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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Organisation des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements.

(Vom 30. November 1883.)

Tit.

Als der Bundesrath mittelst Botschaft vom 11. April 1882 (Bundesbl. 1882, II, S. 349 ff.) an Sie eia Kreditbegehren zu provisorischer Anstellung eines Adjunkten beim Justiz- und Polizeidepartement richtete, hat er der Bundesversammlung seine Ansicht kundgegeben, daß einer solchen Beamtung mit der Zeit ein definitiver Charakter zu verleihen sein dürfte. Diesem Gedanken entsprechend war bereits unterm 7. Februar 1882 das genannte Departement vom Bundesrathe beauftragt worden, für den Fall, daß die fragliehe Stelle an der Hand der Erfahrung sich als nützlich bewähre, behufs definitiver Errichtung derselben einen Gesetzesentwurf vorzubereiten.

Die h. gesetzgebenden Räthe selbst haben sodann bei Aula/i der Büdgetberathung pro 1883 durch ein Postulat vom 22. Dezember 1882 (Sammlung No. 295) den Bundesrath eingeladen, über die Kreirung und die Verhältnisse (Geschäftskreis und Besoldung) einer im Justizdepartement zu errichtenden Stelle für gesetzgeberische und anderweitige juristische Facharbeiten eine besondere Gesetzesvorlage auszuarbeiten.

In unserem Berichte über die Geschäftsführung im Jahre 1882 hatten wir uns erlaubt, die Aufmerksamkeit der eidg. Räthe auf

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die stetige Vermehrung der Geschäfte des Justiz- und Polizeidepartements hinzulenken, und die Reorganisation dieses Departements durch Beiziehung neuer ständiger, juristisch gebildeter Kräfte als ein unabweisbares Bedürfniß erklärt, wenn den vielen und schwierigen, vormöge der ordentlichen Zunahme der Geschäfte, sowie auf dem Postulatswege an das Departement herantretenden Aufgaben genügt werden solle. (Bundesblatt 1883, II, S. 848 und 849). Die mit der Prüfung der bundesräthlichen Geschäftsführung pro 1882 betraute Kommission des Ständerathes anerkannte in ihrem Berichte (Bundesblatt 1883, II, S. 122 u. 123) nicht bloß die vollständige Richtigkeit und Begründetheit unserer Bemerkungen, sondern sie beantragte geradezu, in billiger Würdigung der Verhältnisse, den Bundesrath durch ein Postulat einzuladen, über die Revision der Einrichtung des Justiz- und Polizeidepartements, namentlich im Sinne einer genauem Umschreibung der Stellung und des Gesehäftskreises der höhern Angestellten, mit thunlichster Beförderung den eidg. Räthen eine Vorlage zu unterbreiten. Dieser Antrag wurde im Ständerathe nach ihrer ausdrücklichen Erklärung bloß deßwegen von der Kommission zurückgezogen, weil der Chef des Departements die baldige Einbringung der Vorlage in Aussicht stellte, und es ist daraufhin der Gegenstand in der nationalräthlichen Geschäftsprür'ungskommission und im Nationalrathe nicht weiter zur Sprache gekommen.

Wir sind demzufolge Ihrer vollen Zustimmung gewiß, wenn wir Ihnen, Tit., nunmehr über die Organisation dus Justiz- und Polizeidepartements eine den unbestrittenen und, wie Sie sich noch des Nähern überzeugen werden, unbestreitbaren Bedürfnissen entgegenkommende, die gesetzliche Konsolidation bisheriger provisorischer Verhältnisse bezweckende Vorlage machen.

Zur Begründung unseres Entwurfes mögen vorerst einige, die Geschäftsaufgaben und die Arbeitslast des Departements niarkirende Mittheilungen hier Platz finden.

Es wäre ein entschiedener Irrthüm, wenn angenommen werden wollte, die Geschäfte des Justiz- und Polizeidepartements hätten infolge der neuen Bundesverfassung sich vermindert. Allerdings sind gewisse Rekursfragen, z. B. solche, die sich auf Gerichtsstand und Doppelbesteuerung beziehen, durch Zuweisung an das Bundesgericht weggefallen. Allein es wurden hinwieder dem Departement, theils
direkt durch die neue Bundesverfassung -- man denke z. B. an die gegenüber früher viel mannigfaltiger, eingreifender und zahlreicher gewordenen streitigen Fälle des Niederlassungsrechts --, theils durch den Bundesbeschluß vom 21. August 1878 über Organisation und Geschäftsgang des Bundesrathes, neue

775 Geschäfte in sehr erheblicher Zahl zugewiesen. Es erklärt sich dieß sehr leicht aus der der Bundesrevision von 1874 zu Grunde liegenden Tendenz, auf den wichtigsten Gebieten des öffentlichen Lebens bundesrechtliche Nonnen aufzustellen. Von diesen neu an das Departement gekommenen Geschäften sind als wesentlich zu erwähnen : 1) Rekurse betrefl'end die Handels- und Gewerbefreiheit (Art. 31 und 39 der Bundesverfassung), welche vor 1879 dem Eisenbahn- und Handelsdepartement zugefallen waren ; 2) Rekurse betreffend die Glaubens- und Gewissensfreiheit und die freie Ausübung gottesdienstlicher Handlungen (Art. 49, 50 und 51), welche früher zum größern Theil in den Geschäftskreis des politischen Departements gehörten ; 3) Verfügungen über das Begräbnißwesen (Art. 53), die früher dem Departement des Innern zukamen.

Ueberhaupt ist zu beachten, daß sich in der neuern Zeit eine Praxis in dem Sinne ausgebildet hat, daß alle Rekurse, die eine eigentliche Rechtsfrage, einen juristischen Kern in sieh bergen, dem Justiz- und Polizeidepartemeut zur Prüfung und Begutachtung überwiesen werden, eine Praxis, die auf dem sehr guten und richtigen Gedanken beruht, daß di« Kontinuität und Konsequenz der Rechtsprechung auch in den sogenannten Administrativstreitigkeiten ein vor Allem erstrebenswerthes Ziel ist.

Diese Verhältnisse und die auf allen öffentlich-rechtlichen Gebieten sich offenbarende Erweiterung und Vervielfältigung der Beziehungen der Bürger unter sich und zu den Behörden brachten es mit sich, daß die Zahl der Rekurse diejenige Höhe wieder erreicht, ja bereits überschritten hat, auf der sie vor 1874 gestanden ist. Man vergleiche die folgenden Zahlen : 1871 1872 1873

150 Rekurse.

154 ,, 169 ,,

1880 1881 1882

114 Rekurse 139 ,, 175 ,,

Es verdient ferner hervorgehoben zu werden, daß die Arbeiten speziell juristischen Charakters auch in Form von Begutachtungen oder in fortlaufender Mitwirkung auf Ansuchen anderer Verwaltungsdikasterien dem Justizdepartement in einer vor dem Inkrafttreten des eidgenössischen Obligationenrechts nicht gekannten Anzahl und Ausdehnung zuwachsen und daß der natürliche Gang der Rechtsentwickelung eine Zunahme derselben von Jahr zu Jahr erwarten läßt.

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Eine ganz eklatante Vermehrung der Geschäfte ist aus dem Auslieferungsverfahren entsprungen, indem sowohl die Zahl der bezüglichen Staatsverträge, als die Rubrik der die Auslieferung bedingenden strafbaren Handlungen beständig anwächst. Es ist, auch allgemein bekannt, daß einzelne Fälle, insbesondere diejenigen, welche außer Europa spielen, nicht bloß eine äußerst sorgfältige und umsichtige Behandlung erfordern, sondern des öftern auch langwierige Korrespondenzen veranlassen. Die Statistik des Departements, die alljährlich in den Geschäftsberichten mitgetheilt wird, liefert hierüber den zuverlässigsten Nachweis. Während die Schweiz im Jahre 1871 32, im Jahre 1872 41 Auslieferungsbegehren stellte, verlangte sie 1881 die Auslieferung von 130, 1882 von 98 Individuen. Das Ausland dagegen richtete 1871 87 und 1872 120 diesfällige Begehren an die Schweiz; 1880 aber 205, 1881 183, 1882 150.

Diesem Zuwachs auf einzelnen Verwaltungszvveigen entsprechend hat sich der Geschäftsumfang im Allgemeinen erweitert.

Das Departement zählte 1871 .

.

626 Geschäftsnummern.

1872 , , 667 ,, 1874 .

.

953 ,, 1879 .

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9!)1 ,, 1881 .

.

1042 1882 .

. 1024 ,, 1883 (bis 26. Nov.) 1002 ,, Jede einzelne Geschäftsnummer -- man könnte sie richtiger Geschäftsrubrik heißen -- erfordert zu ihrer Behandlung und Erledigung mehr oder weniger zahlreiche besondere Vorkehrungen, welche zum Theil, je nach der Natur der Sache, umfangreiche Arbeiten in sich schließen.

Dieser Verkehr im Einzelnen erzeigt z. B.

1873 1874 1879 1881

.

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.

.

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.

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4668 Nummern.

5608 ,, 6528 ,, 6828 ,,

1882 .

.

6737 ,, 1883Cbis26. Nov.) 7102 ,, Im Jahre 1882 ergaben sich durchschnittlich in einem Monat 561 Geschäfte-Eingänge und -Ausgänge; im Jahre 1883 stellen sich dieselben bis jetzt auf monatlich 645. Das Jahr 1883 wird nach aller Wahrscheinlichkeit eine Verdoppelung der Geschäfte des Jahres 1871 aufweisen.

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Die Unmöglichkeit, diese Geschäftslast mit den bisherigen Angestellten, bezw. unter der Leitung des Chefs durch die Arbeitsleistung des Departementssekretärs mit der Hülfe des Registrators und zweier Kanzlisten, von welchen der eine zugleich als Uebersetzer fungirt, zu bewältigen, hat sich seit längerer Zeit herausgestellt. Man begnügte sieh während mehreren Jahren mit vorübergehender Aushülfe, wobei eine solche Seitens junger Juristen vorzugsweise willkommen war. Im Budget pro Ib84 ist nun aber die definitive Anstellung eines dritten Kanzlisten vorgesehen, da es an reichlichem Arheitsstoff für dessen Beschäftigung niemals fehlt.

Es ist von uns im Vorhergehenden der Nachweis geleistet worden, daß die Menge der dein Justiz- und Polizeidepartement zukommenden Geschäfte eine Vermehrung der Arbeitskräfte dieses Departements zur Notwendigkeit macht. Es liegt uns nun ob, mit Rücksicht, auf die Qualität der Geschäfte zu zeigen, in welcher Weise dem vorhandenen Bedürfnisse genügt werden kann, resp.

ob und inwiefern es zu diesem Behufe einer organisatorischen Umgestaltung des Departements bedarf.

In dieser Beziehung muß ganz besonders darauf hingewiesen werden, daß durch den Bundesbeschluß vom 21. August 1878 über die Organisation und den Geschäftsgang des Bundesrathes dem Justiz- und Polizeidepartement die Wahrnehmung und Besorgung einer Reihe von Geschäften übertragen ist, die zu ihrer richtigen Behandlung neben allgemein juristischer Bildung eine genaue Kenntniß unseres Bundesrechtes und praktische Erfahrung in Rechtssachen erfordern. Dieselben erheischen die ungestörte, durch anderweitige, laufende Geschäfte nicht zu unterbrechende Aufmerksamkeit und Hingebung Desjenigen, der sich damit zu befassen hat. Als solche Geschäfte bezeichnen wir namentlich legislative Vorarbeiten, sowie die redaktionelle Feststellung der vom Departement vorberathenen Entwürfe zu Gesetzen und Beschlüssen und die Abfassung der sie erläuternden und begründenden Botschaften; die Begutachtung der dem Departemente vorgelegten Fragen rein juristischer Natur; die Prüfung der staatsrechtlichen Rekursbeschwerden und die Ausarbeitung der bezüglichen Vorlagen an den Bundesrath, bezw. die Bundesversammlung; die Bearbeitung von Projekten au internationalen Verträgen über Niederlassung und civilrechtliehe Vverhältnisse; die Berichte und
Anträge betreffend Gewährleistung der Kantonsverfassungen; endlich die als Obliegenheit des Justiz- und Polizeidepartements erklärte fortwährende Ueberwachung der allseitigen Erfüllung der Bundesverfassung und der Bundesgesetze im Allgemeinen.

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Es erscheint uns angezeigt, insbesondere mit Rücksicht auf Diejenigen unter Ihnen, die den Organismus einer Departementalverwaltung, nach der Art unseres Justiz- und Polizeidepartementb, nicht näher kennen, daß wir uns darüber aussprechen, warum e& sowohl dem Chef als dem ersten Sekretär des Departements schlechterdings unmöglich ist, ihre Arbeitszeit in ausgiebigem Maße den eben erwähnten Geschäften zu widmen.

Die Aufgaben des Departementschefs haben sieh im Laufe der Zeit sehr geändert, bezw. vervielfältigt. Derselbe ist heute durch die Sitzungen und die stets sich vermehrenden Verhandluugsgegenstände des Bundesrathes weit mehr als früher in Anspruch genommen; er hat sich täglich mit einer neuen und wechselnden Reihe von Departementalgeschäften zu befassen, weßhalb er nur ausnahmsweise zu einer gesammelten, sieh vertiefenden Thätigkeit gelaugt; er wird überdieß durch die in diesem Departemente besonders häufig vorkommenden Audienzen in seinen Arbeiten sehr oft unterbrochen.

So bleibt ihm in der Kegel mehr nicht, als die zur obersten Leitung der Geschäfte in Verbindung mit der Aktenansicht erforderliche Zeit.

Dem Departementssekretär gehen in erster Linie alle einlaugenden Geschäfte durch die Hände. Ihm kommt es zu, dieselben vorläufig zu prüfen, zu kategorisiren und hierauf mit entsprechendem Bericht und Antrag dem Chef des Departementes zu unterbreiten. Wenn man bedenkt, daß nicht selten an e i n e m Tage 15--20 laufende, oft von vielen Akten begleitete Geschäfte zu erledigen sind, von denen jedes aufmerksam behandelt sein will und wobei insbesondere diejenigen von polizeilichem Charakter, wie z. B. die Auslieferungssachen, die internationalen Niederlassungsverhältnisse und die Fremdenpolizei im Innern wie nach Außen.

die Angelegenheiten betreffend die Grenzpolizei, mit aller Umsicht und Genauigkeit an die Hand genommen werden müssen, so wird man gerne zugeben, daß diesem einzelnen Angestellten bereits eine vollwiegeude Geschäftslast zugetheilt ist. Es kommt aber noch hinzu, daß der Departementssekretär in seiner Eigenschaft alt* Untersuchungsbeamter in Heimatlosenfrageii eine besondere, mitunter weitläufige Korrespondenz zu führen und zahlreiche andere, theilweise ausgedehnte und aufmerksames Aktenstudium erfordernde Arbeiten zu besorgen hat. Es ist dieß Alles zusammengenommen eine regelmäßige
Arbeitsleistung, die dem gegenwärtigen langjährigen Inhaber der Stelle die vollste Anerkennung des Bundesrathes gesichert hat. Allein über all' das hinaus kann unmöglich noch eine fruchtbare Thätigkeit auf legislativem und allgemein juristischem Gebiete verlangt werden.

779 Daß die Kanzlisten diese Lücke auszufüllen nicht im Stande sind, bedarf wohl keines nähern Nachweises.

Es fehlt also dem Justiz- und Polizeidepartement an einem zur Erfüllung seiner gesetzgeberischen und juristischen Aufgaben befähigten hohem Angestellten. Wir haben uns schon während der verhältnißmäßig kurzen Zeit, innerhalb welcher ein provisorischer Adjunkt in der angegebenen Richtung im Departement» bethätigt war, vollkommen überzeugt, daß durch eine solche Beamtung der eidgenössischen Verwaltung gute Dienste geleistet werden. Nach drücklich darf hiebei betont werden, daß dieß der einzige praktische Weg ist. auf welchem die in neuerer Zeit vielfacher Anfechtung ausgesetzte Kommissionalthätigkeit in eidgenössischen Angelegenheiten hierorts in angemessene Grenzen zurückgewiesen werden kann. Man darf auch nicht übersehen, daß anderen Departementen seit vielen Jahren die Errichtung durch das Bedürfniß gerechtfertigter Fachstellen ohne Weigerung bewilligt wurde und daß bei dem Zuge, welchem die Entwickelung unsere ; öffentlichen Verhältnisse, insonderheit im Gebiete des Rechtes, folgt, gerade dem Justizdepartement die Kreirung einer solchen Stelle aus guten Gründen zuzugestehen ist.

Als wir uns nun fragten, in welcher Weise die neue Stelle in den Organismus des Departements eingefügt werden solle, lag der Gedanke einer Trennung des letztern in Abtheilungen, nach dem Vorgange anderer Departemente, wie z. B. neuestens des Handels- und Landwirthschaftsdepartementes, nahe, wonach a. B.

eine Justiz- und eine Polizei-Abtheilung errichtet werden könnten.

Allein reiflichere Erwägung hat uns hievon wieder abgehen lassen.

Die Einheit des Departements sollte nach unserer Ansicht deßwegen beibehalten werden, weil einer Ausscheidung der Materien der Justiz und der Polizei sich innere, sachliche Schwierigkeiten entgegenstellen und weil die Zweitheilung des Departements wohl unvermeidlich auch eine solche der Kanzlei nach sich ziehen würde, was im geschäftliehen Interesse und aus Gründen der Oekonomie nicht empfehlenswerth erscheint. Dagegen ist es sehr woh!

möglich, durch ein Reglement, dessen Erlaß dein Bundesrathe vorbehalten bleiben dürfte, eine Norm für die Geschäftsvertheilung zwischen dem Departementssekretär und dem Inhaber der neu zu schaffenden Beamtung aufzustellen. Die Geschäftstheilung wird
sich naturgemäß in dem Sinne vollziehen, daß dem letztern im Allgemeinen die in der Botschaft des Bundesrathes vom 11. April 1882 betreffend das Kreditbegehren zu provisorischer Anstellung eines Justizadjunkten angeführten Punktionen, auf die wir oben bereits des Nähern eingetreten sind, zugewiesen werden. Wir schlagen Ihnen demnach vor, daß neben dem Departementssekretär ein Fach- oder Spezials e k r e t ä r für Justizwesen und Gesetzgebung angestellt werde.

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Was die Besoldungsverhältnisse anbelangt, so finden wir es gerechtfertigt, für die beiden Sekretäre einen gleich hohen Ansäte zu bestimmen. Wir müssen dießfalls wünschen, daß uns die Möglichkeit gewährt werde, auf Verdienst und Leistungen innerhalb gewisser, dem Ansehen und der Bedeutung der fraglichen Stellungen an sich entsprechender Grenzen jeweilen Rücksicht nehmen zu können. Deßhalb erachten wir die Aufstellung eines Minimums von jährlich Fr. 5500 und eines Maximums von Fr. 7000 als angemessen. Dieser Besoldungsansatz ist auch in seinem Maximalbetrage keineswegs zu hoch gegriffen. Es fällt namentlich in Betracht, daß die besprochenen Punktionen ohne gründliche Fachbildung und vielseitige Geschäftserfahrung der betreffenden Beamten in richtiger, für die Verwaltung ersprießlicher Weise nicht erfüllt, werden können. Die Besoldungen der Fachbeamten anderer Verwaltungszweige (Handel und Gewerbe, Landwirthschaft, Militär, Posten und Eisenbahnen u. s. f.) stehen entweder ebenso hoch oder, und zwar in der Mehrzahl der Fälle, erheblich höher, als die von uns hier vorgeschlagenen. Wir heben überdieß hervor, daß das dem Departementssekretär als eidgenössischen) Untersuchungsbeamten in Heimatlosensachen bisher verabfolgte Honorar von jährlich Fr. 500 in dem neuen Besoldungsansatze eingeschlossen sein soll.

Endlich scheint uns der Umstand von großer Erheblichkeit zu sein, daß die neue Beamtung bei rationeller Geschäftsvertheilung es ermöglichen wird, eine Reihe von Arbeiten i m Departemente vornehmen zu lassen, zu deren Ausführung früher wegen der Geschäftsüberladung des Departementschefs und des Sekretärs fremde, außerhalb des Departementes stehende Kräfte in Anspruch genommen and honorirt werden mußten.

In Ansehung der untern Kanzleiangestellten ist zwischen dem Uebersetzer, dem Registratur und einein ersten Kanzlisten einerseits und den übrigen (dem zweiten, event. dritten) Kanzlisten andererseits zu unterscheiden. Die Ersteren bedürfen zu ihren Verrichtungen eines wesentlich höhern Bildungsgrades, namentlich in sprachlicher und juristischer Hinsicht, und einer viel bedeutendem Geschäftsgewandtheit als die Letzteren.

Der erste Kanzlist insbesondere soll befähigt sein, den Departementssekretär in Krankheits- oder Abwesenheitsfällen für die laufenden Geschäfte zu ersetzen, ohne daß sofort und für jede
Einzelnheit höhere Weisung eingeholt zn werden braucht. Deßhalb ist es erfahrungsgemäß das Zweckmäßigste wenn dem Bundesrathe zu einer hilligen Würdigung dei Verhältnisse auch in dieser Richtung ein gewisser Spielraum angewiesen wird, den wir in Uebereinstimmung mit den Besoldungsziffern anderer Departemente mit Fr. 2400 nach unten und Fr. 4200 nach oben, beziehungsweise für die in zweiter Linie genannten

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Kanzlisten mit einem Maximalansatze von jährlich Fr. 3200 begrenzen wollen.

Wir sprechen die Ueberzeugung aus, daß die von uns im nachfolgenden Gesetzentwurfe vorgeschlagene Organisation des Justizund Polizeidepartements -- ohne erhebliche Erhöhung der alljährlich bewilligten, im Vergleich zu der Menge, Ausdehnung und Wichtigkeit der Geschäfte dieses Departements bescheidenen Gesammtkreditsumme von circa Fr. 45,000 -- einem tnit je lern Jahre dringender gewordenen Bedürfnisse genügen und mit diese Botschaft, indem wir Sie, Tit., neuerdings unserer vorzüglichsten Hochachtung versichern.

B e r n , den 30. November 1883.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident,:

L. Ruchonnet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft :

Ringier.

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(Entwurf)

Bundesgesetz betreffend

die Organisation des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements.

Die B u n (i es v e r s a in m l u n g der se hwei z er i s c hon E i d g e n o s s e n s c h a f t , in Abänderung von Artikel \ des Bundesgesetzes vom 2. August 1873, soweit derselbe sich auf das Justiz- und Polizeidepartement bezieht; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 30. November 1883, beschließt: Art. 1. Dem Justiz- und Polizeidepartement der schweizerischen Eidgenossenschaft wird das hienach bezeichnete Amtspersonal mit den beigefügten Jahresbesoldungen zugetheilt : Departementssekretär, zugleich eidg. Untersuchungsbeamter i n Heimatlosensachen .

.

.

. F r . 5500 -- 7000 Spezialsekretär für Justizwesen und Gesetzgebung ,, 5500--7000 Uebersetzer, Registratur, Erster Kanzlist . ,, 2400--4200 Kanzlisten .

...

: bis ,, 3200 Art. 2. Die innere Einrichtung des Departements, insbesondere die Geschäftsvertheilung zwischen den beiden Sekretären, wird durch ein Reglement des Bundesrathes geordnet.

Art. 3. Der Bundesrath ist beauftragt, auf der Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend den Bau eines Chemiegebäudes für das eidgenössische Polytechnikum in Zürich.

(Vom 30. November 1883.)

Tit.

Seit dem Jahre 1871 schwebt zwischen dem Kanton Zürich und dem Bunde der Streit über den Umfang der Baupflicht Zürichs gegenüber dem Bunde, resp. den baulichen Bedürfnissen des Polytechnikums.

Zwei schwer wiegende und zwingende Momente veranlaßtea den schweizerischen Schulrath schon vor 12 Jahren (1871), sich mit dieser Frage einläßlich zu befassen.

Die überraschende Frequenzvermehrung der Schule und die Entwickelung der Wissenschaften der Chemie und Physik, welche alle frühern Lokalitätenbedürfnisse weit hinter sieh läßt, die Physik im Bedürfnisse der Arbeitsräume völlig der Chemie gleichstellt und die operativen Methoden der letztern in einem Grade verändert hat, welche aller frühern Voraussicht rücksichtlich der räumlichen Bedürfnisse und Einrichtungen spottet, läßt das Fortbestehen der alten Verhältnisse als gleichbedeutend mit raschem Sinken einer solchen höhern technischen Lehranstalt in dem Maße erscheinen, daß jede Rangbehauptung mit gleichen Anstalten dar uns umgebenden Kulturvölker verunmöglicht würde und Ansehen und Vertrauen auf die Bedeutsamkeit der Schule bei dem in- und ausländischen

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Organisation des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements. (Vom 30. November 1883.)

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1883

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62

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

08.12.1883

Date Data Seite

773-783

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