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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Anstellung zweier weitern Instruktoren I. Klasse der Infanterie.

(Vom 30. Oktober 1883.}

Tit.

Nachdem wir im Berichte unseres Militärdepartements über seine Geschäftsführung im Jahre 1882 (im Abschnitt VI, Unterricht; Instruktionspersonal) auf die Notwendigkeit der Anstellung von zwei weiteren Instruktoren I. Klasse der Infanterie, die unter den direkten Befehl des Oberinstruktors dieser Waffe gestellt, speziell zur Ertheilung des Unterrichts in den Centralschulen in beiden Sprachen bestimmt wären, aufmerksam gemacht und die hohen gesetzgebenden Räthe hiedurch bereits Veranlaßung genommen haben, sich über diese Angelegenheit auszusprechen, beehren wir uns, Ihnen den Entwurf eines bezüglichen Bundesbeschlusses mit nachstehendem Berichte vorzulegen : Das Bedürfniß, für die Centralschulen ein eigenes Lehrpersonal zu bestellen, hat sich schon seit längerer Zeit fühlbar gemacht und ist infolge der durch die Einführung der Landwehrwiederholungskurse eingetretenen Vermehrung der Unterrichtszeit und der dadurch stärker gewordenen Inanspruchnahme des Instruktionspersonales ein unweisliches geworden.

Wenn der Oberinstruktor der Infanterie jeweilen vor Beginn des Unterrichtes eines jeden Jahres die Abkommandirun und Zu-

320 theilun der nöthigen Instruktoren zu den Central- und Schießschulen, zu den Uebungen zusammengesetzter Truppenkörper, zur Aushülfe in den Kreisen und bei andern Waffen vornimmt, so befindet er sich stets in der größten Verlegenheit, all^' den gestellten Anforderungen und Begehren zu entsprechen. Dieses Geschäft sieht oft einem förmlichen und unliebsamen Markte gleich, in den er sich mit den Kreisinstruktoren einzulassen hat, da diese meistens auch beim besten Willen nicht im Stande sind, die verlangtenInstruktorenu abzutreten, wenn sie nicht die Interessen der ihnen anvertrauten Instruktion schädigen und es leicht mit ihrer Verantwortlichkeit nehmen wollen. Auf die meisten Schwierigkeiten stoßt er bei Bestellung des Lehrpersonals für die Centralschulen, deren einziger ständiger Lehrer er selbst ist. Er war daher schon seit drei Jahrengezwungen,, Aushülfe beim Generalstabskorps zu suchen. So gerne dasselbe die gewünschten Offiziere zur Verfügung stellte, so kann doch die Hülfe kaum, mehralss ein durch die Noth infolge des Mangels an ständigen Lehrern hervorgerufenes Auskunftsmittel genannt werden, indem auf die dauernde Mitwirkung der einmal mit ihrer Lehraufgabe vertraut gewordenenGeneralstabsoffizieree nicht zu rechnen ist, und weil diese Offiziere dem Oberinstruktor nur für die Ertheilung des Unterrichts in einzelnen Centralschulen selbst, nicht aber findie eben sonothwendige, viel Zeit und fortwährende Unterstützung erheischende Vorbereitung auf den Unterricht, für die Bearbeitung der kriegswissenschaftlichen Vortrage zu Gebote stehen.

Es ist nun aber wohl kaum nöthig 7,11 erklären, daß die Centralschulen, die höchsten Militärschulen der Armee, auf die besten Lehrkräfte Anspruch machen, daß diesen Schulen nicht gedient und daß nicht in richtiger Weise für die weitere militärische Ausbildung der in dieselben einberufenen Offiziere aller Waffen gesorgt wird, wenn ihr Lehrpersonal allzu oft wechselt. Nachdrücklich dagegen glauben wir hervorheben zu sollen, daß es für die an den Centralschul wirkenden Instruktoren besonderer Anstrengungen und langer Zeit bedarf, um den Anforderungen, einen allseitig befriedigenden und erfolgreichen Unterricht zu ertheilen, gerecht zu werden. Wie schwierig und mühsam sich aber gerade für den Oberinstruktor die Vorbereitung auf den kriegsgeschichtlichen Unterricht,
die ihm jetzt allein obliegt, gestaltet, wie wenig Zeit.

ihm hiefür übrig bleibt, dürfte aus der Aufzählung seiner Obliegenheiten und Aufgaben hervorgehen, die in Folgendem bestehen: 1) Ueberwachung des Unterrichtes der Infanterie, daherige Inspektionsreisen ; 2) Aufsieht über das Instruktionspersonal, Dienst- und Anstellungsverhältnisse desselben :

321 3) Leitung der Central- und Instruktorenschulen ; 4) Vorbereitung auf den Unterricht dieser Schulen; 5) Büreauarbeit. als : Verkehr mit den Behörden und den Kreisinstruktoren und dem Schießinstruktor, die Instruktion betreffend ; Aufstellung der Instruktionspläne, des Schultableau's, des Voranschlages, Redaktion des Geschäftsberichtes; Beförderungswesen; Prüfung und Begutachtung der ihm vom Militärdepartement und vom Waffenchef zugewiesenen Fragen, den Unterricht, die Ausrüstung, die Réglemente betreffend, der Schulinspektions - und Instruktorenberichte; Entwürfe von Instruktionen u. s. w.

Dazu kommen : 6) Die immer umfangreicher werdenden Arbeiten für die Durchführung des Vorunterrichts und die Besorgung besonderer, ihm vom Militärdepartement und vom Waffenchef überwiesener Geschäfte.

Für die Erledigung aller dieser Arbeiten steht ihm nur ein Büreauangestellter zur Verfügung, der außerdem in den vom Oberinstruktor geleiteten Schulen als Schuladjutant und Rechnungsführer zu funktioniren hat. Nach Beendigung der Unterrichtskurse Instruktoren auf das Bureau des Oberinstruktors zu kommandiren, geht nicht an. Die Unterrichtszeit dauert 9 Monate:> die WinterO pause soll den Instruktoren nicht allein zur Erholung, sondern auch zur Vorbereitung auf den Unterricht, zu ihrer weitern Ausbildung dienen, und gerade die tüchtigsten Instruktoren, welche allein in Frage kämen, sind dann mit besondern Arbeiten und Untersuchungen, mit Rgglementsentwürfen, im Greneralstabe u. s. w. beschäftigt. In die gleiche kurze, vom Unterricht freie Zeit, welche der Oberinstruktor zu seinen Studien benutzen sollte, fallen die Abschlußarbeiten, die Erledigung größerer rückständiger, die Anhandnahme neuer Geschäfte, die mannigfachen Vorbereitungen auf das kommende Instruktionsjahr, Kommissionssitzungen u. s. w.

Nun erfordert die Bearbeitung eines einzigen, für einen 30--36 stündigen Vortrag in einer Ceutralschule bestimmten kriegsgeschichtlichen Beispiels mit den Studien der bezüglichen Quellen und der einschlägigen Literatur in allen Gebieten der Kriegswissenschaft, mit welchen der Oberinstruktor sich ohnehin in gründlicher Weise vertraut zu machen hat, eine monatelange Anstrengung, und wenn er nicht immer die gleichen Vorträge wiederholen, die nämlichen Gebiete betreten soll, worüber man ihm, wenn es geschähe, mit Recht den Vorwurf der Bequemlichkeit und des Stillstandes machen könnte, sondern für neuen, lehrreichen und frisch anregenBundesblatt. 35. Jahrg. Bd. IV.

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den Unterrichtsstoff sorgen will, so gestalten sich diese Studien nach vollbrachtem ordentlichem Tageswerk, zur Nachtzeit über den Karten liegend unternommen, zu einer wahrhaft aufreibenden Arbeit.

Dein ehmaligen Oberinstruktor der Infanterie, Herrn Oberst Hofstetter, war eine derartige Anstrengung nicht zugemuthet. Damals war der Infanterieunterricht noch nicht centralisirt und es fesselten die daherigen Arbeiten den Oberinstruktor nicht unaufhörlich au den Büreautisch. Ihm stund für die Leitung der Centralschulen ein reichliches, aus den besten Offizieren und den Oberinstruktoren der Kantone bestehendes Lehrpersonal zur Verfügung. Für die Bearbeitung der kriegswissenschaftlichen Vortrage hatte er nahezu ständig die Mitwirkung ausgezeichneter Gehülfen, und als er sich im Herbste 1873 an die Vorbereitung für den durch die neue Militärorganisation neu sich gestaltenden Unterricht an den Centralschulen machte, hatte er die Unterstützung einer ganzen Reihe von tüchtigen Offizieren während Monaten. So wäre Herr Oberst Hofstetter vollkommen gerüstet gewesen, als der Tod ihn von seiner wirkungsvollen und infolge seiner gründlichen Vorbereitung die besten Erfolge versprechenden Thätigkeit abberief.

Das Begehren, dem dermaligen Oberinstruktor der Infanterie, zwei Instruktoren I. Klasse als ständige Lehrer für die Centralsehulen und zur ausgiebigen Vorbereitung für den gaherigen [Interri dit zu gehen, ist daher gerechtfertigt und wohl begründet. Es erfordert auch keine wesentlichen finanziellen Opfer.

Bisanh wurden in den Centralsehulen I und II je zwei Generalstabsoffiziere als Hauptlehrer verwendet. Deren Besoldung betrug.

2 X 88 Tage à Fr. 15 = Fr. 2,640 Kosten für Berittenmachung, 176 Tage Miethgeld, Fourage, Wartungsgebühr à Fr. 7. 50 ,, 1,320 Fr. 3,960 exklusive Reisentschädigungen, währenddem die Kosten für zwei ständige Instruktoren betragen werden: Besoldung (bei Annahme des Maximums) . . . . Fr. 9,000 Zwei Berechtigungen für effektiv gehaltene Pferde .

,, 2,430 Fr. 11,430 Die zukünftigen Mehrausgaben stellen sich demnach auf etwas über Fr. 7000, welche Summe gegenüber dem hervorragenden Gewinn und den großen Vortheilen, welche die Anstellung der beiden Instruktoren dem Unterrichte und der Ausbildung der Offiziere

323 bringen wird, als eine unbeträchtliche erscheint. Wenn daim noch, wie vorausgesetzt wird, die beiden Instruktoren beim Unterricht anderer Waffen, insbesondere bei den Verwaltungsoffiziersschulen, mitwirken, zu welchen stets außerordentliche Instruktoren zugezogen werden mußten, die dann wenigstens zum Theil entbehrt würden, so werden auch obige Mehrkosten sich noch wesentlich vermindern.

Wir bemerken anläßlich, daß vor der Vollziehung des Bundesbeschlusses vom 21. Februar 1878, betreffend Herstellung des finanziellen Gleichgewichtes, die Zahl der Instruktoren ebenfalls 19, während einer gewissen Zeit sogar 20 betrug, da 3 Kreise je 3 Instruktoren I. Klasse besaßen. Wir stellen daher mit unserer heutigen Vorlage nur den ehevorigen Bestand von 19 Instruktoren I. Klasse wieder auf.Die Errichtung zweier neuer Stellen kann länger nicht umgangen werden, weil der Unterricht in den Centralschulen stets in Parallelklassen in deutscher und französischer Sprache ertheilt werden muß. Die beiden Lehrer hätten den taktischen Unterricht im Theoriesaal und auf dem Terrain zu übernehmen und außerdem den Vortragen des Oberinstruktors in der Kriegsgeschichte beizuwohnen, um denselben theils durch Uebersetzung der Vorträge, theils durch das Markiren der Truppenaufstellungen auf den Plänen, durch Anfertigung der den Unterricht erläuternden Croquis u. s. w.

zu unterstützen. Für den Unterricht in den andern Fächern (Organisation, Terrainlehre, Militärgeographie, Feldbefestigung, Dienst der Adjutantur u. s. w.) wird immer noch Aushülfe nöthig werden, die wir thunlichst aus den Instruktoren der Kreise uns zu verschaffen hoffen.

Da gegenwärtig jährlich 3 Centralschulen abgehalten werden, so beträgt die durchschnittliche jährliche Unterrichtszeit in denselben 16 Wochen oder 4 Monate. Gleich viel Zeit wird für die Bearbeitung der kriegswisseuschaftlichen Vorträge und für die Aufgaben, welche der Oberinstruktor den beiden Instruktoren stellen wird, gerechnet werden müssen. Es wird sodann der Zeitpunkt nicht mehr ferne sein, wo aus der Centralschule I, deren Bestand aus Truppenoffizieren und Adjutanten aller Waffen ein viel zu großer ist und in welche alle Oberlieutenants der Infanterie wenigstens, die zu Hauptleuten in Aussicht genommen sind, einberufen werden sollten, zwei Schulen jährlich gebildet werden müssen. Dadurch,
und mit der Verwendung in Schulen anderer Waffen wird sich die Unterrichtszeit dieser Instruktoren auf circa 30 Wochen erhöhen.

End lieh kommen noch dazu die zeitweiligen Reisen, theils mit dem Oberinstruktor, theils in selbstständiger Mission in's Ausland zum

324 Besuch der Schlachtfelder, die der Oberinstruktor zum Vorwürfe seiner Vortrage wählt. Die Thätigkeit der beiden Instruktoren wird daher wohl gleich viel Zeit, wie sie den Instruktoren 1. Klass in den Kreisen zugemessen ist, in Anspruch nehmen, namentlich dann noch, wenn sie bei der Truppeninstruktion in den Kreisen abwechselnd eine angemessene Betheiligung erhalten, was sowohl im Interesse ihrer eigenen praktischen Ausbildung und Verwendbarkeit liegt, als auch mit Rücksicht auf den guten Erfolg des Unterrichtes an den Centralschule selbst geschehen muß.

Allen diesen Verhältnissen trägt der heiliegende Beschlussesentwurf, den wir hiemit Ihrer Genehmigung zu unterbreiten uns beehren, gebührende Rechnung.

B e r n , den 30. Oktober 1883.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

L. Ruchonnet Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

325 (Entwurf)

Bundesbeschluß betreffend

die Anstellung zweier weitern Instruktoren I. Klasse der Infanterie.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsichtnahme einer Botschaft des Bundesrathes vom 30. Oktober 1883, beschließt: Art. 1. Die durch Art. 17 des Bundesbeschlusses vorn 21. Februar 1878 betreffend Herstellung des Gleichgewichts in den Bundesfinanzen festgesetzte Zahl der Instruktoren 1. Klasse der Infanterie wird von 17 auf 19 erhöht.

Art. 2. Die beiden Instruktoren. urn welche die bisherige Zahl der Instruktoren I. Klasse erhöht wird, werden direkt dem Oberinstruktor der Infanterie beigegeben und bezüglich Besoldung und übrige Berechtigung den Infanterieinstruktoren I. Klasse der Kreise gleichgestellt.

Art. 3. Der Bundesrath wird beauftragt, den Beginn der Wirksamkeit dieses Beschlusses festzusetzen und dessen Vollziehung anzuordnen.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Anstellung zweier weitern Instruktoren I. Klasse der Infanterie. (Vom 30. Oktober 1883.}

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07.11.1883

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