00.083 Botschaft über ein Protokoll zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens mit der Republik Österreich vom 18. Oktober 2000

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen mit dem Antrag auf Zustimmung den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über das am 20. Juli 2000 unterzeichnete Protokoll zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens mit Österreich.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

18. Oktober 2000

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates

11123

Der Bundespräsident: Adolf Ogi Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

5646

2000-1990

Übersicht Mit der Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens mit Österreich durch das vorliegende Protokoll wird der Quellensteuersatz im Falle von Dividenden, die an Gesellschaften (ohne Personengesellschaften) mit einer Mindestbeteiligung von 20 Prozent ausgeschüttet werden, von heute 5 Prozent auf Null abgesenkt. Im Konzernverhältnis wird demnach die gleiche Entlastung gewährt, wie sie in der MutterTochter-Richtlinie zwischen den EU-Staaten vereinbart worden ist. Bei den übrigen Beteiligungen beträgt der Quellensteuersatz entsprechend der Regelung im OECDMusterabkommen neu 15 Prozent (bisher 5 Prozent). Bei den Zinsen wurde die Quellensteuer ebenfalls auf Null herabgesetzt.

5647

Botschaft 1

Vorgeschichte

Das Doppelbesteuerungsabkommen mit Österreich vom 30. Januar 1974 sieht in Artikel 10 Absatz 2 vor, dass Dividenden im Staat, in dem die die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, mit einer Quellensteuer von 5 Prozent belegt werden dürfen. Die verbleibende Sockelsteuer von 5 Prozent bildet für schweizerische Muttergesellschaften üblicherweise eine Endbelastung, da eine Anrechnung in der Schweiz in der Regel nicht gewährt wird.

Demgegenüber sollen nach der vom Rat der Europäischen Gemeinschaften am 23. Juli 1990 verabschiedeten so genannten Mutter-Tochter-Richtlinie innerhalb der EU bei Tochtergesellschaften, an denen die Muttergesellschaft mit mindestens 25 Prozent des Kapitals beteiligt ist, keine Quellensteuern auf grenzüberschreitenden Dividendenzahlungen an die Muttergesellschaft erhoben werden. Im Ergebnis gleiche Regelungen hatte die Schweiz Anfang der 90er-Jahre nur mit vereinzelten Staaten vereinbart (Dänemark und die Niederlande). Der ständige Ausbau des Abkommensnetzes und die seither geführten Revisionsverhandlungen haben es inzwischen aber ermöglicht, mit einer Reihe von weiteren EU-Staaten den Nullsatz für Beteiligungsdividenden zu vereinbaren. So konnte der Nullsatz für Dividenden im Beteiligungsverhältnis inzwischen mit Finnland (in Bezug auf die finnische Quellensteuer), Frankreich, Luxemburg und Schweden festgelegt werden.

Im Zuge des schweizerischen Bestrebens, die Abkommen mit EU-Staaten an die Mutter-Tochter-Richtlinie anzupassen, fanden am 9./10. Dezember 1999 Verhandlungen mit Österreich statt, die zur Paraphierung eines Protokolls zur Revision des schweizerisch-österreichischen Doppelbesteuerungsabkommens führten. Das Revisionsprotokoll bringt den Nullsatz für Dividenden im Falle von Beteiligungen ab 20 Prozent und für Zinsen sowie eine Anpassung der Sockelsteuer für übrige Beteiligungen an die Regelung im OECD-Musterabkommen.

2

Bemerkungen zu den Bestimmungen des Protokolls

Artikel I Artikel I des Protokolls ändert Artikel 10 Absatz 2 des Abkommens (Besteuerung von Dividenden) wie folgt: Dividenden, die von Tochtergesellschaften an Muttergesellschaften (Beteiligungen von mindestens 20 Prozent des Kapitals) ausgeschüttet werden, sind von der Quellensteuer befreit. Bisher wurde die Quellensteuer auf 5 Prozent begrenzt.

Bei den übrigen Beteiligungen wird der Maximalsatz für die Erhebung einer Quellensteuer von 5 auf 15 Prozent heraufgesetzt.

Artikel II Entsprechend der von der Schweiz mit Industriestaaten verfolgten Abkommenspolitik wurde die Sockelsteuer bei Zinsen von 5 auf 0 Prozent herabgesetzt.

5648

Artikel III Dieser Artikel regelt das Inkrafttreten. Zu beachten ist, dass die auf das MutterTochter-Verhältnis anwendbare Bestimmung über die Befreiung der Dividenden von der Quellensteuer rückwirkend auf die am oder nach dem 1. Januar 2000 zugeflossenen Dividenden anwendbar ist.

3

Finanzielle Auswirkungen

Die Herabsetzung der Quellensteuerbegrenzung im Mutter-Tochter-Verhältnis auf Null hat für beide Staaten steuerliche Einbussen zur Folge. Eine Milderung des Ausfalls von Verrechnungssteuern auf Dividenden im Beteiligungsverhältnis und Zinsen ergibt sich aus der Heraufsetzung der Quellensteuerbegrenzung bei den übrigen Beteiligungen von 5 auf 15 Prozent.

4

Verfassungsmässigkeit

Verfassungsgrundlage dieses Protokolls ist Artikel 54 der Bundesverfassung (BV) vom 18. April 1999, der die Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten dem Bund zuweist. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV zuständig für die Genehmigung des Protokolls. Das zur Genehmigung unterbreitete Protokoll wird einen integrierenden Bestandteil des Abkommens von 1974 bilden; dieses ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, kann aber jederzeit unter Einhaltung einer sechsmonatigen Frist auf das Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden. Es sieht weder den Beitritt zu einer internationalen Organisation vor, noch führt es eine multilaterale Rechtsvereinheitlichung herbei. Der Bundesbeschluss unterliegt daher nicht dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV.

5

Schlussfolgerungen

Das vorliegende Protokoll bringt den schweizerischen Unternehmen mit österreichischen Beteiligungen eine deutliche Besserstellung gegenüber dem heutigen Zustand und trägt damit dazu bei, die Attraktivität der Schweiz als Standort für international ausgerichtete Unternehmen zu verbessern. Zudem wird mit der Quellensteuerbefreiung im Konzernverhältnis eine Angleichung an die Mutter-TochterRichtlinie der EU erreicht.

5649