zu 13.094 Zusatzbotschaft zur Teilrevision des Obligationenrechts (Schutz bei Meldung von Unregelmässigkeiten am Arbeitsplatz) vom 21. September 2018

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Zusatzbotschaft unterbreiten wir Ihnen in Ergänzung der Botschaft vom 20. November 2013 zur Teilrevision des Obligationenrechts (Schutz bei Meldung von Unregelmässigkeiten am Arbeitsplatz) Anträge zu einer weiteren Änderung des Obligationenrechts (Schutz bei Meldung von Unregelmässigkeiten am Arbeitsplatz), mit denen der erste Entwurf geändert wird, mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

21. September 2018

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2017-2904

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Übersicht Am 10. September 2015 hat das Parlament den vom Bundesrat vorgelegten Entwurf vom 20. November 2013 zurückgewiesen und eine verständlichere und einfacher formulierte Fassung verlangt. Mit dem vorliegenden Entwurf wird diese Forderung erfüllt.

Ausgangslage Am 20. November 2013 hat der Bundesrat eine Botschaft zur abschliessenden Umsetzung des Auftrags der Motion 03.3212 Gysin «Gesetzlicher Schutz für Hinweisgeber von Korruption» verabschiedet. Die Räte haben diese Vorlage am 10. September 2015 zurückgewiesen. Das Parlament verlangt, dass der Entwurf «verständlicher und einfacher» formuliert wird. Der Bundesrat kommt diesem Anliegen mit dem vorliegenden Entwurf nach.

Inhalt der Vorlage Eine Arbeitsgruppe aus Expertinnen und Experten der Bundeskanzlei und des Bundesamtes für Justiz ­ die verwaltungsinterne Redaktionskommission ­ wurde damit beauftragt, eine einfachere und klarere Fassung des Entwurfs auszuarbeiten. Der Bundesrat hat gestützt auf die Arbeiten dieser Arbeitsgruppe seine neue Vorlage verabschiedet.

Die wesentlichen Änderungen wurden in den Artikeln 321abis­321aquinquies des ersten Entwurfs vorgenommen. Diese Bestimmungen regeln das Meldeverfahren. Sie bilden den grössten Teil der Bestimmungen und weisen die höchste normative Dichte auf.

Zur Vereinfachung wurden hauptsächlich kürzere Formulierungen und eine leichter zugängliche Sprache verwendet. Zudem wurden Definitions- und Konkretisierungselemente gestrichen, welche eingeführt worden waren, um der in der Vernehmlassung geäusserten Kritik Rechnung zu tragen. Der Entwurf kommt jedoch nicht auf die sehr kurze Fassung des Vorentwurfs zurück, sondern schlägt einen Mittelweg vor. Ferner wurde die Struktur bestimmter Artikel geändert. Die Regelung umfasst ausserdem einen neuen einleitenden Artikel, der einen Überblick über das gesamte Meldeverfahren bietet.

In Bezug auf den ersten Entwurf sind namentlich folgende Änderungen zu verzeichnen: Die konkretisierenden Beispiele zu den Begriffen der Unregelmässigkeit und der Meldung an die Öffentlichkeit wurden gestrichen oder gekürzt. Auch die Definition der Unregelmässigkeiten, die an eine Behörde gemeldet werden können, wurde vereinfacht. Zudem folgt die Formulierung der Voraussetzungen der Meldung im Allgemeinen einer einfacheren und kürzeren Struktur. Wie vom Parlament verlangt,
bleibt der Inhalt der Vorlage von den Änderungen dagegen unberührt. Daraus folgt, dass die dem Verfahren innewohnende Komplexität in materieller Hinsicht (verschiedene Verfahrensetappen und Voraussetzungen, um von einer zur nächsten Verfahrensetappe zu schreiten) fortbesteht.

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Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Auftrag und Auftragserfüllung

Vorliegend wird die Vorgeschichte des Entwurfs bis zur ersten Botschaft des Bundesrates kurz in Erinnerung gerufen. Das vollständige Rechtssetzungsverfahren wird in der ersten Botschaft im Einzelnen erläutert (Ziff. 1.1.5, 1.1.6 und 1.3.1).

Die Motion Remo Gysin 03.3212 «Gesetzlicher Schutz für Hinweisgeber von Korruption» wurde vom Parlament am 22. Juni 2007 angenommen. In Ziffer 1 der Motion wurde gefordert, im Obligationenrecht (Arbeitsvertrag) zu konkretisieren, unter welchen Voraussetzungen Personen, die ihr Wissen über Unregelmässigkeiten in einem Betrieb aufdecken, vor ungerechtfertigter Entlassung geschützt werden. Im gleichen Zusammenhang sei die Sanktion bei missbräuchlicher Kündigung zu prüfen (Ziff. 2 der Motion). Der Bundesrat hat den parlamentarischen Auftrag umgesetzt, indem er zuerst am 5. Dezember 2008 einen Vorentwurf zur Teilrevision des Obligationenrechts (Schutz bei Meldung von Missständen am Arbeitsplatz) in die Vernehmlassung geschickt hat.1 Danach hat er einen weiteren Vorentwurf für eine Teilrevision des Obligationenrechts (Sanktionen bei missbräuchlicher oder ungerechtfertigter Kündigung) in die Vernehmlassung geschickt. 2 Am 21. November 2012 hat der Bundesrat beschlossen, das Rechtsetzungsprojekt zu Sanktionen bei missbräuchlicher oder ungerechtfertigter Kündigung zu sistieren und die Arbeiten zur Meldung von Missständen fortzusetzen. Er hat folglich dem Parlament am 20. November 2013 eine Botschaft zur Teilrevision des Obligationenrechts (Schutz bei Meldung von Unregelmässigkeiten am Arbeitsplatz) vorgelegt. 3 Der Ständerat ist auf die Vorlage eingetreten und hat sie am 22. September 2014 mit wenigen Änderungen angenommen. Auch der Nationalrat ist auf die Vorlage eingetreten, hat jedoch eine Rückweisung der Vorlage an den Bundesrat mit dem folgenden Auftrag beschlossen: «Rückweisung der Vorlage an den Bundesrat mit dem Auftrag, den Entwurf verständlicher und einfacher zu formulieren.

An der Grundstruktur der Vorlage ist festzuhalten, namentlich was die Kaskade (Arbeitgeber, Behörde, Öffentlichkeit) sowie den Anreiz für die Schaffung interner Meldestellen betrifft.» 1 2

3

Abrufbar unter www.bj.admin.ch > Wirtschaft > Laufende Rechtsetzungsprojekte > Kündigungsschutz / Whistleblowing > Vernehmlassungsverfahren > Vorentwurf.

Abrufbar unter www.bj.admin.ch > Wirtschaft > Laufende Rechtsetzungsprojekte > Kündigungsschutz / Whistleblowing > Zweite Vernehmlassung > Teilrevision des Obligationenrechts (Sanktionen bei missbräuchlicher oder ungerechtfertigter Kündigung): Erläutender Bericht und Vorentwurf.

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Der Ständerat hat dem Rückweisungsbeschluss des Nationalrates am 10. September 2015 zugestimmt.

Zur Erfüllung dieses Auftrags hat eine aus Expertinnen und Experten der Bundeskanzlei und des Bundesamtes für Justiz zusammengesetzte Arbeitsgruppe ­ die verwaltungsinterne Redaktionskommission ­ den gesamten Entwurf überprüft und eine vereinfachte Fassung ausgearbeitet. Diese Fassung diente als Grundlage für den Entwurf, der mit der vorliegenden Zusatzbotschaft unterbreitet wird.

1.1.2

Inhalt der Zusatzbotschaft

In formeller Hinsicht ist anzumerken, dass der vorliegende Entwurf nur die Änderungsanträge des Bundesrates enthält. Diese Anträge beziehen sich auf die vom Ständerat am 22. September 2014 verabschiedete Fassung, also die Fassung vor der Rückweisung. Der Ständerat hatte nur zwei kleinere Änderungen am ersten Entwurf des Bundesrates angebracht. Die Erläuterungen der ersten Botschaft sind daher weiterhin nahezu in vollem Umfang relevant. Aus diesem Grund und zur Vereinfachung wird in der vorliegenden Zusatzbotschaft auf den ersten Entwurf und die erste Botschaft des Bundesrates verwiesen. Die vom Ständerat beschlossenen Änderungen werden dagegen ausdrücklich erwähnt.

Die Zusatzbotschaft beschränkt sich somit auf eine Darstellung der geänderten Bestimmungen. Zudem beziehen sich die Erläuterungen einzig auf die Änderungen im Vergleich zum Entwurf von 2013 und den Änderungen des Ständerates. Das geltende Recht, der Regelungsbedarf und das ausländische Recht sowie die detaillierte Erläuterung der vorgeschlagenen Bestimmungen werden nicht erneut wiedergegeben. Denn diese Elemente sind vom aus der Rückweisung folgenden Auftrag nicht betroffen, und seit der Verabschiedung der Botschaft 2013 sind auch keine wichtigen Neuerungen festzustellen. Neue Entwicklungen werden ohne Anspruch auf Vollständigkeit punktuell erwähnt. In Bezug auf einige Punkte werden Präzisierungen angebracht, sofern dies der Verdeutlichung der Vorlage dient.

1.1.3

Geltendes Recht, Handlungsbedarf und im ersten Entwurf getroffene Entscheidungen

Die detaillierten Ausführungen zum geltenden Recht, die in der ersten Botschaft gemacht wurden (Ziff. 1.1.3 und 1.1.4), sind weiterhin relevant. Im Folgenden werden einzelne Punkte sowie die damit verbundenen Entscheidungen bezüglich der allgemeinen Struktur und Tragweite des Entwurfs in Erinnerung gerufen oder verdeutlicht: ­

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Der Auftrag des Parlaments ist formeller Natur (vgl. Ziff. 1.3.1 hinten).

Handlungsbedarf und Inhalt der Vorlage wurden nicht in Frage gestellt. Die Vorteile einer gesetzlichen Regelung sind bekannt. In erster Linie werden mit der gesetzlichen Regelung Unsicherheiten bezüglich des Rechts zur Meldung beseitigt. Die Rechtslage ist damit in Zukunft bereits im Zeitpunkt der Meldung viel klarer. Derzeit herrscht erst im Moment eines gerichtlichen

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Entscheids und somit viel später Klarheit über die Zulässigkeit einer Meldung. Diese Unsicherheit im Zeitpunkt der Meldung ist für alle Betroffenen unbefriedigend: Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wissen nicht, ob und wem sie eine Meldung machen dürfen und der Arbeitgeber ist im Unklaren darüber, wie er auf die Meldung reagieren soll. Dieser Zustand führt zu Konflikten oder zu ungerechtfertigten Handlungen wie der direkten Information der Öffentlichkeit. Das kann dazu führen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf eine Meldung verzichten, weil sie befürchten, unrechtmässig zu handeln. Die geltende Rechtslage schadet daher im Ergebnis gerade dem öffentlichen Interesse an der Aufdeckung von Unregelmässigkeiten.

­

Die ganze Thematik hat eine grosse Bedeutung, und es ist daher umso wichtiger, dass hier der Gesetzgeber handelt und er dies nicht den Gerichten überlässt. Das Beispiel des schweren Betrugsfalls durch Falschdeklaration von Fleisch eines Schweizer Unternehmens macht dies deutlich.4 Ohne den Mut eines Arbeitnehmers wäre dieser Fall nicht aufgedeckt worden. Dennoch wurde dieser Arbeitnehmer entlassen, und er war Verleumdungsversuchen ausgesetzt. Man mag sich auch an die grosse Korruptionsaffäre bei der FIFA erinnern, die ebenfalls zu einem wesentlichen Teil aufgrund interner Informanten aufgedeckt und dokumentiert werden konnte.5 Auch der Rechtsvergleich mit dem Ausland macht deutlich, dass dort ebenfalls gesetzgeberische Anstrengungen im Gang sind, vorab auf europäischer Ebene (vgl. Ziff. 1.4 hinten). Diese Rechtsentwicklung zeigt sich ebenfalls an einem Urteil des luxemburgischen Kassationsgerichts vom 11. Januar 20186, in dem es den Arbeitnehmer, der die Enthüllungen rund um die vorteilhaften Steuerdeals zahlreicher Unternehmen in Luxemburg (sog. Luxleaks) ins Rollen brachte, unter Berufung auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte freisprach.

Insgesamt bietet die Vorlage für die Betroffenen folgende Vorteile: ­ Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: Das Recht zur Meldung wird verankert, und sein Inhalt wird deutlich klarer definiert als bisher.

Damit ist die Möglichkeit zur vorgängigen Beratung gewährleistet.

­ Für die Arbeitgeber: Die Meldung an den Arbeitgeber hat Vorrang gegenüber einer Meldung an eine Behörde oder gegenüber der Information der Öffentlichkeit. Das wird die Behandlung und Entdeckung von Unregelmässigkeiten verbessern.

4

5 6

Siehe dazu z.B. Blick vom 28.12.2014, Alexander Marx (28) brachte den Fleisch-Skandal um Carna Grischa ins Rollen: Er hat nichts zu verbergen, www.blick.ch/news/schweiz/alexander-marx-28-brachte-den-fleisch-skandal-um-carnagrischa-ins-rollen-er-hat-nichts-zu-verbergen-id3372528.html.

Siehe unter anderem Wikipedia, «2015 FIFA corruption case», https://en.wikipedia.org/wiki/2015_FIFA_corruption_case.

Urteil Nr. 01/2018 (Strafrecht) vom 11.01.2018 des Kassationsgerichts des Grossherzogtums Luxemburg, abrufbar unter: www.justice.public.lu/fr/jurisprudence/courcassation/penal/index.html.

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­

­

Für die Allgemeinheit: Der Gesetzgeber anerkennt die Rechtmässigkeit von Meldungen. Damit wird auch die Notwendigkeit anerkannt, dass Behörden über Verletzungen des Straf- und des Verwaltungsrechts informiert sind und die zentrale Rolle, die Meldungen dafür spielen.

Gleichzeitig wird die Koordination mit dem Strafrecht verbessert. Die Ausführungen zum Strafrecht in der ersten Botschaft (Ziff. 1.1.3 sowie 1.3.2 Koordination mit dem Strafrecht) sind nach wie vor relevant, denn der vorliegende Entwurf bringt diesbezüglich keine Änderungen. Kernpunkt ist, dass die Einhaltung der neuen Regelung einen gesetzlichen Rechtsfertigungsgrund (Art. 14 StGB7) darstellt. Das bedeutet, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die gemäss den arbeitsvertraglichen Regelungen des Obligationenrechts8 (OR) handeln, keine strafrechtlichen Sanktionen drohen.

Für Arbeitnehmende, die dem Berufsgeheimnis unterstehen, gilt Folgendes: Die Vorlage enthält einen Vorbehalt betreffend das Berufsgeheimnis (Art. 321 StGB, 47 BankG9 und 43 BEHG10). Dieses ist von der neuen Regelung ausgenommen ist (Art. 321asepties). Sofern nicht ein anderer gesetzlicher Rechtfertigungsgrund vorliegt (Art. 15 ff. StGB), kann sich die Meldung von Unregelmässigkeiten für Träger eines Berufsgeheimnisses aber auf den aussergesetzlichen Rechtfertigungsgrund der Wahrung berechtigter Interessen stützen, wenn die von der Rechtsprechung anerkannten Voraussetzungen erfüllt sind. Gemäss der aktuellen Rechtsprechung ist die Enthüllung von Tatsachen, die dem Berufsgeheimnis unterstehen, zwecks Wahrung berechtigter Interessen nicht strafbar, wenn sie einem überwiegenden Interesse dient und verhältnismässig ist. Der Verhältnismässigkeitsgrundsatz verlangt namentlich, dass sämtliche rechtlichen Möglichkeiten genutzt werden, insbesondere jene nach Artikel 321 Absatz 2 StGB. Das Bundesgericht hatte kürzlich in einem Entscheid betreffend das Amtsgeheimnis die Gelegenheit, diese Rechtsprechung zu bestätigen.11 So ist es gerechtfertigt, wenn eine Bankangestellte oder ein Bankangestellter Korruptionshandlungen den Strafverfolgungsbehörden meldet oder wenn eine Ärztin oder ein Arzt einer Privatklinik einen Kunstfehler anzeigt, der zum Tod einer Patientin oder eines Patienten geführt haben könnte, sofern vorgängig sämtliche rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden und kein überwiegendes öffentliches oder privates Interesse entgegensteht.

­

7 8 9 10 11

Die Prüfung der Meldung richtet sich weiterhin nach der Treuepflicht des Arbeitnehmers, welche in Artikel 321a OR geregelt ist. Einschlägig ist dabei insbesondere die Geheimhaltungspflicht nach Artikel 321a Absatz 4 OR.

Daher ist es weiterhin gerechtfertigt, das Anliegen mittels einer Teilrevision Schweizerisches Strafgesetzbuch, SR 311.0 SR 220 Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) SR 952.0 Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Börsen und den Effektenhandel (Börsengesetz, BEHG), SR 954.1 Urteil des Bundesgerichts 6B_1369/2016 vom 20. Juli 2017, E. 6.

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des Obligationenrechts umzusetzen und die neuen Bestimmungen nach Artikel 321a OR einzuführen. Diese Platzierung impliziert insbesondere, dass Unregelmässigkeiten nur Tatsachen sein können, die im Sinne von Artikel 321a Absatz 4 OR geheim zu halten sind (vgl. Ziff. 2, Erläuterungen zu Art. 321abis).

­

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat seine Rechtsprechung in Bezug auf die Meldung von Unregelmässigkeiten bestätigt (vgl. Ziff. 5).

Die Meldung ist somit weiterhin eine Konkretisierung der Meinungsäusserungsfreiheit, die der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer zusteht. Die Voraussetzungen der Meldung widerspiegeln die Interessenabwägung zwischen der Meinungsäusserungsfreiheit und der vertraglichen Treuepflicht sowie der möglichen Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers oder anderer Personen, namentlich der angezeigten Person. Der Gerichtshof führt insbesondere aus, dass eine Meldung eine Verletzung des Privatlebens der angezeigten Person im Sinne von Artikel 8 der Konvention vom 4. November 195012 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) darstellen kann und dass eine Abwägung zwischen Artikel 10 und Artikel 8 EMRK erforderlich ist.13 Der vorliegende Entwurf fügt sich in diesen rechtlichen Rahmen ein. Insbesondere stellt der Entwurf die Rechte nicht infrage, die aus anderen Grundfreiheiten fliessen, etwa aus der Vereinigungsfreiheit nach Artikel 11 EMRK, die sich für arbeitsrechtliche Verhältnisse in der Organisations- und Handlungsfreiheit von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden äussert und die in Artikel 23 der Bundesverfassung14 (Vereinigungsfreiheit) und für die Arbeitnehmerorganisationen spezifisch in Artikel 28 der Bundesverfassung (Koalitionsfreiheit) zum Ausdruck kommt. Daher fällt die Information der Sozialpartner im Rahmen ihrer Tätigkeiten nicht in den Anwendungsbereich dieser Vorlage und untersteht weiterhin den geltenden Regeln.

1.2

Die beantragte Neuregelung

1.2.1

Vorgenommene Anpassungen

Die Artikel 321abis­321aquinquies des ersten Entwurfs regeln die Voraussetzungen der Meldung an den Arbeitgeber und an die zuständige Behörde sowie die Information der Öffentlichkeit. Sie bilden den grössten Teil der Normen und werden stark vereinfacht. An den Artikeln 321asexies, 321asepties, 328 Absätze 1 und 3, 336 Absatz 2 Buchstabe d sowie 362 Absatz 1 des ersten Entwurfs wurden nur geringfügige redaktionelle Änderungen vorgenommen. Am Anfang der Regelung wurde zudem ein neuer Artikel 321abis eingefügt. Er hält die allgemeine Regel fest und führt als 12 13 14

SR 0.101 Vgl. insbesondere das Urteil Aurelian Oprea gegen Rumänien, 19. Januar 2016, 12138/08, Ziff. 60.

SR 101

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«Wegweiser»-Artikel die nachfolgenden Bestimmungen ein. Er enthält zudem die Definition des Begriffs «Unregelmässigkeit».

Die geänderten Bestimmungen werden unter Ziffer 2 detailliert erläutert. Als allgemeine Merkmale der vorgenommenen Vereinfachungen können erwähnt werden: ­

Vereinfachung der Struktur: Eine Überlagerung von ­ teilweise gar negativ formulierten ­ Voraussetzungen und Untervoraussetzungen erhöht die Komplexität. Solche Strukturen wurden daher grösstmöglich vereinfacht.

­

Streichung oder Kürzung von Definitionen und Konkretisierungen: Definitionen und Konkretisierungen machen den Erlasstext lang und schwerfällig.

Begriffe können auch mit Erläuterungen in der Botschaft definiert oder konkretisiert werden. Daher wurden mehrere Definitionen und Konkretisierungen gekürzt oder ganz aus dem Gesetzestext gestrichen.

­

Vereinfachung der Formulierungen: Soweit wie möglich wurden eine einfachere Terminologie und kürzere Formulierungen verwendet.

­

Geschlechtergerechte Formulierungen in der deutschen Fassung: Die von der Revision betroffenen Bestimmungen wurden im Deutschen geschlechtergerecht formuliert, im Einklang mit den einschlägigen Vorgaben der Bundeskanzlei, wonach bei Teilrevisionen von grossen Kodifikationen die neuen Bestimmungen geschlechtergerecht formuliert werden, wenn diese einen zusammenhängenden Block bilden.

1.2.2

Überblick über den Entwurf in der neuen Fassung

Die inhaltlichen Vorschläge der Vorlage lassen sich wie folgt zusammenfassen: ­

Die Artikel 321abis ff. regeln die Voraussetzungen, unter denen eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer eine Unregelmässigkeit melden darf.

­

Artikel 321abis bietet einen Überblick über die neue Regelung und präzisiert den Begriff der Unregelmässigkeiten: Dieser umfasst Straftaten, andere Widerhandlungen gegen gesetzliche Regelungen sowie Verstösse gegen interne Regelungen. Diese Aufzählung ist nicht abschliessend.

­

In den Artikeln 321abis­321aquinquies ist die Abfolge der möglichen Adressaten einer Meldung festgelegt: Arbeitgeber, Behörde und zuletzt die Öffentlichkeit. Die Bestimmungen regeln die Voraussetzungen für die Meldung an den jeweiligen Adressaten.

­

Artikel 321abis betrifft die Meldung an den Arbeitgeber. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die einen nachvollziehbaren Verdacht hegen, können sich an eine interne oder externe Person oder Stelle wenden, die zur Entgegennahme der Meldung befugt ist. Das kann beispielsweise die vorgesetzte Person sein oder eine vom Arbeitgeber zur Entgegennahme von Meldungen bezeichnete interne oder externe Anlaufstelle. Es wird ebenfalls festgelegt, wie der Arbeitgeber reagieren muss: Er muss eine für die Behandlung der Meldung angemessene Frist festlegen, die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer über den Erhalt und die Behandlung der Meldung benachrichtigen

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und genügende Massnahmen zur Beseitigung der Unregelmässigkeit ergreifen. Anonyme Meldungen sind möglich.

­

Die Artikel 321ater und 321aquater beziehen sich auf die Meldung an die zuständige Behörde. Einer Behörde gemeldet werden dürfen die Gesetzesverstösse, für deren Behandlung diese zuständig ist (Straftaten im Fall der Strafverfolgungsbehörden, Verstösse gegen das öffentliche Recht bei einer Verwaltungsbehörde). Eine Meldung ist bei einem nachvollziehbaren Verdacht möglich. Während Artikel 321ater die Meldung an eine Behörde regelt, die auf eine Meldung an den Arbeitgeber folgt, bestimmt Artikel 321aquater die Fälle, in denen sich eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer direkt an die Behörde wenden kann.

­

Artikel 321ater bildet die Regel. Grundsätzlich müssen sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zuerst an den Arbeitgeber werden. Wenn dieser nicht gemäss den Vorschriften nach Artikel 321abis Absatz 2 reagiert, dürfen sie sich an die Behörde wenden. Die betreffende Person darf dies auch in den Fällen, in denen der Arbeitgeber Vergeltungsmassnahmen gegen sie ergriffen hat.

­

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können sich direkt an die Behörde wenden, wenn sie vernünftigerweise davon ausgehen können, dass eine Meldung an den Arbeitgeber keine Wirkung erzielen würde. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn keine unabhängige Person oder Stelle für die Entgegennahme der Meldung besteht oder wenn die Reaktion des Arbeitgebers in früheren Fällen ungenügend war. Eine direkte Meldung an die Behörde ist auch möglich, wenn diese ohne sofortige Meldung in ihrer Tätigkeit behindert würde oder wenn eine unmittelbare, ernsthafte Gefahr besteht. Arbeitgeber mit einem internen Meldeverfahren werden hier im Vorteil sein, da die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer den Nachweis erbringen müssen wird, dass dieses Verfahren nicht wirksam ist und eine Meldung an den Arbeitgeber somit keine Wirkung erzielen würde. Das interne Verfahren muss namentlich Gewähr für eine unabhängige Behandlung der Meldung bieten und anonyme Meldungen ermöglichen.

­

Die Öffentlichkeit darf unter folgenden Voraussetzungen über die vorgängig an eine Behörde gemeldeten Unregelmässigkeiten informiert werden: Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer hat ernsthafte Gründe, den gemeldeten Umstand in guten Treuen für wahr zu halten ­ ein Kriterium, das strenger ist als der nachvollziehbare Verdacht ­, und die Behörde hat sie oder ihn nicht über die Behandlung der Meldung informiert oder der Arbeitgeber hat nach der Meldung an die Behörde Vergeltungsmassnahmen getroffen.

­

Die neuen Bestimmungen sind bei Meldungen an eine ausländische Behörde oder wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer dem Berufsgeheimnis untersteht nicht anwendbar. Die besonderen Bestimmungen zu einem Melderecht oder einer Meldepflicht bleiben vorbehalten.

­

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen sich zur Information über ihre Rechte von einer Person beraten lassen, die einer gesetzlichen Geheimhaltungspflicht untersteht.

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­

Eine Kündigung in Anschluss an eine rechtmässige Meldung gilt ausdrücklich als missbräuchlich und jegliche anderen Vergeltungsmassnahmen verstossen gegen Artikel 328 OR über den Schutz der Persönlichkeit der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers.

1.3

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

1.3.1

Schranken des Auftrags

Das Parlament hat die Rückweisung mit deutlicher Mehrheit beschlossen: mit 134 gegen 49 Stimmen im Nationalrat und einstimmig im Ständerat. Das Parlament hat damit seinen Willen klar zum Ausdruck gebracht; aus den Debatten folgt zudem, dass der Inhalt des Auftrags klar umschrieben ist. Da beide Räte auf den Erlassentwurf eingetreten sind, ist der Regelungsbedarf nicht bestritten. Zudem haben sowohl die Berichterstatter der Kommissionen als auch die verschiedenen Sprecher klargestellt, dass der Entwurf des Bundesrates in materieller Hinsicht begrüsst werde. 15 Es wurde hingegen von allen Seiten darauf hingewiesen, dass der Entwurf komplex und wenig verständlich sei; es wurde insbesondere die Befürchtung geäussert, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder Arbeitgeber nicht oder nur schwer in der Lage sein könnten, das Ausmass ihrer Rechte und Pflichten zu bestimmen. Zudem wurden ausdrücklich die Beispiele des Vorentwurfs von 2008 und von Artikel 22a des Bundespersonalgesetzes vom 24. März 200016 (BPG) erwähnt, welche dieselbe Frage in einer einzigen Bestimmung regeln.17 Der Auftrag des Parlaments bezieht sich somit auf eine formelle Anpassung des Entwurfs und gibt ausdrücklich vor, dass die Grundstruktur bewahrt werden soll.

Daraus folgt, dass die konstitutiven Elemente dieser Struktur beizubehalten sind, selbst wenn sie einen gewissen Komplexitätsgrad aufweisen. Da die Reihenfolge der Adressaten, an die eine Meldung zu richten ist (Arbeitgeber, Behörde, Öffentlichkeit) beibehalten werden soll, ist es beispielsweise nicht möglich, die Anzahl Bestimmungen zu reduzieren. Denn mindestens eine Bestimmung pro Verfahrensstadium beizubehalten, dient der Verständlichkeit am meisten. Die Voraussetzungen, unter denen die meldende Person sich von einem Adressaten an den nächsten wenden darf, sind ebenfalls zu belassen. Die Komplexität, die sich aus dieser Abfolge von Adressaten und den Voraussetzungen für die Meldung an den jeweils darauffolgenden Adressaten ergibt, kann daher nicht vermindert werden.

Die mitunter fliessenden Grenzen zwischen Formellem und Materiellem können die Erfüllung des Auftrags erschweren. Darauf hatte der Bundesrat in den Räten anlässlich der Diskussionen über die Rückweisung hingewiesen.18 Im Verlauf der Arbeiten zur formellen Vereinfachung sah man sich diesbezüglich vor verschiedenen Heraus15 16 17 18

Z.B. AB 2015 N 660 und AB 2015 S 784 SR 172.220.1 AB 2015 N 661 und 663 AB 2015 N 664 und AB 2015 S 784

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forderungen: Zunächst wurde der Gesetzestext des neuen Entwurfs dort korrigiert, wo sein Wortlaut in klarem Widerspruch zur Botschaft stand. Dadurch wurde der Text an die Erläuterungen in der Botschaft angepasst; so wiederspiegelt er deutlicher die Absichten, die hinter dem Entwurf stehen. Er wird so verständlicher, ohne inhaltlich geändert zu werden. Das ist beispielsweise der Fall in Bezug auf die Frage, wie sich ein internes Meldeverfahren auf das von der Arbeitnehmerin oder vom Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren auswirkt (vgl. Ziff. 2, Erläuterungen zu Art. 321aquater). Weiter wurde entschieden, einheitliche Anforderungen an die Reaktion des Arbeitgebers zu definieren, unabhängig davon, ob ein internes Meldeverfahren existiert oder nicht. Für einen Arbeitgeber hat es aber nach wie vor Vorteile, ein solches internes Verfahren einzurichten. Die Anreizwirkung in Bezug auf das interne Verfahren bleibt also erhalten. Zudem wurden gewisse zusätzliche Aspekte geregelt, weil ohne eine entsprechende Regelung die Rechtsunsicherheit erhöht worden wäre. Das ist der Fall in Bezug auf die Frage der Anonymität (vgl. Ziff. 2, Erläuterungen zu Art. 321abis und 321aquater) und die Auswirkungen allfälliger Vergeltungsmassnahmen nach der Meldung an die zuständige Behörde (vgl. Ziff. 2, Erläuterungen zu Art. 321aquinquies). Schliesslich ist an einigen Stellen die Präzision reduziert worden. Beispielsweise müssen die Massnahmen, die der Arbeitgeber im Falle einer Meldung ergreifen muss, gemäss dem neuen Entwurf «genügend» sein, ohne dass dies im Gesetz weiter konkretisiert wird (Art. 321abis Abs. 2 Bst. c).

1.3.2

Resultat

Die Arbeitsgruppe der Bundesverwaltung hat verschiedene Optionen für einen neuen Entwurf geprüft und dabei immer die Frage im Auge behalten, wie stark sich die verschiedenen Lösungen von derjenigen des ersten Entwurfs unterschieden. Der abschliessende Entscheid für eine Lösung wurde unter Berücksichtigung dieser Vorarbeiten, aber auch mit Blick auf die Vorgeschichte des Entwurfs gefällt. Auch wenn es zutrifft, dass der Vorentwurf aus nur einer einzigen Bestimmung bestand, so wurde er dafür kritisiert, zu unbestimmt zu sein und nicht die erwünschte Rechtssicherheit zu gewährleisten.19 Auch Artikel 22a BPG wurde vergleichsweise beigezogen. Es wurden jedoch grosse Unterschiede zwischen dieser Bestimmung und dem vorliegenden Entwurf festgestellt. Artikel 22a BPG regelt in der Tat nicht alle Fragen, insbesondere nicht die Frage der Information der Öffentlichkeit. Wie anlässlich der parlamentarischen Debatten erwähnt20, unterscheidet sich ausserdem die Situation öffentlich-rechtlicher Arbeitsverhältnisse von derjenigen privatrechtlicher Verhältnisse: Die Arbeitgeber sind bereits selbst Behörden. Zudem hat beispielsweise das Bundespersonal die Pflicht, Straftaten zu melden und die Möglichkeit, dies direkt bei den Strafverfolgungsbehörden zu tun, unabhängig einer allfälligen Meldung an den Arbeitgeber oder der Qualität von dessen Reaktion. Das Modell, das für das Bundespersonal gewählt wurde, unterscheidet sich somit grundlegend 19

20

Vgl. Ziff. 1.3.1 der Botschaft vom 20 November 2013 über die Teilrevision des Obligationenrechts (Schutz bei Meldung von Unregelmässigkeiten am Arbeitsplatz), BBl 2013 9513, hier 9549.

AB 2015 N 663

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vom Modell für den Privatsektor. Das Parlament hat für den Privatsektor ausdrücklich kein anderes Modell als dasjenige gemäss dem ersten Entwurf gewollt, auch wenn damit eine substanzielle Vereinfachung möglich gewesen wäre.

Vor diesem Hintergrund wird mit dem neuen Entwurf ein deutlich gestraffter und klarerer Text vorgelegt, der den vom Parlament formulierten Auftrag umsetzt. Die allgemeine Struktur ist besser ersichtlich und der Text wurde in einer verständlicheren Sprache verfasst. Gleichzeitig bleibt der Entwurf in seiner neuen Fassung dem ursprünglich vom Bundesrat verabschiedeten Entwurf, dem der Ständerat fast ohne Änderungen zugestimmt hat, materiell treu. Es handelt sich somit um eine neue Fassung, die einen Mittelweg zwischen dem sehr kurzen Vorentwurf und dem Entwurf gemäss der ersten Botschaft darstellt.

1.4

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

Es wird vorliegend keine umfassende Nachführung der internationalen Entwicklungen vorgenommen; vielmehr werden lediglich ausgewählte Entwicklungen präsentiert.

Der Schutz von Hinweisgebern ist weiterhin Gegenstand gesetzgeberischer Aktivität in verschiedenen Rechtsordnungen. Es kann somit eine Tendenz hin zu einer zunehmenden gesetzlichen Verankerung eines solchen Schutzes festgestellt werden. So hat Frankreich eine allgemeine Gesetzgebung über Hinweisgeber eingeführt. 21 Diese sieht für juristische Personen des Privatrechts mit mehr als 50 Angestellten namentlich die Pflicht vor, ein internes Meldeverfahren einzurichten. Auch Irland (2014) und die Niederlande (2016) haben jüngst Gesetze zum Schutz von Hinweisgebern erlassen. Das irische Gesetz22 beinhaltet eine allgemeine Regelung der Meldung.

Das niederländische Gesetz23 führt eine Pflicht für Unternehmen mit über 50 Angestellten zur Schaffung eines internen Meldeverfahrens sowie eine neue Verwaltungsbehörde ein, welche Hinweisgeber berät und Untersuchungsbefugnisse hat (das «Amt für Hinweisgeber»).

Die Europäische Union hat kürzlich ein Gesetzgebungsverfahren eingeleitet, mit dem die Verabschiedung einer Regelung auf Unionsebene angestrebt wird: Nach

21

22 23

Vgl. Kapitel 2 der Loi du 9 décembre 2016 relative à la transparence, à la lutte contre la corruption et à la modernisation de la vie économique (Nr. 2016-1691) und das Loi organique du 9 décembre 2016 relative à la compétence du Défenseur des droits pour l'orientation et la protection des lanceurs d'alerte (Nr. 2016-1690), JORF Nr. 0287 vom 10. Dezember 2016.

Protected Disclosures Act vom 8 Juli 2014, Irish Statutes Book, Nummer 14 von 2014, abrufbar unter: www.irishstatutebook.ie/eli/2014/act/14/enacted/en/index.html.

Wet Huis voor klokkenluiders (Gesetz über das Amt der Hinweisgeber) vom 14. April 2016, abrufbar unter: http://wetten.overheid.nl/BWBR0037852/2016-07-01.

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einer Entschliessung des Europäischen Parlamentes vom Februar 201724 hat die Europäische Kommission im März 2017 eine öffentliche Konsultation eröffnet, welche bis Ende Mai 2017 dauerte.25 Das Europäische Parlament hat am 24. Oktober 2017 eine neue Entschliessung über den Schutz von Hinweisgebern 26 verabschiedet. Darin wird die Kommission unter Ziffer 1 eingeladen, einen Gesetzgebungsvorschlag vorzulegen. Infolgedessen legte die Kommission am 23. April 2018 einen Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz von Personen, die Verstösse gegen das Unionsrecht melden, vor. 27 Dazu konnte vom 23. April bis zum 13. Juli 2018 öffentlich Stellung genommen werden.28 Zudem nahm das Ministerkomitee des Europarats eine Empfehlung für die Mitgliedstaaten über den Schutz von Whistleblowern an (vgl. Ziff. 5).29

1.5

Abschreibung parlamentarischer Vorstösse

Mit der vorliegenden Botschaft werden die gleichen parlamentarischen Vorstösse zur Abschreibung beantragt wie mit der ursprünglichen Botschaft (Motion Gysin vom 7. Mai 2003 [03.3212 «Gesetzlicher Schutz für Hinweisgeber von Korruption»] und Postulat Marty vom 19. Juni 2003 [03.3344 «Schutzmassnahmen für »]).

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

Wie vorstehend erwähnt (vgl. Ziff. 1.1.2), beschränken sich die nachfolgenden Erläuterungen auf die Änderungen im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf. Sie geben keine vollständige Erläuterung jeder Bestimmung. Dafür sind zusätzlich die Erläuterungen der ersten Botschaft heranzuziehen.

Art. 321abis Diese Bestimmung ist neu, enthält inhaltlich jedoch keine Neuerung. Mit diesem allgemeinen Artikel wird die Regelung der Meldung von Unregelmässigkeiten 24

25 26

27 28 29

Entschliessung des Europäischen Parlaments vom 14. Februar 2017 zur Rolle von Informanten beim Schutz der finanziellen Interessen der EU (2016/2055(INI)), abrufbar unter: www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?type=TA&language=DE&reference=P8-TA2017-0022.

Vgl. http://ec.europa.eu/newsroom/just/item-detail.cfm?item_id=54254.

Entschliessung des Europäischen Parlaments vom 24. Oktober 2017 zu legitimen Massnahmen zum Schutz von Hinweisgebern, die aus Gründen des öffentlichen Interesses vertrauliche Informationen über Unternehmen und öffentliche Einrichtungen offenlegen (2016/2224(INI)), abrufbar unter: www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=//EP//TEXT+TA+P8-TA-2017-0402+0+DOC+XML+V0//DE.

COM/2018/218 final Siehe dazu https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/initiatives/com-2018-218_en Empfehlung CM/Rec(2014)7 des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten über den Schutz von Whistleblowern, abrufbar unter: https://search.coe.int/cm/Pages/result_details.aspx?ObjectId=09000016805c5eb3.

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eingeführt. Sein Zweck besteht darin, den allgemeinen Grundsatz zu verankern und einen Überblick über das Meldeverfahren zu geben. In Absatz 1 wird der allgemeine Grundsatz genannt: Eine Meldung steht im Einklang mit der Treuepflicht, wenn die Voraussetzungen gemäss den nachfolgend genannten Bestimmungen erfüllt sind.

Absatz 1 verweist gleichzeitig auf die einschlägigen Bestimmungen und deren Inhalt. In Absatz 2 wird der Begriff «Unregelmässigkeit» definiert. Die Definition befindet sich somit nicht mehr wie im ersten Entwurf in der Bestimmung zur Meldung an den Arbeitgeber. Die ­ nicht abschliessende ­ Aufzählung der Unregelmässigkeiten wurde leicht angepasst und vereinfacht. Der im ersten Entwurf verwendete Begriff «unerlaubte Handlungen» wurde konkreter formuliert. Die internen Regelungen des Arbeitgebers werden nicht mehr einzeln erwähnt. Der Ständerat hatte den Entwurf des Bundesrats dahingehend abgeändert, dass nur wesentliche Verstösse gegen Statuten unter den Begriff der Unregelmässigkeiten fallen sollen. Diese Präzisierung wurde zur Vereinfachung des Gesetzestextes gestrichen.

Während Absatz 1 zwingender Natur ist, hat Absatz 2 dispositiven Charakter. Der Arbeitgeber kann folglich den Begriff der Unregelmässigkeiten für seine Organisation definieren. Dabei ist er aber insofern eingeschränkt, als bestimmte Unregelmässigkeiten von Gesetzes wegen zwingend einer Behörde gemeldet werden dürfen oder die Öffentlichkeit darüber informiert werden darf.

Als Unregelmässigkeiten gelten von vornherein nur Tatsachen, die der beruflichen Schweigepflicht im Sinne von Artikel 321a Absatz 4 OR unterliegen. Tatsachen, die nicht dieser Geheimhaltungspflicht unterstehen, müssen die Bedingungen der Artikel 321abis ff. nicht erfüllen.

Art. 321abis Artikel 321abis bestimmt als ersten Empfänger einer Meldung den Arbeitgeber. Die Bestimmung definiert die Voraussetzungen für das Recht zur Meldung an den Arbeitgeber. In Artikel 321abis des ersten Entwurfs waren diese Voraussetzungen in Absatz 1 Buchstaben a und b verankert. Buchstabe a verlangte die Existenz eines hinreichenden Verdachts und Buchstabe b verlangte, dass die Unregelmässigkeit einer Person gemeldet wird, die zur Bearbeitung der Meldung befugt ist. Absatz 2 konkretisierte den Begriff der Unregelmässigkeit.

Die Bestimmung war Gegenstand verschiedener Änderungen: ­

Die Konkretisierung des Begriffs der Unregelmässigkeit erfolgt nun in Artikel 321abis Absatz 2.

­

In der deutschen Sprachfassung wurde der Ausdruck «hinreichender Verdacht» durch «nachvollziehbarer Verdacht» ersetzt, was besser mit der französischen und italienischen Version übereinstimmt («soupçon raisonnable», «ragionevoli sospetti»). Tatsächlich ist «hinreichender Verdacht», was in Französisch mit «soupçon suffisant» und nicht mit «soupçon raisonnable» zu übersetzen wäre, inhaltlich klar vom «hinreichenden [Tat-]Verdacht» ge-

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mäss Artikel 309 Absatz 1 Buchstabe a Strafprozessordnung30 zu unterscheiden, weil es sich dabei um ein anderes, strengeres Kriterium handelt.

Die neue Formulierung bewirkt somit eine bessere Kohärenz der verschiedenen Sprachfassungen.

30 31 32

­

Die neue Formulierung von Absatz 1 Buchstabe b ist kürzer. Sie fasst die zwei Möglichkeiten des ersten Entwurfs ­ die Meldung an eine Person oder Stelle, die entweder im Rahmen der internen Organisation befugt ist, sich mit der Meldung zu befassen oder die vom Arbeitgeber zu diesem Zweck bestimmt wurde ­ zusammen. Auf diese Weise werden alle möglichen Fallkonstellationen erfasst: Befugnis durch das Gesetz, durch interne Regeln der Organisation sowie durch einen Entscheid oder die Zustimmung des Arbeitgebers. Dabei kann es sich beispielsweise um die Geschäftsleitung oder den Verwaltungsrat einer Aktiengesellschaft, die Vorgesetzte oder den Vorgesetzten, die Compliance-Abteilung oder eine speziell zur Entgegennahme von Meldungen bezeichnete Person handeln. In der französischen Fassung wurde der Ausdruck «service» dem Ausdruck «organe» vorgezogen, da «organe» in diesem Zusammenhang nicht der engen Definition dieses Rechtsbegriffs entspricht (siehe Art. 55 ZGB oder Art. 629 Abs. 1 OR). Schliesslich sind die Adressaten der Meldung jene, die zu deren Entgegennahme befugt sind, und nicht wie im ersten Entwurf jene, die sich damit befassen dürfen. Denn es ist möglich, dass sich eine Fachstelle mit einer Meldung befasst, während gemäss der allgemeinen Organisation die hierarchisch Vorgesetzten befugt sind, sie entgegenzunehmen.

­

Die Bestimmung erlaubt die anonyme Meldung. Das geht indirekt aus Absatz 2 Buchstabe b hervor. Auf diese Weise wird eine Unsicherheit in Bezug auf diesen wichtigen Punkt des Meldeverfahrens beseitigt. Ohne diese Präzisierung wäre die Frage, ob Unregelmässigkeiten auch anonym gemeldet werden dürfen, im Entwurf nicht beantwortet worden. Der Ständerat hat sich zwar mit dieser Frage befasst, allerdings nur im Zusammenhang mit dem internen Meldesystem.31 Die anonyme Meldung bietet zusätzliche Sicherheit für die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer und stellt manchmal das einzige Mittel dar, eine Unregelmässigkeit ohne Risiko zu melden. Die Unternehmen sind zudem in der Lage, mit anonymen Meldungen umzugehen. Bei den Bundesbehörden erlauben die Meldeplattformen der Eidgenössischen Finanzkontrolle und für Korruptionsfälle des Bundesamts für Polizei die anonyme Meldung.32 Aus einer aktuellen Untersuchung geht ausserdem hervor, dass zahlreiche grosse, mittlere und kleine Unternehmen, welche über ein internes Verfahren verfügen, die Möglichkeit anonymer Meldungen vorsehen (55,5 % der grossen Unternehmen und 36,4 % der kleinen und mittle-

SR 312.0 AB 2014 S 874 ff.

Vgl. www.efk.admin.ch > Whistleblowing bzw. www.fedpol.admin.ch > Kriminalität > Korruption.

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ren Unternehmen).33 Absatz 2 Buchstabe b enthält jedoch eine Ausnahme von der Informationspflicht für die Fälle, in denen die Kommunikation unmöglich ist oder vom Arbeitgeber offensichtlich unzumutbare Anstrengungen erfordert.

33

­

Die Reaktion des Arbeitgebers auf eine Meldung war im ersten Entwurf unter der Meldung an eine Behörde geregelt (Art. 321ater Abs. 1 Bst. b). Sie wurde nun in einen neuen Absatz 2 der vorliegenden Bestimmung verschoben. So ist die Struktur klarer, da sie dem chronologischen Ablauf des Verfahrens folgt. Denn die Reaktion des Arbeitgebers erfolgt nach der an ihn gerichteten Meldung und gemäss den Verfahren innerhalb des Unternehmens. Mit dieser Änderung kann überdies die Bestimmung zur Meldung an eine Behörde vereinfacht werden.

­

Die Voraussetzungen entsprechen denjenigen, die im ersten Entwurf in Artikel 321ater Absatz 1 Buchstabe b Ziffern 1­3 vorgesehen waren. Die positive Formulierung, die im vorliegenden Entwurf nun bevorzugt wurde, fördert die Verständlichkeit und die Klarheit des Textes. Diese Voraussetzungen gelten unabhängig davon, ob ein Unternehmen über ein internes Meldeverfahren verfügt oder nicht (siehe die Erläuterungen zu Art. 321ater).

­

In Absatz 2 Buchstaben a und b wurden die Bedingungen der Behandlungsfrist und der Informationspflicht fast vollständig übernommen. Die Frist, die der Arbeitgeber festlegen muss, wurde auf maximal 90 Tage verlängert.

Diese Änderung geht einerseits darauf zurück, dass die Voraussetzungen nun auch für Arbeitgeber gelten, die über ein internes Meldeverfahren verfügen. Im ersten Entwurf war der Arbeitgeber mit einem Meldesystem hinsichtlich der Frist vollkommen frei. Der Entscheidungsspielraum war damit zu gross und führte zu einer Unsicherheit in Bezug auf die maximal mögliche Frist. Da die Frist nun auch für Arbeitgeber mit internem Meldeverfahren gilt, muss dieser im Vergleich zum ersten Entwurf über einen grösseren Spielraum bezüglich der Frist verfügen. So wird auch allen möglichen Fällen Rechnung getragen: Einfache oder dringende Fälle erfordern eine rasche Reaktion und eine entsprechend kürzere Frist, in komplexeren Fällen können längere Abklärungen und eine längere Frist notwendig sein. Buchstabe b umfasst eine Ausnahme von der Pflicht, die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer zu informieren: bei anonym erfolgten Meldungen. Grundsätzlich ist es heute zwar technisch möglich, mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die anonym gemeldet haben, auf elektronischem Weg zu kommunizieren. Es ist aber nicht auszuschliessen, dass eine Unregelmässigkeit mit einem nicht unterschriebenen und auf dem Bürotisch der zuständigen Person deponierten Brief gemeldet wird. In bestimmten Fällen, die sicherlich die Ausnahme bilden, kann es für den Arbeitgeber auch offensichtlich unzumut-

Vgl. Blumer, Helene / Dahinden, Urs / Francolino, Vincenzo / Hase, Christian: Meldestellen in Schweizer Unternehmen. Whistleblowing Report 2018, 2017. Abrufbar unter: whistleblowingreport.ch oder www.htwchur.ch/de_integrity, Kap. 2.6.

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bar sein, ein technisches System für die anonyme Kommunikation einzurichten.

34

­

Absatz 2 Buchstabe c führt die durch den Arbeitgeber zu ergreifenden Massnahmen nicht mehr im Detail auf, sondern begnügt sich damit zu präzisieren, dass diese genügend sein müssen. Ob die Massnahmen genügend sind, muss objektiv begründet werden und darf nicht aus der subjektiven Warte des Arbeitgebers oder der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers beurteilt werden. Der im ersten Entwurf verwendete Ausdruck «offensichtlich ungenügende Massnahmen», der diese Objektivität garantieren sollte,34 konnte daher gestrichen werden. Das Gericht wird prüfen, ob die durch den Arbeitgeber ergriffenen Massnahmen genügend sind, insbesondere unter Berücksichtigung der gemeldeten Unregelmässigkeit und der Schnelligkeit und Angemessenheit der Reaktion des Arbeitgebers.

­

Der dispositive Charakter der Bestimmung wurde aufgegeben. So wurde Artikel 321abis in die Liste der relativ zwingenden Bestimmungen nach Artikel 362 Absatz 1 OR aufgenommen. Diese Änderung betrifft aber eigentlich nur den neuen Absatz 1. Absatz 2 wurde aus Artikel 321ater des ersten Entwurfs übernommen, der im ersten Entwurf zwingendes Recht darstellte.

Während der Arbeiten an der Vorlage hat sich gezeigt, dass der dispositive Charakter der Bestimmung über die Meldung an den Arbeitgeber an sich zwar logisch und sachgerecht, tatsächlich aber von sehr beschränkter Wirkung gewesen wäre und zu Problemen bei der Koordination mit den folgenden, zwingenden Bestimmungen geführt hätte. Denn die Bestimmung über die Reaktion des Arbeitgebers ­ geregelt im ersten Entwurf unter der Meldung an die zuständige Behörde und im vorliegenden Entwurf unter der Meldung an den Arbeitgeber in Absatz 2 ­ ist zwingendes Recht. Die Anforderungen an die Reaktion des Arbeitgebers sowie der zwingende Charakter der Regelung zur Meldung an die zuständige Behörde (Art. 321ater) lassen dem Arbeitgeber de facto intern keinen Entscheidungsspielraum in Bezug auf Unregelmässigkeiten, die der zuständigen Behörde gemeldet werden können. So wäre es nicht möglich gewesen, intern ein strengeres Kriterium als den nachvollziehbaren Verdacht festzulegen, da der Arbeitgeber bei einem nachvollziehbaren Verdacht gemäss den gesetzlichen Anforderungen reagieren muss, wenn er eine Meldung an die zuständige Behörde verhindern will. Ein Verbot jeglicher internen Meldungen wäre ebenfalls nicht möglich gewesen. Ferner hätte zwar nur eine Person innerhalb des Unternehmens als Empfängerin von Meldungen ernannt werden können, damit hätte sich jedoch beispielsweise eine Meldung an die hierarchisch vorgesetzte Person als wirkungslos erwiesen. Eine solche Meldung muss aber eine Reaktion des Arbeitgebers nach sich ziehen, allenfalls über eine Übermittlung der Meldung an die im Unternehmen für Meldungen zuständige Person.

Schliesslich hätten auch interne formelle Anforderungen an Meldungen wie die Schriftlichkeit zur Folge gehabt, dass Meldungen, die eine Reaktion erBBl 2013 9513, hier 9576

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fordern, nicht berücksichtigt werden. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer muss somit bei einem nachvollziehbaren Verdacht (Abs. 1 Bst. a) zwingend bei den Adressaten nach Absatz 1 Buchstabe b Meldung erstatten können. Da der Begriff der Unregelmässigkeit zum dispositiven Recht gehört ­ mit Ausnahme der Unregelmässigkeiten, die der zuständigen Behörde gemeldet werden dürfen oder über die die Öffentlichkeit informiert werden darf ­, kann der Arbeitgeber jedoch festlegen, welche Unregelmässigkeiten überhaupt unter Artikel 321abis fallen.

Art. 321ater Die Bestimmung regelt die Meldung an die zuständige Behörde, welche auf eine Meldung an den Arbeitgeber folgt. Sie wurde bezüglich Struktur und Formulierungen erheblich vereinfacht und besteht nunmehr noch aus einem Absatz.

Wie in den Erläuterungen zu Artikel 321abis dargelegt, wurden die Anforderungen an die Reaktion des Arbeitgebers in die Bestimmung zur Meldung an den Arbeitgeber aufgenommen. Ebenso wurde in der deutschen Fassung der Ausdruck «hinreichender Verdacht» durch «nachvollziehbarer Verdacht» ersetzt.

Der Einleitungssatz wurde vereinfacht. Er bezieht sich auf die Meldung einer Unregelmässigkeit «an die Behörde, die für die Kontrolle der Einhaltung der verletzten Bestimmungen zuständig ist». Dieses Element bleibt im Vergleich zum ersten Entwurf unverändert und ist gleich wie bisher zu verstehen.

Gemäss dem ersten Entwurf durften als Unregelmässigkeiten «Straftaten oder andere Verstösse gegen Bestimmungen, deren Anwendung durch eine Behörde erfolgt oder deren Einhaltung von einer Behörde kontrolliert wird» gemeldet werden. In der neuen Formulierung werden das Strafrecht und das Verwaltungsrecht nicht mehr explizit erwähnt. Jedoch präzisiert der vorliegende Entwurf, dass es sich um Normen handeln muss, deren Einhaltung durch eine Behörde kontrolliert wird. Damit werden das Straf- und das Verwaltungsrecht erfasst und das Privatrecht grundsätzlich ausgeschlossen. So könnten Korruptionshandlungen den Strafverfolgungsbehörden gemeldet werden. Fälle von Lebensmittelbetrug könnten den Lebensmittelkontrollbehörden angezeigt oder gegebenenfalls ebenfalls den Strafverfolgungsbehörden gemeldet werden. Ein Fall von Mobbing gegenüber Arbeitskolleginnen oder -kollegen fällt grundsätzlich unter das private Arbeitsrecht, betrifft aber auch öffentliches
Arbeitsrecht und ist möglicherweise auch strafrechtlich relevant; er kann daher dem Arbeitsinspektorat oder gegebenenfalls auch den Strafverfolgungsbehörden gemeldet werden. Die Verletzung eines Vertrags mit einer Kundin oder einem Kunden oder eine Schädigung der betreffenden Person durch die Organisation hingegen darf nicht gemeldet werden, da diese Fälle ausschliesslich unter das Privatrecht fallen. Es bestehen allerdings einige Ausnahmen. Bestimmte Rechtsgebiete sind Teil des Privatrechts, setzen aber eine Beziehung zwischen einer Privatperson und einer Behörde voraus (z.B. das Erwachsenenschutz- oder das Handelsregisterrecht). Die Meldung an diese Behörden ist folglich zulässig. Der Unterschied besteht darin, dass in den anderen Bereichen des Privatrechts die Rechtsbeziehung zwischen

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Privatpersonen besteht. Es ist deshalb nicht erforderlich, eine Pflichtverletzung einer Behörde zu melden.35 Die zu erfüllenden Voraussetzungen (vorherige Meldung an den Arbeitgeber und ungenügende Massnahmen durch diesen; oder Vergeltungsmassnahmen des Arbeitgebers) wurden alle unter den Buchstaben a und b zusammengefasst. Da die Anforderungen an die Reaktion des Arbeitgebers in Artikel 321abis Absatz 2 verschoben wurden (siehe die Erläuterungen zu dieser Bestimmung), verweist Buchstabe a lediglich auf die Voraussetzungen gemäss dieser Bestimmung. Buchstabe b übernimmt Artikel 321ater Absatz 3 des ersten Entwurfs in einer vereinfachten Fassung.

Gemäss dem ersten Entwurf war die Sanktionierung einer rechtswidrigen Meldung, also einer Meldung, die die Voraussetzungen nach Artikel 321abis nicht erfüllt, nicht eine Vergeltungsmassnahme. Das wird im vorliegenden Gesetzestext nicht mehr präzisiert. Das bedeutet aber nicht, dass eine gerechtfertigte Entlassung oder eine andere Disziplinarmassnahme, zu deren Vornahme der Arbeitgeber befugt ist, eine Meldung an die Behörde legitimieren würde. Der Arbeitgeber wird die Nichtbeachtung der Vorschriften nach den Artikeln 321abis ff., aber auch anderer vertraglicher Pflichten, sanktionieren können. Eine vorschriftsgemässe Meldung, die jedoch für die gemeldete Person beleidigend ist, kann beispielsweise Sanktionen rechtfertigen, ohne dass dies eine Meldung an die Behörde rechtfertigen würde.

Artikel 321ater Absatz 2 des ersten Entwurfs befasste sich mit dem internen Meldesystem. Artikel 321aquater des ersten Entwurfs betreffend die direkte Meldung an die Behörde verwies in seinem Absatz 2 auf Artikel 321ater Absatz 2. Mit dem vorliegenden Entwurf wird nun eine andere Struktur vorgeschlagen. Die Normen zum internen Meldesystem sind neu in Artikel 321aquater enthalten. Existiert ein internes Meldesystem, so ist demnach grundsätzlich keine direkte Meldung durch die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer an die zuständige Behörde zulässig. Hingegen umfasst Artikel 321ater des vorliegenden Entwurfs keinen Absatz zum internen Meldesystem mehr. Das bedeutet, dass jedes interne Meldesystem die Voraussetzungen erfüllen muss, die nun in Artikel 321abis Absatz 2 ­ der Bestimmung zur Meldung an den Arbeitgeber ­ festgehalten sind.

Gemäss erstem Entwurf sollte der Arbeitgeber,
der über ein internes Meldesystem verfügt, die Anforderungen, die an die Reaktion eines Arbeitgebers ohne internes Meldesystem gestellt wurden, nicht einhalten müssen. In der ersten Botschaft wurde jedoch präzisiert, dass das System eine wirksame Reaktion auf Meldungen ermöglichen müsse.36 Die Anforderungen, die an die Reaktion eines Arbeitgebers ohne internes Meldesystem gestellt werden, machen aber nichts anderes, als eine wirksame Reaktion des Arbeitgebers zu definieren. Da sich die Anforderungen auf einem relativ hohen Abstraktionsniveau bewegten (Klärung des Sachverhalts und Behebung der Rechtswidrigkeit, falls sie nicht ausgeschlossen werden kann), wäre es schwierig gewesen, sich ein internes Meldesystem vorzustellen, welches diese Anforderungen nicht erfüllt hätte. Daher war die Autonomie, welche man dem Arbeitgeber bezüglich der Einrichtung eines internen Meldesystems hat gewähren 35 36

BBl 2013 9513, hier 9573 und 9574 BBl 2013 9613, hier 9578

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wollen, grösstenteils nur scheinbar. Sie war zudem nicht klar abgegrenzt, da das interne System gemäss dem ersten Entwurf in der Lage zu sein hatte, die Meldungen zu behandeln ­ ein Erfordernis, das aber nicht konkretisiert worden war. Eine grosse Rechtsunsicherheit wäre die Folge gewesen. Die Arbeitgeber hätten nicht gewusst, über welchen Entscheidungsspielraum sie verfügt hätten, weshalb dieser Punkt durch die Lehre und die Rechtsprechung hätte geklärt werden müssen. Ein wahrscheinliches Ergebnis wäre gewesen, dass die internen Systeme die gleichen Anforderungen hätten erfüllen müssen, wie sie für die Reaktion von Arbeitgebern ohne internes System gegolten hätten. Das trifft beispielsweise besonders auf die Behandlungsfrist und die Pflicht zur Information einer meldenden Arbeitnehmerin oder eines meldenden Arbeitnehmers zu. Diese Anforderungen galten für den Fall, in dem kein internes System besteht, aber nicht für den Fall, in dem ein solches vorhanden ist. Doch es ist augenscheinlich, dass ein wirksames System die Meldungen eben gerade innerhalb einer gewissen Frist und so behandeln soll, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über das Verfahren informiert werden. Mit der neuen Struktur wird nun klar festgehalten, dass diese Anforderungen in beiden Fällen erfüllt werden müssen. Zudem ist die Formulierung der Anforderungen an die Reaktion auf eine Meldung viel einfacher und kürzer. Neben der Behandlungsfrist und der Informationspflicht beschränkt sich der neue Entwurf darauf, den Arbeitgeber zu verpflichten, genügende Massnahmen zur Behandlung der Unregelmässigkeit zu ergreifen.

Die hier vorgeschlagene Lösung ist demnach besser strukturiert: Der Arbeitgeber muss auf eine Meldung gemäss den Anforderungen nach Artikel 321abis reagieren, unabhängig davon, ob er über ein internes Meldesystem verfügt oder nicht. Für Arbeitgeber, die über ein internes System verfügen, das den zusätzlichen Anforderungen nach Artikel 321aquater Absatz 2 genügt, gilt das günstige System gemäss 321aquater.

Art. 321aquater Die Bestimmung regelt die Voraussetzungen für eine direkte Meldung an die zuständige Behörde. Im ersten Entwurf zählte Absatz 1 die Situationen auf, in denen sich die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer direkt an eine zuständige Behörde wenden durfte. Absatz 2 enthielt Präzisierungen für den Fall,
dass der Arbeitgeber ein internes Meldesystem eingerichtet hatte. Der Entwurf wurde in mehrfacher Hinsicht vereinfacht.

Erstens wurde der Einleitungssatz von Absatz 1 auf die gleiche Weise angepasst wie der analog formulierte Einleitungssatz von Artikel 321ater Absatz 1, einschliesslich des Ausdrucks «nachvollziehbarer Verdacht» (statt «hinreichender Verdacht»).

Weiter wurden die Buchstaben a, b und c des ersten Entwurfs zwar beibehalten, die drei konkreten Situationen, in denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer darauf schliessen dürfen, dass ihre Meldung an den Arbeitgeber keine Wirkung erzielen wird (Bst. a), werden im Gesetzestext aber nicht mehr unterschieden. Sie bleiben jedoch einschlägig, und die diesbezüglichen Erläuterungen in der ersten Botschaft sind weiterhin relevant. Angepasst wurde die Formulierung des erforderlichen Grads an Gewissheit, über welche die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für ihre 6146

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Einschätzung verfügen müssen: Während der erste Entwurf vorsah, dass sich die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer auf objektive Tatsachen stützen müsse, verlangt der neue Text, dass sie oder er vernünftigerweise davon ausgehen könne, dass die Meldung an den Arbeitgeber keine Wirkung erzielen würde oder dass die Tätigkeit der Behörde ohne sofortige Meldung behindert würde. Da sich eine vernünftige Schlussfolgerung auf objektive Elemente stützen muss, resultiert daraus keine materielle Änderung. Diese Voraussetzung wurde ferner in den Einleitungssatz verschoben und betrifft nun die drei Situationen gemäss den Buchstaben a­c.

Dabei unterscheidet sich Buchstabe c von den ersten beiden Buchstaben: Die Gefährdung muss aktuell bestehen oder zumindest unmittelbar drohen, während die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer in den beiden ersten Situationen eine Prognose über ein künftiges Ereignis anstellen muss. Die Einschätzung, ob in einer Situation eine Gefahr besteht oder auch nur unmittelbar droht, erfolgt jedoch durch die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer. Sie oder er kann in guten Treuen davon ausgehen, dass eine Gefahr besteht und dass sie oder er sich direkt an die Behörde wenden darf. In diesen Fällen darf sie oder er nicht sanktioniert werden. Dennoch ist dem Unterschied zu den Buchstaben a und b bei der Beurteilung, ob ihre oder seine Schlussfolgerung nachvollziehbar ist, Rechnung zu tragen.

Schliesslich werden die Voraussetzungen an ein internes Meldeverfahren nun in Absatz 2 des vorliegenden Artikels geregelt. Im ersten Entwurf waren sie in Artikel 321ater enthalten. Diese Verschiebung wurde in den Erläuterungen zu Artikel 321ater dargelegt. Auf den Begriff des «internen Meldesystem[s]» wurde verzichtet. Die Anforderungen an das interne Verfahren bleiben mit einer Ausnahme identisch. Der Buchstabe d des ersten Entwurfs, welcher die Vertraulichkeit garantierte und die der Ständerat hinzugefügt hat, wird beibehalten. Der Begriff der Vertraulichkeit wird jedoch durch den Begriff der Anonymität ersetzt. Entsprechend soll eine anonyme Meldung möglich, aber nicht obligatorisch sein. Die Bestimmung wird so in Einklang gebracht mit der Änderung von Artikel 321abis, die anonyme interne Meldungen ermöglicht. Es kann nicht angehen, die Anonymität allgemein für interne Meldungen zuzulassen, aber in
Fällen, in denen der Arbeitgeber ein Meldeverfahren eingerichtet hat, nicht zu garantieren.

Verfügt der Arbeitgeber über ein internes Verfahren, so wird vermutet, dass die Meldung an den Arbeitgeber eine Wirkung erzielt. Diese Formulierung steht mit dem Sinn und Zweck des ersten Entwurfs im Einklang. Zwar schien der Text des ersten Entwurfs jede direkte Meldung an die Behörde auszuschliessen. Die Botschaft präzisierte jedoch, dass ein internes Meldesystem wirksam sein und die internen Vorschriften auch wirksam umgesetzt werden müssen. 37 Es folgt gerade auch aus dem Sinn und Zweck eines internen Verfahrens, dass es zur angemessenen Behandlung von Meldungen geeignet sein muss. Das impliziert, dass die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer bereits im Rahmen des ersten Entwurfs darlegen konnte, dass das interne System zur Erzielung der erwünschten Wirkungen nicht geeignet war und daher die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllte. Der neue Entwurf gibt diesen Aspekt ausdrücklich wieder und trägt damit zur Klarheit des Entwurfs bei.

37

BBl 2013 9513, hier 9578 und 9579

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Art. 321aquinquies Die Bestimmung regelt die Information der Öffentlichkeit über eine Unregelmässigkeit. Im ersten Entwurf nannte Absatz 1 die Voraussetzungen für eine Information der Öffentlichkeit, während Absatz 2 den Begriff der Information der Öffentlichkeit konkretisierte.

Es wurde eine strukturelle Änderung vorgenommen: Ein Teil des Einleitungssatzes wurde in Buchstabe b integriert. So werden nun alle Voraussetzungen in der Aufzählung genannt, was die Lektüre der Bestimmung erleichtert. Zudem ist der Einleitungssatz durch diese Änderung kürzer und einfacher geworden.

Buchstaben a und c Ziff. 1 entsprechen den Buchstaben a und b des ersten Entwurfs.

Buchstabe c Ziff. 1 wurde in geringfügiger Weise redaktionell überarbeitet. Die Bestimmungen bleiben materiell unverändert.

Eine erhebliche Vereinfachung wurde durch die Streichung von Artikel 321aquinquies Absatz 2 des ersten Entwurfs erzielt. Dieser hatte den Begriff der Information der Öffentlichkeit präzisiert. Die Medien und Organisationen sind auch weiterhin potenzielle Adressaten.

Um die Bestimmung an Artikel 321ater Buchstabe b anzugleichen, wurde unter Buchstabe c eine neue Ziffer 2 eingefügt. Vergeltungsmassnahmen aufgrund einer Meldung sind auch in diesem Stadium des Verfahrens zu verbieten.

Art. 321asexies, Art. 321asepties, Art. 328 Abs. 3, Art. 336 Abs. 2 Bst. d und Art. 362 Abs. 1 Artikel 321asexies wurde nur in der deutschsprachigen Fassung überarbeitet (Verwendung geschlechtergerechter Formulierungen, vgl. Ziff. 1.2). Bei Artikel 321asepties wurde der Randtitel präzisiert, und in Artikel 328 Absatz 3 wurden in Bezug auf Meldungen von Unregelmässigkeiten Verweise auf die einschlägigen Bestimmungen aufgenommen. Artikel 336 Absatz 2 Buchstabe d wurde angepasst, um den neuen Artikel 321abis zu integrieren. Eine zusätzliche Anpassung dieser Bestimmung betrifft nur die deutschsprachige Fassung und bezieht sich auf die Verwendung geschlechtergerechter Formulierungen (vgl. Ziff. 1.2). Artikel 362 Absatz 1 wurde angepasst, um die redaktionellen Änderungen der Marginalien wiederzugeben, und er umfasst im Vergleich zum ersten Entwurf zusätzlich Artikel 321 abis° Abs. 1 und Artikel 321abis (siehe Erläuterungen zu diesen Bestimmungen).

3

Auswirkungen

Die Erwägungen der ersten Botschaft sind weiterhin vollumfänglich relevant. Es ist keine Ergänzung nötig.

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4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates

Was das Verhältnis zur Legislaturplanung und die Strategien des Bundesrates angeht, sei auf die erste Botschaft verwiesen.

5

Rechtliche Aspekte

Die Erwägungen der ersten Botschaft sind weiterhin vollumfänglich relevant. Es sind keine Änderungen darzulegen. Insbesondere wurde die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Bereich der Meldung von Unregelmässigkeiten durch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer seit der ersten Botschaft in mehreren Urteilen bestätigt.38 Ebenso hat das Ministerkomitee des Europarats am 30. April 2014 die Empfehlung CM/Rec(2014)7 über den Schutz von Whistleblowern angenommen, in der die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, «über einen normativen, institutionellen und justiziellen Regelungsrahmen zu verfügen, um Personen zu schützen, die im Rahmen ihrer Arbeitsbeziehungen Meldungen machen oder Informationen über Gefahren oder Nachteile für das öffentliche Interesse mitteilen».39 Ein Anhang dieser Empfehlung legt Grundsätze fest, an denen sich die Mitgliedstaaten für ihre gesetzgeberische Tätigkeit orientieren können.

38

39

Vgl. insbesondere das Urteil Aurelian Oprea gegen Rumänien, 19. Januar 2016, 12138/08, Ziff. 59 und 60, und das Urteil Soares gegen Portugal, 21 Juni 2016, 79972/12, Ziff. 39­43.

Inoffizielle deutsche Fassung abrufbar unter: https://search.coe.int/cm/Pages/result_details.aspx?ObjectId=09000016805c5eb3

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