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Schweizerische Bundesversammlung.

Am 18. Juni 1883 ist die Bundesversammlung der Schweiz.

Eidgenossenschaft zur ordentlichen Sommersession zusammengetreten.

Der Vizepräsident des Nationalrathes, Herr Dr. S. K a i s e r aus Solothurn, eröffnete die Sitzung mit einer Rede, in welcher er des noch während der letzten Session verstorbenen Hrn. C h a n e y von Freiburg mit Anerkennung gedachte.

Der Präsident des Ständerathes, Herr Landammann V i g i e r von Solothurn, hielt nachstehende Eröffnungsrede: ,,Meine Herren Ständeräthe!

,,Zu Ihrer ordentlichen Sommersitzung meinen herzlichen Willkomm ! Der Ständerath hat in dieser Sitzung wichtige, tief eingreifende Geschäfte zu bewältigen, welche unsere ganze Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen werden. Es sind meistens Fragen volkswirthschaftlicher Natur. Es ist nicht Zufall, daß diese Fragen an uns heran treten. Es ist die Folge eines in der Gesammtgeschichte und Entwicklung der Staaten liegenden Prinzips. Wir finden das Auftauchen dieser Wünsche auch nicht vereinzelt in der Schweiz. Sie harren in allen Staaten der Lösung, und zwar nicht erst seit heute.

,,Diese volkswirtschaftlichen Aufgaben werden immer näher und in größerer Zahl an uns heran treten. In unserer Pflicht liegt es, sie nach allen Richtungen zu prüfen und auf die Abhülfe von Uebelsfänden bedacht zu sein, welche in unserem Volksleben in Folge der Entwicklung unserer Zustände zu Tage getreten sind.

Nur auf diese Weise werden wir ungesunden Auswüchsen und drohenden Gefahren entgehen, werden wir die A u f g a b e u n s e r e r Z e i t v e r s t e h e n . Die Verwirklichung dieser Aufgaben kann und soll, abgesehen von allen politischen Richtungen, ihre Lösung finden.

Es ist hier ein Feld volkswirthschaftlichen Schaffens, das von Allen gemeinsam bebaut werden kann.

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,,Außer dem ordentlichen Traktandum des Geschäftsberichts haben wir in dieser Sitzung die wichtige Z o l l f r a g e zu lösen.

Möchte es uns gelingen, in dieser schwierigen und delikaten Arbeit, in der die verschiedenartigsten Interessen sich gegenseitig bekämpfen und durchkreuzen, dasjenige herauszufinden, was den Gesammtinteressen des Landes am meisten nützt. Mit der Zollfrage hängen zusammen die Handelsverträge. Für diese Sitzung liegt uns vor der Vertrag mit Italien.

,,Wir haben zu behandeln das Gesetz über Beaufsichtigung des R e c h n u n g s w e s e n s der E i s e n b a h n e n . Sie haben den konzessionsgemäßen Rückkauf der Bahnen abgelehnt. Sie haben eine Motion für Vereinheitlichung des Betriebes abgewiesen. Die erste Frage war allerdings zu wenig vorbereitet und hätte, wenn man auch prinzipiell einig damit gegangen wäre, schon deßhalb doch nicht gelöst werden können.

,,Bei Ihnen allen aber steht gewiß die Ueberzeugung fest, oder waltet doch das Gefühl ob, daß die Zukunft der Verstaatlichung der Eisenbahnen in dieser oder jener Richtung angehört, und es nur eine Frage der Zeit ist, wann und in wie weit in dieser Richtung vorgegangen werden soll. Ich bin weit entfernt, die Eidgenossenschaft in abenteuerliche Unternehmungen stürzen und ihre Finanzen zu sehr engagiren zu wollen. Unterstelle man die Frage jedoch nur einer gründlichen allseitigen Prüfung, schreite wenigstens auf dem Wege der Remedur in den einzelnen Abtheilungen vor, wie verschiedene Anträge vorliegen. Die Frage wird doch immer und immer wieder in dieser oder jener Form au Sie heran treten, und Sie werden endlich zu einer Lösung "5 kommen m ü s s e n .

,,Sie haben in Ihrer letzten Sitzung einen Antrag für Abänderung des Tarifwesens der Schweizerischen Centralbahn angenommen.

Im Nationalrath liegt die Motion eines Mitgliedes vor für Einführung von Nachtzügen und Kegulirung des gesammten Tarifwesens.

Ihre Geschäftsprüfungskommission bringt Ihnen neuerdings Anträge für Vereinheitlichung des Betriebes. Die Industriellen, die Handelsleute der Schweiz, der größte Theil der dabei interessirten Bevölkerung dringt auf eine Besserung der Verhältnisse.

,,Als fernem in dieses volkswirthschaftliche Gebiet einschlagenden Gegenstand steht auf ihrer Traktandenliste die V e r s i c h e r u n g s f r a g e der e i d g e n ö s s i s c
h e n B e a m t e n , eine Frage, die auch auf andern Gebieten noch weitere Wellen schlagen wird. Sie haben unter Ihren Geschäften ferner, und zwar beim Bundesrathe anhängig, die weit gehende wichtige Aufgabe einer v o l k s w i r t h s c h a f t l i c h e n E n q u ê t e , welche als Basis künftiger gesetzgeberischer

163 Arbeiten auf diesem Gebiete dienen soll. Sie haben den von Ihnen angenommenen Beschluß über Verwendung eines Kredites von Er. 150,000 im Interesse der Landwirtschaft, namentlich des Kleinbauernstandes. Sie haben unter den R e k u r s e n mehrere zu entscheiden, welche ebenfalls volkswirthschaftlich höchst wichtige Prinzipien feststellen.

,,Strengen wir uns an, zur Lösung der allerdings schwierigen Aufgaben die richtigen Mittel zu. finden; lassen wir sie nur nicht u n b e r ü c k s i c h t i g t bei Seite liegen. Lassen wir uns in allen diesen Entscheiden durch den obersten Grundsatz: die F ö r d e r u n g des V o l k s w o h l e s , leiten."

Als neue Mitglieder des N a t i o n a l r a t h e s sind von eidgenössischen Wahlkreisen 10 gewählt worden, nämlich: Im 22. Kreise: Herr Paul A e b y , Banquier, von und in Freiburg, gewählt am 3. Juni 1883 in Ersetzung des verstorbenen Hrn. François C h a n e y von Estavayer; ,, 30. ,, ,, Roderich Albert K u n k l e r , Fürsprecher, von und in St. Gallen, den 10. Juni 1883 gewählt an der Stelle des zum Schweiz. Gesandten in Wien ernannten Hrn. Arnold Otto A e p l i von St. Gallen ; ,, 33. ,, ,, Peter Theophil B ü h l e r , Oberrichter, von Davos (Graubünden), in Fideris, am 10. Juni 1883 gewählt für Hrn. J.Hermann Sprecher in Chur; ,, 39. ,, ,, Joh. Jakob Seh u m per li n, Bezirksgerichtspräsident, von und in Kreuzungen (Thurgau), gewählt am 17. Juni 1883 an der Stelle des Hrn. Bundesrath Dr. D eu c h e r von Steckborn ; ,, 42.

,, ^ Louis C h a u s s o n - L o u p , Notar, von Noville und Rennaz, in Rennaz (Waadt), gewählt am 27. Mai 1883 für Hrn. David J o l y in Villeneuve (Waadt); ,, 42. ,, ,, Louis P a s c h o u d , Advokat, von Lutry (Waadt), in Lausanne, gewählt den 27. Mai 1883 am Platze des Hrn. Ant. V e s s a z in Lausanne ;

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Im 43. Kreise :

,, 43.

,,

,, 43.

,,

,, 44.

,,

Herr Louis D è g l o n , Gerichtspräsident, von und in Courtilles (Waadt), gewählt am 27. Mai 1883 an Stelle des Hrn. A. J o r d a n - M a r t i n in Moudon (Waadt); ,, Donat G o l a z, Notar, von Abbaye, in Orbe (Waadt), den 27. Mai 1883 gewählt in Ersetzung des Hrn. Lucien D e c o p p e t in Yverdon (Waadt); ,, Jacques-Francois V i q u e r a t , Staatsrath, von Donneloye (Waadt), in Lausanne, für Hrn. Paul W u i 11 i è m o d in Payerne gewählt am 27. Mai 1883; ,, Adrien T h é l i n , Negotiant, von BioleyOrjulaz, in La Sarraz (Waadt), gewählt am 27. Mai 1883 am Platze des Hrn. Henri O g n e y in Aubonne (Waadt).

Im S t ä n d e r a t h e sind als neue Mitglieder erschienen : Für Freiburg : Herr Alphonse T h è r a u l a z, Staatsrath, von und in Freiburg; ,, Neuenburg: ,, Jean B e r t h o u d , Advokat, von und in Neuenburg.

Die Bestellung der Bureaux beider Räthe fand in folgender Weise statt: Präsident:

Herr

Vizepräsident:

,,

Stimmenzähler:

,, ,, ,, ,,

N a t i o n a l r a t h.

Dr. Simon K a i s e r , Bankdirektor, von Biberist, in Solothurn, gewesener Vizepräsident; Georges F a v o n , -Großrath, von und in Genf; Fritz Ernst B ü h l m a n n , Großrath, von und in Großhöchstetten (Bern) ; Robert D ü r r e r , Landatnmann, von Thalwil, in Stanz (Nidwaiden); Joh. M ose r, Bezirksstatthalter, von und in Klein-Andelfingen (Zürich) ; Frédéric C r i b l e t, Receveur, von und in Grandson (Waadt).

165 S t ä n d e r a t h.

Präsident: Vizepräsident: Stimmenzähler:

Herr Walther H a u s e r , Regierungsrath, von und in Wädensweil (Zürich); ,, Martin B i r m a n n , Landrathspräsident, von Rünenburg, in Liestal; ,, Job. Jakob H o h l , Obergerichtspräsident, von Heiden, in Herisau; ,, Joseph C h a p p e x, Staatsrath, von Massongex, in Sitten.

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23.06.1883

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