18.035 Botschaft zur Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» und zu einem Bundesbeschluss über einen Rahmenkredit zur Aufstockung des Fonds de Roulement zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus vom 21. März 2018

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft beantragen wir Ihnen, die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» Volk und Ständen zur Abstimmung zu unterbreiten mit der Empfehlung, die Initiative abzulehnen. Gleichzeitig unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, einen mit der Volksinitiative eng zusammenhängenden Erlassentwurf (Entwurf zu einem Bundesbeschluss über einen Rahmenkredit zur Aufstockung des Fonds de Roulement zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus).

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

21. März 2018

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2017-3495

2213

Übersicht Die eidgenössische Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» verfolgt das Ziel, das Angebot an preisgünstigem Wohnraum zu erhöhen. Zu diesem Zweck soll die staatliche Förderung von preisgünstigen Wohnungen ausgebaut werden.

Der Bundesrat empfiehlt die Ablehnung der Volksinitiative. Er unterbreitet einen damit eng zusammenhängenden Erlassentwurf, nämlich einen Entwurf zu einem Bundesbeschluss über einen Rahmenkredit im Umfang von 250 Millionen Franken für die Aufstockung des Fonds de Roulement zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus.

Inhalt der Initiative Die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» des Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverbandes wurde am 18. Oktober 2016 mit 104 800 gültigen Unterschriften eingereicht. Sie fordert eine Anpassung und Ergänzung des bestehenden Verfassungsartikels über die Wohnbau- und Wohneigentumsförderung (Art. 108 der Bundesverfassung) mit dem Ziel, das Angebot an preisgünstigem Wohnraum zu erhöhen.

Vorzüge und Mängel der Initiative Die Volksinitiative greift einen für die Wohnraumversorgung in der Schweiz wichtigen Punkt auf. Für Wohnungssuchende, insbesondere für solche mit geringer Kaufkraft, ist es schwierig, eine ihren Bedürfnissen entsprechende Wohnung zu finden.

Indizien dafür sind die hohen Wohnkostenbelastungen der wirtschaftlich schwächeren Haushalte sowie die Zunahme des Pendlerverkehrs. Die mit der Volksinitiative geforderte Zielgrösse ­ 10 Prozent der jährlich neu erstellten Wohnungen sollen im Eigentum gemeinnütziger Bauträger sein ­ würde eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung vor allem für den Bund und auch die Kantone bedeuten. Zudem widerspricht die vorgegebene Quote einem marktwirtschaftlichen Verständnis von Wettbewerb unter den Investoren und Wohnungseigentümerinnen und -eigentümern. Die Volksinitiative ist deshalb weder realistisch noch marktkonform. Gleiches gilt für das postulierte Recht der Kantone und Gemeinden für geeignete Grundstücke ein Vorkaufsrecht einzuführen sowie für das Vorkaufsrecht für Kantone und Gemeinden bei Grundstücke, die im Eigentum des Bundes oder bundesnaher Betriebe stehen.

Auch die von der Volksinitiative geforderten Vorkehrungen zur Verhinderung des Verlustes von preisgünstigen Mietwohnungen im Zusammenhang mit Programmen der öffentlichen Hand zur Förderung von Sanierungen sind mit
einer Wohnungsversorgung nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen nicht vereinbar.

Der gemeinnützige Wohnungsbau, dessen Förderung bereits heute einen Verfassungsauftrag darstellt, spielt für die Wohnungsversorgung der wirtschaftlich schwächeren Haushalte sowie des Mittelstandes und für die Aufrechterhaltung der sozialen Durchmischung eine wichtige Rolle. Im Sinne einer marktergänzenden Förderung soll deshalb dieses Segment, das gut 4 Prozent des Wohnungsbestandes

2214

ausmacht, auf der Basis der bestehenden Gesetzesgrundlagen weiterhin unterstützt werden.

Antrag des Bundesrates In Einklang mit der bisherigen bundesrätlichen Politik beantragt der Bundesrat den eidgenössischen Räten mit dieser Botschaft, die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen. Gleichzeitig unterbreitet er gestützt auf die Ergebnisse der Vernehmlassung einen eng mit der Initiative verbundenen Erlassentwurf. Dieser betrifft einen Rahmenkredit im Umfang von 250 Millionen Franken, aus dem voraussichtlich ab 2020 während 10 Jahren der für die Darlehensgewährung an gemeinnützige Wohnbauträger bestehende Fonds de Roulement nach dem Wohnraumförderungsgesetz aufgestockt werden soll.

2215

BBl 2018

Inhaltsverzeichnis Übersicht

2214

1

Formelle Aspekte und Gültigkeit der Initiative 1.1 Wortlaut der Initiative 1.2 Zustandekommen und Behandlungsfristen 1.3 Gültigkeit

2218 2218 2219 2219

2

Ausgangslage für die Entstehung der Initiative 2.1 Entwicklung des Wohnungsmarktes 2.2 Aktuelle Wohnraum- und Eigentumsförderung des Bundes 2.2.1 Wohneigentumsförderung 2.2.2 Sozialer Wohnungsbau 2.2.3 Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus 2.3 Wohnungspolitik der Kantone und Gemeinden 2.4 Wohnungspolitische Entscheide des Bundesrates

2219 2219 2220 2221 2222 2222 2223 2223

3

Ziele und Inhalt der Initiative 3.1 Ziele der Initiative 3.2 Inhalt der Initiative

2224 2224 2224

4

Würdigung der Initiative 4.1 Würdigung der Anliegen der Initiative 4.2 Auswirkungen der Initiative bei einer Annahme 4.3 Vorzüge und Mängel der Initiative 4.4 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

2225 2225 2225 2226 2227

5

Schlussfolgerungen

2227

6

Bundesbeschluss über einen Rahmenkredit zur Aufstockung des Fonds de Roulement zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus 6.1 Ausgangslage 6.1.1 Perspektiven des Wohnungsmarktes und der Wohnungsversorgung 6.1.2 Planungs- und baurechtliche Rahmenbedingungen 6.1.3 Die Rolle der gemeinnützigen Wohnbauträger auf dem Wohnungsmarkt 6.1.4 Bedeutung des Fonds de Roulement für den gemeinnützigen Wohnungsbau 6.2 Die beantragte Regelung 6.3 Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung 6.4 Vernehmlassungsverfahren 6.4.1 Durchführung und Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens 6.4.2 Würdigung des Vernehmlassungsergebnisses

2216

2228 2228 2228 2229 2231 2232 2234 2234 2237 2237 2238

BBl 2018

6.5

6.6

6.4.3 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen 6.4.4 Umsetzung Auswirkungen 6.5.1 Auswirkungen auf den Bund 6.5.1.1 Finanzielle Auswirkungen 6.5.1.2 Personelle Auswirkungen 6.5.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 6.5.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 6.5.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft 6.5.5 Auswirkungen auf die Umwelt Rechtliche Aspekte 6.6.1 Verfassungsmässigkeit 6.6.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 6.6.3 Erlassform 6.6.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 6.6.5 Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

2239 2239 2240 2240 2240 2240 2241 2241 2241 2242 2242 2242 2242 2242 2243 2243

Anhänge 1-3

2245

Bundesbeschluss über die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» (Entwurf)

2249

Bundesbeschluss über einen Rahmenkredit zur Aufstockung des Fonds de Roulement zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus (Entwurf)

2251

2217

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Botschaft 1

Formelle Aspekte und Gültigkeit der Initiative

1.1

Wortlaut der Initiative

Die eidgenössische Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» hat den folgenden Wortlaut: Die Bundesverfassung1 wird wie folgt geändert: Art. 108 Abs. 1 und 5­8 Der Bund fördert in Zusammenarbeit mit den Kantonen das Angebot an preisgünstigen Mietwohnungen. Er fördert den Erwerb von Wohnungs- und Hauseigentum, das dem Eigenbedarf Privater dient, sowie die Tätigkeit von Trägern und Organisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus.

1

Er stellt sicher, dass Programme der öffentlichen Hand zur Förderung von Sanierungen nicht zum Verlust von preisgünstigen Mietwohnungen führen.

5

Er strebt in Zusammenarbeit mit den Kantonen eine stetige Erhöhung des Anteils der Wohnungen im Eigentum von Trägern des gemeinnützigen Wohnungsbaus am Gesamtwohnungsbestand an. Er sorgt in Zusammenarbeit mit den Kantonen dafür, dass gesamtschweizerisch mindestens 10 Prozent der neu gebauten Wohnungen im Eigentum dieser Träger sind.

6

Er ermächtigt die Kantone und die Gemeinden, zur Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus für sich ein Vorkaufsrecht für geeignete Grundstücke einzuführen.

Zudem räumt er ihnen beim Verkauf von Grundstücken, die in seinem Eigentum oder jenem bundesnaher Betriebe sind, ein Vorkaufsrecht ein.

7

Das Gesetz legt die Massnahmen fest, die zur Erreichung der Ziele dieses Artikels erforderlich sind.

8

Art. 197 Ziff. 122 12. Übergangsbestimmung zu Art. 108 Abs. 1 und 5­8 (Wohnbau- und Wohneigentumsförderung) Ist die Ausführungsgesetzgebung zu Artikel 108 Absätze 1 und 5­8 zwei Jahre nach dessen Annahme durch Volk und Stände noch nicht in Kraft getreten, so erlässt der Bundesrat auf diesen Zeitpunkt hin die Ausführungsbestimmungen vorübergehend auf dem Verordnungsweg.

1 2

SR 101 Die endgültige Ziffer dieser Übergangsbestimmung wird nach der Volksabstimmung von der Bundeskanzlei festgelegt.

2218

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1.2

Zustandekommen und Behandlungsfristen

Die eidgenössische Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» wurde von der Bundeskanzlei am 18. August 2015 vorgeprüft3 und am 18. Oktober 2016 eingereicht.

Mit Verfügung vom 15. November 2016 stellte die Bundeskanzlei fest, dass die Initiative mit 104 800 gültigen Unterschriften zustande gekommen ist.4 Die Initiative hat die Form des ausgearbeiteten Entwurfs. Der Bundesrat hat entschieden, zusammen mit der Botschaft zur Volksinitiative einen mit der Initiative eng zusammenhängenden Erlassentwurf vorzulegen. Nach Artikel 97 Absatz 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20025 (ParlG) hat der Bundesrat somit spätestens bis 18. April 2018 der Bundesversammlung den Erlassentwurf und eine Botschaft zu unterbreiten. Die Bundesversammlung hat bis 18. April 2019 über die Volksinitiative zu beschliessen. Sie kann diese Frist um ein Jahr verlängern, wenn mindestens ein Rat über einen Gegenentwurf oder einen mit der Volksinitiative eng zusammenhängenden Erlassentwurf Beschluss gefasst hat (Art. 100 und 105 Abs. 1 ParlG).

1.3

Gültigkeit

Die Initiative erfüllt die Anforderungen an die Gültigkeit nach Artikel 139 Absatz 3 der Bundesverfassung6 (BV): ­

Sie ist als vollständig ausgearbeiteter Entwurf formuliert und erfüllt somit die Anforderungen an die Einheit der Form.

­

Zwischen den einzelnen Teilen der Initiative besteht ein sachlicher Zusammenhang. Die Initiative erfüllt somit die Anforderungen an die Einheit der Materie.

­

Die Initiative verletzt keine zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts.

Sie erfüllt somit die Anforderungen an die Vereinbarkeit mit dem Völkerrecht.

2

Ausgangslage für die Entstehung der Initiative

2.1

Entwicklung des Wohnungsmarktes

Hintergrund der Initiative ist eine Entwicklung des Wohnungsmarktes, die ab 2002 und bis 2015 durch einen Nachfrageüberhang geprägt war. Dieser führte besonders in den städtischen und touristischen Regionen zu einer Marktverknappung und teilweise zu einem starken Anstieg der Angebotspreise von Mietwohnungen und 3 4 5 6

BBl 2015 6321 BBl 2016 8357 SR 171.10 SR 101

2219

BBl 2018

Eigentumsobjekten. Ein wichtiger Treiber der Nachfrage war neben der allgemein guten Wirtschaftslage das Bevölkerungswachstum. Die Einführung der vollen Personenfreizügigkeit gegenüber den EU-17- und den EFTA-Mitgliedsländern per 1. Juni 2007 hatte eine gegenüber den Vorjahren deutlich stärkere Zunahme der Wohnbevölkerung zur Folge. Diese fiel 2008 und 2013 mit jeweils über 100 000 Personen besonders markant aus. Allein zur Deckung dieser zusätzlichen Nachfrage wäre jährlich eine Angebotsausweitung von rund 50 000 Wohnungen nötig gewesen.

Zwischen 2007 und 2012 kamen jährlich im Schnitt aber nur rund 43 000 Wohnungen neu auf den Markt. In der Folge nahm die Leerwohnungsziffer ab 2006 (­1,06 %) bis 2012 (­0,95 %) ab. Erst ab 2013 (0,97 %), als über 50 000 Wohnungen erstellt wurden, stieg die Leerwohnungsziffer an und erreichte 2016 für die ganze Schweiz 1,30 Prozent.

Die Knappheit äusserte sich in Preiserhöhungen der Wohnungsangebote, die gesamtschweizerisch zwischen 2005 und 2016 bei den Mietwohnungen rund 30 Prozent, bei den Einfamilienhäusern rund 40 Prozent und bei den Wohnungen im Stockwerkeigentum gegen 50 Prozent ausmachten.7 In den peripheren Regionen fiel der Preisanstieg deutlich geringer, an einzelnen «Hotspots» markant stärker aus. Ein Treiber des überdurchschnittlichen Preisanstiegs im Eigentumsbereich waren die Hypothekarzinssätze, die sich in der hier betrachteten Periode stark zurückbildeten, was eine deutliche Erhöhung der Nachfrage nach Wohneigentum zur Folge hatte.

Der für die Mietzinsentwicklung massgebende Referenzzinssatz sank zwischen 2008 und 2016 von 3,50 Prozent auf 1,75 Prozent. Trotzdem stieg in dieser Periode der Mietpreisindex, der sich grossmehrheitlich auf Bestandesmieten abstützt, kontinuierlich um im Schnitt rund 1 Prozent pro Jahr an. Dies ist zum einen ein Hinweis darauf, dass viele Mieterinnen und Mieter keine Mietzinsreduktion verlangten. Zum andern ist der Anstieg das Resultat von Investitionen in den Wohnungsbestand, häufig in Form von energetischen und weiteren wertvermehrenden Sanierungen.

2.2

Aktuelle Wohnraum- und Eigentumsförderung des Bundes

Gegenstand der Initiative ist Artikel 108 BV. Dieser beauftragt den Bund, den Wohnungsbau, den Erwerb von selbstgenutztem Wohnungs- und Hauseigentum sowie die Tätigkeit von Trägern und Organisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus zu fördern. Dabei sind namentlich die Interessen von Familien, Betagten, Bedürftigen und Behinderten zu berücksichtigen. Die drei Förderanliegen haben den gleichen Stellenwert und wurden mit den Massnahmen nach dem Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetz vom 4. Oktober 19748 (WEG) zwischen 1975 und 2001 umfassend umgesetzt. Mit dem Wohnraumförderungsgesetz vom 21. März 20039 (WFG) erfolgte eine Einschränkung des Förderbereichs: Auf allgemeine Massnahmen zur Förderung des Wohnungsbaus, wie die Beschaffung und Erschliessung von 7 8 9

Angebotspreisindizes gemäss Wüest Partner: Die Indizes sind abrufbar unter www.wuestpartner.com > Daten > Indizes.

SR 843 SR 842

2220

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Land oder die Baurationalisierung, wurde verzichtet. Zudem wurden im Rahmen des Bundesgesetzes vom 19. Dezember 200310 über das Entlastungsprogramm 2003 die sozial- und eigentumspolitisch motivierten WFG-Massnahmen zur Reduktion der Wohnkosten von Eigentümer- und Mieterhaushalten sistiert. Im Folgenden wird die heutige Umsetzung von Artikel 108 BV dargelegt.

2.2.1

Wohneigentumsförderung

Dem Auftrag zur Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums kommt der Bund mit der vorteilhaften Ausgestaltung der Eigenmietwertbesteuerung sowie den steuerlich begünstigten Vorbezugsmöglichkeiten aus den Säulen 2 und 3a nach. Bei der Eigenmietwertbesteuerung wird der Fördereffekt namentlich dadurch erzielt, dass die Kantone die als Einkommen anzurechnenden Eigenmietwerte teils deutlich unter den Marktmietwerten ansetzen. Auch die steuerlichen Abzugsmöglichkeiten von Investitionen im Bereich des Energiesparens und des Umweltschutzes sowie der denkmalpflegerischen Arbeiten haben einen fördernden Charakter. Bei den Vorbezugsmöglichkeiten aus den Säulen 2 und 3a besteht der Förderanreiz in der Möglichkeit, die Vorsorgemittel bereits vor dem Vorsorgefall (Alter, Tod oder Invalidität) zur Bildung von Wohneigentum zu beziehen, verbunden mit der vorangehenden steuerlichen Abzugsfähigkeit der Vorsorgebeiträge. Beim Vorbezug von Vorsorgeguthaben der zweiten Säule und der Säule 3a für den Erwerb von Wohneigentum kommt für die Besteuerung der privilegierte Vorsorgetarif zur Anwendung.

Massnahmen zur Förderung des selbstgenutzten Eigentums sind auch im bis Ende 2001 praktizierten WEG-Programm enthalten: Mit Bürgschaften, rückzahlbaren Darlehen (Grundverbilligungsvorschüsse) und ­ bei eingehaltenen Einkommensund Vermögenslimiten sowie Belegungsvorschriften ­ individuellen A-Fondsperdu-Beiträgen (Zusatzverbilligung) wurde wirtschaftlich schwächeren Haushalten der Zugang zu preisgünstigem Wohneigentum ermöglicht. Von diesen Unterstützungen haben rund 37 000 Eigentümerinnen und Eigentümer profitiert. Seit 2002 erfolgen keine neuen Förderzusagen mehr. Im Rahmen der bis zu diesem Zeitpunkt abgeschlossenen öffentlich-rechtlichen WEG-Verträge werden die Hilfen noch bis zur Beendigung der Laufzeit der einzelnen Geschäfte von in der Regel 25 Jahren gewährt.

In der WEG-Periode hat der Bund einen Fonds de Roulement im Umfang von 30 Millionen Franken geäufnet, der von der Schweizerischen Stiftung zur Förderung von Wohneigentum (SFWE) treuhänderisch verwaltet wird. Seit 1992 gewährt die im ländlichen Raum verankerte Stiftung rückzahlbare und verzinsliche Darlehen für die Erneuerung oder den Neubau von selbstgenutztem Wohneigentum. Primäre Zielgruppe sind sozial schwächere Wohnungs- und Hauseigentümerinnen und -eigentümer,
die in der Landwirtschaft tätig sind.

Das WFG sieht zur Unterstützung des preisgünstigen Wohneigentums auch Rückbürgschaften an Hypothekar-Bürgschaftsgenossenschaften für Wohneigentumsförderung vor. Diese Unterstützung ist 2008 sistiert worden.

10

AS 2004 1633

2221

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2.2.2

Sozialer Wohnungsbau

Die bis Ende 2001 neu gewährten Objekthilfen nach dem WEG konnten von allen Investorentypen beantragt werden, die sich verpflichteten, die damit verbundenen Vorgaben einzuhalten. Mit den Zusatzverbilligungen enthält die WEG-Förderung ein sozialpolitisch motiviertes Subjekthilfeelement: Zur individuellen Verbilligung der Wohnkosten in WEG-Wohnungen werden an Haushalte in bescheidenen finanziellen Verhältnissen Beiträge ausgerichtet, sofern und solange Belegungsvorschriften sowie Einkommens- und Vermögenslimiten eingehalten sind.

Wie bereits erwähnt, enthält auch das WFG eine sozial ausgerichtete Förderung im Mietwohnungs- und Wohneigentumsbereich. Das Parlament hat die Vergabe von vergünstigten Direktdarlehen im Rahmen des Bundesgesetzes vom 19. Dezember 200311 über das Entlastungsprogramm 2003 sistiert. Der Bundesrat hat 2007 entschieden, die Wohnbauhilfen ab 2009 auf die indirekte Förderung gemeinnütziger Bauträger durch Fonds-de-Roulement-Darlehen und Garantieleistungen zu beschränken.

2.2.3

Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus

Der von der BV vorgegebene Auftrag zur Förderung der Tätigkeit von Trägern und Organisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus wird gestützt auf das WFG indirekt über schweizweit tätige Organisationen folgendermassen umgesetzt: ­

Der Bund äufnete bis 2017 einen Fonds de Roulement, der von den beiden Dachorganisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus (Wohnbaugenossenschaften Schweiz und Wohnen Schweiz) treuhänderisch verwaltet wird.

Daraus werden den gemeinnützigen Wohnbauträgern verzinsliche und rückzahlbare Darlehen zur Verfügung gestellt.

­

Er verbürgt die Anleihen der Emissionszentrale für gemeinnützige Wohnbauträger (EGW), die eine langfristige Kapitalaufnahme der EGW-Mitglieder zu günstigen Zinskonditionen erlaubt.

­

Er gewährt Rückbürgschaften an die Hypothekar-Bürgschaftsgenossenschaft schweizerischer Bau- und Wohnbaugenossenschaften (HBG), wodurch die Wohnbaufinanzierung erleichtert und eine geringere Zinsbelastung ermöglicht wird.

Das Parlament hat für die EGW-Bürgschaften und die Rückbürgschaften zugunsten der HBG letztmals 2015 einen Rahmenkredit in der Höhe von 1900 Millionen Franken für den Zeitraum von Mitte 2015 bis 2021 gesprochen. Die drei seit 2003 gesprochenen Rahmenkredite für Eventualverpflichtungen hatten bis anhin keine finanziellen Folgen für den Bund.

11

AS 2004 1633, hier 1645

2222

BBl 2018

2.3

Wohnungspolitik der Kantone und Gemeinden

Ein Grossteil der mit der Volksinitiative ebenfalls angesprochenen Kantone hat in den Siebziger- und Achtzigerjahren eigene Gesetze mit Zusatzmassnahmen zur WEG-Förderung des Bundes erlassen. Diese Förderprogramme verlieren mit dem sukzessiven Auslaufen der WEG-Förderung an Bedeutung. Einzelne Kantone, insbesondere Zürich, Zug, Basel-Stadt, Genf und Waadt setzen eigene, vom Bund unabhängige Programme um. Angewandt werden dabei vor allem Finanzierungshilfen. Insbesondere die Kantone Basel-Stadt und Genf sehen zudem gezielte Subjekthilfen zugunsten der wirtschaftlich schwachen Marktteilnehmerinnen und -teilnehmer vor. Die Mehrheit der Kantone kennt keine eigenen Förderaktivitäten.

Auch einige Städte und Gemeinden setzen Förderaktivitäten um. Zum Einsatz kommen unter anderem Darlehen, Bürgschaften und Mietzinsbeiträge. Entsprechende Programme kennen beispielsweise die Städte Zürich, St. Gallen, Genf und Lausanne. Einzelne Städte und Gemeinden sind bodenpolitisch aktiv und geben Land im Baurecht an gemeinnützige Bauträger ab. Punktuell werden zur Förderung von preisgünstigem Wohnraum auch raumplanerische Massnahmen in Form von Nutzungsprivilegien und Vorgaben zur Nutzungsplanung umgesetzt.

2.4

Wohnungspolitische Entscheide des Bundesrates

Angesichts der damals vielerorts angespannten Lage hat sich der Bundesrat am 15. Mai 2013 auf der Basis eines Aussprachepapiers des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) mit der Situation auf dem Wohnungsmarkt befasst. Er hat in diesem Zusammenhang bekräftigt, dass die Wohnraumversorgung in der Schweiz auch künftig in erster Linie durch die Privatwirtschaft nach marktwirtschaftlichen Kriterien erfolgen soll. Die öffentliche Hand ist zuständig für die Marktregeln, der Bund in erster Linie für das im Obligationenrecht12 (OR) normierte Mietrecht. Zudem soll der Bund im Rahmen der Wohnraumförderung marktergänzend weiterhin zur Schliessung von Angebotslücken beitragen und zu diesem Zweck die bestehende Partnerschaft mit den Organisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus fortsetzen. Der Bundesrat hat ferner konkrete Massnahmen zur Erhaltung von bestehendem und zur Bereitstellung von zusätzlichem preisgünstigem Wohnraum geprüft. Schliesslich hat er in Zusammenarbeit mit der Volkswirtschaftsdirektorenkonferenz (VDK) und dem Schweizerischen Städteverband (SSV) einen wohnungspolitischen Dialog zwischen Bund, Kantonen und Städten lanciert. Dieser bezweckt die Abklärung des Bedarfs für weitere Massnahmen sowie die verbesserte Koordination der wohnungspolitischen Aktivitäten zwischen den drei Staatsebenen. Die Inhalte und Ergebnisse des wohnungspolitischen Dialogs sind im Bericht der Arbeitsgruppe vom 12. Dezember 201613 «Wohnungspolitischer Dialog Bund, Kantone und Städte» zusammengefasst.

12 13

SR 220 Der Bericht ist abrufbar unter www.bwo.admin.ch > Wohnungspolitik > Wohnungspolitik Bund > Wohnungspolitischer Dialog > Dokumente.

2223

BBl 2018

Einzelne der geprüften Massnahmen wurden in der Folge umgesetzt: Die Pflicht zur Weitergabe von Förderleistungen für energetische Massnahmen im Mietbereich, die Verlängerung der Anspruchsberechtigung für Wohnkostenbeiträge nach dem WEG (Zusatzverbilligungen) von 19 auf 21 Jahre oder ­ zur Stärkung des gemeinnützigen Sektors ­ die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Fonds-de-RoulementDarlehen auf den Landerwerb. Zudem hatte der Bundesrat eine Teilrevision des Mietrechts im OR vorgeschlagen. Die Botschaft vom 27. Mai 201514 zur Änderung des Obligationenrechts (Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen) sah unter anderem vor, dass bei einem Mieterwechsel neu in der ganzen Schweiz mittels Formular der bisherige Mietzins bekanntgegeben und eine allfällige Mietzinserhöhung begründet werden müssen. Das Parlament ist indessen nicht auf die entsprechende Gesetzesvorlage eingetreten.

Zusätzliche Massnahmen hat der Bundesrat nach einer Prüfung verworfen. Dazu gehörten mietrechtliche Eingriffe in die Preisbildung, die bessere Zugänglichmachung von Grundstücken des Bundes und bundesnaher Betriebe für den preisgünstigen oder den gemeinnützigen Wohnungsbau, ein Vorkaufsrecht der Gemeinden zugunsten des preisgünstigen Wohnungsbaus oder eine Anpassung des Gebäudeprogramms von Bund und Kantonen zur Förderung von energetischen Sanierungen, die den Erhalt von preisgünstigem Wohnraum begünstigen würden.

3

Ziele und Inhalt der Initiative

3.1

Ziele der Initiative

Mit der Initiative wird das Ziel verfolgt, das Angebot an preisgünstigem Wohnraum zu erhöhen. Zu diesem Zweck soll die staatliche Förderung von preisgünstigen Wohnungen ausgebaut werden. Ferner sollen Schutzbestimmungen zugunsten des Erhalts von preisgünstigem Wohnraum in die BV eingeführt werden. Die Initiantinnen und Initianten reagieren mit der Initiative auf die Marktentwicklung der letzten Jahre und auf die in diesem Zusammenhang auf Bundesebene gefällten wohnungspolitischen Entscheide.

3.2

Inhalt der Initiative

Die Initiative verlangt, in Artikel 108 BV folgende Massnahmen und Instrumente zu verankern:

14

­

An die Stelle der bisher vorgesehenen generellen Förderung des Wohnungsbaus soll die Förderung des Angebots an preisgünstigen Mietwohnungen treten. Diese ist in Zusammenarbeit mit den Kantonen umzusetzen.

­

Es soll durch geeignete Vorkehrungen verhindert werden, dass Programme der öffentlichen Hand zur Förderung von Sanierungen zum Verlust von preisgünstigen Mietwohnungen führen.

BBl 2015 4087

2224

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­

Der Anteil des gemeinnützigen Wohnungsbaus an den neu gebauten Wohnungen soll gesamtschweizerisch bei mindestens 10 Prozent liegen.

­

Die Kantone und Gemeinden sollen ermächtigt werden, zur Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus für sich ein Vorkaufsrecht für geeignete Grundstücke einzuführen. Zudem soll der Bund den Kantonen und Gemeinden beim Verkauf von Grundstücken des Bundes oder bundesnaher Betriebe ein Vorkaufsrecht einräumen.

Die zur Erreichung der genannten Ziele erforderlichen Massnahmen sollen gesetzlich festgelegt werden.

4

Würdigung der Initiative

4.1

Würdigung der Anliegen der Initiative

Die Initiative zielt darauf ab, dass alle Bevölkerungsschichten in der Lage sein sollen, das Grundbedürfnis «Wohnen» angemessen zu befriedigen. Dieses Grundanliegen steht in Einklang mit dem Sozialziel in Artikel 41 BV. Danach setzen sich Bund und Kantone in Ergänzung zur privaten Initiative für eine angemessene Wohnungsversorgung zu tragbaren Bedingungen für alle Bevölkerungskreise ein. Entsprechend diesem Sozialziel will die Initiative auch im spezifischen Artikel 108 BV neu die Kantone in die Pflicht nehmen. Auch der Bundesrat ist der Auffassung, dass neben dem Bund die Kantone (und die Gemeinden) eine Verantwortung in der Wohnungspolitik haben. Diese Staatsebenen kennen die regionalen und örtlichen Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt und sie verfügen auch über Instrumente für die Wohnbauförderung. Die Kantone sollen aber weiterhin selber entscheiden können, in welchem Ausmass und mit welchen Instrumenten sie sich im Wohnungswesen engagieren.

Zur Umsetzung des Grundanliegens will die Initiative neben Massnahmen gegen den Verlust von preisgünstigem Wohnraum im Zusammenhang mit öffentlich subventionierten Sanierungen von Wohngebäuden den Anteil der Wohnungen im Eigentum gemeinnütziger Bauträger erheblich ausweiten. Nach Ansicht der Initiantinnen und Initianten nehmen Bund und Kantone den bestehenden Verfassungsauftrag unzureichend wahr. Mit einer Zielgrösse und mit neuen Instrumenten will die Initiative ein stärkeres Engagement der öffentlichen Hand in der BV festschreiben.

4.2

Auswirkungen der Initiative bei einer Annahme

Eine Quote von 10 Prozent der neu gebauten Wohnungen im Eigentum von gemeinnützigen Wohnbauträgern würde gegenüber deren heutigem Bauvolumen mindestens einer Verdreifachung entsprechen. Die Umsetzung würde den Einsatz umfangreicher zusätzlicher Finanzmittel von Bund und Kantonen erfordern. Selbst wenn das erforderliche Volumen über den Fonds de Roulement erreicht werden könnte, was jedoch nicht realistisch erscheint, wären rund fünfmal mehr Darlehen und damit zusätzliche Mittel in der Grössenordnung von 120 Millionen Franken pro Jahr 2225

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erforderlich. Zudem würde ein derart umfassendes Programm auf beiden Staatsebenen einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand generieren. Der Bundesrat erachtet eine solche Mehrbelastung des Staates aufgrund der finanzpolitischen Rahmenbedingungen für nicht vertretbar. Ferner ist zu bezweifeln, dass die für die Erfüllung der Quote notwendigen investitionswilligen Bauträger überhaupt vorhanden wären.

Allenfalls müsste die öffentliche Hand selber als Bauherrin dafür sorgen, dass der geforderte Anteil erreicht wird.

Die mit der Initiative geforderten Vorkehrungen zur Verhinderung des Verlusts von preisgünstigen Mietwohnungen im Zusammenhang mit Programmen der öffentlichen Hand zur Förderung von Sanierungen würden neue Gesetzesbestimmungen erfordern. Solche könnten zum Beispiel die Einführung von Kündigungsverboten oder von Mietzinsbegrenzungen bei subventionierten Liegenschaftserneuerungen oder eine Erhöhung der Subventionen betreffen.

Ein Vorkaufsrecht zugunsten von Kantonen und Gemeinden hätte zur Folge, dass diese Körperschaften bei Grundstücksgeschäften die Möglichkeit hätten, die betreffende Liegenschaft zu demjenigen Preis zu erwerben, der mit dem ursprünglichen Kaufinteressenten vereinbart wurde. In Einzelfällen könnten kaufwillige Kantone und Gemeinden Grundstücke erwerben und anschliessend zum Beispiel im Baurecht an gemeinnützige Bauträger weitergeben.

Als Folge einer Einräumung von Vorkaufsrechten würden schliesslich die Geschäfts- und Immobilienstrategien von Bund und bundesnaher Betriebe eingeengt.

4.3

Vorzüge und Mängel der Initiative

Der Bundesrat ist der Meinung, dass sich die bisherige Politik bewährt hat. Diese vertraut den Marktkräften und ist in der Förderung zurückhaltend. Es besteht kein Bedarf für zusätzliche Massnahmen. Zudem sind die von der Initiative geforderten Instrumente kritisch zu beurteilen. Die Vorgabe, dass künftig 10 Prozent der neu erstellten Wohnungen im Eigentum gemeinnütziger Bauträger sein sollen, widerspricht einem marktwirtschaftlichen Verständnis von Wettbewerb unter den Investoren und Wohnungseigentümerinnen und -eigentümern. Das postulierte Vorkaufsrecht für Kantone und Gemeinden zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus ist ebenfalls nicht marktneutral. Unter anderem würde es die Vorkaufsberechtigten gegenüber anderen Marktteilnehmerinnen und -teilnehmern privilegieren. Zudem haben die Kantone bereits heute die Kompetenz, auf ihrem Gebiet ein Vorkaufsrecht einzuführen. Sie benötigen dazu keine Ermächtigung durch den Bund. Gestützt auf den Bericht «Vorkaufsrecht der Gemeinden»15 des Bundesamts für Wohnungswesen (BWO) hat der Bundesrat bereits am 17. Dezember 2014 entschieden, das Vorkaufsrecht für Gemeinden vorderhand nicht weiterzuverfolgen. Dabei hat er darauf hingewiesen, dass er auf diesen Entscheid zurückkommen könnte, wenn sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt in der nächsten Zeit zusätzlich anspannen sollte. Dieses 15

Der Bericht ist abrufbar unter www.bwo.admin.ch > Das BWO > Medien > Medienmitteilungen > Bundesrat will wohnungspolitischen Dialog weiterführen (Medienmitteilung vom 17. Dez. 2014).

2226

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Szenario ist nicht eingetroffen. Die Leerwohnungsziffer ist ab dem Zeitpunkt des Bundesratsentscheides kontinuierlich angestiegen.

Das verlangte Vorkaufsrecht von Kantonen und Gemeinden beim Verkauf von Grundstücken, die im Eigentum des Bundes oder bundesnaher Betriebe sind, ist nicht zielführend und darum abzulehnen. Nicht alle Grundstücke des Bundes sind für den gemeinnützigen Wohnungsbau geeignet. Beabsichtigt der Bund, Grundstücke oder Liegenschaften zu verkaufen, fragt er den Kanton, die Gemeinde und Private in dieser Reihenfolge an. Der Kanton und die Gemeinde haben somit bereits heute die Möglichkeit, das Objekt zu einem Marktpreis zu erwerben. Dies wäre bei einem statuierten unlimitierten Vorkaufsrecht nicht anders. Grundstücke der SBB werden in aller Regel nicht veräussert. Die SBB sind durch den Bundesrat über die strategischen Ziele verpflichtet, aus der Immobilienbewirtschaftung einen Ertrag zu erwirtschaften, der unter anderem für die Aufrechterhaltung der Infrastruktur eingesetzt werden muss.

Energetische Gebäudesanierungen sind aus Gründen der Werterhaltung und Nachhaltigkeit zu begrüssen. Aus Sicht der Mieterschaft können sie aber den Verlust einer preisgünstigen Wohnung bedeuten. Das Anliegen, bei der Förderung von Gebäudeerneuerungen preisgünstige Wohnungen zu erhalten, erscheint auf den ersten Blick berechtigt, weil hierfür in Form des Gebäudeprogramms eine Förderung besteht, die von den Mietern über die CO2-Abgabe finanziert wird. Vorschläge zur Berücksichtigung dieses Anliegens sind indessen im Parlament bereits im Zusammenhang mit der Energiestrategie 2050 diskutiert und verworfen worden. So hat der Nationalrat am 3. Dezember 2014 einen Antrag abgelehnt, wonach Massnahmen im Gebäudebereich nur unterstützt werden sollten, wenn die Kantone Massnahmen ergreifen, um missbräuchliche Mietzinserhöhungen bei Wohn- und Gewerbeimmobilien zu verhindern.16 Und der Ständerat hat am 23. September 2015 einen Antrag verworfen, wonach Sanierungen nur gefördert werden sollten, wenn sie nicht zur Auflösung von Mietverhältnissen führen.17

4.4

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Aus der Initiative ergeben sich keinerlei Konflikte mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz.

5

Schlussfolgerungen

Der Wohnungsmarkt ist seit jeher durch Zyklen geprägt. In Phasen mit einem Nachfrageüberhang reagieren, meist etwas verspätet, die Investoren und weiten das Angebot aus. Bei sich aufbauenden Leerständen werden die Investitionen zurückgefahren, was häufig einen Zyklus mit erneut angespannten Märkten einleitet. Nach 16 17

AB 2014 N 2112 AB 2015 S 991

2227

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Ansicht des Bundesrates sollte sich die Wohnungspolitik nicht an Zyklen orientieren. In aller Regel werden Massnahmen zum falschen Zeitpunkt ergriffen. Dies gilt auch für die von der Initiative verlangten Eingriffe. Gerade der jüngste Marktzyklus hat gezeigt, dass sich das Prinzip der marktwirtschaftlichen Wohnungsversorgung bewährt. Ohne Änderung der Regulierungen hat die Angebotsseite auf eine Phase mit Nachfrageüberhang reagiert und das Neubauvolumen ausgeweitet.

Die Bevölkerung ist im Durchschnitt ausreichend, zu tragbaren Bedingungen und mit gutem Wohnraum versorgt. Dank günstiger Rahmenbedingungen konnten sich seit der Jahrtausendwende viele Haushalte eine eigene Wohnung oder ein eigenes Haus leisten. Die Eigentumsquote ist seit 2000 von 34,6 Prozent auf 38,4 Prozent im Jahre 2015 angestiegen. Mieterinnen und Mieter, die seit längerer Zeit in derselben Wohnung leben, haben aufgrund des rückläufigen Referenzzinssatzes teilweise Mietzinsreduktionen erhalten. Markteingriffe, wie sie die Initiative verlangt, sind nicht nötig. Deshalb und weil die Umsetzung der Massnahmen die Haushalte von Bund und Kantonen über Gebühr belasten würde, empfiehlt der Bundesrat die Initiative zur Ablehnung. Der Bundesrat ist sich bewusst, dass es unabhängig von der jeweiligen Marktlage Bevölkerungsgruppen gibt, die aufgrund der persönlichen Lebensumstände, ihrer finanziellen Situation oder spezieller Wohnbedürfnisse Mühe haben, sich ohne öffentliche Hilfeleistungen und Massnahmen angemessen mit Wohnraum zu versorgen. Im Sinne einer strukturellen Unterstützung sieht der Bundesrat deshalb vor, die marktergänzende Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus fortzusetzen. Diese auf zehn Jahre befristete finanzielle Unterstützung des gemeinnützigen Wohnungsbaus durch den Bund kann und soll wie bis anhin bei Bedarf von den Kantonen und Gemeinden gezielt ergänzt werden.

6

Bundesbeschluss über einen Rahmenkredit zur Aufstockung des Fonds de Roulement zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus

6.1

Ausgangslage

6.1.1

Perspektiven des Wohnungsmarktes und der Wohnungsversorgung

Seit 2013 schwankt die Zahl der jährlich neu gebauten Wohnungen um 50 000 Einheiten. Für 2016 und 2017 darf aufgrund der gewährten Baubewilligungen ein Wert von gut 50 000 Wohnungen erwartet werden. Weil diese immer häufiger über Ersatzneubauten auf den Markt kommen, muss die Netto-Angebotsausweitung allerdings etwas tiefer angesetzt werden. Das Bevölkerungswachstum fiel 2015 und 2016 etwas geringer aus als in den Vorjahren und dürfte auch 2017 noch etwas zurückgegangen sein. Deshalb hat die Nachfrageentwicklung mit jener des Angebots in einer schweizweiten Betrachtung nicht überall Schritt gehalten. Am 1. Juni 2017 wurde eine gegenüber dem Vorjahr (1,30 %) erhöhte Leerwohnungsziffer von 1,45 Prozent ermittelt. Von den im Juni 2017 in der Schweiz ausgewiesenen rund 64 000 freien Wohnungen sind rund 80 Prozent Mietwohnungen. Die regionalen Unterschiede haben sich akzentuiert. Während mit Ausnahme von Bern in allen Agglomerationen der fünf grössten Städte die Leerwohnungsquote weiterhin weniger als 1 Prozent 2228

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ausmacht, gibt es an weniger zentralen Standorten einen teilweise deutlichen Angebotsüberschuss. Auch die aktualisierte Untersuchung im Auftrag des BWO über die Auswirkungen der Personenfreizügigkeit auf den Wohnungsmarkt konstatierte für 2016 ein landesweites Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage.18 Sie stellte fest, dass die Entspannung im Mietwohnungsmarkt vor allem Angebote im teuren und regional auch im mittleren Preissegment betrifft. Anhaltend knapp ist der Markt weiterhin im unteren Preissegment.19 Mit der Angebotsausweitung hat sich die Preisentwicklung beruhigt. Bei den Mietwohnungen sind seit 2016 erstmals seit vielen Jahren wieder vielerorts sinkende Angebotspreise auszumachen. Dagegen sind auch 2017 an gewissen Standorten die Preise von Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen weiter gestiegen.

Die mittel- und längerfristigen Perspektiven des Wohnungsmarktes werden auf der Nachfrageseite durch die Konjunkturentwicklung und die damit verbundene Nachfrage nach (ausländischen) Arbeitskräften, vom Bevölkerungswachstum und der Lohnentwicklung bestimmt. Angebotsseitig ist nach marktwirtschaftlicher Logik davon auszugehen, dass sich die Investoren vor allem in Regionen mit Angebotsüberschüssen künftig vermehrt zurückhalten.

Mit der festgestellten Entspannung haben sich für die grosse Mehrheit der Wohnungssuchenden die Wahlmöglichkeiten ausgeweitet. Dennoch bleibt die Situation für die angesprochenen benachteiligten Bevölkerungsgruppen vielerorts schwierig.

Zu berücksichtigen ist ferner die demografische Alterung und die damit verbundene Unternutzung von Einfamilienhäusern. Viele Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer wären zu einem Umzug bereit, wenn eine kleinere Mietwohnung nicht teurer wäre als das zu gross gewordene Einfamilienhaus. Schliesslich ist zu bedenken, dass eine 2015 im Rahmen des Nationalen Programms zur Prävention und Bekämpfung von Armut in der Schweiz durchgeführte Untersuchung aufgezeigt hat, dass 84 Prozent aller von Armut betroffenen Haushalte (rund 10 % der Haushalte) keine angemessene Wohnsituation kennen. Bei gut vier Fünfteln dieser Haushalte machen die Wohnkosten über 30 Prozent des Bruttoeinkommens aus, was zu Einschränkungen in anderen Lebensbereichen führt. Als besonders kritisch wird die Situation in den Städten beschrieben.20

6.1.2

Planungs- und baurechtliche Rahmenbedingungen

In den Diskussionen zum preisgünstigen Wohnungsbau wird immer wieder auf planungs- und baurechtliche Hemmnisse aufmerksam gemacht. Der im letzten Jahrzehnt erfolgte Preisanstieg resultierte aus dem Umstand, dass das Wohnungsangebot 18 19 20

Die Resultate sind abrufbar unter www.bwo.admin.ch > Wohnungsmarkt > Marktwirtschaftliche Wohnungsversorgung > Personenfreizügigkeit und Wohnungsmarkt.

Siehe Karte in Anhang 1.

Bundesamt für Sozialversicherungen / Bundesamt für Wohnungswesen (Hrsg.) (2015): Wohnversorgung in der Schweiz, Bestandsaufnahme über Haushalte von Menschen in Armut und in prekären Lebenslagen, Nationales Programm zur Prävention und Bekämpfung von Armut, Forschungsbericht Nr. 15/15. Der Bericht ist abrufbar unter www.bwo.admin.ch > Wohnungsmarkt > Studien und Publikationen «Wohnungsmarkt» > Wohnversorgung in der Schweiz.

2229

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lange Zeit nicht mit der Entwicklung der Nachfrage mithalten konnte. Diese verzögerte Reaktion der Wohnbautätigkeit war neben den naturgemäss bestehenden Planungs- und Bauzeiten insbesondere darauf zurückzuführen, dass an den nachgefragten Standorten Bauland fehlt, dass Industrie- und Gewerbebrachen zuerst umgezont werden müssen und dass vielerorts die planungs- und baurechtlichen Voraussetzungen für die Mobilisierung des Potenzials der inneren Verdichtung noch fehlen.

Wo solche vorhanden sind, werden Projekte häufig durch Einsprachen sowie lange Entscheid- und Rekursverfahren verzögert und verteuert oder gar verunmöglicht.

Zudem kann es wegen langer Fristen für die Erteilung von Baubewilligungen zu Verzögerungen und entsprechenden Bauverteuerungen kommen. All dies hat dazu geführt, dass die Angebotsausweitung vor allem auch an Standorten ausfiel, wo Bauland zu relativ günstigen Preisen vorhanden war, nun aber mangels Nachfrage erhöhte Leerstände bestehen. Die künftige Herausforderung wird darin bestehen, an den nachgefragten Standorten die Bedingungen für die innere Verdichtung so zu gestalten, dass eine weitere Angebotsausweitung nicht nur im oberen Preissegment möglich wird.

Neben den Planungsverfahren sind die hohen Baukosten für die gestiegenen Wohnungspreise und Mietzinsen mitverantwortlich. Eine Rolle spielen dabei die Bauteuerung, die Komfort- und Flächenansprüche sowie die gesetzlichen Vorgaben unter anderem betreffend Wärme-, Schall- und Brandschutz. Insbesondere im Zusammenhang mit Aus- und Umbauten im Sinne einer inneren Verdichtung fallen schliesslich häufig auch denkmalpflegerische Bestimmungen ins Gewicht.

Planungs- und baurechtliche Vorgaben, die den Wohnungsbau nicht hemmen, sondern befördern und vereinfachen, sind wichtige Voraussetzungen und Rahmenbedingungen, damit überhaupt preisgünstige Angebote erstellt werden können. Das Planungs- und Baurecht gehört jedoch nicht in den Verantwortungsbereich des Bundes. Auf kantonaler Ebene sind Harmonisierungsbestrebungen seit Längerem im Gang. Eine interkantonale Vereinbarung bezweckt die Harmonisierung der Baubegriffe. Diesem Konkordat sind bis anhin 16 Kantone beigetreten. Zudem hat das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) eine Musterstruktur für ein kantonales Baugesetz vorgelegt.21 Die Empfehlung soll helfen, die kantonal unterschiedlich
strukturierten Baugesetze schweizweit zu vereinheitlichen und damit die Effizienz beim Bauen zu erhöhen. Diese Bestrebungen dürften die Voraussetzungen für einen preisgünstigeren Wohnungsbau verbessern. Auch die Digitalisierung wird sich in den Bau- und Planungsprozessen vermehrt durchsetzen. So werden etwa vom «Building Information Modeling» (BIM), einer softwaregestützten Methode der Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Gebäuden, effizientere Prozesse erwartet, die sich in preisgünstigeren Angeboten niederschlagen könnten. Darüber hinaus braucht es aber auch Investoren, die sich nicht allein an den am Markt erzielbaren Preisen orientieren, sondern gezielt Wohnraum für finanziell schwächere Wohnungssuchende, für ältere Menschen und für andere Nachfrager mit besonderen Bedürfnissen erstellen.

21

Die Musterstruktur ist abrufbar unter www.are.admin.ch > Medien & Publikationen > Publikationen > Raumplanungsrecht > Musterstruktur für ein kantonales Baugesetz.

2230

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6.1.3

Die Rolle der gemeinnützigen Wohnbauträger auf dem Wohnungsmarkt

In der Schweiz mit ihrer vergleichsweise geringen Eigentümerquote kommt dem gemeinnützigen Wohnungsbau als Alternative zum selbstgenutzten Wohnungseigentum und dem «normalen» Mietwohnungsverhältnis besondere Bedeutung zu. Wo wie bei Wohnbaugenossenschaften die Mieterinnen und Mieter meist auch Teilhaberinnen und Teilhaber sind, haben sie Mitspracherechte betreffend Geschäftstätigkeit und im Vergleich zum normalen Mietverhältnis eine höhere Wohnsicherheit. Der «Dritte Weg im Wohnungsbau» vereinigt somit Vorteile des selbstbewohnten Eigentums mit solchen normaler Mietverhältnisse (z. B. höhere Mobilität).

In einer gesamtschweizerischen Perspektive ist der gemeinnützige Wohnungsbau ein Randphänomen. Nur gut 4 Prozent der bewohnten Wohnungen sind im Eigentum gemeinnütziger Bauträger. Einen höheren Stellenwert hat das Segment in Städten wie Zürich, Basel, Luzern, Biel oder Thun, wo der Marktanteil mehr als 10 Prozent ausmacht. Eine im November 2017 durch das BWO veröffentlichte Studie22 bestätigt, dass das gemeinnützige Wohnen in verschiedener Hinsicht von der konventionellen Miete und vom Wohneigentum abweicht. Die Unterschiede betreffen unter anderem die (Grössen-)Struktur der Gebäude und Wohnungen, die Mietpreise sowie die soziodemografische Zusammensetzung. So sind im gemeinnützigen Bereich sowohl der Wohnflächen- als auch der Grundflächenverbrauch niedriger. Zudem hat das gemeinnützige Wohnen dort den grössten kostendämpfenden Effekt, wo das Mietpreisniveau am höchsten ist. Beim teuersten Viertel der Wohnlagen sind dies mehr als 25 Prozent Mietpreisunterschied. Das von den gemeinnützigen Bauträgern angewandte Prinzip der Kostenmiete fällt vor allem dort ins Gewicht, wo es die Wohnlage den kommerziell ausgerichteten Anbietern ermöglicht, höhere Mieten zu verlangen. Dadurch schaffen die gemeinnützigen Wohnungen gerade an zentralen urbanen Lagen mit hohem Preisniveau Wohnraum für wirtschaftlich weniger leistungsfähige Personen. Die Studie lässt den Schluss zu, dass in den preisgünstigen gemeinnützigen Wohnungen überproportional viele Personen mit geringeren finanziellen Ressourcen leben. Sie kommt zur Erkenntnis, dass die gemeinnützigen Wohnungen an Standorten mit hohem Aufwertungsdruck die Folgen der Gentrifizierung abdämpfen und der sozialen Entmischung sowie der Verdrängung von Bevölkerungsgruppen
entgegenwirken.

Gemeinnützige Bauträger sorgen in überdurchschnittlichem Mass nicht nur für preisgünstigen Wohnraum von hoher Qualität, sondern häufig auch für gemeinschaftliche Infrastrukturen sowie kinderfreundliche, energieeffiziente und ökologisch nachhaltige Siedlungen. So erreicht mehr als die Hälfte der seit 2003 geförderten Überbauungen zumindest den Minergie-Standard. Im übrigen Wohnungsbau ist dies nur bei rund einem Viertel der Fall. Darüber hinaus haben einzelne gemeinnützige Bauträger in jüngerer Zeit auch eine Vorreiterrolle bei der Umsetzung neuer Wohnformen und Mobilitätskonzepte sowie bei der Integration von Menschen mit Behinderungen und solchen mit einem Asylhintergrund übernommen.

22

Sotomo (2017): Gemeinnütziges Wohnen im Fokus. Ein Vergleich zu Miete und Eigentum. Bundesamt für Wohnungswesen, Grenchen. Die Studie ist abrufbar unter www.bwo.admin.ch > Wohnungsmarkt > Studien und Publikationen «Wohnungsmarkt».

2231

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Die Vorteile des gemeinnützigen Wohnungsbaus sind in jüngerer Zeit auch ausserhalb seines traditionellen urbanen Wirkungskreises erkannt worden. Besonders in den attraktiv gelegenen Gemeinden in Pendlerdistanz zu den gut bezahlten Arbeitsplätzen im Dienstleistungssektor und in touristischen Gemeinden wird die Entwicklung des lokalen Wohnungsmarktes häufig mit Sorge betrachtet. Hier führte der Zuzug von Haushalten mit hohen Einkommen und Vermögen zu Boden-, Haus- und Wohnungspreisen, die sich Normalverdienende, aber vor allem auch junge Menschen, auf welche die Gemeinden für ihr gutes Funktionieren angewiesen sind, nicht mehr leisten können. Entsprechend zugenommen hat die Zahl von Initiativen seitens der Bevölkerung oder der Behörden, um in Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Wohnbauträgern die Marktlücken zu schliessen. Ebenfalls häufig geschieht dies im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Wohnraum für ältere Menschen. Das Wohnen im Alter steht namentlich bei der Dachorganisation Wohnen Schweiz im Fokus. Diese verfügt ferner über ein Konzept für Eigentumswohnungen im gemeinnützigen Segment, das sich insbesondere an jene älteren Eigentümerinnen und Eigentümer von Einfamilienhäusern richtet, denen das eigene Haus zu gross geworden ist und die nach einer preisgünstigen Alternative mit Eigentumscharakter Ausschau halten.

Die genannten wirtschaftlichen, sozialpolitischen und ökologischen Aspekte rechtfertigen es, dass neben den Kantonen und Gemeinden auch der Bund den gemeinnützigen Wohnungsbau weiterhin unterstützt. Er kann damit dazu beitragen, dass dieser seinen gesamtschweizerisch bescheidenen Anteil in den nächsten Jahren zumindest halten kann. Dabei geht es nicht nur um die Erhöhung des Angebots. Aus energiepolitischen Gründen und zur Förderung der inneren Verdichtung haben auch die Unterstützung der energetischen Sanierung und Erneuerung von Altbauten und jene von Ersatzneubauten einen wichtigen Stellenwert.

6.1.4

Bedeutung des Fonds de Roulement für den gemeinnützigen Wohnungsbau

Der mit Bundesgeldern dotierte Fonds de Roulement besteht seit Jahrzehnten. Er dient nicht der gezielten Vergünstigung einzelner Wohnungen, sondern der Stärkung der Träger und Organisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus. Entsprechend wird der Fonds von den beiden Dachorganisationen der gemeinnützigen Wohnbauträger treuhänderisch für den Bund verwaltet. Die Zusammenarbeit des Bundes mit den Dachorganisationen und die Abgeltung der Aufwendungen sind in Leistungsaufträgen geregelt. Das BWO ist zuständig für die Festlegung der Darlehensbedingungen. Es ist zudem in den beiden Fondskommissionen vertreten, welche die Gesuche prüfen und über die Darlehensgewährung beschliessen. Die beiden Dachorganisationen erstellen jährlich eine Fondsrechnung.

Bauträger, deren Gemeinnützigkeit vom Bund bestätigt ist, können Darlehensgesuche für Neubauten, für umfassende Erneuerungen, Ersatzneubauten und Liegenschaftskäufe stellen. Seit 2014 ist dies auch für den Landerwerb möglich, wobei bis Ende 2016 erst drei Gesuche bewilligt wurden. Ferner ist eine Förderung auch möglich für neue Wohn- und Eigentumsformen. Die mögliche Darlehenssumme pro

2232

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Gesuch richtet sich nach der Wohnungszahl. Dabei werden je nach Bedarf, Energiestandard und Vermietungsvorgaben wie etwa Belegungsvorschriften Pauschalbeträge zwischen 15 000 und 50 000 Franken pro Wohnung gewährt. Der maximale Darlehensbetrag pro Gesuch darf 3 Millionen Franken nicht übersteigen. Zur Vermeidung von Klumpenrisiken kann zudem ein Bauträger in aller Regel Fondsdarlehen von höchstens 10 Millionen Franken beanspruchen.

Im Rahmen der Gesuchprüfung wird abgeklärt, ob das entsprechende Bauprojekt die Anforderungen in qualitativer Hinsicht (u. a. Hindernisfreiheit) und bezüglich Preisgünstigkeit (Kostenlimiten) erfüllt. Zudem werden Projekte nur dann unterstützt, wenn der Bedarf ausgewiesen ist. So werden Neubauten in Gemeinden mit einer Leerwohnungsquote von über 1,5 Prozent in der Regel nur dann gefördert, wenn sich auch die Standortgemeinde beispielsweise über die Einräumung eines Baurechts substanziell am Projekt beteiligt. Geprüft werden ferner die finanzielle Situation des Bauträgers und die Projektfinanzierung, für die verbindliche Zusagen einer Bank vorliegen müssen. Die Auszahlung der Darlehen erfolgt frühestens auf den Baubeginn oder den Kauftermin hin und erst nachdem die Darlehen grundpfändlich sichergestellt sind.

Während der Laufzeit, die für Darlehensbeträge bis 30 000 Franken pro Wohnung maximal 20 Jahre und für höhere Beträge maximal 25 Jahre beträgt, werden die Darlehen von den beiden Dachorganisationen bewirtschaftet. Die jährlich von den Bauträgern zu leistenden Amortisationen fliessen zurück in den Fonds de Roulement und können für neue Projekte gewährt werden. Die Darlehen sind momentan zu einem Satz von 1 Prozent zu verzinsen. Den Zinsertrag aus den Fondsgeldern liefern die Dachorganisationen über das BWO der Bundeskasse ab.

Die finanzielle Situation der gemeinnützigen Bauträger, die Fördermittel beansprucht haben, wird jährlich von einer unabhängigen externen Stelle überprüft.

Diese weist die Bauträger einer Ratingstufe zwischen 1 und 4 zu. Weist ein Bauträger ein schlechtes Rating auf, leitet die Recovery-Stelle des BWO in Zusammenarbeit mit dem Bauträger und mit den finanzierenden Banken Massnahmen zur finanziellen Sanierung ein. Die umfassende Gesuchprüfung sowie die enge Begleitung der Bauträger dienen dazu, das Ausfallrisiko zu minimieren. Auf der Basis
des WFG, das heisst seit 2003, verzeichnete der Fonds de Roulement denn auch keine Ausfälle.

Die Darlehen aus dem Fonds de Roulement sind für gemeinnützige Bauträger in aller Regel eine unabdingbare Voraussetzung dafür, dass für den Neubau oder den Erwerb überhaupt eine Bankfinanzierung und damit eine Projektrealisierung möglich werden. Dies gilt besonders für junge Bauträger, die noch kaum über Eigenkapital verfügen. Die Darlehen schliessen die anfänglichen Finanzierungslücken, die zwischen einer normalen Bankfinanzierung und dem beim Fonds de Roulement minimal geforderten Eigenkapitalanteil von 5 Prozent bestehen. Im Laufe der Zeit wird durch die Amortisation des Darlehens Eigenkapital gebildet. Die Darlehen haben somit sehr häufig die Funktion einer Starthilfe. Die durch den Bund ebenfalls gestützt auf das WFG verbürgten Anleihequoten der Emissionszentrale für gemeinnützige Wohnbauträger (EGW) können diese Funktion nicht übernehmen. Die EGW finanziert aus Risikogründen ausschliesslich bestehende und bereits vermietete Liegenschaften. Sie finanziert zudem ähnlich wie Banken höchstens bis zu 80 Pro2233

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zent des Ertragswertes und verlangt während der Laufzeit einer Quote Amortisationen mindestens des 70 Prozent übersteigenden Anteils des Ertragswertes.

6.2

Die beantragte Regelung

Es wird beantragt, für die Förderung von preisgünstigem Wohnraum einen Rahmenkredit von 250 Millionen Franken zur Verfügung zu stellen. Damit soll über zehn Jahre der bestehende Fonds de Roulement zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus aufgestockt werden.

Der entsprechende Bundesbeschluss soll in Kraft treten, sobald die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» zurückgezogen oder abgelehnt worden ist.

6.3

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

Mit dem Erlassentwurf zu einem Rahmenkredit für die Aufstockung des Fonds de Roulement bekräftigt der Bundesrat, dass er den bestehenden Verfassungsauftrag weiterhin erfüllen und die bestehende Unterstützung des gemeinnützigen Wohnungsbaus fortsetzen will. Mit diesem Vorgehen können Lücken, die aufgrund der stark rückläufigen Bundeshilfe nach dem WEG entstehen, teilweise geschlossen werden. Haushalte, die aufgrund ihrer Einkommens- und Vermögenssituation Zusatzverbilligungen beziehen können, vor allem diejenigen, die infolge Invalidität, Pflegebedürftigkeit oder Alter einen erhöhten Unterstützungsbedarf haben, sind nach dem Wegfall der WEG-Zuschüsse in besonderem Mass auf alternative Wohnungsangebote im preisgünstigen Bereich angewiesen. Mit der weiteren Äufnung des Fonds de Roulement wird den für bestimmte Nachfragesegmente bestehenden Problemen begegnet, ohne dass eine Abkehr von der bisherigen, bewährten Förderungspolitik erfolgt.

Für einen Bundesbeschluss über einen Rahmenkredit für die Aufstockung des Fonds de Roulement spricht auch der Umstand, dass die Förderung der Tätigkeit der Träger und Organisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus ein Verfassungsauftrag ist, der auf der gleichen Ebene steht wie die Eigentumsförderung. Mit der vorgeschlagenen Lösung bekräftigt der Bundesrat, dass ihm nicht nur die Wohneigentumsförderung, sondern auch die Unterstützung des sogenannten Dritten Weges im Wohnungsbau ein wichtiges Anliegen bleibt und er bereit ist, das Engagement zugunsten des gemeinnützigen Sektors nachhaltig fortzusetzen.

Der Bundesrat hat weitere Vorgehensvarianten geprüft, so unter anderem die blosse Ablehnung der Initiative, die Ablehnung der Initiative in Verbindung mit einem Erlassentwurf betreffend die Aktivierung der im WFG vorgesehenen Direktdarlehen und einen Rahmenkredit für die Umsetzung sowie die Ablehnung der Initiative in Verbindung mit einem direkten Gegenentwurf (Vorlage auf Verfassungsebene), der einen Marktanteil der gemeinnützigen Wohnbauträger von 10 Prozent anstrebt.

2234

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Gegen eine blosse Ablehnung der Initiative spricht, dass trotz insgesamt gut funktionierendem Wohnungsmarkt in einzelnen Regionen und für einzelne Nachfragesegmente ein Bedarf für gezielte Verbesserungen besteht und dass sich der Bund gemäss BV gleichermassen für die Interessen von Wohneigentümerinnen und Wohneigentümern wie auch von Mieterinnen und Mietern einsetzen soll. Dies hat angesichts der im internationalen Vergleich hohen Mieterquote in der Schweiz eine besondere Bedeutung. Die Ablehnung der Initiative in Verbindung mit einem Erlassentwurf betreffend Aktivierung von Direktdarlehen gemäss WFG und einem Rahmenkredit für die Umsetzung würde ein nicht vertretbares hohes finanzielles Engagement des Bundes sowie zusätzlichen Verwaltungsaufwand nach sich ziehen.

Angesichts der Perspektiven des Bundeshaushalts ist auch diese Variante abzulehnen. Eine Ablehnung der Initiative in Verbindung mit einem direkten Gegenentwurf, der einen Marktanteil der gemeinnützigen Wohnbauträger von 10 Prozent anstrebt, würde ebenfalls erhebliche Finanzmittel erfordern und zu einem grossen Vollzugsaufwand führen, weshalb auch von dieser Variante abzusehen ist.

Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des WFG verfügte der Fonds de Roulement über Reserven. Seither ist er durch den Zufluss einzelner Tranchen aus dem 2003 zur Verfügung gestellten Rahmenkredit sukzessiv geäufnet worden. Die resultierenden Mittel erlaubten in der Zeit seit 2003 die jährliche Unterstützung von durchschnittlich knapp 1500 Wohnungen. Dabei bestand in den Jahren 2014­2016 mit 1800­ 2000 unterstützten Wohnungen eine sehr starke Darlehensnachfrage, die mit den noch verfügbaren Fondsmitteln befriedigt werden konnte. Auch wenn 2017 die Nachfrage nach Darlehen gegenüber dem Vorjahr zurückging, ist aufgrund der vielerorts geplanten Projekte davon auszugehen, dass sie in den nächsten Jahren hoch bleiben wird. Aufgrund des aktuellen Fondskapitals in der Grössenordnung von 510 Millionen Franken können durch die zurückfliessenden Amortisationen langfristig jedoch nur rund 800 Wohnungen pro Jahr unterstützt werden. Gemessen am bisherigen durchschnittlichen Fördervolumen besteht in den nächsten Jahren eine Finanzierungslücke von 20­25 Millionen Franken pro Jahr.

2235

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Übersicht der Auswirkungen der Bundesratsvorlage im Vergleich zur bestehenden Förderung ohne weitere Bundeseinlagen in den Fonds de Roulement Jährlich zur Verfügung stehende Fondsmittel in Mio. CHF1

Anzahl aus dem Fonds geförderter Wohnungen p.a.

Seit Einführung des WFG 2004

45,8

1480

Ab 2018 (ohne weitere Bundeseinlagen)

25,5

800

2020 gemäss Bundesratsvorlage

50,5

1600

2029 gemäss Bundesratsvorlage

60,5

1900

Ab 2030 gemäss Bundesratsvorlage

38,0

1200

1

Durchschnittliche pro Jahr maximal verfügbare Mittel unter Berücksichtigung der Rückflüsse aus gewährten Darlehen. Bei den Berechnungen wurden folgende Annahmen getroffen: ­ Förderstand Ende 2017 von 510 Mio. Fr.

­ jährliche Bundeseinlagen in den Jahren 2020­2029 von 25 Mio. Fr.

­ durchschnittliche Laufzeit Darlehen von 20 Jahren ­ durchschnittlicher Darlehensbetrag pro Wohnung von ca. 32 000 Fr.

Deshalb und aufgrund der zeitlichen Befristung auf zehn Jahre wird vorgeschlagen, einen Rahmenkredit von 250 Millionen Franken zur Verfügung zu stellen. Durch eine solche Aufstockung kann im Jahr 2020 dem absehbaren Finanzierungsbedarf für eine Förderung von rund 1600 preisgünstigen Wohnungen pro Jahr Rechnung getragen werden. Im Jahr 2029 ist aufgrund der stetig steigenden Rückzahlungen von Darlehen in den Fonds de Roulement eine Förderung von bis zu 1900 Wohnungen möglich. Der Rahmenkredit soll, wie jener aus dem Jahr 2003, je nach konkretem Bedarf und jeweiliger Situation des Bundeshaushalts in jährlich zu budgetierenden Tranchen dem Fonds zugeführt werden. Im Voranschlag 2018 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2019­202123 sind für die Jahre 2020 und 2021 je 21 Millionen Franken eingestellt.

Die dem Umfang des Rahmenkredits zugrundeliegenden Teuerungsannahmen werden gestützt auf die von den eidgenössischen Räten angenommene Motion Dittli 16.3705 «Teuerung nur ausgleichen, wenn Teuerung anfällt» im Bundesbeschluss (Art. 2) ausgewiesen. Den Teuerungsannahmen liegt der Indexstand des Landesindexes der Konsumentenpreise vom Dezember 2017 von 100,8 Punkten zugrunde, wobei sich dieser Indexstand auf die Indexreihe «Dezember 2015 = 100 Punkte» bezieht. Die jährlichen Voranschlagskredite werden dann jeweils an die aktuellen Teuerungsannahmen angepasst. Aus heutiger Sicht ist davon auszugehen, dass die entsprechenden Ausgaben frühestens in den Voranschlag 2020 aufgenommen werden können. Denn gemäss Artikel 3 Absatz 2 des Bundesbeschlusses tritt dieser in Kraft, sobald die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» zurückgezogen 23

Der Voranschlag 2018 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2019­2021 ist abrufbar unter www.efv.admin.ch > Finanzberichte > Finanzberichte > Voranschlag mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan.

2236

BBl 2018

oder vom Souverän abgelehnt worden ist. Durch die Verknüpfung des Inkrafttretens des Bundesbeschlusses mit dem Schicksal der Volksinitiative wird sichergestellt, dass der Gesetzgeber bei einer allfälligen Annahme der Volksinitiative in der Wahl des Umsetzungsweges frei bleiben würde.

6.4

Vernehmlassungsverfahren

6.4.1

Durchführung und Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens

Der Vorentwurf zum Bundesbeschluss über einen Rahmenkredit zur Aufstockung des Fonds de Roulement zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus war zwischen dem 5. April 2017 und dem 12. Juli 2017 in einer Vernehmlassung.24 Es sind 61 Antworten eingegangen. Davon enthalten 58 eine inhaltliche Stellungnahme. Die Kantone Appenzell Ausserrhoden und Thurgau sowie die Stiftung für Konsumentenschutz haben auf Ausführungen zum Inhalt der Vorlage verzichtet.

Die vorgeschlagene Aufstockung des Fonds de Roulement zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus wird unterschiedlich beurteilt. Insgesamt sind 47 zustimmende und 11 ablehnende Stellungnahmen eingegangen. 24 Kantone, vier politische Parteien (Bürgerlich-Demokratische Partei BDP, Christlichdemokratische Volkspartei CVP, Grüne Partei der Schweiz GPS, Sozialdemokratische Partei der Schweiz SPS), die drei Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete (Schweizerischer Gemeindeverband, Schweizerischer Städteverband, Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete), zwei Dachverbände der Wirtschaft (Schweizerischer Gewerkschaftsbund SGB, Tavail.Suisse), zehn weitere Organisationen (Caritas, Hausverein Schweiz, procap, Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe, Schweizerischer Baumeisterverband, Schweizerischer Mieterinnen- und Mieterverband, Schweizerischer Werkbund, Wohnbaugenossenschaften Schweiz, Wohnen Schweiz, Stiftung für Konsumentenschutz) sowie vier einzelne Gemeinden (Zürich, Baden, Laufen, Oberwil BL) stimmen zu. Dagegen wird der vorgeschlagene Bundesbeschluss von zwei politischen Parteien (FDP. Die Liberalen, Schweizerische Volkspartei SVP), zwei Dachverbänden der Wirtschaft (Economiesuisse, Schweizerischer Gewerbeverband SGV) sowie sieben weiteren interessierten Organisationen (Chambre genevoise immobilière, Centre Patronal, Fédération Romande Immobilière, Hauseigentümerverband Schweiz, Schweizerischer Verband der Immobilienwirtschaft, Union Suisse des professionnels de l'immobilier, Verband Immobilien Schweiz) abgelehnt.

In einzelnen ablehnenden Stellungnahmen wird gefordert, auf Bundesebene ganz auf die Wohnraumförderung zu verzichten und den Fonds de Roulement nicht weiter zu äufnen, sondern aufzulösen. Auch wird ein genereller Wechsel von der Objekt- zur Subjekthilfe vorgeschlagen. Eine Ablehnung wird damit begründet, dass zuverlässige Studien für eine Beurteilung fehlen.

24

Die Vernehmlassungsunterlagen und der Ergebnisbericht sind abrufbar unter www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2017 > WBF.

2237

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Mehr als ein Drittel der befürwortenden Stellungnahmen spricht sich für eine höhere Aufstockung des Rahmenkredits aus. Zwölfmal wird eine Aufstockung im Umfang von 375 Millionen Franken vorgeschlagen, je einmal 350 und 380 Millionen Franken und zweimal generell ein höherer Betrag als 250 Millionen Franken.

Vereinzelt wird die Zustimmung zur Aufstockung des Fonds de Roulement mit der Forderung nach stärkerer Unterstützung der Kantone und Gemeinden im ländlichen Raum und im Berggebiet verknüpft. Ebenfalls vereinzelt wird vorgeschlagen, dass die geförderten Wohnungen zu einem bestimmten Anteil von Personen mit geringen finanziellen Mitteln oder von Menschen mit Behinderung belegt werden müssen.

In einem Viertel der Antworten wird ausdrücklich verlangt, dass die Aufstockung des Fonds de Roulement unabhängig vom Resultat der Abstimmung über die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» erfolgen sollte. Vereinzelt wird zudem vorgeschlagen, den Hinweis auf zinslose Darlehen in Artikel 1 Absatz 3 des Vorentwurfs des Bundesbeschlusses zu streichen, da für alle aus dem Fonds de Roulement gewährten Darlehen ein Zins geschuldet ist.

Die vom Bundesrat vorgeschlagene Ablehnung der Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» wird von einer deutlichen Mehrheit begrüsst. Eine Minderheit spricht sich demgegenüber für die Initiative aus, während in einem kleinen Teil der Antworten bewusst auf eine Stellungnahme zur Initiative verzichtet wird. In einigen Antworten wird die Übernahme einzelner Elemente der Volksinitiative vorgeschlagen, so ein Vorkaufsrecht der Kantone und Gemeinden zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus, ein Vorkaufsrecht beim Verkauf von Grundstücken des Bundes oder bundesnaher Betriebe, geänderte Profitvorgaben für den Verkauf solcher Grundstücke oder die Ausrichtung von Direktdarlehen, wie sie in Artikel 12 WFG vorgesehen sind.

6.4.2

Würdigung des Vernehmlassungsergebnisses

Mit einem Anteil von 47 Zustimmungen bei insgesamt 58 inhaltlichen Stellungnahmen hat sich im Rahmen der Vernehmlassung eine stark überwiegende Mehrheit für den vorgeschlagenen Bundesbeschluss ausgesprochen. Die Zustimmung ist bei den Kantonen und den Dachverbänden der Gemeinden, Städte und Berggebiete einhellig. Auch bei den Parteien und den weiteren interessierten Organisationen hat sich eine klare Mehrheit für den Bundesbeschluss ausgesprochen. Nur bei den Dachverbänden der Wirtschaft ist das Ergebnis ausgeglichen, indem sich je zwei Verbände für und gegen die Vorlage ausgesprochen haben. Das Vernehmlassungsergebnis spricht somit für einen Bundesbeschluss über einen Rahmenkredit zur Aufstockung des Fonds de Roulement zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus von 250 Millionen Franken befristet auf zehn Jahre.

In Bezug auf den Inhalt des Bundesbeschlusses fallen insbesondere zwei Abänderungsanträge ins Gewicht: In 16 Stellungnahmen wurde eine höhere Aufstockung des Rahmenkredits gefordert, wobei ein Betrag von 375 Millionen Franken den am häufigsten genannten Wert darstellt. Und in 15 Stellungnahmen wurde ausdrücklich verlangt, dass die Aufstockung des Fonds de Roulement unabhängig von der Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» erfolgen sollte. Diese Vorschläge sind 2238

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inhaltlich nicht gerechtfertigt: Gegen eine höhere Aufstockung des Fonds de Roulement spricht der Umstand, dass dieses Instrument lediglich eine Ergänzung zur grundsätzlich privatwirtschaftlichen Wohnbaufinanzierung darstellt. Die Vorschläge sind auch angesichts der finanziellen Perspektiven des Bundeshaushalts kaum tragbar. Und ohne Verknüpfung des Bundesbeschlusses mit der Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» würde die Gefahr bestehen, dass ein Förderweg gestärkt wird, dessen Bedeutung bei einer Annahme der Volksinitiative ungewiss ist. Denn in diesem Fall hätte der Gesetzgeber die Aufgabe, die zur Erfüllung des neuen Verfassungsauftrags erforderlichen Massnahmen zu beschliessen, was die Einführung anderer Umsetzungsinstrumente erfordern könnte.

Schliesslich wird der Vorschlag, den Hinweis auf zinslose Darlehen in Artikel 1 Absatz 3 des Bundesbeschlusses zu streichen, als sinnvoll erachtet, weshalb diesem Anliegen entsprochen wird.

6.4.3

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Die Aufgabe stützt sich auf den in Artikel 108 BV enthaltenen allgemeinen Auftrag des Bundes zur Wohnbau- und Wohneigentumsförderung. Zudem sieht Artikel 41 Absatz 1 Buchstabe e BV vor, dass sich Bund und Kantone dafür einsetzen, dass Wohnungssuchende für sich und ihre Familie eine angemessene Wohnung zu tragbaren Bedingungen finden können. Schliesslich wird durch Artikel 116 Absatz 1 BV festgelegt, dass der Bund bei der Erfüllung seiner Aufgaben die Bedürfnisse der Familien zu berücksichtigen hat. Aufgrund des teilweise hohen Anteils der Wohnkosten bei den Haushaltsausgaben25 kommt der mit der Förderung verfolgten Aufgabe besondere Bedeutung zu. Die langjährige Erfahrung zeigt, dass die Förderung über den Fonds de Roulement effizient, wirtschaftlich und zielorientiert erfolgt.

Kosten und Nutzen stehen in einem sehr guten Verhältnis zueinander.26

6.4.4

Umsetzung

Gestützt auf entsprechende Leistungsaufträge wird der Fonds de Roulement von den beiden Dachorganisationen der gemeinnützigen Wohnbauträger treuhänderisch und zweckgebunden für den Bund verwaltet. Diese Form der Umsetzung wird auch nach einer Aufstockung des Fonds de Roulement weitergeführt.

25 26

Siehe Grafik in Anhang 2.

B,S,S Volkswirtschaftliche Beratung (2012): Wohnraumförderung durch zinsgünstige Darlehen aus dem Fonds de Roulement: Analyse von Vollzug und Wirkungen, Gesamtbericht zuhanden des Bundesamts für Wohnungswesen.

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6.5

Auswirkungen

6.5.1

Auswirkungen auf den Bund

6.5.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Ein Rahmenkredit für den Fonds de Roulement von 250 Millionen Franken befristet auf zehn Jahre beziehungsweise die Aufnahme der entsprechenden finanzierungswirksamen Ausgaben ins Zahlenwerk des Bundes bedeuten eine Mehrbelastung für den Bundeshaushalt in der Grössenordnung von 25 Millionen Franken pro Jahr. Wie bereits erwähnt sind im Voranschlag 2018 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2019­2021 im Jahr 2020 und 2021 je 21 Millionen Franken eingestellt. Dabei ist zu beachten, dass die Ausgaben für die Wohnraumförderung infolge der auslaufenden altrechtlichen Verpflichtungen des Bundes insbesondere im Bereich der WEG-Förderung für Zusatzverbilligungen weiterhin sukzessive zurückgehen werden. So liegen die Ausgaben im Finanzplan 2021 mit 55 Millionen Franken unter dem Rechnungsbetrag für 2017 von 58 Millionen Franken. Zudem handelt es sich bei den Krediten für den Fonds de Roulement anders als bei den Zusatzverbilligungen gemäss WEG nicht um A-Fonds-perdu-Ausgaben: Die Mittel werden in der Bundesbilanz als Verwaltungsvermögen ausgewiesen und verzinst. Der aktuelle Zinssatz beträgt 1 Prozent, und der jährliche Zinsertrag machte 2017 gut 3,8 Millionen Franken aus. Allerdings besteht auch bei solchen Darlehen je nach Entwicklung der Wohnungsmarktverhältnisse immer ein gewisses Ausfallrisiko für den Bund. Da es sich bei den Krediten zudem um grundsätzlich steuerbare Ausgaben handelt, bleibt bei der Ausgabenentwicklung ein gewisser Handlungsspielraum offen. Die Abgeltung der Aufwendungen der Dachorganisationen für die Bewirtschaftung des Fonds de Roulement richtet sich nach der Zahl der jährlich bewilligten Gesuche und der ausstehenden Darlehen. Da mit der Aufstockung des Fonds de Roulement in den nächsten Jahren die Anzahl der zu bewirtschaftenden Darlehen zunehmen wird, sind bei den jährlichen Bundesaufwendungen für die Leistungsaufträge an die beiden Dachorganisationen, die 2017 1,4 Millionen Franken ausmachten, mittelfristig geringfügige Mehrausgaben im Umfang eines tiefen fünfstelligen Frankenbetrages zu erwarten.

6.5.1.2

Personelle Auswirkungen

Die Aufstockung des Fonds de Roulement führt im Personalbereich zu keinem höheren Aufwand. Die Betreuung der Darlehen ist an die beiden Dachorganisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus ausgelagert. Die Mitwirkung des Bundes bei der Gesuchprüfung und beim Risikomanagement sowie die Betreuung der Leistungsaufträge an die Dachorganisationen können im Rahmen der vorhandenen Personalressourcen wahrgenommen werden.

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6.5.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Die Vorlage hat keine direkten Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden, ebenfalls nicht auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete. Indirekt und positiv wirkt sie sich auf diejenigen Gebiete aus, in denen ein Bedarf an preisgünstigem Wohnraum ausgewiesen ist und in denen gemeinnützige Wohnbauträger aktiv sind und für Neubau- oder Erneuerungsprojekte auf Darlehen aus dem Fonds de Roulement zurückgreifen können. Mit Ausnahme von Appenzell Innerrhoden und Obwalden befinden sich aktuell in allen Kantonen Liegenschaften, die mit Darlehen aus dem Fonds de Roulement unterstützt sind.27 Kantone mit eigenen Programmen der Wohnraumförderung können diese Bundesunterstützung mit zielgerichteten Massnahmen ergänzen. Viele Gemeinden arbeiten zudem eng mit gemeinnützigen Bauträgern zusammen, vor allem bei der Bereitstellung von Wohnraum für ältere Menschen. Kantonen und Gemeinden mit einem Bedarf an langfristig preisgünstigen Mietwohnungen und solchen für besondere Bedürfnisse kommt das Bundesengagement zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus somit entgegen. Es darf zudem davon ausgegangen werden, dass sie dank den Bundessubventionen bei den Sozialhilfeausgaben tendenziell entlastet werden.

6.5.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Fonds-de-Roulement-Darlehen stellen ein niederschwelliges, vergleichsweise kostengünstiges und effizientes Instrument der Wohnraumförderung dar. Dieses bezweckt die Stärkung des gemeinnützigen Sektors im Wohnungswesen. Das Anliegen ist somit struktureller und nicht konjunktureller Art. Die Darlehen führen weder zu Wettbewerbsverzerrung noch zu einer spürbaren Marktbeeinflussung. Mit rund 2­3 Prozent der jährlich erstellten Neubauwohnungen ist dafür der Anteil der durch diese Förderung unterstützten Neubautätigkeit zu gering. An Standorten mit hoher Nachfrage und steigenden Mietzinsen können die Darlehen jedoch einen Beitrag zur Mietzinsstabilität leisten. Zudem werden Bauträger mit den Darlehen in die Lage versetzt, Angebote für spezifische Wohnbedürfnisse bereitzustellen, die der Markt unzureichend abdeckt.

6.5.4

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Die unterstützten Liegenschaften müssen hohe Qualitätskriterien erfüllen. Kostengünstigkeit bei hoher Qualität sowie ein hindernisfreier, für alle Altersgruppen nutzbarer Wohnungsbau sind Anliegen, die den Erfordernissen einer nachhaltigen Entwicklung entsprechen. Auch der Umstand, dass gemeinnützige Bauträger unter anderem mit gemeinschaftlichen Infrastrukturen den sozialen Zusammenhalt und 27

Siehe Karte in Anhang 3. Auch im Kanton Schwyz wurden Liegenschaften aus dem Fonds de Roulement unterstützt. Die betreffenden Darlehen sind in der Zwischenzeit indessen zurückbezahlt worden.

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eine ausgewogene Durchmischung der Quartiere fördern, stellt einen Beitrag für eine in wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Hinsicht nachhaltige Entwicklung dar. Zudem wirken sie einer Verdrängung wirtschaftlich schwächerer Bevölkerungsgruppen aus den urbanen Zentren entgegen.

6.5.5

Auswirkungen auf die Umwelt

Die Förderung mit Fonds-de-Roulement-Darlehen enthält Anreize für einen möglichst hohen Energiestandard der unterstützten Liegenschaften. Je höher dieser ist, desto höhere Darlehensbeträge können beansprucht werden. Dies hat dazu geführt, dass Wohnbaugenossenschaften und andere gemeinnützige Bauträger heute beim energieeffizienten Wohnungsbau eine Schrittmacherrolle einnehmen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Förderung von preisgünstigen Wohnungen auch an zentralen Standorten dazu beitragen kann, dass Wohn- und Arbeitsorte näher zusammenrücken und weniger Pendlerverkehr entsteht. Durch die verbreitet angewendeten Belegungsvorschriften ist zudem der durchschnittliche Wohnflächenverbrauch deutlich geringer als bei konventioneller Miete oder im Eigentumsbereich. Insgesamt ergeben sich positive Auswirkungen auf die Umwelt.

6.6

Rechtliche Aspekte

6.6.1

Verfassungsmässigkeit

Der Bundesbeschluss stützt sich auf Artikel 43 Buchstabe a WFG. Dieser beruht auf Artikel 108 BV. Danach fördert der Bund den Wohnungsbau, den Erwerb von Wohnungs- und Hauseigentum, das dem Eigenbedarf Privater dient, sowie die Tätigkeit von Trägern und Organisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus. Er berücksichtigt dabei namentlich die Interessen von Familien sowie von betagten, bedürftigen und behinderten Menschen.

6.6.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Durch den Bundesbeschluss werden keine internationalen Verpflichtungen der Schweiz tangiert.

6.6.3

Erlassform

Der beantragte Rahmenkredit ist gestützt auf Artikel 167 BV sowie Artikel 43 WFG mit einfachem Bundesbeschluss zu bewilligen.

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6.6.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV sieht zum Zweck der Ausgabenbegrenzung vor, dass Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen, in jedem der beiden Räte der Zustimmung der Mehrheit aller Mitglieder bedürfen. Da der beantragte Verpflichtungskredit diese Limiten überschreitet, untersteht der Beschluss über dessen Bewilligung der Ausgabenbremse.

6.6.5

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

Das Subventionsgesetz vom 5. Oktober 199028 stellt sicher, dass Finanzhilfen und Abgeltungen im gesamten Bereich des Bundes nur gewährt werden, wenn sie hinreichend begründet sind, ihren Zweck auf wirtschaftliche und wirkungsvolle Art erreichen, einheitlich und gerecht geleistet und nach finanzpolitischen Erfordernissen ausgestaltet werden. Bei der vorliegenden und bereits seit Jahren existierenden Subvention, deren Ausgaben dem BWO-Kredit A235.0104 «Förderung von gemeinnützigen Bauträgern» belastet werden, handelt es sich um eine Finanzhilfe.

Die sachliche Berechtigung der Finanzhilfe ergibt sich insbesondere aus Artikel 108 BV. Gemäss diesem Verfassungsartikel ist der Bund zur Wohnraumförderung verpflichtet. Ohne diese Förderung besteht die Gefahr des Mangels an bezahlbarem Wohnraum. Dies gilt insbesondere an Standorten mit starker Nachfrage und für die Mieterschaft mit geringeren Einkommen. Zum Teil widmen sich auch Gemeinden und Kantone der Wohnraumförderung, doch geschieht dies vor allem in den städtischen Agglomerationen nicht in einem ausreichenden Masse. Das ergänzende finanzielle Engagement im Bereich der Wohnraumförderung auf Bundesebene hat weiter den Vorteil, dass die Förderung an einheitliche Kriterien hinsichtlich Gemeinnützigkeit, Preisgünstigkeit, energetische Standards, Hindernisfreiheit sowie Zweckerhaltung geknüpft ist. Die Bundeseinlagen zur Äufnung des von den Dachverbänden des gemeinnützigen Wohnungsbaus treuhänderisch verwalteten Fonds de Roulement stellen sicher, dass die Mittel von den gemeinnützigen Wohnbauträgern beansprucht werden können, die für die Aufgabenerfüllung im Sinne des WFG Gewähr bieten.

Zur Zielerreichung ist ein Rahmenkredit für den Fonds de Roulement von 250 Millionen Franken befristet auf zehn Jahre vorgesehen. Dieser Umfang ist notwendig, um den aktuellen Förderumfang weiterführen zu können. Eine Reduktion der Beiträge hätte zur Folge, dass sich an zentralen Lagen der Mangel an bezahlbarem Wohnraum akzentuieren könnte. Die Beiträge werden nicht à fonds perdu ausgerichtet. Vielmehr werden dadurch rückzahlbare Darlehen finanziert, die überdies zugunsten der Bundeskasse verzinst werden. Der diesbezügliche Satz beläuft sich derzeit auf 1 Prozent.

Die materielle und finanzielle Steuerung der Finanzhilfen erfolgt vorab dadurch, dass die Vergabe von Fonds-de-Roulement-Darlehen an gesetzliche Vorgaben ge28

SR 616.1

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knüpft ist, die im WFG geregelt sind. Voraussetzung für die Darlehensgewährung ist die Genehmigung der Statuten des betreffenden Wohnbauträgers durch das BWO.

Hinzu kommen Vorgaben wie hindernisfreies Bauen sowie Preisgünstigkeit, die erfüllt sein müssen. Je nach Standort gelten unterschiedliche Anlagekostenlimiten, die eingehalten werden müssen. Im Rahmen der technischen Prüfung werden die Gesuche einer Beurteilung durch das BWO gemäss dem Wohnungs-BewertungsSystem WBS (Ausgabe 2015)29 unterzogen. Die Einhaltung der Voraussetzungen wird durch den Darlehensvertrag zusätzlich abgesichert.

Ein Verstoss gegen die Darlehensbedingungen kann zu einer Kündigung des Darlehens führen. Weil es sich bei den Subventionen um Finanzhilfen handelt, kann der Bund das Subventionsvolumen über den Budgetprozess steuern. Zudem kann der Umfang der Darlehensgewährung durch die Ausgestaltung der Vergabekriterien beeinflusst werden, insbesondere über die Festlegung der Höhe des Darlehenszinses oder der Gebäudeanforderungen.

Das Verfahren zur Beitragsgewährung stellt sicher, dass die verfügbaren Mittel direkt zur Zielerreichung verwendet werden. Die Mittelvergabe aus dem Fonds de Roulement erfolgt nur für Bauprojekte, die den Förderzielen nach dem WFG entsprechen. Das BWO ist in den Fondskommissionen der beiden Dachverbände der gemeinnützigen Wohnbauträger vertreten, sodass das Verfahren der Darlehensvergabe eng begleitet werden kann. Das BWO kontrolliert regelmässig die Tätigkeit der Dachorganisationen. Diese sind verpflichtet, dem Bundesamt Bericht zu erstatten, insbesondere über die Wirksamkeit ihrer Tätigkeit. Erfüllt eine Organisation des gemeinnützigen Wohnungsbaus wesentliche Anforderungen nicht mehr, so wird die Förderung ihrer Tätigkeit eingestellt. Das Beitragsverfahren kann insgesamt als effizient erachtet werden, indem der Ressourceneinsatz auf Bundesebene im Vergleich zum Beitragsvolumen gering ausfällt.

Mit der zeitlichen Befristung des Rahmenkredits auf zehn Jahre ist sichergestellt, dass die Beantwortung der Frage, ob das finanzielle Engagement des Bundes auch langfristig oder in diesem Umfang nötig ist, offen bleibt. Angesichts des Zieles des Bundesrates, das Fördervolumen in den nächsten Jahren auf dem Niveau der vergangenen Jahre von gut 1500 Wohnungen halten zu können, ist eine strikt degressive
Ausgestaltung der Subventionierung nicht sinnvoll. Je nach Situation auf dem Wohnungsmarkt und auch dem finanziellen Engagement von Kantonen und Gemeinden sowie den Perspektiven des Bundeshaushalts wäre eine rückläufige Entwicklung der Finanzhilfen des Bundes gegen Ende der Verpflichtungsperiode möglich.

29

Das Wohnungs-Bewertungssystem ist abrufbar unter www.wbs.admin.ch.

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Anhang 1

Anspannung im unteren Segment des Mietwohnungsmarktes 2016 (rot = angespannt; grün = entspannt)

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Anhang 2

Durchschnittliche Mietbelastung nach Einkommensklassen 2006­2015

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Anhang 3

Gemeinden mit einem oder mehreren Wohnobjekten, die bis 2017 durch ein Darlehen aus dem Fonds de Roulement mitfinanziert wurden

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