Praxis des Bundes bei vorzeitigen Pensionierungen aus betriebsorganisatorischen und medizinischen Gründen Stellungnahme des Bundesrates auf den Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 18. November 1999 vom 5. Juli 2000

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) bittet den Bundesrat, zu ihrem Bericht vom 18. November 1999 (BBl 2000 1197) über die Praxis des Bundes bei vorzeitigen Pensionierungen aus betriebsorganisatorischen und medizinischen Gründen (Bericht) und zur versicherungstechnischen Expertise von Herrn Dr. A. Schweizer (Expertise), die als Anhang dem Bericht angefügt ist, bis Mitte 2000 Stellung zu nehmen.

Mit der vorliegenden Stellungnahme entspricht der Bundesrat diesem Ersuchen.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

5. Juli 2000

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates

11082

Der Bundespräsident: Adolf Ogi Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

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2000-1812

Stellungnahme 1

Einleitung

Die Vorsorge- und auch die Personalpolitik durchlaufen seit längerer Zeit einen tiefgreifenden Reformprozess. Deshalb stellen die in der Stellungnahme zu den einzelnen Empfehlungen der GPK-N enthaltenen Lösungsansätze stärker einen Bezug her zur neuen Personal- und Vorsorgepolitik des Bundes, als dass sie versuchen, die festgestellten Unzulänglichkeiten im Rahmen der bestehenden, aber überholten personal- und vorsorgerechtlichen Strukturen zu rechtfertigen.

Der Bericht erteilt wichtige Aufschlüsse für die technische Neugestaltung der beruflichen Vorsorge beim Bund. Die im Bericht erwähnten Kosten für administrative Pensionierungen entfallen auf die vom Gesetzgeber verlangten Reorganisationen bei den Betrieben des Bundes und beim VBS.

Hinsichtlich der Kosten ist zu erwähnen, dass die EVK 1999 rund 30 bis 40 Millionen weniger als in den Jahren 1995 bis 1997 in Rechnung stellen musste. Der Bericht attestiert zudem den Departementen eine hohe Disziplin bezüglich des Rücktrittsalters. Er stellt fest, dass nur in Einzelfällen administrative Pensionierungen von Personen vor dem vollendeten 60. Altersjahr vorgenommen wurden (Bericht Seite 20).

Die im Bericht enthaltenen Hinweise zur Praxis bei den Bundesbahnen, der Post und Swisscom werden nur insoweit kommentiert, als die Pensionskasse des Bundes unmittelbar betroffen ist (vgl. unten Ziffer 7). Die zurückliegende Praxis bei den vorzeitigen Pensionierungen muss von den mittlerweile verselbstständigten Betrieben des Bundes verantwortet werden. Der Bundesrat verfügt diesbezüglich über kein operatives Weisungsrecht mehr.

Die Reformarbeiten des Personal- und Vorsorgerechts laufen parallel und berühren sich gegenseitig unter verschiedenen Aspekten. Im Sinne des Berichts strebt die Erneuerung der Personal- und Vorsorgepolitik Transparenz, klare Verantwortlichkeitsund Kompetenzregelungen an. Die Versicherung gegen die klassischen Risiken wie Invalidität, Alter und Tod wird inskünftig von den personalpolitisch motivierten Leistungen, beispielsweise Überbrückungszahlungen bei vorzeitigen durch den Arbeitgeber veranlassten Altersrücktritten oder Leistungen bei unverschuldeter Entlassung, klar getrennt. Der Bund soll auch in Zukunft ein sozialer und marktfähiger Arbeitgeber bleiben. Die berufliche Vorsorge ist ein Instrument zur Erreichung dieses Zieles. Die
Stellungnahmen zu den einzelnen Empfehlungen des Berichts und der Expertise sind stets im grösseren Zusammenhang mit der Erneuerung der Personalund Vorsorgepolitik des Bundes zu sehen. Die folgenden Ausführungen sind somit Ergänzungen und Konkretisierungen der in den Botschaften zum Bundespersonalgesetz (BPG) vom 14. Dezember 1998 (BBl 1999 1597) und zum Pensionskassengesetz vom 1. März 1999 (BBl 1999 5223) enthaltenen Äusserungen.

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2

Stellenwert der vorzeitigen Pensionierung in der Personalpolitik

2.1

Einbindung des Alterungsprozesses in die Personalpolitik

Empfehlung 1 des Berichts: Die Geschäftsprüfungskommission empfiehlt dem Bundesrat, für eine positive Einbindung des Alterungsprozesses in die Personalpolitik zu sorgen und die rechtlichen, politischen und tatsächlichen Voraussetzungen für den Vorrang integrierender Personalmassnahmen gegenüber vorzeitigen Pensionierungen zu schaffen. Dieser Vorrang sei mit geeigneten Massnahmen durchzusetzen und es sei eine wirksame Kontrolle sicherzustellen.

Der Bundesrat teilt die Auffassung der Geschäftsprüfungskommission (GPK), wonach der Alterungsprozess in die Personalpolitik einzubinden sei.

In seinem am 18. November 1998 verabschiedeten personalpolitischen Leitbild verpflichtet sich der Bundesrat zu einer nachhaltigen Personalarbeit, die auf einer langfristigen Beziehung zu Mitarbeitenden aufbaut. Ungeachtet des Alters sollen diese in allen Bereichen gleiche Chancen haben. Schliesslich, so das Leitbild, wird alles daran gesetzt, unverschuldete (so genannte administrative) Entlassungen zu vermeiden.

Im Rahmen von einschneidenden Reorganisationsmassnahmen (Rüstungsbetriebe, Verselbstständigung der ehemaligen Regiebetriebe des Bundes) sind zahlreiche ältere Mitarbeitende mit dem entsprechenden Rentengenuss in den Ruhestand versetzt worden. Die einschneidenden Reorganisationsmassnahmen verursachten einen Abbauzwang, der eine optimale Lösung für ältere Mitarbeitende nicht zuliess, ohne gleichzeitig jüngere Mitarbeitende zu gefährden. Somit sind viele der von der GPKN erwähnten vorzeitigen Altersrücktritte auch als Akt der Solidarität der älteren Mitarbeitenden gegenüber den jüngeren zu betrachten. Diese Altersrücktritte sind somit nicht Ausdruck einer Haltung des Bundes, wonach ältere Mitarbeitende ausgegrenzt werden.

Der prozentuale Anteil der Altersgruppe der 50- bis 59-jährigen Mitarbeitenden in der allgemeinen Bundesverwaltung hat sich zwischen 1991 und 1999 von 20,0 Prozent (9327 Personen) auf 26,0 Prozent (11 171 Personen) erhöht. Jener der 60- bis 65-jährigen Mitarbeitenden verminderte sich in der gleichen Periode von 6 Prozent (1991: 2781 Personen) auf 4,7 Prozent (1999: 2004)1. Diese Abnahme ist auf die nach den geltenden Pensionskassen-Statuten vorgesehene flexible Alterspensionierung nach dem vollendeten 60. Altersjahr zurückzuführen. Diese Zahlen zeigen, dass keine forcierte «Verjüngungspolitik»
auf Kosten der Alterskategorie der 50- bis 59-Jährigen betrieben wird.

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Beendigung der Erwerbstätigkeit in der Bundesverwaltung nicht nur aus betriebswirtschaftlicher und ökonomischer Sicht zu thematisieren sei. Demografische und sozialpolitische Aspekte spielen bei der Diskussion über den Altersrücktritt eine ebenso grosse Rolle. Die demografische Entwicklung zeigt, dass in den nächsten Jahrzehnten immer weniger erwerbstätige Per1

Personalerhebung 1999; Tabellen 23 und 24

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sonen auf eine rentenbeziehende Person entfallen. Diese Entwicklung, die vor allem auf die erhöhten Lebenserwartungen zurückzuführen ist, spricht grundsätzlich gegen die Ausgrenzung der älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Erwerbsleben. Auch gilt es zu beachten, was die Eidg. Kommission zur Erstellung eines neuen Berichts über die Altersfragen in der Schweiz 1995 festgehalten hat: «Je knapper die finanziellen Mittel werden und je grösser der Anteil der Rentnerinnen und Rentner an der erwachsenen Bevölkerung, desto eher drängt es sich auf, dass das brachliegende Wissen und Können genutzt wird. Denn es gibt zunehmend mehr Aufgaben, die für die Gesellschaft wesentlich sind, ohne dass es dafür bezahlte Stellen gäbe.»2 Vor diesem Hintergrund befürwortet der Bundesrat eine Strategie, die Anreize für den gleitenden Übertritt vom Erwerbsleben in den Ruhestand schafft. Die im BPG und im Entwurf zum Pensionskassengesetz vorgesehenen Regelungen bilden den rechtlichen Rahmen dazu. Beide Gesetze legen eine Personalführung nahe, die einen zweckmässigen und sozial verträglichen Personaleinsatz fördert. Mit der neuen Kostenregelung zwischen Arbeitgeber und Vorsorgeeinrichtung wird der Anreiz für administrative Pensionierungen wesentlich herabgesetzt. Die vertragliche Basis der Arbeitsverhältnisse nach BPG ermöglicht eine flexible, dem Leistungsvermögen der Mitarbeitenden und den dienstlichen Bedürfnissen angepasste Personalführung. Das BPG sieht in Artikel 10 Absatz 3 vor, dass zwischen Arbeitgeber und Mitarbeitenden in Einzelfällen ein Weiterarbeiten über das AHV-Alter hinaus vereinbart werden kann. Damit wird der demografischen Entwicklung, den betrieblichen, persönlichen, aber auch den gesellschaftlichen Bedürfnissen im Sinne der zitierten Äusserung der Kommission für Altersfragen Rechnung getragen.

2.2

Vorzeitiger Altersrücktritt/ Administrative Pensionierungen

Es steht für den Bundesrat ausser Zweifel, dass die Massnahmen im Zusammenhang mit dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben laufend überprüft und eventuell angepasst werden müssen.

Mit der Verordnung über Personalmassnahmen bei Umstrukturierungen in der allgemeinen Bundesverwaltung (Verordnung Personalmassnahmen; SR 172.221.104.0), die am 1. Juli 1996 in Kraft trat, setzte der Bundesrat klare Prioritäten: Die Vermittlung vakanter Stellen, die Weiterbeschäftigung und die Umschulung haben Vorrang vor der Auflösung des Arbeitsverhältnisses und der vorzeitigen Pensionierung. Die Ausführungsbestimmungen zum BPG werden daran nichts ändern.

Seit dem 1. Juli 1998 besteht ein zwischen dem EFD und den Sozialpartnern ausgehandelter Sozialplan für die allgemeine Bundesverwaltung. Mit ihm wurde eine einheitliche personalpolitische Grundlage geschaffen, die der Umsetzung der im Rahmen der Regierungs- und Verwaltungsreform (RVR) notwendig werdenden Restrukturierungsmassnahmen dient.

Der Sozialplan verweist auf die Verordnung über Personalmassnahmen und bekräftigt erneut, dass die Vermittlung vakanter Stellen, die Weiterbeschäftigung und die Umschulung der vorzeitigen Pensionierung vorgehen. Mit dem Sozialplan wurden

2

Altern in der Schweiz; Bilanz und Perspektiven, Bericht der Eidg. Kommission für die Erstellung eines neuen Berichts über die Altersfragen in der Schweiz 1995, S. 566

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auch in den Departementen so genannte ZEKOST (Zentrale Koordinationsstellen für Stellenvermittlung) errichtet.

Gestützt auf Ziffer 18 des Sozialplanes wird der Bundesrat jährlich über dessen Vollzug informiert. Zurzeit wird der erste Bericht erarbeitet. Damit wird unseres Erachtens dem Anliegen der GPK, wonach der Vollzug der oben genannten Bestimmungen im Sinne eines Controllings laufend überwacht und überprüft werden muss, Rechnung getragen (vgl. nachfolgend Ziffer 3).

Der jährlich zu erstellende Bericht an den Bundesrat erlaubt die quantitative Erhebung der vorzeitigen Pensionierungen nach Altersgruppen, der damit verbundenen Kosten, der Vermittlungen von Personal an andere Bundesstellen bzw. an Unternehmen der Privatwirtschaft und der allfälligen Entlassungen.

2.3

Umsetzung und Kontrolle

Die Umsetzung der in den Ziffern 2.1 und 2.2 erwähnten Massnahmen erfolgt auf formeller Ebene im Rahmen der Ausführungsbestimmungen zum Pensionskassengesetz und zum Bundespersonalgesetz. Letzteres sieht in Artikel 5 ausdrücklich vor, dass der Bundesrat ein Controlling-System aufbaut und die Berichterstattung an die eidg. Räte gewährleistet.

3

Schaffung eines systematischen und vernetzten Controllings

Das Bundespersonalgesetz beauftragt den Bundesrat dafür zu sorgen, dass die Arbeitgeber geeignete Controllinginstrumente einsetzen, die eine Überprüfung der Umsetzung der Personalpolitik erlauben (Art. 5 BPG). Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die vorhandenen Rechtsgrundlagen ausreichen, damit ein wirkungsvolles Controlling durchgeführt wird. Die nachfolgenden Darlegungen gehen von dieser Voraussetzung aus.

3.1

Controlling auf der Ebene der Arbeitgeber

Empfehlung 2 des Berichts: Die Geschäftsprüfungskommission empfiehlt dem Bundesrat, auf Personalführungs- und Pensionskassenebene ein systematisches und vernetztes Controlling aufzubauen und für Transparenz im Bereich der vorzeitigen Pensionierungen zu sorgen. Dabei soll, was Kosten, Kriterien, Gründe, Leistungen, Einsparungen und zahlenmässige Bedeutung von vorzeitigen Pensionierungen anbelangt, die kurz-, mittel- und langfristige Entwicklung ersichtlich werden.

Der Bundesrat habe zu gewährleisten, dass trotz der festgestellten Praxis des Bundes im Bereich der vorzeitigen Pensionierungen das finanzielle Gleichgewicht der betroffenen Pensionskassen langfristig sichergestellt ist.

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Der Bundesrat befürwortet den Aufbau eines systematischen und vernetzten Controllings.

Im Rahmen der Budgeterstellung für das Jahr 1999 wurde der Aufwand für die Personalvorsorge und die Arbeitgeberleistungen, die sich als Folge von ausserordentlichen vorzeitigen Pensionierungen im Rahmen eines Sozialplanes oder im Zusammenhang mit der administrativen Auflösung des Arbeitsverhältnisses ergeben (Sozialplankosten), neu dezentral in den einzelnen Departementen und der Bundeskanzlei budgetiert. Die Planung der Sozialplankosten ist schwierig, da im Zeitpunkt der Budgetierung die angestrebten Restrukturierungsmassnahmen und deren personelle Folgen noch wenig konkret sind. Um in diesem Bereich mehr Transparenz zu schaffen, wurden die Departemente und die Bundeskanzlei im Zusammenhang mit der Erstellung des Voranschlages 2000 aufgefordert, inskünftig dem EFD/EPA über alle tatsächlich vollzogenen vorzeitigen Pensionierungen Rechenschaft abzulegen. Dabei geht es nicht bloss um die Personalien, das Alter und die entstandenen Sozialplankosten. Es muss auch über die ergriffenen Massnahmen zur Weiterbeschäftigung der betroffenen Personen berichtet werden. Die Erfolglosigkeit von solchen Massnahmen ist zudem zu begründen. Schliesslich werden die Departemente und die Bundeskanzlei aufgefordert, die durch vorzeitige Pensionierungen zu realisierenden Einsparungen bei den Personalbezügen zu beziffern. Ergänzend dazu beinhaltet das Reporting an den Bundesrat nach Ziffer 18 des Sozialplanes Informationen über die interne Stellenvermittlung, über Förderungsmassnahmen sowie über Entlassungen und Abgangsentschädigungen.

Der Bundesrat ist überzeugt, dass die aufgezeigten Massnahmen die Kostentransparenz steigern und die Departemente und die Bundeskanzlei für die Problematik sensibilisieren. Ferner sind die Informationen aus dem Reporting, gepaart mit der Berichterstattung der Pensionskasse, ein Indikator für das längerfristige finanzielle Gleichgewicht in der Vorsorgeeinrichtung des Bundes.

3.2

Controlling auf der Ebene der Pensionskasse

Zweite Empfehlung Seite 23 der Expertise: Der Experte empfiehlt, zur vertieften Kontrolle des Risikoverlaufes ein finanzielles und versicherungstechnisches Controlling der PKB aufzubauen, das der Kommission die Begutachtung der Invaliditätsfälle ermöglicht und sicherstellt, dass von allen beteiligten Partnern akzeptierte Grundlagen für die Neufassung der Anspruchsvoraussetzungen bereit gestellt werden.

Die neue Pensionskasse des Bundes soll als Sammeleinrichtung konzipiert werden.

Das Vorhandensein eines ausgebauten Rechnungswesens ist zentraler Bestandteil einer solchen Sammeleinrichtung. Wo ein funktionierendes, den Ansprüchen einer Sammeleinrichtung genügendes Rechnungswesen besteht, stellt die Zuweisung der Kosten zu entsprechenden Kostenträgern keinen speziellen Anspruch dar. Mittels einer solchen Kostenrechnung sind die Risikoverläufe nachvollziehbar und unter Einsatz statistischer Methoden auch spezifischen Ursachen zuweisbar. Der Bundesrat entspricht dieser Empfehlung, sobald sein Auftrag erfüllt ist und eine funktionierende, modernen Anforderungen entsprechende Sammeleinrichtung ihre Arbeit aufgenommen hatnimmt.

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4

Verursachergerechte Finanzierung vorzeitiger Pensionierungen

Sowohl der Bericht der GPK-N wie auch die versicherungsmathematische Expertise beinhalten Empfehlungen zur verursachergerechten Finanzierung bei vorzeitigen Pensionierungen. Unter der Bezeichnung «vorzeitige Pensionierung» werden die administrative Pensionierung, der freiwillige und der vom Arbeitgeber verlangte Altersrücktritt zwischen dem 60. und 65. Altersjahr sowie der Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen (Invalidierung) verstanden. Wegen der eng zusammenhängenden Sachverhalte werden im nachfolgenden Kapitel die Empfehlungen aus dem Bericht und der Expertise gemeinsam behandelt.

4.1

Die verursachergerechte Finanzierung der beruflichen Vorsorge als Grundprinzip der neuen Pensionskasse

Empfehlung 3 des Berichts: Die Geschäftsprüfungskommission empfiehlt dem Bundesrat, das Verursacherprinzip bei vorzeitigen Pensionierungen auf Veranlassung des Arbeitgebers konsequent umzusetzen, wobei der Arbeitgeber die volle Finanzierung zu übernehmen habe.

Der Bundesrat kann sich dieser Empfehlung anschliessen.

Im Rahmen der Vorarbeiten zu einer neuen Pensionskasse des Bundes wurden die verschiedenen Möglichkeiten zum vorzeitigen Altersrücktritt einer Analyse unterzogen. Als Schwächen des heutigen Systems wurden unter anderem Lücken in der Anwendung des Verursacherprinzips und unklare bzw. zu den Handlungsmöglichkeiten (Kompetenzen) im Widerspruch stehende Zuordnungen der Verantwortlichkeiten bemängelt. Der GPK-Bericht weist in die selbe Richtung.

Die Grundsätze der Entflechtung und Neuordnung der Zuständigkeitsbereiche zwischen Arbeitgeber und Pensionskasse gehören ebenso zu den prioritären Aufträgen an das Projekt «Neue Pensionskasse des Bundes» wie die Realisierung einer modernen Versicherung unter Einbezug des Verursacherprinzips.

Zentral am Konzept für die neue Pensionskasse ist die Trennung der Funktionen des Arbeitgebers und der Pensionskasse. Ersterer ist für die Umsetzung der im Bundespersonalgesetz umschriebenen Personalpolitik verantwortlich. Dazu gehört auch die Handhabung von Instrumenten wie z.B. des Sozialplanes.

Die gesetzlichen und reglementarischen Versicherungsleistungen für die Risiken Invalidität, Alter und Tod (Kernversicherung) sind klar von den Leistungen zu trennen, die der Arbeitgeber zur sozialen Sicherung der Mitarbeitenden veranlasst.

Das zurzeit in der parlamentarischen Beratung stehende Pensionskassengesetz nimmt diese Trennung vor. Kosten für Leistungen, die über die Kernversicherung der Mitarbeitenden für die Risiken Alter, Tod und Invalidität hinausgehen, sind durch den Verursacher zu tragen. Dies ist stets der Arbeitgeber. Er entscheidet über

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personelle Massnahmen, und es ist allein seine Aufgabe, die Mitarbeitenden sinnvoll und Wert schöpfend einzusetzen.

Das neue Pensionskassengesetz enthält folglich keine Bestimmungen mehr für die administrative Pensionierung. Wenn der Arbeitgeber im Rahmen von Reorganisationen den Sozialplan anwendet und dadurch Leistungen der Pensionskasse auslöst, wird er sich dabei auf Artikel 31 Absätze 4 und 5 des Bundespersonalgesetzes stützen. Für die Finanzierung solcher Kassenleistungen hat der Arbeitgeber aufzukommen. Die Ausführungsbestimmungen zum Pensionskassengesetz werden im Anschluss an die arbeitsrechtliche Regelung die Voraussetzungen und Modalitäten für den reglementarischen vorzeitigen Rentenbezug sowie die Voraussetzungen und die Beitragspflichten der Arbeitgeber für den ausserreglementarischen vorzeitigen Rentenbezug regeln (Art. 20 Bst. f, Entwurf Pensionskassengesetz).

Diese eindeutige Trennung der Verantwortlichkeit fördert die Transparenz. Zudem sind die Kosten der Arbeitgeber für personelle Massnahmen, die Leistungen der Pensionskasse auslösen, aus dem Budget und der Rechnung ersichtlich.

Erste Empfehlung Seite 23 der Expertise: Der Experte empfiehlt, die Verantwortlichkeiten so zu verteilen, dass die Interessen der Kasse besser vertreten werden können. Analog zur Anlagekommission sollte eine Kommission gebildet werden, die allein der Kassenkommission als oberstem Leitungsorgan verantwortlich und für die Begutachtung bzw. Revision der Invaliditätsfälle zuständig ist. Die Rolle des Arbeitgebers bzw. der Personalverantwortlichen sei von der Rolle der Kassenführung zu trennen.

Die Vorsorgeeinrichtung führt die berufliche Vorsorge im Rahmen der gesetzlichen und statutarischen Bestimmungen durch. Insoweit ist den Empfehlungen des Experten beizupflichten. Jedoch führt die Forderung, wonach eine besondere Kommission der Pensionskasse Leistungsfälle beurteilen soll, für deren finanzielle Folgen die Arbeitgeber aufkommen, zu weit. Ein solches Entscheidorgan führt zu einer Vermischung unterschiedlicher Interessen mit unklarer Abgrenzung der Verantwortungen.

Dies gilt es zu vermeiden. Die Trennung der Rolle der Arbeitgeber von jener der Kassenführung wird mit den neuen gesetzlichen Grundlagen (Pensionskassengesetz und BPG) klar vollzogen. Die neue Pensionskasse wird eine ausserhalb der
Bundesverwaltung stehende selbstständige öffentlich-rechtliche Anstalt (Art. 8 Abs. 1 Entwurf Pensionskassengesetz). Die Arbeitgeber nehmen Ihre Interessen durch die Einsitznahme in der Kassenkommission wahr (Artikel 11 Entwurf Pensionskassengesetz).

4.2

Vorzeitiger Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen (Invalidierung)

Im schweizerischen Invaliditätsrecht gilt der Grundsatz «Wiedereingliederung vor Rente». Damit ist auch gesagt, dass ein Anspruch auf eine Invalidenrente erst dann entsteht, wenn die Erwerbsfähigkeit bleibend ganz oder teilweise vermindert ist (Artikel 8 und 28 des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung, IVG, SR

5281

831.20). Die Versicherungsleistungen, sei es nach IVG oder der Pensionskasse, sind deshalb subsidiär, nicht aber in Konkurrenz zur Wiedereingliederung zu erbringen.

4.2.1

Der Invaliditätsbegriff

Dritte Empfehlung Seite 23 der Expertise: Der Experte empfiehlt, den bestehenden Invaliditätsbegriff, der in der Praxis mit fehlenden Beschäftigungsmöglichkeiten innerhalb der Bundesverwaltung sowie der übrigen Arbeitgeber gleichgesetzt wird, spezifischer zu fassen. Allenfalls seien eine verstärkte Anknüpfung an den Invaliditätsbegriff der eidgenössischen Invalidenversicherung, wie er ohnehin für das BVG schon gilt, sowie die Einführung von Karenzfristen oder zusätzlichen Anspruchsvoraussetzungen wie einem Mindestalter oder der Zugehörigkeit zu besonders risikoreichen Berufsgruppen ins Auge zu fassen.

Der Bundesrat weist die pauschale Feststellung des Experten zurück, wonach der geltende Invaliditätsbegriff nach den Statuten der Pensionskasse des Bundes in der Praxis der Bundesverwaltung mit fehlenden Beschäftigungsmöglichkeiten gleichgesetzt wurde.

Anlässlich der Erarbeitung der Botschaft zum Pensionskassengesetz vom 1. März 1999 befasste sich der Bundesrat eingehend mit der Frage, welcher Invaliditätsbegriff der neuen Regelung zu Grunde zu legen sei.

Inzwischen hat die parlamentarische Debatte eine doppelte Klärung gebracht: Einerseits sollen auch inskünftig Leistungen unter dem Titel der Berufsinvalidität erbracht werden; andererseits sind die Bedingungen für Pensionierungen aus medizinischen Gründen restriktiver zu fassen. Gemäss aktuellem Stand der Gesetzgebung kommt primär der Invaliditätsbegriff nach IVG zur Anwendung. Erst wenn das IV-Verfahren negativ verlaufen ist, kann unter besonderen, einschränkenden Bedingungen und sofern ein medizinischer Befund vorliegt, eine Invalidierung auf Grund der so genannten Berufsinvalidität ins Auge gefasst werden (vgl. unten Ziffer 4.22). Weitere Voraussetzung ist, dass die Finanzierung durch den Arbeitgeber gesichert ist.

Als einschränkende Bedingung (neben der finanziellen Voraussetzung) erachtet der Bundesrat die Empfehlung zur Einführung eines Mindestalters für diese Form der Leistung als angebracht. In der Regel sollte die Berufsinvalidität nur Personen erfassen, welche ein bestimmtes Alter erreicht haben.

Zur Klärung sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Angleichung des Invaliditätsbegriffs bei der neuen Pensionskasse an jenen des IVG die Möglichkeit zum vorzeitigen Altersrücktritt, sei es freiwillig oder im Rahmen von Sozialplänen, auf keine Weise schmälert. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer hat auch in Zukunft die Möglichkeit, flexibel ab Alter 60 in Rente zu gehen.

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4.2.2

Berufsinvalidität

Nach den geltenden Statuten der Eidg. Versicherungskasse kann eine versicherte Person eine Invalidenrente der Pensionskasse beanspruchen, wenn sie nach Feststellung des Ärztlichen Dienstes für die bisherige oder für eine andere zumutbare Beschäftigung nicht mehr tauglich ist (sog. Berufsinvalidität). Das Problem sind nicht die bei Berufsinvalidität ausgerichteten Leistungen, sondern ist die Tatsache, dass zur Feststellung dieser Invalidität der Ärztliche Dienst neben medizinischen auch betriebliche Gegebenheiten berücksichtigen muss. Die Letzteren sind weitgehend seiner Überprüfung entzogen. Der Ärztliche Dienst muss sich auf die Angaben des Arbeitgebers verlassen können. Wenn dieser meldet, es gebe in seinem Bereich keine dem Gesundheitszustand des oder der Mitarbeitenden angepasste Arbeitsstelle, so ist beim Vorliegen der entsprechenden medizinischen Befunde die Feststellung der Berufsinvalidität unumgänglich. Es ist nicht auszuschliessen, dass in vereinzelten Fällen eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter beim Ärztlichen Dienst zur Berufsinvalidierung angemeldet wurde, bevor eingehend alle für solche Fälle geschaffenen Massnahmen geprüft worden sind (Versetzung, Umschulung). Aus der Expertise (Ziffer 5.1 ff.) ist ersichtlich, dass vor allem die Teilinvalidierungen zugenommen haben. Die Vollinvalidierungen sind weitgehend konstant geblieben und sanken 1998 sogar unter den Stand von 1988. Der Bundesrat wertet diesen Sachverhalt als Ausdruck des Verantwortungsbewusstseins der Arbeitgeber und ihrer Personaldienste, kranke Mitarbeitende mit veränderten Pflichtenheften und reduzierten Pensen im Arbeitsprozess zu behalten. Die Vollinvalidierung wird in der Praxis als ultima ratio angewendet, wenn alle andern Massnahmen nicht zum Erfolg geführt haben. Der Bundesrat beabsichtigt, diese personalpolitische Ausrichtung beizubehalten.

Im Rahmen des neuen Invalidierungskonzepts muss in den Ausführungsbestimmungen zum Pensionskassengesetz noch eine Lösung für Mitarbeitende erarbeitet werden, die aus medizinischen Gründen und im Einvernehmen mit ihrem Arbeitgeber eine lohnmässig tiefer eingestufte Tätigkeit annehmen. Es wird ins Auge gefasst, der betroffenen Mitarbeiterin oder dem betroffenen Mitarbeiter eine vom Arbeitgeber finanzierte Teilinvalidenrente auszurichten. Eine solche Lösung liegt grundsätzlich
im Interesse aller Beteiligten. Die Vollinvalidierung kann vermieden werden, dem Grundsatz der Wiedereingliederung wird nachgelebt und der vorgesehene Finanzierungsmodus belastet die Pensionskasse nicht zusätzlich, da der Arbeitgeber die Kosten trägt. Zudem steht sie im Einklang mit den Grundsätzen der bisherigen Diskussion um das neue PKB-Gesetz.

4.2.3

Invalidität nach IVG

Das künftige System knüpft die Ausrichtung von Invalidenleistungen wie das IVG an die Voraussetzungen der Erwerbsunfähigkeit (Art. 5 Abs. 2bis Entwurf Pensionskassengesetz). Die Abklärungen bei den zuständigen IV-Stellen, ob eine Invalidität im Sinne des IVG vorliegt, dauert im besten Fall 12 bis 20 Monate. Während dieser Zeit dauern die Besoldungsansprüche an. Die Dauer der Abklärungen und die laufenden Lohnzahlungen legen den Arbeitgebern nahe, adäquate Beschäftigungsmöglichkeiten für die betroffene Mitarbeiterin oder den betroffenen Mitarbeiter gründlich abzuklären. Deuten die ärztlichen Befunde auf eine Berufsinvalidität hin, so hat der Arbeitgeber für die Kosten dieser Invalidierung aufzukommen (Art. 5 5283

Abs. 2ter Entwurf Pensionskassengesetz). Heute trägt die Pensionskasse diese finanzielle Last.

4.3

Vorzeitiger Altersrücktritt

Anlässlich der Einführung des vorzeitigen Altersrücktritts 1988 wurde angenommen, dass 35 Prozent der berechtigten Kassenmitglieder davon Gebrauch machen werden.

Diese Quote ist im Finanzierungskonzept berücksichtigt worden. Sollten sich die Versicherten de facto nachweislich in höherem Ausmass vorzeitig pensionieren lassen, müsste das auf einem angenommenen durchschnittlichen Rücktrittsalter von 63,5 Jahren basierenden Finanzierungsverfahren neu überdacht werden. Das technische Rücktrittsalter ist eine mathematisch/statistisch ermittelte Grösse und darf nicht mit dem gesetzlich bzw. reglementarisch festgesetzten Rücktrittsalter gleichgesetzt werden.

Soll dem Verursacherprinzip und damit der Wahrung des finanziellen Gleichgewichts der Pensionskasse des Bundes konsequent Nachachtung verschafft werden, so muss klar unterschieden werden, ob die versicherte Person sich freiwillig oder auf Verlangen des Arbeitgebers für den vorzeitigen Altersrücktritt ausgesprochen hat.

4.3.1

Freiwilliger vorzeitiger Altersrücktritt

Die Arbeitnehmerin und der Arbeitnehmer, die aus freien Stücken den vorzeitigen Altersrücktritt wählen, üben ein Recht aus, das ihnen die geltenden und zukünftigen personal- und vorsorgerechtlichen Bestimmungen zugestehen.

Es ist unbestritten, dass gerade bei Umstrukturierungsmassnahmen im Bund und seinen Betrieben ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angehalten oder gar aufgefordert wurden, von ihrem Recht Gebrauch zu machen. Aus personalpolitischer Sicht können solche «freiwilligen Altersrücktritte» sinnvoll erscheinen, insbesondere, wenn dadurch jüngere und fähige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nachrücken können. Es besteht aber die latente Gefahr, dass das finanzielle Gleichgewicht der Pensionskasse dadurch gefährdet werden kann. Diese Bedenken führten zur folgenden Empfehlung: Zweite Empfehlung Seite 24 der Expertise: Der Experte empfiehlt, zur Beibehaltung der Solidarität im Hinblick auf die Finanzierung des flexiblen Rücktritts und gestützt auf eine konsequente Anwendung des Verursacherprinzips bei Pensionierungen auf Veranlassung des Arbeitgebers das bisherige versicherungstechnische Rücktrittsalter von 63,5 Jahren und die auf diesem Alter basierenden Tarife für Einkauf, Austritt und Verdiensterhöhungen bis auf weiteres aufrechtzuerhalten.

Die durch die vorzeitige Pensionierung auf Veranlassung der Arbeitgeber resultierende Verjüngung des Rücktrittsalters muss über die Berechnungsmethode der Voll-

5284

kosten ausgeglichen werden: Die Vollkosten umfassen sämtliche Kosten, welche aus einer Pensionierung vor dem technischen Rücktrittsalter 63,5 resultieren.

4.3.2

Vorzeitiger Altersrücktritt auf Veranlassung des Arbeitgebers

Empfehlung Seite 14 der Expertise: Der Experte empfiehlt, die entstehenden Kosten bei der vorzeitigen Pensionierung auf Veranlassung des Arbeitgebers durch diesen tragen zu lassen und nicht die bestehende Pensionierungsregelung zu verschärfen.

Empfehlung Seite 22 der Expertise: Der Experte empfiehlt, dass zur Vermeidung technischer Verluste bei flexiblen Rücktritten nach dem 62. Altersjahr und zur Erreichung der Gleichstellung mit Artikel 43 der PKB-Statuten künftig unterschieden werden soll, ob die Beanspruchung der flexiblen Pensionierung als Teil von Sozialplänen anzusehen ist oder auf Veranlassung des Mitgliedes zurückgeht. Ist die vorzeitige Alterspensionierung mit einem Sozialplan begründet, sei Artikel 43 (administrative Pensionierung) sinngemäss anzuwenden.

Die beiden Empfehlungen beziehen sich auf Rentenleistungen der Pensionskasse an versicherte Personen, deren Austritt der Arbeitgeber, z.B. im Rahmen von Restrukturierungen und unter Anwendung von Sozialplänen, veranlasst hat. Ob ein Altersrücktritt freiwillig oder ob er auf Veranlassung des Arbeitgebers erfolgt ist, kann nicht immer eindeutig festgestellt werden. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass Pensionierungen im Rahmen von Sozialplänen in der Regel unfreiwillig erfolgen.

Der Experte fordert mit Recht, dass vorzeitige Pensionierungen, die auf die Initiative des Arbeitgebers zurückgehen, das finanzielle Gleichgewicht der Kasse nicht beeinflussen dürfen. Diese Forderung ist dann erfüllt, wenn für die vom Arbeitgeber veranlassten vorzeitigen Rücktritte die gesamten durch die bisherige Finanzierung der Leistung nicht gedeckten Kosten von ihm als Verursacher übernommen werden. Andernfalls würde das durchschnittliche Rücktrittsalter unter 63,5 Jahre sinken, was eine Erhöhung der Kosten für die Pensionskasse nach sich zöge.

Im Bericht der Geschäftsprüfungskommission wird unter «voller Finanzierung» explizit auf die Kosten der Langleberisiken und der hälftigen Überbrückungsrente Bezug genommen. Wir verweisen dazu auf die Ausführungen in Ziffer 8.

5285

4.3.3

Überbrückungsrente bzw. Fester Zuschlag

Erste Empfehlung Seite 24 der Expertise: Der Experte empfiehlt, dass zur konsequenteren Umsetzung des Verursacherprinzips bei vorzeitigen Pensionierungen (Art. 30 ff. PKB-Statuten) auf Veranlassung des Arbeitgebers diesem die vollen Kosten der Überbrückungsrente in Rechnung gestellt werden.

In die 1988 mit der Einführung des flexiblen Altersrücktritts vorgenommene Erhöhung der wiederkehrenden Beiträge von 12 auf 15 Prozent war die Tatsache, dass die Überbrückungsrente nur zur Hälfte vom Versicherten zurückzuzahlen ist, bei der Beitragsfestlegung eingerechnet (BBl 1987 II 565 und 569). An dieser Überlegung soll aus Sicht des heutigen Projektstandes nichts geändert werden, sofern ein freiwilliger, d. h. einzig vom Versicherten bestimmter, vorzeitiger Altersrücktritt vorliegt. Wird indessen der vorzeitige Altersrücktritt vom Arbeitgeber veranlasst oder gar verlangt, so trägt gemäss derzeitigem Projektstand neu der Arbeitgeber die Kosten dieser Überbrückungsrente. Dadurch wird die Pensionskasse von Kosten im Falle von vorzeitigen Altersrücktritten, die der Arbeitgeber veranlasst oder verlangt hat, entlastet. Die Umsetzung des Verursacherprinzips wird auf dieses Weise konsequent sichergestellt. Dieses Vorgehen wird im Übrigen durch die Gesetzgebung gestützt, indem Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a des Entwurfs zum Pensionskassengesetz die kostendeckende Finanzierung der Pensionskassenleistungen explizit vorschreibt.

4.4

Vorzeitige Pensionierung gemäss Artikel 43 der PKB-Statuten

Erste Empfehlung Seite 21 der Expertise: Der Experte empfiehlt, die Voraussetzungen und Modalitäten der vorzeitigen Pensionierung nach Artikel 43 der PKB-Statuten im Arbeitsvertrag oder in Sozialplänen zu regeln. Die Statuten sollen die Bestimmungen über Art und Umfang der Leistungen und deren Finanzierung beinhalten. Zusätzlich sollen sie festhalten, dass der Arbeitgeber für sämtliche Kosten aufzukommen habe, die der PKB durch eine vorzeitige Pensionierung auf dessen Veranlassung entstehen. Schliesslich solle für deren Anwendung grundsätzlich das Einverständnis mit der Kassenkommission als oberstem Leitungsorgan eingeholt werden, da nur so sicherzustellen sei, dass die Kasse ihre Interessen wirkungsvoll verteidigen könne.

Es gilt festzuhalten, dass eine dem Artikel 43 der geltenden EVK-Statuten entsprechende Regelung im neuen Pensionskassengesetz nicht mehr enthalten sein wird (vgl. oben Ziffer 4.1). Der Bundesrat stimmt der Empfehlung zu, soweit sie fordert, dass die Modalitäten und Voraussetzungen für die vorzeitige Pensionierung auf Veranlassung des Arbeitgebers klar zu regeln seien.

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Diese Empfehlung fordert ein Dreifaches: ­

Die Regeln für vorzeitige Altersleistungen auf Veranlassung des Arbeitgebers sind zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin zu vereinbaren.

­

Das Pensionskassenreglement soll die Leistungshöhe und deren Finanzierung bestimmen sowie die Kostentragung durch den Arbeitgeber vorsehen.

­

Schliesslich soll für die Beanspruchung solcher Leistungen das Einvernehmen mit der Kassenkommission hergestellt werden.

Die Kassenkommission ist in ihrer Eigenschaft als gesamtverantwortliches, steuerndes und überwachendes Organ einer autonomen Pensionskasse (vgl. unten Ziffer 6), welche sich auf das Versicherungsgeschäft konzentriert, auf geeignete Art und Weise am Entscheidungsprozess beteiligt. Die Forderung des Experten darf allerdings nach unserer Auffassung nicht dahin gehend interpretiert werden, dass die Kasse zu jedem Einzelfall einer finanzierten Frühpensionierung auf Veranlassung des Arbeitgebers ihre Einwilligung geben muss. Eine solche Regelung ist im künftigen Regime, in welchem klar zwischen den Interessen und den Verantwortungsbereichen der Arbeitgeber und der Pensionskasse unterschieden wird, systemfremd und damit überflüssig. In der neuen Ordnung sollen sich eine (finanziell) selbstverantwortliche Pensionskasse und ein ebenso selbstverantwortlicher Arbeitgeber gegenüberstehen und miteinander Lösungen vereinbaren, die sich in den dafür vorgesehenen Reglementen niederschlagen.

Dass die Voraussetzungen und Modalitäten für allfällige Vorsorgeleistungen bei Austritten, die vom Arbeitgeber veranlasst wurden, eine Angelegenheit des Arbeitgebers sein sollen, findet unsere Zustimmung. Artikel 31 des im Frühjahr von den eidg. Räten verabschiedeten Bundespersonalgesetzes sieht dies ausdrücklich vor.

Ebenfalls unbestritten ist die Kostentragung des Arbeitgebers, wenn er durch eigene Entscheide Vorsorgeleistungen auslöst. Die Grundlage dazu befindet sich im neuen Pensionskassengesetz.

Zweite Empfehlung Seite 21/22 der Expertise: Der Experte empfiehlt, dass sich das «fehlende Deckungskapital» bei administrativen Pensionierungen aus dem fehlenden Deckungskapital auf Grund der Netto-Deckungskapitalien und einem Zuschlag von 4,5 % (Stand 31.12.98) auf dem fehlenden Deckungskapital zusammensetzt.

Der Bundesrat kann sich dieser Empfehlung aus folgenden Überlegungen nicht anschliessen: Die Lebenserwartung ist (tendenziell) unabhängig von der Frage, ob eine versicherte Person mit 60 oder erst mit 65 in Pension geht. Damit stellt sich für die Pensionskasse die Frage der Finanzierung der Lebenserwartung unabhängig von der Frage, ob eine versicherte Person auf Grund arbeitgeberischen Einwirkens oder aus freiem Willen den vorzeitigen Altersrücktritt wählt. Die Einrechnung eines Zuschlags in der vom Experten genannten Höhe, welcher von den Arbeitgebern zu finanzieren wäre, erübrigt sich damit.

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Vertiefte Untersuchung der Austritte aus medizinischen Gründen Empfehlung 4 des Berichts: Die Geschäftsprüfungskommission ersucht den Bundesrat, die Entwicklung der Austritte aus medizinischen Gründen, insbesondere die Ursachen zunehmender Invalidierungen, die Finanzierung und Risikoverteilung, die Verantwortlichkeiten, den Invaliditätsbegriff und den Bereich der Wiedereingliederung zu überprüfen.

Der Bundesrat wird im Rahmen der Umsetzung der neuen arbeits- und vorsorgerechtlichen Bestimmung den in der Empfehlung geäusserten Anliegen die gebührende Aufmerksamkeit schenken.

Systematische Untersuchungen über die Gründe, die zur Beendigung der Arbeitsverhältnisse aus medizinischen Gründen führen, sind beim Bund noch nicht vorhanden. Der Ärztliche Dienst verfügt indessen seit dem 1. Januar 2000 über ein Informatik-Programm, das Auswertungen über die Invalidierungsgründe erlaubt. Den im Bericht enthaltenen Zahlen kommt ein rein quantitativer Charakter zu. Der quantitative Vergleich mit der IV-Statistik 1999 zeigt, dass die vollen Invaliditätsrenten und Teilrenten bei der Pensionskasse des Bundes und bei der eidgenössischen Invalidenversicherung im nahezu gleichen Verhältnis zueinander stehen. Von der Gesamtzahl der Invaliditätsrenten der Pensionskasse entfallen 78 Prozent auf volle Renten (IV 75 Prozent). Wiederum verglichen mit der IV-Statistik zeigt sich auch hinsichtlich der Altersverteilung der Invalidenrentnerinnen und -rentner der Pensionskasse ein ähnliches Bild. Zwischen dem 50. und 65. Altersjahr nehmen die Invaliditätsfälle auch bei der eidg. Invalidenversicherung stark zu. Auch wenn gefolgert werden kann, dass die Invaliditätshäufigkeit beim Bund praktisch die gesamtschweizerische Entwicklung widerspiegelt, setzt sich der Bundesrat dafür ein, die Entstehung krank machender Zustände in der Arbeitswelt zu eliminieren. Dabei verfolgt der Bundesrat eine doppelte Strategie. Einerseits gilt es, Massnahmen zur Verbreitung eines gesundheitsbewussten und sicherheitsfördernden Verhaltens zu ergreifen (BPG Art. 32 Bst. d). Andererseits sind die Arbeitgeber und Führungsverantwortlichen aufgerufen, die Mitarbeitenden wirtschaftlich, sinnvoll und auf sozial verträgliche Art und Weise einzusetzen. Der Bundesrat wird im Zusammenhang mit der Umsetzung von Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe f BPG auch eingehend prüfen, wie die heute schon gepflegte Eingliederung gesundheitlich beeinträchtigter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch verbessert werden kann.

Der Beitrag der Pensionskasse zu diesen Bemühungen liegt in der Schaffung einer adäquaten Anreizstruktur. Diese besteht darin, dass die Vorsorgeeinrichtung primär Leistungen erbringt, die auf die Verwirklichung der klassischen versicherten Risiken Invalidität
(im Sinne des IVG), Alter und Tod zurückgehen. Leistungen, die der Arbeitgeber durch eigene Massnahmen auslöst, sind durch ihn zu tragen. Zur Invalidierung darf nur dann geschritten werden, wenn sowohl für den Arbeitgeber wie auch für die betroffene Mitarbeiterin oder für den betroffenen Mitarbeiter zumutbare Eingliederungsversuche keinen Erfolg zeitigen.

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Vertretung der Interessen der Pensionskasse des Bundes Empfehlung 5 des Berichts: Die Geschäftsprüfungskommission empfiehlt dem Bundesrat, die Verantwortlichkeiten so zu regeln, dass die Interessen der Pensionskasse des Bundes (PKB) wirksamer vertreten werden können.

Künftig wird die Vorsorgeeinrichtung die Verantwortung für eine vollständige Kostendeckung sämtlicher von ihr erbrachten Leistungen tragen. Die Wahrnehmung dieser Verantwortung erfordert Anreizstrukturen, welche die Erbringung ungedeckter Leistungen der Vorsorgeeinrichtung verhindern helfen.

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass mit der im BPG und im Entwurf des Pensionskassengesetzes vorgenommenen Definition der Arbeitgeber- und Vorsorgefunktion sowie dem Übergang zu einer autonomen und vollständig finanzierten neuen Pensionskasse in einem ersten Schritt der Empfehlung der GPK-N Rechnung getragen wird. Der zweite Schritt liegt in der Schaffung der Kassenkommission, der die oberste Leitung, die Aufsicht und Kontrolle der Geschäftsführung obliegt. Die Kassenkommission als paritätisch zusammengesetztes Organ wahrt die Interessen der Kasse, der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie der Arbeitgeber. Ihre Arbeit wird daran gemessen, wie die Kasse finanziell dasteht und welche Leistungen die Kasse zu welchem Preis erbringt. Die neu konzipierte Vorsorgeeinrichtung des Bundes ist kein blosses Vollzugsorgan der Arbeitgeber.

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Bundesbeiträge im Rahmen von Privatisierungen und Auslagerungen Empfehlung 6 des Berichts: Die Geschäftsprüfungskommission empfiehlt dem Bundesrat, dafür zu sorgen, dass die Beiträge für die Finanzierung von administrativen Pensionierungen bei der Post, den SBB, der Swisscom und den Rüstungsunternehmungen zweckgebunden verwendet und dass allenfalls überschüssige Beiträge zurückgefordert werden.

Die Betriebe bildeten im Einvernehmen mit dem Bundesrat Rückstellungen für die finanzielle Bewältigung ihrer Restrukturierungen. Die administrativen Pensionierungen waren eine Teilmassnahme im ganzen Restrukturierungspaket. Die Bildung von Rückstellungen für die Finanzierung von administrativen Pensionierungen ist an strenge Kriterien gebunden und die zweckgebundene Verwendung damit bereits weitgehend sichergestellt. Die Unternehmen werden die Verwendung dieser Mittel detailliert ausweisen. Über allenfalls nicht verwendete Beträge wird der Bundesrat im Einvernehmen mit den Unternehmen befinden, und er wird sie gegebenenfalls zurückfordern.

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Langfristiges Finanzierungskonzept Empfehlung Seite 25 der Expertise: Der Experte empfiehlt, für den Fall des Wechsels des Finanzierungssystems und der Reduktion der Anpassung der Renten an die Teuerung eventuell neue Gewinnquellen zur Erhaltung des langfristigen finanziellen Gleichgewichts auch bei einem sinkenden Pensionierungsalter zu erschliessen. Es müsse davon ausgegangen werden, dass ein Teil der anvisierten langfristigen Rendite von 6,2 Prozent auf dem Vermögen für die Finanzierung der flexiblen Pensionierung reserviert werden müsse.

Zur Überprüfung der Möglichkeiten und Grenzen dieser Finanzierungsmöglichkeiten im Umfeld von konkurrenzierenden Finanzierungsbedürfnissen wie Langlebigkeit, Zunahme der Invalidierungen usw. sei es unerlässlich, die Hochrechnungen nach dem geänderten Finanzierungsregime der neuen PKB zu wiederholen.

Diese Forderung des Experten ist nicht nachvollziehbar und sie steht in Widerspruch zu seiner in der zweiten Empfehlung auf Seite 24 der Expertise (vgl. oben Ziffer 4.3.1) wiedergegebenen Haltung, am technischen Rücktrittsalter 63,5 festzuhalten. Sollte allerdings die Frühpensionierungspraxis (welche nicht auf Entlassungen seitens der Arbeitgeber, Umstrukturierungen und Berufsinvalidität zurückgehen) tatsächlich zu einer Mehrbelastung der Kasse führen und sollte diese Erscheinung von dauerhafter Natur sein, müsste das technische Rücktrittsalter angepasst, d. h. reduziert werden. Der Beizug weiterer Finanzierungsquellen (namentlich der Kapitalerträge) zur Finanzierung von Leistungen wie z. B. der flexiblen Pensionierung widerspricht unzweifelhaft dem Verursacherprinzip. Die konsequente Durchsetzung dieses Prinzips wird aber nicht zuletzt vom Gesetzgeber in Artikel 6 Absatz 1a des Entwurfs des Pensionskassengesetzes gefordert. Er schreibt vor, die Beiträge so festzulegen, dass die von der Pensionskasse zugesagten Leistungen versicherungstechnisch finanziert werden können.

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Schlussbemerkung

Abschliessend kann festgehalten werden, dass den Feststellungen der GPK-N und ihres Experten mit dem neuen Pensionskassengesetz und dem Bundespersonalgesetz Rechnung getragen wird. Ferner sind die erforderlichen Controlling-Massnahmen eingeleitet worden. Mit der Ausgliederung der Pensionskasse aus der allgemeinen Bundesverwaltung und der Schaffung einer Kassenkommission, der die oberste Leitung und die Kontrolle der Geschäftsführung der Vorsorgeeinrichtung obliegt, wird ein wesentlicher Beitrag für die Erhöhung der Transparenz geleistet. Der Wortlaut von Artikel 6 Absatz 1a des Entwurfs des Pensionskassengesetzes läuft der Stossrichtung der Empfehlung des Experten zuwider (vgl. oben Ziffer 8). Die Botschaft zu diesem Gesetz stellt zudem klar, dass Zusatzzinse erst in letzter Priorität für die Verbesserung von Leistungen verwendet werden dürfen. Vorrangig dienen

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sie dem Ausgleich der laufenden Teuerung, dem Langleberisiko sowie der Äufnung der Schwankungs- und Teuerungsreserve (vgl. BBl 1999 5249). Der Bundesrat ist der Auffassung, dass primär durch eine konsequente Umsetzung des Verursacherprinzips das finanzielle Gleichgewicht der Pensionskasse sicherzustellen sei.

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