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Bericht des

Bundesrathes an Hrn. Nationalrath Dr. S. Kaiser, Präsident der nationalräthlichen Kommission in Sachen des Rückkaufs der Eisenbahnen.

(Vom 12. April 1883.)

Tit.

Sie machen uns die Mittheilung, daß die von dem Nationalrathe zur Prüfung der Frage des Eisenbahnrückkaufes aufgestellte Kommission sich vorläufig dahin geeinigt habe, eine Ergänzung der bezüglichen Studien und des Aktenmaterials im Sinne eines theilweisen Rückkaufes zu begehren, und stellen das Gesuch, daß ihnen zu diesem Zwecke in Bezug auf das Netz der Centralbahn die Ergänzungen über die Anlagekosten, den Finanzstaud (Bilanz) und die Rentabilität gemacht werden möchten.

Der Bundesrath beeilt sich, diesem Wunsche durch die nachstehende Darstellung zu entsprechen, indem er bemerkt, daß ihm andere Materialien als diejenigen, aus denen seine Angaben in der ,,Zusammenstellung" über den Verkehr der schweizerischen Normalbahnen entnommen sind, überhaupt nicht zu Gebote stehen. Dieselben reichen übrigens zur Ertheilung der gewünschten Aufschlüsse vollkommen aus.

Wir beginnen mit der Darstellung des Eigenthumsverhältnisses derjenigen Linien, welche im weitem Sinne das Netz der Centralbahn bilden.

Die schweizerische Centralbahn ist ausschließliche Eigenthümerin und Konzessionärin

914 a. der Linien des sogenannten, in den Jahren 1854 bis 1860 ausgebauten Stammnetzes ; b. der Gäubahn (Olten-Wangen-Solothurn-Lyß) ; c. der Linie Zofingen-Suhr ; d. der Basler Verbindungsbahn; e. Pratteln-Schweizerhalle.

In g e m e i n s c h a f t l i c h e r K o n z e s s i o n mit der Nordostbahn besitzt sie die Linien der a. Bötzbergbahn ; b. Südbahn (Aarau-Lenzburg-Immensee) un Wohlen-Bremgarten ; c. Aarau-Suhr.

Wir besprechen nun vorerst : A. Die eigenen Linien der Centralbahn, fü welche (abgesehen von der Verbindungsbahn, die gemeinschaftlich mit der badischen Bahn betrieben wird) eine gemeinsame Rechnung geführt wurde, in welcher sich auch die Betriebsergebnisse der Linien ZofingenSuhr und Suhr-Aarau, gleich wie diejenigen der Zweigbahn nach Schweizerhalle, verrechnet finden.

Die Baurechnung, wie dieselbe von der Centralbahn aufgestellt wird, stellt sich wie folgt: 1) Stammnetz .

.

. F r . 99,987,222 Gotthardsubvention .

,, 3,889,506 Fr. 103,876,7282S 2) Gäubahn 3) Basler Verbindungsbahn

.

.

.

,, 14,825,541 . ,, 1,986,415 Total Fr. 120,688,684

Die Bilanz auf 31. Dezember 1881, welche sich indessen nicht bloß auf die eigenen Linien dei- Centralbahn, sondern auch auf die gemeinschaftlichen Unternehmungen derselben bezieht, ergibt folgende Ziffern: Aktiva.

Baurechnung des Stammnetzes Gäubahn

. Fr. 99,987,222 .

,, 14,825,541 Fr. 114,812,763 Uebertrag

Fr. 114,812,763

915 Uebertrag Fr. 114,812,763 Verwendung auf die Verbindungsbahn in Basel Fr. 1,986,415 Bötzbergbahn .

.

.

.

n 12,200,316 Aargauische Süd bahn ·n 5,320,000 200,000 Solothurn-Schönbühl (Biberist) .

·n 45,175 Koblenz-Stein .

.

.

.

·n 500,000 Wohlen-Bremgarten ·n ,, 20,251,906 ,, 3,889,506 Gotthardsub vention ,, 9,368,958 Kursverluste (zu amortisiren) ,, 650,163 Werthschriften der Depositenfonds 9,810,742 Fr.

Betriebs- und verfügbare Kapitalien Schwebende Schulden .

11 3,265,102 ,, 6,545,640 Fr. 155,518,936 Passiva.

.

.

Aktienkapital .

.

Obligationenkapital Spezialfonds .

.

.

.

Betriebssaldo auf neue Rechnung

Fr. 50,000,000 ,, 99,479,000 5,724,955 314,981 Fr. 155,518,936

In Bezug auf ,,die Rentabilität" verweisen wir auf unsere Botschaft vorn 6. März dieses Jahres und die Tabelle I in der Zusammenstellung. Diese letztere enthält die Ergebnisse der Betriebsrechnungen vom Jahre 1861 bis zum Jahre 1881, also für den ganzen Zeitraum, in welchem sämmtliche Linien des Stammnetzes sich im Betrieb befanden.

Der Reinertrag im Durchschnitt der neun Jahre 1873--1881 ergibt für das Jahr Fr.

5,063,125 Der fünfundzwanzigfache Betrag ,, 126,578,125 Als Ergänzung lassen wir die Berechnung der Reinerträge folgen, wie sie sich für die zehn Jahre 1863--1872 ergeben:

916 E i n n a h m e n ( S u m m a a l l e r 10 J a h r e ) : Saldo vom Jahr 1862 .

. Fr.

61,234 Ueberschuß der Betriebseinnahmen ,, 49,189,129 Zuschüsse aus den Spezialfonds .

,, -- Aus sonstigen Quellen ,, -- Fr. 49,250,36» A u s g a b e n ( S u m m a alle r 10 Jahre).

Amortisation von Kapitalien . Fr.

-- Einlage in die Spezialfonds.

.

,, 1,426,770 Zu sonstigen Zwecken ,, -- Saldovortrag aufs Jahr 1873 .

,, 1,833,443 ,, 3,260,213 Der Reinertrag aller 10 Jahre ist also Im Durchschnitt per Jahr Fr.

.

45,990,150 =

. Fr. 45,990,150 .

und der fünfundzwanzigfache Reinertrag .

.

gegenüber einem Anlagekapital pro Ende 1872 von

^

4,599,015

,, 114,975,375 ,, 84,586,346

Aus diesen Ziffern stellt sich für die Gesammtperiode von 1863 bis 1881 ein durchschnittliches jährliches Reinerträgniß heraus von Fr. 4,819,909 B. Bötzbergbahn.

Die Verwendungen auf Bau von Seite der Centralbahn und Nordostbahn betragen Fr. 24,400,632.

Schulden haften auf dieser Unternehmung nicht.

Der Reinertrag der Jahre 1875 bis 1881 beträgt im Jahresdurchschnitt Fr.

694,493 im fünfundzwanzigfachen Betrage .

.

,, 17,362,325 C. SUdbahn.

Das Anlagekapital dieser Bahn beträgt laut Bilanz auf 31. Dezember 1881 : Aktiva.

Passiva.

Betrag des Baukonto Fr. 10,627,219 Betheiligungskapital der Verfügbare Kapitalien ,, 12,781 Centralbahn und Nordostbahn Fr. 10,640,000 Fr. 10,640,000

917

Stellen wir die drei Gruppen zusammen, so ergibt sich: Anlagekapital.

1. Stammnetz.

·2. Gäubahn .

. Fr. 103,876,728 .

,, 14,825,541

S.Verbindungsbahn.

4. Bötzbergbahn .

5. Südbahn

.

.

.

.

.

.

Fr.

25facher Reinertrag.

Fr.

118,702,269 126,578,125* 1,986,415 1,465,325* 24,400,632 17,362,325* 10,627,219 5,635,500**

155,716,535 151,041,275 In Bezug auf diese Ergebnisse ist nun zu bemerken : 1. Sowohl die Zahlen des Anlagekapitals als die der Betriebseinnahmen beruhen auf den Rechnungen der Centralbahn. Wir haben in unserer Botschaft vom 6. März d. J. auseinandergesetzt, daß wir bei dem konzessionsgemäßen Rückkauf in der Lage sein würden, eine Reihe der dabei in Frage kommenden Posten zu bestreiten, und wir glauben zu der Annahme berechtigt zu sein, daß sieh der Rückkaufspreis, w e n n er d u r c h den R i c h t e r festgestellt werden müßte, für den Bund günstiger als n a c h d e n R e c h n u n g e n der C e n t r a l b a h n g e s t a l t e n würde.

2. In den Reinerträgnissen des Stammnetzes der Centralbahn sind auch die Betriebsergebnisse der Gäubahn Inbegriffen. Da der Rückkaufstermin dieser letzteren noch nicht fällig ist, so fragt es sich, welchen Einfluß die Abtrennung der Gäubahn auf den Ertrag der Centralbahn üben würde.

Nach den für die Jahre 1877 und 1878 von der Centralbahn für die Gäubahn aufgestellten Betriebsrechnungen ergeben sich folgende Resultate: Einnahmen.

Ausgaben.

E einertrag.

1877 Fr. 1,450,406 Fr. 861,766 Fr. 588,640 1878 ,, 1,338,869 ,, 777,045 ,, 561,824 Selbstverständlich wäre bei der Ablösung der Gäubahn im Falle des Rückkaufes des Stammnetzes das Erträgniß der erstem von demjenigen des letztern abzuziehen, und es würde sich also der Betrag des fünfundzwanzigfachen Reinertrages vermindern; dagegen ist es einleuchtend, daß bei der Lage der Gäubahn diese *) Berechnet aus dem Durchschnitt der Jahre 1873--1881.

**) Approximativ herechnet aus dem Erträgniß von 1882.

918 letztere nur denjenigen durchgehenden Waareaverkehr haben wird, welchen die Central bahn darauf verweist und daß demnach die Ablösung der Gäubahn für den künftigen Betrieb der Centralbahn nur vortheilhaft sein würde, indem ein wesentlicher Theil der Erträgnisse auf das Stammnetz überginge.

Diese Behauptung wird auch durch die Berechnung unterstützt, welche oben in Bezug auf das durchschnittliehe Reinerträgniß der Jahre 1863--1872 aufgestellt wurde. Die Vergleichung mit den Jahren 1873--1881 ergibt: 1868--1872.

25facher Ertrag des durchschnittlichen Reingewinns Fr. 114,975,375 Anlagekapital . ,, 84,586,346 Fr.

30,389,029

1878--1881.

Fr. 126,578,125 ,, 114,812,763 Fr.

11,765,362

Demnach beträgt die Differenz zwischen dem Anlagekapital und dem 25fachen Reinertrag für die Periode vor dem Betrieb der Gäubahn beinahe das Dreifache gegenüber der spätem Periode.

3. In Bezug auf die Südbahn ist zu bemerken, daß dieselbe bis zur Eröffnung der Gotthardbahn einen Passivbetrieb hatte. Da dies in Zukunft anders sein wird, so legten wir obiger Berechnung das Jahreserträgniß von 1882 zu Grunde, welches sich auf Fr. 563,558 beläuft und zogen davon 60 °/o Betriebskosten ab, so daß ein Nettoertrag von Fr. 225,422 angenommen wurde, dessen 25facher Betrag sich auf Fr. 5,635,500 beläuft.

Nachdem wir nun die für den Rückkauf der besprochenen Linien in Betracht fallenden Beträge des Anlagekapitals und der Erträgnisse festgestellt haben, erlauben wir uns in Bezug auf den Umfang des zurückzukaufenden Netzes folgende. Bemerkungen : 1) Es scheint uns in erster Linie festzustehen, daß mit dem Stammnetz der Centralbahn auch die Bötebergbahn und die Südbahn als Verbindung mit dem Gotthard erworben werden müssen.

Die Bötzbergbahn ist zum Rückkauf fällig, nichi aber die Südbahn, welche zwar von der Centralbahn betrieben wi:>-d, an der aber die Nordostbahn Miteigentümerin ist. Dieses Verbältniß würde wohl keine Schwierigkeiten bieten und ein gütliches Abkommen mit der Centralbahn, welche nur im Besitze der Gäubahn und im Mitbesitze der Südbahn bliebe, nicht schwer zu erreichen sein.

Der Erwerb des Stammnetzes und der Verbindungsbahn nebst den beiden genannten Linien würde nach der Rechnung der Centralbahn auf folgenden Betrag zu stehen kommen :

919 1) 23 3) 4)

Stamrnnetz .

. Fr. 126,578,125 Verbindungsbahn .

,, 1,986,415 Bötzbergbahn .

.

,, 24,400^632 Aargauische Südbahn ,, 10,627,219 Fr. 163,692,391

Hiebei ist bei dem Stammnetz der 25fache Reinertrag, bei den drei andern Linien der Betrag des Anlagekapitals als die jeweilen höhere Summe berechnet.

Dieser Kaufsumme steht als entsprechendes Kapital der Reinerträgnisse die Summe von Fr. 151,041,275 entgegen, und es ergibt sich somit ein ungedeckter Rest von Fr. 12,651,116. Würde die Gäubahn auf dem Wege des Vertrages von der Central bahn ebenfalls übernommen, so würde sich die Differenz zu Uugunsten des Käufers auf Fr. 27,476,657 stellen.

2) Von eben so großer Bedeutung wie die Bötzbergbahn und die Südbahn ist für den Uebernehmer des Centralbahn-Stammnetzes die Jura-Bern-Bahn. Diese letztere stößt in Basel, Biel, Bern und Luzern (hier als Pächterin der Bern-Luzern-Bahn) mit der Centralbahn zusammen, und beide sind Konkurrenten für einen Theil des Verkehrs von und nach diesen Punkten. Dazu kommt die wichtige Thatsache, daß aus der Konkurrenz der deutschen und der durch die Jurabahn verbundenen französischen Bahnen der schweizerische Verkehr nur dann den größten Vortheil ziehen kann, wenn sich nebst dem Eingang von Delle alle in Basel mündenden Linien in einer Hand befinden. So lange dieses nicht der Fall ist, wird jede einzelne Bahn darauf angewiesen sein, die andere, und zwar in Verbindung mit der entsprechenden fremden Bahn, zu bekämpfen. Der Umstand, daß der Kanton Bern bei den Jurabahnen sehr wesentlich betheiligt ist, macht die Konsequenzen dieser Verhältnisse noch unleidlicher.

Nun ist aber zu bedenken, daß der Rückkauf des Jura-BernNetzes auf Grund der Konzessionen als unmöglich erscheint. Die maßgebenden Zahlen sind nämlich: Nach der Bilanz auf 31. Dezember beträgt das Anlagekapital Fr. 67,254,747, der fünfundzwanzigfache durchschnittliche Reinertrag aus den Jahren 1874 -- 1881 Fr. 27,646,300.

Dabei ist nun allerdings zu bemerken, daß die drei ersten Jahre 1874--1876 sehr ungünstig sind. Läßt man dieselben außer Rechnung, so ergibt sich ein kapitalisirter Reinertrag von Fr. 40,802,915>

920 also immerhin noch eine Differenz gegenüber dem Anlagekapital von Fr. 16,451,832. .

Schließlich soll nur noch angedeutet werden, daß der Kauton Bern wohl schwerlich auf eine vertragsmäßige Ueberlassung der Jura-Bern-Bahn eingehen würde, ohne gleichzeitig auch die Unternehmung der Bern-Luzern-Bahn zu veräußern, was die Uebernahme durch den Bund kaum erleichtern würde.

In der Hauptsache selbst müssen wir uns vorbehalten, die uns gut scheinende Stellung einzunehmen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 12. April 1883.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : L. Ruchonnet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bericht der

Mehrheit der nationalräthlichen Kommission zur

Behandlung der Botschaft des Bundesrathes, betreffend

die Frage des Rückkaufes der schweizerischen Eisenbahnen.

(Vom 17. April 1883.)

Tit.

In der Behandlung der vom Bundesrath unterm 6. März 1. J.

eingereichten Botschaften über die Frage des Rückkaufes der schweizerischen Eisenbahnen und über die Beaufsichtigung" des Rechnungswesens der Bisenbahn-Gesellschaften geht Ihre Kommission mit dem Ständerath, der die Priorität im ersten dieser Verhandlungsgegenstände gehabt hat, insofern einig, als nur die eine der Botschaften, nämlich diejenige über den R ü c k k a u f , in der gegenwärtigen außerordentlichen Session zur Berathung kommen könne und müsse, und zwar einerseits wegen der fatalen Fristen, in welchen allfällige Erklärungen von Seite der Eidgenossenschaft abgegeben werden müßten, anderseits weil, unseres Erachtens, die Frage des Rückkaufes von viel größerer Wichtigkeit ist und auch die Aufmerksamkeit der Bevölkerung in viel größerm Maße auf sich zieht, als das Rechnungswesen der Eisenbahn-Gesellschaften.

Hinwieder weich t Ihre Kommission e i n s t i m m i g vom Ständerath in der Art der Beschlußfassung über die erwähnte Botschaft ab. Zunächst weil sie es nicht am Orte hält, einen Beschluß da zu fassen, wo keine Bundesblatt. 35. Jahrg. Bd. II.

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Bericht des Bundesrathes an Hrn. Nationalrath Dr. S. Kaiser, Präsident der nationalräthlichen Kommission in Sachen des Rückkaufs der Eisenbahnen. (Vom 12. April 1883.)

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1883

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2

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24

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---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

12.05.1883

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913-921

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