18.040 Botschaft zur Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Ecuador vom 18. April 2018

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Ecuador.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

18. April 2018

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Übersicht Das Abkommen vom 28. November 1994 zwischen der Schweiz und Ecuador zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen enthält keine spezifische Bestimmung über den Informationsaustausch.

Nach dem Rückzug des Schweizer Vorbehalts zu Artikel 26 des OECD-Musterabkommens im März 2009 wünschte Ecuador 2011 eine Anpassung des Abkommens an die neue Abkommenspolitik der Schweiz in diesem Bereich. Anschliessend fanden auf dem Korrespondenzweg Verhandlungen statt, um mittels eines Änderungsprotokolls das Abkommen an den internationalen Standard des Informationsaustauschs auf Ersuchen anzupassen.

Das Änderungsprotokoll wurde am 26. Juli 2017 in Quito unterzeichnet.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben den Abschluss des Änderungsprotokolls begrüsst.

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Botschaft 1

Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

Die Schweiz unterzeichnete am 28. November 19941 mit der Republik Ecuador ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (nachfolgend «DBA-EC»). Es trat am 22. Dezember 1995 in Kraft und ist seit dem 1. Januar 1996 anwendbar.

Das geltende DBA-EC enthält keine Bestimmung zum Informationsaustausch. Nach dem Rückzug des Schweizer Vorbehalts zu Artikel 26 des OECD-Musterabkommens im März 2009 wünschte Ecuador 2011 eine Anpassung des DBA-EC an die neue Abkommenspolitik der Schweiz in diesem Bereich. Anschliessend fanden auf dem Korrespondenzweg Verhandlungen statt, um das DBA-EC an den internationalen Standard des Informationsaustauschs auf Anfrage anzupassen. Ein Protokoll zur Änderung des DBA-EC (nachfolgend «Änderungsprotokoll») wurde am 26. Juli 2017 in Quito unterzeichnet.

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Würdigung

Die Schweiz gehört seit Jahren zu den wichtigsten Investoren in Ecuador, einem in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht bemerkenswert stabilen Land dieser Region Lateinamerikas. Mit 349 Millionen Franken an Schweizer Investitionen belegte Ecuador 2015 Rang 9 der lateinamerikanischen Länder. Mit knapp 5600 von Schweizer Unternehmen beschäftigten Personen kam es auf Rang 8 der lateinamerikanischen Länder. Doppelbesteuerungsabkommen, die Direktinvestitionen ausländischer Gesellschaften sowie die internationale Tätigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen fördern, spielen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle.

Das geltende DBA-EC enthält, gemessen an den wirtschaftlichen Zielen und denjenigen der Abkommenspolitik, die im Bereich der Vermeidung der Doppelbesteuerung sowohl von Ecuador als auch der Schweiz verfolgt wird, insgesamt vorteilhafte Lösungen. Aus Schweizer Sicht war es demnach nicht realistisch, vertragliche Verbesserungen anzustreben. Erforderlich war einzig die Anpassung der Amtshilfe an den internationalen Standard; diese wird mit dem Änderungsprotokoll vorgenommen. Die neue Bestimmung über den Informationsaustausch entspricht dem internationalen Standard und der schweizerischen Abkommenspolitik in diesem Bereich.

Beide Staaten können somit im Rahmen der Peer-Review des «Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes» (Global Forum) geltend machen, dass ein weiteres ihrer Doppelbesteuerungsabkommen angepasst wurde, was sie in dieser Frage in eine bessere Position versetzt. Es ist somit wünschenswert, dass diese Änderung möglichst rasch in Kraft tritt.

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SR 0.672.932.71

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Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

Die neuen Bestimmungen des DBA-EC zur Regelung der Amtshilfe zwischen den beiden Staaten folgen sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht dem Musterabkommen der OECD in Steuerfragen sowie der Abkommenspolitik der Schweiz in diesem Bereich.

Art. I des Änderungsprotokolls zum neuen Artikel 25bis DBA (Informationsaustausch) Das Änderungsprotokoll enthält eine Bestimmung über den Informationsaustausch nach dem internationalen Standard. Die nachfolgenden Ausführungen gehen lediglich auf einzelne Punkte in Artikel 25bis DBA-EC sowie die dazugehörigen Protokollbestimmungen (Abs. 4 des Protokolls zum DBA-EC, Art. II des Änderungsprotokolls) ein.

Der Geltungsbereich für den Informationsaustausch ist auf Wunsch Ecuadors auf die unter das DBA-EC fallenden Steuern beschränkt.

Anlässlich der Verhandlungen haben beide Delegationen einander informiert, dass den Steueramtshilfeersuchen, die auf illegal beschafften Daten beruhen, keine Folge geleistet wird.

Die Bestimmungen von Artikel 25bis werden im Protokoll zum Abkommen (Abs. 4) konkretisiert.

Art. II des Änderungsprotokolls zum neuen Absatz 4 des Protokolls zum Abkommen zu Artikel 25bis DBA (Informationsaustausch) Diese Bestimmung regelt unter anderem im Detail die Voraussetzungen, die ein Auskunftsersuchen erfüllen muss (Bst. b). Notwendig sind insbesondere die Identifikation der betroffenen steuerpflichtigen Person sowie, soweit bekannt, Name und Adresse der Person (z. B. einer Bank), in deren Besitz der ersuchende Staat die gewünschten Informationen vermutet. Ebenso hält das Protokoll zum DBA-EC fest, dass diese Voraussetzungen nicht formalistisch ausgelegt werden dürfen (Bst. c).

Gemäss dem internationalen Standard ist der Informationsaustausch auf konkrete Anfragen beschränkt. Dazu gehören nach dem weiterentwickelten OECD-Standard auch Anfragen, die auf eine genau definierte Gruppe von Steuerpflichtigen abzielen, bei denen davon ausgegangen werden muss, dass sie ihren Steuerpflichten im ersuchenden Staat nicht nachgekommen sind. Das Änderungsprotokoll zum DBA-EC ermöglicht es, solchen Ersuchen Folge zu leisten. Die Identifikation kann durch Name und Adresse der betroffenen Person erfolgen, aber auch durch andere Mittel, z. B. durch die Beschreibung eines Verhaltensmusters. Diese Auslegung beruht auf der Auslegungsklausel (Bst. c i.V.m. Bst. b),
die die Vertragsstaaten zu einer Auslegung der Erfordernisse an ein Ersuchen mit dem Ziel eines möglichst weit gehenden Informationsaustausches verpflichtet, ohne dass «fishing expeditions» zuzulassen

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sind. Die prozeduralen Voraussetzungen für die Erfüllung von Gruppenersuchen sind im Steueramtshilfegesetz vom 28. September 20122 (StAhiG) geregelt.

Artikel 25bis DBA-EC sieht den spontanen und den automatischen Informationsaustausch nicht vor. In der Schweiz sind die Rechtsgrundlagen für diese Formen des Informationsaustausches das von den Mitgliedstaaten des Europarats und der OECD vereinbarte Übereinkommen vom 25. Januar 19883 über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen (Amtshilfeübereinkommen), die multilaterale Vereinbarung vom 29. Oktober 20144 der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (MCAA) sowie das Bundesgesetz vom 18. Dezember 20155 über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIAG) und das StAhiG. Ecuador hat weder das Amtshilfeübereinkommen noch das MCAA unterzeichnet. Sollten die Schweiz und Ecuador ihre Zusammenarbeit auf den Bereich des automatischen Informationsaustausches ausweiten wollen, müssten zusätzliche Instrumente vereinbart werden, die der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitet werden müssten.

Art. III des Änderungsprotokolls (Inkrafttreten) Die Bestimmungen des DBA-EC zum Informationsaustausch finden Anwendung auf Informationen, welche sich auf Steuerperioden beziehen, die am oder nach dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten des Änderungsprotokolls folgenden Kalenderjahres beginnen.

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Finanzielle Auswirkungen

Die Aufnahme einer Bestimmung über den Informationsaustausch in das DBA-EC hat keine direkte Verminderung der Steuereinnahmen zur Folge. Gegebenenfalls kann die Klausel zu zusätzlichen Steuereinnahmen führen, da sie der Schweiz erlaubt, Amtshilfeersuchen an Ecuador zu stellen. Diesbezügliche Schätzungen sind jedoch nicht möglich.

Aufgrund der neuen Klausel kann sich ein administrativer Mehraufwand ergeben; es ist aber zu erwarten, dass dieser sich mit dem vorhandenen Personal, das sich um den Informationsaustausch kümmert, bewältigen lässt.

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Verfassungsmässigkeit

Das Änderungsprotokoll stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung 6 (BV), wonach der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung des 2 3 4 5 6

SR 651.1 SR 0.652.1 SR 0.653.1 SR 653.1 SR 101

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Änderungsprotokolls zuständig. Nach der Genehmigung durch die Bundesversammlung wird dieses zum integralen Bestandteil des DBA-EC.

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie unbefristet und unkündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen oder wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder wenn deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Gemäss Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20027 (ParlG) gelten Bestimmungen als rechtsetzend, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Als wichtig gelten Bestimmungen, die aufgrund von Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen sind.

Das DBA-EC ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, kann aber jederzeit unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten auf das Ende eines Kalenderjahrs gekündigt werden. Das gilt analog für die im Änderungsprotokoll enthaltenen Bestimmungen. Das Änderungsprotokoll sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. Seine Umsetzung erfordert keinen Erlass von Bundesgesetzen.

Die Anpassung an den internationalen Standard der steuerlichen Amtshilfe auf Ersuchen gilt als wichtige rechtsetzende Bestimmung im Sinne von Artikel 22 Absatz 4 ParlG und Artikel 164 Absatz 1 BV. Der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Änderungsprotokolls wird deshalb dem fakultativen Staatsvertragsreferendum für völkerrechtliche Verträge nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterstellt.

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Vernehmlassungsverfahren

Nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 20058 (VlG) findet bei völkerrechtlichen Verträgen, die nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV dem Referendum unterstehen, ein Vernehmlassungsverfahren statt. Nach Artikel 3a Absatz 1 Buchstabe b VlG kann aber auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet werden, wenn daraus keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind, weil die Positionen der interessierten Kreise bekannt sind, insbesondere weil über den Gegenstand des Vorhabens bereits eine Vernehmlassung durchgeführt worden ist. Der Verzicht auf ein Vernehmlassungsverfahren muss sachlich begründet sein (Art. 3a Abs. 2 VlG).

Zu diesem Änderungsprotokoll zum DBA-EC wurde ein Anhörungsverfahren nach altem Recht durchgeführt, das am 3. Dezember 2015 in Form eines Berichts an die Kantone und die am Abschluss von Doppelbesteuerungsabkommen interessierten Wirtschaftskreise eröffnet wurde. Der Entwurf des Änderungsprotokolls wurde positiv und ohne Einwände aufgenommen. Die Positionen der interessierten Kreise sind entsprechend bekannt und belegt. Gestützt auf Artikel 3a Absatz 1 Buchstabe b VlG wurde somit auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet.

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SR 171.10 SR 172.061

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