18.077 Botschaft zur zweiten Etappe der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes vom 31. Oktober 2018

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zu einer Änderung des Raumplanungsgesetzes.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2008

M

07.3280

Für eine Agglomerationspolitik des Bundes (N 5.10.07, Kommission für Wirtschaft und Abgaben NR; S 22.9.08)

2010

P

10.3483

Umnutzung von landwirtschaftlichen Bauten (N 1.10.10, Hassler)

2011

M

10.3086

Raumplanungsgesetz im Dienste einer produzierenden Landwirtschaft (N 18.6.10, Zemp; S 1.6.11)

2011

P

11.3081

Verbesserung der raumplanerischen Rahmenbedingungen für den Agrotourismus (S 1.6.11, Imoberdorf)

2016

M

15.4087

Anpassung der raumplanungsrechtlichen Anforderungen für Hotelbauten ausserhalb der Bauzonen (S 9.3.16, Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie SR; N 12.9.16 )

2016

P

16.3008

Baubewilligungsverfahren für Mobilfunkantennen (N 16.6.16, Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen NR)

2017

M

16.3622

Hobbymässige Kleintierhaltung (S 19.9.16, Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie SR, N 2.3.17 )

2017-2479

7443

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

31. Oktober 2018

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

7444

Übersicht Mit der zweiten Etappe der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes sollen insbesondere die Bestimmungen über das Bauen ausserhalb der Bauzonen aus einer Gesamtsicht weiterentwickelt werden, damit sie ihre Funktion, eine zweckmässige und haushälterische Nutzung des Bodens zu fördern und sicherzustellen, optimal erfüllen können. Den Kantonen soll beim Bauen ausserhalb der Bauzonen ein grösserer Gestaltungsspielraum eingeräumt werden, ohne dass das grundlegende Prinzip der Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet tangiert wird.

Ausgangslage In einem vielfältigen und teilweise sehr dicht besiedelten Land wie der Schweiz ist weiterhin mit zunehmenden und komplexeren räumlichen Nutzungskonflikten zu rechnen, die hohe Anforderungen an die Raumplanung stellen. Zudem dauert der Verlust an Kulturland an, wozu neben dem Siedlungs- und Verkehrsflächenwachstum auch Flächenverluste durch landwirtschaftliche Bauten und Anlagen beitragen.

Ausserdem umfasst der Gebäudebestand ausserhalb der Bauzonen schweizweit rund 590 000 Gebäude, davon rund 190 000 mit Wohnnutzung. Ein grosser Teil davon ist landwirtschaftlich genutzt. Infolge des Strukturwandels in der Landwirtschaft dürfte jedoch in Zukunft die landwirtschaftliche Nutzung zahlreicher Gebäude aufgegeben werden. Die Frage, wie mit diesen Bauten umgegangen wird, ist von erheblicher Relevanz für Raum, Umwelt und Landschaft. Vor diesem Hintergrund ist insbesondere eine Überprüfung der bestehenden Bestimmungen über das Bauen ausserhalb der Bauzonen angezeigt. Weiter machen insbesondere die Kantone geltend, mit einer uniformen Regelung des Bauens ausserhalb der Bauzonen könne spezifischen kantonalen und regionalen Bedürfnissen nicht genügend Rechnung getragen werden; es seien daher grössere Gestaltungsspielräume nötig.

Weiter steht die Raumplanung vor der Herausforderung, ihren bisher weitgehend kantonal abgegrenzten Analyse- und Handlungsraum auszudehnen, um grenzüberschreitenden Verflechtungen in sogenannten funktionalen Räumen besser Rechnung tragen zu können. Sie muss sich aber auch vermehrt mit dem Untergrund befassen, der für die Energiegewinnung bedeutend geworden ist und auch immer mehr Infrastrukturen aufnehmen muss.

Inhalt der Vorlage Mit dem Planungs- und Kompensationsansatz (Art. 8c in Verbindung mit Art. 18a bzw. Art. 8d in Verbindung mit
Art. 24g) wird das Ziel verfolgt, den Kantonen beim Bauen ausserhalb der Bauzonen mehr Gestaltungsspielraum zu geben, damit sie besser auf spezifische kantonale oder regionale Bedürfnisse eingehen können. Mit diesem Ansatz sollen räumliche Probleme massgeschneidert dort gelöst werden, wo sie sich stellen, ohne dass schweizweit geltende neue Ausnahmetatbestände geschaffen werden müssen. Um sicherzustellen, dass das grundlegende Prinzip der Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet gewahrt bleibt, müssen die zugelassenen Nutzungen mit Kompensations- und Aufwertungsmassnahmen verknüpft werden, die

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auf eine Verbesserung der Gesamtsituation im betreffenden Gebiet hinzielen. Zentrales Instrument für die Konkretisierung des Planungs- und Kompensationsansatzes und für die Bestimmung der Eckwerte der Kompensation ist der kantonale Richtplan, der durch den Bund genehmigt werden muss. In der Baubewilligung für die zugelassene Mehrnutzung muss sichergestellt werden, dass die erforderliche Kompensation auch tatsächlich vorgenommen wird.

Ebenfalls auf das Bauen ausserhalb der Bauzonen bezieht sich die folgende Neuerung: Baubewilligungen für neue Bauten und Anlagen sollen hier grundsätzlich mit einer Beseitigungspflicht verknüpft werden. Die Bewilligungen sollen nicht mehr «für die Ewigkeit», sondern nur noch für einen bestimmten Zweck erteilt werden.

Fällt dieser Zweck dahin und können die Bauten und Anlagen keiner neuen zonenkonformen oder standortgebundenen Nutzung zugeführt werden, so müssen sie entfernt werden (Art. 23d). Mit dieser Bestimmung wird das Ziel verfolgt, den Gebäudebestand ausserhalb der Bauzonen zu stabilisieren und damit einen Beitrag zum Schutz des Kulturlandes zu leisten.

Artikel 24bis Absatz 1 bringt eine grundlegende Neuerung bei den Ausnahmetatbeständen des Bauens ausserhalb der Bauzonen (Art. 24a­24g). Diese sollen nicht mehr schweizweit uniform zur Anwendung kommen, sondern den Kantonen sollen auch hier Gestaltungsmöglichkeiten gegeben werden. Sie sollen entscheiden können, ob und, wenn ja, welche Tatbestände in welchem Umfang und in welchem Gebiet anwendbar sind und welche nicht. Der äussere Rahmen der einzelnen Tatbestände bleibt dabei bundesrechtlich fixiert.

Die Bestimmungen über das Bauen ausserhalb der Bauzonen werden systematisch neu geordnet und neu in einem eigenen Kapitel zusammengefasst. Übersichtlichkeit und Verständlichkeit der Regelungen werden damit verbessert, was sich auch positiv auf den Vollzug auswirken dürfte.

Weiter wird mit Präzisierungen zu der in Artikel 2 RPG umschriebenen Planungspflicht den Anliegen nach einer Förderung der Planung in funktionalen Räumen und nach einer Stärkung der raumplanerischen Interessenabwägung Rechnung getragen. Mit dem neuen Planungsgrundsatz zur Raumplanung im Untergrund (Art. 3 Abs. 5) wird diese Planungsaufgabe nun ausdrücklich im Gesetz erwähnt.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1

Ausgangslage 1.1 Handlungsbedarf und Ziele 1.2 Handlungsmöglichkeiten, geprüfte Alternativen, gewählte Lösung 1.3 Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrats 1.3.1 Verhältnis zur Legislaturplanung 1.3.2 Verhältnis zu Strategien des Bundesrats 1.4 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

7448 7448 7450

2

Vorverfahren, insb. Vernehmlassungsverfahren

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3

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

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4

Grundzüge der Vorlage 4.1 Die beantragte Neuregelung 4.1.1 Bauen ausserhalb der Bauzonen 4.1.2 Raumplanung in funktionalen Räumen 4.1.3 Raumplanung im Untergrund 4.1.4 Raumplanerische Interessenabwägung 4.2 Umsetzungsfragen

7458 7458 7458 7461 7461 7461 7461

5

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln 5.1 Bundesgesetz über die Raumplanung (RPG) 5.2 Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB)

7461 7461 7492

6

Auswirkungen 6.1 Vorbemerkung 6.2 Auswirkungen auf den Bund 6.3 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 6.4 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 6.5 Auswirkungen auf die Gesellschaft 6.6 Auswirkungen auf die Umwelt

7493 7493 7493

Rechtliche Aspekte 7.1 Verfassungsmässigkeit 7.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 7.3 Unterstellung unter die Ausgabenbremse

7496 7496 7497 7498

7

Bundesgesetz über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) (Entwurf)

7452 7452 7452 7453

7494 7495 7495 7496

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

Die zweite Etappe der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes stellt ein Element eines umfassenden Reformprozesses der Raumplanungsgesetzgebung dar. Dieser hat das Ziel, das Instrumentarium der Raumplanung zu stärken und zu modernisieren, damit sie ihre Aufgabe, eine zweckmässige und haushälterische Nutzung des Bodens zu fördern und sicherzustellen, optimal erfüllen kann. Die Raumplanungsgesetzgebung soll deshalb rechtzeitig und aus einer Gesamtsicht weiterentwickelt werden.

Erfolgen Anpassungen nur aufgrund von punktuellen aktuellen Anlässen, haftet ihnen etwas Zufälliges an. Damit kann die Kohärenz des Gesetzes gefährdet werden.

Zentrale Themen der ersten Etappe der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes, das heisst der Änderung vom 15. Juni 2012, die seit dem 1. Mai 2014 in Kraft ist, sind die Förderung der Siedlungsentwicklung nach innen und die Reduktion überdimensionierter Bauzonen. Die entsprechenden Anpassungen der kantonalen Richtpläne sind bereits weitgehend erfolgt, während die vollständige Umsetzung auf der Stufe der Nutzungsplanungen noch eine längere Zeitspanne benötigen wird. Bei dieser Gesetzesrevision handelte es sich um einen indirekten Gegenvorschlag zur Eidgenössischen Volksinitiative «Raum für Mensch und Natur (Landschaftsinitiative)»1.

Der Bundesrat wies in der entsprechenden Botschaft darauf hin, dass über den Bereich der Siedlungsentwicklung hinaus ein zusätzlicher gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht, insbesondere beim Bauen ausserhalb der Bauzonen. Dieser solle jedoch erst in einer späteren Revisionsetappe angegangen werden.2 Fokussiert man auf einige zentrale räumliche Entwicklungstrends, die mittel- bis langfristig die zweckmässige und haushälterische Bodennutzung in der Schweiz beeinträchtigen oder sogar gefährden können, lassen sich die folgenden Herausforderungen erkennen:

1 2

­

Der Verlust an Kulturland dauert an. Ursachen sind neben dem Siedlungsund Verkehrsflächenwachstum auch Flächenverluste durch landwirtschaftliche Bauten und Anlagen. Zudem wächst der Wald im Berggebiet auf Flächen ein, die von der Landwirtschaft aufgegeben worden sind.

­

Der Gebäudebestand ausserhalb der Bauzonen umfasst schweizweit rund 590 000 Gebäude. Davon enthalten rund 190 000 Gebäude Wohnungen, wobei bei dieser Zahl nicht zwischen Erst- und Zweitwohnungen unterschieden wird. Ein grosser Teil der Gebäude ausserhalb der Bauzonen ist landwirtschaftlich genutzt, infolge des Strukturwandels in der Landwirtschaft wird indes die landwirtschaftliche Nutzung zahlreicher Gebäude aufgegeben. Es stellt sich die Frage, wie mit diesen Bauten umgegangen werden soll.

Vgl. BBl 2007 4965 Vgl. BBl 2010 1049, hier 1061 f.

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­

5,5 Prozent der Wohnbevölkerung wohnen ausserhalb der Bauzonen, 4,5 Prozent der Beschäftigten arbeiten ausserhalb der Bauzonen. Die Anteile sind regional sehr unterschiedlich. Es ist ungewiss, wie sich diese Anteile in Zukunft verändern werden.

­

Der Druck auf das Nichtbaugebiet nimmt auch als Folge einer strengeren Begrenzung des Siedlungsgebiets zu. Mit Nutzungen, für die es schwierig ist, im Baugebiet einen geeigneten Strandort zu finden, wird vermehrt versucht, ins Nichtbaugebiet auszuweichen. Dies kann Zersiedelungstendenzen fördern.

­

In einem vielfältigen und teilweise sehr dicht besiedelten Land wie der Schweiz ist weiterhin mit zunehmenden und komplexeren räumlichen Nutzungskonflikten zu rechnen, welche hohe Anforderungen an die raumplanerische Interessenabwägung stellen.

Ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf ergibt sich zudem aus bestimmten Schwächen und Mängeln der geltenden Regelung. So sind die Vorschriften über das Bauen ausserhalb der Bauzonen infolge verschiedener, zum Teil punktueller Teilrevisionen unübersichtlich und komplex geworden. Dies ist einem einheitlichen, einfachen und konsequenten Vollzug abträglich. Gleichzeitig machen insbesondere die Kantone geltend, mit einer uniformen Regelung des Bauens ausserhalb der Bauzonen könne spezifischen kantonalen und regionalen Bedürfnissen nicht genügend Rechnung getragen werden. Die Raumplanung steht zudem vor der Herausforderung, ihren bisher weitgehend kantonal abgegrenzten Analyse- und Handlungsraum auszudehnen, um grenzüberschreitenden Verflechtungen in sogenannten funktionalen Räumen besser Rechnung tragen zu können. Sie muss sich aber auch vermehrt mit dem Untergrund befassen, der für die Energiegewinnung bedeutend geworden ist und auch immer mehr Infrastrukturen aufnehmen muss.

Kompetenzrechtliche Grundlage des Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni 1979 (RPG)3 wie auch der Vorlage zur zweiten Etappe der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes ist Artikel 75 Absatz 1 BV4, der den Bund beauftragt, Grundsätze der Raumplanung festzulegen. Bei diesem Kompetenztyp, einer sogenannten Grundsatzgesetzgebungskompetenz, handelt es sich um ein flexibles, dynamisches System.

Dieses umfasst drei aufeinander bezogene Komponenten: erstens die (statische) Zielumschreibung in der Verfassung (zweckmässige und haushälterische Nutzung des Bodens sowie geordnete Besiedlung des Landes), zweitens das sich daraus ergebende Regelungsbedürfnis, das sich im Lauf der Zeit ändern kann und insofern dynamisch ist, und drittens die auf diese beiden Elemente bezogene Regelungsbefugnis des Bundesgesetzgebers, die ­ ausgerichtet auf das Verfassungsziel ­ der Dynamik des Regelungsbedürfnisses folgt.5 Der Bundesgesetzgeber darf bzw. muss somit im Sachbereich der Raumplanung alles regeln, was aus seiner Sicht zur Erreichung des Verfassungsziels geeignet und erforderlich ist. Dies gilt einerseits für den 3 4 5

SR 700 SR 101 Siehe dazu auch im Folgenden: Alain Griffel, Die Grundsatzgesetzgebungskompetenz gemäss Art. 75 Abs. 1 BV: Tragweite und Grenzen, Rechtsgutachten zuhanden des Bundesamts für Raumentwicklung, Zürich 2017, S. 4 f., 30­38 (www.are.admin.ch > Medien & Publikationen > Publikationen > Raumplanungsrecht).

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Regelungsgegenstand, anderseits aber auch für die Regelungsdichte bzw. -tiefe sowie für die eingesetzten Instrumente. Mehr und anderes (also z. B. bloss Wünschbares) darf er jedoch ­ anders als bei einer umfassenden Rechtsetzungskompetenz ­ nicht regeln. Aus diesen Überlegungen ergibt sich, dass der Bund gehalten ist, seine Raumplanungsgesetzgebung weiterzuentwickeln, wenn wie oben dargestellt, Trends ersichtlich sind, die das Verfassungsziel der zweckmässigen und haushälterischen Nutzung des Bodens und der geordneten Besiedlung des Landes beeinträchtigen oder gefährden können. Er hat dabei zu begründen, weshalb eine neue Regelung als solche in Bezug auf die vorgesehene Regelungsintensität und in Bezug auf die gewählten Instrumente erforderlich ist, um die Ziele von Artikel 75 Absatz 1 BV zu erreichen (siehe dazu insbesondere Kap. 4).

1.2

Handlungsmöglichkeiten, geprüfte Alternativen, gewählte Lösung

Bestrebungen für eine umfassende Revision des Raumplanungsgesetzes führten bereits in den Jahren 2008/09 zur Erarbeitung eines Vorentwurfs für ein totalrevidiertes Raumplanungsgesetz. Hierzu wurde im Jahr 2009 ein Vernehmlassungsverfahren durchgeführt. In Würdigung der insgesamt sehr kritischen Rückmeldungen beschloss der Bundesrat am 21. Oktober 2009, von einer Totalrevision Abstand zu nehmen und das RPG stattdessen in zwei Etappen zu revidieren. Wie bereits ausgeführt sah er vor, die erste Etappe als indirekten Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative auszugestalten und sich daher thematisch auf das Siedlungsgebiet und die Bauzonendimensionierung zu beschränken. Die betreffende Gesetzesanpassung ist am 1. Mai 2014 in Kraft getreten.

Am 1. Juni 2012 hat der Bundesrat dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) den Auftrag erteilt, eine Vernehmlassungsvorlage für die zweite Etappe der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes zu erarbeiten, und dabei auch inhaltliche Eckwerte festgelegt. Gestützt auf verschiedene Vorarbeiten konnte das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) bereits im Juni 2012 einen ersten Vorentwurf mit einem begleitenden Leitungsgremium besprechen. In dieser breit abgestützten Steuerungsgruppe waren die Kantone mit Vertreterinnen und Vertretern der Bau-, Planungs- und Umweltdirektorenkonferenz (BPUK), der Landwirtschaftsdirektorenkonferenz (LDK) und der Kantonsplanerkonferenz (KPK), die Gemeinden und Städte (Schweizerischer Gemeindeverband [SGV], Schweizerischer Städteverband [SSV]), der Schweizerische Gewerbeverband (sgv), der Schweizer Bauernverband (SBV), die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Berggebiete (SAB), die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz (SL), Pro Natura, der Hauseigentümerverband Schweiz (HEV), der Rat für Raumordnung (ROR) sowie verschiedene Bundesämter vertreten. Die Weiterarbeit am Vorentwurf musste in der Folge indessen vorübergehend unterbrochen werden, weil der Erarbeitung der Ausführungserlasse zum Zweitwohnungsartikel (Art. 75b BV) sowie der Ausführungsbestimmungen zur Teilrevision des Raumplanungsgesetzes vom 15. Juni 2012 Priorität zukam.

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Im Herbst 2013 wurden die Arbeiten für die zweite Etappe der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes wieder aufgenommen. Im April 2014 wurde das begleitende Leitungsgremium einberufen und es wurde über den Stand der Arbeiten informiert.

Die im Leitungsgremium vertretenen Kreise hatten im Sommer 2014 Gelegenheit, im Rahmen einer Vorkonsultation zum Vorentwurf Stellung zu nehmen. Als Fazit ergab sich, dass ein Handlungsbedarf bei zentralen Themen der Vorlage wie der Verbesserung des Schutzes des Kulturlandes, der räumlichen Sicherung von Infrastrukturen in den Bereichen Verkehr und Energie und der Förderung der grenzüberschreitenden Planung anerkannt wurde. Insbesondere die Kantone machten aber geltend, es fehlten ihnen derzeit die nötigen Ressourcen, um sich vertieft mit dem Vorentwurf auseinandersetzen zu können, da sie von der Umsetzung der ersten Etappe der RPG-Teilrevision sehr stark beansprucht würden.

Der Vorentwurf wurde aufgrund der Rückmeldungen überarbeitet, und vom Dezember 2014 bis zum Mai 2015 führte das UVEK hierzu im Auftrag des Bundesrats ein Vernehmlassungsverfahren durch. Die Stellungnahmen sind überwiegend kritisch bis ablehnend ausgefallen.6 Ausser Basel-Stadt haben sämtliche Kantone, die FDP und die SVP sowie die fünf Dachverbände Economiesuisse, Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete, Schweizer Bauernverband, Schweizerischer Gewerbeverband und Schweizerischer Gemeindeverband die Vorlage abgelehnt. Insbesondere wurde kritisiert, für die vorgeschlagenen Änderungen bestehe kein ausgewiesener Bedarf, die Vorlage enthalte eine Fülle von Einzelanliegen, jedoch keine übergeordnete Strategie, sie sei zu detailliert, entspreche nicht dem Charakter des Raumplanungsgesetzes als Rahmengesetz und messe den Anliegen der Wirtschaft zu wenig Gewicht bei.

Der Bundesrat hat am 4. Dezember 2015 vom Vernehmlassungsergebnis Kenntnis genommen und beschlossen, die Gesetzesrevision auf wenige Kernthemen zu konzentrieren, bei denen der Revisionsbedarf klar ausgewiesen ist. Als solche identifizierte er die Bereiche Bauen ausserhalb der Bauzonen, Raumplanung in funktionalen Räumen, Raumplanung im Untergrund sowie die raumplanerische Interessenabwägung. Bei den Bestimmungen über das Bauen ausserhalb der Bauzonen verlangte er, dass die Optimierung und Vereinfachung der heutigen Regelung
im Vordergrund stehen soll. Dabei soll der Handlungsspielraum der für die Umsetzung des Raumplanungsgesetzes zuständigen Behörden erhalten bleiben, damit den unterschiedlichen regionalen Gegebenheiten bestmöglich Rechnung getragen werden kann. Der verfassungsrechtliche Grundsatz, Baugebiet und Nichtbaugebiet zu trennen, ist dabei strikt einzuhalten. Bezüglich der Förderung der Raumplanung in funktionalen Räumen und im Untergrund erachtete der Bundesrat es als angezeigt zu prüfen, ob auf Gesetzesstufe entsprechende Grundsätze festzulegen sind. Betreffend den Schutz der Fruchtfolgeflächen zog der Bundesrat aus dem Vernehmlassungsergebnis den Schluss, dass hier nicht gesetzliche, sondern planerische Anpassungen im Vordergrund stehen und die weiteren Arbeiten daher ausserhalb der Gesetzgebungsarbeiten voranzutreiben sind. Das UVEK hat daher in der Folge eine Expertengruppe mit dem Auftrag eingesetzt, Empfehlungen auszuarbeiten, wie der Sachplan Fruchtfol6

Siehe Ergebnisbericht zur Vernehmlassung Zweite Etappe der Revision des Raumplanungsgesetzes (RPG) vom Dezember 2014 bis zum Mai 2015, www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen.

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geflächen gestärkt und wie bei dessen Umsetzung mehr Flexibilität eingeräumt werden könnte. Der Bericht der Expertengruppe wurde am 30. Januar 2018 publiziert. Darauf aufbauend sind die Überarbeitungsarbeiten bundesintern inzwischen angelaufen. Der Bundesrat wird den revidierten Sachplan voraussichtlich Ende 2019 verabschieden können. Für Ende 2018 ist der Start der Anhörung geplant. Sollte sich im Rahmen der Überarbeitung des Sachplans FFF zeigen, dass es zusätzlich rechtlicher Anpassungen bedarf, würde der Bundesrat diese dem Parlament zu gegebener Zeit mit einer separaten Vorlage unterbreiten.

Der Bundesrat hat dem UVEK am 4. Dezember 2015 den Auftrag erteilt, die oben genannten Kernthemen der Gesetzesrevision unter Einbezug der betroffenen Stellen der Bundesverwaltung sowie der Kantone, Städte und Gemeinden zu vertiefen.

Auch sah er vor, dass weitere Kreise wie Fachverbände, Wirtschaftsverbände oder ideelle Organisationen phasenweise angehört werden sollten. Dieses Vorgehen war mit den Kantonen abgesprochen worden.

Themen, zu denen die Stellungnahmen im Vernehmlassungsverfahren sehr kontrovers ausfielen, wurden in der Folge nicht mehr weitergeführt. Dies trifft für detaillierende und ergänzende Bestimmungen zu den Planungszielen und -grundsätzen zu (mit Ausnahme des Planungsgrundsatzes zum Untergrund), für neue Mindestanforderungen an Richtplaninhalte sowie für die Bestimmungen über die langfristige Freihaltung von Räumen für Infrastrukturen von nationalem Interesse. Nachdem im Rahmen der Änderung vom 16. Dezember 20167 des Ausländergesetzes vom 16. Dezember 20058 mit Artikel 29a RPG die gesetzliche Grundlage für Beiträge an Projekte geschaffen wurde, die nachhaltig der Verbesserung der Wohnqualität und des gesellschaftlichen Zusammenhalts in Wohngebieten dienen, wurde zudem darauf verzichtet, im RPG eine Grundlage für zusätzliche Beiträge zu schaffen.

1.3

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrats

1.3.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 27. Januar 20169 zur Legislaturplanung 2015­2019 und im Bundesbeschluss vom 14. Juni 201610 über die Legislaturplanung 2015­2019 angekündigt.

1.3.2

Verhältnis zu Strategien des Bundesrats

Strategie Nachhaltige Entwicklung und Agenda 2030 Die Vorlage entspricht der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2016­2019 des Bundesrats. Sie trägt vor allem zur Erreichung der Ziele im Bereich des Handlungsfelds 7 8 9 10

AS 2017 6521 SR 142.20 BBl 2016 1105, hier 1173 und 1222 BBl 2016 5183, hier 5186

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zwei (Siedlungsentwicklung, Mobilität und Infrastruktur) bei. Die Ziele 2.1, 2.2 und 2.5 der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2016­2019 streben eine regionale Stärkung (funktionale Räume), die Eindämmung der Zersiedelung, den Schutz von Kulturland und Naturräumen vor weiteren Überbauungen sowie die weitestmögliche Erhaltung des baukulturellen Erbes an. Auch die Erreichung des Ziels 4.4 «Die Landschaft wird unter Wahrung ihres Charakters weiterentwickelt und gestaltet» wird von der Gesetzesvorlage unterstützt. Weiter trägt die Vorlage direkt und indirekt auch zur Erreichung des Nachhaltigkeitsziels (SDG) 15 (Schutz, Wiederherstellung und Förderung der Nutzung der Landökosysteme) der Agenda 2030 bei.

Raumkonzept Schweiz Die Vorlage stimmt mit den übergeordneten Zielen des Raumkonzepts Schweiz überein. Mit der neu vorgesehenen Bestimmung über die Förderung der Planung in funktionalen Räumen (Art. 2 Abs. 1bis) wird einem zentralen Anliegen des Raumkonzepts Rechnung getragen, wonach Bund, Kantone, Städte und Gemeinden über räumliche, sektorale und institutionelle Grenzen hinweg zusammenarbeiten, um den Raum Schweiz nachhaltig zu gestalten. Weiter leisten die Regeln zum Bauen ausserhalb der Bauzonen (Art. 23a ff.) und zur Interessenabwägung (Art. 2 Abs. 2bis) einen wesentlichen Beitrag, Siedlungen und Landschaften aufzuwerten, wie es die Strategie 2 des Raumkonzepts vorsieht. Der Planungsgrundsatz zur Raumplanung im Untergrund (Art. 3 Abs. 5) hilft, Verkehr, Energie und Raumentwicklung entsprechend der Strategie 3 des Raumkonzepts aufeinander abzustimmen.

1.4

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Der Bundesrat beantragt die Abschreibung der folgenden, noch hängigen parlamentarischen Vorstösse: Mit der Motion 07.3280 der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats «Für eine Agglomerationspolitik des Bundes» wurde der Bundesrat beauftragt, die wesentlichen Elemente der Agglomerationspolitik im Raumplanungsgesetz zu verankern. Dieser Auftrag wird damit erfüllt, dass die Planung in funktionalen Räumen, zu denen die Agglomerationen zu zählen sind, neu ausdrücklich in Artikel 2 Absatz 1bis als besonderer Teilaspekt der allgemeinen Planungspflicht hervorgehoben wird. Auf die Schaffung einer Grundlage für Projektbeiträge im RPG wird dagegen verzichtet, da bereits im Rahmen der Änderung des Ausländergesetzes vom 16. Dezember 2016 in Artikel 29a RPG eine Grundlage für Projektbeiträge geschaffen worden ist.

Mit der Motion 10.3086 Zemp «Raumplanungsgesetz im Dienste einer produzierenden Landwirtschaft» wurde der Bundesrat beauftragt, das Raumplanungsgesetz dahingehend anzupassen, dass es auch auf Artikel 104 BV abgestützt wird. Da der seit 2017 in Kraft stehende Artikel 104a BV zur Ernährungssicherheit die Berührungspunkte von Landwirtschaft und Raumplanung spezifischer anspricht als der Landwirtschaftsartikel (Art. 104 BV), soll neu jedoch jener Artikel im Ingress des RPG aufgeführt werden.

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Mit dem Postulat 10.3483 Hassler «Umnutzung von landwirtschaftlichen Bauten» wurde der Bundesrat beauftragt Möglichkeiten der Umnutzung nicht mehr benötigter landwirtschaftlicher Bauten ausserhalb der Bauzonen zu prüfen. Weiter wurde er mit Postulat 11.3081 Imoberdorf «Verbesserung der raumplanerischen Rahmenbedingungen für den Agrotourismus» ersucht, Vorschläge für eine entsprechende Gesetzesanpassung zugunsten des Agrotourismus zu unterbreiten. Mit dem Planungs- und Kompensationsansatz (Art. 8c i.V.m. Art. 18a bzw. Art. 8d i.V.m.

Art. 24g) werden gezielt und bedarfsgerecht Bau- und Nutzungsmöglichkeiten eröffnet, die nach geltendem Recht nicht zulässig sind. Die Anliegen der Postulate können damit weitgehend erfüllt werden. Dies trifft ebenfalls auf die Motion 15.4087 der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats «Anpassung der raumplanungsrechtlichen Anforderungen für Hotelbauten ausserhalb der Bauzonen» zu, mit welcher eine spezifische Anpassung des RPG zugunsten von Hotelbauten verlangt wurde.

Mit dem Postulat 16.3008 der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats «Baubewilligungsverfahren für Mobilfunkantennen» wurde der Bundesrat ersucht zu prüfen, wie das Baubewilligungsverfahren für Mobilfunkantennen vereinfacht werden kann. Ein wichtiger Schritt zur besseren Versorgung der Verkehrsnetze konnte mit dem neuen Artikel 18 Absatz 1bis des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 (EBG)11 erreicht werden, der die Grundlage dafür schafft, dass der Einbau von Mobilfunkanlagen in Eisenbahnanlagen künftig im Rahmen des Plangenehmigungsverfahrens nach EBG bewilligt werden kann. Damit ist ein Kernanliegen des Postulats erfüllt. Weitergehende Lockerungen wurden im Rahmen der Arbeiten zu dieser Vorlage geprüft. Sie wurden jedoch als mit der Stossrichtung der Revision nicht vereinbar und als materiell deutlich weniger gewichtig beurteilt.

Der Motion 16.3622 der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats «Hobbymässige Kleintierhaltung» wurde damit Rechnung getragen, dass der Bundesrat nach Artikel 24e Absatz 6 Satz 3 vorsehen kann, dass der hobbymässigen Tierhaltung dienende kleine Nebenbauten, die durch höhere Gewalt zerstört worden sind, wiederaufgebaut werden dürfen.

2

Vorverfahren, insb. Vernehmlassungsverfahren

Im Zuge der Vertiefungsarbeiten, zu welchen der Bundesrat dem UVEK am 4. Dezember 2015 den Auftrag erteilt hatte, sind insbesondere im Bereich der Bestimmungen über das Bauen ausserhalb der Bauzonen neue Elemente entwickelt worden. Diese lassen sich nicht unmittelbar aus Anträgen oder Anregungen aus dem vom Dezember 2014 bis zum Mai 2015 durchgeführten Vernehmlassungsverfahren zur zweiten Etappe der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes ableiten. Angesichts der Neuartigkeit und der Bedeutung insbesondere des sogenannten Planungs- und Kompensationsansatzes für das Bauen ausserhalb der Bauzonen beschloss der Bundesrat am 21. Juni 2017, hierzu bis am 31. August 2017 eine ergänzende Vernehmlassung durchzuführen.

11

SR 742.101

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Der Grundtenor der Stellungnahmen des ergänzenden Vernehmlassungsverfahrens vom Sommer 2017 war wiederum kritisch bis ablehnend.12 Viele Kantone anerkannten zwar gewisse Verbesserungen gegenüber der Vorlage des Vernehmlassungsverfahrens vom Dezember 2014 bis zum Mai 2015. Gleichwohl lehnten sie die Vorlage überwiegend ab oder stuften sie als nur bedingt den Erwartungen entsprechend ein.

Positiver waren die Rückmeldungen aus den Kantonen Zürich, Bern, Basel-Stadt und Aargau, welche die Stossrichtung der Vorlage begrüssten, jedoch insbesondere beim Planungs- und Kompensationsansatz noch einen erheblichen Überarbeitungsbedarf sahen. Die BPUK stufte die Vorlage als noch nicht reif für den politischen Prozess ein und verlangte eine Überarbeitung und Vertiefung des Planungs- und Kompensationsansatzes. Bei den Parteien und Dachverbänden überwogen kritische bis ablehnende Stellungnahmen: FDP und SVP, Bauernverband, Gewerbeverband, SAB und HEV lehnten die Vorlage ab. CVP und Gemeindeverband erachteten die Vorlage als politisch nicht erfolgversprechend. SP, Grüne und GLP lehnten die Vorlage wegen der vorgesehenen Ausgestaltung des Planungs- und Kompensationsansatzes ab. Auch Städteverband, Pro Natura und SL standen der Vorlage vor allem wegen des Planungs- und Kompensationsansatzes kritisch gegenüber. Positiver war die VLP (heute EspaceSuisse), die aber ebenfalls beim Planungs- und Kompensationsansatz Überarbeitungsbedarf sah. Auch das Bundesgericht reichte eine Stellungnahme ein. Es wies darauf hin, dass bei der vorgesehenen Ausgestaltung des Planungs- und Kompensationsansatzes Baubewilligungen für entsprechende zu kompensierende Nutzungen nur teilweise auf Bundesrecht beruhen. Eine kantonale Regelung könne vom Bundesgericht indessen nur vorfrageweise darauf überprüft werden, ob sie bundesrechtskonform sei. Weiter sei das Gericht bei der Überprüfung der Anwendung kantonalen Rechts auf eine Willkürkontrolle beschränkt. Fraglich sei ferner, ob gegen Verfügungen, die im Wesentlichen auf kantonalem Recht beruhen, die Verbandsbeschwerde nach Artikel 12 des Bundesgesetzes vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)13 offenstehe.

Im Rahmen der Weiterbearbeitung der Vorlage hat das ARE anfangs 2018 eine Arbeitsgruppe mit Vertreterinnen und Vertretern der Kantone Zürich, Bern, Freiburg, Appenzell-Innerrhoden,
St. Gallen, Wallis sowie des Generalsekretariats der BPUK eingesetzt. Die Arbeitsgruppe hatte den Auftrag, den Planungs- und Kompensationsansatz zu vertiefen und zu konkretisieren. Dabei kam den sogenannten Machbarkeitschecks eine besondere Bedeutung zu. Anhand einer groben Skizze, in der aufgezeigt wurde, in welche Richtung der Planungs- und Kompensationsansatz weiterentwickelt werden soll, haben die Kantone konkrete Beispiele «durchgespielt», um zu prüfen, ob der gewählte Ansatz vollziehbar ist und wie er optimiert werden müsste. Gestützt auf diese Erkenntnisse wurden die Gesetzesbestimmungen überarbeitet und präzisiert. Die Ergebnisse wurden mit dem Vorstand und der Generalsekretärin der BPUK, dem Generalsekretär der LDK, dem Bauernverband, dem Gewerbeverband, der Economiesuisse, dem Gemeinde- und dem Städteverband, dem HEV, dem Centre patronal, den Umweltverbänden Pro Natura und SL, der 12

13

Siehe Ergebnisbericht zur Vernehmlassung zu neuen Elementen der Zweiten Etappe der Revision des Raumplanungsgesetzes (RPG) vom Juni bis zum August 2017, www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen.

SR 451

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VLP, dem FSU sowie mit einer Vertretung des Bundesgerichts sowie alt Bundesrichter Heinz Aemisegger diskutiert. Die Ansprechpartner attestierten der Vorlage einen hohen Reifegrad. Gleichwohl stellten insbesondere die Wirtschaftsverbände die Notwendigkeit der Vorlage weiterhin in Frage, während bei den Umweltverbänden eine gewisse Skepsis gegenüber der mit dem Planungs- und Kompensationsansatz ermöglichten Flexibilität beim Bauen ausserhalb der Bauzonen bestehen blieb.

3

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

In den zur Diskussion stehenden Revisionsthemen (Bauen ausserhalb der Bauzonen, Raumplanung in funktionalen Räumen, Raumplanung im Untergrund) ist ein umfassender Rechtsvergleich aufgrund der sehr unterschiedlichen Regelungssysteme und -kompetenzen wie auch der differierenden Regelungsdichte in den einzelnen Ländern schwer vorzunehmen. Dennoch lassen sich gewisse typische Merkmale herausnehmen, die im Folgenden besonders hervorgehoben werden. Untersucht wurden die Regelungen in Deutschland (D), Frankreich (F), Italien (I), Österreich (A) und den Niederlanden (NL).

Im Bereich des Bauens ausserhalb der Bauzonen ist allen genannten Ländern gemeinsam, dass sie zum einen auf Stufe Gemeinde einen «Bebauungsplan» festlegen, in dem die verschiedenen Zonenarten ausgeschieden werden. Zum andern kennen sie besondere Regelungen für das Bauen in «Landwirtschaftsgebieten» / im «Aussenbereich» (D) resp. im «Freiland» (A). Diese Regelungen umfassen sowohl die zulässigen Neubauten als auch den Umgang mit bestehenden nichtlandwirtschaftlichen Bauten im Landwirtschaftsgebiet. Die Regelungen werden entweder auf nationaler Stufe (D/F) oder auf Stufe Land (A), Region (I) oder Gemeinde (NL) erlassen. Der Detaillierungsgrad der Regelungen ist sehr unterschiedlich. Das deutsche Baugesetz und die Baunutzungsverordnung, welche Rahmenvorschriften für den Erlass von Bebauungsplänen enthalten, sind sehr ausführlich und gelten bundesweit. Die Gemeinden sind angehalten, die darin vorgegebenen Rahmenbedingungen in ihren Bebauungsplänen umzusetzen. In den NL besteht keine landesweit einheitliche Regelung. Dort ist es Aufgabe der Gemeinden, entsprechende Vorschriften festzulegen. Allen untersuchten Ländern ist gemeinsam, dass in Landwirtschaftsgebieten hauptsächlich nur für landwirtschaftliche Zwecke gebaut werden kann. Die entsprechenden Bauvorschriften werden in F auf nationaler Stufe (sog.

«Code de l'urbanisme»), in D und in A auf Stufe Land (sog. «Bauordnungsrecht» resp. «Raumordnungs-/Raumplanungsgesetze»), in I auf verschiedenen Stufen (Region, Provinz, Gemeinde) und in den NL hauptsächlich auf Stufe Gemeinde (sog. «Bestimmingsplan») festgelegt. Entsprechend unterschiedlich ist die Regelungsdichte zur Zulässigkeit von Bauten und Anlagen in diesen «Landwirtschaftsgebieten» resp. im «Aussenbereich». In D fallen nebst dem
Gartenbau und der energetischen Nutzung von Biomasse auch Vorhaben darunter, welche der öffentlichen Versorgung mit Strom, Wasser usw. oder der Nutzung von Solarenergie dienen, sofern keine öffentlichen Belange beeinträchtigt werden und die Erschliessung gesichert ist. In F sind im Katalog der zulässigen Neubauten in der Landwirtschafts7456

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zone auch Stellplätze für Fahrende explizit erwähnt. In I entwickelt sich das Landwirtschaftsgebiet in gewissen Regionen immer mehr zu einer multifunktionellen Zone. Die Möglichkeiten dort zu bauen sind zwar sehr begrenzt, jedoch sind bestimmte Bauvorhaben auch für nicht rein landwirtschaftliche Zwecke (insb. Agrotourismus, Landmaschinenwerkstätten und Indooranlagen für die Fischzucht) erlaubt. In den NL lassen sich in der Gesetzgebung keine Regelungen über die Zulässigkeit neuer Bauten und Anlagen finden. Solche Regelungen werden auf Stufe Gemeinde getroffen. In A, ähnlich wie in I, wird die landwirtschaftliche Tätigkeit relativ breit gefasst, womit auch Bauten und Anlagen zulässig sind für die Jagd und Fischerei, aber auch zur Lagerung von Betriebsmitteln. Weiter sind beispielsweise im Tirol auch Bauten und Anlagen, die keinen Zusammenhang mit der Landwirtschaft aufweisen, zulässig wie Kinderspielplätze, Aussichtsplattformen, Kapellen, d.h. Anlagen, die vor allem dem Freizeit- und Erholungszweck des «Freilands» dienen.

In aller Regel sind in den Nachbarländern der Schweiz Zweckänderungen von bestehenden landwirtschaftlichen Bauten zulässig, sofern die landwirtschaftliche Bewirtschaftung (und weitere öffentliche Interessen) nicht beeinträchtigt wird.

Der Umgang mit bestehenden nichtlandwirtschaftlichen Bauten im Landwirtschaftsgebiet wird unterschiedlich streng gehandhabt. In mässigem Umfang dürfen solche Bauten umgenutzt und erweitert werden. Es finden sich entsprechende Regelungen in D und F auf nationaler, in A auf Landes- und in I auf regionaler Ebene; in NL finden sich diesbezüglich keine Informationen.

Bei einem Verstoss gegen die Umnutzungs- respektive Baubewilligung kennen I und D explizit Sanktionsmassnahmen.

Der Begriff des funktionalen Raumes (oder vergleichbar) scheint in den Nachbarländern und den NL nicht zu existieren. D kennt den Begriff «Verflechtungsbereich».

Dieser bezieht sich darauf, dass benachbarte Gemeinden ihre «Bauleitpläne» aufeinander abstimmen müssen. Vereinzelt sind auch regionale Programme zur gemeinsamen Raumplanung bekannt, jedoch ohne einheitliche Regelung. Ähnlich ist es in den Niederlanden, wo Gemeinden / Regionen ihre Nachbarsgemeinden resp.

-regionen bei der Erstellung von Plänen konsultieren können. In A gibt es auf Bundesebene eine Koordinationsplattform,
die sogenannte Österreichische Raumordnungskonferenz (ÖROK). Diese hat zum Ziel, raumplanerische Interessen der verschiedenen Ebenen (Bund, Länder, Städte, Gemeinden) aufeinander abzustimmen.

Auf der Stufe der Länder gibt es die sogenannte überörtliche Koordination, jedoch bezogen auf Wirtschaft, Kultur, Soziales oder Natur.

Bezogen auf die Raumplanung im Untergrund sind v.a. I und die NL Vorreiter.

Seit 1999 müssen in I Provinzhauptstädte, Gemeinden mit über 30 000 Einwohnerinnen und Einwohnern und Gemeinden mit besonderer touristischer Bedeutung einen allgemeinen Bebauungsplan für den Untergrund erstellen. In den NL wird der Untergrund in diverse Zonen eingeteilt und ist im Raumordnungsrecht eine feste Grösse. Das privatrechtliche Eigentum am Untergrund steht regelmässig dem Oberflächen-Eigentümer zu. In den NL und in D sind zivilrechtliche Duldungspflichten vorgesehen, wenn durch die Untergrundnutzung (der öffentlichen Hand) die Interessen der Grundeigentümerschaft nicht berührt werden. In D sind die Bundesländer für

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entsprechende Regelungen zuständig. F regelt abgeleitet vom «Code de l'urbanisme» die Nutzung des Untergrundes nur dann, wenn es sich dabei um Abbaugebiete oder sonstige spezifische ­ i.d.R. öffentliche ­ Nutzungen handelt. In diesem Fall ist der darüber gelagerte Zonenplan von der Nutzung des Untergrunds abhängig.

A kennt Regelungen zur Nutzung des «weniger tief gelegenen Untergrunds» teilweise in Baupolizei- und Baugesetzen (betrifft z. B. unterirdische Garagen).

4

Grundzüge der Vorlage

4.1

Die beantragte Neuregelung

4.1.1

Bauen ausserhalb der Bauzonen

Das Bauen ausserhalb der Bauzonen stellt den Kernbereich der Vorlage dar. Hier stehen die folgenden Neuerungen im Vordergrund:


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Mit dem Planungs- und Kompensationsansatz nach Artikel 8c in Verbindung mit Artikel 18a bzw. Artikel 8d in Verbindung mit Artikel 24g wird das Ziel verfolgt, den Kantonen beim Bauen ausserhalb der Bauzonen mehr Gestaltungsspielraum zu geben, damit sie besser auf spezifische kantonale oder regionale Bedürfnisse eingehen können. Räumliche Probleme sollen massgeschneidert dort gelöst werden, wo sie sich stellen. Allerdings ist dabei sicherzustellen, dass das grundlegende Prinzip der Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet gewahrt bleibt und mit dem Vorhaben öffentliche Interessen verfolgt werden. Der Planungs- und Kompensationsansatz weist daher zwei untrennbar zusammengehörende Elemente auf: Zum einen ermöglicht er es, in planerisch begründeten Fällen von den Bestimmungen über das Bauen ausserhalb der Bauzonen abweichen zu können. Die damit ermöglichten Nutzungen müssen jedoch mit Kompensations- und Aufwertungsmassnahmen verbunden werden, die auf eine Verbesserung der Gesamtsituation im betreffenden Gebiet ausgerichtet sind. Zentrales Instrument für die Konkretisierung des Planungs- und Kompensationsansatzes und für die Bestimmung der Eckwerte der Kompensation ist der kantonale Richtplan, welcher der Genehmigung durch den Bund untersteht. Für den Planungs- und Kompensationsansatz sind zwei verschiedene Vorgehensweisen möglich, die sich sowohl bezüglich der verwendeten Instrumente als auch bezüglich der Zielsetzung unterscheiden. Bei der einen Vorgehensweise handelt es sich um einen gebietsbezogenen Ansatz. Dieser ist in Artikel 18a (und Art. 8c) geregelt: Aufgrund einer räumlichen Gesamtkonzeption, gestützt auf die Vorgaben des Richtplans und mittels einer ins Detail gehenden Nutzungsplanung wird eine Verbesserung der Gesamtsituation in einem genau bezeichneten Gebiet bewirkt. Bei der anderen Vorgehensweise geht es um einen objektbezogenen Ansatz. Dieser ist in Artikel 24g (und Art. 8d) geregelt: Aus Gründen der räumlichen Eigenheiten eines Kantons soll bei bestehenden Bauten und Anlagen von den Bestimmungen der Artikel 24c, 24d und 24f im Baubewilligungsverfahren, direkt gestützt auf die Vorgaben im Richtplan und ohne Schaffung einer Bewilligungsgrundlage im Nutzungsplan, massvoll abgewichen werden können. Auch bei dieser Vorge-

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hensweise muss, mittels Kompensation, eine Verbesserung der Gesamtsituation entstehen. In der Baubewilligung muss sichergestellt werden, dass die oder der Bauwillige nicht nur von der Nutzung Gebrauch gemacht hat, sondern die Kompensationsmassnahme auch realisiert wird.


Baubewilligungen für neue Bauten und Anlagen sollen ausserhalb der Bauzonen grundsätzlich mit einer Beseitigungspflicht verknüpft werden.

Dies bedeutet, dass die Bewilligungen nicht mehr «für die Ewigkeit» erteilt werden, sondern nur noch für einen bestimmten Zweck. Fällt dieser Zweck dahin und können die Bauten und Anlagen keiner neuen zonenkonformen oder standortgebundenen Nutzung zugeführt werden, so müssen sie entfernt werden (Art. 23d). Mit dieser Bestimmung wird das Ziel verfolgt, den Gebäudebestand ausserhalb der Bauzonen zu stabilisieren, um so einen Beitrag zum Schutz des Kulturlandes und zur Schonung der Landschaft zu leisten.

Eine wichtige Ausnahme von der Beseitigungspflicht besteht, wenn die neue Baute oder Anlage bei der Erstellung durch Beseitigung einer bestehenden Baute oder Anlage volumen- und flächenmässig bereits kompensiert wurde (Art. 23e Abs. 1 Bst. b). Die Einführung der Beseitigungspflicht ermöglicht es, auf den bisher erforderlichen, zum Teil aufwendigen Nachweis der längerfristigen Existenzfähigkeit des Betriebs zu verzichten. Damit kann dem Bedarf der im Strukturwandel begriffenen Landwirtschaft nach flexibleren baulichen Lösungen Rechnung getragen werden, ohne das Ziel der Sicherung einer zweckmässigen und haushälterischen Nutzung des Bodens zu schmälern.

­

Mit Artikel 16a werden die Anforderungen an die Festsetzung von Speziallandwirtschaftszonen und mit Artikel 18 Absätze 1 und 1bis diejenigen für Spezialzonen wie zum Beispiel Zonen für Tourismus, Sport und Erholung oder für Materialabbau oder Deponie präzisiert. Ihre Zielsetzung soll in dem Sinn geklärt werden, dass sie besonderen landwirtschaftlichen beziehungsweise standortgebundenen Nutzungen vorbehalten bleiben und nicht die Zersiedelung fördern. In Bezug auf beide Zonenarten werden zudem spezifische richtplanerische Grundlagen verlangt.

­

Bauliche Massnahmen für nichtlandwirtschaftliche Nebenbetriebe in bestehenden Bauten sollen neu nur noch zulässig sein, wenn sie einen engen sachlichen Bezug zur Landwirtschaft aufweisen. Dies trifft beispielsweise beim Agrotourismus zu (Art. 24b Abs. 1bis), nicht aber bei Schreinereien, Autogaragen oder ähnlichen Betrieben. Letztere stehen nicht nur zum Grundsatz der Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet in Widerspruch, sondern stellen auch für Gewerbebetriebe in den Bauzonen eine erhebliche Konkurrenz dar.

­

Artikel 24bis Absatz 1 bringt eine grundlegende Neuerung bei den Ausnahmetatbeständen (Art. 24a­24g). Diese sollen nicht mehr schweizweit uniform zur Anwendung kommen, sondern den Kantonen sollen auch hier Gestaltungsmöglichkeiten gegeben werden. Sie sollen entscheiden können, ob und, wenn ja, welche Tatbestände bei ihnen in welchem Umfang und in welchem Gebiet anwendbar sind und welche nicht. Der äussere Rahmen der einzelnen Tatbestände bleibt dabei bundesrechtlich fixiert.

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14 15

­

Mit einer systematischen Neuordnung der Bestimmungen über das Bauen ausserhalb der Bauzonen sollen deren Übersichtlichkeit und Verständlichkeit und damit auch der Vollzug verbessert werden. Die Bestimmungen werden neu in einem eigenen Kapitel zusammengefasst. In einem ersten Abschnitt (Art. 23a­23g) sind die Vorschriften enthalten, die generell für das Bauen ausserhalb der Bauzonen gelten. Im zweiten Abschnitt folgen die Bestimmungen für die zonenkonformen Bauten und Anlagen in den Landwirtschaftszonen (Art. 23h­23i) und im dritten Abschnitt (Art. 24­24g) diejenigen zu den Ausnahmebewilligungen ausserhalb der Bauzonen. Auch bei den Ausnahmebewilligungen werden die Regelungen, die für alle Ausnahmetatbestände gelten, in einem Artikel zusammengefasst (Art. 24bis Abs. 2 und 3), damit nicht ­ wie dies heute der Fall ist ­ Gleiches mehrmals gesagt werden muss.



Mit Artikel 25bis wird die kantonale Zuständigkeit und Verantwortlichkeit im Bereich des Bauens ausserhalb der Bauzonen gestärkt. Ergänzend zum geltenden Artikel 25 Absatz 2 RPG, der kantonale Mindestzuständigkeiten bei der Bewilligung von Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen verlangt, soll verdeutlicht werden, dass solche kantonalen Kompetenzen auch bei der Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands bestehen. Mit der Kompetenz in der Sache muss zudem eine verstärkte aufsichtsrechtliche Kompetenz einhergehen. Eine solche Klärung ist insbesondere deshalb nötig, weil kommunale Behörden bei der Erfüllung dieser schwierigen baupolizeilichen Aufgabe im Bereich des Bauens ausserhalb der Bauzonen oft an Vollzugsgrenzen stossen und daher Unterstützung brauchen.



Auch die in Artikel 24h vorgesehenen Straftatbestände (Bauen ohne Baubewilligung, Erschleichen einer Baubewilligung durch unrichtige oder unvollständige Angaben, Nichtbefolgen einer baupolizeilichen Anordnung) sollen dazu dienen, den Vollzug der Bestimmungen über das Bauen ausserhalb der Bauzonen zu stärken. Die Höhe der Strafdrohung ist im Quervergleich zu anderen raumwirksamen Erlassen wie dem Bundesgesetz vom 16. Dezember 1983 über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG)14 oder dem Zweitwohnungsgesetz vom 20. März 2015 (ZWG)15 gerechtfertigt.

­

Neu ist schliesslich die Bestimmung betreffend die Überprüfung der Wirkungen und Massnahmenvorschläge in Artikel 24i. Da mit der vorliegenden Revisionsvorlage neuartige Wege im Bereich des Bauens ausserhalb der Bauzonen beschritten werden, ist es angezeigt, dass der Bundesrat erstmals nach acht Jahren Bilanz zieht. Über seine Erkenntnisse soll er dem Parlament Bericht erstatten und ihm gegebenenfalls auch Massnahmen zur Verbesserung vorschlagen.

SR 211.412.41 SR 702

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4.1.2

Raumplanung in funktionalen Räumen

Mit einer Präzisierung der in Artikel 2 geregelten Planungspflicht soll die Aufgabe der Planungsbehörden verdeutlicht werden, in Bereichen mit funktional-räumlichen Verflechtungen zusammenzuarbeiten (Abs. 1bis). Die möglichen Themen sind vielfältig, beispielsweise Siedlungsentwicklung, Mobilität und Verkehr, publikumsintensive Einrichtungen, Wirtschaftsförderung, Tourismus, Wassermanagement, Energie, Biodiversität, Landschaft und Landwirtschaft.

4.1.3

Raumplanung im Untergrund

Der neue Planungsgrundsatz in Artikel 3 Absatz 5 soll die Themenbereiche und Aspekte der raumplanerischen Aufgaben im Untergrund aufzeigen. Diese Aufgaben können mit Hilfe der bestehenden Raumplanungsinstrumente angegangen werden.

Es erübrigt sich daher, für den Untergrund ein eigenes Planungsinstrumentarium zu entwickeln.

4.1.4

Raumplanerische Interessenabwägung

Mit einer Ergänzung von Artikel 2 soll die raumplanerische Interessenabwägung gestärkt werden. Zentrale Aspekte der Interessenabwägung werden zu diesem Zweck besonders hervorgehoben, und es werden auch Anforderungen an die Dokumentation der vorgenommenen planerischen Überlegungen gestellt.

4.2

Umsetzungsfragen

In einzelnen Bestimmungen wird der Bundesrat zum Erlass von Ausführungsbestimmungen ermächtigt (Art. 18a Abs. 4, Art. 23e Abs. 2, Art. 24h Abs. 2 und Abs. 3, Art. 24e Abs. 6 und Art. 24f). Auf seine Regelungsabsichten wird soweit erforderlich bei den Erläuterungen zu den jeweiligen Gesetzesartikeln eingegangen.

5

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

5.1

Bundesgesetz über die Raumplanung (RPG)

Ingress In seiner Stellungnahme vom 19. Mai 2010 zur Motion 10.3086 «Raumplanung im Dienste einer produzierenden Landwirtschaft» von Nationalrat Zemp vom 10. März 2010 erklärte sich der Bundesrat bereit, Punkt 1 der Motion Rechnung zu tragen und Artikel 104 BV bei der nächsten Gelegenheit in den Ingress des Raumplanungsgesetzes aufzunehmen. Zwischenzeitlich ist mit Artikel 104a zur Ernährungssicherheit eine Bestimmung in die Bundesverfassung aufgenommen worden, die die Schnitt7461

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stelle zwischen Raumplanung und Landwirtschaft spezifischer anspricht als der Landwirtschaftsartikel gemäss Artikel 104. Artikel 104a Buchstabe a verlangt ausdrücklich, dass der Bund die Voraussetzungen schafft für die Sicherung der Grundlagen für die landwirtschaftliche Produktion, insbesondere des Kulturlandes. Er soll neu im Ingress des RPG aufgeführt werden.

Art. 2 Abs. 1bis und 2bis In Absatz 1bis soll neu im Sinne einer Präzisierung der Planungspflicht verdeutlicht werden, dass Bund, Kantone und Gemeinden auch den grenzüberschreitenden funktional-räumlichen Verflechtungen Rechnung tragen und in den entsprechenden Aufgabenbereichen zusammenarbeiten sollen. Konflikte können entschärft werden, wenn die Interessen im funktionalen Raum ­ und damit häufig auf der regionalen Ebene ­ aufgezeigt und gegeneinander abgewogen werden. Mögliche Bereiche der Zusammenarbeit sind beispielsweise die Themenfelder Siedlungsentwicklung, Mobilität und Verkehr, publikumsintensive Einrichtungen, Wirtschaftsförderung, Tourismus, Wassermanagement, regionale Trinkwasserversorgung, Energie, Biodiversität und ökologische Vernetzung, Landschaft und Landwirtschaft. Der Perimeter der Zusammenarbeit ergibt sich jeweils nach Massgabe der im Einzelfall bestehenden Bedürfnisse. Ein gutes Beispiel für bereits gelebte grenzüberschreitende Zusammenarbeit in funktionalen Räumen sind die Agglomerationsprogramme nach Artikel 17a ff. des Bundesgesetzes vom 30. September 2016 über die Verwendung der zweckgebundenen Mineralölsteuer und weiterer für den Strassen- und Luftverkehr zweckgebundener Mittel (MinVG)16, in denen die Entwicklung von Siedlung, Verkehr und Landschaft aufeinander abgestimmt wird.

Mit Absatz 2bis soll die Bedeutung der umfassenden Interessenabwägung als zentrale raumplanerische Methode hervorgehoben und ihr ein grösserer Stellenwert gegeben werden. Die umfassende Interessenabwägung kommt insbesondere dann zur Anwendung, wenn Planungsbehörden zentrale raumplanerische Aufgaben wie Sach-, Richt- oder Nutzungsplanung erfüllen, bei denen ihnen ein planerisches Ermessen zukommt. Sie soll stufengerecht und unter Berücksichtigung der Spezialgesetze erfolgen, das heisst, dass auf der jeweiligen Planungsstufe die für eine sachgerechte Entscheidung relevanten Aspekte im Rahmen einer Wirkungsbeurteilung zu ermitteln und zu
würdigen sind. Abklärungen müssen dabei nicht schon abschliessend sein, wenn noch nachgelagerte konkretisierende Planungsschritte folgen. Detailliertere Abklärungen über die Wirkungen eines Vorhabens können dann auch erst auf dieser Planungsstufe vorgenommen werden. Die Planungsbehörden haben die Interessenabwägungen im Planungsbericht zu erläutern und insbesondere auch darzulegen, welche Planungsvarianten sie ausgearbeitet und wie sie diese beurteilt haben.

Dabei ist auch plausibel aufzuzeigen, dass keine sachlich bessere Variante ersichtlich ist.

Hinsichtlich der Interessenabwägung, welche die Baubewilligungsbehörden beim Bauen ausserhalb der Bauzonen vorzunehmen haben, wird auf die Erläuterungen zu Artikel 23a verwiesen.

16

SR 725.116.2

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Art. 3 Abs. 5 Mit dem vorgeschlagenen Planungsgrundsatz soll die zunehmende Bedeutung des Untergrunds für die Raumplanung hervorgehoben werden. In der Bestimmung werden beispielhaft wichtige Aspekte der Nutzung des Untergrunds genannt (Nutzung von Rohstoffen wie Grundwasser, Energie und Materialien sowie von baulich nutzbaren Räumen, beispielsweise für Verkehrs- und andere Infrastrukturen), die mit oberirdischen Nutzungsanliegen wie auch mit Schutzaspekten (oberirdische Schutzgebiete sowie Schutzanliegen im Untergrund, z. B. Schutz des Wasserhaushalts, Schutz von Denkmälern und archäologischen Fundstätten) abzustimmen sind. Die sich stellenden Koordinationsaufgaben können mit Hilfe des bestehenden Raumplanungsinstrumentariums angegangen werden. Es ist daher nicht nötig, für den Untergrund eigene Planungsinstrumente zu schaffen. Mit der Aufnahme dieses Planungsgrundsatzes ins RPG wird keine Verpflichtung zu einer umfassenden Raumplanung im Untergrund geschaffen. Der Grundsatz dient aber dazu, Planungsbehörden dafür zu sensibilisieren, bei ihren Planungen auch dem Aspekt des Untergrundes gebührend Rechnung zu tragen.

Art. 6 Abs. 4 Dass die Planungsbehörden auch die Planungen und die weiteren raumwirksamen Aufgaben anderer Planungsträger zu berücksichtigen haben, ergibt sich bereits aus Artikel 2 Absatz 1. Artikel 6 Absatz 4 konkretisiert diese Vorgabe für die kantonale Richtplanung. Neu soll verdeutlicht werden, dass insbesondere auch die Bundesinventare bei der Erstellung und Anpassung von Richtplänen zu berücksichtigen sind.

Die Bundesinventare stellen eine wichtige Grundlage für die Sicherung einer qualitätsvollen Entwicklung von Siedlung und Landschaft dar, was namentlich auch im Zusammenhang mit dem neu vorgeschlagenen Planungs- und Kompensationsansatz von Bedeutung ist.

Berücksichtigen heisst typischerweise, dass sich die Planungsbehörden mit den Inventarinhalten auseinandersetzen müssen, dass Kantone und Gemeinden aber aus sachlichen Gründen von den Erhaltungszielen abweichen dürfen. Der Zusatz, dass die in Absatz 4 aufgezählten Planungsgrundlagen «nach Massgabe ihrer Verbindlichkeit» zu berücksichtigen sind, soll klarstellen, dass mit dieser Bestimmung keine von der Kompetenzordnung der Bundesverfassung und der jeweiligen Sachgesetzgebung abweichende Zuständigkeitsregelung geschaffen wird.
Zu den zu berücksichtigenden Bundesinventaren gehören insbesondere diejenigen nach den Artikeln 5, 18a, 23b und 23c NHG, die jeweils unterschiedliche Verbindlichkeiten haben. Weiter sind beispielsweise auch die Inventare zu berücksichtigen, die der Bundesrat gestützt auf Artikel 11 des Jagdgesetzes vom 20. Juni 1986 (JSG)17 beschlossen hat.

Allgemeine Erläuterungen zu Art. 8c und 8d In diesen beiden Bestimmungen werden die Anforderungen aufgeführt, die auf der Stufe der Richtplanung erfüllt sein müssen, damit ein Kanton ausserhalb der Bauzo17

SR 922.0

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nen den Planungs- und Kompensationsansatz betreffend die Zulassung nicht standortgebundener baulicher Nutzungen (Art. 18a) bzw. betreffend Abweichungen von den Artikeln 24c, 24d und 24f (Art. 24g) anwenden kann (zur Umschreibung des Planungs- und Kompensationsansatzes siehe vorne 4.1.1.). Es handelt sich um Mindestanforderungen, die erfüllt sein müssen, wenn ein Kanton von diesem Ansatz Gebrauch machen will. Ob er dies tun will, steht in seinem Ermessen. Solange ein Kanton von den Bestimmungen nach Artikel 8c in Verbindung mit Artikel 18a bzw.

von Artikel 8d in Verbindung mit Artikel 24g keinen Gebrauch macht, gelten für das Gebiet ausserhalb der Bauzonen die Zonenbestimmungen nach den Artikeln 16, 16a und 18 und die Bauvorschriften nach den Artikeln 23h­24. Die Artikel 24a­24g kommen gemäss Artikel 24bis Absatz 1 zur Anwendung.

Für die Umsetzung des Planungs- und Kompensationsansatzes stehen zwei verschiedene Vorgehensweisen zur Verfügung: Bei dem in Artikel 8c beschriebenen Vorgehen bedarf es als Zwischenstufe zwischen Richtplanung und Baubewilligungsverfahren einer konkretisierenden Nutzungsplanung im Sinne von Artikel 18a.

Diese Nutzungsplanung dient als Basis für zonenkonforme Bewilligungen nach Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a RPG (zu den Details bezüglich dieser ersten Vorgehensweise vgl. auch die Erläuterungen zu Art. 18a). Beim Vorgehen nach Artikel 8d entfällt dieser Zwischenschritt. Hier kann von der Richtplanung direkt zum Baubewilligungsverfahren nach Artikel 24g geschritten werden (zu den Details bezüglich dieser zweiten Vorgehensweise vgl. auch die Erläuterungen zu Art. 24g).

Gemeinsam ist beiden Vorgehensweisen, dass eine den Anforderungen von Artikel 8c bzw. 8d genügende Richtplangrundlage vorhanden sein muss, wobei mit dem Begriff des Richtplans im RPG stets der kantonale Richtplan gemeint ist. Dies gilt auch hier. Regionale Richtpläne genügen als Grundlage für den Planungs- und Kompensationsansatz nicht. Zudem steht der Planungs- und Kompensationsansatz nur für Vorhaben zur Verfügung, die im öffentlichen Interesse liegen.

Art. 8c

Richtplaninhalt im Bereich der Zonen nach Artikel 18a

In Absatz 1 wird einleitend klargestellt, dass ein Vorgehen nach Artikel 8c in Verbindung mit Artikel 18a auf einer räumlichen Gesamtkonzeption beruhen muss, was eine vertiefte Analyse des betreffenden Planungsraums voraussetzt. Weiter wird klargestellt, dass dieses Vorgehen insbesondere für nicht standortgebundene Nutzungen Anwendung finden kann. Es ergänzt damit die Möglichkeiten nach Artikel 18 Absatz 1bis, die nur für standortgebundene Nutzungen zur Verfügung stehen (vgl. unten die Erläuterungen zu Art. 18 Abs. 1bis).

Die Planungen nach Artikel 8c in Verbindung mit Artikel 18a müssen auf eine Verbesserung der Gesamtsituation im betreffenden Gebiet ausgerichtet sein (Bst. a).

Ob dies der Fall ist, ist anhand der Ziele und Grundsätze der Raumplanung zu beurteilen. Massgebend sind daher in erster Linie Verbesserungen in räumlicher und baukultureller Hinsicht. Weiter ist plausibel und konkret aufzuzeigen, wie mit den geplanten Kompensations- und Aufwertungsmassnahmen zur angestrebten Verbesserung der Gesamtsituation beigetragen wird (Bst. b). Im Hinblick auf die Richtplangenehmigung wird das ARE unter Einbezug der interessierten Bundesstellen und weiterer Partner eine Ergänzung des Leitfadens zur Richtplanung vornehmen, damit nachvollziehbare materielle Kriterien und eine in der Praxis anwendbare 7464

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Methodik zur Beurteilung der von einem Kanton mit dem Planungs- und Kompensationsansatz angestrebten Ziele, der angestrebten Verbesserung der Gesamtsituation sowie der vorgeschlagenen Kompensations- und Aufwertungsmassnahmen zur Verfügung stehen.

Absatz 2 umschreibt die Mindestanforderungen, die bei Planungen nach Artikel 8c in Verbindung mit Artikel 18a auf der Stufe des Richtplans erfüllt sein müssen.

Buchstabe a verlangt, dass das Ziel der Planung, die damit verfolgten öffentlichen Interessen und die angestrebten Veränderungen und Verbesserungen der Gesamtsituation konkret umschrieben werden. Erforderlich ist zudem eine substanzielle Begründung, weshalb der Planungs- und Kompensationsansatz zum Einsatz gelangen soll.

Gemäss Buchstabe b muss der Richtplan konkrete Vorgaben für die nachfolgende Nutzungsplanung enthalten, die aus der Gesamtkonzeption nach Absatz 1 abgeleitet werden. Der Richtplan muss sachlich und örtlich festlegen, für welche Art von Bauvorhaben die mit dem Planungs- und Kompensationsansatz eröffneten Bau- und Nutzungsmöglichkeiten in Betracht kommen.

In Buchstabe c werden die Anforderungen an die Kompensations- und Aufwertungsmassnahmen näher umschrieben. Diese stellen ein zentrales Element dar, damit die in Buchstabe a geforderte Verbesserung der Gesamtsituation erreicht werden kann (zur Frage des Verhältnisses der beiden Massnahmentypen untereinander s. unten, Erläuterungen zu Art. 18a Abs. 1). Die Massnahmen müssen bereits auf Richtplanstufe konkret umschrieben werden. Zudem muss aufgezeigt werden, wie die Massnahmen verbindlich und dauerhaft gesichert und wie sie finanziert werden sollen.

Art. 8d

Richtplaninhalt im Bereich der Abweichungen nach Artikel 24g

Das Vorgehen nach Artikel 24g steht zur Verfügung, wenn raumplanerisch begründete Abweichungen von den Artikeln 24c, 24d und 24f ermöglicht werden sollen.

Unter massvollen Abweichungen (Abs. 1 Bst. a) sind Abweichungen zu verstehen, bei denen zwar einzelne Kriterien oder Grenzen der betreffenden bundesrechtlichen Tatbestände etwas grosszügiger festgelegt werden, gleichwohl aber von der Grundidee des einzelnen Tatbestands nicht fundamental abgewichen wird. Die Abweichungen müssen nach Buchstabe b zu einer Verbesserung der Gesamtsituation im Gebiet ausserhalb der Bauzonen beitragen. Analog zu Artikel 8c Absatz 1 Buchstabe a ist dies anhand der Ziele und Grundsätze der Raumplanung zu beurteilen. Weiter ist nach Buchstabe c plausibel und konkret aufzuzeigen, wie mit den geplanten Kompensationsmassnahmen zur angestrebten Verbesserung der Gesamtsituation beigetragen wird.

Absatz 2 umschreibt die Mindestanforderungen, die bei einem Vorgehen nach Artikel 8d in Verbindung mit Artikel 24g auf der Stufe des Richtplans erfüllt sein müssen. Nach Buchstabe a muss der Richtplan genau umschreiben, für welche der nach Artikel 24g zulässigen Abweichungen von den Artikeln 24c, 24d und 24f er die erforderliche Grundlage schaffen will und für welches Gebiet dies gelten soll. Bezüglich Buchstabe b kann auf die Erläuterungen zu Artikel 8c Absatz 1 Buchstabe a verwiesen werden.

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Da bei einem Vorgehen nach Artikel 8d in Verbindung mit Artikel 24g der konkretisierende Zwischenschritt der Nutzungsplanung entfällt, müssen die Anforderungen an die Kompensation auf Richtplanstufe so konkret festgelegt werden, dass sie im Baubewilligungsverfahren direkt anwendbar sind. Den Anforderungen von Buchstabe c trägt der Richtplan Rechnung, indem er beispielsweise bestimmt, welcher Art die Bauten und Anlagen sein müssen, deren Beseitigung als Kompensationsmassnahme in Betracht kommt, und indem er Kriterien für die Bestimmung des Umfangs der Kompensation und Anforderungen an den Nachweis der rechtlichen und finanziellen Sicherung des Vollzugs der Kompensationsmassnahme festlegt.

Erscheinen die Vorgaben nicht als genügend konkret und verbindlich, um im Vollzug eine Verbesserung der Gesamtsituation zu erreichen, oder wird die Verbesserung als ungenügend betrachtet, so wird der Bundesrat die Richtplananpassung nicht genehmigen können.

Art. 16 Abs. 4 Immer dann, wenn nichtlandwirtschaftliche Nutzungen ausserhalb der Bauzonen, insbesondere das Wohnen, dem Immissionsschutz nach dem Umweltschutzgesetz vom 7. Oktober 1983 (USG)18 unterstehen, können Konflikte mit der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung entstehen. Daraus können sich plötzlich negative Konsequenzen für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung ergeben. Es kann aber auch raumplanerischen Zielen widersprechen, wenn beispielsweise aus Immissionsschutzgründen ein neuer Stall ausserhalb bestehender Gebäudegruppen erstellt werden muss. Dem soll einerseits dadurch Abhilfe geschaffen werden, dass Bewilligungen nach den Artikeln 24a­24g nur erteilt werden dürfen, wenn die landwirtschaftliche Bewirtschaftung der umliegenden Grundstücke dadurch weder behindert noch gefährdet wird (vgl. Art. 24bis Abs. 2 Bst. c und entsprechende Erläuterungen).

Solche Bewilligungen fallen zudem dahin, wenn nachträglich eine solche Behinderung oder Gefährdung auftritt (Art. 24bis Abs. 3).

Andererseits wird in der hier erläuterten neuen Bestimmung der Vorrang der Landwirtschaft in den Landwirtschaftszonen proklamiert. Damit wird signalisiert, dass beispielsweise der Spielraum des USG zu nutzen ist, um dem Vorrang der Landwirtschaft vor zonenwidrigen Nutzungen Geltung zu verschaffen. Dem Vorrang ist insbesondere im Zusammenhang mit den Mindestabständen, die
Anlagen zur Tierhaltung gegenüber anderen Zonen bzw. Bauten einhalten müssen, soweit möglich Rechnung zu tragen.

Nicht als zonenwidrige Nutzungen im Sinn dieser Bestimmung gelten natürliche Flächen, auch wenn sie durch baubewilligungspflichtige Eingriffe (Art. 22 Abs. 1 RPG) entstanden sind.

Art. 16a

Speziallandwirtschaftszone

Artikel 16a ist neu den Speziallandwirtschaftszonen gewidmet und regelt deren Funktion (Abs. 1) sowie die Anforderungen, die bei der Ausscheidung solcher Zonen zu erfüllen sind (Abs. 2 und 3). Aufgrund der Rückmeldungen aus der Ver18

SR 814.01

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nehmlassung wird darauf verzichtet, die Anforderungen für die Schaffung neuer Bauzonen (Art. 15 Abs. 4 RPG) weitgehend unverändert auf die Speziallandwirtschaftszonen zu übertragen.

Absatz 1 umschreibt, in Ergänzung zu Artikel 23h Absatz 4, die Funktion der Speziallandwirtschaftszonen und entspricht inhaltlich dem geltenden Recht. In Speziallandwirtschaftszonen sollen typischerweise landwirtschaftliche Bauten für die bodenunabhängige Produktion konzentriert werden. Allerdings sind dort auch Bauten für die bodenabhängige landwirtschaftliche oder gartenbauliche Produktion zonenkonform. Umgekehrt ist bei überwiegend bodenunabhängig produzierenden Betrieben anzustreben, dass die bodenabhängig bewirtschafteten Flächen eher in normalen Landwirtschaftszonen und nicht in Speziallandwirtschaftszonen liegen, da in den bauzonennahen Speziallandwirtschaftszonen eine bauliche Verdichtung angestrebt wird (s. dazu weiter unten). Mit der Umschreibung «dienen überwiegend der bodenunabhängigen ... Produktion» in Absatz 1 wird dies angetönt.

Beim bodenunabhängigen Pflanzenbau besteht häufig der Wunsch, vor Ort Bauten und Anlagen für nachgelagerte Aktivitäten (Aufbereitung, Lagerung oder Verkauf) zu errichten. Nehmen diese Tätigkeiten einen industriell-gewerblichen Charakter an, gehören sie nicht mehr in eine (Spezial-)Landwirtschaftszone, sondern in eine Bauzone. Der unmittelbare Anschluss der Speziallandwirtschaftszone an die Bauzone ermöglicht in solchen Fällen, die beiden Bereiche (Bauzone für Aufbereitung, Lagerung und Verkauf, Speziallandwirtschaftszone für den landwirtschaftlichen Teil, insbesondere für die Gewächshäuser) raumplanerisch und betrieblich effizient nebeneinander anzuordnen.

Da Speziallandwirtschaftszonen ­ soweit möglich ­ im Anschluss ans Siedlungsgebiet auszuscheiden sind (vgl. Abs. 2 von Art. 16a) und sich von diesem in baulicher Hinsicht sowie bezüglich Anforderungen an die Erschliessung kaum unterscheiden, ist eine Verdichtung der baulichen Nutzung in diesen Zonen, als Ausdruck der haushälterischen Bodennutzung, erwünscht und gefordert. Letztlich sollen sich Speziallandwirtschaftszonen von Arbeitszonen im Wesentlichen dadurch unterscheiden, dass sie dem bäuerlichen Bodenrecht unterstehen.

Absatz 2 verlangt, dass Speziallandwirtschaftszonen im Richtplan mit der Entwicklung des Siedlungsgebiets
abzustimmen sind und soweit möglich an dieses anschliessen müssen. Auch dies zeigt die enge Verwandtschaft der Speziallandwirtschaftszonen mit den Bauzonen. Das Siedlungsgebiet ist jenes Gebiet, das gemäss Festlegung im Richtplan innerhalb eines Zeithorizonts von 25 Jahren voraussichtlich für Bauzonen benötigt wird. Da Speziallandwirtschaftszonen typischerweise Bauten enthalten sollen, die von ihrer Erscheinung und ihrer baulichen Dichte her grosse Ähnlichkeit mit jenen in Bauzonen aufweisen, muss das Gebiet, in dem die Entwicklung der Bauzonen stattfinden kann, zwingend auf das Gebiet abgestimmt werden, in dem die Entwicklung der Speziallandwirtschaftszonen stattfinden kann. Die grosse inhaltliche Verwandtschaft von Bauzonen (innerhalb von diesen insbesondere von Arbeitszonen) und Speziallandwirtschaftszonen führt dazu, dass nicht nur die Planungen dieser Zonentypen aufeinander abzustimmen sind, sondern dass auch inhaltlich sehr ähnliche Kriterien für die Ausscheidung massgebend sind.

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Die Konzentration der Speziallandwirtschaftszonen kann dann schwieriger sein, wenn es um die Tierhaltung geht. Insbesondere aus seuchenpolizeilichen Gründen ist es nicht erwünscht, Ställe für die bodenunabhängige Tiermast zu stark zu konzentrieren. Für dieses Problem sind im Einzelfall geeignete Lösungen zu finden.

Die in Absatz 2 statuierte Pflicht, die Speziallandwirtschaftszonen im Richtplan mit dem Siedlungsgebiet abzustimmen, ist nicht so zu verstehen, dass dort, wo ausnahmsweise ein unmittelbarer Anschluss ans Siedlungsgebiet nicht möglich ist, keine Vorgaben im Richtplan erforderlich wären. Sollte ein Kanton derartige, vom Siedlungsgebiet abgesetzte Speziallandwirtschaftszonen für notwendig erachten, hätte er die ­ restriktiv auszugestaltenden ­ Kriterien dafür ebenfalls im Richtplan festzulegen.

Speziallandwirtschaftszonen, die ans Siedlungsgebiet grenzen, grenzen nicht automatisch auch an die ausgeschiedenen Bauzonen. Diese Problematik ist im Rahmen des Planungsverfahrens im Auge zu behalten. Letztlich verlangen die Ziele und Grundsätze des RPG, dass die Entwicklung der kompakt überbauten Zonen ­ seien dies nun Bauzonen oder Speziallandwirtschaftszonen ­ grundsätzlich von innen nach aussen erfolgt. Dies selbstverständlich unter Vorbehalt gewichtiger anderer Grundsätze wie der Freihaltung von Grünflächen, Erholungsräumen und Wildtierkorridoren, der Schonung von Natur, Landschaft und Kulturland und der Erhaltung der Fruchtfolgeflächen. Diese ergeben sich aus den Artikeln 1 und 3 RPG und brauchen hier nicht wiederholt zu werden.

Absatz 3 verfolgt ähnliche Ziele wie Artikel 15 Absatz 4 Buchstabe d RPG: Die Verfügbarkeit des Landes soll sichergestellt werden. Die Formulierung nimmt aber auf die spezielle Situation der Speziallandwirtschaftszonen Rücksicht. Solche Zonen dürften viel weniger «auf Vorrat» ausgeschieden werden als Bauzonen, insbesondere als Wohn- und Mischzonen. Entsteht auf einem Landwirtschaftsbetrieb Bedarf für Speziallandwirtschaftszonen und gehört das Land, das sich dazu eignet, nicht zum Betrieb, so ist vor der Umzonung das Problem der Verfügbarkeit zu lösen. Dies kann auf vertraglichem Weg erfolgen, beispielsweise durch einen Landabtausch unter den interessierten Eigentümerinnen und Eigentümern, oder über Landumlegungen. Wegen des damit verbundenen Aufwandes dürfte
Letzteres jedoch eher selten zur Anwendung kommen. Braucht es eine Landumlegung, so muss diese im Moment der Genehmigung des Nutzungsplans zwar noch nicht durchgeführt, aber ihre Durchführung muss verbindlich angeordnet sein.

Wie im Anwendungsbereich von Artikel 15 Absatz 4 Buchstabe d RPG kann die Vereinbarung eines Kaufsrechts (für das ein Kaufpreis zum Verkehrswert von Land in Speziallandwirtschaftszonen zu vereinbaren ist) auch bei den Speziallandwirtschaftszonen eine geeignete Art sein, um die Verfügbarkeit sicherzustellen. Um dies zu ermöglichen, wird eine Ergänzung von Artikel 64 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB)19 um einen Buchstaben h vorgeschlagen (s. dazu unten die entsprechenden Erläuterungen).

Damit das Gemeinwesen von diesem Kaufrecht Gebrauch machen kann, muss einerseits der Bedarf an Land in dieser Zone genügend dringend sein, und anderer19

SR 211.412.11

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seits muss der Eigentümerschaft angemessen Zeit gegeben werden, das Land selber dem Zonenzweck entsprechend zu nutzen oder es an Bauinteressierte zu verkaufen.

Es ist Aufgabe der Vertragsparteien, im Rahmen des kantonalen Rechts und (bei Bedarf) mit Unterstützung des Kantons die Vereinbarung entsprechend auszugestalten.

Die Wertsteigerung, die normales Landwirtschaftsland durch Einzonung in eine Speziallandwirtschaftszone erfährt, ist ein erheblicher Anreiz für die Eigentümerinnen und Eigentümer, der Zuweisung ihres Landes zu einer Speziallandwirtschaftszone zuzustimmen. Daher ist davon auszugehen, dass die Verfügbarkeit des Landes in der Regel einvernehmlich sichergestellt werden kann.

Art. 18 Abs. 1 und 1bis Die Anpassung von Absatz 1 dient einer datenmodelltechnischen Klarstellung. Es geht darum, dass Artikel 18 nicht nur Rechtsgrundlage für spezielle Nichtbauzonen (Grundnutzung mit Code_GN 4 gemäss minimalem Geodatenmodell Bereich Nutzungsplanung, Modelldokumentation20 nachfolgend «Datenmodell», S. 21) ist, sondern auch für die Differenzierung der Bauzonen (mit den neun verschiedenen nach Datenmodell möglichen Hauptnutzungen 11­19 [S. 21 des Datenmodells] sowie mit der Möglichkeit überlagernder Nutzungsplaninhalte [S. 22 des Datenmodells]). Innerhalb der Bauzonen geht es demnach um Differenzierungen von Zonen im Sinne von Artikel 15. Wenn von Zonen nach Artikel 18 RPG die Rede ist, sind damit zumeist jedoch «weitere Zonen ausserhalb der Bauzonen» (Code_HN 4, S. 21 des Datenmodells) gemeint. Bei Bauvorhaben in diesen Zonen kommen neben Artikel 22 auch die allgemeinen Bestimmungen über das Bauen ausserhalb der Bauzonen (Art. 23a ff.) zur Anwendung. Zudem gilt hier Artikel 25bis, wonach die zuständige kantonale Behörde zu entscheiden hat, ob ein Bauvorhaben zonenkonform ist oder ob für dieses eine Ausnahmebewilligung erteilt werden kann. In Absatz 1bis und in Artikel 18a geht es nur noch um derartige spezielle Nichtbauzonen.

Die Zonen nach Absatz 1bis sind spezielle Nichtbauzonen, die der Zulassung standortgebundener Vorhaben dienen. Der Begriff der Standortgebundenheit deckt sich mit jenem in Artikel 24 Buchstabe a RPG. Gemeint sind beispielsweise Wintersportoder Abbau- und Deponiezonen. Diese Zonen sind zum einen von den Zonen nach Absatz 2 abzugrenzen, die für Gebiete vorgesehen sind,
deren Nutzung noch nicht bestimmt ist oder in denen eine bestimmte Nutzung erst später zugelassen wird (z. B. Reservezonen). Sie unterscheiden sich aber auch von den Zonen nach Artikel 18a, die für nicht standortgebundene Nutzungen zur Verfügung stehen, aber der Kompensationspflicht unterstehen.

Das Erfordernis, dass mit Zonen nach Artikel 18 Absatz 1bis die Vorgaben des Richtplans (gemeint ist der kantonale Richtplan; regionale Richtpläne erfüllen dieses Erfordernis nicht) umgesetzt werden, stimmt mit demjenigen nach Artikel 15 Absatz 4 Buchstabe e RPG überein. Die Anforderungen sind etwas tiefer, als wenn eine eigentliche Grundlage im Richtplan gefordert würde (Art. 8 Abs. 2 RPG). Dem Kriterium der Richtplanvorgabe ist Genüge getan, wenn die Festsetzung der Zone 20

Siehe www.are.admin.ch > Raumentwicklung & Raumplanung > Grundlagen und Daten > Minimale Geodatenmodelle > Nutzungsplanung.

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nachvollziehbar als zweckmässige Erfüllung eines im Richtplan erteilten Auftrags erscheint, auch wenn der Richtplan selbst keinen Standort festlegt.

Art. 18a

Nichtbauzonen mit zu kompensierenden Nutzungen

Diese Bestimmung regelt den Planungs- und Kompensationsansatz für die Fälle, in denen bestimmte Nutzungen für zonenkonform erklärt werden. Dies im Gegensatz zu Artikel 24g, der als eigenständiger Ausnahmebewilligungstatbestand angewendet wird, ohne dass hier die entsprechenden Möglichkeiten in der Nutzungsplanung verankert werden müssten.

In Absatz 1 werden die Anforderungen an die Nutzungsplanung umschrieben, die in Konkretisierung der Richtplanvorgaben nach Artikel 8c bei der Festsetzung von Nichtbauzonen nach Artikel 18a für Nutzungen im Sinne von Artikel 8c eingehalten werden müssen.

Nach Buchstabe a sind für die zugelassenen Mehrnutzungen zum einen Massnahmen der quantitativen Kompensation oder Realkompensation vorzusehen, mit denen sichergestellt wird, dass die Raumbeanspruchung unter dem Aspekt des Trennungsgrundsatzes nicht verschlechtert wird. Quantitative Kompensation oder Realkompensation heisst, dass die Mehrbeanspruchung durch Beseitigung einer bestehenden Baute oder Anlage kompensiert werden muss. Im Ergebnis darf es im Bezugsraum zu keinen grösseren und zu keinen störenderen Nutzungen kommen (Näheres dazu siehe unten Bst. b). Im Bezugsraum soll es jedoch nicht nur zu keiner Verschlechterung, sondern vielmehr zu einer Verbesserung der Gesamtsituation kommen. Ein Beitrag dazu kann bereits mit den Massnahmen der quantitativen Kompensation oder Realkompensation erbracht werden, da diesen regelmässig auch ein Aufwertungspotenzial innewohnt. Soweit dieser Beitrag als ungenügend erscheint, können zum andern aber auch ergänzende Aufwertungsmassnahmen vorgesehen werden (Näheres dazu siehe unten Bst. c).

Eine zentrale Anforderung wird in Buchstabe b umschrieben. Hier geht es um die Sicherstellung, dass die Realisierung einer zu kompensierenden Nutzung im Kern mit dem Trennungsgrundsatz vereinbar bleibt. Von einer solchen Nutzung wird daher verlangt, dass sie mit Massnahmen der quantitativen Kompensation oder Realkompensation verknüpft wird, sodass im Ergebnis keine grösseren und keine störenderen Nutzungen entstehen. Auf der Stufe der Nutzungsplanung bedeutet dies, dass Kriterien für die Bestimmung des Mindestumfangs der Kompensation festgelegt werden müssen. Hinsichtlich des Kriteriums der Grösse der Nutzung kann zum Beispiel auf Aspekte wie Volumen oder beanspruchte Bodenfläche abgestellt
werden. Eine Kompensation wäre in einem solchen Fall genügend, wenn ein Vorhaben durch Beseitigung einer Baute kompensiert wird, die ein gleiches Volumen aufweist und eine gleich grosse Bodenfläche beansprucht. Der Aspekt, dass die neue Raumbeanspruchung im Ergebnis im Planungsgebiet und im Vergleich zur Ausgangslage zu keinen störenderen Nutzungen führen darf, ist im Vollzug schwieriger. Hier ist es wichtig, dass die Nutzungsplanung ­ gestützt auf die entsprechenden Überlegungen im Richtplan (vgl. Art. 8c Abs. 2 Bst. c) ­ bereits Mindestanforderungen an die Kompensation statuiert, welche voraussichtlich die materiellen Anforderungen bereits erfüllen. Ob dies im konkreten Fall tatsächlich so ist, wird im Baubewilli-

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gungsverfahren überprüft (vgl. unten Abs. 3). Massgeblich ist beispielsweise, ob sich das Vorhaben im Vergleich zur Baute oder Anlage, die beseitigt werden soll, an einem weniger empfindlichen oder weniger peripheren Standort befindet, ob es weniger Emissionen oder ein geringeres Verkehrsaufkommen verursacht oder ob es besser in die Landschaft eingeordnet ist.

Je grösser die Übereinstimmung zwischen der zu kompensierenden neuen Nutzung und der durch die Kompensation wegfallenden Nutzung ist, desto einfacher wird der Nachweis zu erbringen sein, dass die Kompensation den Anforderungen von Absatz 1 Buchstabe b genügt. Unproblematisch ist zudem stets, wenn bei der Kompensation intensive oder störende Nutzungen durch weniger intensive oder weniger störende ersetzt werden, wenn Nutzungen von peripheren, schlecht erschlossenen und empfindlichen Gebieten in zentraler gelegene, besser erschlossene und weniger empfindliche verschoben und generell besser in die Umgebung eingepasst werden.

Dies heisst nicht, dass in jedem Fall alle diese Kriterien erfüllt sein müssen. Wo aber bezüglich eines Aspekts eine Verschlechterung eintritt, muss in den anderen Bereichen eine bedeutende Überkompensation stattfinden, damit insgesamt eine Verbesserung resultiert.

In Buchstabe c werden die Anforderungen an die Aufwertungsmassnahmen näher ausgeführt. Diese müssen einen Beitrag zur Aufwertung von Siedlungsstruktur, Landschaft, Baukultur oder Kulturland leisten. Dabei ist zu beachten, dass sich diese Begriffe zum Teil auch überschneiden. Die Siedlungsstruktur wird beispielsweise aufgewertet, wenn bauliche Nutzungen konzentriert und kompakt angeordnet, gut erschlossen und gut in die Landschaft eingeordnet werden. Landschaften können durch Massnahmen zur Erhaltung und Pflege von traditionellen Elementen wie Trockensteinmauern, Terrassierungen oder historischen Verkehrswegen aufgewertet werden. Unter dem Aspekt der Baukultur wird eine Verbesserung der Gesamtsituation durch Massnahmen erzielt, welche die räumliche und architektonische Qualität im Gebiet steigern, wie beispielsweise Wettbewerbsverfahren oder die Beseitigung von störenden Elementen. Kulturland kann beispielsweise durch Bodenaufwertungen oder die Instandstellung von Drainagen verbessert werden.

Dass auch mit Massnahmen der quantitativen Kompensation oder
Realkompensation ein gewisser Aufwertungsbeitrag erbracht werden kann, wurde bereits bei den Erläuterungen zu Buchstabe a erwähnt. Gegebenenfalls sind sie mit spezifischen Aufwertungsmassnahmen zu ergänzen, die keinen realkompensatorischen Aspekt haben. In der nachfolgenden Tabelle sind die entsprechenden Zusammenhänge exemplarisch dargestellt.

Massnahme

anrechenbar an die Pflicht zur Realkompensation

anrechenbar an die Aufwertungspflicht

Beseitigung von störenden, nicht mehr genutzten standortgebundenen oder zonenfremden Bauten (Rückbau von Gebäuden, Anlagen, Parkplätzen usw.) ohne denkmalpflegerischen Wert

x

x

Beseitigung von störenden, nicht mehr genutzten Wohngebäuden ohne denkmalpflegerischen Wert, für die nachweislich kein landwirtschaftlicher Bedarf mehr besteht

x

x

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Massnahme

Beseitigung von störenden, nicht mehr genutzten landwirtschaftlichen Gebäuden (Ökonomiebauten) ohne denkmalpflegerischen Wert, für die nachweislich kein landwirtschaftlicher Bedarf mehr besteht

anrechenbar an die Pflicht zur Realkompensation

x

Bauliche oder gestalterische Aufwertung oder Anpassung rechtmässig erstellter, aber störender Bauten und Anlagen (Farbgebung, Materialisierung usw.)

anrechenbar an die Aufwertungspflicht

x

x

Abbau von Zerschneidungen (Rückbau von Strassen, Erdverlegung von Leitungen u. dgl.)

x

x

Aufgabe verschiedenster Nutzungen durch Zuweisung eines Grundstücks in eine Schutzzone samt Bodenerwerb durch Gemeinwesen und Pflegemassnahmen

x

x

Landschaftsaufwertung (Pflege und Aufwertung der Kulturlandschaft)

x

Verbesserung des Kulturlandes (Aufwertung der Bodenqualität oder der Bodenfunktionen)

x

Nach Absatz 2 sind in einer Zone nach Artikel 18a auch Standortverschiebungen bestimmter bewilligungsfähiger Nutzungen zulässig, wenn damit eine bessere räumliche Anordnung dieser Nutzungen erreicht wird. So kann beispielsweise ein Nutzungsplan festlegen, dass allfällige Autoabstellplätze, die nach den Bestimmungen zum Bauen ausserhalb der Bauzonen erstellt werden dürfen, konzentriert an einer bestimmten, besonders geeigneten Stelle errichtet werden müssen, statt unmittelbar neben dem jeweiligen Wohnhaus (Art. 24c verlangt in der Regel den körperlichen Zusammenhang oder sonst eine grosse Nähe für solche Erweiterungen).

Absatz 3 stellt klar, dass die Anforderungen nach Absatz 1 nicht nur von der Nutzungsplanung nach Artikel 18a, sondern auch von einem konkreten Bauvorhaben, das von diesen Möglichkeiten Gebrauch machen will, erfüllt werden müssen. Damit ist auch klar, dass das Bundesgericht in einem Baubewilligungsverfahren auf Beschwerde hin mit freier Kognition prüfen kann, ob im konkreten Fall die zentralen Anforderungen von Absatz 1 eingehalten sind.

In der Baubewilligung ist sicherzustellen, dass mit der Bauausführung erst begonnen werden darf, wenn die zur Realkompensation vorgesehenen Bauten und Anlagen tatsächlich beseitigt worden sind. Die Aufwertungsmassnahmen müssen im Zeitpunkt des Baubeginns jedenfalls initiiert worden sein.

Weiter erfüllt eine zu kompensierende Nutzung nach Artikel 18a die Anforderungen nach Absatz 1 nur, wenn die Kompensation auch nach der Realisierung des Vorhabens erhalten bleibt. Eine entsprechende Baubewilligung ist daher analog zu Artikel 24g Absatz 2 unter dem Vorbehalt zu erteilen, dass sie dahinfällt, wenn die Kompensation dahinfällt.

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Zur Veranschaulichung des Vorgehens nach Artikel 18a (i.V.m. Art. 8c) soll das Beispiel eines Kantons genannt werden, der in einem bestimmten Gebiet aus touristischen Gründen das bestehende Verpflegungs- und Beherbergungsangebot erweitern will. Die Möglichkeiten von Artikel 24 RPG bzw. der weiteren Zonen nach Artikel 18 Absatz 1bis reichen dafür nicht aus. Deshalb zieht der Kanton ein Vorgehen nach Artikel 18a in Betracht. Gleichzeitig will er die landschaftlichen Qualitäten des betreffenden Gebiets erhalten und fördern und setzt zu diesem Zweck eine Landschaftsentwicklungsplanung in Gang. Von den Gemeinden verlangt er im Richtplan, dass sie auf der Stufe der Nutzungsplanung die möglichen Baubereiche für die nicht standortgebundenen Nutzungen nach Artikel 18a Absatz 1 bezeichnen. Weiter empfiehlt er ihnen, Freihaltebereiche für Aufwertungsmassnahmen festzulegen, die aus dem Landschaftsentwicklungskonzept hergeleitet werden. Insbesondere im Hinblick auf das Erfordernis der Realkompensation erstellt der Kanton zudem ein Inventar, in dem störende Bauten und Anlagen im Planungsgebiet aufgeführt sind, wie zum Beispiel ehemalige gewerbliche Bauten oder nicht mehr benötigte Infrastrukturanlagen. Dabei legt er fest, in welchem Umfang solche Bauten oder Anlagen mindestens zurückgebaut werden müssen, damit die Anforderungen von Absatz 1 Buchstabe b erfüllt werden.

Für Kleinsiedlungen, in denen bauliche Massnahmen über den Rahmen von Artikel 24a ff. hinaus zugelassen werden sollen, stehen die Zonen nach Artikel 18 Absatz 1bis nicht zur Verfügung, da es sich dabei nicht um standortgebundene Nutzungen handelt. Solche Nutzungserweiterungen waren jedoch schon nach geltendem Recht nach den Anforderungen von Artikel 33 der Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 2000 (RPV)21 zulässig, soweit beispielsweise keine Neubauten zugelassen wurden. Die Spezialregelung für Kleinsiedlungen ohne Neubauten soll auch im neuen Recht gelten, ohne dass eine Kompensationspflicht nach Absatz 3 besteht.

Der Bundesrat wird daher in Absatz 4 beauftragt, auf Verordnungsstufe eine entsprechende Ausnahme vorzusehen.

Keine Änderungen ergeben sich für Bauten in Streusiedlungsgebieten und für landschaftsprägende Bauten gemäss Artikel 39 RPV. Da diese Bauten als standortgebunden gelten (vgl. Art. 39 Abs. 1 bzw. Abs. 2 RPV), sind sie von Artikel
18a nicht betroffen. Dieser bezieht sich lediglich auf nicht standortgebundene Nutzungen (vgl.

Art. 8c). Der Bundesrat beabsichtigt, Artikel 39 RPV unverändert beizubehalten.

Art. 23

Ausnahmen innerhalb der Bauzonen

Artikel 23 bleibt inhaltlich unverändert. Da Artikel 22a zwischen Artikel 22 und Artikel 23 eingeschoben wird, muss er aber redaktionell neu gefasst werden.

21

SR 700.1

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Art. 23a

Interessenabwägung im Baubewilligungsverfahren

Die umfassende Interessenabwägung, die bereits nach geltendem Recht Voraussetzung einer Baubewilligung ausserhalb der Bauzonen ist, wird neu in Artikel 23a, dem ersten Artikel der allgemeinen Bestimmungen zum Bauen ausserhalb der Bauzonen, generell für sämtliche Baubewilligungen ausserhalb der Bauzonen vorbehalten. Daher fallen die entsprechenden Klauseln bei den einzelnen Bewilligungstatbeständen (z. B. Art. 24c) weg. Im Rahmen dieser umfassenden Interessenabwägung im Baubewilligungsverfahren für ein Vorhaben ausserhalb der Bauzonen sind die wichtigen Anliegen der Raumplanung, namentlich die Ziele und Grundsätze der Raumplanung nach den Artikeln 1 und 3 RPG, zu berücksichtigen. Dazu gehören eigentlich auch der Grundsatz des Vorrangs der Nutzung und des Ersatzes von bestehendem Gebäudevolumen sowie der Grundsatz der guten Einordnung, die wegen ihrer grossen Bedeutung jedoch separat erwähnt werden (Art. 23b und 23c).

Im Unterschied zu Artikel 23a hat Artikel 2 Absatz 2bis Planungen im Fokus (vgl.

dazu die entsprechenden Erläuterungen). Dieser unterschiedliche Fokus wird durch die Sachüberschrift von Artikel 23a betont.

Art. 23b

Nutzung und Ersatz von bestehendem Gebäudevolumen

In Artikel 23b soll ein Grundsatz explizit verankert werden, der sich schon nach geltendem Recht implizit aus der Interessenabwägung und dem Grundsatz der haushälterischen Bodennutzung (Art. 1 Abs. 1 RPG) ergibt: Muss ausserhalb der Bauzonen gebaut werden ­ es geht hier insbesondere um zonenkonforme (Art. 23g ff.) und standortgebundene Nutzungen (Art. 24) ­, so ist vorab bestehendes, nicht mehr benötigtes Gebäudevolumen zu nutzen beziehungsweise durch das neue Vorhaben zu ersetzen. Insbesondere sind ­ in Übereinstimmung mit der bundesgerichtlichen Praxis ­ dort, wo bestehende Bauten durch Neubauten in ihrer Funktion ersetzt werden, die ursprünglichen Bauten grundsätzlich zu beseitigen.

Kann und soll eine Baute nicht ersetzt werden, etwa weil sie geschützt ist, so ist umso sorgfältiger zu prüfen, welche Funktion ihr noch für zonenkonforme oder standortgebundene Zwecke zukommen kann.

Wo Volumen und beanspruchte Bodenfläche im Sinn dieser Bestimmung vollständig kompensiert werden, wird auf die Anordnung der Beseitigungspflicht nach Artikel 23d verzichtet (vgl. Art. 23e Abs. 1 Bst. b und entsprechende Erläuterungen).

Art. 23c

Einordnung

In der Vernehmlassung wurde verschiedentlich bemängelt, bereits nach geltendem Recht würden ­ zumeist landwirtschaftliche ­ Neubauten zu wenig in die Landschaft eingepasst. Hinzu komme, dass die Tendenz zu grösseren landwirtschaftlichen Ökonomiebauten ungebrochen sei. Die Beseitigungspflicht, die künftig gelten wird (Art. 23d), weckte zudem Bedenken, die Situation könnte sich noch verschärfen.

Vor diesem Hintergrund wurde eine gesetzliche Regelung für eine bessere Einordnung gefordert. Diese Anliegen sind berechtigt: Auch wenn die umfassende Interessenabwägung gemäss Artikel 23a eine möglichst gute Einordnung in die Landschaft

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verlangt, soll die Pflicht zur guten Einordnung nun in einem separaten Artikel verankert werden.

Naturgemäss können im Gesetz keine messbaren Grenzen vorgegeben werden. Dies relativiert die Bedeutung dieser Bestimmung allerdings nicht. Es erhöht aber die Verantwortung der zuständigen Entscheidbehörden. Wie bereits nach geltendem Recht ist es Sache der zuständigen kantonalen Behörde (neu Art. 25bis Abs. 1), dies sicherzustellen. Sie kann und soll dabei allerdings die planerischen Anliegen der Gemeinde und die detaillierten Ortskenntnisse der kommunalen Behörden berücksichtigen.

Art. 23d

Beseitigungspflicht

Die Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet lässt zusammen mit dem im bäuerlichen Bodenrecht für den Erwerb von landwirtschaftlichen Grundstücken statuierten Erfordernis der Selbstbewirtschaftung einen gespaltenen Bodenmarkt entstehen.

Dies führt dazu, dass das Preisgefälle zwischen Bauland und Nichtbauland sehr gross ist. Dadurch entsteht ein unerwünschter ökonomischer Anreiz, wertschöpfungsschwache, flächenintensive räumliche Bedürfnisse auf Nichtbauland zu befriedigen. Für ehemalige landwirtschaftliche Bauten, die inzwischen etwa als Folge des Strukturwandels nicht mehr benötigt werden, besteht deshalb oft eine grosse nichtlandwirtschaftliche Nachfrage. Um zu vermeiden, dass landwirtschaftliche oder standortgebundene Bauten und Anlagen zweckentfremdet werden, wenn das ursprüngliche Nutzungsinteresse wegfällt, sollen solche Bauten und Anlagen nicht mehr auf unbestimmte Zeit, d. h. praktisch «für die Ewigkeit» bewilligt werden.

Vielmehr soll neu von Anfang an feststehen, dass die Bauten und Anlagen beseitigt werden müssen, wenn der ursprüngliche Zweck wegfällt.

Realistischerweise muss damit gerechnet werden, dass sich der Vollzug der Beseitigung (vgl. dazu Abs. 2 erster Satz) verzögern kann. Es würde falsche Anreize setzen, wenn die Bauten bis zum Vollzug der Beseitigungspflicht zu zonenwidrigen Zwecken genutzt werden könnten, wie dies Artikel 24a RPG zuliess. Daher statuiert Absatz 2 dritter Satz grundsätzlich ein Zweckänderungsverbot.

Gilt für neue Bauten eine Beseitigungspflicht im dargelegten Sinn, so kann auf den Nachweis der längerfristigen Existenzfähigkeit des betreffenden Betriebs (nach geltendem Recht ausdrücklich verankert in Art. 34 Abs. 4 Bst. c RPV bezüglich der landwirtschaftlichen Bauten) verzichtet werden (vgl. dazu oben Ziff. 4.1.1 2. Lemma).

Absatz 1 regelt den Wegfall der Baubewilligung, wenn der Zweck, für den die Baute oder Anlage bewilligt wurde, wegfällt. Dies gilt von Gesetzes wegen, es bedarf demnach keiner Nebenbestimmung in der Baubewilligung. In den Fällen, in denen eine Baubewilligung in einer Nichtbauzone künftig gleichwohl «für die Ewigkeit» gelten soll, muss dies in der Baubewilligung ausdrücklich angeordnet werden (vgl.

dazu Art. 23e Abs. 1 und die entsprechenden Erläuterungen).

Absatz 2 äussert sich zu den Folgen, die mit dem Wegfall der Baubewilligung
verbunden sind. Betraf die Bewilligung die ganze Baute (was bedeutet, dass die Bewilligung integral dahingefallen ist), so ist die Baute zu beseitigen, und der natürliche Zustand ist wiederherzustellen (erster Satz).

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Mit «natürlich» ist nicht ein Zustand gemeint, wie er bestehen würde, wenn die Natur sich vom Menschen unberührt entwickelt hätte. In urbaren Gebieten soll Kulturland entstehen, das der Qualität der Gegend entspricht (Fruchtfolgeflächen, wo es Fruchtfolgeflächen gibt), das Relief soll der natürlichen Geländeform angepasst werden. Ausserhalb des Kulturlandes ist ein Zustand herzustellen, wie er bestanden haben dürfte, bevor die Baute oder Anlage erstellt wurde. Die Formulierung «der ursprüngliche Zustand» wird nicht verwendet, da dieser das Missverständnis bewirken könnte, dass eine Baute oder Anlage, die früher einmal am betreffenden Standort existierte, wiedererrichtet werden dürfte.

Absatz 2 zweiter Satz regelt den Spezialfall, wenn nach neuem Recht eine Bewilligung für die Veränderung einer bestehenden Baute erteilt wurde und nur diese Veränderung der Beseitigungspflicht untersteht. Ein Rückbau dieser Veränderung kann mit unverhältnismässigem Aufwand bzw. unverhältnismässigen Kosten verbunden sein. Trifft dies zu, so kann dieser Teilrückbau im Moment unterbleiben.

Verändern sich die Verhältnisse erneut (wenn beispielsweise später illegale Veränderungen vorgenommen werden und deren Rückbau angeordnet werden muss), ist auch die Verhältnismässigkeit des Teilrückbaus neu zu beurteilen. Die Praxis wird sich daran herantasten müssen, wann ein Teilrückbau als unverhältnismässig zu gelten hat.

Das Zweckänderungsverbot im dritten Satz soll verhindern, dass neu erstellte Bauten oder Bauteile einen Marktwert erhalten, der es faktisch enorm erschwert und aufwendig macht, Weiternutzungen solcher Bauten unter Kontrolle zu behalten. Eine Beseitigung der Baute ist dann nicht zu verlangen und das Zweckänderungsverbot greift dann nicht, wenn und soweit die gleiche Baute nach dem Abbruch gestützt auf eine neue Bewilligung wieder erstellt werden dürfte. Beides wird im vierten Satz klargestellt. Selbstverständlich setzt «eine Bewilligung für eine neue zonenkonforme oder standortgebundene Nutzung» voraus, dass sämtliche Bewilligungsvoraussetzungen nach den entsprechenden Tatbeständen wie auch die allgemeinen Bewilligungsvoraussetzungen erfüllt sind.

Das Verfahren gemäss Absatz 3 orientiert sich an kantonalen Regelungen in vergleichbarem Zusammenhang. Demnach stellt die zuständige Behörde, sobald sie Kenntnis vom
Wegfall des Zwecks erhält, das Dahinfallen der Bewilligung nach Absatz 1 mittels Verfügung fest. Der Einschub «sobald sie Kenntnis vom Wegfall des Zwecks erhält» deutet an, dass weder die nach kantonalem Recht für zuständig erklärte Baupolizeibehörde noch die kantonale Behörde nach Artikel 25bis jederzeit sicherstellen kann, dass sie den Wegfall des Zwecks sofort erkennt. Dies ist auch nicht notwendig. Hingegen sind die Behörden verpflichtet, bei neuen Bauvorhaben und baulichen Bedürfnissen, bei baupolizeilichen Vorkommnissen und bei Hinweisen auf Unregelmässigkeiten zu überprüfen, ob der Zweck im Sinne dieses Artikels weggefallen ist. Wird dies festgestellt, setzt die zuständige Behörde eine angemessene Frist zur Beseitigung und Wiederherstellung, unter Androhung der Ersatzvornahme (zweiter Satz). Der Gesetzestext nimmt mit dem Begriff des natürlichen Zustandes Bezug auf Absatz 1 erster Satz, mit dem Begriff des rechtmässigen Zustandes auf Absatz 1 zweiter Satz. Selbstverständlich handelt es sich auch im Kontext von Absatz 1 erster Satz um einen rechtmässigen Zustand. Der Begriff des

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natürlichen Zustandes wird dort verwendet, weil er präziser umschreibt, was gemeint ist.

Es ist damit zwar in Kauf zu nehmen, dass die Beseitigung faktisch eine Weile dauern kann. Dies ist jedoch keine Einladung zur Nutzung der vom Wegfall der Bewilligung betroffenen Gebäudeteile zu nicht bewilligten Zwecken. Wer unerlaubt und entgegen dem Zweckänderungsverbot von Absatz 2 dritter Satz die Baute anders als bewilligt nutzt, macht sich nach Artikel 24h strafbar (vgl. dazu auch die Erläuterungen zu Art. 24h).

Auf die Beseitigung ist zu verzichten, wenn bzw. soweit für die Baute oder Anlage eine neue Bewilligung für eine zonenkonforme oder standortgebundene Nutzung erteilt werden kann (Abs. 2 vierter Satz). Die zuständige Behörde hat daher in der Beseitigungsverfügung eine angemessene Frist für die Einreichung eines entsprechenden Baugesuchs zu setzen (vierter Satz). Wird von dieser Möglichkeit nicht innert Frist Gebrauch gemacht oder wird eine entsprechende Bewilligung nicht erteilt, so wird die Beseitigungsverfügung vollstreckbar. Die Eigentümerin oder der Eigentümer hat die Baute oder Anlage demnach innert der gemäss Absatz 3 Satz 2 gesetzten Frist zu beseitigen. Erfolgt dies nicht fristgerecht, hat die zuständige Behörde zeitnah die Ersatzvornahme (Abs. 3 erster Satz, letzter Teilsatz) anzuordnen und durchführen zu lassen.

Angemessen für die Einreichung eines Baugesuchs nach Absatz 3 zweiter Satz dürfte in der Regel eine Frist von 30­90 Tagen sein. Aus wichtigen Gründen kann sie verlängert werden.

Art. 23e

Ausnahmen von der Beseitigungspflicht

Es gibt Fälle, in denen der spätere Wegfall der Bewilligung und damit die Beseitigung einer Baute oder Anlage entweder als unzumutbar erscheint oder nicht im öffentlichen Interesse liegt. Artikel 23e regelt die Fälle, in denen von der Beseitigungspflicht ­ und damit auch von der Anordnung des Wegfalls der Bewilligung von Gesetzes wegen in Artikel 23d Absatz 1 ­ abzusehen ist. Hier ist bereits bei Erteilung der Baubewilligung zu klären, ob die Beseitigungspflicht nach Artikel 23d gilt oder nicht. Der Einleitungssatz von Absatz 1 bestimmt daher, dass die Nichtanwendbarkeit von Artikel 23d in der Baubewilligung anzuordnen ist.

Gemäss Buchstabe a gilt dies generell für Wohnbauten, die nicht leicht entfernbar sind. Faktisch geht es um landwirtschaftliche Wohnbauten, für die Bedarf im Sinn von Artikel 23h Absatz 1 besteht. Bei derartigen Bauten die Beseitigung zu verlangen, wenn der landwirtschaftliche Bedarf wegfällt, erscheint nicht konsensfähig. Es sind andere Massnahmen, mit denen sichergestellt werden soll, dass die Zunahme von Wohnbauten ausserhalb der Bauzonen in den Grenzen des Notwendigen bleibt.

So muss bei derartigen Wohnbauten weiterhin die längerfristige Existenzfähigkeit des Betriebs geprüft werden (Bst. a). Gemäss Artikel 24bis Absatz 2 Buchstabe a dürfen Bewilligungen nach den Artikeln 24a­24g zudem nur unter dem Vorbehalt erteilt werden, dass die Baute oder Anlage für zonenkonforme oder standortgebundene Zwecke nicht mehr benötigt oder sichergestellt wird, dass sie zu diesem Zweck erhalten bleibt. Auch Artikel 24d Absatz 1 stellt klar, dass Bewilligungen für die zonenwidrige Nutzung landwirtschaftlicher Wohnbauten zwar erteilt werden kön7477

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nen, aber nur in (und für) Zeiten fehlenden zonenkonformen oder standortgebundenen Bedarfs. Artikel 24bis Absatz 3 erlaubt zudem, bei späterem Wiederauftauchen zonenkonformen oder landwirtschaftlichen Bedarfs die Baute oder Anlage wieder diesem Zweck zuzuführen, indem die Bewilligung für die nichtzonenkonforme Nutzung dahinfällt.

Als leicht entfernbare Wohnbauten gelten jedenfalls die dem Wohnen dienenden Bauten, die als Ganzes oder in Modulen auf das Baugrundstück gebracht, dort aufgebaut und angeschlossen werden und nach Wegfall des Bedarfs so abgebaut werden können, dass die Bausubstanz an anderer Stelle wiederaufgebaut werden kann. Hier muss allerdings von Amtes wegen kein allzu strenger Massstab angelegt werden: Wer eine geplante, landwirtschaftlich grundsätzlich benötigte Wohnbaute mit einigermassen plausibler Begründung erklärtermassen als leicht entfernbar ansieht, die Beseitigungsauflage akzeptiert und Gewähr für eine spätere Beseitigung bietet, dem kann die Bewilligung auch dann erteilt werden, wenn gewisse Zweifel daran bestehen, dass der Betrieb noch längerfristig bestehen kann und wird. Hingegen darf aus der systematischen Einordnung des Kriteriums der längerfristigen Existenzfähigkeit in Buchstabe a nicht geschlossen werden, eine landwirtschaftliche Wohnbaute dürfe ­ oder müsse gar ­ bewilligt werden, wenn die längerfristige Existenzfähigkeit klarerweise nicht gegeben ist und die Wohnbaute nicht mit nachvollziehbarer Begründung als leicht entfernbar ­ im Sinne der hier besprochenen Gesetzesbestimmung ­ angesehen werden kann.

Es gibt Konstellationen, in denen zu gewichtige Interessen dagegensprechen, eine Wohnbaute von der Beseitigungspflicht zu befreien. Zu denken ist insbesondere an temporären Wohnraum beispielsweise in Sömmerungsgebieten, wenn landwirtschaftlicher Bedarf dafür nachgewiesen werden kann. Ein Alpgebäude zu bewilligen, das bei Aufgabe der Landwirtschaft bestehen bleiben dürfte und nichtlandwirtschaftlich genutzt werden könnte, hätte zu gravierende Konsequenzen. In solchen Fällen hat die Bewilligungsbehörde regelmässig darauf zu bestehen, die Baubewilligung nur in Anwendung der Beseitigungsauflage von Artikel 23d zu bewilligen. Bei Wohnbauten setzt dies die leichte Entfernbarkeit voraus.

Die Eigenschaft der leichten Entfernbarkeit darf nicht zu einer schlechten
baukulturellen Qualität führen, welche die Siedlungslandschaft beeinträchtigen würde. Es ist eine anspruchsvolle, aber lösbare Aufgabe der Architektur, Typen günstiger, leicht entfernbarer Wohnbauten von hoher baukultureller Qualität zu entwickeln.

Nicht unter Buchstabe a fallen unbewohnte An- und Nebenbauten zu Wohnbauten.

Auch sie unterstehen künftig der Beseitigungspflicht nach Artikel 23d.

Gemäss Buchstabe b ist von der Pflicht, eine Baute oder Anlage zu beseitigen, auch zu dispensieren, wer gestützt auf Artikel 23b das Volumen und die beanspruchte Bodenfläche vollständig kompensiert. Die grösste praktische Bedeutung hat diese Bestimmung insbesondere im Zusammenhang mit landwirtschaftlichen Ökonomiebauten. In Kantonen, die bereits nach geltendem Recht eine gesetzliche Grundlage für eine Beseitigungspflicht kennen, kann dies ein Rückschritt sein. Generell haben die Kantone jedoch die Möglichkeit, gestützt auf Artikel 23g bzw. Artikel 24bis Absatz 1 eine strengere Regelung zu erlassen. In den Aufzählungen dieser beiden Bestimmungen ist zwar Artikel 23e nicht enthalten, aber wenn das kantonale Recht

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eine Beseitigungspflicht anordnet, handelt es sich im Ergebnis immer um einschränkende Bestimmungen zu den Artikeln 23h­24 (vgl. Art. 23g) bzw. 24a­24g (vgl.

Art. 24bis Abs. 1).

Gemäss Absatz 2 ist eine weitere Kategorie von Fällen denkbar, in denen in der Baubewilligung anzuordnen ist, dass auf die Beseitigungspflicht verzichtet wird. Der Bundesrat kann dies für Fälle, in denen an der Beseitigung kein öffentliches Interesse besteht, festlegen. Zu denken ist beispielsweise an Leerrohre für Leitungen, die in den Boden verlegt werden und deren Beseitigung mehr Schaden anrichten als Nutzen stiften würde. Eine entsprechende Regelung des Bundesrates ist Voraussetzung dafür, dass diese Ausnahme zum Tragen kommen kann.

Gemäss Absatz 3 gilt das Zweckänderungsverbot nach Artikel 23d Absatz 2 dritter Satz auch in den Fällen von Artikel 23e Absatz 1 Buchstabe b. Zur Begründung kann auf die Erläuterungen zu Artikel 23d Absatz 2 dritter Satz verwiesen werden.

Art. 23f

Beseitigungskosten

Zur Beseitigung nach Artikel 23d Absatz 2 ist primär die jeweils aktuelle Eigentümerschaft verpflichtet. Als Eigentümerin wird sie rechtlich zur Zustandsstörerin, wenn die Bewilligung weggefallen ist und die Baute oder die Anlage deshalb beseitigt werden muss.

Damit der Vollzug der Beseitigungspflicht nicht an fehlenden finanziellen Mitteln scheitert, räumt Absatz 1 dem Gemeinwesen, dessen Behörde die Beseitigung und die Wiederherstellung angeordnet hat, zur Sicherstellung der Beseitigungs- und Wiederherstellungskosten ein Grundpfandrecht am Standortgrundstück und an allfälligen weiteren in der Baubewilligung bezeichneten Grundstücken ein. Nicht zur Anwendung gelangen soll das Grundpfandrecht bei Pachtgrundstücken, die ebenfalls für die Erteilung der Bewilligung relevant sein können. Pachtgrundstücke ebenfalls einer solchen Regelung zu unterstellen, würde die Hürden für die Erteilung einer Baubewilligung in einem Ausmass erhöhen, das durch den Nutzen (geringfügig verbesserte finanzielle Absicherung des Gemeinwesens im Fall der Zahlungsunfähigkeit der Grundeigentümerschaft bei der Beseitigung) nicht gerechtfertigt wäre.

Ein solches Pfandrecht gibt dem Gemeinwesen als Pfandgläubiger das Recht, das belastete Grundstück bzw. die belasteten Grundstücke auf dem Weg der Schuldbetreibung (Betreibung auf Pfandverwertung) verwerten zu lassen, wenn die pfandgesicherte Forderung nicht erfüllt wird. Beim Grundpfandrecht nach Absatz 1 handelt es sich um ein unmittelbares gesetzliches Pfandrecht (Abs. 2 erster Satz), d. h. um ein Pfandrecht, das kraft gesetzlicher Anordnung schon vor einer Eintragung ins Grundbuch entsteht. Das Pfandrecht entsteht im Zeitpunkt, in dem die zuständige Behörde die Ersatzvornahme anordnet, nachdem die Grundeigentümerschaft (nach Mahnung) der Beseitigungsverfügung nach Artikel 23d Absatz 3 nicht nachgekommen ist. Es umfasst die Kosten der Ersatzvornahme. Artikel 836 Absatz 2 ZGB22 ist gemäss Absatz 2 zweiter Satz sinngemäss anwendbar: Wird das Pfandrecht nicht innert vier Monaten nach der Fälligkeit der zugrunde liegenden Forderung, spätes22

SR 210

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tens jedoch innert zwei Jahren nach der Entstehung der Forderung in das Grundbuch eingetragen, so kann es nach Ablauf der Eintragungsfrist Dritten, die sich in gutem Glauben auf das Grundbuch verlassen, nicht mehr entgegengehalten werden.

Das Grundpfandrecht nach Absatz 1 soll nicht an die als Massnahme zur Verhütung der Überschuldung vorgesehene gesetzliche Belastungsgrenze nach Artikel 73 ff.

BGBB angerechnet werden müssen. Es wird dementsprechend in Artikel 75 Absatz 1 dieses Gesetzes als weitere Ausnahme ein Buchstabe f angefügt.

Nach Absatz 3 kann das kantonale Recht vorsehen, dass die Sicherung nicht durch ein Grundpfandrecht, sondern durch eine öffentlich-rechtliche Grundlast im Sinne von Artikel 784 ZGB erfolgt. Öffentlich-rechtliche Grundlasten verpflichten die jeweilige Grundeigentümerschaft zugunsten des grundlastberechtigten Gemeinwesens (Bund, Kantone, Gemeinden oder andere Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts) zu einer bestimmten Leistung, für die die belastete Person ausschliesslich mit dem Grundstück haftet23. Im vorliegenden Zusammenhang bedeutet dies, dass für die Beseitigung der Baute oder Anlage und die Wiederherstellung des natürlichen Zustandes nur das belastete Grundstück haftet. Nach Artikel 784 ZGB sind für die Entstehung der öffentlich-rechtlichen Grundlasten und deren Wirkungen gegenüber gutgläubigen Dritten die Bestimmungen über die gesetzlichen Pfandrechte des kantonalen Rechts (Art. 836 ZGB) anwendbar. Eine Grundlast kann somit unmittelbar von Gesetzes wegen begründet werden (Grundbucheintrag nur deklaratorisch) oder das Gesetz kann dem Gemeinwesen einen Anspruch auf Eintragung einer Grundlast ins Grundbuch (Eintrag konstitutiv) einräumen. Bei Nichterfüllung der Leistung steht dem Gemeinwesen nur die Betreibung auf Pfandverwertung zur Verfügung. Da die geschuldete Leistung vorliegend keine Geldleistung ist, hat das Gemeinwesen Anspruch auf Schadenersatz (Kosten für die Beseitigung der Baute oder Anlage).

Das kantonale Recht kann auch weitergehen und allenfalls als Voraussetzung für eine Baubewilligung eine Bankgarantie verlangen.

Art. 23g

Einschränkende Bestimmungen der Kantone

Das geltende Recht gibt in Artikel 27a RPG die Möglichkeit, auf dem Weg der kantonalen Gesetzgebung einschränkende Bestimmungen zu den Artikeln 16a Absatz 2, 24b, 24c und 24d zu erlassen. Diese Bestimmung wird in den neuen Abschnitt der allgemeinen Bestimmungen zum Bauen ausserhalb der Bauzonen verschoben. Im Zuge der Vergrösserung der Spielräume der Kantone (vgl. Ziff. 4.1.1 1., 5. und 7. Lemma) wird diese Möglichkeit zudem auf alle Tatbestände des zonenkonformen und standortgebundenen Bauens (Art. 23h­24) ausgedehnt. Die Artikel 24b, 24c und 24d fallen aus der Liste weg, da sie nach Artikel 24bis Absatz 1 künftig nur dann zur Anwendung gelangen, wenn das kantonale Recht sie für anwendbar erklärt.

Das kantonale Recht wird die Einschränkungen auch weiterhin regional differenzieren können.

23

David Jenny, in Basler Kommentar zum ZGB II, 5. Aufl., Basel 2015, Rz. 1 zu Art. 784 ZGB.

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Art. 23h

Zonenkonforme Bauten und Anlagen

Die Absätze 1­3 sind identisch mit den Absätzen 1, 1bis und 2 des geltenden Artikels 16a.

Absatz 4 deckt sich inhaltlich mit Absatz 3 des geltenden Artikels 16a. Die Änderung gegenüber dem bisherigen Wortlaut ergibt sich daraus, dass das Gesetz nun den in der Praxis gebräuchlichen Begriff der Speziallandwirtschaftszonen verwendet und dass die Voraussetzungen für die Ausscheidung solcher Zonen neu in einem eigenständigen Artikel geregelt werden (Art. 16a), auf den in Artikel 23h Absatz 4 nun zu verweisen ist.

3. Abschnitt: Ausnahmebewilligungen ausserhalb der Bauzonen Im 3. Abschnitt werden die Bestimmungen über die standortgebundenen Vorhaben (Art. 24) sowie diejenigen über die nicht zonenkonformen Änderungen bestehender rechtmässiger Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen zusammengefasst (Art. 24bis­24g). Artikel 24bis enthält gemeinsame Bestimmungen, die bei allen Vorhaben, die in den Artikeln 24a­24g geregelt sind, zu beachten sind.

Art 24

Standortgebundene Bauten und Anlagen

In Artikel 24 muss das Erfordernis der Interessenabwägung nicht mehr eigens erwähnt werden, weil dieses nach Artikel 23a ohnehin bei sämtlichen Vorhaben ausserhalb der Bauzonen zu beachten ist. Der Wortlaut des neuen Artikels 23a unterscheidet sich zwar von jenem von Artikel 24 Buchstabe b des geltenden Rechts.

Inhaltlich meinen beide jedoch dasselbe, nämlich eine umfassende Interessenabwägung.

Art. 24bis

Gemeinsame Bestimmungen für bestehende Bauten und Anlagen

Absatz 1 ist Teil der Bestrebungen, den Kantonen eine intensivere Auseinandersetzung mit Chancen und Risiken des Bauens ausserhalb der Bauzonen zu ermöglichen und ihnen in diesem Bereich mehr Einflussmöglichkeiten zu geben. Auf der einen Seite werden dazu Möglichkeiten geschaffen, die das bisherige Recht nicht kannte (Art. 18a und Art. 24g), auf der anderen Seite soll nicht mehr das ganze Spektrum der bundesrechtlichen Ausnahmebewilligungstatbestände überall dort gelten, wo nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt wird.

Bis auf die in Artikel 24b Absatz 1 RPG vorgesehene Ausnahme für nichtlandwirtschaftliche Nebenbetriebe ohne engen sachlichen Bezug zum landwirtschaftlichen Gewerbe sollen zwar nach wie vor alle bundesrechtlichen Bewilligungstatbestände gelten, auch im Bereich der Weiternutzung rechtmässig bestehender Bauten (Art. 24a ff.; wobei Art. 24a infolge des Zweckänderungsverbots in Art. 23d Abs. 2 dritter Satz und in Art. 23e Abs. 2 nach Inkrafttreten des neuen Rechts faktisch nur noch auf Bauten und Anlagen anwendbar sein wird, die vor diesem Inkrafttreten rechtmässig bestanden). Sie sollen aber nur noch anwendbar sein, wenn und soweit das kantonale Recht sie ausdrücklich für anwendbar erklärt, wobei das kantonale Recht die Anwendung auch regional differenzieren kann. Sie werden damit wiederum zu Kompetenznormen, wie dies bereits von Januar 1980 bis August 2000 für 7481

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Artikel 24 Absatz 2 des RPG in der damaligen Fassung galt, und von September 2000 bis August 2007 für Artikel 24d.

Der Umstand, dass die Kantone selber entscheiden können, ob, wo und in welchem Ausmass sie von welchen Bestimmungen des «Gebäuderecyclings» (so bezeichnet, weil sie eine rechtmässig bestehende Baute oder Anlage voraussetzen) Gebrauch machen wollen, ändert nichts daran, dass die Obergrenzen des nach diesen Bestimmungen Zulässigen abschliessend durch das Bundesrecht geregelt bleiben. Soweit kantonale Bestimmungen zu Bewilligungen führen, die diese Grenzen überschreiten, dürfen sie aufgrund des Vorrangs des Bundesrechts nicht angewendet werden. Das Bundesgericht wird die Frage, ob in einem konkreten Einzelfall die bundesrechtlichen Obergrenzen eingehalten sind, weiterhin frei prüfen können. Auch in Bezug auf die Charakterisierung als Bundesaufgabe im Sinn von Artikel 2 NHG ändert sich mit der Umwandlung in eine Kompetenznorm nichts.

Absatz 2 nimmt im Wesentlichen Artikel 24d Absatz 3 RPG und Artikel 43a RPV auf. Weggelassen wird das Kriterium, wonach die Baubewilligung keine Ersatzbaute zur Folge haben darf, die nicht notwendig ist, da es in Buchstabe a enthalten ist. Das Eignungskriterium des zweiten Teilsatzes von Artikel 24d Absatz 3 Buchstabe a RPG (das in Art. 43a RPV keine Entsprechung hat) hat allein im Kontext der schützenswerten Bauten und Anlagen (Art. 24d) seine Bedeutung und verbleibt daher dort (Art. 24d Abs. 2 Bst. ater). Die umfassende Interessenabwägung, wie sie Artikel 24d Absatz 3 Buchstabe e und Artikel 43a Buchstabe e RPV vorsehen, ist neu bereits in Artikel 23a geregelt und daher im hier besprochenen Absatz 2 ebenfalls nicht mehr enthalten.

Buchstabe a deckt sich weitgehend mit Artikel 24d Absatz 3 Buchstabe a erster Teilsatz RPG und entspricht inhaltlich Artikel 43 Buchstabe a RPV.

Buchstabe b deckt sich inhaltlich mit Artikel 24d Absatz 3 Buchstabe c RPG und Artikel 43a Buchstabe c RPV. Er weicht bewusst vom Solidaritätsgedanken des Service Public ab: Wer vom Privileg profitiert, auf billigem Boden ausserhalb der Bauzonen eine Aktivität zu betreiben, die eigentlich in die Bauzonen gehört und ausserhalb der Bauzonen weder zonenkonform noch standortgebunden ist, soll wenigstens die damit verbundenen Kosten der Erschliessung selber bezahlen müssen und diese nicht
auf die Allgemeinheit überwälzen können. Auf die Erschliessung landwirtschaftlicher Bauten bleibt der Solidaritätsgedanke des Service Public, wo er so verankert ist, jedoch weiterhin anwendbar.

Buchstabe b stellt keinen Bewilligungstatbestand dar. Es handelt sich hierbei um eine zusätzliche Bewilligungsvoraussetzung, die erfüllt sein muss, damit Bewilligungen nach den Artikeln 24a­24g erteilt werden können.

Buchstabe c schliesslich deckt sich weitgehend mit Artikel 24d Absatz 3 Buchstabe d RPG und Artikel 43a Buchstabe d RPV. Klargestellt wird neu, dass die landwirtschaftliche Bewirtschaftung weder behindert noch gefährdet werden darf.

Dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Problems, dass die Landwirtschaft sich zunehmend Klagen wegen Immissionen auf zonenwidrige Nutzungen ausgesetzt sieht.

Nach geltendem Recht sind Artikel 24d Absatz 3 RPG und Artikel 43a RPV schwergewichtig als Bewilligungsvoraussetzungen konzipiert. Ist die Bewilligung 7482

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einmal erteilt, so können Bewilligungsvoraussetzungen keine Wirkung mehr entfalten, soweit mit der Bewilligung keine Bedingungen oder Auflagen verknüpft waren.

Stellt sich nachträglich beispielsweise heraus, dass eine zonenwidrige Nutzung die landwirtschaftliche Bewirtschaftung behindert oder gefährdet, so braucht es ein anderes Instrument, um den Vorrang der Landwirtschaft sicherzustellen. Absatz 3 sieht daher vor, dass die Bewilligung von Gesetzes wegen dahinfällt, wenn die Voraussetzungen von Absatz 2 nicht mehr erfüllt sind. Damit ergibt sich eine sehr ähnliche Rechtslage wie im Zusammenhang mit der Bewilligungsauflage nach Artikel 23d. Die entsprechenden Rechtsfolgen von Artikel 23d Absätze 2 und 3 werden daher für sinngemäss anwendbar erklärt.

Art. 24a Sachüberschrift sowie Abs. 1 Einleitungssatz Artikel 24a bleibt inhaltlich unverändert. Da bereits die Sachüberschriften des 4. Kapitels und des 3. Abschnitts klarstellen, dass es nur um Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen geht, kann die entsprechende Präzisierung im Einleitungssatz von Absatz 1 weggelassen werden.

Zu beachten ist das Zweckänderungsverbot gemäss Artikel 23d Absatz 2 dritter Satz und Artikel 23e Absatz 2, das Artikel 24a vorgeht. Artikel 24a wird dadurch faktisch zu einer übergangsrechtlichen Bestimmung. Um nicht unnötig Verwirrung zu stiften, wird allerdings darauf verzichtet, diese in Lehre und Rechtsprechung bekannte Norm in die Übergangsbestimmungen zu verschieben und mit einer neuen Artikelnummer zu versehen.

Zu beachten ist ausserdem, dass Artikel 24a zur Ermächtigungsnorm wird (vgl.

Art. 24bis Abs. 1 und die Erläuterungen dazu).

Art. 24b Abs. 1 und 1bis Die nichtlandwirtschaftlichen Nebenbetriebe nach Artikel 24b Absatz 1 RPG, d. h.

Nebenbetriebe ohne engen sachlichen Bezug zum landwirtschaftlichen Gewerbe, sind seit längerer Zeit aus verschiedenen Gründen in der Kritik. Gewerbliche Kreise kritisieren die Konkurrenzverzerrung gegenüber gewerblichen Betrieben mit Standorten innerhalb der Bauzonen. Aus der Sicht der Raumplanung sind Gewerbebetriebe ausserhalb der Bauzonen generell heikel. Schliesslich ist unbefriedigend, dass Artikel 24b Absatz 1 RPG für erfolgreiche Betriebe ungeeignet ist, da einem weiteren Wachstum oder auch nur einer Professionalisierung enge Grenzen gesetzt sind. Die Gefahr ist gross,
mit Bewilligungen nach Artikel 24b Absatz 1 RPG Situationen zu schaffen, mit denen letztlich niemand glücklich ist. Das ist möglicherweise auch der Grund, weshalb diese Bestimmung, soweit ersichtlich, keine grosse praktische Bedeutung erhalten hat. Sie soll im ursprünglichen Sinn denn auch nicht weitergeführt werden.

Es gibt allerdings einen sehr spezifischen Anwendungsbereich, auf den die geschilderten Probleme in wesentlich geringerem Ausmass zutreffen: die Produktion von Fischen, Insekten und ähnlichen von Artikel 23h Absatz 1 nicht erfassten Organismen als Basis für Nahrungs- und Futtermittel. Dieser Bereich hat zwar eine erhebliche Nähe zur Landwirtschaft, aber keine genügende Nähe zu einem Landwirtschaftsbetrieb, wie sie nach Artikel 24b Absatz 1bis RPG nötig ist. Bei ersatzloser 7483

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Streichung von Artikel 24b Absatz 1 RPG würde die Möglichkeit wegfallen, in bestehenden, landwirtschaftlich nicht mehr benötigten Bauten und Anlagen (auch wenn sie noch nicht unter die Beseitigungspflicht nach Art. 23d fallen) eine derartige Produktion als Ergänzung zu einem bestehenden landwirtschaftlichen Gewerbe einzurichten.

Der Anwendungsbereich von Artikel 24b Absatz 1 RPG wird daher entsprechend eingeschränkt. Verzichtet wird auf das bisherige Kriterium, wonach das Zusatzeinkommen für das weitere Bestehen des landwirtschaftlichen Gewerbes notwendig sein muss. Die Möglichkeit, eine derartige Produktion einzurichten, wenn alle anderen Voraussetzungen erfüllt sind, soll auch dynamischen, überlebensfähigen Betrieben zugestanden werden.

Fische und Insekten gelten nicht als landwirtschaftliche Erzeugnisse im Sinne der Landwirtschaftsgesetzgebung und damit auch nicht als landwirtschaftliche Bewirtschaftung im Sinn von Artikel 23h Absatz 1. Insbesondere dort, wo derartige Organismen als Nahrungsmittel produziert werden sollen, liegt die enge Verwandtschaft zur landwirtschaftlichen Produktion auf der Hand. Im Vordergrund steht aktuell denn auch die Produktion von Fischen und anderen im Wasser lebenden Tieren wie Crevetten. Mit der Zulassung von Insekten als Nahrungsmittel kann auch deren Produktion rasch an praktischer Bedeutung gewinnen. Um nicht unnötige Abgrenzungsprobleme zu schaffen, werden zwar Fische und Insekten beispielhaft erwähnt, der Anwendungsbereich wird aber auf Organismen generell ausgedehnt.

Im Vordergrund steht die Verwendung der Organismen als Nahrungsmittel, also für den Verzehr durch Menschen. Denkbar ist aber auch, dass beispielsweise Insekten gezüchtet werden, die später in geeigneter Form zur Anreicherung von Schweinefutter verwendet werden. Da ohnehin kaum zu kontrollieren wäre, ob die Organismen lückenlos durch Menschen verzehrt werden, wäre eine entsprechende Einschränkung auch kaum zu kontrollieren und durchzusetzen.

In Absatz 1bis wird bloss der erste Satz an den neuen Absatz 1 angepasst. Inhaltlich bleibt die Bestimmung unverändert.

Zu beachten ist, wie bei Artikel 24a, das Zweckänderungsverbot gemäss Artikel 23d Absatz 2 dritter Satz und Artikel 23e Absatz 2, das auch Artikel 24b vorgeht.

Zu beachten ist ausserdem, dass Artikel 24b zur Ermächtigungsnorm wird (vgl.
Art. 24bis Abs. 1 und die Erläuterungen dazu).

Art. 24c Sachüberschrift sowie Abs. 1, 3 und 5 Seit dem Einfügen von Absatz 3 in den Artikel 24c in der Teilrevision vom 23. Dezember 2011 des RPG bezieht sich dieser Artikel auch auf Wohnbauten, die im Zeitpunkt, in dem das betreffende Grundstück Bestandteil des Nichtsiedlungsgebiets im Sinne des Bundesrechts wurde, zonenkonform genutzt wurden. Der heutige Titel («bestehende zonenwidrige Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen») soll daher präzisiert werden. Altrechtliche Bauten sind Bauten, die im Zeitpunkt, in dem das Baugrundstück Bestandteil des Nichtsiedlungsgebiets im Sinne des Bundesrechts wurde, d. h. in der Regel am 1. Juli 1972, bereits bestanden (so bereits nach geltendem Recht die Sachüberschrift zu Art. 42 RPV). Als altrechtlich in 7484

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diesem Sinn gelten aber auch Bauten, die rechtmässig in einer Bauzone erstellt wurden und später einer Nichtbauzone zugewiesen wurden (oder noch werden, beispielsweise in Umsetzung der Teilrevision vom 15. Juni 2012 des RPG).

Inhaltlich bleibt Artikel 24c unverändert. Es ist zu beachten, dass die Absätze 2 und 4 von der Revision nicht erfasst sind und damit weder im Gesetzesentwurf noch hier in den Erläuterungen speziell erwähnt werden.

Die Präzisierung, dass es sich um Bauten ausserhalb der Bauzonen handelt, kann weggelassen werden, da die Sachüberschriften des 4. Kapitels und des 3. Abschnitts dies klarstellen. Artikel 24c Absatz 3 zweiter Satz RPG ist neu durch Artikel 24bis Buchstaben a und c abgedeckt und kann daher gestrichen werden. Gleiches gilt für Artikel 24c Absatz 5 RPG, der neu mit Artikel 23a abgedeckt ist.

Der Umstand, dass das Kriterium der Rechtmässigkeit erst in Absatz 2 genannt wird, könnte das Missverständnis bewirken, auch unrechtmässige Bauten könnten nach Absatz 1 in ihrem Bestand grundsätzlich geschützt sein. Dass dies nicht zutrifft, ist klar und hat in der Vergangenheit nie zu Problemen geführt. Daher wird darauf verzichtet, durch eine tiefergreifende Neuformulierung der Bestimmung neue Unsicherheit zu schaffen.

Zu beachten ist, dass Artikel 24c zur Ermächtigungsnorm wird (vgl. Art. 24bis Abs. 1 und die Erläuterungen dazu).

Art 24d Sachüberschrift sowie Abs. 1, 1bis, 2 Bst. abis, ater und Abs. 3 Absatz 1 stellt einerseits klar, dass landwirtschaftliche Wohnbauten in Zeiten fehlenden zonenkonformen (insbesondere landwirtschaftlichen) oder standortgebundenen Bedarfs landwirtschaftsfremd bewohnt (insbesondere also nicht in der Landwirtschaft tätigen Personen vermietet) werden dürfen. Da landwirtschaftliche Wohnbauten bei Bedarf konsequent der Landwirtschaft zur Verfügung stehen und nicht ­ oft als Luxusobjekte ­ auf den Wohnungsmarkt kommen sollen, ist andererseits für die landwirtschaftsfremde Vermietung eine Bewilligung einzuholen. Wenn landwirtschaftlicher (ausnahmsweise auch anderer zonenkonformer oder sogar standortgebundener) Bedarf vorliegt, haben derartige Nutzerinnen und Nutzer Priorität. Dies ist auch im Lichte des in Artikel 16 Absatz 4 erster Satz verankerten Grundsatzes des Vorrangs der Landwirtschaft folgerichtig. Die nichtlandwirtschaftliche Wohnnutzung
muss sich in jedem Fall in ähnlichem Rahmen bewegen wie die ursprüngliche landwirtschaftliche Wohnnutzung.

In Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20 Prozent darf eine Wohnung nur als Ferienwohnung vermietet werden, wenn es sich dabei um eine altrechtliche Wohnung im Sinne von Artikel 10 ZWG handelt, d. h. wenn die Wohnung am 11. März 2012 rechtmässig bestand oder rechtskräftig bewilligt war (Art. 10 i.V.m.

Art. 11 Abs. 1 ZWG). Nach diesem Zeitpunkt erstellte Wohnungen dürfen in Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20 Prozent nur als Erstwohnungen (Art. 2 Abs. 2 ZWG) oder als den Erstwohnungen gleichgestellte Wohnungen nach Artikel 2 Absatz 3 ZWG genutzt werden.

Die neue Regelung beugt auch Missbräuchen vor, wie sie dem Urteil des Bundesgerichts 1C_135/2016 vom 1. September 2016 zugrunde lagen. In diesem Urteil wurde 7485

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in E. 3.3 denn auch festgehalten, dass Bauten, die von Beginn weg zonenfremd genutzt werden, formell und materiell rechtswidrig sind.

Absatz 1bis bezieht sich auf neurechtliche landwirtschaftliche Wohnbauten, die nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden. Neurechtliche Wohnbauten sind Wohnbauten, die zu einem Zeitpunkt erstellt worden sind, als das Baugrundstück bereits Bestandteil des Nichtsiedlungsgebiets im Sinne des Bundesrechts war (altrechtliche Wohnbauten fallen unter Art. 24c; vgl. dazu die Erläuterungen zu Art. 24c). An neurechtlichen Wohnbauten sind teilweise Änderungen zulässig, soweit dies für eine zeitgemässe Wohnnutzung oder für eine energetische Sanierung unumgänglich ist (Bst. a). Von Artikel 24d Absatz 3 Buchstabe b RPG wird zudem die Anforderung übernommen, dass die äussere Erscheinung und die bauliche Grundstruktur im Wesentlichen unverändert bleiben müssen (Bst. b). Weiter wird klargestellt, dass nur für Wohnbauten, die in ihrer Substanz erhalten sind, von diesen Möglichkeiten Gebrauch gemacht werden kann.

Absatz 1bis hebt faktisch den heutigen Artikel 42a RPV auf die Stufe des formellen Gesetzes. Für die Frage, wann eine Erweiterung für eine zeitgemässe Wohnnutzung unumgänglich ist, kann auf die Erläuterungen zu Artikel 42a RPV24 verwiesen werden.

Allfällige Abparzellierungen werden aufgrund von Artikel 24bis Absatz 2 Buchstabe a künftig restriktiver zu beurteilen sein und müssen mit den zuständigen Raumplanungsbehörden koordiniert werden, eine Pflicht, die bereits aufgrund von Artikel 25a RPG besteht. Bei der Beurteilung des landwirtschaftlichen Bedarfs ist eine überbetriebliche Betrachtung im entsprechenden Gebiet anzustellen. Taucht nach Abparzellierung und Verkauf wieder landwirtschaftlicher Bedarf auf, ist auf eine allenfalls inzwischen bewilligte, zonenfremde Nutzung zurückzukommen (Art. 24bis Abs. 3).

Absatz 2 bleibt inhaltlich im Wesentlichen unverändert. Eingefügt werden einzig die neuen Buchstaben abis und ater. Dies hängt damit zusammen, dass Artikel 24d Absatz 3 im Wesentlichen in Artikel 24bis überführt wird und die Kriterien, die nicht überführt werden, in Absatz 2 integriert werden müssen. Im Fall von Buchstabe abis wird allerdings auch inhaltlich ein neuer Akzent gesetzt: Bei geschützten Bauten nach Artikel 24d Absatz 2 RPG, für die stets hohe Anforderungen
an die Schutzwürdigkeit zu stellen waren, setzte das Schutzanliegen stets erheblich engere Grenzen als Artikel 24d Absatz 3 Buchstabe b RPG. Dies soll nun auch im Gesetzestext sichtbar gemacht werden, indem der neue Buchstabe abis nicht bloss verlangt, die äussere Erscheinung und die bauliche Grundstruktur müssten im Wesentlichen unverändert bleiben, sondern besagt, der Schutzwert der geschützten Baute müsse integral erhalten bleiben. Ob dies zutrifft, kann nur unter Einschluss der Umgebung der Baute beurteilt werden. Dementsprechend können in einer Schutzverfügung auch Schutzziele in Bezug auf die Umgebung des Schutzobjekts festgelegt werden.

Zu beachten ist, dass Artikel 24d zur Ermächtigungsnorm wird (vgl. Art. 24bis Abs. 1 und die Erläuterungen dazu).

24

Bundesamt für Raumentwicklung, Erläuterungen zu Artikel 42a der Raumplanungsverordnung, Version 2, Bern, August 2004, siehe www.are.admin.ch > Raumentwicklung & Raumplanung > Raumplanungsrecht > Bauen ausserhalb der Bauzonen.

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Art. 24e Abs. 5 und 6 Die am 1. Mai 2014 in Kraft getretene Bestimmung wird inhaltlich unverändert übernommen.

Artikel 24e Absatz 5 RPG ist neu weitgehend mit den Artikeln 24bis, 23a und 23b abgedeckt. In diesen Bestimmungen fehlt einzig das Kriterium der Wahrung der äusseren Erscheinung und der baulichen Grundstruktur. Deshalb wird es ­ statt des heutigen Verweises auf Artikel 24d ­ in Absatz 5 verankert.

Absatz 6 dritter Satz ermächtigt den Bundesrat, neu auch den Wiederaufbau kleiner Nebenbauten nach Zerstörung durch höhere Gewalt vorzusehen. Damit soll das Anliegen der Motion 16.3622 der UREK-SR, Hobbymässige Kleintierhaltung im Raumplanungsrecht, umgesetzt werden. Der Wiederaufbau ist zwar immer ein Bruch in der Logik des «Gebäuderecyclings», wie es in den Artikeln 24a­24f geregelt ist. Ein solcher sollte nur aus triftigen Gründen in Kauf genommen werden. Mit Blick auf den Umstand, dass die Ausnahme nur für kleine Nebenbauten und bei Zerstörung durch höhere Gewalt zugelassen wird, erscheint es vertretbar, eine entsprechende Ergänzung vorzunehmen.

Zu beachten ist ausserdem, dass Artikel 24e zur Ermächtigungsnorm wird (vgl.

Art. 24bis Abs. 1 und die Erläuterungen dazu).

Art. 24f

Altrechtliche gewerbliche Bauten und Anlagen

Mit der Neustrukturierung des Bauens ausserhalb der Bauzonen bietet sich die Gelegenheit, Artikel 37a RPG systematisch besser bei den Artikeln 24 ff. zu integrieren. Die Sachüberschrift wird an jene von Artikel 24c angepasst.

Zu beachten ist, dass Artikel 24f zur Ermächtigungsnorm wird (vgl. Art. 24bis Abs. 1 und die Erläuterungen dazu).

Art. 24g

Abweichungen von den Artikeln 24c, 24d und 24f

Diese Bestimmung regelt den Planungs- und Kompensationsansatz für die Fälle, in denen bestimmte Nutzungen und ihre Kompensation direkt auf diesen eigenständigen Ausnahmebewilligungstatbestand bewilligt werden, ohne die entsprechenden Möglichkeiten in der Nutzungsplanung zu verankern.

Absatz 1 verweist auf die in Artikel 8d umschriebenen Anforderungen auf der Stufe der Richtplanung. Er stellt zudem klar, dass ein Vorgehen nach Artikel 24g lediglich für bestimmte, thematisch eingeschränkte Bau- und Nutzungsmöglichkeiten zur Verfügung steht. Die Artikel 24c, 24d und 24f (vgl. dazu weiter unten) knüpfen alle an der Existenz einer bestehenden Baute oder Anlage an. Das Gleiche gilt damit für Artikel 24g. Dies bedingt zwar nicht in jedem Fall einen körperlichen Zusammenhang mit einer bestehenden Baute oder Anlage, aber doch eine grosse räumliche Nähe, wie dies beispielsweise innerhalb einer Gebäudegruppe der Fall ist. Neubauten auf der grünen Wiese finden hingegen keine Grundlage in diesem Artikel (im Kontext von Art. 18a sind sie möglich, stellen aber hohe Anforderungen an die Kompensation, damit im Ergebnis keine störendere Nutzung entsteht). Wie bereits

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erwähnt, können sodann nur Abweichungen von den folgenden bundesrechtlichen Bewilligungstatbeständen erlaubt werden: ­

Artikel 24c: Diese Bestimmung bezieht sich vor allem auf altrechtliche Wohnnutzungen (i. d. R.: 1972 rechtmässig bestehende; vgl. dazu die Erläuterungen zu diesem Artikel).

­

Artikel 24d: Hier geht es einerseits um die in Absatz 1 dieser Bestimmung geregelten neurechtlichen landwirtschaftlichen Wohnbauten (i. d. R.: nach 1972 erstellt), andererseits um die geschützten Bauten nach Absatz 2 dieser Bestimmung.

­

Artikel 24f (bisher Art. 37a RPG) schliesslich bezieht sich auf die vor 1980 erstellten altrechtlichen Gewerbebauten.

Gemäss Buchstabe a kann in einem konkreten Baubewilligungsverfahren von den Möglichkeiten von Artikel 24g nur so weit Gebrauch gemacht werden, als dies im betreffenden Richtplan ausdrücklich vorgesehen ist. Dazu gehört auch, dass sich das Bauvorhaben in demjenigen Perimeter befindet, in dem diese Abweichungen zur Anwendung gelangen können (vgl. Art. 8d Abs. 2 Bst. a).

Buchstabe b stellt klar, dass mit Baubewilligungen, die gestützt auf Artikel 24g erteilt werden, nicht nur keine Verschlechterung, sondern eine Verbesserung der Gesamtsituation im Gebiet ausserhalb der Bauzonen erzielt werden soll. Allerdings stehen hier im Unterschied zu einem Vorgehen nach Artikel 18a die Massnahmen der quantitativen Kompensation oder Realkompensation im Vordergrund. Aufwertungsmassnahmen, die nicht gleichzeitig eine quantitative Kompensation darstellen, können ohne Grundlage in einem Nutzungsplan kaum erfolgversprechend angeordnet werden. Dies bedeutet, Mehrnutzungen nach Artikel 24g müssen durch die Beseitigung von bestehenden Bauten oder Anlagen so kompensiert werden, dass nicht nur keine Verschlechterung der Gesamtsituation entsteht, sondern eine merkliche Verbesserung. Im Ergebnis dürfen daher keine grösseren und keine störenderen Nutzungen entstehen (siehe dazu detaillierter vorne die Erläuterungen zu Art. 18a Abs. 1 Bst. b). Zu beachten sind dabei zudem die Vorgaben des Richtplans an die Mindestanforderungen der Kompensation und an deren rechtliche Sicherstellung gemäss Artikel 8d Absatz 2 Buchstabe c.

Buchstabe c dient der Vollzugssicherung. Im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens ist beispielsweise mittels Auflagen oder Bedingungen sicherzustellen, dass mit der Bauausführung erst begonnen wird, wenn die zur Realkompensation vorgesehenen Bauten und Anlagen beseitigt worden sind.

Absatz 2 stellt sicher, dass die bewilligte Mehrnutzung die Kompensation nicht überdauert. Sollte beispielsweise eine im Sinne der Kompensation beseitigte Baute wieder erstellt werden (z. B. wegen landwirtschaftlichen oder standortgebundenen Bedarfs), wäre die nach Artikel 24g bewilligte Nutzung zu sistieren, bis anderweitig eine den Anforderungen genügende Kompensation erfolgt ist. Sollte sich die Grundeigentümerschaft nicht um diese anderweitige Kompensation bemühen (also nicht nach einer den Anforderungen genügenden
Kompensationsmöglichkeit suchen und auch nicht bereit sein, einen ­ nicht zuletzt durch Angebot und Nachfrage beeinflussten ­ Preis dafür zu bezahlen), wäre letztlich der Rückbau der gemäss Artikel 24g bewilligten Nutzung anzuordnen.

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Als Beispiel für ein Vorgehen nach Artikel 24g soll die Situation erwähnt werden, dass ein Kanton Kulturlandschaften mit besonderen regionaltypischen Bauten erhalten will. Da diese Bauten im zur Diskussion stehenden Gebiet relativ kleinräumig sind, ist ein zeitgemässer Ausbau im Rahmen der Möglichkeiten von Artikel 24c kaum möglich. Der Kanton will daher an geeigneten, gut erschlossenen Standorten, die im Richtplan bezeichnet werden, weitergehende Umbaumöglichkeiten zulassen, die hohen gestalterischen Anforderungen genügen müssen. Für die Kompensation sind insbesondere störende, nicht mehr benötigte (zumeist: leerstehende) Wohngebäude vorgesehen, für die nachweislich kein landwirtschaftlicher Bedarf mehr besteht. Auch eine Kompensation mit störenden, nicht mehr benötigten Ökonomiebauten ist denkbar, doch werden Fläche und Volumen deutlich überkompensiert werden müssen, wenn insgesamt keine störendere Nutzung entstehen soll (vgl. dazu die Erläuterungen zu Art. 18a Abs. 1 Bst. b in fine).

Art. 24h Das Bauen ausserhalb der Bauzonen wird weitgehend durch Bundesrecht geregelt.

Deshalb soll in diesem Bereich auch die strafrechtliche Sanktionierung von drei qualifizierten Verstössen bundesrechtlich einheitlich geregelt werden, nämlich das Bauen ohne Baubewilligung (Bst. a), das Erschleichen einer Baubewilligung durch unrichtige oder unvollständige Angaben (Bst. b) und das Nichtbefolgen einer baupolizeilichen Anordnung (Bst. c). Mit Bauen ohne Baubewilligung sind Verletzungen von Artikel 22 Absatz 1 RPG gemeint. Da nach dieser Bestimmung auch Umnutzungen bewilligungspflichtig sind, wird in Buchstabe a ausdrücklich auf diese Tatbestandsvariante hingewiesen.

Mit diesen Strafbestimmungen soll der Vollzug des Raumplanungsrechts in einem besonders gefährdeten Bereich gestärkt werden. Die Straftatbestände sollen als Vergehen ausgestaltet sein. Dies rechtfertigt sich aufgrund des Unrechtsgehalts, weil es sich nicht um blosse Kavaliersdelikte handelt. Als Vergehen ausgestaltet sind auch die vom Unrechtsgehalt her vergleichbaren Strafbestimmungen des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1983 über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG) und des ZWG. Die Qualifikation als Vergehen ermöglicht auch die Strafbarkeit von Unternehmen nach Artikel 102 Absatz 1 StGB25, wenn sich die Verantwortung wegen
mangelhafter Organisation des Unternehmens keiner bestimmten natürlichen Person zurechnen lässt.

Absatz 3: Erweist sich in einem Strafverfahren, dass durch eine strafbare Handlung nach Absatz 1 oder 2 auf das Ergebnis eines Baubewilligungsverfahrens eingewirkt worden ist, so liegt ein bundesrechtlicher Revisionsgrund vor. Diesfalls hat die Baubewilligungsbehörde bzw. eine Rechtsmittelinstanz zu prüfen, ob die fragliche Verfügung aufgehoben oder geändert werden muss.

25

SR 311.0

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Art. 24i Gegenstand dieser Untersuchungen sind sowohl die Auswirkungen der Anwendung der Bestimmungen über das Bauen ausserhalb der Bauzonen auf die räumliche Entwicklung, die Landschaft und die Baukultur als auch eine Analyse der Gesetzesbestimmungen und deren Vollzug darauf hin, ob ein Änderungsbedarf besteht. Die Berichterstattung über die Auswirkungen der Bestimmungen über das Bauen ausserhalb der Bauzonen kann gegebenenfalls auch im Rahmen einer Botschaft erfolgen, mit welcher der Bundesrat die erforderlichen Änderungen des Raumplanungsgesetzes beantragt.

Art. 25 Sachüberschrift sowie Abs. 2 Absatz 2 wird in den neuen Artikel 25bis verschoben, die Sachüberschrift von Artikel 25 ist entsprechen anzupassen.

Art. 25bis

Zuständigkeiten ausserhalb der Bauzonen

Das RPG enthält keinerlei Regelung zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes. Da die materielle Regelung, unter welchen Voraussetzungen eine Bewilligung erteilt werden kann, implizit auch die Verpflichtung enthält, bei illegalen Veränderungen den rechtmässigen Zustand wiederherzustellen, stellt dies grundsätzlich kein Problem dar. Hingegen ergeben sich nach geltendem Recht Unsicherheiten im Bereich der Zuständigkeiten. Zudem haben die Erfahrungen seit dem Inkrafttreten des RPG gezeigt, dass die Anordnung und der Vollzug der Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes in vielen Kantonen grosse Mühe bereiten. Eine wirksame und konsequente Anordnung und Durchsetzung der Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes ist für die Glaubwürdigkeit der Regelungen zum Bauen ausserhalb der Bauzonen von zentraler Bedeutung. Unter allen Umständen ist zu verhindern, dass der Punkt erreicht wird, an dem diejenigen klarerweise benachteiligt sind, die sich an die gesetzlichen Bestimmungen halten. Daher soll im Gesetz einerseits klargestellt werden, dass der Verzicht auf eine Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes ausserhalb der Bauzonen nur von der Behörde beschlossen werden kann, die für die Prüfung entsprechender Baugesuche zuständig ist (Abs. 4).

Andererseits soll, der Bedeutung des Themas entsprechend, ein klarer Auftrag für den Vollzug erteilt werden (um die Organisationsautonomie der Kantone zu wahren, lässt die Bestimmung offen, welche Behörde für baupolizeiliche Anordnungen zuständig erklärt wird): ­

Absatz 2 unterstreicht die Bedeutung der Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes, indem er die kantonale Bewilligungsbehörde ausdrücklich damit beauftragt, sicherzustellen, dass unbewilligte Nutzungen innert nützlicher Frist festgestellt und anschliessend sofort untersagt und wirksam unterbunden werden und dass der Rückbau unbewilligter baulicher Veränderungen, soweit sie sich nicht in einem nachträglichen Bewilligungsverfahren als zulässig erweisen, ohne Verzug angeordnet und vollzogen wird.

Die zeitliche Differenzierung ist bewusst gewählt: Nicht jede illegale Veränderung oder Nutzung kann sofort festgestellt werden. Es wird zum Ausdruck gebracht, dass ein gewisser Aufwand zur Feststellung illegalen Bauens zu

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treiben ist. Dabei dürfen und sollen Prioritäten gesetzt werden: Je empfindlicher ein Gebiet, je gravierender oder störender das illegale Verhalten, desto rascher muss es entdeckt werden. Unumgänglich ist, dass eingehende Baugesuche oder notwendige baupolizeilichen Abklärungen zum Anlass genommen werden, die baupolizeiliche Situation vor Ort gleich gesamthaft abzuklären.

In Gebieten, die besonders viel Sorgfalt verlangen, werden auch künftig spezielle baupolizeiliche Anstrengungen nötig sein, etwa in Gebieten, in denen Artikel 39 Absatz 2 RPV zur Anwendung gelangt (vgl. Art. 39 Abs. 5 RPV) oder im Zusammenhang mit Verbesserungen der Gesamtsituation nach den Artikeln 18a und 24g.

­

Absatz 3 gibt der für die Bewilligungen zuständigen kantonalen Behörde von Bundesrechts wegen zumindest die Möglichkeit, aufsichtsrechtlich anstelle der Baupolizeibehörde tätig zu werden. Die kantonale Behörde kann in diesem Sinn zumindest subsidiär Anordnungen treffen und insbesondere auch die Ersatzvornahme androhen und durchführen.

­

Die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes setzt zwar aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Prüfung der Verhältnismässigkeit voraus.

Ein Wiederherstellungsbefehl erweist sich allerdings nur dann als unverhältnismässig, wenn die Abweichung vom Gesetz gering ist und die berührten allgemeinen Interessen den Schaden, der der Eigentümerin oder dem Eigentümer durch die Wiederherstellung entstünde, nicht zu rechtfertigen vermögen. Sogar eine blosse Nutzungsänderung stellt dabei bereits eine schwerwiegende Verletzung eines der nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung wichtigsten Prinzipien des Raumplanungsrechts des Bundes dar, nämlich des Grundsatzes der Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet (BGE 132 II 21, E. 6.4 S. 40). In Absatz 4 wird daher ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ausserhalb der Bauzonen nur ausnahmsweise auf die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes verzichtet werden kann. Zu denken ist dabei etwa an den Fall, in dem ein unterirdischer Anbau mit ­ gegenüber den bewilligten Plänen ­ etwas zu grosser Raumhöhe ausgeführt wurde.

Absatz 1 von Artikel 25bis entspricht wörtlich Artikel 25 Absatz 2 des geltenden RPG. Aus systematischen Gründen wird dieser in den neuen Artikel 25bis verschoben.

Art. 27a Artikel 27a wird ersetzt durch Artikel 23f und kann daher aufgehoben werden.

Art. 34 Abs. 2 Bst. c Die Anpassung in Absatz 2 Buchstabe c erfolgt aufgrund der systematischen Umstrukturierung der Bestimmungen zum Bauen ausserhalb der Bauzonen.

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Art. 36 Abs. 2 Artikel 36 Absatz 2 RPG muss in jedem Fall angepasst werden, da Artikel 27a RPG, auf den sich der letzte Teilsatz bezieht, verschoben und geändert wird. Da mit der hier erläuterten Revision keine neuen Bewilligungstatbestände eingeführt werden, die direkt anwendbar werden könnten, ohne dass der Kanton Massnahmen gegen eine ­ in Bezug auf seine konkreten Verhältnisse ­ zu weite Anwendung treffen könnte, kann dieser Satzteil gestrichen werden.

Art. 37a und 38 Artikel 37a wird ersetzt durch Artikel 24f und kann hier aufgehoben werden. Artikel 38 wurde abgelöst durch Artikel 3 ZWG und kann daher ebenfalls aufgehoben werden.

Art. 38b

Übergangsbestimmung zur Änderung vom ...

Diese Bestimmung führt Artikel 16b Absatz 2 RPG weiter und soll sicherstellen, dass für altrechtliche Beseitigungsauflagen, d. h. für solche, die vor Inkrafttreten von Artikel 23d gestützt auf Artikel 16b RPG oder das kantonale Recht, allenfalls auch als mildere Massnahme beispielsweise bei nicht nachgewiesener längerfristiger Existenzfähigkeit (Art. 34 Abs. 4 Bst. c RPV) verfügt wurden, die nötige gesetzliche Grundlage erhalten bleibt. Die Rechtsfolgen decken sich mit Artikel 23d Absatz 2.

Allerdings besteht bei altrechtlichen Beseitigungsauflagen kein gesetzliches Grundpfandrecht gestützt auf Artikel 23e. Kann nach Wegfall der Bewilligung eine neue Bewilligung für eine zonenkonforme oder standortgebundene Nutzung erteilt werden, so gilt für diese die Beseitigungspflicht nach Artikel 23d.

5.2

Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB)

Art. 60 Abs. 1 Bst. e und j Mit der Anpassung in Buchstabe e wird die Verweisung auf das Raumplanungsgesetz aktualisiert.

Die Schaffung eines neuen Ausnahmetatbestandes vom Realteilungs- und Zerstückelungsverbot nach Artikel 58 BGBB für Land in Speziallandwirtschaftszonen in Buchstabe j soll es ermöglichen, dass dieses Land bei Bedarf auch für andere Personen als den bisherigen Grundeigentümer verfügbar wird.

Art. 64 Abs. 1 Bst. h Mit dem neuen Buchstaben h erhalten Kantone und Gemeinden die Möglichkeit, Landwirtschaftsland zu erwerben, um Speziallandwirtschaftszonen ihrer Bestimmung zuzuführen (zur Sicherstellung der Verfügbarkeit vgl. die Erläuterungen zu Art. 16a Abs. 3 RPG). Diese Möglichkeit darf selbstverständlich nicht dazu führen, 7492

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dass das Gemeinwesen das Land hortet oder für andere Zwecke verwendet als zur Sicherstellung der Verfügbarkeit im Sinn von Artikel 16a Absatz 3. Demnach ist das solchermassen erworbene Land an geeignete Interessenten weiter zu veräussern.

Scheitert die Ausscheidung einer geplanten Speziallandwirtschaftszone definitiv, soll das Land wieder an landwirtschaftliche Bewirtschafter verkauft werden.

Art. 75 Abs. 1 Bst. f Vgl. Erläuterungen zu Artikel 23f Absatz 1 RPG.

6

Auswirkungen

6.1

Vorbemerkung

Der Vorentwurf war im Jahr 2015 Gegenstand einer Nachhaltigkeitsbeurteilung (NHB) und Regulierungsfolgenabschätzung (RFA).26 Diese Untersuchungen wurden im Hinblick auf die ergänzende Vernehmlassung zu neuen Elementen im Sommer 2017 und im Hinblick auf den Gesetzesentwurf aktualisiert.

6.2

Auswirkungen auf den Bund

Für den Bund kann insbesondere der Planungs- und Kompensationsansatz mit seinen verschiedenen Vorgehensweisen (Art. 8c i.V. m. Art. 18a bzw. Art. 8d i.V.m.

Art. 24g) einen Mehraufwand ergeben, und zwar sowohl bei der Beratung und Unterstützung der Kantone und Gemeinden als auch bei der Prüfung und Genehmigung der kantonalen Richtpläne, mit denen der Ansatz umgesetzt wird. Weiter wird auch die Aufsicht über die korrekte Umsetzung der geänderten bundesrechtlichen Bestimmungen über die Ausscheidung der Speziallandwirtschaftszonen (Art. 16a) und der weiteren Zonen (Art. 18 Abs. 1 und 1bis) sowie über die Handhabung der Bestimmungen über die Beseitigungspflicht (Art. 23d­23f) aufwendiger werden.

Auch die Durchführung der in Artikel 24i vorgesehenen Überprüfung der Wirkungen wird dem Bund einen Zusatzaufwand bringen. Es wird nicht möglich sein, diese Mehraufwände vollumfänglich durch entsprechende Priorisierungen sowie eine Bündelung des Ressourceneinsatzes aufzufangen. Damit der Bund seine künftigen Aufgaben im Bereich der Raumplanung rasch und effizient erfüllen und seine Aufsichtsfunktion korrekt wahrnehmen kann, bedarf es voraussichtlich insgesamt drei zusätzlicher Stellen beim ARE. Ein allfälliger zusätzlicher Aufwand beim Bundesamt für Kultur kann derzeit nicht beziffert werden. Der tatsächliche personelle Mehrbedarf wird noch genauer evaluiert und dem Bundesrat zusammen mit den Ausführungsbestimmungen beantragt werden.

26

Ecoplan: Nachhaltigkeitsbeurteilung (NHB) und Regulierungsfolgenabschätzung (RFA) zur 2. Etappe der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes, Bern 2015 mit Aktualisierung von 2017 und 2018, siehe www.are.admin.ch > Raumentwicklung & Raumplanung > Raumplanungsrecht > Revision RPG > Revision RPG 2.

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6.3

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Die Aufgabenteilung im Bereich der Raumplanung wird mit der Vorlage nicht grundlegend verändert. Mit dem Planungs- und Kompensationsansatz wird aber die Möglichkeit geschaffen, beim Bauen ausserhalb der Bauzonen besser auf kantonale und regionale Bedürfnisse einzugehen, was die Rolle der Kantone und den Gedanken der Subsidiarität stärkt. Dabei behält der Bund mit der Genehmigung entsprechender Anpassungen der kantonalen Richtpläne weiterhin eine wichtige Rolle. Will ein Kanton von den Möglichkeiten des Planungs- und Kompensationsansatzes Gebrauch machen, muss er zudem bereit sein, einen entsprechenden Planungs- und Umsetzungsmehraufwand zu leisten. Im Bereich des Bauens ausserhalb der Bauzonen werden ausserdem die kantonalen Kompetenzen im Vollzug eher gestärkt. Dies setzt voraus, dass die Kantone auch die erforderlichen Ressourcen bereitstellen. Eine grundlegende Stärkung der kantonalen Kompetenzen ergibt sich zudem daraus, dass die Kantone neu selbst entscheiden können, welche der Ausnahmebestimmungen nach den Artikeln 24a­24g auf ihrem Gebiet in welchem Umfang zur Anwendung kommen können und welche nicht. Der maximale Rahmen der zulässigen Bau- und Nutzungsmöglichkeiten wird dabei immer noch durch das RPG bestimmt.

Die urbanen Zentren und Agglomerationen sind vom Bauen ausserhalb der Bauzonen weniger betroffen, hingegen eher überdurchschnittlich von den Themen «Bauen im Untergrund» und «funktionale Räume». Die allgemein formulierten Grundsätze der Vorlage zu diesen beiden Themen werden die Raumplanung nicht grundlegend verändern, fördern aber in der Tendenz eine umfassende und vorausschauende Planung. Dies ist gerade im komplexen und dynamischen urbanen Umfeld besonders wichtig und im Sinne der Investitions- und Planungssicherheit positiv zu werten.

Die ländlichen Räume und Berggebiete sind von den Reformen im Bereich des Bauens ausserhalb der Bauzonen überdurchschnittlich stark betroffen, weil die Landwirtschaft in diesen Räumen eine bedeutende Rolle spielt und weil Innovationen mit engerem oder weiterem Bezug zur Landwirtschaft, z. B. im Agrotourismus, für die wirtschaftliche Entwicklung dieser Regionen wichtig sind. Mit dem Planungs- und Kompensationsansatz kann den Eigenheiten von ländlichen Räumen und Berggebieten unter Umständen besser Rechnung getragen werden, was aber von den Kantonen,
Regionen und Gemeinden auch planerischen Aufwand erfordert. Die Auswirkungen sind bezüglich Wirtschaft und Gesellschaft in diesen Räumen insgesamt eher positiv. Dies gilt bei konsequenter Anwendung des Verbesserungsgebotes auch für die Umweltwirkungen. Die Gestaltungsspielräume für die ländlichen Räume und Berggebiete nehmen eher zu, und wenn diese verantwortungsbewusst und zukunftsorientiert genutzt werden, wirken sich die Neuregelungen positiv aus.

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6.4

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die wirtschaftlichen Effekte der Vorlage sind insgesamt relativ gering, in der Tendenz jedoch eher positiv.

Die Regelungen zum Bauen ausserhalb der Bauzonen werden übersichtlicher und mit dem Planungs- und Kompensationsansatz auch flexibler, was sich aus wirtschaftlicher Sicht tendenziell positiv auswirkt. Durch die Neufassung der Bestimmungen können einzelne Betriebe positiv, andere aber auch negativ betroffen sein; im Grossen und Ganzen unterscheiden sich die Wirkungen aber nicht stark vom bisherigen Recht. Sie sind zudem schwer vorhersehbar, weil sie stark vom Vollzug und auch von der wirtschaftlichen Dynamik in der Landwirtschaft und den landwirtschaftlichen Nebenaktivitäten abhängen.

Für gewerbeähnliche Nutzungen ausserhalb der Bauzonen ohne engen Bezug zur Landwirtschaft bringen die Änderungen eine Erschwernis. Zugleich führen sie aber auch zur Beseitigung einer Wettbewerbsverzerrung gegenüber Gewerbebetrieben in Bauzonen. Das heisst auch, dass die Revision für Gewerbebetriebe in Bauzonen vorteilhaft ist, weil sie tendenziell gleich lange Spiesse schafft.

Weiter wird ein Systemwechsel vorgenommen, und zwar von unbefristeten Baubewilligungen mit Nachweis der langfristigen Existenzfähigkeit des Betriebs zu Bewilligungen ohne diesen Nachweis, aber mit einer Beschränkung für die Dauer des Bedarfs und mit der Pflicht zur Beseitigung bei Wegfall des Bedarfs (Beseitigungspflicht nach Art. 23d­23f). Dieser Systemwechsel erleichtert Bauten ausserhalb der Bauzonen tendenziell und ermöglicht der Landwirtschaft einen grösseren Gestaltungsspielraum als bisher.

Die neuen Grundsätze zur Planung in funktionalen Räumen, zur Planung des Untergrundes sowie zur Interessenabwägung stärken eine wirksame und vorausschauende Raumplanung, was mittel- und längerfristig besonders in einem dicht besiedelten Land und bei steigenden Nutzungs- und Interessenkonflikten bedeutsam ist. Die Schweizer Wirtschaft soll sich auch räumlich effizient organisieren können, längerfristig Infrastrukturkosten optimieren und Umweltfolgekosten vermeiden: Hier kann die Vorlage einen Beitrag leisten, auch wenn er relativ bescheiden ist. Es kann vorkommen, dass Planungen (z. B. im Untergrund) mit Mehraufwand verbunden sein werden oder für eine einzelne Unternehmung auch eine Einschränkung zur Folge haben werden. Dies lässt sich aber aufgrund der allgemein formulierten Grundsätze nicht präziser vorhersagen.

6.5

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Die gesellschaftlichen Auswirkungen der Vorlage sind eher gering. In der Gesamtbilanz wird die Rechtssicherheit eher gestärkt: Die materiellen Bauvorschriften ändern nur geringfügig, und es kann weitgehend an der bisherigen Bewilligungspraxis angeknüpft werden. In einigen Fällen, wie beim Planungs- und Kompensationsansatz, wird es eine Übergangszeit geben, in der die neuen Bestimmungen von den Kantonen, Gemeinden und Gerichten angewendet und dabei interpretiert werden müssen.

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Mit dem Planungs- und Kompensationsansatz können die Regionen ­ falls so vom jeweiligen Kanton im Richtplan vorgesehen ­ gestärkt werden, weil sie einen grösseren Spielraum erhalten, um ihren spezifischen Bedürfnisse Rechnung zu tragen.

6.6

Auswirkungen auf die Umwelt

Die Vorlage mit den beiden Kernideen der Beseitigungspflicht und des Planungsund Kompensationsansatzes wurde so konzipiert, dass sie zu einem besseren Schutz des Kulturlandes führt. Die Rückbaupflicht und der Grundsatz der Kompensation und Aufwertung ermöglichen eine Verbesserung für die Umwelt oder vermeiden zumindest Mehrbelastungen. Im Vergleich zum Entwurf vom Juni 2017 wurden beim Planungs- und Kompensationsansatz deutliche Präzisierungen vorgenommen und Bestimmungen aufgenommen, wonach der Ansatz zu einer Verbesserung der Gesamtsituation führen muss und die entsprechenden Massnahmen auch gesichert sein müssen. Diese Verbesserungen werden auch durch die Prüfungsmöglichkeiten des Bundes sowie durch das Verbandsbeschwerderecht und die gerichtliche Überprüfbarkeit unterstützt.

Umgekehrt fällt in gewissen Fällen der Nachweis der Existenzfähigkeit von Betrieben weg, was eine leicht zunehmende Bautätigkeit ausserhalb der Bauzonen auslösen könnte, die erst längerfristig zu einem gewissen Grad mit dem Rückbau von Gebäuden kompensiert werden dürfte, für die kein Bedarf mehr besteht.

Die tatsächlichen Umweltwirkungen werden von der Umsetzung der neuen Regelungen betreffend Beseitigungspflicht abhängen. Offen ist ebenfalls, welche Anwendung der Planungs- und Kompensationsansatz finden wird, wie in der Praxis die Verbesserung der Gesamtsituation beurteilt werden wird, ob es sich bei den Aufwertungen wirklich um sonst nicht vorgenommene zusätzliche Massnahmen handelt und ob die Kompensationen knapp oder grosszügig ausfallen werden. Die Entwicklungen sind auch von sehr vielen anderen Faktoren abhängig, die nicht zuverlässig prognostiziert werden können (Vollzugspraxis, Branchenentwicklung bei Landwirtschaft, Gewerbe und [Agro-]Tourismus, Landwirtschaftspolitik).

7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 75 Absatz 1 BV ab, der dem Bund die Kompetenz gibt, Grundsätze der Raumplanung festzusetzen. Gleichzeitig enthält dieser Verfassungsartikel inhaltliche Vorgaben, an denen sich die Raumplanungsgesetzgebung zu orientieren hat (siehe dazu auch Ziff. 1.1).

Der Grundsatz der Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet (sog. Trennungsgrundsatz) bildet eines der fundamentalen Prinzipien der schweizerischen Raumplanung und geniesst Verfassungsrang. Die vorgeschlagenen Änderungen der Bestimmungen zum Bauen ausserhalb der Bauzonen tragen der Bedeutung dieses Grundsatzes Rechnung. Insbesondere die vorgeschlagene Beseitigungspflicht 7496

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(Art. 23d­23f), die auf eine Stabilisierung des Gebäudebestandes ausserhalb der Bauzonen ausgerichtet ist, unterstreicht die zentrale Bedeutung des Trennungsgrundsatzes. Mit den Bestimmungen zum Planungs- und Kompensationsansatz (Art. 8c i.V.m. Art. 18a, bzw. Art. 8d i.V.m. Art. 24g) wird das Ziel verfolgt, den Kantonen die Befriedigung spezifischer Bedürfnisse im Nichtbaugebiet zu ermöglichen, ohne den Trennungsgrundsatz aufzuweichen. Dies wird dadurch sichergestellt, dass entsprechende Nutzungen zu einer Verbesserung der Gesamtsituation im betreffenden Gebiet führen müssen und im Ergebnis keine grösseren und keine störenderen Nutzungen nach sich ziehen dürfen. Bei diesen Vorgaben handelt es sich um direkt anwendbares Bundesrecht, dessen Anwendung das Bundesgericht in freier Kognition überprüfen kann und dessen Verletzung Organisationen rügen können, die nach Artikel 12 NHG beschwerdeberechtigt sind.

Ein wirksamer Schutz des Kulturlandes und der offenen Landschaft muss sodann möglichen Zersiedlungstendenzen Einhalt gebieten. Die präzisierten Vorgaben für die Ausscheidung von Spezialzonen nach Artikel 18 und Speziallandwirtschaftszonen (Art. 16a) leisten dazu einen wichtigen Beitrag. Im Unterschied zum geltenden Recht sollen bauliche Massnahmen für nichtlandwirtschaftliche Nebenbetriebe ohne einen engen sachlichen Bezug zum Landwirtschaftsbetrieb (z. B. Schreinereien oder Autogaragen) nicht mehr zulässig sein (Art. 24b). Mit solchen Nebenbetrieben wird der Trennungsgrundsatz zu stark relativiert. Im Weiteren soll ausserhalb der Bauzonen eine kantonale Behörde nicht nur bei Bewilligungen, sondern auch bei Entscheiden über die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes zwingend mitwirken (Art. 25bis). Diese organisatorische Massnahme ist für eine konsequente Durchsetzung der einschlägigen Vorschriften unabdingbar. Dem gleichen Ziel dienen die vorgeschlagenen Strafbestimmungen (Art. 24h).

Was die Raumplanung in funktionalen Räumen betrifft, trägt die vorgeschlagene Bestimmung (Art. 2 Abs. 1bis) den gegen den Vernehmlassungsentwurf vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken Rechnung. Sie beschränkt sich darauf, Bund, Kantone und Gemeinden zur Zusammenarbeit in Bereichen mit funktionalräumlichen Verflechtungen anzuhalten, soweit dies zur Verwirklichung der Ziele und Grundsätze der Raumplanung
erforderlich ist. Diese Konkretisierung ist durch den allgemeinen Auftrag zur Zusammenarbeit in Artikel 75 Absatz 2 BV gedeckt.

Der zunehmenden Bedeutung des Untergrunds trägt der vorgeschlagene Artikel 3 Absatz 5 dadurch Rechnung, dass er eine umfassende Koordinationspflicht statuiert.

Zur Auferlegung einer solchen Pflicht ist der Bund aufgrund seiner Grundsatzgesetzgebungskompetenz nach Artikel 75 Absatz 1 BV befugt.

7.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Vorlage ist mit dem für die Schweiz geltenden Völkerrecht vereinbar.

7497

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7.3

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Mit der Vorlage werden weder neue Subventionsbestimmungen geschaffen, noch neue Verpflichtungskredite oder Zahlungsrahmen beschlossen. Somit gibt es auch keine Bestimmungen, die der Ausgabenbremse zu unterstellen sind.

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