00.085 Botschaft zum Übereinkommen über das Verfahren der vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung für bestimmte gefährliche Chemikalien sowie Pestizide im internationalen Handel (PIC-Konvention) vom 18. Oktober 2000

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf eines Bundesbeschlusses zur Konvention vom 11. September 1998 über das Verfahren der vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung für bestimmte gefährliche Chemikalien sowie Pestizide im internationalen Handel (PIC-Konvention) mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

18. Oktober 2000

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates

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Der Bundespräsident: Adolf Ogi Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2000-1250

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Übersicht Am 11. September 1998 unterzeichnete die Schweiz in Rotterdam zusammen mit rund 60 Staaten und den Europäischen Gemeinschaften die Konvention über das Verfahren der vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung (engl. Prior Informed Consent, kurz PIC) für bestimmte gefährliche Chemikalien sowie Pestizide im internationalen Handel, kurz Rotterdam-PIC-Konvention. Die Konvention wird in Kraft treten, nachdem sie von 50 Staaten ratifiziert worden ist.

Mit der Konvention werden die Vertragsparteien verpflichtet, andere Vertragsparteien über den Erlass von Verboten und strengen Beschränkungen der Anwendung von Chemikalien zu informieren und Exporte derart geregelter Stoffe dem Empfängerland zu melden. Ausserdem sind die Vertragsparteien hinsichtlich bestimmter, in dem Abkommen genannter Chemikalien verpflichtet, Entscheidungen darüber zu treffen, ob die Einfuhr dieser Chemikalien verboten werden soll oder unter welchen Bedingungen sie gestattet ist. Dieses Vorgehen wird vorherige Zustimmung nach Inkenntnissetzung genannt. Exporte verbotener oder in ihrer Verwendung eingeschränkter Chemikalien sind unter bestimmten Voraussetzungen zu notifizieren.

Lieferungen entgegen dem Willen des Einfuhrlandes sind unzulässig.

Das völkerrechtlich verbindliche Abkommen wird helfen, Umwelt- und Gesundheitsrisiken, die durch bestimmte gefährliche Chemikalien entstehen können, zu begrenzen. Es wird insbesondere Anwender in Landwirtschaft und Industrie sowie Verbraucher in Entwicklungsländern schützen und die Gefahren für die Umwelt begrenzen. Die Schweiz bekundet mit der Ratifikation der PIC-Konvention ihr Engagement in internationalen Angelegenheiten und bezeugt als wichtige Chemienation ihre Solidarität mit Entwicklungsländern.

Um die Verpflichtungen der Konvention rechtlich umzusetzen und zu konkretisieren, ist eine Verordnungsregelung nötig. Die gesetzliche Grundlage für eine solche Verordnung ist im Umweltschutzbereich durch das Umweltschutzgesetz gegeben. Im Gesundheitsbereich fehlt sie jedoch zurzeit noch, da das Giftgesetz keine Bestimmungen über die Ausfuhr zulässt. Das neue Chemikaliengesetz, welches das Giftgesetz ablösen soll und dessen Botschaft an die Räte überwiesen worden ist, wird diese Lücke schliessen.

In der Schweiz wird seit mehreren Jahren bereits ein freiwilliges PIC-Verfahren durchgeführt,
das auf früheren Richtlinien der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) beruht. Für die Wirtschaft wird die Ratifikation der Konvention nur geringfügige zusätzliche Auswirkungen haben, da die meisten Handelsfirmen Exporte verbotener oder streng reglementierter Chemikalien bereits heute freiwillig melden. Für die zuständigen Behörden des Bundes ergibt sich nach dem Inkrafttreten der Konvention eine geringfügige Verstärkung der Aktivitäten bei allen Vollzugsaufgaben, insbesondere aber durch die Teilnahme an der Konferenz der Vertragsparteien und durch die Wahrnehmung der Informationspflichten. Der finanzielle und personelle Aufwand für den Vollzug entspricht ungefähr einer Stelle.

Zusätzliche Kosten verursacht der zukünftige Mitgliederbeitrag. Er lässt sich nicht

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exakt beziffern, da erst die kommende 1. Vetragsparteienkonferenz über die Finanzordnung entscheiden wird. Das Budget von UNEP Chemicals vom Juli 1999 sieht für die Jahre 1999 und 2000 Beträge von 2,13 beziehungsweise 2,32 Millionen US$ für die direkten Kosten vor (Sekretariat, Treffen der Vertragsparteien und des Chemikalienprüfungsausschusses). Hinzu kommen indirekte Kosten zur Förderung der Durchführung des Übereinkommens und für technische Hilfe. UNEP Chemicals schätzt die gesamten jährlichen Kosten auf ungefähr 10 Millionen US$. Geht man davon aus, dass die Schweiz von diesen Kosten 1,8 Prozent zu tragen hat, so würde der Schweizer Beitrag bei einem US$-Kurs von 1.67 Franken ca. 300 000 Franken ausmachen.

Einen höheren Beitrag an die Kosten der Konvention wird die Schweiz leisten, falls die Kandidatur von Genf als Sitz für das Sekretariat erfolgreich ist.

Für die Kantone ergeben sich nach dem Inkrafttreten der Konvention keine Aufgaben. Sie sind von der Konvention nicht betroffen.

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Botschaft 1

Allgemeiner Teil

1.1

Ausgangslage

Exporte besonders gefährlicher Chemikalien und Pestizide haben in der Vergangenheit wiederholt zu ernsthaften Gefährdungen von Mensch und Umwelt geführt, weil die einführenden Länder nicht über die notwendige Erfahrung und Infrastruktur für den sicheren Umgang damit verfügten. Zur Verminderung der Risiken durch den Export von Chemikalien führen das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) gemeinsam seit 1989 ein freiwilliges Informations-Austauschverfahren durch. Dieses Verfahren beinhaltet, dass gewisse Chemikalien, die aus Gesundheitsoder Umweltschutzgründen verboten sind oder strengen Beschränkungen unterliegen, nicht gegen den Willen des Einfuhrlandes exportiert werden dürfen. Dies wird als Zustimmung nach Inkenntnissetzung bezeichnet, im Englischen Prior Informed Consent Procedure (PIC). Abgekürzt wird das Verfahren deshalb als freiwilliges PIC Verfahren bezeichnet. Grundlage des freiwilligen PIC-Verfahrens sind die Leitlinien des UNEP für den Informationsaustausch über Chemikalien im internationalen Handel (kurz UNEP-London-Guidelines) und der Internationale Verhaltenskodex der FAO betreffend den Vertrieb und die Verwendung von Pestiziden (kurz FAO-Verhaltenskodex). Die Schweiz als wichtige Chemienation führt dieses freiwillige PIC-Verfahren seit dem 1. Januar 1994 erfolgreich in Form des so genannten Exportverhaltenskodexes der Schweizerischen Gesellschaft für Chemische Industrie (SGCI) durch.

Um die ersten positiven Ergebnisse des freiwilligen Verfahrens zu konsolidieren und die Lösung der Probleme im Zusammenhang mit dem Chemikalienexport zu beschleunigen, haben im Auftrag des Erdgipfels von Rio (1992) das UNEP und die FAO gemeinsam Verhandlungen zu einer rechtlich verbindlichen Konvention organisiert. Als Verhandlungsgrundlage dienten die oben zitierten Leitlinien des UNEP und der FAO. Die Verhandlungen begannen im März 1996. Das Abkommen wurde 1998 nach fünf Verhandlungsrunden als Rotterdam-PIC-Konvention (PIC-Konvention) verabschiedet und von der Schweiz unterzeichnet. Unter Berücksichtigung der speziellen Gegebenheiten und besonderen Anforderungen der Entwicklungsund Schwellenländer soll die PIC-Konvention die Risiken für Mensch und Umwelt begrenzen, die beim Umgang mit bestimmten toxischen Chemikalien
entstehen können. Zur Erreichung dieses Ziels sollen die nationalen Möglichkeiten und Kapazitäten von Entwicklungs- und Schwellenländern im Bereich des ChemikalienManagements einschliesslich einer geeigneten regulatorischen Infrastruktur (z.B.

Produktezulassung) mit der Unterstützung von anderen Vertragsparteien gestärkt werden. Mittel dazu sind Technologietransfer, die Bereitstellung technischer und allenfalls finanzieller Unterstützung und eine generelle Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien. Handels- und Umweltpolitik sollen sich dabei zum Erreichen eines nachhaltigen Entwicklungsprozesses wechselseitig unterstützen. Durch Erleichterung des Austauschs von Informationen über die Eigenschaften der gefährlichen Chemikalien, durch Schaffung eines nationalen Entscheidungsprozesses für die Ein- und Ausfuhr und durch Weitergabe der Entscheidungen an die

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Vertragsparteien sollen Umwelt und menschliche Gesundheit vor möglichem Schaden bewahrt werden.

In der internationalen Umweltpolitik hat die PIC Konvention eine grosse Bedeutung. Insbesondere für Entwicklungs- und Schwellenländer hat das neue Instrument einen hohen Stellenwert. Es kann in der Tat als wichtiger Schritt betrachtet werden, in diesen Ländern Probleme zu verhindern, die auf den unsachgemässen Umgang mit gefährlichen Chemikalien und Pestiziden zurückzuführen sind. Es ist deshalb von Bedeutung für die exportorientierte chemische Industrie, ein positives Signal zu setzen.

Die Bundesverwaltung wird die Konvention nach der Ratifikation in nationales Recht umsetzen müssen. Dazu bedarf es einer Verordnungsregelung, welche die materiellen Bestimmungen der PIC Konvention präzisiert und die Aufgaben und Zuständigkeiten für den Vollzug des Verfahrens festlegt.

1.2

Verlauf der Verhandlungen

Die PIC-Konvention ist das Resultat von langen und sorgfältigen Verhandlungen zwischen Industriestaaten, Schwellenländern und Entwicklungsländern. Die Schweiz nahm an den Verhandlungen mit Vertretern aus der Verwaltung (BUWAL, BAWI, EDA PA III und PA V) teil. Für die Erarbeitung der Verhandlungsposition wurden weitere Bundesstellen (BLW, DEZA, BAG) und Vertreter der Industrie beigezogen. Der Kerninhalt der PIC-Konvention war von Anfang an bei den Verhandlungsparteien grundsätzlich akzeptiert. Als schwierig erwies sich die Detailausgestaltung der Konvention. Strittige Punkte waren insbesondere der Geltungsbereich der Konvention, das Verfahren der Ausdehnung der Bestimmungen auf weitere Chemikalien, die Bedeutung und Anwendung der Risikoevaluation, die Konformität mit den relevanten Regelungen der WTO und das Verhältnis zu anderen internationalen Übereinkommen sowie die Art und der Umfang der Unterstützung von Entwicklungs- und Schwellenländern. Anlass zu Diskussionen gab ausserdem der Standort des Sekretariates zur Konvention.

Die PIC-Konvention wurde im März 1998 nach einer zweijährigen Verhandlungsphase an der fünften Verhandlungsrunde von 75 Ländern einstimmig und ohne Differenzen verabschiedet. Im September 1998 wurde sie von rund 60 Ländern, darunter der Schweiz, und der EU unterzeichnet. Bevor sie in Kraft treten kann, muss sie von 50 Staaten ratifiziert werden. Es ist vorgesehen, dass bis zum Inkrafttreten der Konvention das bestehende freiwillige PIC-Verfahren bereits weitgehend nach den Regeln der künftigen rechtsverbindlichen Konvention vollzogen wird. Das Interimsekretariat verbleibt in Rom bei der FAO für Pestizide und in Genf bei UNEP für Industriechemikalien, wie dies für das Sekretariat des freiwilligen PIC-Verfahrens der Fall war. Über den definitiven Standort des Sekretariates wird an der ersten Vertragsparteienkonferenz entschieden, die nach dem Inkrafttreten der Konvention einberufen wird. Sie wird vermutlich im Jahr 2003 stattfinden.

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2

Besonderer Teil: Inhalt der Konvention

Das Ziel der Konvention ist der Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt vor möglichem Schaden durch den internationalen Handel mit bestimmten gefährlichen Chemikalien (Art. 1). Die Konvention ist anwendbar auf Chemikalien, die aus Gesundheits- oder Umweltschutzgründen verboten sind oder strengen Beschränkungen unterliegen sowie auf sehr gefährliche Pestizid-Formulierungen. Von den Bestimmungen ausgenommen sind psychotrope Stoffe, Abfälle, chemische Waffen, pharmazeutische Produkte, Lebensmittelzusatzstoffe und Lebensmittel sowie Chemikalien, die in geringen Mengen zu Analyse- und Forschungszwecken oder für den Eigengebrauch eingeführt werden und keine Gefahr für Mensch oder Umwelt darstellen (Art. 3).

Jede Vertragspartei bezeichnet eine oder mehrere nationale Behörden, welche die nach dieser Konvention erforderlichen Verwaltungsaufgaben wahrnehmen (Art. 4).

Die Konvention enthält im Anhang III eine Liste mit Chemikalien und gefährlichen Pestizid-Formulierungen, kurz PIC-Liste genannt. Zurzeit beinhaltet die PIC-Liste 27 Stoffe bzw. Stoffgruppen. Es sind dies die folgenden 22 Pestizide: 2,4,5-T, Aldrin, Captafol, Chlordan, Chlordimeform, Chlorobenzilat, DDT, Dieldrin, Dinoseb und Dinoseb-Salze, 1,2-Dibromethan, Fluoracetamid, HCH (gemischte Isomere), Heptachlor, Hexachlorbenzol, Lindan, Quecksilberverbindungen, Pentachlorphenol sowie bestimmte Formulierungen von Monocrotophos, Methamidophos, Phosphamidon, Methylparathion und Parathion. Hinzu kommen derzeit die fünf Industriechemikalien Krokydolit (Asbest), Polybromierte Biphenyle (PBB), Polychlorierte Biphenyle (PCB), Polychlorierte Terphenyle (PCT) und Tris(2,3-dibrompropyl) phosphat. Falls mindestens zwei Länder aus verschiedenen PIC-Regionen aus Gründen des Umweltschutzes oder der Gesundheit Rechtsvorschriften zu einer bestimmten Chemikalie neu erlassen (Art. 5), wird das Verfahren zur Erweiterung der Liste eröffnet. Solche Rechtsvorschriften müssen dem Sekretariat gemeldet werden.

Anhang I legt fest, welche Informationen für diese Meldungen erforderlich sind.

Ausserdem kann eine Vertragspartei, die Entwicklungs- oder Schwellenland ist, eine sehr gefährliche Pestizid-Formulierung zur Aufnahme in die PIC-Liste vorschlagen, falls sie den Nachweis erbringt, dass diese bei allgemein gebräuchlicher Anwendung nach anerkannten Methoden
unter den gegebenen Bedingungen im Land Probleme verursacht (Art. 6). Die Vertragsparteienkonferenz entscheidet über die definitive Aufnahme von Chemikalien in die PIC-Liste auf Grund einer Beurteilung, die von einem Chemikalienprüfungsausschuss ausgearbeitet wird (Art. 7). Der Chemikalienprüfungsausschuss beruft sich bei der Beurteilung auf Kriterien, die in Anhang II (für Chemikalien, die aus Gründen des Umwelt- oder Gesundheitsschutzes verboten sind oder strengen Beschränkungen unterliegen) bzw. in Anhang IV (für PestizidFormulierungen, die in Entwicklungs- oder Schwellenländern Probleme verursachen) beschrieben sind. Kann eine Vertragspartei nachweisen, dass eine Chemikalie aus der PIC-Liste gestrichen werden kann, entscheidet die Vertragsparteienkonferenz über die Streichung auf Grund einer Beurteilung des Chemikalienprüfungsausschusses (Art. 9).

Die grundlegenden Bestimmungen der Konvention (Art. 10, 11 und 12) verpflichten die Vertragsstaaten, für jede Chemikalie und jede Pestizid-Formulierung der PICListe zu entscheiden, ob deren Einfuhr verboten oder nur unter bestimmten Bedingungen erlaubt ist (Art. 10). Diese Einfuhrentscheide müssen rechtlich begründet

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sein, das heisst, dass die Einfuhr von Chemikalien nur verboten oder strengen Beschränkungen unterworfen werden kann, wenn für die Herstellung und Verwendung im Einfuhrland dieselben Vorschriften gelten oder erlassen werden. Artikel 11 schreibt ausführenden Vertragsparteien vor, diese Entscheide bei der Ausfuhr von Chemikalien und Pestizid-Formulierungen zu berücksichtigen. Ausserdem muss die Ausfuhr von Chemikalien, die im Ausfuhrland verboten sind oder strengen Beschränkungen unterliegen, vor der ersten Lieferung und später jährlich vor dem ersten Export dem Einfuhrland gemeldet werden. Diese Meldepflicht entfällt für Chemikalien der PIC-Liste (Art. 12), sobald die Vetragsparteien ihre Importentscheide gefällt haben und diese publiziert worden sind. Die Vertragsparteien sind zudem aufgefordert, Kennzeichnungsvorschriften für ausgeführte Chemikalien der PIC-Liste oder für Chemikalien, die verboten sind oder strengen Beschränkungen unterliegen, zu erlassen (Art. 13). Diese sollen gewährleisten, dass ausreichende Informationen über Risiken und/oder Gefahren für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt zur Verfügung stehen.

Die Vertragsparteien werden ausserdem aufgefordert, den Austausch von wissenschaftlich-technischen Informationen sowie Informationen betreffend Rechtsvorschriften im Hinblick auf ein besseres Chemikalienmanagement zu erleichtern (Art. 14). Schwellen- und Entwicklungsländer sollen ihren Bedürfnissen entsprechend bei der Durchführung der Konvention im Aufbau der erforderlichen Infrastruktur und Kapazitäten für das Chemikalienmanagement einschliesslich einer geeigneten regulatorischen Infrastruktur (z.B. Produktezulassung) von Vertragsparteien mit fortschrittlichen Programmen zur Kontrolle von Chemikalien unterstützt werden (Art. 16). Allfällige finanzielle Beiträge einzelner Staaten erfolgen vorläufig auf freiwilliger Basis. Die Konvention enthält keinen Artikel, der zu diesem Zweck einen Finanzierungsmechanismus vorsieht.

Die Vertragsparteien sind verpflichtet, die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen, um die Konvention, im Speziellen die Vorgaben unter den Artikeln 10, 11, 12, 13 und 14 betreffend der Ein- und Ausfuhr von Chemikalien und dem Informationsaustausch, wirksam durchzuführen (Art. 15).

Ein Verfahren bei Nichteinhaltung von Bestimmungen wird von der
Vertragsparteienkonferenz festgelegt werden (Art. 17), die nach Inkrafttreten der Konvention einberufen wird (Art. 18). Es wird ein Sekretariat eingerichtet, das die in der Konvention vorgesehenen Sekretariatsaufgaben übernehmen wird (Art. 19).

Streitigkeiten werden auf dem Verhandlungsweg beigelegt, sofern die Streitparteien nicht die Beurteilung durch ein Schiedsgericht oder den Internationalen Gerichtshof akzeptiert haben (Art. 20). Änderungen der Konvention treten in Kraft, wenn sie von einer Dreiviertelmehrheit der Vertragsparteien angenommen wurden (Art. 21). Änderungen der Anhänge sowie neue Anhänge, welche ausschliesslich wissenschaftliche, technische, administrative oder Verfahrensregeln regeln, werden von der Vertragsparteienkonferenz beschlossen. Sie treten für sämtliche Vertragsparteien in Kraft, welche nicht innerhalb eines Jahres erklären, den neuen Anhang bzw. die Änderung nicht annehmen zu können. Änderungen des Anhangs III können von den Vertragsparteien nicht abgelehnt werden, müssen dafür aber von der Vertragsparteienkonferenz einstimmig angenommen worden sein.

Die Konvention kann von allen Staaten sowie Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration, wie zum Beispiel der EU, unterzeichnet werden (Art. 24). Sie tritt am neunzigsten Tag nach dem Zeitpunkt der Hinterlegung der fünfzigsten Ratifika-

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tions- oder Beitrittsurkunde in Kraft. Für Staaten, welche die Konvention nach der Hinterlegung der fünfzigsten Ratifikations- oder Beitrittsurkunde ratifizieren oder ihr beitreten, tritt sie am neunzigsten Tag nach dem Zeitpunkt der Hinterlegung ihrer Ratifikations- oder Beitrittsurkunde in Kraft (Art. 26).

Die Vertragsparteien können jederzeit nach Ablauf von drei Jahren, nachdem die Konvention für sie in Kraft getreten ist, von der Konvention zurücktreten (Art. 28).

3

Auswirkungen

3.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die anfallenden Vollzugsaufgaben (Meldungen von Verboten und Anwendungsbeschränkungen; Erarbeitung und Bekanntgabe von Importentscheiden; Notifikation von Exporten; Überwachung der Einhaltung der Notifikationspflicht und der Importentscheide; Teilnahme an den Konferenzen der Vertragsparteien und der Komitees; Unterstützung des Informations- und Technologieaustausches zu Gunsten der Entwicklungsländer), welche sich aus der PIC-Konvention für den Bund ergeben, verursachen einen personellen oder finanziellen Aufwand, der ungefähr einer Stelle entspricht. Gestützt auf den Bundesratsbeschluss vom 19. August 1998 im Zusammenhang mit der Sparvorgabe NOVE DUE sollte dieser Mehraufwand grundsätzlich departementsintern kompensiert werden.

Zusätzliche Kosten verursacht der zukünftige Mitgliederbeitrag. Er lässt sich nicht exakt beziffern, da erst die kommende 1. Vetragsparteienkonferenz über die Finanzordnung entscheiden wird. Das Budget von UNEP Chemicals vom Juli 1999 sieht für die Jahre 1999 und 2000 Beträge von 2,13 respektive 2,32 Millionen US$ für die direkten Kosten vor (Sekretariat, Treffen der Vertragsparteien und des Chemikalienprüfungsausschusses). Hinzu kommen indirekte Kosten zur Förderung der Durchführung des Übereinkommens und für technische Hilfe. UNEP Chemicals schätzt die gesamten jährlichen Kosten auf ungefähr 10 Millionen US$. Geht man davon aus, dass die Schweiz von diesen Kosten 1,8 Prozent zu tragen hat, so würde der Schweizer Beitrag bei einem US$-Kurs von 1.67 Franken ca. 300 000 Franken ausmachen.

Falls die Kandidatur von Genf als Sitz für das Sekretariat erfolgreich ist, ist die Schweiz bereit, jährliche Leistungen im Betrag von bis zu 1 Million Franken (inkl.

Mitgliederbeitrag) zu erbringen. Die entsprechenden Ausgaben würden voraussichtlich ab 2003 anfallen und sind im Finanzplan enthalten.

Für die Kantone und Gemeinden ergeben sich keine finanziellen oder personellen Auswirkungen.

3.2

Auswirkungen auf die Wirtschaft

Solange die in der Konvention definierten Kriterien zur Anwendung kommen, erwachsen der Wirtschaft durch die PIC-Konvention, abgesehen vom administrativen Mehraufwand bei den Exportnotifikationen, keine Nachteile. Die Konvention enthält keine neuen Handelsverbote für Chemikalien und harmonisiert sie auch nicht weltweit, sondern stellt bloss den Informationsaustausch über Verbote und strenge Einschränkungen sicher und erleichtert deren Einhaltung. Die Pflichten, die sich für 6076

die Exporteure von Chemikalien aus der Konvention ergeben, werden basierend auf dem Exportverhaltenskodex von den Mitgliedern der Schweizerischen Gesellschaft für Chemische Industrie (SGCI) freiwillig bereits heute wahrgenommen. Als einzige zusätzliche Aufgabe im Vergleich zum freiwilligen PIC-Verfahren muss dem Einfuhrland jährlich der erste Export von in der Schweiz aus Gesundheits- oder Umweltschutzgründen verbotenen oder strengen Beschränkungen unterliegenden Chemikalien gemeldet werden.

Insgesamt ergibt sich somit zum jetzigen Zeitpunkt nur für Handelsfirmen, die nicht Mitglied der SGCI sind und sich nicht an deren Verhaltenskodex gehalten haben, ein nennenswerter Mehraufwand. In Zukunft könnte der Aufwand für alle Exporteure von Chemikalien allerdings zunehmen, falls zusätzliche Stoffe in die PIC-Liste aufgenommen würden.

3.3

Auswirkungen auf die internationale Umwelt- und Gesundheitspolitik

Die Schweiz wendet das freiwillige PIC-Verfahren seit einigen Jahren erfolgreich an und hat damit ihr Engagement in internationalen Angelegenheiten zum Ausdruck gebracht. Mit der Ratifikation der PIC-Konvention verstärkt und bestätigt sie dieses Engagement und bezeugt als wichtige Chemienation ihre Solidarität mit Entwicklungsländern, für welche die Bestimmungen und die in der Konvention genannte Zusammenarbeit von grosser Bedeutung sind.

Die neue PIC-Konvention ist zudem positives Beispiel für die verbesserte Koordination der UNO-Aktivitäten im Umweltbereich. Die Schweiz unterstützt diese Tendenz.

Zur Erledigung der administrativen und koordinativen Aufgaben der PIC-Konvention muss ein Sekretariat eingerichtet werden. Zurzeit wird das Interim-PICSekretariat durch UNEP Chemicals in Genf (Internationales Haus der Umwelt) und FAO in Rom betrieben. Über den definitiven Verbleib des Sekretariats wird an der 1. Vertragsparteienkonferenz (wahrscheinlich im Jahr 2003) entschieden. Bis jetzt haben sich Deutschland (Standort Bonn) und die Schweiz zusammen mit Italien (Standorte Genf und Rom) um den Sitz des Sekretariats beworben. Für Genf und Rom spricht, dass sich an diesen Standorten bereits weitere Organisationen befinden, die sich mit Chemikalien bzw. Pestiziden beschäftigen. Daraus ergeben sich Synergiewirkungen.

4

Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Legislaturplanung 1999­2003 im Anhang über die Parlamentsgeschäfte nach Aufgabengebieten im Kapitel Aussenbeziehungen angekündigt.

Ziel ist es, die Konvention vor der ersten Konferenz der Vertragsparteien zu ratifizieren, die voraussichtlich im Jahr 2003 stattfinden wird.

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5

Verhältnis zu anderen internationalen Übereinkommen

Eine Formulierung in der Präambel legt klar fest, dass die PIC-Konvention nicht Rechte und Pflichten, die sich aus anderen Übereinkommen ergeben, aufhebt. Dies ist insbesondere wichtig in Bezug auf Bestimmungen aus WTO Übereinkommen.

Ausserdem grenzt der Geltungsbereich der PIC-Konvention diese von anderen internationalen Übereinkommen über gefährliche Stoffe ab.

6

Verhältnis zum europäischen Recht

Mit der Verordnung (EWG) Nr. 2455/92 des Rates vom 23. Juli 1992 betreffend die Ausfuhr und Einfuhr bestimmter gefährlicher Chemikalien, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2247/98 der Kommission vom 13. Oktober 1998, bestehen in der EG gemeinschaftliche Regelungen, die die UNEP-London-Guidelines und den FAO-Verhaltenskodex umsetzen. Die EG und ihre Mitgliedstaaten haben die PIC-Konvention unterzeichnet. Sie steht sowohl der EG als auch den Mitgliedstaaten zur Ratifikation offen. Die heute geltende Verordnung wird an die PIC-Konvention angepasst werden. Die Ratifikation der Konvention durch die Schweiz steht somit im Einklang mit dem EG-Recht.

7

Rechtliches

7.1

Verfassungsmässigkeit

Der Bund hat nach Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung die Kompetenz, völkerrechtliche Verträge abzuschliessen. Nach Artikel 166 Absatz 2 der Bundesverfassung sind völkerrechtliche Verträge von der Bundesversammlung zu genehmigen, sofern nicht durch Gesetz oder völkerrechtlichen Vertrag der Bundesrat zuständig ist. Eine solche Delegation der Kompetenz zur Genehmigung des vorliegenden Übereinkommens an den Bundesrat besteht nicht; für die Genehmigung des Übereinkommens ist daher die Bundesversammlung zuständig.

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d der Bundesverfassung unterliegen völkerrechtliche Verträge, die unbefristet und unkündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen oder eine multilaterale Rechtsvereinheitlichung herbeiführen, dem fakultativen Referendum. Das Übereinkommen ist unbefristet, aber kündbar. Es sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor und führt keine Rechtsvereinheitlichung herbei. Der zur Genehmigung vorliegende Bundesbeschluss ist deshalb nicht Gegenstand eines fakultativen Referendums im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d der Bundesverfassung.

7.2

PIC-Konvention und schweizerische Ratifikationspraxis

Nach der schweizerischen Ratifikationspraxis von internationalen Abkommen hält sich der Bundesrat «an den Grundsatz, Übereinkommen nur zu unterzeichnen, wenn in absehbarer Zeit mit einer Ratifikation gerechnet werden darf» (Bericht des Bun6078

desrates über seine Geschäftsführung im Jahre 1988 vom 22. Februar 1989 [Geschäftsbericht], S. 47; bestätigt in: Sechster Bericht über die Schweiz und die Konventionen des Europarates vom 29. November 1995 [Bericht], in: BBl 1996 I 433, 435 f.). «Für die Ratifikationspraxis des Bundesrates haben diese Grundsätze zur Konsequenz, dass zwischen einem Übereinkommen und der innerstaatlichen Rechtsordnung keine erheblichen Unterschiede bestehen dürfen» (Geschäftsbericht, S. 47; Bericht, S. 436). Sind die Bestimmungen des Völkervertrags nicht ganz deckungsgleich mit dem Landesrecht, so unterbreitet der Bundesrat den Vertrag dem Parlament nur dann zur Genehmigung, wenn die Lücken «durch gesetzgeberische Massnahmen innert nützlicher Frist geschlossen werden können» (Geschäftsbericht, S. 47; Bericht, S. 436).

Die PIC-Konvention regelt Sachbereiche, die den Geltungsbereich des Gesundheitsschutzes und denjenigen des Umweltschutzes betreffen. Während im Umweltschutzgesetz (USG) die notwendigen innerstaatlichen Grundlagen für die Umsetzung der Konvention vorhanden sind, fehlen sie im Giftgesetz (GG). Mit dem zukünftigen Chemikaliengesetz (ChemG), welches das GG total revidiert, wird die Lücke im Gesundheitsbereich in absehbarer Zeit geschlossen. Der Bundesrat hat im Herbst 1999 die Botschaft zum Entwurf zu einem Bundesgesetz über den Schutz vor gefährlichen Stoffen und Zubereitungen (Chemikaliengesetz) an das Parlament überwiesen. Somit erfüllt auch der Gesundheitsbereich die Voraussetzungen, damit der Bundesrat dem Parlament die PIC-Konvention zur Genehmigung unterbreiten kann.

7.3

Inhaltsübersicht der zukünftigen Verordnung

Die PIC-Konvention muss konkretisiert werden. Die Konkretisierung wird in einer bundesrätlichen Verordnung erfolgen. Darin werden die materiellen Bestimmungen der Konvention präzisiert und die Vollzugsaufgaben und -kompetenzen festgelegt.

Insbesondere gilt es, die Stoffe zu bezeichnen, welche in der Schweiz als verboten oder in ihrer Anwendung als streng beschränkt gelten und deren Ausfuhr demzufolge notifiziert werden muss. Es ist vorgesehen, das BUWAL ­ wie im freiwilligen PIC-Verfahren ­ als zuständige nationale Behörde der PIC-Konvention zu bezeichnen. Einige Vollzugsaufgaben sollen ausgelagert werden. Dieses Vorgehen hat sich im Rahmen des freiwilligen PIC-Verfahrens bewährt.

Idealerweise sollte die PIC-Verordnung zum gleichen Zeitpunkt wie die PIC-Konvention in Kraft treten (voraussichtlich im Jahr 2003). Eine vorzeitige Inkraftsetzung einzelner Artikel des Chemikaliengesetzes muss erwogen werden, sofern dieses Gesetz bis zu diesem Zeitpunkt nicht als Ganzes in Kraft gesetzt werden kann.

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