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Bundesversammlung.

Im S t ä n d e r a t eröffnete der Präsident, Herr Laely, die Sitzung vom 4. Oktober 1933 mit folgender Ansprache : Meine Herren!

A

Nationalrat Jakob Müller wurde am 29. September auf der Heimfahrt von der ersten Sitzungswoche der Bundesversammlung von einer Herzlähmung betroffen, vom Sterben ereilt. Da, wo er sein Ende am wenigsten erwartet, in einem Augenblick, wo er sich voraus des Wiedersehens mit seiner Familie glaubte freuen zu dürfen, angesichts des ersehnten Ruheplatzes nach dem aufregenden parlamentarischen Getriebe der jüngsten , Tage, ist ihm der Tod mit dem unerbittlichen ,,Bis hierher" entgegen1 getreten.

Hier ist die nordische Sage wieder Ereignis geworden, die Sage von dem vielbeschäftigten Manne, der noch nicht sterben wollte, weil ihm noch so viel zu tun übrig blieb. Und da ihm das Horoskop seines Sterbens auf Tag und Stunde gestellt war, so besohloss er, dem Tode zu entrinnen und sich an sicherm, nur ihm allein vertrautem Ort dem vorausgesagten Verhängnis zu entziehen. Ihm war ein Felsenriff mitten im Meere bekannt, zu dem er allein den Zutritt wusste, wo ihn niemand suchen, niemand finden konnte. Mit seinem besten Boote fuhr er hinaus. Doch als er, im Gefühle der Sicherheit, den Strand berührte um auszusteigon, trat ihm in der Dämmerung des Abends ein Unbekannter entgegen mit den Worten: Ich habe dich erwartet, du bist mein.

Auch unserm Kollegen Jakob Müller war das Horoskop gestellt.

Langwierige Krankheit hatte ihn ans Schmerzenslager gefesselt, an seiner Genesung wurde gezweifelt. Aber er wollte noch nicht sterben, denn er, der Vielbeschäftigte, hatte noch so viel zu tun. Mit unbeugsamem Willen vermochte er augenscheinlich das Geschick zu meistern. Im Frühjahr dieses Jahres konnte er aeine Amtstätigkeit, die er jahrelang zu unterbrechen gezwungen gewesen, völlig wiederhergestellt, mit frischen Kräften wieder aufnehmen. Er hatte den sichern Port der Gesundheit erreicht, er wollte schaffen. Da trat ihm, wie dem Manne im Norden, unverhofft und unerwartet jener Unbekannte entgegen, dessen Gebot jeden Widerspruch ausschliesst : Ich habe dich erwartet, du bist mein.

Ich nannte den Verblichenen einen Vielbeschäftigten. Schon der kurze Lebensabriss im Jahrbuch der eidgenössischen Räte veranlasste mich dazu.

Mit 20 Jahren hatte er das Lehrerseminar in Hitzkirch absolviert und begann die Ausübung des Lehrerberufes in der heimatlichen Volksschule.

Bald jedoch bot sich ihm Gelegenheit, die Stelle eines Gemeindeschreibers

4«9 in Romoos zu übernehmen, ein arbeitsreicher Posten, den er vom Jahre 1890 bis 1923, also 33 Jahre lang versah. Das Zutrauen, das er sich dabei zu erwerben vermochte, kommt wohl am besten zum Ausdruck m der Wahl zum Mitglied des Gemeinderates ini Jahr 1900 ,und zum Gemeindeammann im Jahr 1915. Dem luzeruischon Grossen Rat hat Jakob Müller seit dem Jahr 1909, also auch beinahe ein Vierteljahrhundert, angehört. Zwanzig Jahre lang, von 1901 bis 1921, hat er, den die pädagogische Bildung dazu eignete, das Schulinspektorat im Bezirk Entlebuch und Schüpfheim ausgeübt.

Im Jahre 1928 trat Herr Nationalrat Balmer vom Nationalrat zurück und das Luzerner Volk wählte auf Vorschlag der konservativ-katholischen Partei an dessen Stelle den Gemeindeammann von Romoos, den eben verblichenen Jakob Müller, der der Bundesversammlung somit 5 Jahre angehört hat.

Nationalrat Müller-Romoos trat im Bundesparlament nicht hervor, er gehörte nicht zu den Lauten. Er war -- auch nach dem Urteil seiner Parteifreunde -- keine Führernatur, kein Mann gestaltender, vorwärtsdrängender Initiative. Aber er war ein Mann der einwandfreien Durchführung und Erhaltung der bestehenden nationalen, kantonalen und kommunalen Ordnung, er war die nie versagende Kraft, die aus allem das Zweckmassige, das Beste für seine Heimatgemeinde und ihre Bevölkerung herauszuarbeiten und nach ihren Verhältnissen zu gestalten wusstè.

Man hat mir in verdankenswerter Weise Einsicht gewährt in ein Verzeichnis der Werke, die er im Dienste der Volkswirtschaft seiner engern Heimat angeregt und durchgeführt hat Und da ist zu bemerken, dass es sich keineswegs um Kleinarbeit allein gehandelt hat, sondern um eigentliche Errungenschaften in bäuerlichen Verhältnissen auf Grund einer klaren Erkenntnis dessen, was die Arbeit auf harter Seholle zu erleichtern und erfolgreicher zu machen vermag.

33 Jahre Gemeindeschreiber, 15 Jahre Gemeindeammann, 20 Jahre Schulinspektor, jedes für sich bedeutet schon ein anerkennenswertes Mass von Arbeit und Verantwortung, alles zusammen eine Summe, die nur derjenige leisten kann, der in den Verhältnissen von Jugend an verwurzelt, in die er mit seiner Lebensarbeit eigentlich hineingewachsen ist.

Und seine Mitbürger waren nicht undankbar. Sie haben ihrem unermüdlichen Berater und Ordner den verdienten Dank abgestattet, indem sie ihn
zum Nationalrat wählten, obwohl er schon dem 60. AHersjahr nahe war und auf diese Ehrung leicht verzichtet hätte.

An seinem Grabe, das sich gestern in Romoos aber Nationalrat Jakob Müller geschlossen hat, wollte die ganze Bevölkerung nochmals ihrem Vertrauen, ihrer Liebe zum Verblichenen und ihrer tiefen Trauer über den erlittenen Verlust Ausdruck verleihen.

Bundeablatt. 84. Jahrg. Bd. II.

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Wir, seine Freunde und Kollegen, schliessen uns dieser Kundgebung an und erweisen ihm, indem wir seiner Gemeinde und der Hinterbliebenen Trauerfamilie die Versicherung unserer aufrichten Teilnahme entbieten, die letzte parlamentarische Ehrung.

Die Ansprache des Präsidentea des N a t i o n a l r a t e s , Herrn Dr.

Dollfus, ist in der französischen Ausgabe des Bundesblattes (1933, II, 486) veröffentlicht worden.

Aus den Verhandlungen des Bundesrates.

(Vom 29. September 1933.} Das Post- und Eisenbahndepartement wird ermächtigt, unter den bisherigen Bedingungen den Rest des durch Bundesbeschluss vom 22. Juni 1933 (Nachtragskredite für das Jahr 1933, I. Folge) bewilligten ausserordentlichen Kredites von Fr. l Million als Beitrag an die schweizerischen Transportanstalten zur Ermöglichung einer Fahrpreisermässigung zur Belebung des Fremdenverkehrs im Winter 1933/34 zu verwenden.

(Vom 2. Oktober 1933.)

Als Delegierte des Bundesrates an dem in Madrid vom 25.--80. Oktober 1933 stattfindenden internationalen Kongress für die wissenschaftliche und soziale Bekämptung des Krebses werden bezeichnet die Herren Dr. Stiner, Adjunkt des eidgenössischen Gesundheitsamtes in Bern, und Prof. Dr. Bosselet, in Lausanne, Präsident der schweizerischen Vereinigung furKrebsbokämpfung.

(Vom 3. Oktober 1933.)

Laut einer Mitteilung der argentinischen Gesandtschaft in Bern ist Herr Carlos Villademoros, Berufsgcncralkonsul in Genf, nach Argentinien zurückgekehrt; Herr Ernesto Heer, Kanzler der Gesandtschaft in Bern, ist vorübergehend mit der Erledigung der Geschäfte des Konsularpostens von Genf betraut Borden.

(Vom 6. Oktober 1933.)

Es werden folgende Bundesbeiträge bewilligt: 1. Dem Kanton Bern an die zu Fr. 90,000 veranschlagten Kosten der Ausführung von Ufersicherungen am Bielersee, in den Gemeinden, Sutz-Lattrigen und Ipsach, 30 %, im Maximum Fr. 27,000.

2. Dem Kanton Obwalden an die zu Fr. 96,000 veranschlagten Kosten der Korrektion des Rufibaches, in der Gemeinde Kerns, 30 %, im Maximum Fr. 28,800.

491 8. Dem Kanton Freiburg an die zu Fr. 77,000 veranschlagten Kosten der Ausführung der Melioration Perrettenmoos Neu- und Hornmatten, Brand und Erli, in den Gemeinden Galmiz, Hurten und Eied, 20 %, im Maximum Fr. 15,400.

4. Dem Kanton Solothurn an die zu Fr. 67,900 veranschlagten Kosten der Ausführung einer "Waldstrasse Gansbrunnen-Binz-Schwelli (II. Teil) des Staates Solothurn, 30 %, im Maximum Fr. 20,250.

5. Dom Kanton Graubunden: a. an die zu Fr. 32,000 veranschlagten Kosten der Erstellung einer Stallbaute auf der Alp «Sura», in der Gemeinde Flims, 25 %, im Maximum Fr. 8000; b. an die zu Fr. 15,400 veranschlagten Kosten der Anlage einer Trinkwasserversorgung für den Weiler «Scarl», in der Gemeinde Schuls, Bezirk Inn, 30 %, im Maximum Fr. 4620; c. an die zu Fr. 6000 veranschlagten Kosten der Anlage einer Wasserversorgung auf dem Neustafel dor Alp «Pescia bassa», in der Gemeinde Brusio, Bezirk Bernina, 80 %, im Maximum Fr. 1800; d. an die zu Fr. 13,400 veranschlagten Kosten der Erstellung einer Stallund Hüttenbaute auf der Alp Albertuscio in der Gemeinde Poschiavo, Bezirk Bernina 30%, im Maximum Fr. 4020; e. an die zu Fr. 10,000 veranschlagten Kosten der Anlage einer Wasserversorgung auf den Alpen Albertuscio und <
6. Dem Kanton Aargau an die zu Fr. 98,000 veranschlagten Kosten der Innenrestaurierung der Stiftskirche Muri, 20 %, im Maximum Fr. 19,600.

7. Dem Kanton Thurgau an die zu Fr. 140,000 veranschlagten Koston der Korrektion des Fallentürlibaches, in der Gemeinde Arbon, 25 %, im Maximum Fr. 35,000.

8. Dem Kanton Wallis an die zu Fr. 65,000 veranschlagten Kosten der Erstellung eines Waldweges «Bannwald» (II. Teil), 85 %, im Maximum Fr. 22,750.

Die schweizerische Delegation für die am 15. Oktober 1933 in Bern beginnenden schweizerisch-deutschen Wirtschaftsverhandlungen wird wie folgt bestellt : Minister Stucki, Direktor der Handelsabteilung des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements, als Chef der Delegation; Oberzolldirektor Gassmann, in Bern; Professor Dr. Laur, in Brugg; Nationalrat Dr. Wetter, in Zürich; Nationalrat Schirmer, in St, Gallen.

(Vom 9. Oktober 1933.)

Das schweizerische Konsulat in Brisbane wird auf den 1. Januar 1934 aufgehoben und der Konsularbezirk dieses Konsulates dem schweizerischen

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Generalkonsulat in Sydney zugeteilt. Herr Henri Schaub wird, unter Verdankung der geleisteten Dienste, auf das gleiche Datum von seinem Amte als Honorarkonsul enthoben.

Die schweizerischen Generalkonsulate in Oslo und Sydney werden ab 1. Januar 1934 der Leitung von Berufskonsularbeamten unterstellt.

Infolgedessen werden die Herren Honorargeneralkonsul Henri Tschudi, von Schwanden (Glarus), und Eugen Bloch, von Oberendingen (Aargau), auf das gleiche Datum, unter Verdankung der geleisteten Dienste, aus ihrem Amte entlassen. An ihre Stelle werden gewählt die Herren Jean Decroux, von Bulle, Konsulrattaché als Verweser des schweizerischen Generalkonsulates in Oslo, und Hans Hedinger, von Wildlingen (Schaffhausen), Berufsvizekonsul, als Verweser des schweizerischen Generalkonsulates in Sydney.

Als Vertreter der Schweiz an dem in Kairo am 1. Februar 1934 beginnenden Weltpostkongress werden bezeichnet die Herren Dr. Reinhold Furrer, Generaldirektor der Post- und Telegraphenverwaltung, Dr. Jakob Buser, Abteilungschef bei der Generaldirektion der Post- und Telegraphenverwaltung, und Louis Roulet, Inspektor bei der nämlichen Direktion,

Bekanntmachungen von Departementen und andern Verwaltungsstellen des Bundes.

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Änderungen im

Bestände der Auswanderungsagenturen und ihrer Unteragenten während des III, Quartals 1933.

A l s U n t e r a g e n t e n sind a n g e s t e l l t w o r d e n : Fön der Agentur Dansas & Cie. m Basel: Rudolf Henri Eggli in Arosa.

Ton der Agentur H, Attenberger in Zürich : Hans Renfer in Grenchen.

Von der Agentur Zurilchenbart in Basel: Walter Baier in Basel.

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11.10.1933

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