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zu 3029 II. Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Dezembersession 1933).

(Vom 24. November 1933.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, unter Vorlage der Akten über weitere 22 Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen.

161. Ernst Thoma, 1906, Metzger, Zürich.

(Vergehen gegen elektrische Anlagen.)

161. Ernst Thoma ist am 16. Juni 1933 vom Bezirksgericht Zürich gemäss Bundesgesetz betreffend die elektrischen Schwach- und Stairkstromanlagen zu Er. 50 Busse verurteilt worden.

Thoma hat im Dezember 1932 in Zürich mit einem Lieferungsautomobil in übersetzter, nicht beherrschter Geschwindigkeit einen Personenwagen derart angefahren, dass die beiden Wagen abgedrängt wurden und einen Telephonverteilungskasten beschädigten.

Thoma ersucht um Erlass der heute in Betracht fallenden Uniwandlungsstrafe von 5 Tagen. Er versichert, nicht zu wissen, weshalb er verurteilt worden sei (es besteht ein Kontumazurteil), und teilt mit, dass er soeben den Spital verlasse.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt den gnadenweisen Erlass des Bussenverhaftes. Die Busse sei inzwischen einbezahlt worden, und die Nichtkenntnis des Kontumazurteils werde zutreffen, da sich Thoma seinerzeit ohne Hinterlassung einer Adresse entfernt habe. Thoma könnte heute die Durchführung eines neuen Verfahrens verlangen, was ohne weiteres den Hinfall des Bussenumwandlungsbeschlusses zur Folge hätte.

Wir beantragen desgleichen die Eückverwandlung der Gefängnisstrafe in Busse.

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162. Pierre Seclusa, 1892, Chefmagaziner, Genf.

(Zollvergehen.)

162. Pierre Seclusa ist im Zollstraffall Bart, als Barts Angestellter, nebst einem Dritten gemäsa Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 22. Oktober 1932 mit der gemeinsamen Busse von Franken 56,000 bestraft worden.

Für den Sachverhalt und weitere Angaben verweisen wir zunächst auf den Antrag 16 im ersten Bericht für diese Session.

Seclusa ersucht ohne nähere Gründe um Begnadigung.

Mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion beantragen wir Abweisung.

Nach den persönlichen Verhältnissen des Gesuchstellers wird hier die Umwandlungsstrafe zum Vollzug gelangen, was aber angesichts der sehr schwerwiegenden Zollstrafsache von vorneherein keinen Begnadigungsgrund bilden kann. Für Einzelheiten beziehen wir uns auf den Bericht der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 9. November 1938 an die Bundesanwaltschaft.

163. Ernst Haussener, Pächter, Rüti/Riggisberg (Bern).

(Fiskalvergehen gegen das Alkoholgesetz.)

168. Ernst Haussener ist am 3. Juli 1933 von der Eidgenössischen Alkoholverwaltung gemäss Bundesgesetz über die gebrannten Wasser vom 21. Juni 1982 mit Fr. 500 gebüsst worden, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, so dass die Busse noch Fr. 883. 35 beträgt.

Haussener hat im November 1932, Januar und Februar 1933 je 90 kg Kartoffeln gebrannt und daraus 21 Liter Branntwein ^ on 50 Vol. % hergestellt.

Das Brennen geschah in einem Brennhafen, den Haussener anlässlich der Brennapparatenzählung vom 1.--6. September 1930 nicht angemeldet hatte, angeblich aus Unkenntnis der Meldepflicht. Gegen Haussener ist ein Strafprotokoll aufgenommen worden; der Tatbestand wurde von ihm als richtig anerkannt, und er hat sich dem zu treffenden Strafentscheid vorbehaltlos unterzogen. Der fiskalische Ausfall zum Nachteil des Staates betrug Fr. 47. 25.

Für Haussener ersucht ein Bechtsanwalt um ganzen oder doch teilweisen Bussenerlass. Der Verfasser des. Gesuches erachtet das Verhalten Hausseners als «einigermassen verständlich» und macht im übrigen Mitteilungen über dessen, als sehr dürftig bezeichnete, Verhältnisse.

Mit der Eidgenössischen Alkoholverwaltung beantragen wir den Erlass der Bussenhälfte, d. h. abgerundet bis Fr. 165, womit den geltend gemachten Kommiserationsgründen weitgehend Rechnung
getragen ist; wegleitend ist das Mitleid mit der Familie des wirklich bedrängten Gesuchstellers und das Bestreben, zu seiner finanziellen Wiederaufrichtung beizutragen. Für Einzelheiten verweisen wir auf den Bericht der Alkoholverwaltung vom 15. November an die Bundesanwaltschaft, namentlich auch auf die Zusicherung, dass der Strafvollzug für die Eestbusse ohne Härte durchgeführt werden wird.

762 164. Karl Faerber, 1911, Beisender, St. Gallen, 165, Johann Richard, 1891, Vertreter, Kernenried (Bern), (Handelsreisendengesetz.).

Gemäss Bundesgesetz über die Handelsreisenden vom 4. Oktober 1930 sind verurteilt worden: 164. Karl Faerber, verurteilt am 28. September 1983 von der bezirksgerichtlichen Kommission Steckborn zu Fr. 30 Busse.

Faerber hat in Steckborn bei Privaten ohne Taxkarte Bestellungen auf einen Staubsauger aufgesucht. Er hatte hierzu mit dem ortsansässigen Inhaber eines Installationsgeschäftes vereinbart, dass er als sein Platzreisender gelten solle. Faerber ist aber Generalvertreter und hatte damals in Steckborn nur ein paar Stunden Aufenthalt, die er benutzen wollte, um für den, vom Installationsgeschäft nicht weiterverkauften, Staubsauger zu werben, wobei er jeweils auf den ortsansässigen Geschäftsinhaber verwies.

Faerber "ersucht um Erlass der Busse. Er erörtert die Vorkommnisse und hält daran fest, nichts Bechtswidriges getan zu haben. Ferner betont er, dass es ihm schlecht gehe und er für die verwitwete Mutter sorge.

Die Kantonspolizei St. Gallen berichtet über die Verhältnisse des Gesuchstellers. Der Gerichtspräsident von Steckborn erachtet Milde als angezeigt, weil sich Faerber bei der Gesetzesübertretung in gutem Glauben befunden haben .könne. Das Polizeidepartement des Kantons Thurgau beantragt, dem Gesuch möglichst weitgehend zu entsprechen, und die Handelsabteilung des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes beantragt den gänzlichen Bussenerlass.

Wir beantragen Herabsetzung der Busse um die Hälfte, mithin bis Fr. 15. Faerber. dem zwar der Wortlaut des Handelsreisendengesetzes vertraut ist, hat in Wirklichkeit eine offensichtliche Gesetzesumgehung bewerkstelligt, wie dies in den Urteilserwägangen näher dargelegt wird. Die Bestimmung über die Nichtanwendbarkeit des Bundesgesetzes auf Platzreisende wird von ihm zu Unrecht angerufen. Er hätte gut daran getan, sich rechtzeitig und an richtiger Stelle zu erkundigen, so dass die geltend gemachte Gutgläubigkeit die vorhandene Bechtsfahrlässigkeit nicht zu beseitigen vermag. Im übrigen handelt es sich um einen unbescholtenen, jüngeren Mann, der nach den Erhebungen für seine Mutter sorgt.

165. Johann Bichard, verurteilt am 14. August 1933 vom Gerichtspräsidenten von Burgdorf zu Fr. 20 Busse.

Richard hat ohne
Taxkarte Bestellungen auf Putzmittel aufgenommen.

Bichard ersucht um Erlass von Busse und Taxe, welch letztere seither bereits gestrichen worden ist. In seiner Mittellosigkeit habe sich Bichard einen Verdienst verschaffen wollen, ohne die Taxe aufbringen zu können.

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Mit dem Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes, der Polizeidirektion des Kantons Bern und der Handelsabteilung des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements beantragen wir, was die Busse anbetrifft, Abweisung und verweisen hiefür lediglich auf den Auszug aus dem Zentralstrafenregister.

166. Gottfried Aeschbacher, 1881, Landwirt, Fahy (Bern).

(Forstvergehen.) .

166. Gottfried Aeschbacher ist am 8. Juli 1988 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut gemäss Bundesgesetz vom 11. Oktober 1902 betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei, in der durch Bundesbeschluss vom 5. Oktober 1928 erhaltenen Fassung, zu Fr. 75 Busse verurteilt worden.

Aeschbacher, dem ein Holzschlag bewilligt war, hat in seinem Schutzwald 15 m3 zu viel geschlagen.

Aeschbacher ersucht um Erlass der Busse, mit dem Hinweis, dass er das Holz für einen Scheunenbau verwendet habe und dass die Mehrnutzung durch eine, ihm aufgezwungene, Änderung des Bauplanes veranlasst worden sei.

Die Behörden des Kantons Bern äussern sich einhellig zugunsten der ganzen oder doch teilweisen Begnadigung.

Mit der Polizeidirektion des Kantons Bern und der Eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Herabsetzung der Busso bis Fr. 20.

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Jakob Fehr, 1862, Fischer, Mannenbach (Thurgau), René Schild, 1917, Lehrling, Grenchen (Solothurn), Walter Kaspar, 1890, Landwirt, Oberkulm (Aargau), Emma Bodmer-Schlapbach, 1912, Hausfrau, Därligen (Bern), Elisabeth Schlapbach, 1908, Serviertochter, Zweisimmen (Bern), Alfred Schlapbach, 1882, Wirt, Oppligen (Bern), Emile Comment, 1884, Handlanger, Montenol (Bern), Paul Leiser, 1915, Landarbeiter, Beatenberg (Bern), Alfred Schmocker, 1911, Landarbeiter, Beatenberg (Bern), Alfred Trüssel, 1887, Hausierer, Gipf-Oberfrick (Aargau), Ernst Weber, 1882, Landwirt, Fischenthal (Zürich), Fritz Zaugg, 1885, Handlanger, Fischenthal (Zürich).

(Jagdvergehen.)

Gemäss Bundesgesetz über Jagd und Vogelschutz vom 10. Juni 1925 sind verurteilt worden: 167. Jakob Fehr, verurteilt am 17. August 1983 vom Bezirksstatthalter von Steckborn gemäss Art. 39 des Bundesgesetzes zu Fr. 50 Busse. Die Ein-

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spräche hat der Begierungsrat des Kantons Thurgau abgewiesen, mit dem Hinweis auf den Begnadigungsweg.

Fehl' hat an einem Julimorgen bei der Schifflandungsstelle Mannenbacb mit seiner Jagdflinte fünf Möven abgeschossen. Fehr ersucht um Erlass der Busse. Er habe auf die Möven geschossen, nicht um auf sie Jagd zu machen, sondern um sie vom stets verunreinigten Landungssteg zu verscheuchen. Die Möven seien für den jungen Fischbestand sehr schädlich.

Das Bezirksamt Steckborn hält dafür, die Herabsetzung der Busse um mindestens die Hälfte könne verantwortet werden; die erkannte Mindestbusse sei für Fälle dieser Art zu hoch. Das Polizeidepartement des Kantons Thurgau beantragt Herabsetzung der Busse bis Fr. 10, die Eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei bis Fr. 20. Wir beantragen Herabsetzung der Busse bis Fr. 10.

168. Eené Schild, verurteilt am 8. Juli 1933 vom Amtsgericht SolothurnLebern gemäss Art. 40, Abs. 3, des Bundesgesetzes zu Fr. 50 Busse.

Schild hat im Garten mit einem Flobertgewehr auf Vögel geschossen. Drei erlegte Meisen und einen Sperling verkaufte er.

Schild und seine Mutter ersuchen um Erlass von Busse und Kosten. Der Vater sei seit Jahren krank, und der Sohn habe als Lehrling noch keinen Verdienst; die Entrichtung der Beträge sei unmöglich.

Mit dem Polizeidepartement des Kantons Solothurn und der Eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Herabsetzung der Busse bis Fr. 20, unter Zubilligung von Teilzahlungen. Die Jugendlichkeit des Gebüssten soll damit berücksichtigt werden, ebenso aber dem Umstand Rechnung getragen sein, dass Schild mit dem Verkauf der Vögel eine Gewinnabsicht verband.

169. Walter Kaspar, verurteilt am 29. August 1988 vom Bezirksgericht Kulm gemäss Aii. 39 des Bundesgesetzes zu Fr. 50 Busse.

Kaspar hat in seinem Schöpf mit der Jagdflinte einen Wespenbussard abgeschossen.

Kaspar ersucht um Herabsetzung der Busse. In den Urteilserwägungen wird gesagt, Kaspar habe.sich offenbar durch den von Baubvögeln erlittenen Schaden verleiten lassen. Das Gesuch enthält die Angabe, es seien Kaspar im letzten Jahr nachweisbar über 150 Kücken und Junghennen geraubt worden, weshalb er heute die Brutmaschine nicht mehr verwende. Beim Abschuss habe er geglaubt, auf einen Hühnerhabicht zu Kielen.

Das Bezirksgericht Kulm
empfiehlt die Teilbegnadigung.

Mit der Eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Herabsetzung der Busse bis Fr. 20.

170 und 171. Lina Bodmer-Schlapbach und Elisabeth Schlapbach, verurteilt am 9. Mai 1933 vom Gerichtspräsidenten von Interlaken gemäss Alt. 50 des Bundesgesetzes je zu Fr. 50 Busse,

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Frau Bodmer hat einen toten Buntspecht, Elisabeth Schlapbach eine Waldohreule zum Ausstopfen einem Präparator zugeschickt.

Beide ersuchen um ganzen oder doch teilweisen Erlass der Bussen, wozu sie u. a. Unkenntnis der Vorschriften geltend machen.

Der urteilende Eichter und der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürworten die Herabsetzung der Mindestbussen. Die Forst- und die Polizeidirektionen des Kantons Bern beantragen den Bussenerlass, jene mit dem Hinweis, es liege überhaupt keine Gesetzesübertretung vor, was aber der Oberforstinspektor nicht gelten lässt.

Mit der Eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir in beiden Fällen Herabsetzung der Bussen bis Fr. 10.

172. Alfred Schlapbach, verurteilt am 26. Mai 1933 vom Gerichtspräsidenten von Interlaken gemäss Art. 40, Abs. 2, des Bundesgesetzes, in Verbindung mit kantonalem Jagdrecht, zu Fr. 70 Busse.

Schlapbach ist wegen Anstiftens eines andern zur widerrechtlichen Fuchsjagd und wegen Gehilfenschaft bei wiederholter Fuchs- und Dachsjagd verurteilt worden; in Betracht kommen Vorgänge bei der Haarraubwildjagd, wobei Leute ohne Jagdpatent beteiligt waren.

Schlapbach ersucht um Erlass von Busse und Kosten. Er habe nahezu 30 Patente gelöst und die Jagd immer weidmännisch ausgeübt. Er sei zu Unrecht mit einem andern «hineingeflogen». Gesundheitlich und finanziell gehe es im heute schlecht, und er könne die Beträge nicht aufbringen.

Der urteilende Biehter, der Begierungststatthalter des Amtsbezirkes, die Forst- und Polizeidirektionen des Kantons Bern beantragen einhellig Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantr agen wir desgleichen Abweisung. Wir beziehen uns auf die entschiedene Stellungnahme des Bichters.

173. Emile Comment, verurteilt am 19. Juni 1933 vom Gerichtspräsidenten von Delsberg gemäss Art. 40 des Bundesgesetzes zu Fr. 200 Busse.

Comment ist verurteilt worden, weil er im Mai 1932 ein Beh erlegt und das Fleisch einem Wirt verkauft habe.

Comment ersucht um ganzen oder doch teilweisen Erlass der Busse, da ihm die Umwandlungsstrafe drohe. Die Busse sei unverdient. Er bezeichnet sich als früheren, langjährigen Krankenwärter, der heute mit nahezu fünfzig Jahren wegen beeinträchtigter Gesundheit erwerbslos sei.

Der Vizestatthalter des Amtsbezirkes hält
angesichts der Eigentümlichkeiten des Straffalles die gänzliche Begnadigung für unangebracht, möchte jedoch in Berücksichtigung der geschwächten Gesundheit des Gosuchstellers einen Teilerlass, allenfalls bis zur Bussenhälfte, befürworten. Die Forstdirektion des Kantons Bern beantragt Abweisung, die Polizeidirektion Erlass der Bussenhälfte.

766 Mit der Eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Abweisung. Die Angelegenheit hat, auf Grund von Verfahrensfragen, zu drei Strafentscheiden geführt, worauf hingewiesen sei, ohne dass hier weiter darauf einzutreten ist. Comment wird in den Akten mehrfach als Wilderer bezeichnet. Er ist mit der Mindestbusse bestraft worden.

174. und 175. Paul Leiser und Alfred Schmocker, verurteilt am 80. März 1983 vom Gerichtspräsidenten von Thun gemäss Art. 89, Abs. 2, 43, Ziff. 5, jener zudem gemäss Art. 54 des Bundesgesetzes, Leiser zu Fr. 200, Schmocker zu Fr. 400 Busse.

Leiser hat im Januar 1933 mehrfach allein gejagt, ferner jagte er einmal mit Schmocker, wobei dieser mit Leisers Flobert eine Gemse anschoss, die sich in Banngebiet befand; beide verfolgten hernach das Tier während längerer Zeit im Bannbezirk.

Beide ersuchen in getrennten Eingaben um Erlass der Bussen. Der noch nicht 18jährige Leiser verweist auf seine Jugendlichkeit und bezeichnet sich als mittellosen Verdingbuben. Schmocker macht geltend, dass er seit Schulaustritt seinen Verdienst der verwitweten Mutter abgebe, die für vier unmündige Kinder sorgen müsse.

Bei Leiser befürwortet der Gemeindepräsident, bei Schmocker der Ge-.

meinderat Beatenberg die Begnadigung; bei Schmocker wird hervorgehoben, dass er für die elterliche Familie in rühmenswerter Weise sorge. Die anderen Kantonsbehörden stellen folgende Anträge: der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes und die Polizeidirektion beantragen, die Busse Leisers von Fr. 200 bis zu Fr. 50 zu ermässigen; die kantonale Forstdirektion erklärt, vom jagdlichen Standpunkt sei ein Bussenerlass unangebracht, im übrigen werde die allfällige Berücksichtigung der geltend gemachten Kommiserationsgründe den anderweitigen Amtsstellen überlassen. Das Gesuch Schmockers wird vom urteilenden Bichter empfohlen, der Begierungsstatthalter und die Polizeidirektion beantragen Herabsetzung der Busse bis Fr. 100, die Forstdirektion bis Fr. 275. Die Eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt, das Gesuch Leisers abzuweisen und die Busse Schmockers bis zu Fr. 250 zu ermässigen.

Unserseits bemerken wir zusammenfassend, dass Leiser nach dem Leumundsbericht in den Akten «einer viel strengern Aufsicht bedarf, um nicht Gefahr zu laufen, Fehlwege einzuschlagen». Er
neigt zum Wirtshausbesuch und soll mit dem Geld nicht sparsam umgehen. Wir möchten diese Auskünfte dahingehend berücksichtigen, dass die endgültige Gesuchserledigung verschoben und das Gesuch zurzeit abgewiesen wird. Schmocker wird demgegenüber durchwegs sehr günstig beurteilt, so dass ein namhafter Teilerlass verantwortet werden kann, jedoch ohne dass dies bis zur gänzlichen Begnadigung hinführen darf; auch hier haben mithin vorerst Teilzahlungen zu erfolgen.

Wir beantragen in beiden Fällen Abweisung zurzeit, in der Meinung, dass Leiser und Schmocker in Teilzahlungen zunächst jeder Fr. 100 tilgen

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solle, wobei die nähere Eegelung dieses Bussenvollzuges den Kantonsbehörden anheimgestellt wird.

176. Alfred Trüssel, verurteilt am 7. September 1933 vom Bezirksgericht Laufenburg gemäss Art. 48, Ziff. 2, Abs. l, des Bundesgesetzes zu Fr. 300 Busse.

Trüssel hat in dem nahe beim Wohnbaus liegenden Hübnerhof eine eiserne Falle gestellt, um einen Fuchs zu fangen, der ihm wiederholt Hühner geraubt hatte.

Für Trüssel ersucht ein Eechtsanwalt um Erlass der Busse, da die Umwandlungsstrafe drohe. Trüssel lebe als früherer, in Konkurs geratener Landwirt mit seinen elf Kindern in äusserst ärmlichen Verbältnissen. Zum Fallenstellen wird betont, Trüssel habe sich beim Wildhüter Eat holen wollen und bei dessen Abwesenheit vom Schwiegervater die Auskunft erhalten, die Falle sei erlaubt.

Der Gesuchsteller betätige sich heute als Hausierer.

Das urteilende Gericht erklärt die gesetzliche Mindestbusse als für diesen Fall viel zu hoch und empfiehlt die weitgehende Begnadigung bereits in den Urteilserwägungen. Die Eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt Herabsetzung der Busse bis Fr. 50.

Wir beantragen Herabsetzung der Busse bis Fr, 100. Die Versicherung, Trüssel habe nur den Schutz der Hühner bezweckt, ist nach den Umständen glaubhaft; die Falle lag tatsächlich im Hühnerhofe selbst und war in einem Zeitpunkt gestellt, wo der Fuchsbalg wenig Wert hat. Die sehr ärmlichen Verhältnisse sind nachgewiesen.

177. und 178. Ernst Weber und Fritz Zaugg, verurteilt am 30. September 1933 vom Statthalteramt Hinwil gemäss Art. 39, 40 und 48 des Bundesgesetzes, Weber zu Fr. 400, Zaugg zu Fr, 300 Busse.

Weber und Zaugg sind mit zwei andern wegen fortgesetzten Jagdfrevels, zum Teil während geschlossener Jagdzeit, gebüsst worden; Weber und ein Dritter haben zwei Eehbocke geschossen, ferner behändigte Weber eine gefrevelte Behgeiss, und Zaugg hat drei Tiere abgeschossen.

Weber ersucht um ganzen oder doch teilweisen Bussenerlass, Zaugg und dessen Ehefrau um Begnadigung. Die beiden Gebüssten erklären, von einem Mitbestraften verführt worden zu sein, was Weber näher darlegt. Die Bussenentrichtung sei ihnen unmöglich.

Das Statthalteramt Hinwil beantragt angesichts der sehr prekären Verhältnisse, worüber sich Berichte des Gemeinderates Fischenthal näher äussern, die Gesuchsentsprechung, Die Eidgenössische
Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt Abweisung, da es sich um Wilderei in grossem Ausmass handle; Armut dürfe nicht zum Freibrief für Wildfrevler werden.

Wir beantragen desgleichen Abweisung, mindestens aber sollte Abweisung zurzeit erfolgen, zwecks vorläufiger Entrichtung zweier Bussendrittel in Teilzahlungen nach dem Ermessen der Kantonsbehörden.

768 179. Leo Wunderlin, 1893, Vertreter, Basel, 180. Luigi Foretti, 1899, Uhrmacher, Melano (Tessin), 181. Attilio Gianini, 1906, Handlanger, Brè (Tessin).

(Militärpflichtersatz.)

Gemäss Ergänzungsgesetz vom 29. März 1901 üher den Militärpfhchtersatz sind wegen schuldhafter Nichtentrichtung des Militärpflichtersatzes verurteilt worden : 179. Leo Wunderlin, verurteilt am 17. März 1933 vom Gerichtsstatthalter von Olten-Gösgen zu 2 Tagen Gefängnis, den Militärpilichtersatz von Fr. 18. 60 für 1932 betreffend.

Wunderlin ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe, da ihm die Entrichtung des geforderten Betrages schlechthin unmöglich sei, Gesuche um Abgabenermässigung bis zur Personaltaxe kein Gehör gefunden hätten und er sämtliche Grerizbesetzungsdienste geleistet habe.

Mit dem Polizeideparternent des. Kantons Solothurn und der Eidgenössischen Steuer-Verwaltung beantragen wir Abweisung. Wäre Wunderlin, was ihm die Steuerverwaltung zweimal vergeblich nahelegte, seiner Zahlungs.pflicht schliesslich nachgekommen, so hätte der 1893er begnadigt werden können; mangels jeder Antwort muss es aber bei den Urteilserwägungen sein Bewenden haben, was auf Grund.des Auszuges aus dem Zentralstrafenregister .ohne weiteres erklärlich ist.

180. Luigi Foretti, verurteilt am 17. Februar 1933 vom Prätor von Lugano-Landschaft zu 3 Tagen Haft, den Militärpfhchtersatz von Fr. 24 für 1931 betreffend.

Foretti ersucht um Erlass der Haftstrafe. Die verspätet erfolgte Tilgung der Eückstände sei auf die andauernde Krisis zurückzuführen.

Mit der Eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir, die Haftstrafe von 3 Tagen bedingt zu erlassen, unter Auferlegung einer Probezeit von zwei Jahren, und heben als Bedingungen besonders hervor, dass Foretti während der Probezeit kein vorsätzliches Vergehen verübe, nicht neuerdings die rechtzeitige Entrichtung des Militärpflichtersatzes schuldhaft unterlasse und namentlich die Abgabe von Fr. 12 für 1938 innert Monatsfrist nach Eröffnung des Begnadigungsentscheides entrichte. Für Einzelheiten verweisen wir auf den Bericht der Steuerverwaltung.

181. Attilio Gianini, verurteilt am 23. September 1931 vom Prätor von Lugano-Landschaft zu 5 Tagen Haft, die Militärpflichtersatzabgaben von Fr. 72 für 1926--1929 betreffend.

Gianini ersucht im April 1932 um Erlass der Haftstrafe, da er die (bereinigten) Tessiner Bückstände beglichen habe, was zutrifft, und er nach längerem Unterbruch wieder arbeiten könne.

769 Mit den Behörden des Kantons Tessin, welche die Begnadigung befürworteten, fand bis vor kurzem ein wiederholter Schriftenwechsel statt, wobei sich einerseits ergab, dass sowohl das Taxations- wie das Strafverfahren zum Teil fehlerhaft waren, anderseits, dass Gianini dem Kanton Zürich für 1929 noch immer Fr. 30 schuldete. Die Eidgenössische S teuer ver waltung beantragt, namentlich auf Grund der letztgenannten Tatsache, mit Bericht vom Mai 1988 Abweisung.

"Wir beantragen heute den Erlass der Haftstrafe, unter der Bedingung, dass Gianini innert Monatsfrist nach Eröffnung des Begnadigungsentscheides die nach einer ersten Anzahlung noch geschuldeten Fr. 25 entrichtet, was er versprochen hat. Die Langmut, mit der die Angelegenheit von den Behörden behandelt wird, und unser Antrag erklären sich dadurch, dass Gianini an sich militärdienstpflichtig ist und.in den letzten Jahren, sowie auch 1933, den Wiederholungskurs ordnungsgemäss bestanden hat. Es widerstrebt uns, den Dienstpflichtigen für diese zurückliegende Angelegenheit eine fünftägige Haftstrafe verbüssen zu lassen, da er heute, nach lange störrischem Verhalten, gewillt ist, auch die in Zürich geschuldete Abgabe zu zahlen. Sollte er der Zahlungsbedingung wider Erwarten nicht nachkommen, so wäre dann allerdings der sofortige Strafvollzug geboten.

182. Joseph Richard, 1890, Landwirt, Ffegiecourt (Bern).

(Motorfahrzeug- und Fahrrad ver kehr.)

182. Joseph Eichard ist am 29. August 1933 vom Gerichtspräsidenten von Saignelégier gemäss Art. 36, Abs. l und 2, und Art. 60, Abs. l, des Bundesgesetzes über den Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr vom 15. März 1932 zu Fr. 120 Busse verurteilt worden.

Bichard hat an einem Augustnachmittag in den Freibergen mit seinem Automobil eine Stute angefahren, worauf er seinen Wagen in Ordnung brachte und, ohne sich um den Vorfall zu kümmern, weiterfuhr.

Bichard ersucht um ganzen oder doch teilweisen Bussenerlass, wozu er sich namentlich mit dem Vorfall und seiner Würdigung im Strafmandat befasst.

Der Gemeinderat Fregiécourt stellt Bichard ein gutes Leumundszeugnis aus. Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes äussert sich in längerer Vernehmlassung, um darzutun, dass günstigstenfalls eine Teilbegnadigung angängig wäre.

Mit der Pohzeidirektion des Kantons Bern und der Polizeiabteilung des Eidgenössischen Justiz-
und Polizeidepartementcs beantragen wir Abweisung.

Auf Tat- und Subsumtionsfragen treten wir nicht ein; denn. Bichard hätte gegen das Strafmandat Einsprache erheben können. Eine Zuwiderhandlung gegen das Motorfahrzeuggesetz liegt jedenfalls vor, ferner wird im Bericht des Begierungsstatthalters die Notwendigkeit einer fühlbaren Ahndung einschlägiger Fälle näher begründet.

Buüdesblatt. 85. Jahrg. Bd. II.

Öl

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Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 24. November 19S8.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Schulthess.

Der Bundeskanzler: Kaeslin.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

II. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Dezembersession 1933). (Vom 24. November 1933.)

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1933

Année Anno Band

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Volume Volume Heft

49

Cahier Numero Geschäftsnummer

3029

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

29.11.1933

Date Data Seite

760-770

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