18.008 Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik 2017 und Bericht über zolltarifarische Massnahmen im Jahr 2017 vom 10. Januar 2018

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Gestützt auf Artikel 10 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über aussenwirtschaftliche Massnahmen («Aussenwirtschaftsgesetz», SR 946.201) erstatten wir Ihnen Bericht über die Aussenwirtschaftspolitik 2017. Wir beantragen Ihnen, von diesem Bericht und seinen Beilagen (Ziff. 8.1.1­8.1.4) Kenntnis zu nehmen (Art. 10 Abs. 1 des Aussenwirtschaftsgesetzes).

Zudem unterbreiten wir Ihnen den Bericht über die Genehmigung zolltarifarischer Massnahmen im Jahr 2017 mit dem Entwurf des Bundesschlusses über die Genehmigung zolltarifarischer Massnahmen (Ziff. 8.2), in Anwendung von Artikel 10 Absatz 4 des Aussenwirtschaftsgesetzes sowie gestützt auf Artikel 13 Absätze 1 und 2 des Zolltarifgesetzes vom 9. Oktober 1986 (SR 632.10), auf Artikel 6a des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 1974 über die Ein- und Ausfuhr von Erzeugnissen aus Landwirtschaftsprodukten (SR 632.111.72) und auf Artikel 4 Absatz 2 des Zollpräferenzengesetzes vom 9. Oktober 1981 (SR 632.91). Wir beantragen Ihnen, die zolltarifarischen Massnahmen zu genehmigen.

Dieses Jahr wurden keine Wirtschaftsvereinbarungen unterzeichnet, die dem Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik zur Genehmigung durch das Parlament beigelegt werden könnten. Deshalb liegen dem Bericht keine entsprechenden Botschaften mit Entwürfen von Bundesbeschlüssen bei.

2017-2011

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Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

10. Januar 2018

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Gesamtübersicht Der Aussenwirtschaftsbericht fokussiert ab diesem Jahr noch stärker als bisher auf besonders wichtige, im Berichtsjahr aktuelle Entwicklungen. Verschiedene bisher im Textteil des Berichts erörterte Ereignisse im Rahmen weitergeführter Verhandlungen oder anderer internationaler Prozesse werden zur Verbesserung der Übersichtlichkeit in tabellarischer Form in Anhängen aufgeführt (Ziff. 8.1). Zudem werden Redundanzen zu anderen Berichten des Bundesrats (z. B. Aussenpolitischer Bericht, Bericht über internationale Finanz- und Steuerfragen, Europaberichte) und zu Informationen auf den Webseiten der zuständigen Bundesstellen so weit möglich vermieden, indem diese durch Verweise erschlossen werden.

Zielsetzung des Bundesrates für das Jahr 2017 Der Bundesrat legte auch im Berichtsjahr ein besonderes Augenmerk auf den verbesserten Zugang der Schweizer Wirtschaft zu internationalen Märkten sowie auf die Erneuerung und Weiterentwicklung der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zur EU (vgl. Ziele des Bundesrates 2017, Ziele 4 und 5).

Für die Liberalisierung des internationalen Handels setzte sich der Bundesrat insbesondere im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) und in den Verhandlungen über Freihandelsabkommen (FHA) ein. In Bezug auf die wirtschaftlichen Beziehungen zur EU gelang es, den Verfassungsartikel zur Steuerung der Zuwanderung in Einklang mit den bilateralen Verträgen Schweiz-EU umzusetzen. In der Folge konnte die 2016 ausgehandelte Aktualisierung des Abkommens Schweiz-EU über technische Handelshemmnisse nach einiger Verzögerung im Juli des Berichtsjahres in Kraft gesetzt werden, was wichtigen Schweizer Industrieprodukten weiterhin Zugang zum Binnenmarkt der EU ­ ohne zusätzliche Konformitätsbescheinigungen und Prüfungen ­ ermöglicht. Mit dem Vereinigten Königreich hat der Bundesrat den Dialog fortgesetzt, um die Fortführung der bestehenden engen bilateralen Wirtschaftsbeziehungen auch nach dem geplanten Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU zu gewährleisten.

Diese und weitere für die Schweizer Aussenwirtschaftspolitik bedeutende Geschäfte sind Gegenstand des vorliegenden Berichts (Ziff. 2­7). Schwerpunktthema sind die Entwicklungen beim internationalen Investitionsschutz und die Massnahmen der Schweiz zur Weiterentwicklung der Investitionsschutzabkommen (Ziff. 1).

Über die aussenwirtschaftspolitische Zielerreichung wird der Bundesrat im Geschäftsbericht 2017 ausführlich berichten. Eine vorläufige Beurteilung der Aussenwirtschaftspolitik des Jahrs 2017 deutet darauf hin, dass die gesteckten Ziele erreicht wurden.

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Das wirtschaftliche Umfeld Im Berichtsjahr setzte sich der weltwirtschaftliche Aufschwung fort und die Konjunktur war zum ersten Mal seit einigen Jahren gleichzeitig in fast allen grossen Volkswirtschaften der Welt aufwärtsgerichtet. Passend zur positiven Konjunkturlage liess der Welthandel, nicht zuletzt im Zuge der global anziehenden Investitionstätigkeit, die Wachstumsschwäche der vergangenen zwei Jahre hinter sich. Dabei blieben die Inflationsraten in vielen Industrieländern auf tiefem Niveau.

In der Schweiz blieb die Konjunkturdynamik im Berichtsjahr insgesamt moderat, die Wirtschaftsaktivität nahm aber in der zweiten Jahreshälfte deutlich zu. Auch die Lage auf dem Arbeitsmarkt hellte sich im Zuge der Wachstumserholung mit weiter sinkenden Arbeitslosenzahlen etwas auf. Dank des anziehenden globalen Wirtschaftswachstums entwickelten sich die Exporte positiv. Ebenfalls positive Impulse kamen von der Inlandnachfrage. Sowohl der Konsum als auch die Investitionen leisteten einen Beitrag zum Wachstum des BIP. Die Industrie und das Gastgewerbe profitierten von dieser Dynamik und erholten sich teilweise vom Frankenschock von 2015. Hingegen blieb das Zinsgeschäft der Banken im Negativzinsumfeld unter Druck, weshalb sich der Finanzdienstleistungssektor nur verhalten entwickelte.

Auch vom Gross- und Detailhandel kamen im Berichtsjahr weniger Impulse als in den beiden Jahren zuvor.

Bedeutendster Handelspartner der Schweiz ist die EU mit 62 Prozent des gesamten Aussenhandels. Von Januar bis Oktober gingen 53 Prozent der Warenexporte in die EU, 3 Prozent mehr als in derselben Periode des Vorjahres, was sich mit der relativ guten Wirtschaftsentwicklung in der EU und mit der Abschwächung des Schweizer Frankes gegenüber dem Euro erklären lässt. Innerhalb der EU stand Deutschland klar an der Spitze der Handelspartner der Schweiz, wobei der weitaus grösste Anteil auf das benachbarte Bundesland Baden-Württemberg entfiel. Italien und Frankreich sind weiterhin auf den Plätzen zwei und drei. Auf Platz vier folgt das Vereinigte Königreich.

Nach der EU sind die USA zweitwichtigster Handelspartner der Schweiz mit einem Anteil am gesamten Aussenhandel von 12 Prozent. In den ersten zehn Monaten des Berichtsjahres entfielen 15 Prozent der Schweizer Exporte und 7 Prozent der Schweizer Importe auf die USA. Mit einem
Kapitalbestand von 258 Milliarden Schweizerfranken ist die Schweiz zudem der sechstwichtigste ausländische Direktinvestor in den USA. Die USA sind für die Schweizer Industrie weiterhin ein bedeutender Wachstumsmarkt. Die Regierung der USA vollzog im Berichtsjahr einen handelspolitischen Paradigmenwechsel mit einem Fokus auf bilaterale Beziehungen und auf die Reduktion der Handelsdefizite mit spezifischen Partnern. So zog sich das Land aus dem im Jahr 2016 unterzeichneten regionalen Abkommen über die Transpazifische Partnerschaft (TPP) zurück. Auch die Verhandlungen über das plurilaterale Dienstleistungsabkommen TiSA wurden nicht weiterverfolgt. Priorität hat für die USA die Neuverhandlung des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (NAFTA) mit Kanada und Mexiko.

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In Lateinamerika haben mit Brasilien und Argentinien die grösste, beziehungsweise die drittgrösste Volkswirtschaft des Subkontinents aus der Rezession gefunden. Dies wirkte sich positiv auf den bilateralen Handel auch mit der Schweiz aus.

In Asien stand weiterhin China im Zentrum des wirtschaftlichen Geschehens. China ist nach der EU und den USA der drittwichtigste Handelspartner der Schweiz, eine Position die durch das bilaterale FHA Schweiz-China noch gefestigt wurde. Dreieinhalb Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens ist festzustellen, dass sich der bilaterale Handel aus Sicht beider Seiten sowohl in absoluten Zahlen positiv entwickelte als auch stärker zunahm als der Handel mit anderen Partnern.

In der Region Mittlerer Osten und Afrika waren die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) wie schon in den vorangehenden Jahren auch im Berichtsjahr mit Abstand der wichtigste Handels- und Investitionspartner der Schweiz. Mit einem Kapitalbestand von annähernd 26 Milliarden Schweizerfranken übertrafen die Schweizerischen Direktinvestitionen in den VAE diejenigen in China und in vielen anderen Ländern.

Inhaltsübersicht des Berichts zur Aussenwirtschaftspolitik 2017 und Ausblick auf 2018 Schwerpunktthema: Die Entwicklungen im internationalen Investitionsschutz als Chance nutzen (Ziff. 1) Die Schweiz gehört weltweit zu den zehn grössten Kapitalexporteuren. Günstige Rahmenbedingungen für Auslandinvestitionen liegen deshalb im Interesse der Schweiz. Vor dem Hintergrund der Globalisierung der Wertschöpfungsketten und der Digitalisierung der Wirtschaft nimmt die Bedeutung grenzüberschreitender Unternehmensstrukturen auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu.

Aufgrund der damit zusammenhängenden langfristigen Kapitalbindung im Ausland steigt das Bedürfnis nach staatsvertraglicher Absicherung der Rahmenbedingungen.

In diesem Zusammenhang sind Investitionsschutzabkommen (ISA) ein wichtiges Instrument zur Stärkung der internationalen Rechtssicherheit (Übersicht Ziff. 8.1.1).

In den letzten Jahren sind ISA und die darin vorgesehenen Investitionsschiedsgerichte zunehmend in Kritik geraten. Einzelne Länder haben in jüngerer Zeit derartige Abkommen gekündigt. Die Schweiz anerkennt in bestimmten Bereichen einen Reformbedarf. Sie hat ihre ISA-Vertragspraxis entsprechend seit mehreren Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. Auf internationaler Ebene beteiligt sie sich an Arbeiten, die unter anderem eine erhöhte Transparenz und andere Reformen der Investor-Staat-Schiedsverfahren zum Gegenstand haben.

Verantwortungsvolle Unternehmensführung (Ziff. 2) Engagierte und verantwortungsvolle Unternehmen sind ein Erfolgsfaktor des Wirtschaftsstandorts Schweiz. Die Grundsätze der gesellschaftlichen Verantwortung der Unternehmen bezüglich Menschenrechte, Arbeits- und Umweltschutzstandards, Korruptionsbekämpfung usw. sind in der Schweiz allgemein anerkannt. Der Bund unterstützt verantwortungsvolles Unternehmensverhalten, indem er unter anderem

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die Umsetzung der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen und der UNOLeitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte fördert.

Wirtschaftsbeziehungen mit der EU (Ziff. 3) Nachdem das Parlament Ende 2016 eine mit dem Freizügigkeitsabkommen Schweiz-EU vereinbare Umsetzung des Artikels 121a der Bundesverfassung (Steuerung der Zuwanderung) beschlossen hatte, konnte die in der ersten Hälfte 2016 ausgehandelte Aktualisierung des Abkommens über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen Mitte bzw. Ende 2017 in Kraft gesetzt werden (Ziff. 3.1). In der Folge konnten auch in weiteren Bereichen Fortschritte auf technischer Ebene erzielt werden. Im Lichte der Dynamik der Gesamtbeziehungen Schweiz-EU entschied der Bundesrat im November, die Weichen für einen weiteren Schweizer Beitrag für ausgewählte EU-Mitgliedstaaten zu stellen und eine Vorlage zur Umsetzung eines neuen Beitrags für die Vernehmlassung vorzubereiten (Ziff. 3.2). Aufgrund des ungerechtfertigten und diskriminierenden Entscheids der EU vom 21. Dezember, die Äquivalenz betreffend die Schweizer Börse nur befristet anzuerkennen, behält sich der Bundesrat allerdings vor, die Arbeiten an der Vernehmlassungsvorlage in 2018 neu zu beurteilen.

Im Rahmen der Strategie «Digitale Schweiz» wurde eine bundesinterne Koordinationsgruppe eingesetzt, um mögliche Auswirkungen der Strategie der Europäischen Kommission zur Förderung eines digitalen Binnenmarkts frühzeitig zu erkennen und sich daraus für die Schweiz ergebende Synergien nutzbar zu machen (Ziff. 3.3). Die Schweiz und das Vereinigte Königreich sind sich im Rahmen ihres informellen Dialogs einig, dass die bestehenden vertraglichen Beziehungen, die überwiegend auf den bilateralen Verträgen Schweiz-EU beruhen, nach dem geplanten Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU so weit wie möglich fortgeführt werden sollen (Ziff. 3.4).

Welthandelsorganisation (WTO) und weitere multilaterale Wirtschaftszusammenarbeit (Ziff. 4) In der WTO waren im Berichtsjahr kaum nennenswerte Fortschritte möglich (Ziff. 4.1). An der elften WTO-Ministerkonferenz in Buenos Aires bekräftigten die Minister die grosse Bedeutung des multilateralen Handelssystems. Konkrete multilaterale Beschlüsse waren nur in einzelnen Verhandlungsgebieten zu verzeichnen.

Zudem schloss sich die Schweiz unter anderem einer
plurilateralen Initiative zur Intensivierung der exploratorischen Arbeiten im Bereich E-Commerce an. Mit einer Reihe weiterer Länder unterzeichnete die Schweiz am Rand der WTO-Ministerkonferenz eine Erklärung zur Beseitigung handelsverzerrender, umweltschädlicher Subventionen für fossile Energien.

Im Berichtsjahr überprüfte die WTO die Schweizer Handelspolitik. Die WTO-Mitglieder würdigten unter anderem die robuste Wirtschaft, die politische Stabilität, den flexiblen Arbeitsmarkt und die Innovationsförderung der Schweiz, während das hohe Schutzniveau im Agrarbereich auf breites Unverständnis stiess. Auch die staatlichen Monopole in den Sektoren Post, Versicherung und Telekommunikation wurden vereinzelt hinterfragt.

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Schweiz-intern stand die Umsetzung des WTO-Ministerbeschlusses zum Exportwettbewerb der 10. Ministerkonferenz vom Dezember 2015 in Nairobi im Vordergrund.

Der Beschluss erfordert die Aufhebung aller verbleibenden Exportsubventionen für Agrarprodukte, zu denen die schweizerischen Ausfuhrbeiträge für landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte zählen. Weiter wurde ein Nationaler Ausschuss für Handelserleichterungen bezeichnet, wie dies das WTO-Abkommen über Handelserleichterungen für alle WTO-Mitglieder vorsieht.

In der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gab im Berichtsjahr die anstehende Erweiterung um neue Mitglieder zu Diskussionen Anlass (Ziff. 4.2). Der Bundesrat setzt sich dafür ein, dass die Standards der OECD auch von neuen Mitgliedern hochgehalten werden.

Freihandelsabkommen und andere Wirtschaftsvereinbarungen (Ziff. 5) Die Schweiz hat im Berichtsjahr ihre Bestrebungen zum Ausbau und zur Weiterentwicklung ihres Freihandelsnetzes fortgesetzt (Übersicht Ziff. 8.1.2). Die Nachverhandlungen mit der Türkei wurden erfolgreich abgeschlossen. In den meisten anderen Verhandlungen konnten Fortschritte erzielt werden. Allerdings bestehen in verschiedenen laufenden Verhandlungen nach wie vor Herausforderungen, wie beispielsweise die beschränkte Möglichkeit der Schweiz, den Zugang zum Schweizer Markt für Landwirtschaftsprodukte zu erleichtern (Ziff. 5.1). Nebst den laufenden Verhandlungen tagten im Berichtsjahr drei Gemischte Ausschüsse der EFTAStaaten mit Freihandelspartnern (Kooperationsrat der Arabischen Golfstaaten, Hongkong, Ukraine; Ziff. 5.2). Zur Förderung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen mit Partnern, mit denen die Schweiz kein FHA abgeschlossen hat, fanden verschiedene Wirtschaftsmissionen und Treffen von Gemischten Wirtschaftskommissionen (Ziff. 5.3 und Übersicht Ziff. 8.1.3) sowie Gespräche über den Schutz des geistigen Eigentums statt (Ziff. 5.5).

Wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit (Ziff. 6) Multilaterale Entwicklungsbanken wie die Weltbank sind eine tragende Säule der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Ihr Fachwissen macht sie für die Umsetzung der Schweizer Entwicklungspolitik zu wichtigen Partnern. Im Berichtsjahr feierte die Schweiz in Anwesenheit des Weltbankpräsidenten das 25-JahreJubiläum ihres Beitritts zu dieser Organisation
(Ziff. 6.1). Die Strategien und Programme zur Förderung von Fachkompetenzen in Entwicklungsländern (Ziff. 6.2), von nachhaltigen Investitionen (Ziff. 6.3) und eines nachhaltigen Tourismus (Ziff. 6.4) weisen beispielhaft auf innovative Ansätze der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit hin.

Exportkontrollen und Sanktionsmassnahmen (Ziff. 7) Im Berichtsjahr verabschiedete die Staatenkonferenz verschiedene Mandate im Hinblick auf die Umsetzung des im Jahr 2015 in Kraft getretenen Vertrags über den Waffenhandel (Ziff. 7.1). Für Ausfuhren, die dem Güterkontrollgesetz unterstellt sind, wurden im Berichtsjahr fast 8000 Bewilligungen erteilt (Übersicht Ziff. 8.1.4.).

Aufgrund wiederholter Nuklear- und Raketentests wurden die Sanktionsmassnahmen

827

gegenüber Nordkorea verschärft (Ziff. 7.2). Gegenüber Mali erliess der Bundesrat neue Massnahmen, nachdem das Waffenstillstandsabkommen wiederholt von bewaffneten Gruppen verletzt worden war. Die Sanktionen gegenüber Syrien wurden im Berichtsjahr punktuell für humanitäre Hilfsorganisationen gelockert.

Ausblick auf das kommende Jahr Der Bundesrat wird auch 2018 die Weiterentwicklung des Freihandelsnetzes und die Verbesserung des Zugangs der Schweizer Unternehmen zu ausländischen Märkten vorantreiben. Der Bundesrat strebt den Abschluss der EFTA-Verhandlungen über FHA mit Ecuador und Indonesien und wenn möglich mit Indien, Malaysia und Vietnam an. Mit dem Mercosur werden die EFTA-Verhandlungen fortgeführt, nach Möglichkeit ebenfalls die Verhandlungen über die Modernisierung des bestehenden FHA EFTA-Mexiko. Die im Berichtsjahr gemeinsam mit China begonnene Prüfung der Vertiefung des FHA Schweiz-China soll weitergeführt werden, ebenso die seit 2016 laufende Exploration einer möglichen Modernisierung des FHA EFTAKanada. Mit der Südafrikanischen Zollunion und mit Chile sollen Verhandlungen zur Modernisierung der bestehenden FHA lanciert werden. Auch dem Handelsdialog mit den USA wird der Bundesrat grosses Gewicht beimessen.

Die Verhandlungen über institutionelle Fragen mit der EU werden 2018 fortgeführt.

Dabei werden die Stärkung der Rechtssicherheit und der Nicht-Diskriminierung der Marktteilnehmer im Anwendungsbereich der Abkommen, die auf der Harmonisierung von nationalen Vorschriften beruhen, sowie die Eröffnung neuer Möglichkeiten zum Ausbau des gegenseitigen Marktzugangs angestrebt. Um den Marktzugang der Schweizer Exporteure in den Industriesektoren, die unter das Abkommen von 1999 über den Abbau technischer Handelshemmnisse (MRA) fallen, aufrecht zu erhalten, wird der Bundesrat mit der EU-Kommission die Aktualisierung dieses Abkommens fortsetzen, um den technischen Entwicklungen laufend Rechnung zu tragen. Weiter wird der Bundesrat die Vernehmlassung einer Vorlage zur Umsetzung eines neuen Schweizer Beitrags zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in gewissen Mitgliedstaaten der EU eröffnen. Er behält sich allerdings vor, die Arbeiten an der Vernehmlassungsvorlage im Lichte der Gesamtbeziehungen Schweiz-EU neu zu beurteilen.

Die Verhandlungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU über ihre zukünftigen Beziehungen wird der Bundesrat weiterhin eng verfolgen und den Dialog mit dem Vereinigten Königreich mit dem Ziel fortführen, die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich nach dessen geplantem Austritt aus der EU möglichst
nahtlos fortzuführen.

In Ergänzung zum Kooperationsabkommen im Wettbewerbsbereich mit der EU, welches seit 2014 in Kraft ist, beabsichtigt die Schweiz, 2018 Verhandlungen mit Deutschland, dem wichtigsten Handelspartner der Schweiz, über ein analoges Kooperationsabkommen aufnehmen.

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Ausserhalb Europas wird der Fokus der Aussenwirtschaftspolitik auch 2018 auf der Verbesserung des Marktzugangs der Schweizer Wirtschaft in den aufstrebenden Märkten liegen, insbesondere in China und anderen asiatischen Staaten. Der Bundesrat beobachtet auch die wirtschaftlichen Entwicklungen und das Potenzial in anderen neuen Märkten, beispielsweise in Südamerika und in Afrika.

Im Rahmen der WTO wird sich die Schweiz für die Fortführung der Arbeiten in allen Verhandlungsbereichen sowie für die Stärkung der Institutionen und des Regelwerks der WTO einsetzen. In den Landwirtschaftsverhandlungen vertritt die Schweiz weiterhin eine defensive Position.

Nach Ablauf der Referendumsfrist wird der Bundesrat die Gesetzesänderung zur Umsetzung des Beschlusses der 10. WTO-Ministerkonferenz von 2015 über den Exportwettbewerb zusammen mit den Begleitmassnahmen auf den 1. Januar 2019 in Kraft setzen. Zu den zugehörigen Verordnungsänderungen wird im Frühjahr 2018 ein Vernehmlassungsverfahren gestartet.

Der Bundesrat wird die Aktualisierung und Erweiterung des Netzwerks der Schweizer ISA fortsetzen. 2018 stehen die Weiterführung der laufenden Verhandlungen mit Indien, Malaysia und Mexiko sowie die Aufnahme von Verhandlungen über ein neues ISA mit Bahrain beziehungsweise über die Revision des bestehenden ISA mit der Slowakei im Vordergrund. Gleichzeitig wird sich die Schweiz an den multilateralen Arbeiten in der UNCITRAL zur Errichtung eines ständigen multilateralen Investitionsschiedsgerichts beteiligen. Die Schweiz setzt sich gemeinsam mit anderen Staaten dafür ein, dass 2018 entsprechende Verhandlungen lanciert werden.

Bis November 2018 wird die interdepartementale Plattform Rohstoffe eine Neubeurteilung der Lage der Schweizer Rohstoffbranche hinsichtlich Wettbewerbsfähigkeit, Integrität, Umwelt und weiterer Aspekte vornehmen.

2018 wird die Schweiz in verschiedenen Expertengruppen am Digitalisierungsprojekt der OECD («Going digital») mitarbeiten. Ebenfalls wird sich die Schweiz an den Beitrittsverhandlungen verschiedener Kandidatenländer zur OECD beteiligen.

Im Frühjahr 2018 wird die OECD den Bericht zum Länderexamen der Schweiz im Rahmen der Umsetzung der OECD-Antikorruptionskonvention veröffentlichen.

Schwerpunkt ist die nationale Strafverfolgung in Fällen der Bestechung ausländischer Amtsträger.
Die Schweiz wird ihren Beitrag zur internationalen Entwicklungspolitik fortsetzen.

Dabei wird der Bundesrat einerseits die globalen Herausforderungen in den Bereichen Finanzen und Handel, Klimawandel, Wasser sowie Migration und anderseits die Umsetzung der Ziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung berücksichtigen. Auch die Weltbank misst diesen Herausforderungen grosses Gewicht bei. Bei ihr stehen 2018 Kapitalerhöhungen zur Diskussion. Der Bundesrat wird über eine mögliche Schweizer Beteiligung beraten. Die Botschaft zur internationalen Zusammenarbeit der Schweiz 2017­20 wird im Rahmen der verfügbaren Ressourcen auch weiterhin mittels wirtschafts- und handelspolitischer Massnahmen umgesetzt, die wirksame Institutionen, mehr und bessere Arbeitsplätze, höhere Wettbewerbsfähigkeit sowie eine klimaresiliente Wirtschaft zum Ziel haben.

829

BBl 2018

Inhaltsverzeichnis Gesamtübersicht

823

Abkürzungsverzeichnis

832

1

Die Entwicklungen im internationalen Investitionsschutz als Chance nutzen 1.1 Wirtschaftliche Bedeutung der internationalen Investitionen 1.2 Vertragspolitik der Schweiz 1.2.1 Investitionsschutzabkommen 1.2.2 Multilaterale Abkommen 1.2.3 Bedeutung der Investor-Staat-Schiedsverfahren 1.2.4 Kritik und Herausforderungen 1.3 Weiterentwicklung des Investitionsschutzes 1.3.1 Ziele der Schweiz 1.3.2 Bisherige Anpassungen 1.3.3 Zentrale Handlungsfelder für die Weiterentwicklung 1.4 Fazit

833 834 837 837 838 839 842 845 845 845 848 850

2

Verantwortungsvolle Unternehmensführung

851

3

Wirtschaftsbeziehungen mit der EU 3.1 Entwicklungen in den bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU 3.2 Erweiterungsbeitrag 3.3 «Digital Single Market»-Strategie 3.4 Wirtschaftliche Herausforderungen in Zusammenhang mit dem «Brexit»

852

4

830

Welthandelsorganisation (WTO) und weitere multilaterale Wirtschaftszusammenarbeit 4.1 WTO 4.1.1 WTO-Ministerkonferenz in Buenos Aires 4.1.2 Überprüfung der Schweizer Handelspolitik durch die WTO 4.1.3 Aufhebung der Exportsubventionen 4.1.4 Nationaler Ausschuss über Handelserleichterungen 4.2 Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und Gruppe der 20 (G20) 4.2.1 OECD: Erweiterungspolitik 4.2.2 G20: Deutsche Präsidentschaft 2017, argentinische Präsidentschaft 2018

852 856 857 858 860 860 860 861 862 862 863 863 864

BBl 2018

5

Freihandelsabkommen und andere Wirtschaftsvereinbarungen 5.1 Freihandelsabkommen und Landwirtschaft 5.2 Umsetzung der Freihandelsabkommen und Förderung des Ziels der nachhaltigen Entwicklung 5.3 Gemischte Wirtschaftskommissionen 5.4 Schutz des geistigen Eigentums

865 865

6

Wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit 6.1 25-Jahre-Jubiläum der Weltbank 6.2 Förderung von Fachkompetenzen in Entwicklungsländern 6.3 Sustainable Finance 6.4 Nachhaltiger Tourismus

873 873 873 874 875

7

Exportkontrolle und Sanktionen 7.1 Vertrag über den Waffenhandel 7.2 Sanktionsmassnahmen

875 875 876

8

Beilagen 8.1 Beilagen 8.1.1­8.1.4 8.1.1 Verhandlungen bilaterale Investitionsschutzabkommen 8.1.2 Verhandlungen Freihandelsabkommen 8.1.3 Treffen von Gemischten Wirtschaftskommissionen und Wirtschaftsmissionen 8.1.4 Ausfuhren im Rahmen des Güterkontrollgesetzes 8.2 Beilage 8.2 Bericht über zolltarifarische Massnahmen im Jahr 2017 Bundesbeschluss über die Genehmigung zolltarifarischer Massnahmen (Entwurf)

878 878 879 880

868 871 872

882 884 885 887 895

831

BBl 2018

Abkürzungsverzeichnis BIP

Bruttoinlandprodukt

EFTA

Europäische Freihandelsassoziation (European Free Trade Association)

FHA

Freihandelsabkommen

G20

Gruppe der Zwanzig (Argentinien, Australien, Brasilien, China, Deutschland, EU, Frankreich, Vereinigtes Königreich, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, Republik Korea, Russland, Saudi Arabien, Südafrika, Türkei, USA)

GATS

Allgemeines Abkommen vom 15. April 1994 über den Handel mit Dienstleistungen (SR 0.632.20 Anhang 1 B; General Agreement on Trade in Services)

ISA

Investitionsschutzabkommen

KMU

Kleine und mittlere Unternehmen

OECD

Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisation for Economic Cooperation and Development)

SECO

Staatssekretariat für Wirtschaft

TiSA

Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (Trade in Services Agreement)

TRIPS

Handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (Trade-related Aspects of Intellectual Property Rights)

TPP

Transpazifisches Partnerschaftsabkommen (Trans-Pacific-Partnership-Agreement)

TTIP

Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (Transatlantic Trade and Investment Partnership)

UNCTAD

Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (United Nations Conference on Trade and Development)

UNO

Organisation der Vereinten Nationen (United Nations Organization)

WBF

Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung

WTO

Welthandelsorganisation (World Trade Organization)

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BBl 2018

Bericht 1

Die Entwicklungen im internationalen Investitionsschutz als Chance nutzen Internationale Investitionen tragen zu Wirtschaftswachstum und Wohlstand bei.

Dies gilt in besonderem Masse für die Schweiz mit ihrem beschränkten Binnenmarkt. Auslandinvestitionen ermöglichen den Unternehmen die Nutzung von Grössen- und Netzwerkvorteilen, die für die Wettbewerbsfähigkeit oft eine ausschlaggebende Rolle spielen.

Mit einem Bestand von über 1120 Milliarden Schweizerfranken Direktinvestitionen im Ausland gehört die Schweiz weltweit zu den zehn grössten Kapitalexporteuren. Es liegt somit im Interesse der Schweiz, günstige Rahmenbedingungen für Auslandinvestitionen zu schaffen. Investitionsschutzabkommen (ISA) spielen dabei eine zentrale Rolle. In Ergänzung zum nationalen Recht des Gaststaates gewähren sie Investoren zusätzliche Rechtssicherheit und Schutz vor politischen Risiken. Dies entspricht bei Auslandinvestitionen deshalb einem Bedürfnis, weil diese eine typischerweise langfristige Kapitalbindung in einem sich ausserhalb des Heimatstaats befindenden Rechtsraum bedingen.

ISA und besonders die darin vorgesehenen Investor-Staat-Schiedsverfahren sind in den letzten Jahren zunehmend in Kritik geraten. Einzelne Staaten haben damit begonnen, ihre ISA ­ darunter auch Abkommen mit der Schweiz ­ zu kündigen.

Die Schweiz anerkennt in bestimmten Bereichen einen Reformbedarf. Deshalb hat sie ihre Vertragspraxis in den letzten Jahren kontinuierlich weiterentwickelt und sich auf multilateraler Ebene aktiv an der Ausarbeitung neuer Transparenzregeln für Investor-Staat-Schiedsverfahren beteiligt.

Das Investitionsschutzsystem soll auch in Zukunft weiter angepasst werden, um dessen Funktionsweise zu verbessern und die internationale Akzeptanz der ISA zu stärken. Die Schweiz setzt dabei vor allem auf multilaterale Prozesse, welche es am besten ermöglichen, breit abgestützte Lösungen zu erarbeiten. Im Vordergrund stehen zurzeit Diskussionen über die Schaffung eines ständigen multilateralen Investitionsschiedsgerichts und einer Berufungsinstanz, welche an die Stelle der heutigen Ad-hoc Schiedsgerichte treten würden. Daneben führt die Schweiz die schrittweise Erneuerung ihrer bilateralen ISA weiter.

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Globalisierung der Wertschöpfungsketten und der Digitalisierung der Wirtschaft bleibt die
Stärkung der Rechtssicherheit durch den Investitionsschutz von zentraler Bedeutung. Zugleich müssen ISA der Politikkohärenz Rechnung tragen und eine entwicklungsfördernde Investitionspolitik insbesondere in den Entwicklungs- und Schwellenländern sowie die Umsetzung der globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung unterstützen.

833

BBl 2018

1.1

Wirtschaftliche Bedeutung der internationalen Investitionen

Die erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung der Schweiz wird durch gute Rahmenbedingungen ermöglicht. Diese erlauben den Unternehmen, Investitionen zu tätigen und Arbeitsplätze zu schaffen. Für die Schweiz mit ihrem vergleichsweise kleinen Binnenmarkt sind diesbezüglich vor allem der Zugang zu ausländischen Absatz- und Beschaffungsmärkten sowie Direktinvestitionen1 wichtig. Der damit verbundene Technologie- und Wissenstransfer ist für die Wettbewerbsfähigkeit von grosser Bedeutung. Staaten versuchen deshalb, für Investitionen aus dem In- und Ausland gute Rahmenbedingungen zu schaffen (Infrastruktur, Bildung, Arbeitsmarkt etc.).

Dies ist umso wichtiger geworden, als durch den technologischen Fortschritt und den Abbau von Handelshemmnissen eine zunehmende Globalisierung der Wertschöpfungsketten stattfindet.2 Produktionsprozesse werden in immer mehr Arbeitsschritte aufgeteilt, die von unterschiedlichen Akteuren in verschiedenen Ländern ausgeführt werden. Eine zentrale Rolle spielen dabei multinationale Unternehmen, die durch Investitionen im Ausland internationale Produktions- und Vertriebsnetze aufbauen.

Grenzüberschreitende Investitionen haben seit dem Jahr 2000 stark an Bedeutung gewonnen und bezüglich Wachstum den Warenhandel übertroffen.3 Dabei hat der weltweite Anteil der Direktinvestitionen in Entwicklungs- und Schwellenländern innert wenigen Jahren stark zugenommen. Dabei empfingen im Jahr 2010 Entwicklungs- und Schwellenländer mit 574 Milliarden US-Dollar erstmals mehr als die Hälfte der internationalen Direktinvestitionen.4 In Afrika nahm der Bestand der ausländischen Direktinvestitionen in den letzten zehn Jahren pro Jahr um etwa den gleichen Prozentsatz zu (8 %) wie in Nordamerika oder in Europa. Im gleichen Zeitraum lag in Asien und Lateinamerika der durchschnittliche jährliche Zuwachs mit 12 Prozent beziehungsweise 10 Prozent noch höher. Gleichzeitig begannen auch Entwicklungs- und Schwellenländer (wie China, Indien und Brasilien) verstärkt im Ausland zu investieren.

Der Bedarf an internationalen Investitionen für die nachhaltige Entwicklung ist weiterhin sehr hoch. Im September 2015 verabschiedeten die 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen die Agenda 2030, welche globale Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG) beinhaltet. Gemäss dem Umsetzungsplan können diese Ziele nur mit zusätzlichen Investitionen erreicht werden, 1

2 3

4

834

Unter Direktinvestitionen werden Kapitalanlagen verstanden, die ein Investor vornimmt, um die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens direkt und dauerhaft zu beeinflussen.

In der Statistik der Schweizerischen Nationalbank wird eine Direktinvestition erfasst, wenn sich ein Investor mit mindestens 10 % am stimmberechtigten Kapital eines Unternehmens beteiligt oder eine Tochtergesellschaft bzw. eine Filiale im Ausland gründet.

Vgl. Bericht des Bundesrats zur Aussenwirtschaftspolitik 2014 (Ziff. 1), BBl 2015 1474.

Vgl. Wirtschaftliche Bedeutung der Freihandelsabkommen für die Schweiz, SECO 2016, abrufbar unter: www.seco.admin.ch > Aussenwirtschaft & Wirtschaftliche Zusammenarbeit > Freihandelsabkommen > Wirtschaftliche Auswirkungen von Freihandelsabkommen.

Vgl. UNCTAD World Investment Report 2011, S. 2. Der Bericht wurde in englischer Sprache auf der Webseite der UNCTAD publiziert: www.investmentpolicyhub.unctad.org > Publications.

BBl 2018

wobei die Entwicklungsländer laut Schätzungen der Vereinten Nationen in den nächsten 15 Jahren Investitionen von jährlich rund 2,5 Billionen US-Dollar benötigen. Neben den zentralen nationalen und internationalen Entwicklungsanstrengungen und einem stabilen internationalen Finanzsystem sind private Investitionen, insbesondere internationale Investitionen, entscheidend. Aus entwicklungspolitischer Sicht entfalten Investitionen insbesondere dann eine nachhaltige positive Breitenwirkung, wenn sie in ein stabiles, wachstumsförderndes und partizipatives Umfeld eingebettet sind und verantwortungsvoll getätigt werden. So kann eine Inselbildung von Auslandinvestitionen mit wenig Bindung in die Lokalwirtschaft vermieden und ein ausgewogenes Wachstum begünstigt werden.

Auswirkungen der Digitalisierung auf internationale Investitionen Die zunehmende Digitalisierung verändert die Wirtschaft und die Arbeitswelt.5 Auslöser und Grundlage dieses Wandels sind neue Technologien aus der Informations- und Kommunikationstechnik sowie immer leistungsfähigere Computer und Netzinfrastrukturen. Die technischen Entwicklungen eröffnen neue Möglichkeiten für den Zugang zu ausländischen Märkten. Sie bieten Chancen für unternehmerische Innovation sowie neue Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle. Bei multinationalen Unternehmen führt die zunehmende Digitalisierung der Produktion zur Verkürzung von globalen Wertschöpfungsketten. Sie kann aber auch kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) bedeutende Effizienzsteigerungen ermöglichen, beispielsweise durch die Erleichterung des Zahlungsverkehrs, neue Zusammenarbeits- und Vermarktungsmodelle und den Einsatz von Cloud-basierten Dienstleistungen. Bei der Kapitalbeschaffung bieten sich alternative Mechanismen wie Crowdfunding an, welche traditionelle Finanzierungsformen ergänzen. Zugleich wird mit der Digitalisierung der Datenschutz wichtiger.

Die Digitalisierung der Wirtschaft ändert auch die globalen Investitionsmuster. Die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) hat dies in ihrem jüngsten Investitionsbericht6 anhand der hundert grössten multinationalen Unternehmen untersucht. Digitale multinationale Unternehmen und multinationale Technologieunternehmen7 wuchsen von 2010­2015 mit einer Wertsteigerung von 65 Prozent sowie mit Zunahmen von
Arbeitnehmenden und Betriebseinnahmen von 30 Prozent wesentlich stärker als die anderen multinationalen Unternehmen, welche im gleichen Zeitraum diesbezüglich kaum Zunahmen verzeichneten. Dabei nehmen 5

6

7

Vgl. Bericht über die zentralen Rahmenbedingungen für die digitale Wirtschaft, SECO 2017, abrufbar unter: www.seco.admin.ch > Wirtschaftslage & Wirtschaftspolitik > Wirtschaftspolitik > Digitalisierung.

UNCTAD World Investment Report 2017, S. 155 ff. Der Bericht wurde in englischer Sprache auf der Webseite der UNCTAD publiziert: www.investmentpolicyhub.unctad.org > Publications.

Gemäss UNCTAD werden unter multinationalen Technologieunternehmen Unternehmen verstanden, die in innovativen Branchen der Spitzentechnologie wie zum Beispiel der Elektronik, der Informationstechnik und der Biotechnik tätig sind. Bei den digitalen multinationalen Unternehmen handelt es sich um Unternehmen, die auf Infrastruktur und Arbeitsmitteln im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik aufbauen und eine Vielzahl von Geschäftsmodellen (Internetplattformen, elektronischer Geschäftsverkehr etc.) umfassen. Telekomunternehmen gehören zu keiner der vorgenannten Kategorien.

835

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die Digitalisierung der Wertschöpfungsketten und der Dienstleistungsanteil am Wert des Endprodukts (beispielsweise aus den Bereichen Entwicklung oder Informationstechnologie) bei allen multinationalen Unternehmen stetig zu, die Zunahme ist aber bei den digitalen Unternehmen besonders ausgeprägt. Während sich das Kapital der anderen multinationalen Unternehmen im Durchschnitt zu 65 Prozent im Ausland befindet und diese 65 Prozent ihres Umsatzes im Ausland generieren, beträgt der Auslandanteil des Umsatzes der digitalen multinationalen Unternehmen und der multinationalen Technologieunternehmen über 70 Prozent. Ihr Kapital ist jedoch lediglich zu 40 Prozent ausserhalb des Heimstaates investiert, das heisst sie können Auslandmärkte mit weniger Investitionen und Personal im Ausland erreichen. Mit der Digitalisierung findet weiter eine Verschiebung bei den für internationale Investitionen relevanten Standortfaktoren statt. So dürfte beispielsweise das Lohnniveau an Bedeutung verlieren und das Bildungsniveau wichtiger werden.

Bedeutung der internationalen Investitionen für die Schweiz Für die Schweiz sind internationale Investitionen von erstrangiger Bedeutung.

Gemäss den Statistiken der Schweizerischen Nationalbank (SNB)8 stellen sowohl der Bestand der schweizerischen Direktinvestitionen im Ausland (über 1120 Mrd.

CHF, Stand Ende 2015) als auch die Zahl der durch schweizerisch beherrschte Tochterunternehmen im Ausland beschäftigten Personen (rund 2 Mio.) im internationalen Vergleich Spitzenwerte dar.9 Seit dem Jahr 2000 hat sich der Bestand schweizerischer Direktinvestitionen im Ausland verdreifacht. 2015 flossen aus Direktinvestitionen im Ausland netto rund 92 Milliarden Schweizerfranken Kapitalerträge in die Schweiz zurück. Umgekehrt erreichten die ausländischen Direktinvestitionen in der Schweiz im gleichen Jahr rund 833 Milliarden Schweizerfranken, bei einem Personalbestand von mehr als 456 000.

In der Schweiz verfügen neben grossen multinationalen Unternehmen auch mehrere Hundert KMU über bedeutende Direktinvestitionen im Ausland. Der Kapitalbestand des Industriesektors im Ausland betrug Ende 2015 395 Milliarden Schweizerfranken, wobei die Branchengruppe «Chemie und Kunststoffe» den grössten Anteil (40 %) ausmachte. Im Dienstleistungssektor belief sich der Kapitalbestand im selben Jahr auf 332
Milliarden Schweizerfranken mit einem Schwergewicht bei den Banken und Versicherungen (50 %) und beim Handel (40 %). Der Kapitalbestand der sogenannten Finanz- und Holdinggesellschaften in Tochtergesellschaften im Ausland entsprach 393 Milliarden Schweizerfranken. Die Auslandinvestitionen tragen wesentlich zur Produktivität der Schweizer Wirtschaft bei. Skaleneffekte, die durch den Aufbau von Produktions- oder Vertriebsnetzwerke im Ausland realisiert werden, sind für Schweizer Unternehmen besonders wichtig, da ihr Heimmarkt vergleichsweise klein ist. Umgekehrt sichern Investitionen aus dem Ausland dem Wirtschaftsstandort Schweiz zusätzliches Kapital und Know-how.

8 9

836

Vgl. Schweizerische Nationalbank, Direktinvestitionen 2015: www.snb.ch > Publikationen.

Gemäss den Zahlen der UNCTAD rangierten Schweizer Unternehmen gemessen am Kapitalbestand an Direktinvestitionen im Ausland 2016 weltweit auf Rang 9.

Vgl. UNCTAD World Investment Report 2017, S. 226.

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Die Schweiz hat somit ein besonders grosses Interesse an einem möglichst ungehinderten, diskriminierungsfreien Zugang zu den internationalen Investitionsmärkten.

Gleichzeitig gibt es gewisse Bereiche, wie kritische Infrastrukturen, beispielsweise im Transportsektor oder im Energiebereich (Elektrizitätsnetze, Staumauern etc.), und systemrelevante Basisdienstleistungen (z. B. im Gesundheits- und im Bildungswesen), in denen Übernahmen durch ausländische Investoren aus Sicht übergeordneter öffentlicher Interessen nicht erwünscht sind. In der Schweiz sind Auslandinvestitionen in diesen Bereichen aufgrund von staatlichem Eigentum, Konzessionspflichten oder spezialgesetzlichen Regelungen kaum möglich.

1.2

Vertragspolitik der Schweiz

1.2.1

Investitionsschutzabkommen

Ziel der Aussenwirtschaftspolitik ist es, dass Schweizer Unternehmen zu den gleichen Bedingungen Zugang zu ausländischen Märkten erhalten wie ihre Konkurrenten im Ausland. Als wichtiges Herkunftsland von internationalen Investitionen liegt es im Interesse der Schweiz, für die Auslandtätigkeit ihrer Unternehmen günstige Rahmenbedingungen zu schaffen und ihnen einen wirksamen Rechtsschutz zu bieten. Die Investitionsschutzabkommen (ISA) stellen daher ­ zusammen mit den Freihandels- und den Doppelbesteuerungsabkommen ­ einen zentralen Pfeiler der Aussenwirtschaftsstrategie des Bundesrates dar.10 Der Abschluss derartiger Wirtschaftsabkommen zeigt positive Auswirkungen auf Handelsflüsse und internationale Investitionen.11 Schweizer Unternehmen bauen ihre internationalen Aktivitäten zunehmend aus. Bei Investitionsentscheiden im Ausland sind etwa Marktgrösse, Bildungs- und Lohnniveau sowie Infrastrukturangebote wichtig. Daneben sind Unternehmen auf ein stabiles und berechenbares Umfeld (Rechtssicherheit, Datenschutz etc.) angewiesen, da sie mit ihren meist langfristigen Investitionen ausserhalb ihres Herkunftslandes den besonderen Risiken ausländischer Rechtsordnungen ausgesetzt sind. Dennoch fehlt es in diesem Bereich weiterhin an einer umfassenden multilateralen Regelung, wie sie beispielsweise im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) für den grenzüberschreitenden Handel besteht (vgl. Ziff. 1.2.2). ISA füllen diese Lücke teilweise, indem sie ­ in Ergänzung zu den nationalen Rechtssystemen ­ zusätzliche Rechtsicherheit bieten.

Weltweit gibt es heute mehr als 3200 ISA, wobei die Zahl weiter zunimmt. 2016 wurden weltweit 37 neue ISA abgeschlossen, zugleich sind 19 ISA aufgrund der Kündigung durch einen Vertragsstaat ausser Kraft getreten.12 Auch wenn die verschiedenen ISA nicht identisch sind, folgen sie in der Regel einer ähnlichen Struktur 10 11

12

Vgl. Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik 2011 (Ziff. 1), BBl 2012 827, 853.

Vgl. Exportpotenziale im Dienstleistungssektor, Strukturberichterstattung 47/4, SECO 2011, S. 24. Die Studie kam zum Schluss, dass sich positive Auswirkungen wie die Zunahme von Direktinvestitionen umso deutlicher zeigen, je mehr Wirtschaftsabkommen (Doppelbeteuerungs-, Investitionsschutz- und Freihandelsabkommen etc.) mit einem Partnerstaat abgeschlossen worden sind.

UNCTAD World Investment Report 2017, S. 111.

837

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und decken dieselben Grundprinzipien ab. Die Schweiz hat 116 bilaterale ISA unterzeichnet, wovon zurzeit 112 in Kraft sind. Davon sehen 91 Abkommen13 einen Investor-Staat-Schiedsmechanismus vor. Die von der Schweiz abgeschlossenen Freihandelsabkommen beschränken sich in Bezug auf Investitionen in der Regel auf den Marktzugang und enthalten keine Bestimmungen zum Investitionsschutz. Eine Ausnahme bilden die Freihandelsabkommen mit Japan, Singapur und Südkorea, welche neben dem Marktzugang auch den Investitionsschutz abdecken.

Die ISA gewähren den Investoren auf staatsvertraglicher Ebene Schutz vor politischen Risiken.14 In den ISA der Schweiz stehen folgende Schutzstandards im Vordergrund: Schutz vor staatlicher Diskriminierung (d. h. Inländerbehandlung und Meistbegünstigung), Schutz vor unrechtmässigen und nicht angemessen entschädigten Enteignungen, Gewährung der sogenannten gerechten und billigen Behandlung (fair and equitable treatment), Schutz gegen das Nichteinhalten staatlicher Zusagen und Schutz des freien Zahlungs- und Kapitalverkehrs. Das in den meisten ISA enthaltene Investor-Staats-Schiedsverfahren sieht vor, dass Investoren bei einer Vertragsverletzung ein Schiedsverfahren gegen den Gaststaat einleiten und auf eine Entschädigung klagen können (vgl. Ziff. 1.2.3).

Die von der Schweiz abgeschlossenen ISA schützen nur Investitionen, die rechtmässig getätigt worden sind, das heisst den gesetzlichen Bestimmungen des Gaststaats entsprechen (vgl. Ziff. 1.2.4). Investoren, welche die Gesetze nicht einhalten (z. B.

bei Korruptions- oder Steuerdelikten), können sich somit nicht auf den Investitionsschutz berufen.

1.2.2

Multilaterale Abkommen

Verschiedene Instrumente der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die für die Schweiz als OECD-Mitglied rechtlich verbindlich sind, decken einzelne Aspekte des Investitionsschutzes ab, wenn auch ohne formellen Durchsetzungsmechanismus. So haben sich die OECD-Staaten im Rahmen der Erklärung über internationale Investitionen und multinationale Unternehmen untereinander verpflichtet, in ihrem Gebiet getätigte Investitionen aus einem anderen OECD-Staat nicht zu diskriminieren (Inländerbehandlung nach erfolgter Niederlassung). Die OECD-Kodizes zur Liberalisierung des Kapitalverkehrs und der laufenden unsichtbaren Transaktionen garantieren zudem die Möglichkeit, in anderen OECD-Staaten zu investieren (Meistbegünstigung und Inländerbehandlung, die durch nationale Vorbehalte eingeschränkt werden können). Bestrebungen der OECD zum Abschluss eines umfassenden multilateralen Investitionsabkommens sind 1998 gescheitert.

13 14

838

Bei den ISA ohne Investor-Staat-Schiedsmechanismus handelt es sich durchwegs um ältere, d. h. vor 1990 abgeschlossene Abkommen.

Die politischen Risiken werden auch als nicht-kommerzielle Risiken bezeichnet, welche von den kommerziellen Risiken (z. B. falsche Markteinschätzung, Zahlungsverzug eines Geschäftspartners etc.) zu unterscheiden sind.

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Der multilaterale Energiechartavertrag15, den die Schweiz 1994 ratifiziert hat, sieht sektorspezifische Investitionsregeln für den Energiebereich vor. Das Abkommen enthält ­ neben Regeln zum Handel und Transit von Energie ­ Bestimmungen zum Investitionsschutz und einen Investor-Staat-Schiedsmechanismus.

Daneben bilden multilaterale Abkommen die Grundlage für die in den ISA enthaltenen Investor-Staat-Schiedsverfahren (vgl. Ziff. 1.2.3). Die ISA der Schweiz und der meisten anderen Staaten enthalten keine detaillierten Verfahrensregeln für diese Schiedsverfahren, sondern verweisen auf multilateral vereinbarte Schiedsordnungen.

So enthalten die im Rahmen der Weltbank abgeschlossene ICSID-Konvention16 und die darauf basierenden Schiedsverfahrensregeln umfassende Vorgaben für die Konstituierung und die Zusammensetzung der Schiedsgerichte, den Ablauf der Schiedsverfahren und die Durchsetzung der Urteile. Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, im Rahmen der ICSID-Konvention erlassene Schiedsurteile anzuerkennen und darin enthaltene finanzielle Verpflichtungen wie bei rechtskräftigen Urteilen seiner innerstaatlichen Gerichte umzusetzen. Daneben dient die Schiedsordnung der UNOKommission für internationales Handelsrecht (UNCITRAL), welche auch für kommerzielle Schiedsverfahren zwischen privaten Parteien genutzt wird, ebenfalls als Grundlage für Investor-Staat-Schiedsverfahren. Für die Durchsetzung von Urteilen im Rahmen von Investor-Staat-Schiedsverfahren ist zudem das im Rahmen der UNCITRAL vereinbarte New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche17 relevant. Darin verpflichten sich die Vertragsstaaten, Schiedssprüche von in anderen Vertragsstaaten durchgeführten Schiedsverfahren anzuerkennen und zu vollstrecken.

1.2.3

Bedeutung der Investor-Staat-Schiedsverfahren

Unternehmen, die im Ausland investieren, sind unter Umständen mit Problemen konfrontiert, die sich ­ aus unterschiedlichen Gründen ­ nicht immer im Rahmen der nationalen Rechtsordnung des Gaststaates lösen lassen. Die Fälle, welche weltweit zu Klagen führen, reichen von Enteignung ohne angemessene Entschädigung, Diskriminierung und rechtsstaatlichen Mängeln (wie z. B. das Fehlen ordnungsgemässer Gerichtsverfahren) bis hin zur Einschränkung des internationalen Kapitalverkehrs.18 Die Schweiz hat daher wie die meisten anderen Staaten seit den 1990erJahren in ihren ISA einen Investor-Staat-Schiedsmechanismus vereinbart. Dieser erlaubt es dem Investor, einen Streitfall mit dem Gaststaat direkt und ohne Mitwirkung seines Heimatstaats einem unabhängigen internationalen Schiedsgericht zu 15 16 17 18

Vertrag vom 17. Dezember 1994 über die Energiecharta, in Kraft getreten für die Schweiz am 16. April 1998, SR 0.730.0.

Übereinkommen vom 18. März 1965 zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten (ICSID-Konvention), SR 0.975.2.

Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, SR 0.277.12.

Die 2016 eingeleiteten Investor-Staat-Schiedsverfahren betrafen unter anderem die Aufhebung, Verweigerung oder Nichterneuerung von Konzessionen und Lizenzen (10 Fälle), direkte Enteignungen (7), Regulierungen im Bereich der erneuerbaren Energie (6) und Steuermassnahmen (5). Siehe UNCTAD World Investment Report 2017, S. 116.

839

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unterbreiten. Die Zustimmung der Vertragsstaaten, Streitfälle im Zusammenhang mit der Anwendung eines ISA der Schiedsgerichtsbarkeit zu unterstellen, ist jeweils bereits im Abkommen selbst enthalten (sog. prior consent). Durch das direkte Klagerecht des Investors gegen den Gaststaat wird vermieden, dass der Heimatstaat des Investors bei einem Streitfall im Rahmen des diplomatischen Schutzes gegen den Gaststaat vorgehen muss, woraus ein zwischenstaatlicher Konflikt entstehen könnte.19 Der Investor kann in einem Streitfall zwischen dem nationalen Rechtsweg im Gaststaat und einem Investor-Staat-Schiedsverfahren wählen. Dabei bietet der Zugang zu einem internationalen Schiedsgericht Investoren einen zusätzlichen Rechtsschutz, zum Beispiel wenn Unabhängigkeit und Effizienz der nationalen Gerichte im Gaststaat nicht gegeben sind. Zur Verhinderung von Mehrfachklagen ist es dem Investor gemäss den ISA der Schweiz untersagt, denselben Streitfall gleichzeitig auf dem nationalen und auf dem internationalen Rechtsweg zu verfolgen. Für den Zugang zum Schiedsverfahren wird die vorherige Ausschöpfung des nationalen Rechtswegs hingegen nicht vorausgesetzt, da dies mehrere Jahre dauern und zu einer grossen Rechtsverzögerung führen würde. Wählt der Investor zuerst den nationalen Rechtsweg, verliert er den Zugang zur Schiedsgerichtsbarkeit nicht, da sonst entgegen den Interessen der Gaststaaten ein Anreiz für den Verzicht auf den nationalen Rechtsweg geschaffen würde.

Die ISA der Schweiz räumen dem Investor in der Regel die Wahl zwischen einem Schiedsverfahren gemäss den Regeln des Internationalen Zentrums zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) oder anderen Schiedsregeln wie etwa der UNCITRAL-Schiedsordnung ein (vgl. Ziff. 1.2.2). In beiden Fällen ist als erste Etappe eine obligatorische Konsultationsfrist von sechs bis zwölf Monaten vorgesehen, während der eine einvernehmliche Lösung gesucht werden soll. In der Mehrheit der Fälle lassen sich bereits in diesem Stadium einvernehmliche Lösungen finden.

Falls keine Einigung erzielt wird, kann der Investor die Einsetzung eines Schiedsgerichts verlangen, welches im Normalfall drei Personen umfasst. Dabei ernennen die beiden Parteien je einen Schiedsrichter, welche dann gemeinsam die dritte präsidierende Person wählen. Für den Fall, dass sie sich nicht
einigen können, nimmt eine unabhängige Drittinstanz (z. B. die ICSID-Generalsekretärin) die Wahl vor. Kommt das Schiedsgericht zum Schluss, dass eine Verletzung des ISA vorliegt, kann es dem Investor einzig Schadenersatz (in Form einer Geldzahlung) zusprechen. Es verfügt nicht über die Kompetenz, nationale Verfügungen oder Erlasse zu überprüfen, anzupassen oder aufzuheben.

Investor-Staat-Schiedsverfahren waren bis in die frühen 1990er-Jahre eher selten. In den letzten fünfzehn Jahren hat sich ihre Zahl aber deutlich erhöht. Gemäss Statistiken der UNCTAD20 sind für die Periode von 1987­2016 weltweit insgesamt 767 Investor-Staat-Schiedsverfahren bekannt. Im Jahr 2016 zählte die UNCTAD 62 neue Verfahren. Das sind weniger als im Jahr davor (74), aber mehr als der Durchschnitt der letzten zehn Jahre (49). Da die Statistik nur die öffentlich bekannten Verfahren erfasst, sind die effektiven Zahlen vermutlich grösser. Angesichts von 19 20

840

Man spricht in diesem Zusammenhang auch davon, dass ISA zur sog. Depolitisierung von Investitionsstreitigkeiten beitragen.

UNCTAD World Investment Report 2017, S. 114 ff.

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weltweit mehr als 3200 abgeschlossenen ISA sind diese Zahlen aber nicht besonders hoch. Bisher waren 109 Staaten ein- oder mehrmals in ein Verfahren involviert, wobei gegen die Schweiz noch nie eine Schiedsklage eingereicht wurde. Zwischen 1987 und 2016 obsiegte in 36 Prozent der Fälle der eingeklagte Staat, in 27 Prozent der klagende Investor. In 25 Prozent der Fälle erzielten die Parteien einen Vergleich, in den restlichen 12 Prozent der Fälle wurde das Verfahren aus anderen Gründen nicht zu Ende geführt.

Schweizer Investoren haben gemäss UNCTAD seit 1987 in 24 Fällen ein InvestorStaat-Schiedsverfahren eingeleitet, womit sich die Schweiz auf dem zehnten Rang21 der Heimatstaaten der Kläger befindet. Dies entspricht ungefähr der Position der Schweiz in der Statistik der weltweiten Bestände der Auslandinvestitionen.22 Die Verfahren betreffen verschiedene Wirtschaftssektoren. So hat beispielsweise ein im Bereich der Wareninspektionen tätiger Schweizer Investor von einem Schiedsgericht Schadenersatz in der Höhe von 39 Millionen US-Dollar zugesprochen erhalten, weil der Gaststaat seinen Zahlungsverpflichtungen aus einem Auftrag zur Durchführung von Schiffsinspektionen nicht nachgekommen ist.23 In einem anderen Fall erhielt ein Schweizer Flughafenbetreiber, dessen Konzession zum Betrieb eines Flughafens durch den Gaststaat widerrechtlich entzogen worden war, Schadenersatz in der Höhe von 30 Millionen US-Dollar.24 Der bisher höchste an einen Schweizer Investor im Zusammenhang mit einem Schiedsverfahren ausgerichtete Schadenersatz (650 Mio.

USD) betraf eine Verstaatlichung von Produktionsbetrieben im Zementsektor.25 Im letzteren Fall einigten sich die Parteien auf einen Vergleich über die Höhe des Schadenersatzes, so dass das Schiedsverfahren nicht zu Ende geführt werden musste.

Diese Beispiele zeigen die praktische Bedeutung und die Wirksamkeit der internationalen Schiedsverfahren auch für Schweizer Investoren. Aufgrund der hohen Verfahrenskosten nutzen Investoren die internationale Schiedsgerichtsbarkeit jedoch in erster Linie bei grossen Streitsummen. In der Regel wird zunächst eine einvernehmliche Lösung gesucht oder nach Möglichkeit der nationale Rechtsweg im Gaststaat beschritten. Schliesslich verzichten Investoren häufig auf die Einleitung eines Schiedsverfahrens, weil sie negative Auswirkungen auf ihre zukünftige wirtschaftliche Tätigkeit im Gaststaat befürchten.

21 22 23

24 25

UNCTAD World Investment Report 2017, S. 116. An der Spitze dieser Rangliste stehen die USA, Niederlande, das Vereinigte Königreich, Deutschland und Kanada.

Vgl. Fussnote 9.

SGS Société Générale de Surveillance SA v. Republic of Paraguay (ICSID Case No. ARB/07/29). Siehe https://icsid.worldbank.org > Search Cases Database > ARB/07/29.

Flughafen Zürich A.G. and Gestión e Ingeniería IDC S.A. v. Bolivarian Republic of Venezuela (ICSID Case No. ARB/10/19).

Holcim Limited, Holderfin BV and Caricement BV v. Bolivarian Republic of Venezuela (ICSID Case No. ARB/09/3).

841

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1.2.4

Kritik und Herausforderungen

Bei den ISA handelt es sich umfangmässig um vergleichsweise kurze Abkommen, welche einige wenige zentrale Schutzstandards enthalten, die teilweise auf Standardformulierungen beruhen. Der daraus resultierende begrenzte Verhandlungsaufwand hat es den Staaten erlaubt, in relativ kurzer Zeit ein umfassendes Netz von ISA aufzubauen. Zugleich führte dies dazu, dass einzelne Schutzbestimmungen knapp formuliert sind und auslegungsbedürftige Rechtsbegriffe enthalten. So wird insbesondere bemängelt, dass die in der Praxis oft angerufenen Bestimmungen zur gerechten und billigen Behandlung beziehungsweise zur indirekten Enteignung in den Abkommen nicht genügend konkretisiert werden. Das könne dazu führen, dass Investoren diese Bestimmungen extensiv auslegen und auch in Fällen Schiedsverfahren gegen den Gaststaat einleiten, welche nicht dem herkömmlichen Schutzgehalt der Bestimmungen entsprechen. Dies wiederum könne Staaten davon abhalten, von ihrem Regulierungsrecht Gebrauch zu machen. Obschon durch die langjährige Praxis der Schiedsgerichte ein gewisser Konsens über die Auslegung der Bestimmungen entstanden ist, lassen sie Spielraum für Interpretation. Die Schweiz ­ wie zahlreiche andere Staaten ­ hat daher begonnen, diesen Spielraum durch detailliertere Formulierungen in den Abkommenstexten einzuschränken. Zudem wird in einer spezifischen Bestimmung das Recht der Vertragsstaaten bestätigt, im öffentlichen Interesse zu regulieren (vgl. Ziff. 1.3.2). Bei der Präzisierung der Standards orientieren sich die Staaten oft an Formulierungen und Kriterien, welche von den Schiedsgerichten im Laufe der Jahre entwickelt worden sind. Das zeigt, dass die Schiedsgerichte bemüht sind, einer extensiven Auslegung der ISA Grenzen zu setzen.

Bestätigt wird dies zum Beispiel durch ein gestützt auf ein Schweizer ISA vor kurzem gefälltes Schiedsurteil betreffend gesundheitspolitisch motivierte Vorschriften für die Verpackung von Zigaretten.26 Das Schiedsgericht wies die Klage ab und schützte mit einem Verweis auf die Grundsätze des allgemeinen Völkerrechts das Regulierungsrecht des Gaststaates, obschon dieses im vorliegenden ISA nicht explizit erwähnt wird.

Weiter wird teilweise kritisiert, die ISA seien einseitig ausgestaltet, da sie den Investoren Rechte verleihen, ohne zugleich auch ihre Pflichten festzuschreiben. Dem ist
entgegenzuhalten, dass die ISA der Schweiz explizit nur rechtmässig getätigte Investitionen schützen. Ein Investor, der die Gesetze des Gaststaates nicht einhält, kann sich somit nicht auf den Schutz des ISA berufen. Investoren müssen alle Gesetze des Heimat- und Gaststaates einhalten. Bei einer Verletzung dieser Pflichten verfügt der Staat aufgrund seiner Staatsgewalt über die erforderlichen Instrumente, um gegen fehlbare Investoren vorzugehen (Gerichts- und Verwaltungsverfahren, Vermögensblockierung, Firmenschliessungen etc.). Vor dem Hintergrund dieser vorbestehenden Rechtsmittel, mit denen der Gaststaat die Rechtspflichten der Investoren durchsetzen kann, stellen die ISA ein Gegengewicht zur Vermeidung unrechtmässiger oder willkürlicher Behandlung ausländischer Investoren dar. Von den Investoren wird zudem erwartet, dass sie bei ihrer gesamten Tätigkeit im In- und Ausland neben den gesetzlichen Verpflichtungen auch international anerkannte 26

842

Philip Morris Brand Sàrl (Switzerland), Philip Morris Products S.A. (Switzerland) and Abal Hermanos S.A. (Uruguay) v. Oriental Republic of Uruguay (ICSID Case No. ARB/10/7).

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Standards der verantwortungsvollen Unternehmensführung umsetzen. Die Schweiz setzt sich aktiv für die Ausarbeitung und Förderung derartiger Standards ein (vgl. Ziff. 2) und verweist in ihren neueren ISA auf diese.

Weitere Kritikpunkte betreffen die in den ISA vorgesehenen Investor-StaatSchiedsverfahren. Dabei wird etwa die demokratische Legitimation der Schiedsgerichte in Frage gestellt. Dieser Kritikpunkt ist insofern nicht gerechtfertigt, als das System von den Staaten selbst durch Staatsverträge geschaffen wurde, welche auf nationaler Ebene der demokratischen Kontrolle (u. a. Genehmigung durch das Parlament) unterstehen. Auch kann ein internationales Schiedsgericht nicht in die nationale Souveränität eingreifen und nationale Rechtserlasse und Verfügungen überprüfen, anpassen oder aufheben, sondern dem Investor im Fall einer Vertragsverletzung ausschliesslich einen angemessenen Schadenersatz in Form einer Geldzahlung zusprechen.

Es kann ferner der Eindruck entstehen, dass ausländische Investoren durch die Möglichkeit, neben den nationalen Gerichten auch ein internationales Schiedsgericht anzurufen, mehr Rechte als inländische Investoren erhalten und insofern begünstigt werden. ISA beruhen aber immer auf Gegenseitigkeit. Dieselben Klagerechte, die ein ISA ausländischen Investoren beispielsweise in der Schweiz gewährt, stehen den schweizerischen Investoren im anderen ISA-Vertragsstaat zur Verfügung. Inländische Investoren können zwar kein Schiedsverfahren gegen ihren Heimatstaat einleiten, sie erhalten diese Möglichkeit aber im anderen Vertragsstaat.

Eine gewisse Berechtigung hat demgegenüber der Kritikpunkt der ungenügenden Transparenz der Investor-Staat-Schiedsverfahren. Während ICSID die Eckdaten zum Schiedsgericht, Ablauf und Ausgang der nach den ICSID-Regeln durchgeführten Verfahren auf seiner Webseite publiziert, gelangt über Verfahren nach der UNCITRAL-Schiedsordnung kaum etwas an die Öffentlichkeit. Zudem bedarf es zur Veröffentlichung der Schiedsurteile nach beiden Schiedsordnungen des Einverständnisses beider Parteien. Dies hat dazu geführt, dass die Urteile teilweise nicht veröffentlicht werden, was der Rechtssicherheit und der Rechtsentwicklung nicht förderlich ist. Aus Sicht der Schweiz ist Transparenz eine grundlegende Voraussetzung für die Wirksamkeit und die Akzeptanz der
Investor-Staat-Schiedsverfahren.

Dies gilt besonders deshalb, weil es sich nicht um Verfahren zwischen privaten Parteien, sondern zwischen Privaten und Staaten handelt, womit ein öffentliches Interesse gegeben ist. Die Schweiz hat aus diesem Grund eine aktive Rolle bei der Ausarbeitung der UNCITRAL-Transparenzregeln eingenommen und durch die Ratifizierung des UNO-Transparenzübereinkommens (Mauritius-Konvention)27 diesem neuen Transparenzregime auch bestehende ISA der Schweiz unterstellt (vgl. Ziff. 1.3.2). Sie wird zudem darauf hinwirken, dass die zukünftig abgeschlossenen ISA die Transparenzregeln ebenfalls übernehmen. Dies kann sich in der Praxis aber unter Umständen als schwierig erweisen, da verschiedene Verhandlungspartner und besonders Entwicklungs- und Schwellenländern zurzeit noch Vorbehalte gegen die neuen Transparenzstandards haben.

27

Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 2014 über Transparenz in Investor-Staat-Schiedsverfahren auf der Grundlage von Verträgen, in Kraft getreten für die Schweiz am 18. Oktober 2017, SR 0.975.3.

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Bemängelt wird weiter das Verfahren zur Einsetzung der Schiedsgerichte. Im heutigen System setzen die Parteien für jeden Streitfall ein neues Schiedsgericht ein (vgl. Ziff. 1.2.3), weshalb man auch von sogenannten ad hoc Schiedsgerichten spricht. Diese Flexibilität hat den Vorteil, dass Schiedsgerichte rasch eingesetzt und Schiedsrichter mit den erforderlichen spezifischen Fachkenntnissen gewählt werden können. Auf der anderen Seite kann dadurch die Kohärenz der Schiedsurteile geschwächt werden, da jedes Schiedsgericht nur einen konkreten Fall beurteilt und den Urteilen keine Präjudizwirkung für spätere Fälle zukommt. Verstärkt wird dieser Effekt durch das Fehlen einer Rekursinstanz, welche Urteile überprüfen und gegebenenfalls durch Korrekturen auf eine Vereinheitlichung der Urteile hinwirken könnte. Den durch die Parteien ernannten Schiedsrichtern wird teilweise auch fehlende Unabhängigkeit oder ein Interessenskonflikt vorgeworfen, wenn sie in anderen Verfahren als Anwälte tätig sind. Obschon sich das heutige System gemäss den Erfahrungen der Schweiz grundsätzlich bewährt hat, ist die Schweiz für die Prüfung von neuen Ansätzen offen. Möglich wäre ein verbindlicher Verhaltenskodex für Schiedsrichter oder eine umfassendere institutionelle Reform. Letztere sollte aufgrund des globalen Charakters der Schiedsgerichtsbarkeit auf multilateraler Ebene stattfinden. Die Schweiz begrüsst deshalb die Lancierung eines multilateralen Prozesses, in welchem die Schaffung eines ständigen Investitionsschiedsgerichts geprüft wird (vgl. Ziff. 1.3.3).

In verschiedenen Staaten haben insbesondere die wachsende Zahl und die hohen Kosten der gegen sie geführten Investor-Staat-Schiedsverfahren zur Kritik an den ISA geführt. So wird etwa moniert, einzelne Klagen würden nur den Zweck verfolgen, Staaten unter Druck zu setzen, um unerwünschte Regulierungen zu verhindern.

Allein aufgrund der Zunahme der Schiedsverfahren kann aber nicht auf eine aggressivere Nutzung der Klagemöglichkeiten durch die Investoren geschlossen werden, da sich die Zahl der Verfahren nicht überproportional zum Anstieg der weltweiten Investitionsflüsse erhöht hat. Wie in jedem Rechtssystem kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass die in den ISA vorgesehenen Rechtsmittel teilweise auch aus unlauteren Gründen genutzt werden. Auch wenn eine Klage
letztlich abgewiesen wird, verursacht jedes Verfahren Kosten und bindet Ressourcen. Die Schweiz will derartige ungerechtfertigte oder sogar missbräuchliche Klagen verhindern. Gemäss den ICSID-Regeln kann ein Staat bereits heute in einem verkürzten Verfahren die Abweisung offensichtlich missbräuchlicher Klagen verlangen. In der neuen Schweizer Vertragspraxis (vgl. Ziff. 1.3.2) ist vorgesehen, dass bei allen gestützt auf ein Schweizer ISA geführten Schiedsverfahren eine derartige Zulässigkeitsprüfung ermöglicht wird. Zudem soll die unterliegende Partei grundsätzlich die gesamten Kosten des Schiedsverfahrens tragen (heute entscheidet das Schiedsgericht in eigenem Ermessen über die Aufteilung der Kosten). Diese neue Kostenregelung soll Investoren davon abhalten, missbräuchliche Klagen einzureichen.

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1.3

Weiterentwicklung des Investitionsschutzes

1.3.1

Ziele der Schweiz

Soweit die zu einzelnen Aspekten der ISA geäusserte Kritik begründet ist, anerkennt die Schweiz einen Reformbedarf. Deshalb arbeitet sie auf verschiedenen Ebenen an der kontinuierlichen Weiterentwicklung der ISA. Damit soll die Funktionsweise des völkerrechtlichen Schutzes für Auslandinvestitionen verbessert und die internationale Akzeptanz der ISA gestärkt werden.

Die Weiterentwicklung der ISA verfolgt das Ziel, die Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit für Investoren und Gaststaaten zu erhöhen. Gleichzeitig soll das aktuelle Niveau des Investitionsschutzes aufrechterhalten werden. Für die Standortattraktivität der Schweiz ist es zentral, dass das umfassende ISA-Netz bestehen bleibt und Schweizer Investoren dieselben Schutzstandards zur Verfügung stehen wie ihren Konkurrenten in anderen Staaten. Eine besondere Bedeutung kommt dabei dem Investor-Staat-Schiedsverfahren zu. Auch wenn die meisten Investitionsstreitigkeiten erfahrungsgemäss einvernehmlich oder vor nationalen Gerichten gelöst werden, ist für international tätige Investoren der Zugang zu einem unabhängigen, internationalen Schiedsverfahren von grosser Bedeutung, um bei ungenügender Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit nationaler Rechtssysteme einen ausreichenden Rechtsschutz zu haben. Bei der Weiterentwicklung der ISA orientiert sich die Schweiz an den internationalen Entwicklungen, wobei der neuen EU-Vertragspraxis28 eine besondere Bedeutung zukommt.

Beim Abschluss von ISA achtet die Schweiz auf die Politikkohärenz. Sie stellt sicher, dass die Ziele des Investitionsschutzes mit den Zielen der nachhaltigen Entwicklung und den Interessen der Entwicklungsländer vereinbar sind.

1.3.2

Bisherige Anpassungen

Verschiedene internationale Organisationen (OECD, UNCTAD, UNCITRAL etc.)

haben in den letzten Jahren mit umfassenden Grundlagearbeiten zu einem besseren Verständnis der bestehenden ISA und der Praxis der Schiedsgerichte beigetragen sowie verschiedene Wege für eine Weiterentwicklung der Abkommen aufgezeigt.

Die Schweiz beteiligt sich aktiv an diesen multilateralen Arbeiten, welche die Grundlagen für die Anpassung der bilateralen ISA darstellen.

Weiterentwicklung der ISA-Vertragspraxis der Schweiz Gestützt auf die Arbeiten in den internationalen Fachgremien hat die Schweiz in den letzten Jahren ihre ISA-Vertragspraxis kontinuierlich weiterentwickelt. 2012 hat eine verwaltungsinterne Arbeitsgruppe neue Vertragsbestimmungen erarbeitet, um 28

Die EU erhielt von den Mitgliedstaaten mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon im Jahr 2009 auch die Kompetenz zum Abschluss von Abkommen im Bereich des Investitionsschutzes. In der Folge wurde z. B. im Wirtschafts- und Handelsabkommen der EU mit Kanada (CETA) ein umfassendes Investitionskapitel ausgehandelt, das neben dem Marktzugang für Investitionen auch deren Schutz, einschliesslich Investor-StaatSchiedsverfahren, regelt.

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die Kohärenz zwischen den ISA und den Zielen der nachhaltigen Entwicklung zu verstärken. Dabei wurde die Präambel um Verweise auf die nachhaltige Entwicklung, die Korruptionsbekämpfung, die Menschenrechte, die verantwortungsvolle Unternehmensführung sowie um den Hinweis erweitert, dass sich die verschiedenen Politikbereiche gegenseitig unterstützen. Zudem wurde in einer neuen Abkommensbestimmung festgehalten, dass das auf innerstaatlicher Ebene vorgesehene Schutzniveau bezüglich Gesundheit, Sicherheit, Arbeitsbedingungen und Umwelt nicht gesenkt werden soll, um Anreize für Investitionen zu schaffen. Eine weitere neue Abkommensbestimmung bestätigt ausdrücklich das Recht der Vertragsstaaten, im öffentlichen Interesse (z. B. zum Schutz von Gesundheits-, Sicherheits- und Umweltinteressen) Regulierungen zu erlassen, wobei sie an die allgemeinen Abkommensgrundsätze, namentlich das Gebot der Nichtdiskriminierung und die Verhältnismässigkeit, gebunden sind. Mit diesen Bestimmungen wird vermieden, dass ISA den politischen Gestaltungsspielraum der Staaten zum Schutz öffentlicher Interessen einschränken. Gerade Entwicklungsländer haben teilweise einen regulatorischen Nachholbedarf (z. B. Umweltschutz) und versuchen deshalb, ausländische Direktinvestitionen nicht nur zu fördern, sondern auch stärker zu regulieren. Dies soll durch die ISA nicht verhindert werden.

2015 befasste sich erneut eine verwaltungsinterne Arbeitsgruppe mit den ISA.

Vertieft geprüft wurden die Schutzstandards und die Bestimmungen zur InvestorStaat-Streitbeilegung, wobei die neue Vertragspraxis der EU als mögliche Vergleichsbasis beigezogen wurde. Im Ergebnisbericht der Arbeitsgruppe vom 7. März 201629 finden sich neue Ansätze für verschiedene Bestimmungen. So wird die Pflicht zur gerechten und billigen Behandlung (fair and equitable treatment) mit Beispielen von Handlungen, die gegen diesen Standard verstossen, konkretisiert.

Dazu gehören die Rechtsverweigerung in Gerichts- und Verwaltungsverfahren, offensichtliche Willkür oder eine missbräuchliche Behandlung ausländischer Investoren. In ähnlicher Weise wird die Bestimmung zur indirekten Enteignung durch eine Liste von Kriterien (z. B. wirtschaftliche Auswirkungen, diskriminierende Ausgestaltung und Dauer einer Massnahme) ergänzt, anhand derer bei der Prüfung spezifischer Fälle zu
ermitteln ist, ob es sich bei staatlichen Massnahmen um eine indirekte Enteignung handelt. Die explizite Aufnahme derartiger Präzisierungen in den Abkommenstext trägt zur Vermeidung allfälliger extensiver Auslegungen in künftigen Schiedsverfahren bei und erhöht damit die Rechtssicherheit für die Gaststaaten und für die Investoren. Da die genannten Präzisierungen inhaltlich der bisherigen Vertragspraxis der Schweiz entsprechen, besteht keine Notwendigkeit, alle bestehenden ISA der Schweiz sofort neu zu verhandeln, sondern diese werden im Rahmen der verfügbaren Ressourcen sukzessive angepasst (vgl. Ziff. 1.3.3).

Bezüglich der Verfahrensregeln für Investor-Staat-Schiedsverfahren beschränken sich die Schweizer ISA auf die wichtigsten Eckwerte. Nach Auffassung der Schweiz genügt grundsätzlich ein Verweis auf bestehende multilaterale Schiedsordnungen (z. B. ICSID, UNCITRAL, vgl. Ziff. 1.2.2), da eine Wiederholung oder weitgehende 29

846

Bericht der Arbeitsgruppe zur Überarbeitung der Verhandlungsgrundlagen für Investitionsschutzabkommen (ISA) vom 7. März 2016, abrufbar unter: www.seco.admin.ch > Aussenwirtschaft & Wirtschaftliche Zusammenarbeit > Internationale Investitionen > Vertragspolitik der Schweiz.

BBl 2018

Ergänzung dieser bewährten Regeln nicht zweckmässig ist und unter Umständen zu Widersprüchen führen könnte. Bei einzelnen wichtigen Punkten wurden jedoch zusätzliche Bestimmungen ausgearbeitet, darunter eine Bestimmung zur Verhinderung missbräuchlicher Klagen, welche die Abweisung offensichtlich unzulässiger oder unbegründeter Klagen in einem verkürzten Verfahren ermöglicht. Eine neue Kostenregelung legt zudem fest, dass in der Regel die unterliegende Partei die gesamten Verfahrenskosten tragen muss.

UNCITRAL-Transparenzregeln Zur Verstärkung der Transparenz der Investor-Staat-Schiedsverfahren wurden im Rahmen der UNICTRAL neue Transparenzregeln ausgearbeitet, welche am 1. April 2014 in Kraft traten. Gemäss diesen Regeln werden alle wesentlichen Verfahrensunterlagen wie die Streitanzeige und die Eingaben der Parteien sowie Anordnungen und Urteile des Schiedsgerichts der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Auch die Anhörungen des Schiedsgerichts sind grundsätzlich öffentlich. Zudem kann das Schiedsgericht Dritten erlauben, schriftliche Stellungnahmen einzureichen (sog.

Amicus-Curiae-Eingaben). Zum Schutz von vertraulichen Informationen wie etwa Geschäftsgeheimnissen sehen die Regeln Ausnahmen von der Transparenz vor.

Die UNCITRAL-Transparenzregeln finden auf Investor-Staat-Schiedsverfahren gemäss den UNCITRAL-Schiedsregeln, die auf der Grundlage eines nach dem 1. April 2014 abgeschlossenen ISA geführt werden, automatisch Anwendung. Bei Schiedsverfahren, die auf der Grundlage eines zuvor abgeschlossenen ISA oder nach anderen Schiedsregeln (z. B. ICSID) eingeleitet werden, gelten die Transparenzregeln nur, wenn entweder die Parteien des Schiedsverfahrens oder die ISA-Vertragsparteien deren Anwendung vereinbaren. Um eine nachträgliche Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien bestehender ISA zu erleichtern, wurde 2014 das UNOTransparenzübereinkommen30 abgeschlossen, welches am 18. Oktober 2017 in Kraft trat. Durch den Beitritt zu dieser Konvention wird die Anwendung der Transparenzregeln auf Schiedsverfahren ausgedehnt, welche sich auf vor dem 1. April 2014 abgeschlossene ISA der Unterzeichnerstaaten der Konvention stützen oder die unter solchen Abkommen nach anderen Schiedsregeln als der UNCITRAL-Schiedsordnung wie den ICSID-Regeln geführt werden. Somit müssen nicht alle bestehenden ISA einzeln
revidiert werden.

Die Schweiz hat sich an der Ausarbeitung der Transparenzregeln und an den Verhandlungen zum UNO-Transparenzübereinkommen beteiligt und letzteres als dritter Staat am 18. April 2017 ratifiziert.31 Für neue ISA verwendet die Schweiz seit 2014 eine Vertragsbestimmung, welche die Anwendung der UNCITRAL-Transparenzregeln auf alle Schiedsverfahren vorsieht. Das am 17. April 2015 in Kraft getretene ISA zwischen der Schweiz und Georgien32 ist das erste ISA der Schweiz (und zugleich das erste ISA weltweit), das eine derartige Bestimmung enthält.

30 31

32

SR 0.975.3 Vgl. Botschaft des Bundesrats vom 20. April 2016 zur Genehmigung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Transparenz in Investor-Staat-Schiedsverfahren auf der Grundlage von Verträgen, BBl 2016 4065 ff.

SR 0.975.236.0

847

BBl 2018

1.3.3

Zentrale Handlungsfelder für die Weiterentwicklung

Die Reformanstrengungen der Schweiz umfassen zwei Ebenen: Einerseits geht es darum, die Verhandlungsgrundlagen für den Abschluss neuer ISA laufend an die internationalen Entwicklungen anzupassen. So hat die Schweiz ihren Verhandlungsansatz in den letzten Jahren kontinuierlich weiterentwickelt und wird das auch in Zukunft tun (vgl. Ziff. 1.3.2). Andererseits stellt sich die Frage, wie die bestehenden ISA, welche nicht mehr dem neusten Stand entsprechen, diesen Entwicklungen angepasst werden können. Wie nachfolgend dargestellt wird, stehen dafür verschiedene sich gegenseitig ergänzende Handlungsoptionen zur Verfügung.

Neuaushandlung beziehungsweise Revision von ISA Durch den Abschluss neuer ISA ersetzt die Schweiz entweder bestehende durch neue Abkommen oder schliesst Lücken im Vertragsnetz (vgl. Ziff. 8.1.1). Zurzeit führt die Schweiz Verhandlungen mit verschiedenen Partnerstaaten (z. B. Mexiko und Malaysia), um ältere ISA durch neue Abkommen zu ersetzen. Den Verhandlungen mit neuen Partnern (z. B. Bahrein) kommt heute eine untergeordnete Rolle zu, da es nur noch wenige Lücken im Schweizer Vertragsnetz gibt. Da in den letzten Jahren vier Staaten (Südafrika, Indonesien, Indien, Ecuador) ISA unter anderem mit der Schweiz gekündigt haben, sind neue Lücken entstanden. Um die dadurch entstandene Rechtsunsicherheit zu beseitigen, hat sich die Schweiz zum Ziel gesetzt, mit diesen Staaten neue ISA abzuschliessen.

Der Abschluss neuer oder die Revision bestehender ISA ist im Vergleich zu früher komplexer geworden und nimmt zum Teil mehr Zeit und Ressourcen in Anspruch.

Grund dafür ist, dass die meisten Staaten heute über eine breitere Vertragspraxis verfügen und oft auch ihre Erfahrungen aus früheren Schiedsverfahren gestützt auf ISA mit anderen Vertragspartnern in die Verhandlungen einfliessen lassen. Als Alternative zu einer umfassenden Vertragsrevision wäre es denkbar, nur einzelne revisionsbedürftige Bestimmungen durch neue zu ersetzen. Erfahrungsgemäss münden aber auch derartige Verhandlungen meistens in umfassende Neuverhandlungen.

Vor diesem Hintergrund wird die Schweiz ihr über 30 Jahre gewachsenes ISAVertragsnetz mit gegen 120 ISA im Rahmen der verfügbaren Ressourcen schrittweise erneuern. Die Priorisierung der Verhandlungspartner erfolgt dabei insbesondere nach folgenden Kriterien: wirtschaftliche
Bedeutung des Partnerstaats, Bedarf nach zusätzlichem Rechtsschutz für Schweizer Investoren (z. B. falls kein oder nur ein lückenhaftes ISA besteht), Verhandlungswunsch, beziehungsweise Verhandlungsbereitschaft des Partnerstaats sowie erwartete Synergien mit gleichzeitig stattfindenden Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen. Solche Synergien können sich aus der Verhandlungsdynamik parallel geführter Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen oder dadurch ergeben, dass dieselben Delegierten an beiden Verhandlungen teilnehmen und somit Ressourcen gespart werden.

Bei Neuverhandlungen legt die Schweiz Wert auf die Kohärenz zwischen den ISA und anderen Politikbereichen sowie den Zielen der nachhaltigen Entwicklung.

Obschon es sich bei den ISA um Spezialabkommen handelt, welche dem Schutz internationaler Investitionen dienen, ist bei der Aushandlung und Anwendung darauf 848

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zu achten, dass der Investitionsschutz nicht zulasten anderer Politikziele erfolgt. Die ISA müssen beispielsweise so ausgestaltet sein, dass sie mit den SDG vereinbar sind. Konkret bedeutet dies, dass ein Schiedsgericht bei der Anwendung und Auslegung eines ISA die verschiedenen Politikziele berücksichtigen und gegeneinander abwägen muss. Zur Bekräftigung der Politikkohärenz und zur Hervorhebung der Bedeutung dieses Konzepts für die internationalen Investitionen kann in den ISA auf relevante globale Referenzrahmen wie die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, die SDG und auf Standards im Bereich der verantwortungsvollen Unternehmensführung verwiesen werden.

Gemeinsame Erklärungen der Vertragsstaaten Durch eine gemeinsame Vertragsinterpretation in Form einer gemeinsamen öffentlichen Erklärung können die Vertragsparteien die Auslegung einzelner Bestimmungen konkretisieren. Dies ist eine vereinfachte Möglichkeit zur Präzisierung eines Abkommens, da es keiner formellen Vertragsanpassung bedarf. Sie erlaubt aber nicht, den Inhalt der Bestimmungen zu ändern. Dieses Vorgehen kann sinnvoll sein, wenn sich die Vertragsparteien über den Konkretisierungsbedarf einzelner Bestimmungen einig sind und kein Bedarf für eine umfassende Vertragsrevision besteht. Falls in einem Abkommen explizit vorgesehen ist, dass derartige Vertragsinterpretationen für Schiedsgerichte bindend sind, erhalten sie unmittelbar Rechtswirkung. Anderenfalls liegt es im Ermessen der Schiedsgerichte, wie sie diese Interpretationen zusammen mit anderen Aspekten bei der Vertragsauslegung berücksichtigen. Derartige Vertragsinterpretationen sind zurzeit in den ISA der Schweiz nicht explizit vorgesehen. Die Schweiz wird diese Option wenn möglich in zukünftige ISA aufnehmen.

Zudem wird sie bei bestehenden ISA fallweise prüfen, ob eine Vertragsinterpretation ­ eventuell vorübergehend ­ anstelle einer Vertragsrevision angestrebt werden soll.

Multilaterale Prozesse Da der Investor-Staat-Schiedsmechanismus weitgehend auf multilateralen Abkommen wie der ICSID-Konvention beruht (vgl. Ziff. 1.2.2), sollten Reformanstrengungen in erster Line auf dieser Ebene angegangen werden. Erfolgreiche multilaterale Prozesse, deren Ergebnisse auf eine Vielzahl von Staaten und Abkommen Anwendung finden, sind zudem effizienter als die Anpassung einzelner bilateraler
ISA.

Dies lässt sich mit den neuen UNCITRAL-Transparenzregeln illustrieren, welche heute breite und wachsende Akzeptanz geniessen, da sie in einem offenen und universellen Verhandlungsprozess entstanden sind. Die Vertragsparteien bilateraler ISA können in neuen ISA auf diese multilateralen Regeln verweisen, anstatt Ressourcen für die Ausarbeitung je eigener Regeln aufzuwenden. Durch das UNOTransparenzübereinkommen (vgl. Ziff. 1.3.2) werden zudem alle bestehenden ISA der Unterzeichnerstaaten auf einen Schlag dem neuen Transparenzsystem unterstellt, ohne dass die Abkommen einzeln angepasst werden müssen. Mit derartigen kollektiven Bemühungen ist es somit relativ einfach möglich, Anpassungen auch auf bereits bestehende Abkommen auszudehnen.

2016 wurde auf Initiative der EU und Kanadas ein multilateraler Prozess lanciert, der eine umfassende institutionelle Reform der Investor-Staat-Schiedsverfahren zum Gegenstand hat. Dabei wird auch die Errichtung eines ständigen multilateralen 849

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Investitionsschiedsgerichts mit einer Berufungsinstanz geprüft, welches von den Staaten eingesetzt und an die Stelle der heutigen ad hoc Schiedsgerichte (vgl. Ziff. 1.2.3) treten würde. Schiedsurteile sind heute abschliessend und können nur bei bestimmten Verfahrensfehlern in einem Revisionsverfahren angefochten werden. Eine ständige Institution mit einer Berufungsmöglichkeit könnte demgegenüber zu einer einheitlicheren Auslegung der ISA und somit zu mehr Rechtssicherheit für Investoren und Vertragsstaaten führen. Die Schweiz unterstützt diesen Prozess und hat dazu gemeinsam mit der UNCITRAL im März 2017 zu einer Expertenkonferenz in Genf eingeladen. In der Folge hat die UNCITRAL im Juli beschlossen, die Grundlagearbeiten in einer Arbeitsgruppe zu vertiefen mit dem Ziel, 2018 einen Verhandlungsprozess zu beginnen.

Die UNCTAD analysiert die Auswirkungen der ISA auf Entwicklungsländer und fördert den Ausbau von fachlichen Kompetenzen und Kapazitäten in diesen Ländern. Die Schweiz beteiligt sich an diesen multilateralen Arbeiten, die darauf ausgerichtet sind, Entwicklungsländer beim Ausbau von Kapazitäten zu unterstützen, die sie für ISA-Verhandlungen und bei gegen sie geführten Investor-Staat-Schiedsverfahren benötigen.

1.4

Fazit

Internationale Investitionen sind zentral für die wirtschaftliche Entwicklung der Schweiz und ihrer Partnerstaaten. Auslandinvestitionen sind jedoch häufig mit erheblichen politischen Risiken verbunden. ISA stellen mit ihren staatsvertraglichen Garantien und Durchsetzungsmechanismen ein wichtiges Instrument zur Verminderung dieser Risiken dar. Dabei haben sich auch die Investor-Staat-Schiedsverfahren in der Praxis grundsätzlich bewährt. Verschiedene Anwendungsfälle bestätigen die praktische Bedeutung dieser Verfahren für Schweizer Investoren, wobei sie aufgrund der hohen Verfahrenskosten zumeist nur als letztes Mittel und bei Streitfällen mit grosser Schadenssumme genutzt werden.

Obschon die Kritik am internationalen Investitionsschutz nur zum Teil begründet ist, gibt es in verschiedener Hinsicht Verbesserungspotenzial. Die Schweiz strebt durch verschiedene Massnahmen eine Weiterentwicklung des internationalen Investitionsschutzeses an. Damit soll auch die internationale Akzeptanz erhöht werden. In diesem Sinn werden die Präzisierung wichtiger Schutzbestimmungen der ISA und die Stärkung der Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit bei der Anwendung der Abkommen angestrebt. Auch die Investor-Staat-Schiedsverfahren sollen durch Transparenz, die Vermeidung von Interessenkonflikten und eine stärkere Institutionalisierung reformiert werden. Dabei sind in erster Linie multilaterale Prozesse geeignet, um die Reformanliegen durch breit abgestützte Lösungen umzusetzen. Die Schweiz misst dem Engagement auf multilateraler Ebene erste Priorität bei. Daneben wird sie die schrittweise Erneuerung ihres bestehenden ISA-Vertragsnetzes weiterführen.

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Globalisierung der Wertschöpfungsketten und der Digitalisierung der Wirtschaft bleibt die Verstärkung der Rechtssicherheit (z. B. beim Datenschutz) durch den Investitionsschutz von zentraler Bedeutung.

850

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Zugleich müssen ISA der Politikkohärenz Rechnung tragen und den politischen Gestaltungsspielraum insbesondere der Entwicklungsländer im Hinblick auf eine entwicklungsfördernde Investitionspolitik und die Umsetzung der SDG berücksichtigen.

2

Verantwortungsvolle Unternehmensführung

Engagierte und verantwortungsvolle Unternehmen sind ein Erfolgsfaktor des Wirtschaftsstandorts Schweiz. Nutzen und Notwendigkeit der gesellschaftlichen Verantwortung der Unternehmen (Corporate Social Responsibility, CSR) sind in der Schweiz allgemein anerkannt. Die CSR umfasst ein breites Spektrum von Themen, darunter Arbeitsbedingungen, Menschenrechte, Umwelt, Korruptionsprävention, Verbraucherinteressen und Steuern, welche für die Unternehmen bei ihren Tätigkeiten im In- und Ausland relevant sind. CSR ist der Beitrag der Unternehmen zur nachhaltigen Entwicklung, die unter anderem zu einer Minderung des Migrationsdrucks beitragen kann.

Der Bund setzt den 2015 verabschiedeten CSR-Aktionsplan33 konsequent um. Im Juni veröffentlichte der Bundesrat den ersten Bericht zum Stand der Umsetzung.34 Die strategischen Stossrichtungen zur Förderung der CSR haben sich bewährt. In allen Bereichen wurden Fortschritte erzielt. Beispielsweise unterstützte die Schweiz die Erarbeitung eines Instruments der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zur Sorgfaltsprüfung für institutionelle Investoren35 in inhaltlicher und finanzieller Hinsicht. Zur Umsetzung des 2016 verabschiedeten Nationalen Aktionsplans für Wirtschaft und Menschenrechte36 wurde eine Begleitgruppe eingesetzt, welcher Vertreter der Wirtschaft, der Wissenschaft, von NichtRegierungsorganisationen (NGO) und Behörden angehören. Im Rahmen der Public Private Partnership zwischen dem Netzwerk Schweiz zur Umsetzung des Globalen Pakts der Vereinten Nationen37 und dem Bund wurden anlässlich des ersten Swiss Global Compact Dialogue rund 200 Teilnehmer, darunter auch viele Vertreter von KMU, über die Bedeutung der CSR informiert. Zur Förderung der Transparenz über die Aktivitäten im Bereich der Gewinnung von Mineralien und Metallen unterstützt die Schweiz unter anderem den Responsible Mining Index38, der die weltweit grössten Bergbauunternehmen in Bezug auf die Wahrnehmung ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewertet.

Der Nationale Kontaktpunkt (NKP) der Schweiz für die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen hat sich freiwillig einer Prüfung (Peer Review) durch die OECD-Arbeitsgruppe zur verantwortungsvollen Unternehmensführung unterzogen.

33 34 35 36 37 38

www.csr.admin.ch > CSR-Positionspapier und Aktionsplan des Bundesrates www.csr.admin.ch > CSR-Positionspapier und Aktionsplan des Bundesrates; der nächste Bericht zum Stand der Umsetzung des CSR-Aktionsplans soll Ende 2019 folgen.

http://mneguidelines.oecd.org/rbc-financial-sector.htm www.seco.admin.ch > Arbeit > Wirtschaft und Menschenrechte www.globalcompact.ch www.eda.admin.ch/deza > Aktivitäten und Projekte > Projekte > Projektdatenbank > Seco Projekte und www.responsibleminingindex.org/index

851

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Der Bericht der OECD39 würdigt die professionelle Arbeitsweise des NKP und die seit 2013 erfolgten Anpassungen der Struktur wie beispielsweise die Einsetzung eines Beirats, der aus Vertretern der verschiedenen Interessensgruppen besteht. Der Bericht enthält auch Empfehlungen. Er regt unter anderem an, die Rolle des Beirats bei der Bearbeitung der Eingaben klarer festzulegen sowie bei der Bekanntmachung der OECD-Leitsätze enger mit interessierten NGO zusammenzuarbeiten. Im Berichtsjahr erhielt der NKP eine Eingabe zu Crédit Suisse und schloss drei Verfahren zu LafargeHolcim, Fédération Internationale de Football Association (FIFA) und dem World Wide Fund for Nature International (WWF) ab.40 Vertreter des Schweizer NKP haben die OECD-Leitsätze durch Referate und die Teilnahme an Dialogforen (z. B. zur gesellschaftlichen Verantwortung der FIFA) weiter bekannt gemacht. An einem Anlass der Thun-Gruppe, einer Arbeitsgruppe von Banken, die sich mit der Anwendung der UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte im Finanzsektor befasst, zeigten Vertreter der NKP der Schweiz, des Vereinigten Königreichs, Italiens und Norwegens positive Beispiele (best pratices) menschenrechtlicher Sorgfaltsprüfung durch Unternehmen auf. Ziel ist eine kohärente Anwendung der verschiedenen für den Finanzsektor relevanten Bestimmungen der OECD-Leitsätze und der UNO-Leitprinzipien.

Der Bundesrat verabschiedete am 15. September die Botschaft zur eidgenössischen Volksinitiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen ­ zum Schutz von Mensch und Umwelt».41 Der Bundesrat anerkennt das Kernanliegen der Volksinitiative, lehnt diese aber ohne Gegenvorschlag ab, weil sie insbesondere bei den Haftungsbestimmungen zu weit geht und eine internationale Abstimmung fehlt. Der Bundesrat setzt auf die Ausarbeitung und Umsetzung von international abgestimmten Standards zur verantwortungsvollen Unternehmensführung (z. B. OECD-Leitsätze und UNO-Leitprinzipien), indem er die Umsetzung der oben erwähnten Aktionspläne zur CSR und zu Wirtschaft und Menschenrechten sowie den Bericht «Grüne Wirtschaft» mit entsprechenden Massnahmen laufend überprüft und bei Bedarf anpasst.

3

Wirtschaftsbeziehungen mit der EU

3.1

Entwicklungen in den bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU

Eine wichtige Grundlage für die enge wirtschaftliche Verknüpfung mit der EU sind die bilateralen Marktzugangsabkommen zwischen der Schweiz und der EU. Der Grundstein für den Zugang zum Binnenmarkt der EU wurde mit dem Freihandelsabkommen42 von 1972 (FHA 1972) gelegt. Es beseitigt Zölle auf Industrieprodukten und verbessert den Marktzugang für verarbeitete Landwirtschaftsprodukte. Seither hat sich der Binnenmarkt der EU bedeutend weiterentwickelt. Um den Bedürfnissen der Schweizer Wirtschaft in diesem dynamischen Umfeld Rechnung zu tragen und 39 40 41 42

852

www.seco.admin.ch/nkp > Informationen und Berichte > Peer Review www.seco.admin.ch/nkp > Statements zu konkreten Fällen BBl 2017 6335 Abkommen vom 22. Juli 1972 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (SR 0.632.401).

BBl 2018

die weitgehende autonome Angleichung von Schweizer Produktevorschriften an jene der EU vertraglich anzuerkennen, wurden weitere bilaterale Marktzugangsabkommen abgeschlossen. Damit wurden zwischen der Schweiz und der EU in verschiedenen Bereichen binnenmarktähnliche Verhältnisse geschaffen. Die Abkommen der Bilateralen I43 sind seit 15 Jahren in Kraft und haben in dieser Zeit wesentlich zum Wirtschaftswachstum der Schweiz beigetragen.44 Darüber hinaus haben die Abkommen die Standortattraktivität der Schweiz sowie die Rechtssicherheit für Unternehmen und für die Forschung gestärkt.

Abgesehen vom Abkommen über das öffentliche Beschaffungswesen und vom Forschungsabkommen basieren die Verträge der Bilateralen I massgeblich auf der Übernahme oder auf der gegenseitigen Anerkennung der Gleichwertigkeit von relevanten Produktevorschriften (bspw. im Veterinärbereich oder bei Industrieprodukten). Insbesondere im Bereich der Industrieprodukte entwickeln sich die technischen Vorschriften dynamisch, was eine regelmässige Aktualisierung der Abkommen erfordert. Um diesen Prozess zu vereinheitlichen, die Rechtssicherheit über den Fortbestand des bestehenden Marktzugangs zu erhöhen und die Grundlage für neue Abkommen im Bereich des Binnenmarkts zu schaffen, führt die Schweiz mit der EU Verhandlungen über institutionelle Fragen, die im Berichtsjahr nicht abgeschlossen werden konnten. Ein entsprechendes Abkommen soll ausschliesslich die Abkommen über eine Teilnahme an ausgewählten Bereichen des Binnenmarkts der EU betreffen, derzeit das Freizügigkeitsabkommen, das Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen, das Agrarabkommen sowie die Abkommen zum Luft- und Landverkehr.

In der Schweiz war in den letzten Jahren insbesondere das Freizügigkeitsabkommen umstritten. Die arbeitsmarktgetriebene Zuwanderung unter dem Freizügigkeitsabkommen hat ein Wachstum der Beschäftigung gutqualifizierter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ermöglicht. Dies hat den Strukturwandel hin zu einer zunehmenden Spezialisierung der Schweizer Wirtschaft auf Aktivitäten mit hoher Wertschöpfung begünstigt. Die Zuwanderung im Rahmen der Personenfreizügigkeit war dabei eine gezielte Ergänzung der Beschäftigung inländischer Arbeitskräfte. Die Erwerbsbeteiligung hat sowohl für Einheimische als auch für Zuwanderer zugenommen.
Gleichzeitig sind die Löhne in der Schweiz real um 12 Prozent gestiegen. Es lassen sich nach wie vor kaum negativen Auswirkungen der Zuwanderung auf das Schweizer Lohn- und Beschäftigungsniveau der ansässigen Bevölkerung nachweisen.45 Allerdings profitieren nicht alle Bevölkerungsgruppen gleichermassen vom Strukturwandel, und aus der Zuwanderung und dem damit verbundene Bevölkerungswachstum ergeben sich innenpolitische Herausforderungen namentlich für die Integrationsfähigkeit von Gesellschaft und Arbeitsmarkt, für die Infrastruktur und 43

44 45

Abkommen über die Personenfreizügigkeit (SR 0.142.112.681), Abkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (SR 0.172.052.68), Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (SR 0.946.526.81), Agrarabkommen (SR 0.916.026.81), Luftverkehrsabkommen (SR 0.748.127.192.68), Landverkehrsabkommen (SR 0.740.72), Forschungsabkommen (SR 0.420.513.1).

Vgl. bspw. Medienmitteilung vom 4. Dezember 2015 «Studie zu Wegfall der Bilateralen I: Bedeutende Einschnitte für Volkswirtschaft».

Vgl. Medienmitteilung vom 4. Juli 2017 «15 Jahre Personenfreizügigkeit haben den Strukturwandel begünstigt».

853

BBl 2018

für die Raumplanung, was am 9. Februar 2014 mit der Annahme der Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» zum Ausdruck kam. Aufgrund der sich daraus ergebenden Unsicherheiten ­ unter anderem die verzögerte Unterzeichnung des Protokolls zur Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien durch die Schweiz ­ blockierte die EU mehrere offene Dossiers. Davon betroffen war auch die Aktualisierung des Abkommens über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA). Dieses Abkommen ist für die Schweizer Wirtschaft von grosser Bedeutung, da es zum Abbau von Handelshemmnissen beiträgt. Unter anderem werden mit dem MRA doppelte Zertifizierungen sowie die Herstellung unterschiedlicher Produktelinien für den Schweizer und für den EU-Markt vermieden. Dies ermöglicht Kosteneinsparungen und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Exporte. Da das Abkommen auf der gegenseitigen Anerkennung der aktuellen Produktevorschriften beruht, verliert es ohne regelmässige Aktualisierung seine Wirksamkeit. Die verzögerte Anpassung des MRA an geänderte Produktevorschriften betraf beinahe die Hälfte der vom MRA abgedeckten Industriesektoren.46 Hersteller betroffener Produkte in der Schweiz und in der EU hatten beim Export in die andere Vertragspartei keine Garantie für die Anerkennung der Konformität ihrer Produkte. Darüber hinaus mussten Exporteure in der Zwischenzeit zusätzliche Anforderungen erfüllen. So mussten beispielsweise auf gewissen Produkten Name und Adresse des Importeurs aufgeführt werden, was zu zusätzlichen Kosten für die Neu-Etikettierung führte.

Mit der Ende 2016 beschlossenen Revision des Ausländergesetzes47 (AuG) zur Umsetzung des neuen Verfassungsartikels48 121a (Steuerung der Zuwanderung) wurde eine Lösung gefunden, die mit der Personenfreizügigkeit vereinbar ist (Stellenmeldepflicht für Berufe mit überdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit). Der Bundesrat hat am 8. Dezember die entsprechenden Verordnungsänderungen verabschiedet. Sie werden am 1. Juli 2018 in Kraft treten. Vor diesem Hintergrund konnte die Schweiz das Protokoll zur Erweiterung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien ratifizieren, womit auch die Voraussetzung für die umfassende Teilnahme der Schweiz am Europäischen Forschungsprogramm Horizon 2020 erfüllt war. Auch die Diskussionen zwischen der Schweiz und der EU über die
Aktualisierung des MRA wurden wieder aufgenommen, und der zuständige Gemischte Ausschuss (GA) hat das Abkommen am 28. Juli angepasst.49 Am 22. Dezember hat der GA des MRA eine weitere Aktualisierung vorgenommen (Anpassung an geänderte Vorschriften in den Bereichen persönliche Schutzausrüstungen, Gasverbrauchseinrichtungen, Seilbahnen sowie Teilrevision betreffend Medizinprodukte)50. Weitere Anpassungen des

46

47 48 49 50

854

Druckgeräte, Funkanlagen und Telekommunikationsendgeräte, Geräte und Schutzsysteme zur Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen, elektrische Geräte und deren elektromagnetische Verträglichkeit, Messgeräte, Aufzüge, Explosivstoffe für zivile Zwecke, Medizinprodukte sowie Inspektion der guten Herstellungspraxis für Arzneimittel und Zertifizierung der Chargen.

SR 142.20 SR 101 Vgl. Medienmitteilung «Aktualisierung des Abkommens über die technischen Handelshemmnisse Schweiz-EU» vom 28. Juli 2017.

Vgl. Medienmitteilung «Aktualisierung des Abkommens über die gegenseitige Anerkennung der Konformitätsbewertungen» vom 22. Dezember 2017.

BBl 2018

MRA, insbesondere eine vollständige Revision betreffend Medizinprodukte, sind für 2019/2020 vorgesehen.

Neben dem GA des MRA trafen sich während des Berichtsjahrs auch die für andere Marktzugangsabkommen Schweiz-EU zuständigen GA. So trat am 31. Mai der GA des Abkommens über das öffentliche Beschaffungswesen zum 13. Treffen zusammen. Die Schweiz beantwortete Fragen der EU zur Verabschiedung eines neuen Beschaffungsgesetzes im Kanton Tessin und zu dessen Auswirkungen auf die internationalen Verpflichtungen der Schweiz (betreffend Schwellenwerte und NichtDiskriminierungsgebot).

Weiter sind im Berichtsjahr zwei Beschlüsse des Gemischten Ausschusses des Agrarabkommens in Kraft getreten. Auf den 1. Februar wurde die Anerkennung der Schweizer Konformitätsüberprüfungen von frischem Obst und Gemüse auf Zitrusfrüchte ausgedehnt und seit dem 1. Juli ist die Bezeichnung «Glarner Alpkäse» (Geschützte Ursprungsbezeichnung ­ GUB) auch in der EU geschützt.

Anlässlich des GA zum FHA 1972 vom 27. November thematisierte die Schweiz die Überwachungsmassnahmen der EU im Stahlsektor, die vor dem Hintergrund weltweiter Überkapazitäten der Stahlproduktion am 1. Juni 2016 erlassen worden waren.51 Die damit verbundenen administrativen und operationellen Umtriebe führen für die betroffenen Schweizer Stahl- und Eisenexporteure sowie für deren Kunden in der EU zu Lieferverzögerungen und Mehrkosten, was teilweise zu Auftragsverlusten führte. Die Schweiz setzt sich auf verschiedenen Ebenen für eine nicht-handelsbeschränkende Ausgestaltung und Anwendung dieser Massnahmen ein. Weiter hat der GA des FHA 1972 auf den 1. April die Referenzpreise für den Preisausgleich beim Handel mit landwirtschaftlichen Verarbeitungserzeugnissen angepasst. Am 19. Treffen des GA zum Freizügigkeitsabkommen informierte die Schweiz über die Anrufung der Ventilklausel für Arbeitskräfte aus Rumänien und Bulgarien, was zur Folge hat, dass diese seit dem 1. Juni während 12 Monaten nur beschränkt Zugang zum Schweizer Arbeitsmarkt haben. Zudem hat die Europäische Kommission am selben Treffen bestätigt, dass sie den Verordnungsentwurf zur Umsetzung der Stellenmeldepflicht als mit dem Freizügigkeitsabkommen vereinbar erachtet.

Diese Beispiele zeigen, dass die bilateralen Marktzugangsabkommen mit der EU grundsätzlich gut funktionieren und mit den GA
Institutionen bestehen, in denen Anwendungsfragen und Aktualisierungen laufend bearbeitet werden können. Die Abkommen, die auf einer Übernahme von EU-Recht oder gegenseitiger Anerkennung der Gleichwertigkeit der relevanten Vorschriften basieren und damit der Schweizer Wirtschaft eine partielle Teilnahme am EU-Binnenmarkt ermöglichen, müssen regelmässig aktualisiert werden, damit ihre Wirksamkeit erhalten bleibt.

Allerdings besteht derzeit keine Rechtspflicht für eine rasche Aktualisierung. Ein institutionelles Abkommen könnte diesbezüglich grössere Rechtssicherheit bringen.

51

Durchführungsverordnung (EU) 2016/670 der Kommission vom 28. April 2016 zur Einführung einer vorherigen Überwachung der Einfuhren bestimmter Eisen- und Stahlerzeugnisse mit Ursprung in bestimmten Drittländern durch die Union, Amtsblatt L 115 vom 29. April 2016, S. 37.

855

BBl 2018

3.2

Erweiterungsbeitrag

Am 14. Juni wurde die Umsetzung des Schweizer Erweiterungsbeitrags an die zehn im Jahr 2004 der EU beigetretenen Mitgliedstaaten nach zehnjähriger Laufzeit erfolgreich abgeschlossen. Insgesamt hat die Schweiz mit den vom Parlament bewilligten Mitteln von einer Milliarde Schweizerfranken 210 Projekte durchgeführt. Bei der überwiegenden Mehrheit der Projekte wurden die gesteckten Ziele erreicht oder sogar übertroffen. Damit leistete die Schweiz einen solidarischen, vielseitigen und effizienten Beitrag zum Abbau von wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten innerhalb der EU. Beispielsweise wurden 130 000 Tonnen Asbest fachgerecht entsorgt und durch die Förderung der Energieeffizienz und erneuerbarer Energie der jährliche CO2-Ausstoss um 100 000 Tonnen reduziert. Die Unterstützung von Unternehmen mit Mikrokrediten, Risikokapital und Garantien sicherte rund 4000 Arbeitsplätze vor Ort.

Auch die Schweiz profitierte vom Erweiterungsbeitrag. So konnte sie ihre bilateralen Beziehungen zur EU und den beteiligten EU-Mitgliedstaaten in mehrfacher Hinsicht verstärken und es wurden Chancen für die Schweizer Wirtschaft geschaffen. Rund zehn Prozent der gesprochenen Beiträge kamen Schweizer Unternehmen, Verbänden und Universitäten für ihre in den Projekten erbrachten Leistungen zugute. Der Erweiterungsbeitrag stärkte ferner die Forschungszusammenarbeit und förderte Partnerschaften sowie den Erfahrungsaustausch zwischen der Schweiz und den Partnerstaaten.

Die Zusammenarbeit mit Bulgarien und Rumänien läuft noch bis 2019, jene mit Kroatien bis 2024. Am 1. Juni ist auch die Rechtsgrundlage52 für einen möglichen neuen Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten in Kraft getreten. Der Bundesrat entschied im November eine Vernehmlassungsvorlage zur Umsetzung des neuen Beitrags auszuarbeiten. Der Beitrag in der Höhe von 1,302 Milliarden Schweizerfranken über zehn Jahre soll wiederum zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in der EU beitragen, was im wirtschaftlichen und politischen Interesse der Schweiz liegt. Der Bundesrat legte die Bereiche Berufsbildung und Migration als Schwerpunkte eines neuen Schweizer Beitrags fest. Durch die stärkere Unterstützung der Berufsbildung kann das Schweizer Knowhow in diesem Bereich genutzt werden, um die Jugendarbeitslosigkeit in Europa zu
bekämpfen. Mit Projekten im Migrationsbereich soll ein Beitrag zu einer besseren Bewältigung der Migrationsströme geleistet werden.

Am 21. Dezember entschied die EU-Kommission allerdings, die Äquivalenz betreffend die Schweizer Börse nur befristet anzuerkennen und die Weiterführung der Äquivalenzanerkennung an Fortschritte bei den Verhandlungen über ein institutionelles Abkommen zu knüpfen, obwohl die Schweiz die Bedingungen genauso erfüllt wie die anderen Drittstaaten, die eine unbefristete Anerkennung bekommen haben.

Der Bundesrat kritisierte diese Verknüpfung als sachfremd und diskriminierend.

Zudem behält sich der Bundesrat vor, angesichts dieser Entwicklungen die Arbeiten an der Vernehmlassungsvorlage in 2018 neu zu beurteilen. Der Entscheid über die 52

856

Bundesgesetzes vom 30. September 2016 über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas; SR 974.1.

BBl 2018

Erneuerung des Schweizer Beitrags beziehungsweise über den entsprechenden Rahmenkredit liegt beim Parlament.

3.3

«Digital Single Market»-Strategie

Technische Entwicklungen wie Cloud Computing, Mobile Computing, Big Data und Internet der Dinge ermöglichen neue Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle, die zunehmend Verbreitung finden. Auch im EU-Binnenmarkt existieren Hindernisse, die den Zugang zu den neuen Technologien erschweren und die Unternehmen daran hindern, die Möglichkeiten derselben voll zu nutzen. Die Europäische Kommission hat deshalb 2015 eine Strategie zur Förderung des digitalen Binnenmarkts (Digital Single Market, DSM-Strategie) verabschiedet.53 Angestrebt wird eine umfassende Reform der Rahmenbedingungen für die Digitalisierung und die Beseitigung regulierungsbedingter Handelshemmnisse. Ziel ist, den Binnenmarkt auch im Bereich der Digitalwirtschaft zu verwirklichen und aus den 28 Märkten der einzelnen EU-Mitgliedstaaten einen einheitlichen «digitalen Markt» zu schaffen. Zur Umsetzung der Strategie sieht die Europäische Kommission insgesamt 16 Massnahmen (gesetzlicher oder anderer Art) vor. Die Massnahmen beruhen auf drei Säulen: a.

Besserer Zugang für Verbraucher und Unternehmen zu digitalen Waren und Dienstleistungen;54

b.

Schaffung von optimalen Rahmenbedingungen für digitale Netze und innovative Dienstleistungen;55

c.

Bestmögliche Ausschöpfung des Wachstumspotenzials der digitalen Wirtschaft.56

Am 10. Mai zog die Europäische Kommission im Rahmen ihrer Halbzeitbewertung Bilanz zu den erzielten Fortschritten und forderte die Mitgliedstaaten auf, die Annahme aller bereits vorgelegten Rechtsetzungs-Vorschläge zügig voranzutreiben.

Zudem nannte sie Bereiche, in denen weitere Massnahmen auf EU-Ebene notwendig sind (z. B. Datenwirtschaft, Cybersicherheit und Online-Plattformen). Die Vorschläge der Europäischen Kommission zur Umsetzung der 16 Massnahmen der DSM53

54

55

56

Vgl. Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen «Strategie für einen digitalen Binnenmarkt für Europa».

Einzelne Massnahmen: Gemeinsames Europäisches Kaufrecht, Zusammenarbeit im Bereich des Konsumentenschutzes, Preistransparenz und Aufsicht bei Paketzustellungen, Geoblocking, Sektoruntersuchung zum elektronischen Handel, Vereinheitlichung Urheberrechtssysteme, Portabilität von Inhalten, Überprüfung der Satelliten- und Kabelrichtlinie, Vereinheitlichung der Mehrwertsteuersysteme.

Einzelne Massnahmen: Reform der Telekommunikationsvorschriften, Liberalisierung des 700 MHz-Breitbands, Revision der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienst, Untersuchung zur Rolle von Online-Plattformen, Leitlinien zur Kollaborativen Wirtschaft, Schutz der Privatsphäre für die elektr. Kommunikation, Öffentlich-private Partnerschaft für die Cybersicherheit, Richtlinie zur Netz- und Informationssicherheit.

Einzelne Massnahmen: Digitale Industrie, Cloud- Computing, Schaffung einer Datenwirtschaft, Integrierter Normungsplan, Europäischer Interoperabilitätsrahmen, E-Government Aktionsplan 2016­2020, Digitale Kompetenzen und Qualifikationen.

857

BBl 2018

Strategie enthalten neben Mitteilungen, Initiativen, Partnerschaften und Aktionsplänen auch Rechtsetzungsprojekte, die dem Rat der Europäischen Union und dem Europäische Parlament unterbreitet werden müssen.

Umsetzung der Strategie «Digitale Schweiz» Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche Auswirkungen die DSMStrategie der Europäischen Kommission auf die Schweizer Unternehmen und Verbraucher hat und welche Synergien die Schweiz nutzen kann.

Der Bundesrat hat am 20. April 2016 seine Strategie «Digitale Schweiz»57 verabschiedet. Diese dient als Leitlinie für die konsequente Nutzung der Chancen der Digitalisierung, damit sich die Schweiz als attraktiver und innovativer zukunftsorientierter Wirtschafts- und Forschungsstandort positionieren kann.

Unter der Strategie «Digitale Schweiz» wurde zudem eine bundesinterne Koordinationsgruppe DSM-CH zur Koordination der Aktivitäten auf Schweizer Seite und zur Analyse der weiteren Entwicklungen in der EU im Bereich des digitalen Binnenmarktes konstituiert. Diese hat zwischen September 2016 und Juni 2017 im Rahmen von verschiedenen Konsultationen bei den für die einzelnen DSM-Massnahmen thematisch zuständigen Bundesstellen eine Analyse der aktuellen Situation vorgenommen. Sie hat zu den einzelnen Vorschlägen der Europäischen Kommission eine Darstellung der aktuellen Situation in der Schweiz erarbeitet und den möglichen Handlungsbedarf des Bundes abgeschätzt.58 Daraus wird ersichtlich, dass die aktuell laufenden Arbeiten (u. a. Teilnahme an diversen Gremien und Expertengruppen auf EU-Ebene, Revision des Urheberrechtsgesetzes,59 Revision des Fernmeldegesetzes60) den derzeitigen Handlungsbedarf abdecken. Der Bundesrat wird die Entwicklungen sowie die rechtlichen Umsetzungsmassnahmen in der EU im Bereich des digitalen Binnenmarktes weiter eng verfolgen und gegebenenfalls entsprechende Massnahmen in die Wege leiten.

3.4

Wirtschaftliche Herausforderungen in Zusammenhang mit dem «Brexit»

Nachdem das britische Parlament Anfang Februar die Regierung ermächtigt hatte, den Brexit auszulösen, übermittelte das Vereinigte Königreich (UK) am 29. März der EU das offizielle Austrittsbegehren. Als Folge wird das UK nach einer Verhandlungsfrist von zwei Jahren (gemäss Art. 50 des Vertrags über die Europäische Union) voraussichtlich Ende März 2019 aus der EU austreten. Dies hat auch Folgen für die Schweiz. Die Schweiz ist der drittwichtigste Handelspartner des UK ausserhalb der EU (der sechswichtigste insgesamt) und der zweitwichtigste Investor im UK ausserhalb der EU. Für die Schweiz ist das UK der sechstbedeutendste Handels57 58 59 60

858

Vgl. www.bakom.admin.ch > Digitale Schweiz und Internet > Strategie «Digitale Schweiz».

Vgl. www.bakom.admin.ch > Digitale Schweiz und Internet > Strategie «Digitale Schweiz» > Umsetzung.

SR 231.1 SR 784.10

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partner (4,9 % des Schweizer Warenhandels ­ 5,8 % der Exporte und 3,9 % der Importe ­ fallen auf das UK). Der rechtliche Rahmen dieser engen Beziehungen besteht hauptsächlich aus den bilateralen Abkommen Schweiz-EU. Diese Abkommen werden ab dem Zeitpunkt des Austritts des UK aus der EU für das Verhältnis Schweiz-UK nicht mehr gelten.

Der Bundesrat legte bereits am 19. Oktober 2016 seine Strategie zur Ausgestaltung der Beziehungen zum UK nach dem EU-Austritt fest («Mind the Gap-Strategie»61).

Die bestehenden vertraglichen Beziehungen sollen ohne Zeit- und Substanzverlust über den Austritt des UK aus der EU hinaus in einem neuen Vertragsverhältnis weitergeführt werden. Um dies zu erreichen, werden exploratorische Gespräche geführt. Wie schnell Lösungsansätze finalisiert werden können, hängt massgeblich vom Verlauf der Verhandlungen zwischen dem UK und der EU ab, sowie davon, ob diese beiden Parteien eine Einigung über eine Übergangsregelung finden.

Sofern sich das UK und die EU auf eine Übergangsphase einigen (gemäss dem in der Grundsatzrede der UK-Premierministerin am 22. September angekündigten Ziel des UK), bedeutet dies voraussichtlich, dass das UK in einer ersten Phase eng mit dem EU-Binnenmarkt verbunden bleibt. In diesem Szenario wäre auch eine umfassende Weiterführung der bestehenden Beziehungen zwischen dem UK und der Schweiz denkbar. Inwieweit dies mittelfristig möglich sein wird, hängt allerdings davon ab, wie eng das UK nach der Übergangsphase mit dem Binnenmarkt der EU verbunden bleibt. Wie weit sich das heutige Verhältnis zwischen der Schweiz und dem UK gemäss den Absichten des Bundesrats darüber hinaus weiterentwickeln und ausbauen lassen wird, hängt ebenfalls von der längerfristigen Ausrichtung der Handelspolitik des UK ab.

Was die zukünftigen Beziehungen betrifft, haben die Verhandlungen zwischen der EU und dem UK noch keine Klarheit gebracht. Der Beginn der Austrittsverhandlungen wurde im Berichtsjahr durch die Neuwahlen des Unterhauses vom 8. Juni verzögert, die der Premierministerin anstelle der erhofften Stärkung der Einigkeit im Unterhaus den Verlust der absoluten Mehrheit eintrug. Unter diesen schwierigen Voraussetzungen haben Mitte Juni die Austrittsverhandlungen begonnen. Der Europäische Rat stellte am 15. Dezember ausreichende Fortschritte in den Verhandlungen über den
Austritt fest, um Verhandlungen über die zukünftigen Beziehungen zum UK zu beginnen. Entsprechend ist es im Interesse aller Parteien, dass im nächsten Jahr rasch Lösungen gefunden werden, die einen geordneten Übergang ab März 2019 ermöglichen.

61

Ziel dieser «Mind the Gap-Strategie» ist es: 1. Das gegenwärtige Niveau des Marktzugangs und der Kooperation zu wahren und 2. in vier Politikbereichen (Finanzdienstleistungen, geistiges Eigentum, Entwicklungszusammenarbeit und Studiengebühren) die Möglichkeit eines Ausbaus der Beziehungen mit dem UK zu prüfen.

859

BBl 2018

4

Welthandelsorganisation (WTO) und weitere multilaterale Wirtschaftszusammenarbeit

4.1

WTO

4.1.1

WTO-Ministerkonferenz in Buenos Aires

Seit der letzten WTO-Ministerkonferenz in Nairobi von 2015 fokussierten sich die Gespräche in der WTO auf einzelne Verhandlungsthemen, nachdem kein Konsens mehr zur Weiterführung der Verhandlungen im Rahmen einer umfassenden DohaRunde bestand. Anlässlich des informellen WTO-Ministertreffens in Davos, zu dem die Schweiz Ende Januar eingeladen hatte, wie auch an den zwei weiteren informellen WTO-Ministertreffen im Juni in Paris und im Oktober in Marrakesch bestätigte die Mehrheit der Teilnehmenden die fundamentale Rolle der WTO und ihres Regelwerks für nachhaltiges Wachstum und Entwicklung. Dennoch konnten weder die bisherigen noch neue Themen zur Abschlussreife gebracht werden. Die Diskussionen über neue WTO-Verhandlungsthemen (E-Commerce, Investitionserleichterung, Initiative für Kleinst-, kleine und mittlere Unternehmen [KKMU]) gestalteten sich zunehmend schwierig. Zusätzlich zu den Unsicherheiten, die von der neuen USAdministration ausgingen, akzentuierte sich die Position bedeutender Entwicklungsländer. Diese lehnen den Einbezug neuer Verhandlungsthemen ab, solange bei aus der Doha-Runde verbliebenen Fragen (insbesondere Landwirtschaft) keine substanziellen Ergebnisse vorliegen.

Im Rahmen der 11. WTO-Ministerkonferenz, die vom 10.­13. Dezember 2017 in Buenos Aires stattfand, gelang es nicht, die Situation zu deblockieren. Die WTOMitglieder konnten sich lediglich in wenigen Bereichen einigen. In den Verhandlungen zu Fischerei-Subventionen wurde eine Notifikationspflicht zur Erhöhung der Transparenz verabschiedet. Weiter beschlossen die Minister, zwei Moratorien fortzuführen. Weiterhin sollen auf elektronischen Übermittlungen keine Zölle und ähnliche Abgaben erhoben werden (E-Commerce Moratorium) und die WTO-Mitglieder unter dem TRIPS-Abkommen auf sogenannte Nichtverletzungsklagen (NonViolation Complaints) verzichten.62 Hingegen war es nicht möglich, sich auf ein Arbeitsprogramm im Bereich Landwirtschaft zu einigen. Die argentinische Handelsministerin hielt als Vorsitzende der Konferenz in ihrer Abschlusserklärung fest, dass sich die WTO-Ministerinnen und -Minister zum multilateralen Handelssystems bekannt haben.

Die Schweiz schloss sich mehreren plurilateralen Erklärungen an. Zusammen mit 70 weiteren WTO-Mitgliedern beschloss sie die exploratorischen Arbeiten zu E-Commerce zu intensivieren. Die
Mitglieder sollen in einer vertieften Diskussion den Bedarf einer Klärung oder Verstärkung der bestehenden WTO-Regeln in diesem Bereich prüfen. Zusammen mit einer Gruppe von 13 WTO-Mitgliedern verabschiedete die Schweiz eine Erklärung zur Aufhebung ineffizienter Subventionen für fossile Energien. Zur Abschaffung dieser handelsverzerrenden und umweltschädlichen Subventionen werden Verhandlungen in der WTO angestrebt. Damit soll zur 62

860

Nichtverletzungsklagen sind Klagen, die keine direkte Verletzung einer WTO-Regel zum Gegenstand haben, sondern auf Massnahmen abzielen, die einem WTO-Mitglied zustehende Rechte und Handelsvorteile de facto verwehren.

BBl 2018

Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und der Nachhaltigkeitsziele beigetragen werden. In der plurilateralen Erklärung zu Investitionserleichterung fordert eine Gruppe von 70 Ländern, darunter die Schweiz, die Aufnahme von Diskussionen mit dem Ziel, ein multilaterales Rahmenwerk zur Erleichterung von Direktinvestitionen zu erarbeiten. In einer weiteren plurilateralen Erklärung fordert die Schweiz mit 86 anderen WTO-Mitgliedern, Anliegen der KKMU auf die WTOVerhandlungsagenda zu setzen. In einem Arbeitsprogramm sollen Massnahmen zum verbesserten Zugang zu Informationen und zur Reduzierung der Handelskosten erarbeitet werden.

In diesem Zusammenhang unterstützte die Schweiz am Rande des WTO-Ministertreffens eine Initiative zum Aufbau eines webbasierten Helpdesks, welches den KKMU in Entwicklungsländern kostenlos adressatengerechte Informationen zu Import- und Exportanforderungen und -verfahren zur Verfügung stellen soll.

4.1.2

Überprüfung der Schweizer Handelspolitik durch die WTO

Die fünfte gemeinsame Überprüfung der Handelspolitik (Trade Policy Review, TPR) der Schweiz und Liechtensteins durch die WTO fand am 16. und 18. Mai in Genf statt.63 Die Mehrzahl der insgesamt 53 Wortmeldungen fiel sehr positiv aus. Hervorgehoben wurden die Resilienz der Schweizer Wirtschaft, die gute Regierungstätigkeit der Schweiz, die politische Stabilität, der flexible Arbeitsmarkt sowie die Innovationsförderung. Die Mitglieder der WTO begrüssten die Wachstumspolitik 2016­201964, insbesondere die Massnahmen zur Erleichterung der Importe. Des Weiteren nahmen die Mitglieder die Entwicklungspolitik der Schweiz und ihre Anstrengungen im Umweltbereich positiv zur Kenntnis. Zudem schätzen die Mitglieder das starke Engagement der Schweiz für das multilaterale Handelssystem und ihre konstruktive Rolle innerhalb der WTO.

Bemängelt haben die Mitglieder verschiedene Aspekte der Schweizer Landwirtschaftspolitik: die hohen Schutzzölle, die Komplexität des Systems der Zolltarifkontingente und die immer noch zu hohe interne Stützung. Fragen wurden auch zum internen Verfahren zur Umsetzung des Nairobi-Beschlusses über den Ausfuhrwettbewerb (vgl. Ziff. 4.1.3) aufgeworfen. Mehrere Mitglieder sprachen auch bestimmte Dienstleistungssektoren an, die zu wenig liberalisiert seien oder als Staatsmonopole zu bewerten sind, wie gewisse Post-, Versicherungs- und Telekommunikationsdienstleistungen. Sie argumentierten, dass eine stärkere Liberalisierung in diesen Sektoren dazu beitragen würde, das Phänomen der «Hochpreisinsel Schweiz» zu bekämpfen.

63

64

Die Dokumente zur Überprüfung der Handelspolitik sind auf folgender Homepage verfügbar: www.wto.org > english > Trade topics > Trade policy reviews > Switzerland and Liechtenstein.

Vgl. Medienmitteilung vom 22. Juni 2016 «Bundesrat verabschiedet Bericht «Neue Wachstumspolitik 2016­2019».

861

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Ausserdem wiesen gewisse Mitglieder darauf hin, dass die Garantiefondsbeiträge auf Importen zusammen mit den erhobenen Zöllen zu einer Überschreitung der in der WTO-Verpflichtungsliste der Schweiz gebundenen Maximalzollansätze führen können. Entsprechend muss die Schweiz bis 2019 eine Lösung für die Ausgestaltung der betroffenen Garantiefondsbeiträge finden.

Im Zusammenhang mit dem geistigen Eigentum haben die Mitglieder die SwissnessGesetzgebung aufgegriffen und dessen Konformität mit den WTO-Regeln hinterfragt. Schliesslich stellten die Mitglieder auch Fragen zur Ratifizierung des revidierten WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen vom 30. März 2012, das die Schweiz als einzige Vertragspartei noch nicht ratifiziert hat.

4.1.3

Aufhebung der Exportsubventionen

Anlässlich der zehnten WTO-Ministerkonferenz im Dezember 2015 in Nairobi wurde ein Verbot aller verbleibenden Exportsubventionen für Agrargüter beschlossen. Das Verbot betrifft auch die Ausfuhrbeiträge, die die Schweiz gemäss «Schoggigesetz»65 ausrichtet. Für die Umsetzung dieses Beschlusses wurde für Subventionen wie jene die Schweiz eine Übergangsfrist von 5 Jahren vereinbart.

Die Vernehmlassungsvorlage zur Umsetzung des WTO-Beschlusses wurde grossmehrheitlich positiv aufgenommen.66 Am 17. Mai verabschiedete der Bundesrat die Botschaft67 zur Genehmigung und Umsetzung des WTO-Ministerbeschlusses, die weitestgehend der Vernehmlassungsversion entspricht. Diese beinhaltet eine Totalrevision des «Schoggigesetzes» zur Aufhebung der Ausfuhrbeiträge, sowie ­ als Begleitmassnahme ­ eine Revision des Landwirtschaftsgesetzes68 zur Ausrichtung von exportunabhängigen produktgebundenen Beiträgen an die Produzenten von Milch und Getreide. Als weitere Begleitmassnahme ist vorgesehen, durch eine Verordnungsänderung gleichzeitig das Bewilligungsverfahren des aktiven Veredelungsverkehrs mit den bisher zu Ausfuhrbeiträgen berechtigenden Milch- und Getreidegrundstoffen zu vereinfachen. Die Eidgenössischen Räte haben die Botschaft in der Herbst- und Wintersession verabschiedet.

4.1.4

Nationaler Ausschuss über Handelserleichterungen

Am 22. Februar trat das WTO-Abkommen über Handelserleichterungen in Kraft.69 Das Abkommen sieht unter anderem vor, dass jede Vertragspartei einen nationalen Handelserleichterungsausschuss einsetzt. Die Schweiz ist dieser Verpflichtung nachgekommen, indem ein bestehendes verwaltungsinternes Gremium unter Einbe65 66 67 68 69

862

Bundesgesetz über die Ein- und Ausfuhr von Erzeugnissen aus Landwirtschaftsprodukten; SR 632.111.72.

www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > WBF BBl 2017 4251 Bundesgesetz über die Landwirtschaft; SR 910.1.

AS 2017 2105

BBl 2018

zug der relevanten privatwirtschaftlichen Akteure in der Regel einmal jährlich als Nationaler Handelserleichterungsausschuss zusammentreffen wird. Der Ausschuss hat zum Ziel, den Dialog zu Fragen der Handelserleichterung zwischen Verwaltung und Privatwirtschaft zu stärken und eine Plattform zu bieten, um konkrete Probleme im Zusammenhang mit Zollverfahren anzusprechen. Der nationale Handelserleichterungsausschuss der Schweiz, der aus Vertretern der eidgenössischen Zollverwaltung, des SECO, des Fürstentums Liechtenstein sowie Wirtschaftsvertretern zusammengesetzt ist, tagte erstmals am 2. Mai.

4.2

Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und Gruppe der 20 (G20)

4.2.1

OECD: Erweiterungspolitik

Die OECD-Mitgliedstaaten haben im Berichtsjahr strategische Überlegungen zur Zukunft der Organisation angestellt, insbesondere bezüglich möglicher neuer Mitgliedsländer. Die Mitglieder bekräftigten, dass sie eine Öffnung der Organisation für neue Beitritte weiterhin unterstützen, die OECD jedoch nicht dazu bestimmt sei, eine Weltorganisation zu werden. Nicht ihre Grösse, sondern die Qualität ihrer Arbeiten und die internationale Umsetzung ihrer Instrumente, Standards und Normen seien entscheidend für ihren Einfluss und ihre Wirksamkeit. Für die Mehrheit der OECD-Länder liegt die Priorität bei der Aufrechterhaltung der Standards der Organisation. Aus diesem Grund haben sie sich für einen vorsichtigen Ansatz gegenüber Beitrittskandidaten entschieden. In Bezug auf die Grösse der Organisation, die momentan 35 Länder zählt, sind sich die Mitglieder einig, dass noch ein gewisser Spielraum nach oben besteht.

Um den Vorbereitungsstand der Beitrittskandidaten zu evaluieren und auszuloten, inwiefern sie sich bereits an die OECD-Instrumente halten, hat der OECD-Rat ein Rahmenwerk zur Prüfung potenzieller neuer Mitglieder entwickelt. Dieses Rahmenwerk stützt sich auf die OECD-Standards in den Bereichen Marktwirtschaft, Rechtsstaatlichkeit, wirtschaftliche Öffnung (Handel und Investitionen), Korruptionsbekämpfung, Stabilität und Transparenz des Finanzsystems sowie Unternehmensführung und Zugang zu Informationen.

Für die Schweiz ist es wichtig, dass Länder, die der OECD beitreten möchten, die gemeinsame Sichtweise der Mitgliedsstaaten teilen. Konkret bedeutet dies den Beitritt zu den juristischen Instrumenten der Organisation. Die Schweiz ist sich bewusst, dass das OECD-Beitrittsverfahren den Kandidaten die Möglichkeit bietet, ihre wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern. Vor diesem Hintergrund nimmt die Schweiz ihre eigene Evaluation der möglichen zukünftigen Beitrittskandidaten vor. Sie stützt sich dabei auf die Standards des erwähnten Rahmenwerks, auf wirtschaftliche und finanzielle Indikatoren sowie auf ihre eigenen bilateralen Beziehungen mit dem jeweiligen Land. Im Übrigen betrachtet die Schweiz das Beitrittsverfahren als eine grundlegende Prüfung: Es gewährleistet nämlich, dass ein Land der Organisation erst dann beitritt, wenn es wirklich zur Übernahme der OECDStandards bereit ist.

863

BBl 2018

4.2.2

G20: Deutsche Präsidentschaft 2017, argentinische Präsidentschaft 2018

Im Berichtsjahr konzentrierten sich die Arbeiten der G2070 auf eine verstärkte Resilienz der Weltwirtschaft, also auf die Konsolidierung der geld-, finanz- und handelspolitischen Rahmenbedingungen. Weitere Kernthemen waren die Digitalisierung der Wirtschaft und die Investitionsförderung in Afrika. Die Schweiz nahm an den Treffen der Finanzministerinnen und -minister und der Vorsitzenden der Zentralbanken der G20 sowie an den technischen Sitzungen zu Finanz- und Steuerfragen und zur Korruptionsbekämpfung teil. Die Staats- und Regierungschefinnen und -chefs trafen sich unter der deutschen Präsidentschaft am 7. und 8. Juli in Hamburg. Erstmals in der Geschichte der G20 endete das Gipfeltreffen mit einer Erklärung, in der eine Aussage nicht von allen Ländern unterstützt wurde. So nahmen die Leader des G20 zwar Kenntnis vom Entscheid der USA, aus dem Klimaübereinkommen von Paris auszutreten, gleichzeitig erklärten alle übrigen 19 Mitglieder das Abkommen als unwiderruflich. Spannungen gab es auch bei den Diskussionen über die Finanzthemen des Hamburger Aktionsplans. Die deutsche Präsidentschaft bemühte sich, zulasten anderer Verpflichtungen (insbesondere im Bereich Green Finance) einen Konsens für diese Themen zu finden, um eine stärkere Position in anderen Bereichen (Handel, Klima) zu begünstigen.

Die dritte Einladung der Schweiz zur Teilnahme am Finanzsegment verdeutlicht, dass sie von der G20 auf internationaler Ebene als wichtiger Akteur in den Bereichen Finanz und Wirtschaft anerkannt wird. Bei den Sitzungen hat die Schweiz grosses Engagement bewiesen. Dabei betonte sie, wie wichtig es ist, dass sich alle Länder für die Schaffung eines fairen Rahmens im Hinblick auf die Finanzmarktregulierung (Basel III) und auf die internationale Besteuerung einsetzen.

Seit Dezember hat Argentinien die Präsidentschaft der G20 inne. Das Land legte für sein Präsidialjahr 2018 folgende Prioritäten fest: 1) die Zukunft der Arbeit im Rahmen der Digitalisierung der Wirtschaft, mit besonderem Fokus auf Bildung und Stärkung der Fähigkeiten in einer digitalen Arbeitswelt; 2) die Finanzierung der Infrastrukturen; und 3) die Landwirtschaft im Kontext von Handel, Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Die argentinische Regierung hat die Schweiz zur Teilnahme am Finanzsegment der G20 sowie zu den Treffen der Arbeitsgruppe Antikorruption eingeladen.

70

864

Argentinien, Australien, Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, Saudi-Arabien, Südafrika, Südkorea, Türkei, Russland, USA, Vereinigtes Königreich und EU.

BBl 2018

5

Freihandelsabkommen und andere Wirtschaftsvereinbarungen

5.1

Freihandelsabkommen und Landwirtschaft

Ausgangslage Die Schweiz ist mit ihrem relativ beschränkten Binnenmarkt und einer starken Integration in die globalen Wertschöpfungsketten in besonders hohem Mass auf möglichst ungehinderten und diskriminierungsfreien Zugang zu ausländischen Märkten angewiesen. Der Anteil der Exporte von Waren und Dienstleistungen am BIP von rund 63 Prozent ist im internationalen Vergleich überdurchschnittlich hoch.71 Die Schweiz verfügt heute ausserhalb EU/EFTA über ein Netzwerk von 28 in Kraft getretenen Freihandelsabkommen (FHA) mit 38 Partnerstaaten.72 Diese Abkommen ergänzen die FHA der Schweiz mit der EU und mit den EFTA-Staaten.

2016 stammten 86 Prozent der Warenimporte der Schweiz aus FHA-Partnerländern, 76 Prozent der Schweizer Warenexporte gingen in FHA-Partnerländer. Das FHANetzwerk trägt wesentlich zur Diversifikation der schweizerischen Exportmärkte bei und trägt der zunehmenden Internationalisierung der wirtschaftlichen Aktivitäten Rechnung.

Gegenwärtig laufen Verhandlungen über neue FHA mit Schwellen- und Entwicklungsländern, namentlich mit Ecuador, Indien, Indonesien, Malaysia, den MercosurStaaten73 und Vietnam (vgl. Übersicht Ziff. 8.1.2). Zudem ist die Schweiz bestrebt, auch ältere Abkommen, die bisher in erster Linie den Marktzugang von Waren regeln, zu modernisieren. Entsprechende Verhandlungen laufen zurzeit mit Mexiko, mit Kanada sind exploratorische Gespräche in Gang. Mit der Türkei wurden die Verhandlungen im Berichtsjahr in der Substanz abgeschlossen. Mit Chile und der Südafrikanischen Zollunion (SACU)74 sollen nächstens solche Nachverhandlungen aufgenommen werden. Ziel dieser Bemühungen ist die weitere Verbesserung des Marktzugangs und die Erweiterung der Abkommen auf zusätzliche Themenbereiche, wie den Dienstleistungshandel, den Zugang zu öffentlichen Beschaffungsmärkten, Handel und nachhaltige Entwicklung oder Marktzugang für Investitionen. Zudem sollen die Ursprungsregeln möglichst angeglichen werden, damit deren Anwendung für die Exporteure vereinfacht wird.

In der Vergangenheit schloss die Schweiz vorwiegend FHA mit Partnern ab, deren wichtigste Exportinteressen wie jene der Schweiz im Bereich der Industrieprodukte liegen. Für Agrarprodukte gewährte die Schweiz beschränkte Zollreduktionen, insbesondere für nicht sensible Produkte (z. B. tropische Früchte) und für sensible Produkte innerhalb der bestehenden WTO-Kontingente. Umgekehrt strebte sie einen

71 72

73 74

Vgl. Weltbank (2017). https://data.worldbank.org > Browse by indicator > Exports of goods and services (% of GDP).

Vgl. Staatssekretariat für Wirtschaft (2017). www.seco.admin.ch > Aussenwirtschaft & Wirtschaftliche Zusammenarbeit > Freihandelsabkommen > Liste der Freihandelsabkommen der Schweiz.

Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay; Venezuela ist derzeit vom Mercosur suspendiert.

Botswana, Lesotho, Namibia, Südafrika, Swasiland.

865

BBl 2018

besseren Marktzugang für jene Agrarprodukte an, für die die Schweiz spezielle Exportinteressen hat (namentlich Käse und verschiedene Verarbeitungsprodukte).

In den derzeit laufenden Verhandlungen sind die Erfolgsaussichten dieser Herangehensweise jedoch zunehmend fraglich, denn für einen Grossteil der gegenwärtigen Verhandlungspartner gehört ein substanziell besserer Zugang für Agrarprodukte zum Schweizer Markt zu den zentralen Forderungen. Diese Ausgangslage, wie sie auch bereits im Aussenwirtschaftsbericht 201675 skizziert wurde, legt nahe, dass die Schweiz die Liberalisierung des Handels mit Agrarprodukten vorantreiben sollte, wenn sie den Zugang zu ausländischen Märkten im Rahmen von FHA weiter sichern will. Daneben hat die innenpolitische Diskussion bezüglich der «Hochpreisinsel Schweiz» an Bedeutung gewonnen. Zu den Ursachen der hohen Preise gehören bei Nahrungsmitteln insbesondere der hohe Zollschutz, der teilweise fehlende Wettbewerb bei der Zuteilung der Einfuhrkontingente und verschiedene nicht-tarifäre Handelshemmnisse. Vor diesem Hintergrund hat der Bundesrat ein Massnahmenpaket in Auftrag gegeben, welches zu tieferen Preisen in der Schweiz führen soll. Dazu gehört auch die Prüfung des Handlungsspielraums beim Grenzschutz für Agrarprodukte und Lebensmittel.76 Entwicklungen im internationalen Umfeld Viele in jüngerer Zeit von wichtigen Handelspartnern der Schweiz mit anderen Ländern abgeschlossene FHA sehen nicht nur im Industriebereich, sondern auch bei den Agrarprodukten einen weitgehenden Zollabbau vor. Die FHA der USA führen in der Regel zu einer weitgehenden Liberalisierung praktisch des gesamten Agrarhandels, teilweise unter Gewährung längerer Übergangsfristen. Seit einigen Jahren schliesst auch die EU, welche früher einen mit der Schweiz vergleichbaren Ansatz verfolgte, Abkommen ab, welche einen weitgehenden Zollabbau für die meisten landwirtschaftlichen Produkte beinhalten. Im umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommen (Comprehensive Economic and Trade Agreement, CETA) zwischen der EU und Kanada beispielsweise hat sich Kanada zur Eliminierung von 91,7 Prozent seiner Agrarzölle nach sieben Jahren ab Inkrafttreten des Abkommens verpflichtet, die EU zum Abbau von 93,8 Prozent.

Im Abkommen über eine Transpazifische Partnerschaft (Trans-Pacific Partnership, TPP) zwischen zwölf
Pazifikanrainerstaaten77 war ebenfalls eine bedeutende Liberalisierung des Handels mit Agrarprodukten vorgesehen, wobei die Verhandlungspartner auch in sensiblen Bereichen bedeutende Zugeständnisse machten. So sicherte auch Japan, das ein mit der Schweiz vergleichbares Agrarschutzniveau aufweist, im TPP-Abkommen eine weitgehende Öffnung seines Agrarmarkts mit wenigen Ausnahmen zu und verpflichtete sich beispielsweise dazu, den Zollansatz auf das zu seinen wichtigsten Defensivinteressen zählende Rindfleisch innert 15 Jahren nach Inkrafttreten des Abkommens schrittweise von heute 38 Prozent auf 9 Prozent zu senken. Auch für fast alle anderen Agrarprodukte haben sich die TPP-Staaten neue, teilweise weitgehende Konzessionen eingeräumt. Nach dem Rückzug der USA von 75 76 77

866

BBl 2017 813, Ziff. 1.4.2 Vgl. WBF (2017): Mit Importerleichterungen gegen die Hochpreisinsel.

Australien, Brunei, Chile, Japan, Kanada, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur, USA und Vietnam.

BBl 2018

der TPP bemühen sich die verbleibenden elf Staaten, das Abkommen in etwas abgeänderter Form doch noch zu implementieren. Daraus resultierende Bestimmungen könnten in den Verhandlungen mit anderen Staaten als Referenz verwendet werden.

Eine derart weitgehende Öffnung des Agrarmarktes wäre mit der aktuellen schweizerischen Agrarpolitik nicht vereinbar. In gegenwärtig laufenden Verhandlungen offeriert die Schweiz zollfreien Marktzugang für höchstens die Hälfte ihrer Zolltariflinien im Agrarbereich. Zudem beziehen sich die Konzessionen bei zahlreichen Produkten lediglich auf die WTO-Kontingente, auf nicht bewirtschaftete Perioden oder auf bestimmte Verwendungszwecke (z. B. zu technischen Zwecken, nicht aber zur menschlichen Ernährung).

In den Verhandlungen mit den TPP-Staaten Mexiko und Vietnam machten diese deutlich, dass die EFTA nur ein Ambitionsniveau erwarten kann, das mit der TPP vergleichbar ist, wenn die EFTA-Staaten ihrerseits analoge Konzessionen, insbesondere im Agrarbereich, anbieten. Heute haben die anderen EFTA-Staaten und die Schweiz kein Mandat, um solche Forderungen erfüllen zu können. Diese Diskrepanz beim Ambitionsniveau brachte die bereits begonnenen Verhandlungen mit Mexiko und Vietnam ins Stocken. Mit anderen Ländern konnte schon während den exploratorischen Gesprächen keine gemeinsame Basis für erfolgsversprechende Verhandlungen gefunden werden (wie 2006 mit den USA).

Selbst bei Ländern, die keinen flächendeckenden Zollabbau anstreben, stellen ausgeprägte Exportinteressen für bestimmte Agrarprodukte die Schweiz vor grosse Herausforderungen, weil die Offensivinteressen der Partner oft mit den defensiven Interessen der Schweiz kollidieren. Die diesbezüglich restriktive Haltung der Schweiz erschwert den Abschluss von Verhandlungen oder kann zu unbefriedigenden Verhandlungsergebnissen in anderen Bereichen führen, bei denen die Schweiz Exportinteressen hat (Industrieprodukte, aber auch verarbeitete und unverarbeitete Agrarprodukte wie Käse, Schokolade, Kaffee, Babynahrung, Milchmischgetränke, Energy Drinks, usw.). Die Mercosur-Staaten machten beispielsweise während den ersten beiden Verhandlungsrunden, die im Berichtsjahr stattfanden, klar, dass das Ambitionsniveau im Bereich der Agrarprodukte dasjenige für Industrieprodukte sowie in weiteren für die EFTA-Staaten wichtigen Bereichen
(z. B. öffentliches Beschaffungswesen) bestimmen werde.

Handlungsoptionen Mehr Flexibilität beim Aushandeln von FHA ist eine Voraussetzung dafür, dass weiterhin Abkommen abgeschlossen werden können, welche die Offensivinteressen der Schweiz in genügendem Ausmass berücksichtigen und einen möglichst diskriminierungsfreien Zugang zu den Märkten unserer FHA-Partner sichern. Dies setzt die Bereitschaft voraus, den Grenzschutz für Agrarprodukte zu reduzieren.

Diese Überlegungen flossen auch in die vom Bundesrat im Herbst 2017 verabschiedete Gesamtschau zur mittelfristigen Weiterentwicklung der Agrarpolitik ein.78 Die darin aufgezeigten Grenzöffnungsszenarien zeigen, dass eine Marktöffnung, die 78

Vgl. Bundesamt für Landwirtschaft (2017): Gesamtschau zur mittelfristigen Weiterentwicklung der Agrarpolitik ab 2022.

867

BBl 2018

über jene in den bisherigen FHA der Schweiz hinausgeht (wie dies z. B. in einem Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Ländern der Fall sein könnte), relativ schwache Auswirkungen auf die Strukturentwicklung der Schweizer Landwirtschaft hat, wenn die Kompensation verhältnismässig hoch ist. Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass eine Marktöffnung im Agrarbereich volkswirtschaftlich vorteilhaft und ein partieller Abbau des Grenzschutzes, begleitet durch geeignete Unterstützungsmassnahmen, für die Schweizer Landwirtschaft bewältigbar wäre.

Dieser partielle Abbau könnte über verschiedene Handlungsoptionen erfolgen, welche in vielen Verhandlungen über FHA anderer Länder bereits üblich sind: a.

Vollumfängliche Liberalisierung des Handels mit nicht-sensiblen landwirtschaftlichen Produkten;

b.

Gewährung von bilateralen Zollkontingenten, zusätzlich zu den bestehenden WTO-Kontingenten; damit könnte die Schweiz ihren Verhandlungspartnern wirtschaftlich interessantere Konzessionen auch für landwirtschaftspolitisch sensible Produkte anbieten, ohne die Kontrolle über die Importmengen aufzugeben;

c.

Abbau des Grenzschutzes für sensible Produkte im Rahmen von Übergangsfristen; damit könnte die Schweiz zusätzliche Flexibilität bei der Gewährung von Zollkonzessionen gewinnen. Heute gewährt die Schweiz im Rahmen von FHA ausschliesslich Zollkonzessionen, welche ab Inkrafttreten des Abkommens wirksam werden. Im Gegensatz dazu vereinbaren andere Länder häufig Übergangsfristen für den (in der Regel gestaffelten) Zollabbau.

Auch eine gemäss diesen Optionen beschränkte zusätzliche Marktöffnung könnte strukturelle Auswirkungen auf die inländische Land- und Ernährungswirtschaft haben. Wichtig ist, dass bei einer Reduktion des Grenzschutzes der Druck auf die inländischen Produzentenpreise begrenzt bleibt und wenn nötig durch Begleitmassnahmen abgefedert wird. Die strukturellen Auswirkungen hängen vom Grad der Marktöffnung (Zeitpunkt, Umfang und Geschwindigkeit des Grenzschutzabbaus) und der Ausgestaltung der Begleitmassnahmen (Umfang, Dauer, Degression etc.)

ab.

5.2

Umsetzung der Freihandelsabkommen und Förderung des Ziels der nachhaltigen Entwicklung

Die Schweiz hat im Berichtsjahr mehrere Treffen von Gemischten Ausschüssen (GA) unter bestehenden FHA abgehalten. Die Überwachung der FHA im Rahmen der GA wird im vorliegenden Bericht entsprechend der Stellungnahme des Bundesrates vom 22. September79 zum Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 4. Juli80 betreffend die Auswirkungen von FHA dargestellt.

Dabei geht es unter anderem um die Kohärenz der Umsetzung der FHA mit den Zielen der nachhaltigen Entwicklung.

79 80

868

BBl 2017 7649 BBl 2017 7577

BBl 2018

Im März fand das zweite Treffen des GA unter dem FHA EFTA Ukraine81 statt.

Hauptanliegen der EFTA ist die Rechtssicherheit bezüglich Gleichbehandlung mit der EU beim Marktzugang für Industrieprodukte und verarbeitete Landwirtschaftsprodukte. Aus prozeduralen Gründen seitens der Ukraine konnten noch keine entsprechenden Beschlüsse verabschiedet werden. Die EFTA hat der Ukraine den Einschluss eines Kapitels über Handel und nachhaltige Entwicklung vorgeschlagen.

Das Thema wird am nächsten GA erneut aufgenommen. Das Hauptanliegen der Ukraine ist ein besserer Marktzugang für unverarbeitete Landwirtschaftsprodukte.

Der GA unter dem FHA EFTA-Kooperationsrat der Arabischen Golfstaaten (GCC)82 tagte im Mai zum zweiten Mal. Schwerpunkt der Diskussionen war die Lösungsfindung für die nach wie vor bestehenden Probleme bei der Umsetzung des FHA im Zoll- und Ursprungsbereich. Auch dem GCC hat die EFTA die Aufnahme eines Kapitels über Handel und nachhaltige Entwicklung ins FHA vorgeschlagen.

Die GCC-Seite ist derzeit jedoch nicht bereit, das FHA zu revidieren.

Im Mai fand eine erste Diskussion im Hinblick auf die Erarbeitung einer gemeinsamen Studie zur Weiterentwicklung des FHA Schweiz-China statt. Für die Schweiz steht diesbezüglich die Review-Klausel betreffend Zollkonzessionen im Vordergrund.

Ende Oktober fand das erste Treffen des GA unter dem FHA EFTA-Hongkong83 statt. Dabei wurden Beschlüsse zu den Verfahrensregeln für den GA und die Schiedsgerichte im Rahmen des Streitbeilegungsverfahrens zwischen den Vertragsparteien, zum Verfahren für die Anpassung der Verpflichtungslisten im Dienstleistungsbereich, zu konkreten Anpassungen dieser Verpflichtungen, zum Anhang VII (Regeln für die innerstaatliche Regulierung) sowie in den Anhängen über Fisch und andere Meeresprodukte und über verarbeitete Landwirtschaftsprodukte Anpassungen an die geänderte Nomenklatur des Harmonisierten Systems verabschiedet.84 Weiter fand ein Austausch über die Umsetzung der Nachhaltigkeitsbestimmungen im FHA statt.

Mit den Nachhaltigkeitsbestimmungen in FHA legen die Vertragsparteien einen gemeinsamen Referenzrahmen fest, um die Kohärenz der wirtschaftlichen Ziele mit den Zielen der Vertragsparteien im Bereich des Umweltschutzes und der grundlegenden Arbeitsrechte zu fördern. Die Überwachung der Nachhaltigkeitsbestimmungen ist
Gegenstand der regelmässigen Treffen der GA. Zur Vorbereitung dieser Treffen konsultiert das SECO die betroffenen Bundesämter sowie die Vertretung der Schweiz im jeweiligen Partnerstaat. Die Zivilgesellschaft hat Gelegenheit, Beobachtungen und Vorschläge zu diesen Themen namentlich in der Verbindungsgruppe WTO/FHA einzubringen, einem Forum, das allen interessierten Organisationen offen steht.

81 82 83 84

SR 0.632.317.671 Golf-Kooperationsrat: Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate; SR 0.632.311.491.

SR 0.946.292.492 www.efta.int > Global trade relations > Free Trade Agreements and Trade Relations by Country > Hong Kong

869

BBl 2018

Im Berichtsjahr fand unter den bestehenden FHA, die Nachhaltigkeitsbestimmungen enthalten, ein Treffen des GA mit Hongkong statt. Im Rahmen dieses Treffens überprüften die Parteien die Nachhaltigkeitsbestimmungen des FHA. Sie stellten fest, dass diese effektiv umgesetzt wurden. Auch die Vertreter der Zivilgesellschaft, die im Hinblick auf das Treffen konsultiert worden waren, hatten dem SECO keine Probleme bei der Anwendung der Nachhaltigkeitsbestimmungen des Abkommens zur Kenntnis gebracht. Die EFTA-Seite äusserte Interesse an einer Aktualisierung der Nachhaltigkeitsbestimmungen im Abkommen. Dabei ginge es im Umweltbereich namentlich um die Aufnahme von Bestimmungen über die nachhaltige Forstwirtschaft und Fischerei, wie sie in neueren EFTA-FHA mit anderen Partnern vereinbart wurden. Hongkong misst dem Umweltschutz in seiner Politik hohe Bedeutung bei. So informierte Hongkong über die Einsetzung einer hochrangigen Arbeitsgruppe zur Prüfung der Umsetzung seiner Ziele unter dem Klimaübereinkommen von Paris.85 Hingegen sieht Hongkong derzeit keinen Anpassungsbedarf im FHA. Auch den Vorschlag der EFTA, das parallel zum FHA zwischen den EFTA-Staaten und Hongkong86 abgeschlossene Abkommen über Arbeitsstandards mit den Bestimmungen zu Handel und Umwelt in einem gemeinsamen Kapitel des FHA «Handel und nachhaltige Entwicklung» zusammenzuführen, ist für Hongkong kein gangbarer Weg. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass Hongkong kein selbständiges Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) ist, sondern über die Volksrepublik China daran teilhat. Schliesslich signalisierte die Schweiz ihr Interesse an der Aufnahme eines Dialoges im Hinblick auf eine Ratifikation der beiden IAO-Kernarbeitsnormen87 (von insgesamt acht), die Hongkong noch nicht ratifiziert hat. Hongkong zeigte sich bereit, diesen Vorschlag zu prüfen.

Im Berichtsjahr wurden im Rahmen der laufenden Verhandlungen mit Indonesien, Malaysia und den Mercosur-Staaten Fortschritte in Bezug auf die Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung erzielt. Mit Ecuador, Indien, Vietnam, Mexiko und der Türkei sind die Verhandlungen darüber praktisch abgeschlossen.

Ergänzend zu den Nachhaltigkeitsbestimmungen in den FHA führt die Schweiz mit einigen Partnerstaaten tripartite Dialoge über Arbeits- und Beschäftigungsstandards, z. B. mit
China und mit Vietnam. Im Berichtsjahr fand der zweite tripartite Arbeitsdialog mit Vietnam statt, an dem Vertreter der Behörden und Sozialpartner beider Länder teilnahmen. Der Schwerpunkt des Treffens lag auf dem Sozialdialog und der Sozialpartnerschaft. Ausserdem tauschten die beiden Delegationen ihre Erfahrungen zur Arbeitslosenversicherung aus. Der tripartite Arbeitsdialog wird als konstruktiv und nützlich angesehen, ebenso wie die Kombination mit konkreten Programmen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und Entwicklung des SECO auf Firmenebene (SCORE und Better Work). Diese Programme unter der Leitung der Internationalen Arbeitsorganisation tragen zu besseren Arbeitsbedingungen und einer stärkeren Wettbewerbsfähigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen in der Möbelbranche bei und fördern die menschenwürdige Arbeit in der Textil-Lieferkette.

85 86 87

870

SR 0.814.012 SR 0.632.314.161.2 Übereinkommen Nr. 100 über die Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit sowie Übereinkommen Nr. 111 über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf.

BBl 2018

Im Berichtsjahr hat die EFTA Indonesien im Rahmen der laufenden FHAVerhandlungen die Lancierung eines solchen Dialoges vorgeschlagen.

5.3

Gemischte Wirtschaftskommissionen

Die Schweiz hat mit 30 Staaten Gemischte Wirtschaftskommissionen (GWK) eingerichtet. Zu diesen Staaten gehören die bedeutendsten Wirtschaftspartner der Schweiz und wichtige Schwellenländer sowie gewisse Staaten, mit denen nach Erlangung ihrer Unabhängigkeit (insbesondere die ehemaligen Sowjetrepubliken) oder nach einer aussenpolitischen Öffnung (z. B. Myanmar) der Dialog gesucht wurde. Einige GWK bestehen seit Jahrzehnten,88 andere wurden in den 1990er Jahren89 oder ab dem Jahr 200090 geschaffen. Mit der Ratifizierung des bilateralen Handelsabkommens91 wurde im Berichtsjahr auch mit dem Iran eine GWK etabliert. Im Berichtsjahr fanden insgesamt 10 GWK-Tagungen statt (vgl. Übersicht Ziff. 8.1.3).

Das besondere Merkmal der GWK ist der institutionalisierte Einbezug von Vertreterinnen und Vertretern des Privatsektors, der einen direkten Austausch zwischen staatlichen und privaten Akteuren erlaubt. Dadurch unterscheidet sich dieses Format von den Gemischten Ausschüssen im Rahmen der FHA (vgl. Ziff. 5.2) und ergänzt diese. Den Bundesbehörden bieten die Tagungen eine Gelegenheit, mit dem jeweiligen Partnerstaat auf Expertenstufe Anliegen mit Wirtschaftsbezug aufzunehmen.

Daneben bieten die Kommissionen einen Rahmen, um Verständnis für die Besonderheiten der Schweiz zu fördern (z. B. in den letzten Jahren in Bezug auf die Zuwanderungssituation). Im Berichtsjahr konnten mit Russland beispielsweise die Herausforderungen der russischen Lokalisierungspolitik für Schweizer Unternehmen besprochen werden und mit China die ungleiche Reglementierung für ausländische Investitionen (fehlende Reziprozität) sowie Opportunitäten der Belt and Road Initiative. Mit Saudi-Arabien wurden unter anderem Fragen im Zusammenhang mit der Umsetzung des Freihandelsabkommens EFTA-GCC thematisiert und mit Indonesien die Verhandlungen über ein neues Investitionsschutzabkommen sowie das neue indonesische Patentgesetz, das auch in den laufenden FHA-Verhandlungen eine Herausforderung darstellt. Mit Deutschland wurden unter anderem die Auswirkungen des Brexit und mit Italien Probleme im grenznahen Waren- und Personenverkehr besprochen. Diese Diskussionen bieten jeweils die Grundlage für konkrete Folgearbeiten mit den Partnerländern.

Die GWK haben sich als wirksames und flexibles Instrument erwiesen, um die wirtschaftlichen Interessen
der Schweiz auf bilateraler Ebene mit unterschiedlichen Partnerstaaten zu thematisieren und eine gemeinsame Vertrauensbasis zu schaffen.

Sie bieten ein institutionalisiertes Gefäss zur Diskussion bilateraler Wirtschaftsfragen aller Art, von der regelmässigen Prüfung des bilateralen Vertragsrahmens bis 88 89 90 91

China, Deutschland, Indien, Saudi-Arabien.

Belarus, Kasachstan, Kirgistan, Mexiko, Moldau, Österreich, Russland, Ukraine, Usbekistan.

Argentinien, Aserbeidschan, Brasilien, Chile, Frankreich, Indonesien, Italien, Myanmar, Peru, Philippinen, Serbien, Südafrika, Tadschikistan, Türkei, USA, Venezuela.

Vgl. Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik 2016, BBl 2017 1021.

871

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zur Lösung spezifischer Anliegen und konkreter Probleme des Privatsektors. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen.

5.4

Schutz des geistigen Eigentums

Die erste Änderung des Abkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte an Geistigem Eigentum (TRIPS-Abkommen) seit der Errichtung der WTO im Jahr 1995 ist im Berichtsjahr in Kraft getreten. Diese Änderung ermöglicht ärmeren WTO Mitgliedern, welche über keine relevante eigene Pharmaindustrie verfügen, einen verbesserten Zugang zu generischen Arzneimitteln. Die Schweiz hatte diese Änderung mit einer Revision des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente92 bereits 2008 im Landesrecht umgesetzt.

Der Schutz der geografischen Angaben und Herkunftsangaben ist für die Schweiz in den bilateralen Handelsbeziehungen eine Priorität.93 Im Rahmen der Verhandlungen über das Freihandelsabkommen zwischen der EFTA und Georgien vereinbarten die Schweiz und Georgien, Verhandlungen über ein bilaterales Abkommens für den Schutz der geografischen Angaben und Herkunftsangaben aufzunehmen. Diese haben im Berichtsjahr begonnen.

Auf der Grundlage eines 2007 geschlossenen Memorandum of Understanding setzte die Schweiz den intensiven Dialog mit den chinesischen Behörden in Sachen geistiges Eigentum fort, insbesondere im Rahmen eines im August in Bern abgehaltenen Treffens mit dem Handelsministerium. Dabei wurde namentlich die missbräuchliche Verwendung schweizerischer Herkunftsangaben thematisiert. Die chinesische Delegation wurde im Übrigen von einer Uhrenmanufaktur eingeladen, um die Bedeutung des Uhrensektors für die Schweizer Wirtschaft und die Probleme im Zusammenhang mit den in China hergestellten Fälschungen zu erläutern. Die Schweiz steht ausserdem über das IGE im Dialog mit dem chinesischen Patentamt. Im Rahmen eines in China organisierten Treffens wurden technische Fragen zum Thema Patente und industrielle Designs vertieft. Ein Runder Tisch für die Industrie ermöglichte die Diskussion über den Schutz und den Vollzug geistigen Eigentums in China und in der Schweiz. Der Dialog mit dem chinesischen Patentamt basiert auf einem Memorandum of Understanding von 2012, das anlässlich des Staatsbesuchs des chinesischen Staatspräsidenten am Anfang des Berichtsjahres um fünf Jahre verlängert wurde.

92 93

872

SR 232.14 Motion 12.3642 der Kommission für Rechtsfragen des Ständerates «Regelung der Verwendung geographischer Herkunftsbezeichnungen in internationalen Verträgen».

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6

Wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit

6.1

25-Jahre-Jubiläum der Weltbank

Die Schweiz feierte im Berichtsjahr im Bereich der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit drei Jubiläen: vor 25 Jahren trat die Schweiz der Weltbank und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung bei und vor 50 Jahren der Asiatischen Entwicklungsbank.

Anlässlich des 25-Jahre-Jubiläums des Schweizer Beitritts zur Weltbank organisierte die Schweiz am 23. August in Bern eine Konferenz mit Weltbank-Präsident Jim Yong Kim und Bundesrat Johann N. Schneider-Ammann. Diese Veranstaltung gab der Schweiz Gelegenheit, sich zum Multilateralismus zu bekennen und die Bedeutung der Entwicklungsbanken, insbesondere der Weltbank, hervorzuheben. Parallel dazu wurde die Ausrichtung der künftigen Partnerschaft mit der Weltbank und die geplanten Kapitalerhöhungen der beiden Weltbank-Organisationen IBRD (Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung) und IFC (International Finance Corporation) erörtert. Daneben fand auch eine öffentliche Veranstaltung statt, um den Dialog zwischen Zivilgesellschaft, Privatsektor und politischen Instanzen zu fördern.

Die Zusammenarbeit der Schweiz mit der Weltbank ist ein zentraler Bestandteil des Schweizer Entwicklungsengagements und eine wichtige Ergänzung der bilateralen Entwicklungsaktivitäten. Die Weltbank ist als globale Institution anerkannt, die eine hohe Wirksamkeit und Glaubwürdigkeit aufweist und eine Plattform für eine effektive Entwicklungszusammenarbeit bietet. Sie hat dank ihrer Neutralität einen privilegierten Zugang zu zahlreichen Bereichen des politischen Dialogs. Ausserdem verfügt sie über eine kritische Grösse, die bei der Bewältigung globaler Herausforderungen wie Finanzkrisen, Klimawandel, Ernährungssicherheit, Umweltkatastrophen, Migrationsbewegungen oder Epidemien wesentlich ist.

Einige Länder der von der Schweiz angeführten Stimmrechtsgruppe in der Weltbank94 standen dieses Jahr auch im Fokus der von China lancierten Belt and Road Initiative, mit der die früheren Seidenstrassen als Transport- und Handelsrouten neu lanciert werden sollen. Der Bundesrat beabsichtigt, die diplomatischen Beziehungen der Schweiz mit Zielländern dieser Initiative zu nutzen, um die politischen und wirtschaftlichen Interessen der Schweiz in der Region noch stärker einzubringen.

6.2

Förderung von Fachkompetenzen in Entwicklungsländern

Gemäss Botschaft zur internationalen Zusammenarbeit 2017­202095 sieht die wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit die Stärkung von Fachkompetenzen zur Erreichung einer höheren Wettbewerbsfähigkeit, für gestärkten Handel sowie mehr und bessere Arbeitsplätze in den Partnerländern vor. Mit einer Ende Mai veröffent94 95

Die Stimmrechtsgruppe der Schweiz in der Weltbank umfasst folgende Länder: Aserbaidschan, Kasachstan, Kirgistan, Polen, Serbien, Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan.

BBl 2016 2333

873

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lichten Publikation positionierte sich das SECO im Bereich Entwicklung von Fachkompetenzen, während die DEZA zugleich ihre Bildungsstrategie öffentlich lancierte.96 In der höheren Berufsbildung strebt der Bundesrat in ausgewählten Branchen der Partnerstaaten eine Stärkung von Fachkompetenzen an. Gleichzeitig setzt er sich für die Verbesserung von Arbeitsbedingungen ein. Dabei kommt dem Privatsektor eine Schlüsselrolle zu. Die bestehenden Aktivitäten werden sowohl bilateral (z. B. in Indonesien) als auch mit multilateralen Implementierungsagenturen (z. B. Better Work-Programm der Internationalen Arbeitsorganisation und der IFC der Weltbank) durchgeführt.

Die Schweiz brachte das Thema Berufsbildung bzw. Fachkompetenzen auch bei der Weltbank und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung ein. Im Dezember zeigte die Schweiz am Skills-Forum der Asiatischen Entwicklungsbank das Schweizer Engagement in Indonesien auf. Das Schweizer Know-how wird geschätzt und hilft, die Schweiz in diesem Bereich international zu positionieren.

6.3

Sustainable Finance

Zur Förderung der Integration von Nachhaltigkeitskriterien im Finanzsektor setzt der Bundesrat im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit auf freiwillige Verhaltensänderungen der Finanzakteure. Er treibt die Weiterentwicklung diesbezüglicher methodischer Grundlagen voran. Die Schweiz wirkt in entsprechenden Foren der OECD, der G20 (vgl. Ziff. 4.2) und des Umweltprogramms der Vereinten Nationen mit. Des Weiteren unterstützt sie internationale Initiativen wie die Climate Bonds Initiative97 und die Natural Capital Finance Alliance.98 Letztere entwickelt Methoden und erhebt Daten, um der Natur und ihren Ökosystemleistungen einen ökonomischen Wert beizumessen und diesen in die Finanzanalysen von Finanzakteuren zu integrieren. Neben dem «grünen Gewissen» stehen für private Akteure insbesondere Risikoüberlegungen für ihre Anlageentscheide im Zentrum, um Wertverluste durch ökologische Risiken zu vermeiden oder zu vermindern. Ziel der Allianz ist die Entwicklung von praxistauglichen Analysewerkzeugen. Die Schweiz kann über ihr Engagement die internationalen Entwicklungen in diesem zukunftsträchtigen Bereich mitprägen und ihr Wissen einbringen. Gemäss dem Verein Swiss Sustainable Finance wurde in der Schweiz Ende 2016 Kapital in der Höhe von rund 266 Milliarden Schweizerfranken nach Nachhaltigkeitskriterien verwaltet.99 96

97

98 99

874

www.seco-cooperation.admin.ch > Dokumentation > Themendossiers > Entwicklung von Fachkompetenzen; www.eda.admin.ch >DEZA > Themen > Grundbildung und Berufsbildung Die Unterstützung dauerte zwei Jahre und lief im Berichtsjahr aus. Während dieser Zeit wurden 45 grüne Anleihen im Umfang von 14.5 Mia. USD durch das CBI zertifiziert.

CBI sollte innerhalb von drei Jahren finanziell nachhaltig funktionieren.

Die Allianz wird durch das United Nations Environment Program Finance Initiative (UNEP FI) und das Global Canopy Programme (GCP) geleitet.

Nachhaltige Geldanlagen Schweiz. Auszug aus dem Marktbericht Nachhaltige Geldanlagen 2017. Swiss Sustainable Finance und Forum Nachhaltige Geldanlagen.

www.sustainablefinance.ch > Resources > Swiss Market Essentials > Swiss Reports.

BBl 2018

6.4

Nachhaltiger Tourismus

Die Schweiz unterstützt das Anliegen der Vereinten Nationen, den Tourismus auf die nachhaltige Entwicklung auszurichten. Im UNO-Jahr des nachhaltigen Tourismus hat die Schweiz entsprechende Richtlinien der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit veröffentlicht.100 Damit beabsichtigt der Bundesrat Regionen und Gemeinschaften zu stärken, unter Berücksichtigung der Gleichbehandlung der Geschlechter, des Naturschutzes, des Schutzes und der Entwicklung des natürlichen und kulturellen Erbes sowie der Verbesserung der Lebensqualität der lokalen Bevölkerung.

Die Schweiz engagiert sich seit Jahren in der Förderung des nachhaltigen Tourismus in Partnerländern wie Indonesien, Vietnam, Kirgisistan, Tunesien und Peru. Sie fördert passende Rahmenbedingungen sowie Entwicklungspläne in ausgewählten Destinationen und unterstützt die betreffenden Länder bei der Förderung von Fachkompetenzen durch Tourismusschulen. Die bisherigen Ergebnisse sind positiv. Die unterstützten Tourismusregionen wiesen steigende Touristenzahlen und substanziell verbesserte Einkommen der lokalen Bevölkerung aus.

7

Exportkontrolle und Sanktionen

7.1

Vertrag über den Waffenhandel

Zur Förderung der Umsetzung des Waffenhandelsvertrags vom 2. April 2013101 (Arms Trade Treaty, ATT) durch die 92 Vertragsstaaten leitete die Schweiz zusammen mit Costa Rica die Arbeitsgruppe zur effektiven Vertragsumsetzung, welche insbesondere die für die nächsten Jahre relevanten Schwerpunktthemen identifizierte. Die Schwerpunktthemen wurden von den Vertragsstaaten an der Konferenz im September in Genf bestätigt und die Arbeitsgruppe erhielt, zusammen mit derjenigen zu Transparenz und Berichterstattung sowie derjenigen zur Universalisierung des ATT, das Mandat zur Fortführung ihrer Arbeiten.

Neben der effektiven Umsetzung der Bestimmungen des ATT ist die Universalisierung des Vertrags aus Sicht der Schweiz gegenwärtig eine Priorität zur Erreichung der Vertragsziele. Ende 2017 war knapp die Hälfte der UNO-Mitgliedsstaaten Vertragspartei des ATT. Dabei ist Asien die am geringsten vertretene Weltregion. Die Umsetzungs- und Universalisierungsarbeiten bis zur Staatenkonferenz im Sommer 2018 finden unter japanischer Präsidentschaft statt. Dies dürfte, zusammen mit der geplanten Durchführung der Staatenkonferenz 2018 in Japan, die Visibilität des ATT im asiatischen Raum fördern und zu weiteren Vertragsbeitritten beitragen.

100

www.seco-cooperation.admin.ch > Dokumentation > Themendossiers > SECO Policy Paper Sustainable Tourism 101 SR 0.518.61

875

BBl 2018

7.2

Sanktionsmassnahmen

Massnahmen bezüglich Ukraine und Russland Der Bundesrat führte seine Politik weiter, die Sanktionen der EU gegenüber Russland nicht zu übernehmen, jedoch Umgehungsgeschäfte über die Schweiz zu verhindern. Die Massnahmen werden regelmässig auf ihre Wirksamkeit überprüft. Es gibt weiterhin keine Hinweise, dass die in der Verordnung102 festgelegten Verbote, Bewilligungs- und Meldepflichten nicht eingehalten und Umgehungsgeschäfte über die Schweiz getätigt würden.

Da die Minsker Vereinbarungen weiterhin nicht vollständig umgesetzt wurden, verlängerte die EU ihre Sanktionen bis 2018. Die USA haben ihre Sanktionen gegenüber Russland unter anderem im Energiesektor verschärft. Diese Massnahmen könnten auch europäische und Schweizer Unternehmen, die an entsprechenden Projekten beteiligt sind, betreffen. Es bleibt abzuwarten, wie das neue Gesetz durch die US-Administration angewandt wird.

Sanktionen gegenüber Nordkorea Aufgrund wiederholter Nuklear- und Raketentests Nordkoreas im Verlauf des Berichtsjahres nahm der UNO-Sicherheitsrat zwei Resolutionen an. Am 5. August verabschiedete er die Resolution 2371 (2017) und am 11. September Resolution 2375 (2017), mit welchen die Sanktionen gegenüber Nordkorea erneut signifikant verschärft wurden. Der Bundesrat setzte diese neuen UNO-Beschlüsse mit einer Änderung der Verordnung über Massnahmen gegenüber der Demokratischen Volksrepublik Korea am 18. Oktober103 um. Die Schweiz führte sowohl im Finanz- wie auch im Güterbereich zusätzliche Sanktionen ein und untersagte die Erteilung neuer Arbeitsbewilligungen an nordkoreanische Staatsbürger. Auch die in früheren Resolutionen vom UNO-Sicherheitsrat beschlossenen Massnahmen werden konsequent umgesetzt. So werden beispielsweise sämtliche Einfuhren, Ausfuhren und Durchfuhren von Gütern nach bzw. aus oder durch Nordkorea einer Überprüfung unterzogen, um illegale Sendungen abzufangen.

Sanktionen gegenüber Syrien Aufgrund der kritischen humanitären Situation in Syrien lockerte die EU am 6. Dezember 2016 die Sanktionsmassnahmen für humanitäre Hilfsorganisationen punktuell. Damit wurde der Erwerb von Erdölprodukten durch diese Hilfsorganisationen in Syrien erleichtert. Der Bundesrat übernahm diese Lockerung mit der Änderung der Verordnung über Massnahmen gegenüber Syrien vom 10. März.104 Die Bereitstellung humanitärer Hilfe
ist grundsätzlich von den Sanktionen ausgenommen. Banken und exportorientierte Unternehmen haben aufgrund des Kriegs in Syrien und von Compliance-Risiken ihre Geschäfte mit diesem Land aber stark reduziert oder gar eingestellt, was dazu führt, dass auch Zahlungen oder Lieferungen im humanitären Bereich nur noch mit grossen Schwierigkeiten durchgeführt werden 102 103 104

876

SR 946.231.176.72 AS 2017 5249 AS 2017 705

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können. Die zuständigen Stellen der Bundesverwaltung setzen sich auf nationaler und internationaler Ebene dafür ein, dass für diese Probleme konkrete Lösungen gefunden werden.

Sanktionen gegenüber dem Iran Die Sanktionen gegenüber dem Iran, welche 2016 im Nachgang zur Umsetzung des Nuklearabkommens substantiell gelockert worden waren, blieben im Berichtsjahr fast unverändert bestehen. Einzig die Anhänge der Verordnung über Massnahmen gegenüber der Islamischen Republik Iran105, welche die Liste von sanktionierten Personen, Unternehmen und Organisationen enthalten, wurden dreimal an die entsprechenden UNO- und EU-Sanktionslisten angepasst.

Die im Januar 2016 erfolgte Aufhebung eines Grossteils der Sanktionen führte im Berichtsjahr zu einer positiven Entwicklung des Handels zwischen der Schweiz und dem Iran. Hingegen blieben die meisten Schweizer Finanzintermediäre bei der Finanzierung von Geschäfte mit dem Iran zurückhaltend. Ein wichtiger Grund dafür sind die nach wie vor bestehenden US-Sanktionen und die damit zusammenhängenden politischen und rechtlichen Unsicherheiten.

Übrige Sanktionsmassnahmen Die zunehmend volatile Sicherheitslage in Mali sowie wiederholte Brüche des Waffenstillstandsabkommens durch bewaffnete Gruppierungen bewogen den UNOSicherheitsrat am 5. September, mit Resolution 2374 (2017) Finanz- und Reisesanktionen gegenüber Personen in Mali zu beschliessen. Der Bundesrat erliess zur Umsetzung dieser Sanktionen am 22. November die Verordnung über Massnahmen gegenüber Mali.106 Die übrigen Sanktionsmassnahmen wurden weiter umgesetzt und gemäss den Beschlüssen der UNO oder in Anlehnung an die EU nachgeführt. Am Ende des Berichtsjahres waren basierend auf dem Embargogesetz107 insgesamt 24 Verordnungen in Kraft, einschliesslich die Verordnung über den internationalen Handel mit Rohdiamanten.108

105 106 107 108

SR 946.231.143.6 AS 2017 6161 SR 946.231 SR 946.231.11

877

BBl 2018

8

Beilagen

8.1

Beilagen 8.1.1­8.1.4 Teil I:

878

Beilagen nach Artikel 10 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über aussenwirtschaftliche Massnahmen (zur Kenntnisnahme)

BBl 2018

8.1.1

Verhandlungen bilaterale Investitionsschutzabkommen

(Stand: 31. Dezember 2017) Partner

Gegenstand der Verhandlung

Verhandlung seit / Anzahl Runden

Bemerkungen

Indien

Neues ISA

2017 / 2

Das ISA aus dem Jahr 1997109 wurde durch Indien gekündigt, ausser Kraft seit 6. April 2017.

Indonesien

Neues ISA

2010 / 5

Das ISA aus dem Jahr 1974110 wurde durch Indonesien gekündigt, ausser Kraft seit 8. April 2016.

Verhandlungen seit März 2013 sistiert, da Indonesien derzeit ein neues Modellabkommen ausarbeitet.

Malaysia

Revision ISA

2016 / 1

Revision des ISA aus dem Jahr 1978111

Mexiko

Revision ISA

2017 / 2

Revision des ISA aus dem Jahr 1996112

Slowakei

Revision ISA

­

Revision des ISA aus dem Jahr 1991113, Verhandlungsbeginn Frühjahr 2018.

Südafrika

Neues ISA

­

Das ISA aus dem Jahr 1995114 wurde durch Südafrika gekündigt, ausser Kraft seit 1. November 2014.

Verhandlungsbeginn offen, da Südafrika derzeit ein neues Modellabkommen ausarbeitet.

109 110 111 112 113 114

AS 2002 2037 AS 1976 1954 SR 0.975.252.7 SR 0.975.256.3 SR 0.975.274.1 AS 1999 629

879

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8.1.2

Verhandlungen Freihandelsabkommen

(Stand: 31. Dezember 2017) Partner

Gegenstand der Verhandlung

Verhandlung seit / Anzahl Runden

Bemerkungen

Algerien

Neues FHA

2007 / 4

Verhandlungen seit anfangs 2009 unterbrochen.

Ecuador

Neues FHA

2016 / 5

Verhandlungen weit fortgeschritten.

Abschluss wird für das erste Quartal 2018 angestrebt.

Indien

Neues FHA

2008 / 17

Substanzielle Differenzen beim Marktzugang für Güter, Dienstleistungen, Geistigem Eigentum und Ursprungregeln.

Indonesien

Neues FHA

2011 / 13

Differenzen namentlich beim Marktzugang im Güterbereich, insbesondere beim Marktzugang für Landwirtschaftsprodukte, sowie beim Geistigen Eigentum.

Malaysia

Neues FHA

2014 / 8

Differenzen namentlich beim Marktzugang im Güterbereich, insbesondere beim Marktzugang für Landwirtschaftsprodukte. Verzögerungen auf Grund ungewisser Zukunft des transpazifischen Partnerschaftsabkommens (Trans-Pacific Partnership Agreement, TPP115).

Mercosur116 Neues FHA

2017 / 2

Allgemein gute Fortschritte in den beiden bisher durchgeführten Verhandlungsrunden.

Absehbare Differenzen namentlich beim Marktzugang für Industrie- und Landwirtschaftsprodukte (vgl. Ziff. 5.1), sowie beim Geistigen Eigentum.

Mexiko

Revision FHA aus dem Jahr 2000117

2016 / 4

Modernisierung/Weiterentwicklung sämtlicher Bereiche des bestehenden Abkommens.

Neu: Einschluss eines Kapitels über Handel und nachhaltige Entwicklung sowie über Handelserleichterungen.

Differenzen insbesondere beim Marktzugang für Landwirtschaftsprodukte (vgl. Ziff. 5.1).

Russland/ Belarus/ Kasachstan

Neues FHA

2011 / 11

Aufgrund der Situation in der Ukraine ruhen die Verhandlungen seit März 2014.

Thailand

Neues FHA

2005 / 2

Aufgrund der innenpolitischen Lage in Thailand seit 2006 sistiert.

115

Australien, Brunei Darussalam, Chile, Kanada, Japan, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam.

116 Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay.

117 SR 0.632.315.631.1

880

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Partner

Gegenstand der Verhandlung

Verhandlung seit / Anzahl Runden

Bemerkungen

Türkei

Revision FHA aus dem Jahr 1991118

2013 / 6

Modernisierung / Weiterentwicklung der bestehenden Abkommensbestimmungen.

Neu: Umfassende Bestimmungen zu Dienstleistungen, Kapitel zu Handel und nachhaltiger Entwicklung, Handelserleichterungen, Streitschlichtungsverfahren.

Verhandlungen in der Substanz abgeschlossen.

Vietnam

Neues FHA

2012 / 15

Substanzielle Differenzen namentlich beim Marktzugang für Industrie- und Landwirtschaftsprodukte, beim öffentlichen Beschaffungswesen und beim geistigen Eigentum.

118

SR 0.632.317.631

881

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8.1.3

Treffen von Gemischten Wirtschaftskommissionen und Wirtschaftsmissionen

Staatsbesuche im Ausland mit Wirtschaftsdelegationen Partner

Format, Ort und Datum

Argentinien

Staatsbesuch der Bundespräsidentin (Buenos Aires, 17.­19. April)

Peru

Staatsbesuch der Bundespräsidentin (Lima, 20.­21. April)

Indien

Staatsbesuch der Bundespräsidentin (Delhi, 31. August­1. September)

Wichtigste Wirtschaftsmissionen und bilaterale Arbeitstreffen des WBF-Vorstehers und der SECO-Staatssekretärin Partner

Format, Ort und Datum

China

Treffen des WBF-Vorstehers mit einer Wirtschaftsdelegation mit Präsident Xi Jinping und bilaterales Treffen mit Handelsminister Gao Hucheng im Rahmen des Staatsbesuchs (Bern, 16. Januar)

Deutschland

Arbeitsbesuch des WBF-Vorstehers bei Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Stuttgart, 20. Februar)

Ghana

Arbeitstreffen des WBF-Vorstehers mit Präsident Nana Akufo-Addo (Genf, 21. März)

Vereinigtes Königreich

Arbeitsbesuch des WBF-Vorstehers beim Staatssekretär für internationalen Handel Liam Fox und bei der Landwirtschaftsministerin Andrea Leadsom (London, 31. März)

Kuba

Arbeitstreffen des WBF-Vorstehers mit der Ministerin für Nahrungsmittelindustrien María del Carmen Concepción González (Bern, 11. April)

Nigeria

Arbeitstreffen des WBF-Vorstehers mit dem Minister für Industrie, Handel und Investitionen Okechukwu Enelamah (Bern, 27. April)

Tschechien

Wirtschaftsmission der SECO-Staatssekretärin (Prag/Ostrava, 2.­4. Mai)

Kirgistan

Arbeitstreffen der SECO-Staatssekretärin mit Wirtschaftsminister Arzybek Kojoshev (Bern, 10. Juli)

Russland

Wirtschaftsmission des WBF-Vorstehers (Moskau/Ekaterinburg, 10.­11. Juli)

Indonesien

Wirtschafts- und Wissenschaftsmission des WBF-Vorstehers (Jakarta, 13.­14. Juli)

Saudi-Arabien

Wirtschaftsmission des WBF-Vorstehers (Jeddah, 15.­16. Juli)

USA

Arbeitsbesuch des WBF-Vorstehers bei Handelsminister Wilbur Ross, Erziehungsministerin Betsy DeVos und Arbeitsminister Alexander Acosta (Washington, 17.­18. Juli)

Deutschland

Arbeitstreffen des WBF-Vorstehers mit Wirtschafts- und Energieministerin Brigitte Zypries (Ascona, 6. August)

882

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Partner

Format, Ort und Datum

Liechtenstein

Arbeitstreffen des WBF-Vorstehers mit stv. Regierungschef Daniel Risch und Regierungsrätin Dominique Gantenbein (Bern, 25. August)

Georgien

Arbeitstreffen des WBF-Vorstehers mit Vizepremierminister Aleksandre Jejelava (Bern, 29. August)

Italien

Arbeitsbesuch des WBF-Vorstehers beim Minister für Wirtschaftsentwicklung Carlo Calenda (Rom, 8. September)

Vietnam

Arbeitstreffen des WBF-Vorstehers mit Vizepremierminister Vuong Dinh Hue (Bern, 13. September)

ASEAN

Arbeitstreffen der SECO-Staatssekretärin mit Generalsekretär Le Luong Minh (Bern, 14. September)

Ecuador

Arbeitstreffen des WBF-Vorstehers mit Aussenhandelsminister Pablo Campana (Bern, 28. September)

Besetztes Palästinensisches Gebiet und Israel

Wissenschafts- und Wirtschaftsmission des WBF-Vorstehers (Ramallah/Jerusalem/Tel Aviv, 27.­30. Oktober)

Finnland

Arbeitstreffen des WBF-Vorstehers mit dem finnischen Wirtschaftsminister Mika Lintilä (Bern, 10. November)

China

Wirtschaftsmission der SECO-Staatssekretärin (Peking/Chengdu, 27. November­1. Dezember)

Ägypten

Wirtschaftsmission der SECO-Staatssekretärin (Kairo, 11.­14. Dezember)

Gemischte Wirtschaftskommissionen unter der Leitung der Bereichsleiterin Bilaterale Wirtschaftsbeziehungen des SECO Partner

Dialogrunde, Ort und Datum

Deutschland

39. Tagung, Hamburg, 21.­22. Februar

China

24. Tagung, Zürich, 20.­21. März

Saudi-Arabien

10. Tagung, Riad, 2. Mai

Südafrika

7. Tagung, Bern, 8. Mai

Russland

18. Tagung, Moskau, 29.­30. Mai

Serbien

8. Tagung, Belgrad, 20. Juni

Italien

10. Tagung, Rom, 26. Juni

Indonesien

5. Tagung, Jakarta, 13. Juli

Österreich

Wien, 18. September

Moldawien

6. Tagung, Bern, 30. November

883

BBl 2018

8.1.4

Ausfuhren im Rahmen des Güterkontrollgesetzes

Vom 1. Oktober 2016 bis 30. September 2017 wurden gestützt auf die Güterkontrollverordnung vom 25. Juni 1997119 und die Chemikalienkontrollverordnung vom 21. August 2013120 die nachfolgend aufgeführten Ausfuhrgesuche oder der Meldepflicht unterstellten Ausfuhren behandelt (detaillierte Aufstellungen der erteilten Bewilligungen und Ablehnungen können auf der Webseite des SECO121 konsultiert werden): Güterkategorie

Anzahl

Wert in Mio. CHF

25

25,1

2083

463,3

­ Anhang 3 GKV ­ Liste der besonderen militärischen Güter

526

303,9

­ Anhang 5 GKV ­ Güter, die nicht international abgestimmten Ausfuhrkontrollen unterliegen

453

8,2

­ Chemiewaffenübereinkommen (CWÜ) ­ Chemikalien mit ziviler und militärischer Verwendungsmöglichkeit

40

0,08

3381

1236

­ Einfuhrzertifikate

818

177,8

­ Generallizenzen ­ OGB ­ AGB ­ GAB

202 88 12

­ ­ ­

­ ­ Abgelehnte Gesuche

10

0,5

­ Anhang 2, Teil 1 GKV ­ Liste der Nukleargüter ­ Anhang 2, Teil 2 GKV ­ Liste der Dual-Use Güter

­ Bewilligungen nach Art. 3 Abs. 4 GKV

119 120 121

884

SR 946.202.1 SR 946.202.21 www.seco.admin.ch > Exportkontrollen.

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8.2

Beilage Teil II:

Bericht über zolltarifarische Massnahmen im Jahr 2017 Beilage nach Artikel 10 Absatz 4 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über aussenwirtschaftliche Massnahmen, Artikel 13 des Zolltarifgesetzes vom 9. Oktober 1986, Artikel 6a des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 1974 über die Ein- und Ausfuhr von Erzeugnissen aus Landwirtschaftsprodukten und Artikel 4 Absatz 2 des Zollpräferenzengesetzes vom 9. Oktober 1981 (zur Genehmigung)

885

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