14.307 / 14.316 Standesinitiativen Kt.Iv.ZG. Wiederherstellung der Souveränität der Kantone bei Wahlfragen. Änderung der Bundesverfassung / Kt.Iv.UR. Souveränität bei Wahlfragen Bericht der Staatspolitischen Kommission des Ständerates vom 16. November 2017

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einer Änderung der Bundesverfassung. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

16. November 2017

Im Namen der Kommission Der Präsident: Peter Föhn

2017-3272

1

Übersicht Gemäss Artikel 39 Absatz 1 der Bundesverfassung regeln die Kantone die Ausübung der politischen Rechte in kantonalen und kommunalen Angelegenheiten. Somit sind die Kantone auch zuständig für die Regelung des Verfahrens zur Wahl ihrer Behörden. Dabei haben sie allerdings in der Bundesverfassung festgehaltene Grundsätze zu beachten. Im Vordergrund steht hier Artikel 34 Absatz 2 BV, wonach die Garantie der politischen Rechte die freie Willensbildung und die unverfälschte Stimmabgabe schützt.

In den letzten 15 Jahren hat das Bundesgericht eine im Widerspruch zu früheren Urteilen stehende Praxis entwickelt, wonach für die Durchführung von Wahlen nach dem Proporzwahlrecht der Erfolgswertgleichheit der Stimmen eine hohe Bedeutung zukommen muss, damit Artikel 34 BV Genüge getan sei. Erfolgswertgleichheit bedeutet, dass die Stimmen aller Wählerinnen und Wähler in gleicher Weise zum Wahlergebnis beitragen und bei der Mandatsverteilung berücksichtigt werden.

Damit der Erfolgswert gemäss den Anforderungen des Bundesgerichts wahlkreisübergreifend, also im gesamten Wahlgebiet, verwirklicht werden kann, darf gemäss Ansicht des Bundesgerichts ein natürliches Quorum von 10 % aller Stimmen nicht überschritten werden, womit in jedem Wahlkreis mindestens 9 Sitze vergeben werden müssen.

Das Bundesgericht hat damit den Kantonen zur Ausgestaltungen ihrer Wahlverfahren einen engen Rahmen vorgegeben. Dies führte zu Unmut in gewissen Kantonen.

Die beiden hier umzusetzenden Standesinitiativen sind Ausdruck davon. Die Verunsicherung unter den Kantonen wurde noch verstärkt, nachdem das Bundesgericht in zwei Urteilen zum Ausdruck gebracht hat, dass auch das Majorzwahlverfahren nur unter besonderen Umständen zu tolerieren sei.

Mit der vorliegenden Verfassungsänderung soll diese Verunsicherung beseitigt und wieder Rechtssicherheit hergestellt werden.

In Artikel 39 BV soll neu festgehalten werden, dass die Kantone in der Gestaltung der Verfahren zur Wahl ihrer Behörden frei sind. Auch wird auch klargestellt, dass das Bundesgericht keine Vorgaben betreffend die Wahlkreisgrösse mehr machen darf.

Mit dieser Änderung soll die in Artikel 8 der Bundesverfassung vorgeschriebene Rechtsgleichheit nicht in Frage gestellt werden. Neu bestimmen jedoch allein die Kantone, in welcher Form sie diesem verfassungsrechtlichen
Anspruch Rechnung tragen. Schliesslich ist festzuhalten, dass diese Verfassungsänderung nur das Wahlverfahren betrifft, nicht jedoch das aktive und passive Wahlrecht.

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

1.1

Die Standesinitiative des Kantons Zug vom 28. März 2014

Am 28. März 2014 reichte der Kanton Zug die Standesinitiative «14.307 Wiederherstellung der Souveränität der Kantone bei Wahlfragen. Änderung der Bundesverfassung» ein. Die Initiative verlangt eine Änderung der Bundesverfassung, so «dass die Kantone frei sind in der Ausgestaltung ihres Wahlrechts.» Gemäss ihrer Begründung stören sich die Initianten insbesondere an der Interpretation von Artikel 34 BV durch das Bundesgericht. Gemäss dieser Verfassungsbestimmung schützt die Garantie der politischen Rechte die freie Willensbildung und die unverfälschte Stimmabgabe. Diese Bestimmung werde nun aber zu weitgehend ausgelegt: «Allerdings muss festgestellt werden, dass die jüngere Rechtsprechung des Bundesgerichtes im Bereich des kantonalen Wahlrechts zunehmend zu einer Beschneidung des Spielraums der Kantone und zur Verunmöglichung kantonaler Eigenständigkeiten führt.» Diese Praxis widerspricht nach Ansicht der Initianten dem schweizerischen Verständnis des Föderalismus, welches der Eigenständigkeit der Kantone grosse Bedeutung zumesse. Die Standesinitiative ziele deshalb «auf eine präzisere Formulierung von Artikel 34 BV und damit auf die Rückbesinnung auf kantonale Eigenständigkeiten ab.» Mit der Standesinitiative solle deshalb ein Zeichen gesetzt werden, «dass das Bundesgericht in Fragen des Wahlrechts die Bundesverfassung zurückhaltend auszulegen hat, ohne das Bundesstaatsmodell der Schweizerischen Eidgenossenschaft infrage zu stellen.»

1.2

Die Standesinitiative des Kantons Uri vom 7. Juli 2014

Am 7. Juli reichte der Kanton Uri die Standesinitiative «14.316 Souveränität bei Wahlfragen» ein. Der Wortlaut dieser Initiative ist identisch mit derjenigen der Standesinitiative des Kantons Zug.

In der Begründung wird auf Bundesgerichtsurteile hingewiesen, in welchen die Systeme für die Wahl der Parlamente der Kantone Zug, Nidwalden und Schwyz vom Bundesgericht gerügt wurden. Das Bundesgericht beanstandete das in diesen Proporzsystemen ungleiche Gewicht der einzelnen Stimme aufgrund der unterschiedlichen Grösse der Wahlkreise. Da im Kanton Uri in grösseren Gemeinden aufgrund des Proporz- und in kleineren Gemeinden aufgrund des Majorzsystems gewählt wird, werde ebenfalls eine Rüge des Bundesgerichts befürchtet.

Wie der Kanton Zug kritisiert der Kanton Uri, dass das Bundesgericht die Anforderungen an die Wahlsysteme in seiner jüngeren Rechtsprechung laufend verschärft habe: «Während bis vor ein paar Jahren noch Abweichungen aus sachlichen ­ sei es 3

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historischen, föderalistischen, kulturellen, sprachlichen, ethnischen oder religiösen ­ Gründen für einen Minderheitenschutz oder zur Wahrung einer spezifischen, historisch gewachsenen und noch immer lebendigen Gebietsidentität vom Bundesgericht als zureichend anerkannt wurden, werden sie heute nicht mehr als ausreichend betrachtet.» Die Initianten sind deshalb der Ansicht, dass die Souveränität der Kantone bei Wahlfragen wiederhergestellt werden muss: «Mit der vorliegenden Standesinitiative will der Kanton Uri ein Zeichen setzen gegen inadäquate Einschränkungen der Kantone bei der Wahl ihres Wahlsystems durch das Bundesgericht. Die vorliegende Standesinitiative zielt deshalb auf eine präzisere Formulierung von Artikel 34 der Bundesverfassung und damit auf eine Rückbesinnung auf die kantonalen Eigenständigkeiten ab.»

1.3

Vorprüfung der Standesinitiativen durch die Staatspolitischen Kommissionen

1.3.1

Prüfung einer Lösung auf Gesetzesstufe

Die SPK des Ständerates hat sich am 16. April 2015 das erste Mal mit den beiden Standesinitiativen befasst. Sie hat dabei auch Vertreterinnen und Vertreter der Kantone Uri und Zug angehört. In der Kommission stiess die Kritik der beiden Kantone an der Rechtsprechung des Bundesgerichts auf Verständnis. Eine Mehrheit wollte jedoch nicht eine Verfassungsänderung in die Wege leiten, nur um auf die Praxis des Bundesgerichts einzuwirken. Die Kommission wollte den Kantonen nicht auf Verfassungsebene einen Freipass zur Ausgestaltung ihres Wahlverfahrens ausstellen.

Hingegen war die Kommission der Ansicht, dass der Bundesgesetzgeber im Interesse der Kantone Klarheit schaffen und die Anforderungen an die kantonalen Wahlsysteme gesetzlich festhalten soll. Sie hat deshalb mit 8 zu 1 Stimmen, bei einer Enthaltung, die Ausarbeitung einer entsprechenden Kommissionsinitiative beschlossen. So sollte z.B. gesetzlich festgehalten werden, dass die Kantone Proporz-, Majorz- oder Mischsysteme festlegen können (15.429 Pa.Iv. SPK-SR. Gesetzliche Verankerung der Anforderungen an die Wahlsysteme).

In der Folge wurden in der Presse Stimmen laut, dass die Verfassungsgrundlage für gesetzliche Vorgaben für kantonale Wahlsysteme fehle (vgl. Neue Luzerner Zeitung vom 18. April 2015). Die damalige Präsidentin der SPK hat deshalb beim EJPD ein Gutachten zu dieser Frage eingefordert. Konkret wurde die Frage gestellt, ob Artikel 51 BV die Verfassungsgrundlage für die gesetzliche Präzisierung der Anforderungen an kantonale Wahlsysteme darstellen könnte. Artikel 51 Absatz 1 BV sieht vor, dass sich die Kantone «demokratische» Verfassungen geben müssen. Auf Gesetzesebene könnte daher präzisiert werden, was unter einer «demokratischen Verfassung» zu verstehen sei. In seinem Gutachten vom 26. Mai 2015 vertrat das Bundesamt für Justiz jedoch die Ansicht, dass Artikel 51 BV keine Kompetenz des Bundes begründe, Regeln zur Ausgestaltung kantonaler Wahlsysteme vorzusehen.

Artikel 51 BV stelle keine Kompetenznorm dar, sondern beinhalte eine Bundesgarantie. Gemäss Praxis und Lehre bestehe Einigkeit darüber, «dass eine bundesrechtliche Garantie eines Grundrechtes alleine keine neue Bundeskompetenz schafft.» Das Gutachten sieht im vorliegenden Fall auch keine Möglichkeit, eine subsidiäre 4

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Bundeskompetenz zur Präzisierung unbestimmter Rechtsbegriffe in der Verfassung zu begründen: Artikel 39 Absatz 1 BV ziehe eine klare Grenze zwischen den Kompetenzen des Bundes und jenen der Kantone. Somit erscheine es «heikel, ja unmöglich, mit einer subsidiären Bundeskompetenz in diesem Bereich zu argumentierten, wenn der Bund selbst die Kompetenzen der Kantone und des Bundes abgrenzt.» Aufgrund dieser Überlegungen entschied die SPK einstimmig, auf die Ausarbeitung von Gesetzesbestimmungen betreffend die Anforderungen an kantonale Wahlsysteme zu verzichten.

1.3.2

Zustimmung zu den Standesinitiativen

Nachdem sich der Weg einer Lösung auf Gesetzesstufe als nicht gangbar erwiesen hatte, musste die SPK des Ständerates entscheiden, ob sie den Weg über eine Revision der Bundesverfassung beschreiten und somit den Standesinitiativen Folge geben wollte. In der Kommission war diese Frage umstritten. Eine Mehrheit sah angesichts der für die Kantone unklaren Situation Handlungsbedarf. Eine Minderheit vertrat die Ansicht, dass die Bundesverfassung in Artikel 34 klar festhält, welchen Anforderungen Wahlsysteme auf allen staatlichen Ebenen zu genügen haben. Diesen Anforderungen hätten auch kantonale Wahlsysteme zu entsprechen. Die Kommission entschied schliesslich am 23. Juni 2015 mit 7 zu 4 Stimmen, den Standesinitiativen Folge zu geben.

Die SPK des Nationalrates hatte in der Folge an ihrer Sitzung vom 5. November 2015 zu entscheiden, ob sie dem Beschluss der Schwesterkommission zustimmt, oder ob sie ihrem Rat beantragt, den Initiativen keine Folge zu geben. Die Kommission beantragte mit 14 zu 9 Stimmen, den Initiativen keine Folge zu geben. Der Rat indes entschied anders und gab den beiden Standesinitiativen am 18. März 2016 mit 99 zu 87 Stimmen bei 4 Enthaltungen (Standesinitiative 14.307 Zug) bzw. mit 98 zu 90 Stimmen bei 3 Enthaltungen (Standesinitiative 14.316 Uri) Folge.

Die Standesinitiativen wurden in der Folge der SPK des Ständerates zwecks Ausarbeitung einer Verfassungsänderung zugewiesen.

1.3.3

Ausarbeitung der Vorlage und Durchführung der Vernehmlassung

Die Kommission hat in der Folge eine Mehrheits- und eine Minderheitsvariante für eine Verfassungsänderung ausgearbeitet, wobei sich 8 Kommissionsmitglieder für den Vorschlag der Mehrheit, 5 Mitglieder für den Vorschlag der Minderheit aussprachen. Diese Vorlage wurde von der Kommission mit 8 zu 2 Stimmen bei 3 Enthaltung zuhanden der Vernehmlassung verabschiedet. Die Vernehmlassung dauerte vom 22. Juni 2017 bis zum 13. Oktober 2017. Neben den Stellungnahmen der 26 Kantone sind die Stellungnahmen von sieben nationalen und fünf kantonalen Parteien eingegangen. Zudem haben sich sechs Verbände und eine Einzelperson geäussert. 17 der 26 Kantone sprechen sich für eine Verfassungsänderung aus, wobei 13 Kantone (BE, LU, UR, SZ, OW, ZG, SO, AR, AI, GR, AG, TI, VS) die 5

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Variante der Kommissionsmehrheit bevorzugen und vier Kantone (ZH, SG, VD, GE) die Variante der Kommissionsminderheit. 9 Kantone (NW, GL, FR, BL, BS, SH, TG, NE, JU) sprechen sich gegen eine Verfassungsänderung aus.

Von den politischen Parteien befürworten die CVP und die SVP eine Verfassungsänderung, wobei die CVP die Variante der Kommissionsmehrheit bevorzugt, die SVP die Variante der Minderheit. Die FDP, die SP, die Grünen, die GLP und die EVP sind gegen eine Verfassungsänderung. Die Gruppierung Verda Grünes Graubünden, die EDU des Kantons Graubünden sowie die SP der Kantone Uri, St. Gallen und Schaffhausen äussern sich ebenfalls gegen eine Verfassungsänderung.

Von den sich äussernden Verbänden sind überwiegend positive Stellungnahmen eingegangen: So sprechen sich economiesuisse, der Schweizerische Gewerbeverband, der Schweizerische Bauernverband und das Centre Patronal für eine Verfassungsänderung im Sinne der Kommissionsmehrheit aus. Einzig der Städteverband ist gegen eine Verfassungsänderung. Negativ gegenüber einer Verfassungsänderung äussert sich auch eine Einzelperson. Die Organisation der Auslandschweizer nutzt die Gelegenheit, um darauf aufmerksam zu machen, dass nicht alle Kantone es den Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern ermöglichen, an den Ständeratswahlen teilzunehmen.

Die Mehrheit der Vernehmlasser argumentiert, dass ohne die Verfassungsänderung im Sinne der Kommissionsmehrheit die unsichere Rechtslage bestehen bleibe. So wären die Kantone zwar befugt, ein reines Majorzverfahren vorzusehen. Es wäre ihnen aber untersagt, ein solches Majorzverfahren mit Elementen des Proporzes zu ergänzen, so lange diese nicht den vom Bundesgericht entwickelten Anforderungen an die Erfolgswertgleichheit entsprechen. Dies widerspreche der kantonalen Souveränität in Wahlrechtsfragen.

Einzelne Vernehmlasser würden der Lösung der Kommissionsminderheit den Vorzug geben und argumentieren, dass die bisherige Praxis des Bundesgerichts zur Überprüfung der bundesrechtlichen Verfassungsmässigkeit kantonaler Wahlrechtsregelungen gerechtfertigt sei, das Bundesgericht aber nicht darüber hinaus gehen solle. Der Vorschlag der Minderheit würde diese bisherige Praxis verankern und somit verfassungsrechtlich Klarheit schaffen.

Die Gegner der Vorlage argumentieren, dass die vom Bundesgericht aufgestellten
Grundsätze der demokratischen Legitimation der Wahlergebnisse und damit deren Akzeptanz dienen. Artikel 34 Absatz 2 der Bundesverfassung müsse Rechnung getragen werden: Die Praxis des Bundesgerichtes sei dazu geeignet, die Rechte der einzelnen Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zu schützen. Die meisten Kantone hätten denn auch ihre Regelungen den bundesgerichtlichen Anforderungen angepasst.

Aufgrund dieser Rückmeldungen sah sich die Kommission darin bestärkt, an einer Verfassungsänderung im Sinne der Kommissionsmehrheit festzuhalten und verabschiedete die Vorlage mit 7 zu 3 Stimmen und 2 Enthaltungen zuhanden des Rates.

Sie hält dabei am Wortlaut fest, wie er in die Vernehmlassung gegeben wurde.

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1.4

Frühere Diskussionen in der Bundesversammlung

1.4.1

Die Diskussionen bei der Gewährleistung der Schwyzer Verfassung

Die Bundesversammlung hat sich bereits in den Jahren 2012 und 2013 im Rahmen der Gewährleistung der Verfassung des Kantons Schwyz (12.070) intensiv mit dem Wahlrecht in den Kantonen auseinandergesetzt. Dabei wurde die Bestimmung betreffend die Wahl des Schwyzer Kantonsrats in beiden Räten kontrovers diskutiert. Während sich der Ständerat zweimal knapp mit 24 zu 20 bzw. 24 zu 18 Stimmen bei 1 Enthaltung für die Gewährleistung dieser Bestimmung ausgesprochen hat, votierte der Nationalrat zweimal ebenfalls knapp mit 94 zu 92 bzw. 100 zu 91 Stimmen gegen deren Gewährleistung. Somit wurde Paragraf 48 Absatz 3 der Schwyzer Kantonsverfassung nicht gewährleistet (AB 2013 N 187 ff. und 342 ff., AB 2012 S 957 ff. und 2013 S 176 ff.). Diese Bestimmung sah Wahlen nach dem Verhältniswahlrecht innerhalb der Wahlkreise vor. Da als Wahlkreise die Gemeinden bestimmt waren, hätte das Quorum für die Erreichung eines Sitzes in kleineren Gemeinden weit über der vom Bundesgericht definierten Zielgrösse von 10 Prozent gelegen (vgl. z.B. BGE 136 I 376).

Die Bundesversammlung stützte mit dieser Nichtgewährleistung die bundesgerichtliche Praxis, wonach das Proporzwahlrecht, dort wo es vorgesehen ist, konsequent angewendet werden soll. Es wurde argumentiert, dass unter dem Titel «Proporzwahlrecht» nicht faktische Majorzwahlen durchgeführt werden dürfen. Dabei gehe es um die Beachtung bundesrechtlicher Vorgaben, die sich aus Artikel 34 und Artikel 8 BV ableiten lassen. Im Proporzsystem müssen die verschiedenen Gruppierungen gemäss ihrem Wähleranteil vertreten sein, was nicht gewährleistet sei, wenn die Wahlkreisgrösse zu klein und somit das Quorum für die Erreichung eines Sitzes zu hoch ist.

1.4.2

Die Diskussionen bei der Gewährleistung der Verfassung des Kantons Graubünden

Die SPK des Ständerates hat bereits 2004 anlässlich der Gewährleistung der Verfassung des Kantons Graubünden (04.018) zum Ausdruck gebracht, dass sie den Kantonen ihren Spielraum bei der Ausgestaltung ihres Wahlrechts belassen möchte. Die Gewährleistung der Bündner Verfassung war zwar nicht bestritten. Allerdings störte sich die SPK an Äusserungen in der Botschaft des Bundesrates, wonach Zweifel an der Verfassungsmässigkeit des Majorzsystems für Parlamentswahlen zum Ausdruck gebracht wurden (BBl 2004 1115). Dies veranlasste die SPK des Ständerates, einen schriftlichen Bericht zu dieser Botschaft zu verfassen. Darin hielt sie fest, dass das Majorzsystem als demokratisches Wahlsystem weiterhin bei kantonalen Wahlen Anwendung finden soll: «Würde der Bund, sei es auf dem Wege über die Gewährleistung der Kantonsverfassung oder auf dem Wege über die Beurteilung der Stimmrechtsbeschwerden das Proporzwahlsystem als allein zulässiges Wahlsystem erklären, so wäre dies ein schwer wiegender Eingriff in die kantonale Organisationsautonomie» (BBl 2004 3638).

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1.5

Geltendes Recht und Praxis des Bundesgerichts

1.5.1

Die relevanten Verfassungsbestimmungen

Artikel 39 Absatz 1 BV hält fest, dass die Kantone die Ausübung der politischen Rechte in kantonalen und kommunalen Angelegenheiten regeln. Diese Zuständigkeit wird im Rahmen der Garantie von Artikel 34 BV ausgeübt sowie nach den Mindestanforderungen gemäss Artikel 51 Absatz 1 BV. Gemäss Artikel 34 Absatz 2 BV schützt die Garantie der politischen Rechte die freie Willensbildung und die unverfälschte Stimmabgabe. Gemäss Artikel 51 Absatz 1 BV gibt sich jeder Kanton eine demokratische Verfassung. Artikel 8 Absatz 1 schliesslich postuliert, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind.

1.5.2

Bundesgerichtliche Anforderungen an das Proporzwahlrecht

Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Wahlverfahren insbesondere auch bezüglich der in Artikel 34 BV vorgesehenen Garantie der politischen Rechte.

Danach soll kein Wahlergebnis anerkennt werden, das nicht den freien Willen der Wählenden zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt. Seit etwa 15 Jahren hat das Bundesgericht dabei eine Praxis entwickelt, mit welcher es die Anforderungen an Proporzwahlsysteme immer mehr präzisiert hat.

Als erstes wegweisendes Urteil ist der Entscheid vom 18. Dezember 2002 zu nennen, in welchem das Bundesgericht festgestellt hat, dass die Grössenunterschiede der Wahlkreise der Stadt Zürich und die dadurch bedingten Abweichungen von der durchschnittlich in einem Kreis für den Gewinn eines Mandats notwendigen Stimmenzahl «mit dem Gleichbehandlungsgebot nicht mehr zu vereinbaren» seien.1 In weiteren Urteilen hat das Bundesgericht den Wert von 10 % der Wählerstimmen als höchstes «natürliches Quorum» bei Proporzwahlen definiert. Danach dürfen keine Wahlkreise festgelegt werden, in denen es für ein Mandat mehr als 10 % der Stimmen braucht. Zu erwähnen sind hier etwa die Entscheide vom 7. Juli 2010 und vom 20. Dezember 2010 zu Beschwerden gegen die Wahlverfahren in den Kantonen Nidwalden und Zug.2 Die Beschwerdeführer machten Verletzungen der Garantie der politischen Rechte nach Artikel 34 BV geltend, insbesondere weil das Verhältniswahlrecht durch kleine bzw. unterschiedlich grosse Wahlkreise beeinträchtigt werde.

In beiden Fällen hielt das Bundesgericht fest, dass die Verfahren für die Wahl der Kantonsparlamente den Anforderungen des Proporzes nicht genügten. Das Bundesgericht kritisierte, dass in einzelnen Gemeinden mehr als 25 % der Stimmen für ein Mandat notwendig waren. Im Zuger Urteil ist dazu nachzulesen: «Die natürlichen Quoren liegen ­ abgesehen von den Wahlkreisen Zug, Baar und Cham ­ durchwegs über 10 %. In der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind vorerst natürliche Quoren von 33,33 %, 20 % bzw. 16,66 % als verfassungswidrig qualifiziert worden.

In Fortführung dieser Rechtsprechung und um der Rechtssicherheit willen hat das 1 2

8

BGE 129 I 185, E 7.6.3 BGE 136 I 352, BGE 136 I 376

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Bundesgericht festgehalten, dass natürliche Quoren (wie auch direkte, gesetzliche Quoren), welche die Limite von 10 % übersteigen, mit einem Verhältniswahlrecht grundsätzlich nicht zu vereinbaren sind.»3 Das Bundesgericht bestätigte diese Praxis, wonach in Proporzwahlsystemen keine Wahlkreise festgelegt werden dürfen, in welchen das Quorum für die Erreichung eines Sitzes über 10 % liegt, auch in späteren Urteilen, so im Sammelurteil vom 19. März 2012 gegen den Kanton Schwyz.4 Dabei hielt das Bundesgericht fest, dass es durchaus möglich sei, die Gemeinden als Wahlkreise vorzusehen. Damit dem Proporzgedanken Rechnung getragen werden könne, müssten aber bestimmte Vorkehrungen im Wahlrecht getroffen werden. Würden etwa Wahlkreisverbände gebildet oder das Verfahren des Doppelten Pukelsheim5 angewendet, dann könne auch in kleinen Wahlkreisen im Sinne eines Minderheitenschutzes eine angemessene Vertretung im Kantonsrat garantiert werden.6 Die strengere Praxis des Bundesgerichts führte auch dazu, dass Wahlkreiseinteilungen, welche früher als zulässig beurteilt worden sind, in späteren Urteilen nicht mehr den Segen des Bundesgerichts erhielten. So wurde die ungleiche Grösse der Wahlkreise im Kanton Wallis in einem Urteil von 2005 als «sachlich begründet» beurteilt.7 In einem Entscheid aus dem Jahr 2014 wurde das Walliser Wahlverfahren jedoch aufgrund der neuen Rechtsprechung für verfassungswidrig befunden.8 Auch im jüngsten Urteil bekräftigte das Bundesgericht die Notwendigkeit einer bestimmten Wahlkreisgrösse bei Anwendung des Proporzsystems: Im Urteil vom 12. Oktober 2016 betreffend den Kanton Uri kritisierte das Gericht, «dass das Verfahren für die Wahl des Landrats in den Gemeinden, in denen das Verhältniswahlrecht (Proporz) gilt, vor der Bundesverfassung nicht standhält».9 Das Bundesgericht kritisierte somit nicht das Mischsystem, wonach in gewissen Urner Gemeinden nach dem Majorz- und in anderen nach dem Proporzsystem gewählt wird, sondern nur die seiner Ansicht nach zu kleinen Wahlkreise, in welchen nach Proporz gewählt wurde.

3 4 5

6 7 8 9

BGE 136 I 376, E 4.5 1C 407/2011, 1C 445/2011, 1C 447/2011 Bei dieser «doppelproportionalen» Mandatsverteilung geht es zum einen darum, die Wahlkreise proportional zu den Bevölkerungszahlen zu repräsentieren und zum anderen, die kandidierenden Gruppierungen proportional zu ihren Stimmgewinnen zu repräsentieren. Dies geschieht in zwei rechnerischen Schritten, wonach zuerst eine «Oberzuteilung» und danach eine «Unterzuteilung» vorgenommen wird. Eine detaillierte Beschreibung des Verfahrens findet sich in: Weber, Anina: Schweizerisches Wahlrecht und die Garantie der politischen Rechte. Zürich 2016,Rz. 357 ff.

Vgl. auch BGE 136 I 352, E 5.1 BGE 131 I 89 BGE 140 I 107 1C 511/2015 Urteil vom 12. Oktober 2016, E 7

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1.5.3

Äusserungen des Bundesgerichts zum Majorzwahlrecht

Im oben erwähnten Urteil vom 12. Oktober 2016 bezüglich des Wahlsystems im Kanton Uri bestätigte das Bundesgericht, dass die Wahl von Parlamenten gemäss dem Majorzsystem nicht zwingend bundesverfassungswidrig ist: «Der Umstand, dass sich die Erfolgswertgleichheit in einem reinen Majorzwahlverfahren nicht verwirklichen lässt, bedeutet indessen noch nicht, dass eine Wahlordnung, in welcher die Mitglieder eines kantonalen Parlamentes nach dem Majorzprinzip gewählt werden, mit Artikel 34 Absatz 2 BV unvereinbar ist.»10 Trotzdem hielt das Bundesgericht kritisch fest, erweise sich das Majorzprinzip für kantonale Parlamentswahlen im Hinblick auf die Wahlrechtsgleichheit «als nicht optimal».11 Hingegen könne ein Majorzsystem dann akzeptiert werden, wenn die Autonomie der die Wahlkreise bildenden Gemeinden besonders gross ist, die nach dem Majorzprinzip wählenden Gemeinden eine sehr geringe Bevölkerungszahl aufweisen und wenn die politischen Parteien über einen relativ geringen Stellenwert verfügen.

Das Bundesgericht bekräftigte somit sein bereits im Urteil vom 26. September 2014 betreffend das Wahlsystem des Kantons Appenzell Ausserhoden geäusserte Skepsis gegenüber Wahlen gemäss dem Majorzsystem. Als Anforderungen an Mischsysteme hielt das Gericht damals fest, dass diese gesamthaft ausgewogen und sachlich nachvollziehbar ausgestaltet sein müssen. Das konkrete Nebeneinander von Majorz- und Proporzelementen müsse an vernünftige Kriterien anknüpfen und insbesondere müsse nachvollziehbar sein, weshalb gewisse Sitze nach dem Majorz- und andere nach dem Proporzprinzip verteilt werden.12

1.6

Anpassungen in den Kantonen an die Praxis des Bundesgerichts

Gemäss dem Bundesgericht ist es somit nicht zwingend notwendig, grössere Wahlkreise zu schaffen, um dem Proporzgedanken Nachachtung zu verschaffen: Indem wahlkreisübergreifende Ausgleichsmechanismen vorgesehen werden, kann auf die Bildung neuer Wahlkreise, welche den historischen Gegebenheiten nicht entsprechen, verzichtet werden. So können z.B. Wahlkreisverbände gebildet oder eine zentrale Verteilung der Parteimandate nach der Methode des Doppelten Pukelsheim vorgenommen werden. Dieses Verfahren wurde anlässlich der Zürcher Gemeinderatswahlen im Februar 2006 zum ersten Mal eingesetzt.13 Verschiedene Kantone haben in jüngerer Zeit ihr Wahlrecht den bundesgerichtlichen Anforderungen angepasst. So haben die Kantone Aargau und Schaffhausen 2008, die Kantone Nidwalden und Zug 2014 und der Kanton Schwyz 2015 das System des Doppelten Pukelsheim eingeführt. Somit verfügen diese Kantone über ein vom Volk genehmigtes und vom Bundesgericht anerkanntes Wahlverfahren. Es ist allerdings 10 11 12 13

10

1 C 511/2015 Urteil vom 12. Oktober 2016, E 6.1 1 C 511/2015 Urteil vom 12. Oktober 2016, E 6.1 BGE 140 I 394, E 11.2 Weber, Rz. 356

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auch festzuhalten, dass das Bundesgericht den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern keine andere Wahl liess, wurde doch das ursprünglich vom Volk beschlossene Wahlsystem als verfassungswidrig eingestuft.

Es hat somit in den Kantonen auf Druck des Bundesgerichts eine Entwicklung in Richtung konsequentere Anwendung des Proporzgedankens stattgefunden.

1.7

Beurteilung in der Literatur

1.7.1

Verfassungsmässigkeit des Majorzwahlrechts

Die vom Bundesgericht geäusserte Skepsis gegenüber Wahlen nach dem Mehrheitswahlrecht wurde von Vertretern der Staatsrechtslehre äusserst kritisch aufgenommen. In einer Besprechung des Urteils des Bundesgerichts betreffend das Wahlverfahren im Kanton Appenzell Ausserrhoden kam Georg Müller zum Schluss, dass das Bundesgericht nach seinem Dafürhalten die Grenzen der Verfassungsfortbildung überschritten und eine verfassungspolitische Entscheidung getroffen habe. Müller argumentiert, dass eine harmonisierende Auslegung von Artikel 34 BV (Wahlrechtsgleichheit) und 51 BV (demokratische, bundesrechtskonforme Kantonsverfassungen) vielmehr dazu führen müsse, «dass die Kantone zwischen Majorz- und Proporzwahlverfahren wählen können. Entscheiden sie sich für den Majorz, so müssen sie die Zählwertgleichheit (jede Stimme zählt) und die Stimmkraftgleichheit (in allen Wahlkreisen kommt den Stimmen das gleiche Gewicht zu) gewährleisten, nicht aber die Erfolgswertgleichheit».14 Auch Giovanni Biaggini ist der Auffassung, dass die Ausdehnung der Erfolgswertgleichheit auf Majorzwahlen eine bundesgerichtliche Rechtsfortbildung darstelle, die hier an ihre Grenzen stosse: Grundlegende Weichenstellungen im Verfassungsbereich seien Sache des Verfassungsgebers und nicht des Gerichts.15 Kritisch hält Biaggini fest: «Rechtsvergleichend scheint die höchstrichterliche Rechtsfortbildung ein ganz und gar singulärer Vorgang zu sein. Jedenfalls ist dem Verfasser dieses Beitrags keine Verfassungsordnung bekannt, in der man in gleicher Weise wie hier das Bundesgericht die Erfolgswertgleichheit als auf Majorzwahlen anwendbar erklären würde.»16 Andere Autoren hingegen beurteilen die Verfassungsmässigkeit von kantonalen Parlamentswahlen nach dem Majorzwahlrecht skeptisch. Am deutlichsten wird Andreas Auer: «Das Majorzverfahren vermag nach heutiger Auffassung die Ausübung der politischen Rechte nach republikanischen (repräsentativen oder demokratischen) Formen nicht mehr zu sichern und verstösst gegen die Wahl- und Abstimmungsfreiheit von Artikel 34 BV, sowie gegen das die politische Gleichbe-

14 15 16

Müller, Georg: Sind Wahlen von Parlamenten nach dem Majorzsystem verfassungswidrig? In: SJZ 11/2015, 104.

Biaggini, Giovanni: Majorz und majorzgeprägte Mischsysteme: Parlamentswahlverfahren mit Verfalldatum? In: ZBl 117/2016, 413.

Biaggini, 415

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rechtigung garantierende Rechtsgleichheitsgebot von Artikel 8 Absatz 1 BV, mindestens insofern als es natürliche Quoren von mehr als 10 % zur Folge hat.»17 Kritisiert wird das Mehrheitswahlrecht auch in einem jüngst erschienenen Beitrag von Julian Marbach. Danach beinhalte das in Artikel 34 BV garantierte Rechte auf gleiche Wahl ein «Recht auf Erfolgswertgleichheit: Die Wählenden haben nicht nur einen Anspruch darauf, dass ihre Stimme gleich gezählt, sondern auch darauf, dass ihre Stimme gleich berücksichtigt wird.»18 Deshalb kommt der Autor zum Schluss, dass das Mehrheitswahlrecht, welches die Erfolgswertgleichheit nicht garantieren kann, die politischen Rechte verletze.

1.7.2

Anforderungen an das Proporzwahlrecht

Biaggini kritisiert das Bundesgericht auch bezüglich dessen Rechtsprechung zur Anwendung des Proporzes. So definiere das Bundesgericht das Erfordernis der Erfolgswertgleichheit im Proporzwahlrecht regelmässig als Grundsatz mit wahlkreisübergreifenden Charakter. Damit werde das Bundesgericht jenen Kantonen nicht gerecht, die mit dem Verfassungsbegriff «Proporz» nicht eine wahlkreisübergreifendes Repräsentationssystem meinen, sondern bloss eine wahlkreisbezogene Regel für die Umrechnung von Stimmen in Mandate.19 Auch in der politologischen Literatur wird aus international vergleichender Perspektive Kritik an der engen Auslegung des Proporzbegriffes durch das Bundesgericht geäussert. So hält Georg Lutz fest, dass es zwar grundsätzlich richtig sei, dass Proporzwahlsysteme auch proportional wirken sollen. Zu der vom Bundesgericht festgelegten natürlichen Quorum von 10 % hält er jedoch fest: «Die vom Bundesgericht geforderte Grenze ist jedoch arbiträr und durch international anerkannte Standards nicht gestützt.»20 Der Vergleich mit anderen Staaten zeigt denn auch, dass sowohl ausgeprägte Majorzsysteme (z.B. Frankreich und Grossbritannien) wie auch Mischsysteme (z.B. Deutschland) als legitime Wahlsysteme anerkannt werden. In diesem Zusammenhang ist zudem darauf hinzuweisen, dass auch der schweizerische Nationalrat in Wahlkreisen von äusserst unterschiedlicher Grösse gewählt wird.

Das Bundesgericht berufe, so Lutz, sich auf einen Standard ­ die Maximierung der Erfolgswertgleichheit ­ den es selber geschaffen hat. Der Fokus auf möglichst proportionale Repräsentation von Parteien sei einseitig: «Wahlsysteme verfolgen noch viele andere legitime Ziele, wie territoriale Repräsentation, die Repräsentation bestimmter gesellschaftlicher Gruppen (z.B. Frauen oder ethnische Minderheiten), die Verhinderung der Zersplitterung und Polarisierung von Parteiensystemen oder die Verständlichkeit der Regeln, wie Stimmen zu Sitzen werden.»21 17

18 19 20 21

12

Auer, Andreas: Rechtsvergleichende Einordnung der neuen Verfassung. Die neue Verfassung des Kantons Graubünden im Rechtsvergleich: Traditionen, Innovationen und Besonderheiten. In: Bänziger et al. (Hrsg.): Kommentar zur Verfassung des Kantons Graubünden. Chur/Glarus/Zürich 2006, Rz. 25.

Marbach, Julian: Ist der Majorz für kantonale Parlamentswahlen verfassungsgemäss?

In: Jusletter 28. November 2016.

Biaggini, 427 Lutz, Georg: Wahlsysteme: Proportionalität ist nicht alles. In: Parlament 3/12, 4.

Lutz, 6

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Andere Autoren hingegen sehen nicht nur die Wahlrechtsgleichheit, sondern auch die Wahlfreiheit der Stimmenden durch zu grosse Quoren eingeschränkt. In diesem Sinn argumentiert etwa Andrea Töndury: «Die Wählenden werden faktisch gezwungen, bestimmte Parteien bzw. deren Kandidaten zu bevorzugen. Wählt nämlich der Stimmberechtigte den Kandidaten einer (zu kleinen) Minderheitspartei, geht seine Stimme verloren ­ sie verhallt schlicht ungehört.»22 Töndury äussert sich jedoch auch kritisch zu der vom Bundesgericht vorgeschlagenen Anwendung der wahlkreisübergreifenden Mandatsverteilung gemäss dem Doppelten Pukelsheim als Mittel zur Minderung der negativen Effekte zu kleiner Wahlkreise. Ihm scheint vielmehr in bestimmten Fällen die Neueinteilung des Wahlgebiets unumgänglich, «damit die Erfolgswertgleichheit auch in den Wahlkreisen und nicht nur über das gesamte Wahlgebiet gesehen gewahrt werden kann».23 Kritisiert wird das Verfahren gemäss dem Doppelten Pukelsheim auch von Boris Müller: «Damit werden Sinn und Zweck der Wahlkreise vollständig entleert, denn es ist möglich, dass aufgrund des Wahlverhaltens der Wähler in anderen Wahlkreisen in einem Wahlkreis ein Kandidat wird, den die dortigen Wähler gar nicht wollten.»24 Somit verkomme die Stimme des Wählers zu einer reinen Parteistimme. Müller spricht sich deshalb dafür aus, sachlich ungerechtfertigte ungleiche Wahlkreisaufteilungen so zu ändern, dass diese den verfassungsmässigen Anforderungen genügen.

Anderer Auffassung ist Anina Weber, gemäss welcher das Verteilungsverfahren nach dem Doppelten Pukelsheim als einziges Verfahren einen optimalen Proporz gewährleiste.25 Die Kantone müssten ihre Wahlrechtsgesetzgebungen anpassen, indem sie den Doppelten Pukelsheim einführen, Wahlkreisreformen vornehmen oder Wahlkreisverbände bilden würden. Dabei müsse die «bestmögliche Umsetzung der Garantie der politischen Rechte und damit die Gewährleistung eines möglichst umfassenden Schutzes der Wahlberechtigten ... gegenüber der Wahrung der kantonalen Souveränität Vorrang geniessen».26 Auch Pierre Tschannen weist dem Bundesgericht in der Durchsetzung der korrekten Anwendung des Proporzwahlrechts eine wichtige Rolle zu: «Es waren wesentlich die Gerichte, welche den egalitären Anspruch der politischen Rechte durchsetzen mussten; gegen Machtkartelle kommen Minderheiten aus eigener Kraft nicht auf.»27

22

23 24 25 26 27

Töndury, Andrea: Der ewige K(r)ampf mit den Wahlkreisen, in: Direkte Demokratie: Herausforderungen zwischen Politik und Recht. Festschrift für Andreas Auer zum 65. Geburtstag. Bern 2013, 59.

Töndury, 66 Müller, Boris: Wahlkreisprobleme, in: AJP 2014, 1314.

Weber, Rz. 1292 Weber, Rz, 1295 Tschannen, Pierre: Die Schwyzer Kantonsverfassung, das Bundesgericht und die Bundesversammlung. Ein Lehrstück, in: Berner Gedanken zum Recht. Festgabe der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bern für den Schweizerischen Juristentag 2014, 425.

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2

Grundzüge der Vorlage

2.1

Das «richtige» Wahlverfahren: eine politische Frage

Die hier dargelegten Positionen in der Literatur verdeutlichen, wie umstritten Wahlsysteme sind. Dies erklärt sich dadurch, dass verschiedene Wahlsysteme zu unterschiedlicher Vertretung der politischen Kräfte in den Parlamenten führen können.

Die Kommission ist der Auffassung, dass die Klärung solch umstrittener Fragen weitgehend politisch vorgenommen werden muss. Indem das Bundesgericht gewisse Grundsätze wie die Maximierung der Erfolgswertgleichheit zum Standard erklärt und dann auch arbiträre Quoren vorgibt, deren Einhaltung zur Erfüllung des Standards notwendig sei, begibt es sich ­ wie verschiedene Autoren festhalten ­ in den Bereich der Rechtsfortbildung.

Entwicklungen des Wahlrechts sollten jedoch in den Kantonen angestossen und beschlossen und nicht vom Bundesgericht aufoktroyiert werden. In den Kantonen soll die politische Auseinandersetzung um das für den Kanton richtige Wahlverfahren durchaus geführt werden. Dies kann und soll zu Reformen hergebrachter Wahlsysteme führen. Schliesslich geht es darum, dass das Wahlrecht von einer Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert und insbesondere auch verstanden wird. Das Aufdrängen undurchsichtiger Verfahren zur Mandatsverteilung unter Androhung von Sanktionen durch das Bundesgericht, falls man das Verfahren nicht in diesem Sinne ändere, trägt nicht zur demokratischen Legitimierung von Wahlverfahren bei.

Die Argumentation, dass in Kantonen Machtkartelle der Mehrheiten sich durch Wahlkreiseinteilungen vor den berechtigten Ansprüchen der Minderheiten schützen wollen, greift zu kurz. Häufig wird mit diesen Wahlkreiseinteilungen eben gerade versucht, regionale Minderheiten zu schützen. Die Maxime der Optimierung des Proporzes geht jedoch davon aus, dass es nur parteipolitische Minderheiten gibt.

Parteien spielen aber gerade im schweizerischen politischen System im Vergleich zu anderen Systemen eine weniger bedeutende Rolle, wobei dies in einigen Kantonen noch viel ausgeprägter der Fall ist.

2.2

Herstellung von Rechtssicherheit

Die oben dargelegte Rechtsprechung des Bundesgerichts zeigt, wie weit das Bundesgericht den Begriff «unverfälschte Stimmabgabe» interpretiert. In dogmatischer Weise wird festgelegt, dass die Erfolgswertgleichheit der Stimmen wahlkreisübergreifend gelten soll.

Das Bundesgericht argumentiert, dass es diese Interpretationen um der «Rechtssicherheit willen» vornimmt.28 Die Kommission teilt die Ansicht, dass Rechtssicherheit hergestellt werden muss. Mit seinen kritischen Äusserungen zum Majorzwahlrecht in jüngeren Urteilen hat das Bundesgericht aber eher zur Rechtsunsicherheit beigetragen. Solche weitgehende, politisch heikle Interpretationen sollen deshalb nicht durch Gerichte vorgenommen werden, sondern durch den Gesetzgeber. Da ein Gutachten des Bundesamtes für Justiz jedoch ergeben hat, dass 28

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BGE 136 I 376, E. 4.5

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der Bundesgesetzgeber keine Kompetenz zum Erlass von präzisierenden rechtlichen Vorgaben für kantonale Wahlsysteme hat, muss dies dem kantonalen Gesetzgeber überlassen bleiben. Damit der kantonale Gesetzgeber seine Verantwortung unter Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten entsprechend seinen Bedürfnissen wahrnehmen kann, braucht es offensichtlich eine verfassungsrechtliche Klärung auf Bundesebene.

2.3

«Freie» Ausgestaltung der Wahlverfahren (Antrag der Mehrheit)

In Artikel 39 BV soll neu festgehalten werden, dass die Kantone frei sind in der Ausgestaltung der Verfahren zur Wahl ihrer Behörden nach dem Grundsatz des Majorzes, des Proporzes oder nach einer Mischform. Im Weiteren sind sie ebenfalls frei in der Festlegung ihrer Wahlkreise und spezieller Wahlrechtsregelungen.

Damit können die nach jüngsten Urteilen des Bundesgerichts aufgetretenen Verunsicherungen betreffend der Zulässigkeit von Majorz- oder Mischsystemen beseitigt werden. Auch wird auch klargestellt, dass das Bundesgericht keine Vorgaben betreffend die Wahlkreisgrösse mehr machen darf. Im Weiteren darf den Kantonen auch nicht die Anwendung von Ausgleichsmechanismen wie der «Doppelte Pukelsheim» vorgeschrieben werden, falls kleinere Wahlkreise vorgesehen werden.

Wenn es heisst, dass die Kantone «frei» sind in der Ausgestaltung der Verfahren zur Wahl ihrer Behörden bedeutet dies nicht, dass für sie die Grundsätze in Artikel 8 und 34 der Bundesverfassung nicht gelten würden. Selbstverständlich hat jeder Kanton diese Grundsätze zu berücksichtigen. Nur sollen die Kantone selbst bestimmen, wie sie den Anforderungen dieser beiden Verfassungsbestimmungen im Zusammenhang mit den spezifischen Gegebenheiten ihres Kantons gerecht werden. So sollen die Kantone entscheiden, ob sie die Proporzregel innerhalb eines Wahlkreises oder wahlkreisübergreifend anwenden wollen und welche Wahlkreisgrössen sie zur Erfüllung ihrer Systemvorgaben als notwendig erachten. Hingegen soll das Bundesgericht sich nicht mehr auf diese beiden Verfassungsbestimmungen berufen können, um ein kantonales Wahlverfahren als bundesrechtswidrig zu erklären.

Die Kantone sind also frei in der Ausgestaltung der Verfahren zur Wahl ihrer Behörden, nicht jedoch in der Ausgestaltung ihres Wahlrechts. An den aus Artikel 8 BV resultierenden Anforderungen an das aktive und passive Wahlrecht wird mit dieser Vorlage nichts geändert.

2.4

Beschränkung der Eingriffe des Bundesgerichts durch die Verankerung seiner heutigen Praxis (Antrag der Minderheit)

In Artikel 39 BV soll gemäss aktueller Praxis des Bundesgerichts festgehalten werden, dass die Kantone ihre Wahlen gemäss dem Proporz-, dem Majorz- oder nach einem Mischsystem vornehmen können. Damit wird klargestellt, dass das Bundesgericht nicht über seine heutige Praxis hinausgehen und bestimmten Wahl15

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systemen inskünftig die Rechtmässigkeit absprechen darf. Damit können die nach jüngsten Urteilen des Bundesgerichts aufgetretenen Verunsicherungen betreffend der Zulässigkeit von Majorz- oder Mischsystemen beseitigt werden.

Zudem sollen die Kantone auch gemäss aktueller Praxis des Bundesgerichts bei der Festlegung ihrer Wahlkreise lokalen und regionalen Besonderheiten Rechnung tragen können. Somit kann etwa vom Erfordernis der Erfolgswertgleichheit der Stimmen im Proporzsystem abgewichen werden, wenn z.B. historische Gründe die Bildung kleinerer Wahlkreise nahelegen oder wahlkreisübergreifende Ausgleichsmechanismen vorgesehen werden.

3

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

3.1

Antrag der Mehrheit

Art. 39 Abs. 1 Dieser Absatz soll neu so formuliert werden, dass nur noch die Zuständigkeit des Bundes erwähnt wird, da die Kompetenz der Kantone im neuen Artikel 1bis geregelt ist.

Art. 39 Abs. 1bis Mit dem Absatz 1bis soll die Souveränität der Kantone bei Wahlverfahren auf kantonaler und kommunaler Ebene gestärkt und gefestigt werden. Er verleiht den Kantonen diesbezüglich mehr Kompetenzen.

Da die Kantone in der Ausgestaltung der Wahlverfahren auf kantonaler und kommunaler Ebene freie Hand haben sollen, wird die Tragweite der Artikel 8 und 34 BV in Bezug auf die Wahlverfahren auf kantonaler und kommunaler Ebene stark eingeschränkt. Die Wahlfreiheit der Kantone hinsichtlich dieser Verfahren wird grundsätzlich nicht mehr eingeschränkt werden können.

Ebenfalls frei sein sollen die Kantone bei der Festlegung der Wahlkreise sowie spezieller Wahlrechtsregelungen. Diese Regelung unterscheidet sich vom Antrag der Minderheit, welche diese Festlegung an gewisse Bedingungen knüpft («...können sie historischen, föderalistischen, kulturellen, sprachlichen, ethnischen oder religiösen Besonderheiten Rechnung tragen»).

Die Kommission erwog, Absatz 1bis dahingehend zu ergänzen, dass die Artikel 8 und 34 ausdrücklich erwähnt werden. Sie gelangte zum Schluss, dass es nicht notwendig ist, diese Artikel in Absatz 1bis aufzuführen. In den Vorarbeiten ist klar dargelegt worden, dass aufgrund des Begriffs «frei» keine auf Artikel 8 und 34 BV gestützte Einschränkung der Wahlfreiheit der Kantone bezüglich ihres Wahlsystems, ihrer Wahlkreise und ihrer speziellen Wahlrechtsregelungen möglich ist. Die Wahlfreiheit der Kantone beschränkt sich jedoch auf das Wahlverfahren. So ist es beispielsweise nicht möglich, die Frauen ihres Stimm- und Wahlrechts zu berauben.

Die speziellen Wahlrechtsregelungen beziehen sich auf die Regeln, die ein Kanton festlegen kann, um eine oder mehrere seiner lokalen oder regionalen Besonderheiten 16

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zu schützen. Die Regel, dass bei Regierungsratswahlen im Kanton Bern ein Sitz für französischsprachiges Mitglied reserviert ist, oder die Regel, wonach ein Bezirk im Kanton Wallis höchstens eine Staatsrätin beziehungsweise einen Staatsrat stellen darf, können hier als Beispiele angeführt werden.

Mit diesem Vorschlag soll das Bundesgericht dazu angehalten werden, nicht mehr wie in seiner jüngsten Rechtsprechung29 die Zusammenlegung von Wahlkreisen oder die Verwendung des Systems der doppelten Proportionalität, des sogenannten «Doppelten Pukelsheim», zu verlangen.

Zu guter Letzt werden in Absatz 1bis ausdrücklich die Mitglieder des Ständerates erwähnt, um sicherzustellen, dass diese Bestimmung auch für die Wahl der Ständerätinnen und Ständeräte gilt.

3.2

Antrag der Minderheit

Art. 39 Abs. 1 Absatz 1 ist mit jenem der Mehrheit identisch.

Art. 39 Abs. 1bis Mit diesem Vorschlag soll klarer zum Ausdruck gebracht werden, dass die Kantone bei Wahlverfahren auf kantonaler und kommunaler Ebene souverän sind.

Absatz 1bis soll die Autonomie der Kantone bei der Wahl ihres Systems untermauern, indem die ihnen offenstehenden Möglichkeiten aufgeführt werden: Proporz-, Majorz- oder Mischverfahren.

Die Kantone werden ermächtigt, ihre Wahlkreise unter Berücksichtigung ihrer historischen, föderalistischen, regionalen, kulturellen, sprachlichen, ethnischen oder religiösen Besonderheiten festzulegen. Mit dieser Formulierung werden die Kriterien der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichts übernommen.30 Diese erlaubt es den Kantonen, kleinere Wahlkreise zu bestimmen und diesen ­ auf Kosten des Proporzes ­ im Sinne eines Minderheitenschutzes einen Vertretungsanspruch einzuräumen.

Zu guter Letzt sollen auch die speziellen Wahlrechtsregelungen unter Berücksichtigung der obgenannten lokalen Besonderheiten festgelegt werden können. Mit diesem Zusatz soll beispielsweise bei Regierungsratswahlen im Kanton Bern der Sitz des französischsprachigen Mitglieds geschützt werden. Oder es soll die Einhaltung der Regel gewährleistet werden, wonach ein Bezirk im Kanton Wallis höchstens eine Staatsrätin beziehungsweise einen Staatsrat stellen darf. Die speziellen Wahlrechtsregelungen werden in den Standesinitiativen der Kantone Zug und Uri nicht ausdrücklich erwähnt; grundsätzlich fallen sie jedoch unter den allgemeinen Begriff «Wahlfragen», den beide Kantone verwenden.

29 30

BGE 140 I 394 und frühere Entscheide.

BGE 136 I 352 E. 4.1

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Der Vorschlag bezweckt die Anpassung von Artikel 39 BV an die jüngste Rechtsprechung des Bundesgerichts. Dieses fordert die Kantone zuweilen auf, Wahlkreisverbände zu bilden oder das System der doppelten Proportionalität, den sogenannten «Doppelten Pukelsheim», zu verwenden, um dem Sinn des Proporzsystems gerecht zu werden, dies jedoch ohne die Kantone in der Wahl ihres Systems, sei es nun das Majorz-, das Proporz- oder das Mischverfahren, einzuschränken.31 In Absatz 1bis ist festgehalten, dass die Kantone ihr Wahlsystem und ihre Wahlkreise wählen und spezielle Wahlrechtsregelungen erlassen «können»; eine vollständige Autonomie ist allerdings nicht vorgesehen. Dieser Absatz soll a priori also nicht zu einer Änderung der Gerichtspraxis führen, sondern sicherstellen, dass das Bundesgericht die Autonomie der Kantone in Bezug auf die kantonalen und kommunalen Wahlverfahren gemäss Artikel 8 und 34 BV nicht noch restriktiver auslegen kann.

4

Auswirkungen

4.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die Verfassungsänderung hat keine finanziellen und personellen Auswirkungen.

4.2

Vollzugstauglichkeit

Wie im geltenden Recht überlässt es die Verfassungsbestimmung den Kantonen, ihr Wahlrecht und das Wahlrecht der Gemeinden festzulegen. Der Vollzug obliegt also den Kantonen. Indem der Handlungsspielraum der Kantone erweitert und Rechtssicherheit geschaffen wird, kann den Kantonen der Vollzug eher erleichtert werden.

5

Erlassform

Die Zuständigkeiten im Bereich des Wahlrechts sind auf Verfassungsstufe zu regeln.

Abklärungen der Kommission haben ergeben, dass Vorgaben des Bundes zur Ausgestaltung kantonaler und kommunaler Wahlsysteme nicht auf Gesetzesstufe geregelt werden können (vgl. Ziff. 1.3.1).

31

18

BGE 140 I 394 und frühere Entscheide