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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreuend das Gesuch des Staatsrathes von Neuenburg um Nachlass von Militärpflichtersatzsteuer.

(Vom 23. November 1883.)

Tit.

In einer unterm 11. Dezember vorigen Jahres datirten Zuschrift meldet uns der Staatsrath von Neuen bürg, daß er seinen zur Zeit vor dem Nationalrath hängigen Rekurs, betreffend die Ablieferung seiner Militärpflichtersatzsteuer für die Jahre 1876 und 1877, zurückziehe, nachdem unterm 9. gleichen Monats dem eidgenössischen Finanzdepartement für rückständige Taxen eine Summe von Fr. 80,000 abgeliefert worden; für die restirenden Fr. 48,210. 64 in Folge von Abschreibungen nur noch Fr. 42,871. 27 verlaugt Neuenburg Nachlaß auf Grund des Art. l, Alinea 2 der Uebergangsbestimmungen der Bundesverfassung oder in Form irgend einer andern gut scheinenden Ausgleichung.

Die frühere Rekursangelegenheit als solche ist somit erledigt, und es hat sich die Frage für den noch rückständigen Betrag in einen Initiativ-Vorschlag nach Art. 93 der Bundesverfassung umgestaltet.

Begründet wird das Gesuch mit folgenden Anbringen : 1. habe der Kanton Neuenburg zur Zeit des Inkrafttretens der neuen Bundesverfassung zum Zwecke der Ergänzung des Materiellen der Landwehr bedeutende Ausgaben im Belaufe von Fr. 164,000 gemacht, welche mich dem Jahre 1874 verzinst und amortisirt worden seien ; Bundesblatt. 35. Jahrg. Bd. IV.

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2. in dea ersten Jahren nach dem Inkrafttreten der neuen Bundesverfassung habe die vom Bund den Rantonen für Ausrüstungder Truppen geleistete Entschädigung nicht ausgereicht, und os sei von daher dem Kanton Neuenburg eine Einbuße von Fr. 63,198. 96 erwachsen; 3. wenn Neuenbuvg Fr. 120,000 rückständige Militärpflichtersatzsteuern für die Jahre 1876 und 1877 zahlen würde, so hätte derselbe mit 100,000 Seelen Bevölkerung einzig so viel als neun andere Kantone mit 500,000 Seelen entrichtet; 4. während der Uebergangsperiode sei Neuenburg der einzige Kanton gewesen, welcher der Eidgenossenschaft eine höhere Summe abgeliefert habe, als wenn er sein Geldkontingent zu zahlen gehabt hätte; 5. heutzutage, wo man eine gleichmäßige Durchführung des Militärpflichtersatzbezuges iu der Schweiz zu erwarten berechtigt wäre, bestehen noch stoßende Ungleichheiten. Der Kantou Neuenburg befinde sich an der Spitze derjenigen Kantone, welche dem Bunde die höchsten Summen abliefern. Eine Schlußnahme, welche Neuenburg zur Bezahlung einer unverhältnißmäßig höhern Summe verhalten würde, als von andern Kantonen entrichtet worden sei, müßte einen sehr peinlichen Bindruck auf seine Bevölkerung ausüben, welche sich in so hohem Maße den neuen Bundesinstitutionen zugethan erzeige.

In Beantwortung der vom Staatsrathe von Neuenburg zur Unterstützung seines Gesuches angebrachten Motive müssen wir vorerst im Allgemeinen wiederholen, was schon in unserer Botschaft, betreffend den Rekurs der Regierung von Xeuenburg wegen Militärpflichtersatz, enthalten ist, und wir verweisen auf das gesummte Aktenmaterial,i welches auf die Rekursauirelesenheit Bezugo hat.

o o Was nun die Frage betrifft, auf Grund welchen Titels der Nachlaß, beziehungsweise die Kompensirung des von Neuenburg nun anerkannten Rückstandes von Fr. 48,210. 64 auf der Militärersatzsteuer aus den Jahren 1876 und 1877 statthaft sein könnte, so geht offenbar Neuenburg mit den Buudesbehördcn in dem Gedanken einig, daß in vorliegendem Falle ein schenkungsvveiser Nachlaß weder verlangt werden will, noch bewilligt werden soll.

Wenn es sich also um die Auffindung eines Rechtstitels und nur eines solchen handelt, um dem Neuenburgischen Antrag gerecht zu werden, so steht außer Zweifel, dnl» dieser Rechtstitel nur in der Revision des ßundesbeschlusse.s vom 18. März 1875 gesucht ·werden kann, welcher Buudesbeschluß die finanzielle Auseinandersetzung zwischen Bund und sämmtlichen Kantonen in Hinsicht auf

661 Art. l, Absatz l und 2 der Uebergangsbestimmungen zur Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 geregelt hat.

Kraft dieses Bundesbeschlusses wurde einzig dem Kanton BaselStadt eine Entschädigung im Sinne der allegirten Uebergangsbestimmungen zugesprochen ; für die übrigen Kantone wurden mit Rücksicht darauf, daß das finanzielle Gesammtergebniß der durch die Art. 20, 30, 36, zweites Alinea, und Art. 42 e der revidirten Bundesverfassung herbeigeführten Veränderung für sie Alle als ein gewinnbringendes sich darstellte, von einer Schadloshaltung Umgang genommen.

Das diesem Bundesbeschlusse zu Grunde liegende Rechnungsergebniß für Neuenburg setzt sich laut bundesräthlicher Botschaft vom 24. August 1874 aus folgenden Faktoren zusammen: Im H a b e n , an den Bund abzutretende E i n n a h m e n : Zoll- und Postentschädigung im Jahresdurchschnitt von 1871/73 Fr. 105,866 Halber Rohertrag der Militärsteuer .

.

.

.

,, 46,089 Total . Fr.151,955 Im S o l l , auf den Bund abzuwälzende MilitärA u s g a b e n , ermittelt auf Grund der Jahresrechnung von 1872 und nach Abzug der eidgenössischen Vergütungen für Besammlung und Entlassung .

. ,, 162,182 G e w i n n des Kantons Neuenburg .

Fr.

10,227

Die Ziffern dieser Paktoren beruhen auf den amtlichen Ermittlungen und Angaben der Betheiligten und wurden in den bezüglichen Verhandlungen der Bundesversammlung nicht beanstandet.

Ein Zurückkommen auf diesen Bundesbeschluß zum Zwecke einer Revision desselben kann billigerweise weder dem Kanton Neuenburg, noch einem andern Kantone gegenüber verweigert werden, sofern ein solcher den Nachweis leistet, daß die dem Bundesbeschlusse zu Grunde gelegten einzelnen Rechnungsfaktoren Irrthum oder Auslassung enthalten oder das Gesammtergebniß der Abrechnung selbst mit Irrthum behaftet sei.

Neuenburg unterläßt es nun vollständig, sieh auf den soeben bezeichneten Standpunkt zu stellen, und stützt sich in der Begründung seines Begehrens auf Momente, die entweder mil den im Art. l, Absatz Ï und 2, der Uebergangsbestimmungen zur Bundesverfassung berührten Rechnungsfaktoren in keinem Zusammenhange stehen oder auf Thatsachen beruhen, die spätem Datums als der mehr-

662 erwähnte Bundesbeschluß, somit zur Frage selbst nicht oder nicht mehr erheblich sind.

Indem wir diese allgemeine Bemerkung zu den obeu sub l bis 5 aufgeführten Ausführungen Neuenburgs vorausschicken und festhalten, beehren wir uns, zu den einzelnen Punkten noch die nachfolgenden Gegenbemerkungen Ihrer Würdigung zu unterbreiten : Ad 'l. Wenn der Kanton Neuenburg zur Zeit des Inkrafttretens der neuen Bundesverfassung und schon früher zum Zwecke der Ergänzung des Materiellen der Landwehr Ausgaben im Belaufe von Fr. 164,000 bestritlen und hiefür gemachte Anleihen nach dein Jahre 1874 verzinst und amortisirt hat, so lagen ihm diese Ausgaben in Folge der Bestimmungen der frühem Bundesverfassung und frühem Bundesgesetze zu macheu ob; er erfüllt damit nur eine rückständige Rechtspflicht und leistet somit nicht mehr und nichts Anderes, als was alle übrigen Kantone zu leisten hatten und geleistet haben, um ihre Truppen in vorgeschriebenem Kleidungs- und Ausrüstungsstande dem Bunde überweisen zu können. Art. l, Absatz 3, der Übergangsbestimmungen aber verpflichtet die Kantone, welche sich mit den ihnen nach früherer Bundesverfassung und früheren Bundesgesetzen obliegenden militärischen Leistungen im Rückstande befinden, diese Leistungen auf i h r e Kosten nachzuholen. Hiedurch wird gerade im Gegensatze zu Absatz l und 2 des nämlichen Artikels die Anrechnung solcher Ausgaben zu Lasten des Bundes ausgeschlossen, und würden solche zur Abrechnung Neuenburgs mit dem Bunde admittirt, so würde solches auch gegenüber allen übrigen Kantonen nachträglich geschehen und folgerichtig der Bundesbeschluß vom 18. März 1875 hinsichtlich aller Kantone einer Revision unterstellt werden müssen.

Ad 2. In Bezug auf die Einbuße von Fr. 63,198, welche Neuenburg für die Ausrüstung der Truppen in den ersten Jahren nach dem Inkrafttreten der neuen Bundesverfassung erlitten haben will, ist zu bemerken, daß der neuenburgische Staatsrath in seinem Memorial vom 4. Februar 1881 selbst zugeben mußte, daß die tarifmäßigen Gebühren des Bundes, welche übrigens seit 1875 annähernd die gleichen geblieben sind, im Jahre 1879 die diesbezüglichen Auslagen des Kantons zu decken vermochten, eine Thatsache, welche von Anfang an von allen Kantonen anerkannt war und wohl auch Grund sein wird, warum im Schöße der Bundesversammlung keine weiter
gehenden Forderungen zu Händen der kantonalen Verwaltungen gestellt wurden. Neuenburg hat in den Jahren 1875 bis 1879 im Ganzen 2435 Rekruten ausgerüstet, und wenn der Verlust von Fr. 63,198 auf den einzelnen Mann repartir! wird, so sind per

663

Uniform Fr. 26. 50 oder beinahe 20 °,'o mehr bezahlt worden, als anderwärts. Die Zeughausverwaltung von Frauenfeld z. B. übernahm schon 1811 Lieferungen für die Kantone zum Tarifpreise und gegenwärtig sogar unter demselben. Tuchfabrikanten machten Angebote bis auf 6 % unier dem Normalpreise. Die Mehrausgabe des Kantons Neuenburg muß daher ihren Grund in ausnahmsweisen Verhältnissen -- vielleicht in älteren Vertragsverpflichtungen, die uns unbekannt sind haben ; es können aber diese zum Zweck einer Revision des Bundesbeschlusses vom 18. März 1875 rechtlich nicht dem Bunde zur Last geschrieben werden, indem die Differenzen zwischen eidgenössischer Vergütung und kantonaler Auslage erst nach dem besagten Bundesbeschluß entstanden und die höhere Auslagenziffer Neuenburgs laut Botschaft zu diesem Bundesbeschluß in diesem selbst schon Verwerthung gefunden haben muß.

Ad 3 und 4. Daß der Kanton Neuenburg s e i t dem Bundesbeschluss vom 18. März 1875, welcher die finanzielle Auseinandersetzung zwischen dem Bund und den Kantonen auf Grund von Art. l der Uebergangsbestimmungen zur gegenwärtigen Bundesverfassung bis zum Inkrafttreten des eidg. Militärsteuergesetzes regelt, -- theilweise hohe und verhältnismäßig höhere Summen an Militärpflichtersatz dem Bunde zur Verfügung entweder gestellt oder noch zu stellen hat, -- kann nicht bestritten werden.

Es betrugen diese Summen : für 1875 .

.

.

. F r . 55,852. 75 ,, 1876 .

.

.

. ,, 60,019. 65 ,, 1877 .

.

.

. ,, 62,851. 62 wogegen lautbundesräthlicherr Botschaft vom 24. August 1874 die "halbe Militärsteuer Neuenburgs nur im Werthe vonFr.. 46,089 erscheint und das einfache Geldkontingent dieses Kantons Fr. 48,600, somit mehr als die frühere Militärsteuerhälfte beträgt.

Wenn aber die Behauptung aufgestellt wird, Neuenburg sei der einzige Kanton, der in der Uebergangsperiode 1875/77 an den Bund höhere Summen an Militärsteuern abgeliefert habe, als sein Geldkontingent betrage, so beruht diese Behauptung -- abgesehen von ihrer Unerheblichkeit zur Sache -- auf Irrthum, indem in der nämlichen Periode auch noch folgende Kantone in ihren Ablieferungen höhere Ziffern aufweisen, als ihr einfaches Geldkontingent beträgt, nämlich:

664 Kantone.

Geldkontingent.

Ablieferungen pro 1876.

Fr. -- Fr. -- Fr.

·n 8,185* fi 8,185* yi -- Vt ·n --.

T) ·n 20,647* T) 20,647 * ·n * Durchschnitt der Jahre 1875/76.

1875.

Zürich Zug Solothurn Wallis

Fr. 142,393 7)

n ·n

6,297 29,885 19,377

1877.

161,679 9,609 33,750 22,471

Diese Steigerung der halben Militärsteuererträgnisse Neuenburgs von Fr. 46,089 laut bundesräthlicher Botschaft vom August 1874 auf Fr. 60,019 im Jahre 1876 ist für diesen Kanton immerhin eine erfreuliche Thatsache, indem sie Zeugniß gibt, sei es von der erhöhten Prosperität des Landes, sei es von der sorgfältigem Durchführung des Steuergesetzes, und es hat an dem daherigen Mehrertrag der neuenburgische Fiskus in gleichem Maße participirt, wie der eidgenössische. Allein es kann diese spätere Thatsache keinen Grund bilden zur Revision des Bundesbeschlusses vom 18. März 1875, welcher auf dem frühern Staad der Dinge beruht, wie solcher in der bezüglichen bundesräthlichen Botschaft dargestellt und von Neuenburg bis zur Stunde nicht angefochten ist.

Die ungleichmäßigen Leistungen der Kantone an Militärsteuer während der Periode von 1875 bis 1877 beruhen, soweit nicht die Ungleichheit der Vermögens- und Erwerbsverhältnisse der Taxpflichtigen allein in Betracht kommt, auf der frühern Verschiedenheit der kantonalen Steuergesetzgebungen, welche wegen zweimaliger Verwerfung der eidgenössischen Gesetzesvorlagen durch das Volk erst für das Jahr 1878 durch ein einheitliches Bundesgesetz, ersetzt werden konnten. Ein von den Ständen Zürich und Solothurn gestelltes Begehren -- an die Stelle dieser ungleichmäßigen Steuerbezüge bis zum Inkrafttreten eines einheitlichen Bundesgesetzes den Bezug eines theilweisen Geldkontingentes zu setzen -- wurde von der Bundesversammlung mit Beschluß vom 9. Dezember 1878 abgelehnt und der Bundesrath eingeladen, die Hälfte der von den Kantonen bezogenen Militärsteuern, soweit rückständig, mit Inbegriff derjenigen pro 1877, von den Kantonen nach Maßgabe von Art. 42, Litt, a der Bundesverfassung einzufordern. Neuenburg kann somit aus der größern Höhe seiner Steueranlage ein Recht auf eine besondere Entschädigung durch den Bund nicht herleiten, indem durch diesen Bundesbeschluß bereits entschieden ist, daß die Kantone die Hälfte der von ihnen in der sog. Uebergangsperiode bezogenen Militärsteuern, seien solche von größerm oder geringerm Belang, dem Bunde schulden. Eine theilweise Entlastung von den Folgen seiner eigenen Gesetzgebung hat der Kanton Aargau dadurch erzielt, daß er den Steuerbezug selbst verminderte, während Neuen-

665 bürg gerade während der Uebergangsperiode durch striktere Vollziehung seines Steuergesetzes den Ertrag der Steuer und hietnit auch seine eigenen Staatseinkünfte, nach Wegfall der eidgenössischen Hälfte, erhöhte.

Ad 5. Wie der Staatsrath von Neuenburg, bedauert auch der Bundesrath, wenn unter der Herrschaft des gegenwärtigen Buudesgesetzes noch Ungleichheiten in der Steueranlage vorkommen. Es herrscht in dieser Beziehung Seitens der Bundesbehörden das eifrige Bestreben, solchen Ungleichheiten ein Ende zu machen, und es erzeigen auch die Resultate der letzten Jahre eine Besserung in dieser Hinsicht. Die Vermögens- und Erwerbsverhältnisse in den einzelnen Kantonen sind aber so enorm verschieden, daß ein annähernd g l e i c h e r Durchschnittsertrag per Kopf der Taxpflichtigen der verschiedenen Kantone unmöglich jemals xu erzielen ist. So erhebliche Unterschiede dermalen auch zwischen den verschiedenen Kantonen bestehen mögen, so zeigt sich doch gegenüber der Uebergangsperiode die Erscheinung, daß 1) der Ertrag des dem Bunde zufallenden Antheils an den Militärsteuern sämmtlieher Kantone im Jahre 1882 sich auf Fr. 1,111,484, somit nahezu auf die Höhe eines einfachen G-eldkontingents (Fr. 1,172,224) gehoben hat, während in der Uebergangsperiode 1875/77 derselbe nur 60 % eines Geldkontingents betrug; 2) außer Neuenburg bereits zwölf Kantone einen höhern Betrag an Militärsteuern an den Bund abliefern, als ihr einfaches Geldkontingent beträgt. Es sind dieses die Kantone Zürich, Uri, Schwyz, Obwalden, Nidwaiden, Glarus, Zug, Schaff hausen, Appenzell A. Rh., St. Gallen, Graubünden, Wallis '(vergleiche Beilage I). Irgendwelche Folgerung für die neuen burgischen Ansprüche ist aber weder aus diesem, noch aus irgend einem andern Stand dieser Fr;ige abzuleiten.

Wir müssen nun nach allen obigen Ausführungen zu der Ansicht kommen, daß ein rechtmäßiger Grund aus den neuerlichen Anbringen Neuenburgs für Revision des Bundesbesc.hlusses vom 18. März 1875 i in Sinne einer Modifikation zu Gunsten Neuenburgs nicht abzuleiten ist.

Neueüburg hat, abgesehen von den oben erörterten und widerlegten Anbringen, die in seinem Schreiben vom 11. Dezember 1882 enthalten sind, schon in seiner frühern Rekursschrii't vom 5. Juni 1880 sich in seinem ,,eventuellen, von Billigkeitswegen" gestellten Schlußantrag auf den Boden des Artikels l, Absatz 2 der Uebergangsbestimmungen zur Bundesverfassung gestellt und verlangt, es

666 solle ihm auf Grund der angeführten Bestimmungen für die Jahre 1875 bis 1879 zusammen eine Entschädigung von Fr. 110,000 geleistet werden.

Es ist diese Summe die Abrundung des Verlustes von Fran ken 111,020. 20, welchen Neuenburg in seiner Rekursschrift vom 5. Juni 1880 sich als Resultat der Betriebsjahre 1875 bis 1879 gegenüber den Betriebsjahren 1870 bis 1874 ausgerechnet hatte.

Durch die Abstandserldärung vom Rekurs und die geleistete Abschlagszahlung von Fr. 80,000 reduzirt sich folgerichtig auch Neuenburgs Entschädigungsanspruch auf die Höhe des noch bei ihm rückständigen Militäi'steuerrestes, nämlich auf Fr. 48,210. 64, oder mil Berücksichtigung der Absehreibungen auf Fr. 42,871. 27, welch» Summe auch von Neuouburg als schließlicher Entschädigungsanspruch ausdrücklich aufgestellt und deren Nachlaß auf Grund von Art. l, Alinea 2 der Uebergangsbestimmungen zur Bundesverfassung oder unter irgend einem andern Titel verlangt wird. Wir haben oben dargethan, daß die zur Unterstützung dieses Begehrens von Neuenburg angebrachten und sub l bis 5 hievor beleuchteten Gründe ein Zurückkommen auf den Bundesbeschluß vom 18. März 1875 zu Gunsten Neuenburgs nicht begründen können, eben so wenig als solches die in seiner Rekursschrift vom 5. Juni 1880 geltend gemachten Gründe zu thun vermochten. Es hat übrigens Neuenburg durch seinen Nachtrag zur Rekursangelegenheit vom 22. April 1881 drei der von uns bestrittenen sieben Rechnungsfaktoren ausdrücklich selbst fallen gelassen, und unter diesen befindet sich der Posten für Amortisation und Verzinsung von Anleihen im Betrage von Fr. 155,401. 72, dessen Wegfall, abgesehen von allen andern, allein schon hinreicht, die ganze, von Neuenburg angestrengte Beweisführung hinfällig zu machen. Es hat denn auch bereits der Ständerath, der veränderten Stellungsnahme Neuenburgs vorgängig, unterm 27. Juni 1882 das Eintreten in die von Neuenburg nach Art. l, Alinea 2 der Uebergangsbestimmungen gestellte Entschädigungsfrage abgelehnt.

Es bleibt uns nun noch zu untersuchen übrig, ob und unter welch' anderai Titel dem Kanton Neuenburg eine Entschädigung zuerkannt werden dürfte, die sich in allgemeiner Würdigung der Verhältnisse als billig erachten ließe.

Ein solcher Entschädigungsgrund, immerhin nur von Billigkeitsund nicht von Rechts wegen, ließe sich wohl nur in der
von. Neuenburg behaupteten Thatsache finden, daß seine Militärverwaltung in den Jahren 1875 bis 1879 auf'der Ausrüstung und Kleidung der Kekruten, gegenüber der eidg. Vergütung, eino Mehrausgabe von Fr. 63,198. 96 gemacht und somit einen Verlust im nämlichen Betrage erlitten habe.

6'17 Dieser Ausfall rührt nach den Angaben Neuenburgs davon her, ,, daß es nicht möglich gewesen sei, gieich in den ersten Jahren nach der neuen Militärorganisation Lieferanten zu finden, welche bereit gewesen wären, die Rekrutenbekleidung und Ausrüstung zu den von der Eidgenossenschaft bezahlten Preisen -IM übernehmen. Zudem habe Neuenburg vorerst den mit seinem Bekleidungslieferanten abgeschlossenen Vertrag ablaufen lassen müssen" (vergl. Nachtrag zum Rekurse Neuenburgs d. d. 22. April 1881).

Wir haben hievor in den Erörterungen ad 2 darauf hingewiesen, daß die Erstellung der Bekleidungs- und Ausrüstungsstücke zum eidg. Normalpreis in den andern Kantonen keine Schwierigkeit gefunden ; wir wissen auch nicht, wie lange Neuenburg noch in der Periode 1875/79 durch einen frühern Vertrag an ungünstigere Preise gebunden war, immerhin mag die angebrachte Thatsache, wenn sie auch eine Berufung auf Artikel l, Alinea 2 der Uebergangsbestimmungen zur Bundesverfassung nicht, zuläßt, im Hinblick auf die im Vergleich xii andern Kantonen größere Militärsteuerleistungen Neuenburgs während der sog. Uebergangsperiode in billige Berücksichtigung gezogen werden.

Untersuchen wir die ziffernmäßige Begründung der von Neuenburg erhobenen diesbezüglichen Ansprüche, so finden wir in seinen ,,Comptes rendus" folgende Aufstellungen : Verrechnete Ausgaben.

1875 1876 1877 1878 1879

Fr. 120,256. 90 ,, 117,455. 95 ,, 57,636. 45 ,, 84,882. 57 ,, 69,078. 25

abgezogen

Fr. 449,310.12 ,, 404,339. 41

Eidg. Vergütung.

Fr. 94,650.

93,947.

' 75,8(54.

,, 74,568.

,, 65,307.

-- 90 70 91 90

Fr. 404,339.41

Bleiben Fr. 44,970. 71 wirkliche Mehrausgaben für Kleidung und Ausrüstung der Rekruten, auf welche Summe somit der Anspruch Neuenburgs richtig zu stellen ist.

Diese Einbuße als begründet vorausgesetzt, steht derselben bei Berechnung von 3 °/o Verzugszins ein Zinsgewinn von Fr. 20,741. 55 gegenüber (Beilage II), den Neuenburg auf den vom 31. Januar 1877, resp. 1878 an, zurückbehaltenen Militärsteuern der Jahre 1876 und 1877 gemacht, so dass die effektive Einbuße Neuenburgs nach Abrechnung dieses Zinsgewinnes höchstens noch Fr. 24.229. 16 beträgt, welche Summe dem Kanton Neuenburg auf Absehlag seiner Sehuldrestanz für Militärsteuern der Jahre 1876 und 1877 in Rechnung gebracht würde.

668

Bei dieser Auseinandersetzung bleibt überdies der jährliche Gewinn ganz unberührt, welcher dem Kanton Neuenburg aus der Veränderung seiner finanziellen Verhältnisse zum Bunde in Folge der letzten Revision der Bundesverfassung erwachsen und in der bundesräthlichen Botschaft vom 24. August 1874 im Betrage von Fr. 10,227 nachgewiesen ist.

Wir beehren uns hienach, der Bundesversammlung folgenden A n t r a g zur Genehmigung zu unterbreiten: 1. Es sei die vom Staatsrathe und zu Gunsten des Kantons Neuenburg anbegehrte Modifikation des Bundesbeschlusses vom 18. März 1875 nicht einzutreten; dagegen 2. werde der Bundesrath ermächtigt, im Sinne obiger Botschaft und nach Prüfung der bezüglichen Rechnungen dem Kanton Neuenburg auf dessen Militärsteuerrückstand pro 1876 und 1877 einen Nachlaß bis auf Fr. 24,229. zu gestatten.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 23. November 1883.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident: L. Ruclionnet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

Beilage I.

Zu Seite 668.

Eingegangene

Militärpflichtersatzsteuer

Geldkontingente. 1875 u. 1876.

Kantone.

Fr.

Zürich .

.

.

.

.

Bern . . . . . .

Luzera .

.

.

.

.

Uri Schwyz Unterwaiden ob dem Wald .

Unterwaiden nid dem Wald .

Glarus .

.

.

.

.

Zug Freiburg .

.

.

.

Solothurn .

.

.

.

Basel-Stadt .

.

.

.

Basel-Landschaft .

.

.

Schaffhausen .

.

.

Appenzell A.-Rh. .

.

.

Appenzell I.-Rh. .

.

.

S t . Gallen .

.

.

.

Graubünden .

.

.

.

Aargau .

.

.

.

Thurgau Tessin Waadt Wallis Neuenburg* Genf

.

.

.

Durchschnitt per Jahr .

.

Fr.

142,393 253,232 52,935 1,610 9,541 2,162 1,755 10,545 6,297 44,332 29,885 42,984 21,650 15,088 ' 19,490 1,786 76,406 18,356 99,436 37,320 35,885 115,850 19,377 48,642 65,267

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

1,172,224 .

*) Halbe Militärpflichtersatzsteuer pro 1876 .

, 1877 .

277,142.

232,572.

98,718.

538.

13,785.

3,023.

2,541.

12,286.

16,370.

29,778.

54,534.

22,546.

28,808.

20,541.

21,651.

2,158.

125,653.

15,517.

121,573.

43,879.

53,505.

81,951.

41,295.

/ 55,852.

\ 60,019.

18,616.

1,454,866. 30 727,433. 15 .

.

161,679.

155,610.

45,169.

606.

7,844.

1,740.

1,369.

5,185.

9,609.

16,633.

33,750.

11,874.

15,329.

11,615.

11,380.

1,219.

66,287.

12,457.

77,575.

24,151.

25,000.

43,576.

22,471.

62,851.

16,427.

.

.

.

.

Fr.

-- 44 25 -- 25 46 10 47 30 80 15 -- -- 76 10 98 76 37 59 -- 17 73 62 80

841,415. 10 --

. F r . 60,019. 65 . . 62,851. 62

. Fr. 42.871. 27

1879.

1878.

Fr.

72 92 25 65 07 20 55 97 87 42 85 50 88 78 52 50 81 48 53 37 86 68 20 75\ 65) 32

Total Fr. 122,871. 27 -" 80.000.

-- i

Abschlagszahlung Kückständiger Saldo .

1877.

176,101.

168,748.

38,644.

392.

10,304.

3,139.

1,899.

12,123.

9,974.

18,853.

19,377.

32,203.

16,733.

16,505.

18,545.

2,314.

74,473.

30,449.

71,739.

29,971.

38,143.

60,834.

22,950.

67,957.

30,684.

Fr.

70 -- 20 50 60 52 42 -- 23 60 38 05 23 72 55 60 18 20 30 84 78 15 46 47 20

973,063. 88 --

174,150.

170,030.

36,741.

2,000.

10,693.

3,122.

2,140.

12,658.

9,980.

51,758.

23,407.

35,366.

17,505.

16,399.

18,468.

2,277.

76,373.

31,286.

67,614.

30,594.

33,966.

60,646.

24,396.

63,278.

40,494.

Fr.

84 99 32 -- 23 15 71 32 66 60 07 57 95 43 -- 02 39 90 82 24 58 20 29 58 83

1,015,352. 69

179,507.

114,775.

40,925.

4,302.

11,496.

3,529.

2,067.

12,441.

9,569.

37,459.

33,593.

39,913.

19,446.

19,438.

22,795.

2,373.

85,548.

35,271.

71,503.

32,623.

35,599.

81,465.

24,069.

81,259.

10,770.

1882.

1881.

1880.

Fr.

05 99 30 90 83 28 04 95 50 90 46 40 95 28 79 42 73 47 65 94 08 33 97 50 55

181,539.

198,138.

41,192.

4,302.

10,180.

3,536.

2,302.

13,036.

9,551.

34,974.

28,844.

40,754.

17,622.

17,580.

20,761.

2,548.

74,255.

37,040.

79,377.

33,176.

36,476.

67,107.

26,589.

82,193.

39,863.

Fr.

25 89 60 90 95 55 28 28 75 40 77 73 73 50 37 73 16 39 26 55 -- 95 72 75 35

1,011,749. 26

1,102,948. 81

--

--

187,288.

178,594.

39,921.

3,822.

11,977.

3,306.

2,650.

15,122.

10,135.

35,556.

28,515.

40,544.

18,661.

19,573.

21,305.

2,740.

80,896.

40,200.

78,396.

35,426.

35,462.

70,319.

26,257.

78,257.

46,549.

95 20 85 72 45 l 75 , 10 , 30 45 68 28 05 55 95 68 77 45 85 30 30 50 36 94 50 52

1,111,484. 45 --

669 Beilage II.

Zinsberechnung über

die rückständigen Militärpflichtersatzsteuern des Eautons Nenenburg aus den Jahren 1876 und 1877.

1876.

Fr. 53,781. 20 vom 31. Januar 1877 bis 31. ,, 1884 zu 3 % 1877.

62,851.62 vom 31. ,, 1878 bis 31. ,, 1884 ,, 1876/77. ,, 3,964.75 vom 31. ,, 1879 bis 31. ,, 1884 ,, ,, ,, 2,273.70 vom 31. ,, 1880 bis 31. ,, 1884 ,,

Fr. 11,294. 05 ,, 11,313.30 ,,

594.70

,,

272.85

Fr. 122,871. 27

Total Fr. 23,474. 90 wovon der Zins von der Abschlagszahlung, im Betrage von Fr. 80,000.-- vom 10. Dezember 1882 bis 31. Januar 1884 zu 3 °/o Fr. 2,733. 35 in Abzug kömmt:

*

Fr. 42,871.27

Fr. 20,741.55

* Die Differenz zwischen, obiger Summe und derjenigen Neuenburgs von Fr. 48,210. 64 rührt von Abschreibungen her.

670

# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Korrektion der Emme von der Gemeindegrenze BurgdorfKirchberg bis zu der Kantonsgrenze Bern-Solothurn.

(Vom 23. November 1883.)

Tit.

Die Regierung des Kantons Bern reichte mit Schreiben vom 19. Dezember '1882 ein Subventionsgesuch betreffend die Korrektion der Emme auf der 14 km. langea Strecke von der Gemeindegrenze Burgdorf-Kirchberg bis an die Kantonsgrenze Bern-Solothurn ein.

Der Bundesrath fand sich aber veranlaßt, auf die Behandlung dieses Gesuches nicht sofort einzutreten. Da ihm nämlich bekannt geworden, daß ein solches auch für eine unmittelbar anschließende obere Flugstrecke in Aussicht stehe, konnte er es nicht angemessen finden, für einen zusammenhängenden Flußlauf und im gleichen Kanton beinahe gleichzeitig zwei Vorlagen an die Bundesversammlung zu richten, um für ein und dasselbe Objekt zwei besondere Subventionsbeschlüsse zu veranlaßen. Er machte die genannte Regierung hierauf aufmerksam und lud sie ein, für den Fall, daß besagte Absicht bezüglich der Flußstrecke von der Grenze Kirchberg-Burgdorf aufwärts wirklich bestehe, diejenigen Nachträge zu der gemachten Eingabe zu liefern, welche erforderlich seien, um für die Emmekorrektion im Kanton Bern in der ganzen gegenwärtig beabsichtigten Ausdehnung eine einheitliche Vorlage der Bundesversammlung unterbreiten zu können.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend das Gesuch des Staatsrathes von Neuenburg um Nachlass von Militärpflichtersatzsteuer. (Vom 23.

November 1883.)

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Bundesblatt

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Jahr

1883

Année Anno Band

4

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60

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

01.12.1883

Date Data Seite

659-670

Page Pagina Ref. No

10 012 107

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