vom 2. September 1949 über die Privilegien und Immunitäten des Europarates.

2. Zusatzprotokoll vom 6. November 1952 zum Allgemeinen Abkommen über die Privilegien und Immunitäten des Europarates.

8. Zweites Zusatzprotokoll vom 15. Dezember 1956 zum Allgemeinen Abkommen über die Privilegien und Immunitäten des Europarates (Bestimmungen betreffend die Mitglieder der Europäischen Menschenrechtskommission).

4. Drittes Zusatzprotokoll vom 6. März 1959 zum Allgemeinen Abkommen über die Privilegien und Immunitäten des Europarates (Bestimmungen betreffend den Wiedereingliederungs-Fonds). * 5. Viertes Zusatzprotokoll vom 16. Dezember 1961 zum Allgemeinen Abkommen über die Privilegien und Immunitäten des Europarates (Bestimmungen betreffend den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte).

6. Konvention vom 4. November 1950 zum Schütze der Menschenrechte und Grundfreiheiten.

7. Zusatzprotokoll vom 20.März 1952 zur Konvention zum Schütze der Menschenrechte und Grundfreiheiten.

8. Erklärung vom 4. November 1950 betreffend Artikel 25 der Konvention zum Schütze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Eecht zur Individualbeschwerde).

9. Erklärung vom 4. November 1950 betreffend Artikel 46 der Konvention zum Schütze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Bechtsprechung des Gerichtshofes).

10. Europäisches Zwischenabkommen vom 11. Dezember 1953 über soziale Fürsorge ausserhalb der Eegelung der Altersfürsorge, Invaliden- und Sterbevorsorge.

11. Zusatzprotokoll vom 11. Dezember 1958 zum Europäischen Zwischenabkommen über soziale Fürsorge ausserhalb der Eegelung der Altersfürsorge, Invaliden- und Sterbevorsorge.

1115 12. Vorläufiges Europäisches Abkommen vom 11.Dezember 1958 betreffend die Regelung der sozialen Sicherheit, Altersfürsorge, Invaliden- und Sterbevorsorge.

18. Zusatzprotokoll vom 11. Dezember 1953 zum Vorläufigen Europäischen Abkommen betreffend die Regelung der sozialen Sicherheit, Altersfürsorge, Invaliden- und Sterbevorsorge.

14. Europäisches Abkommen vom 11. Dezember 1958 über ärztliche und soziale Fürsorge.

15. Zusatzprotokoll vom 11.Dezember 1953 zum Europäischen Abkommen über ärztliche und soziale Fürsorge.

16. Europäische Sozial-Charta vom 18. Oktober 1961. * 17. Europäische Konvention vom 11. Dezember 1953 über die Gleichwertigkeit der zum Hochschulstudium berechtigenden Schulabgangszeugnisse.

18. Europäische Kulturkonvention vom 19. Dezember 1954.

19. Europäisches Abkommen vom 15.Dezember 1956 über die Gleichwertigkeit von Studienzeiten an Universitäten.

20. Europäisches Übereinkommen vom 14. Dezember 1959 betreffend die akademische Anerkennung von Hochschulzeugnissen.

21. Europäisches Abkommen vom 11. Dezember 1953 zur Regelung der Antragsformalitäten bei Patentanmeldungen.

22. Europäisches Abkommen vom 19. Dezember 1954 über die internationale Klassifizierung von Erfinderpatenten.

23. Europäisches Abkommen vom 15. Dezember 1958 über den Programmaustausch mit Fernsehfilmen.

24. Europäisches Abkommen vom 22. Juni 1960 zum Schütze der Fernsehsendungen.

25. Europäische Niederlassungsordnung vom 13. Dezember 1955. * 26. Europäisches Übereinkommen vom 29. April 1957 zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten.

27. Europäische Auslieferungsordnung vom 13. Dezember 1957.

28. Europäisches Übereinkommen vom 20. April 1959 über gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen.

29. Europäische Konvention vom 20. April 1959 über die obligatorische Haftpflichtversicherung von Kraftfahrzeugen. * 80. Abkommen vom 18. Dezember 1955 über den Austausch von Kriegsversehrten zwischen den Mitgliedstaaten des Europarates zu Zwecken der Heilbehandlung.

1116 81. Europäisches Abkommen vom 15. Dezember 1958 betreffend den Austausch von Heilmitteln menschlichen Ursprungs.

82. Abkommen vom 28. April 1960 über die vorübergehend zollfreie Einfuhr von medico-chirurgischen Geräten für Heilanstalten zu diagnostischen Zwecken und als kostenlose Leihgabe.

88. Europäisches Übereinkommen vom 14.Mai 1962 über gegenseitigen Beistand auf dem Gebiet ärztlicher Spezialbehandlung und klimatischer Einrichtungen.

34. Europäisches Übereinkommen vom 14. Mai 1962 über den Austausch von Blutgruppenbestimmern. * 85. Europäisches Abkommen vom 13. Dezember 1957_zum grenzüberschreitenden Personenverkehr zwischen den Mitgliedern des Europarates.

36. Europäisches Abkommen vom 20.April 1959 über die Abschaffung des Visurnzwanges für Flüchtlinge.

37. Europäisches Übereinkommen vom 16. Dezember 1961 über den Verkehr von Jugendlichen mit Kollektivpass zwischen den Mitgliedländern des Europarates.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Beziehungen der Schweiz mit dem Europarat (Vom 26. Oktober 1962)

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Bundesblatt

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Feuille fédérale

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Foglio federale

Jahr

1962

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

46

Cahier Numero Geschäftsnummer

8563

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

15.11.1962

Date Data Seite

1085-1116

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