18.072 Botschaft zum Bundesbeschluss über einen Verpflichtungskredit für die Bundesgarantien für Pflichtlagerdarlehen vom 29. August 2018

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses über einen Verpflichtungskredit für die Bundesgarantien für Pflichtlagerdarlehen.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

29. August 2018

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2018-1191

5523

Übersicht Um den kreditgebenden Banken in Übereinstimmung mit dem Finanzhaushaltgesetz die Bundesgarantien für Pflichtlagerdarlehen gewähren zu können, ist ein Verpflichtungskredit erforderlich. Der Bundesrat beantragt deshalb den eidgenössischen Räten einen Verpflichtungskredit von 540 Millionen Franken bis Ende 2024.

Ausgangslage Der Bundesrat legt gestützt auf Artikel 7 des Landesversorgungsgesetzes vom 17. Juni 2016 (LVG; SR 531) fest, welche lebenswichtigen Güter durch private Unternehmen an Lager zu legen sind. Damit begründet er die Pflichtlagerhaltung.

Dieser unterstehen derzeit Produkte aus den Bereichen Ernährung, Energie und Heilmittel. Das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung schliesst mit den betroffenen Unternehmen Verträge über die Vorratshaltung solcher Güter, sogenannte Pflichtlagerverträge, ab. Das System der Pflichtlagerhaltung basiert auf der Zusammenarbeit zwischen dem Staat und der Wirtschaft. Die Zusammensetzung und das Ausmass der Pflichtlager werden vom Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung festgelegt. Die Pflichtlager werden jedoch nicht vom Bund, sondern von privaten Unternehmen gehalten und sind in deren Eigentum. Die von der Pflichtlagerhaltung betroffenen Wirtschaftszweige haben sich freiwillig zu privatrechtlichen Pflichtlagerorganisationen zusammengeschlossen und Garantiefonds für einzelne Warengruppen zur Deckung der Lager- und Kapitalkosten und des Preisverlusts auf Pflichtlager gebildet.

Der Bund unterstützt die Unternehmen, indem er den kreditgebenden Banken Bundesgarantien für Pflichtlagerdarlehen gewährt (Art. 20 LVG). Damit erhält der Lagerhalter die Möglichkeit, gegen Ausstellung eines Eigenwechsels bei einer Bank einen Kredit zu einem niedrigen Zinssatz (entspricht dem Libor) zu beziehen. Die Höhe der Bundesgarantien richtet sich grundsätzlich nach dem Wert der Pflichtlagerwaren. Da ausschliesslich handelsübliche Waren an Pflichtlager gelegt werden dürfen, ist sichergestellt, dass nur Garantien geleistet werden, für die auch ein entsprechender realisierbarer Gegenwert vorhanden ist. Das Instrument der Gewährung von Bundesgarantien zugunsten der Pflichtlagerhalter kann als zielführend, kostengünstig und dank des gesetzlichen Aussonderungsrechts für den Fall des Konkurses oder der Nachlassstundung eines Pflichtlagerhalters
auch als risikoarm bezeichnet werden.

Inhalt der Vorlage Für die gewährten Bundesgarantien ist nach Artikel 21 Absatz 4 Buchstabe e des Finanzhaushaltgesetzes vom 7. Oktober 2005 (FHG; SR 611.0) ein Verpflichtungskredit erforderlich. Im Rahmen der Revision des Landesversorgungsgesetzes (Inkrafttreten: 1. Juni 2017) wurde festgestellt, dass dem Bund bei der Pflichtlagerhaltung dieses finanzielle Steuerungselement fehlt. Mit vorliegender Botschaft soll für

5524

die bestehenden Garantien und die künftigen Verpflichtungen der benötigte Kredit beschlossen werden. Der Bundesrat beantragt dem Parlament daher einen Verpflichtungskredit im Umfang von 540 Millionen Franken bis Ende 2024.

5525

BBl 2018

Botschaft 1

Ausgangslage und Rahmenbedingungen

1.1

Ausgangslage

Der Auftrag der wirtschaftlichen Landesversorgung ist in Artikel 102 der Bundesverfassung (BV; SR 101) festgehalten: Der Bund stellt die Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen sicher für den Fall machtpolitischer oder kriegerischer Bedrohungen sowie in schweren Mangellagen, denen die Wirtschaft nicht selbst zu begegnen vermag. Er trifft vorsorgliche Massnahmen.

Zeichnet sich eine Störung ab und wird diese mit bestehenden Marktmechanismen nicht behoben, ergreift die wirtschaftliche Landesversorgung Massnahmen, um die optimale Versorgung der Schweiz mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen zu gewährleisten. Die wirtschaftliche Landesversorgung zeichnet sich durch ein einmaliges System der Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Staat aus. Die gesamte Organisation steht unter der Leitung der oder des Delegierten für wirtschaftliche Landesversorgung und besteht aus rund 300 Vertreterinnen und Vertretern aller relevanten Branchen der Schweizer Wirtschaft.

Ein wichtiges Instrument der Landesversorgung ist die Pflichtlagerhaltung. Die Zusammensetzung und das Ausmass der Pflichtlager werden vom Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) festgelegt. Die Pflichtlager werden jedoch nicht vom Bund, sondern von privaten Unternehmen gehalten und sind in deren Eigentum. Das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) schliesst mit den betroffenen Unternehmen einen Pflichtlagervertrag ab.

Sämtliche Firmen mit einem Pflichtlagervertrag haben sich branchenweise zu Pflichtlagerorganisationen zusammengeschlossen. Diese privatrechtlichen Einrichtungen haben die Möglichkeit, zur Deckung der Lager- und Kapitalkosten und des Preisverlusts auf Pflichtlagern Garantiefonds zu bilden.

Die Finanzierung der Pflichtlagerwaren ist grundsätzlich eine privatwirtschaftliche Aufgabe. Allerdings erleichtert der Bund die Finanzierung mittels Bundesgarantien für Pflichtlagerdarlehen (Art. 20 des Landesversorgungsgesetzes vom 17. Juni 2016 [LVG]; SR 531). Für die Übernahme dieser Garantien ist gemäss Artikel 21 Absatz 4 Buchstabe e des Finanzhaushaltgesetzes vom 7. Oktober 2005 (FHG; SR 611.0) ein Verpflichtungskredit erforderlich. Anlässlich der Revision des Landesversorgungsgesetzes wurde festgestellt, dass dem Bund bei der Pflichtlagerhaltung dieses finanzielle Steuerungselement derzeit noch fehlt.

1.2

Anlass des Finanzbegehrens

Gemäss Artikel 20 LVG gewährt der Bund den kreditgebenden Banken Garantien für die Finanzierung der Pflichtlagerwaren. Weiter wird in Artikel 18 Absatz 3 der Verordnung vom 10. Mai 2017 über die wirtschaftliche Landesversorgung (VWLV; SR 531.11) präzisiert, dass der garantierte Bankkredit maximal 90 Prozent des 5526

BBl 2018

massgebenden Warenwerts des Pflichtlagers betragen darf. Eine Ausnahme bilden Pflichtlager mit amortisierten Basispreisen, die deutlich unter dem Marktwert liegen.

Bei diesen darf der Kredit 100 Prozent des massgebenden Warenwerts des Pflichtlagers betragen. Der Basispreis ist derjenige Wert, der für die Bestimmung der Kreditlimite massgebend ist (Warenwert abzüglich allfälliger Amortisationszahlungen, siehe Kap. 1.6.2).

Da ausschliesslich handelsübliche Waren an Pflichtlager gelegt werden dürfen und dies auch überwacht wird, ist sichergestellt, dass nur Garantien geleistet werden, für die auch ein entsprechender realisierbarer Gegenwert vorhanden ist. Für Waren, die nicht oder nur beschränkt marktgängig sind, die aber dennoch aus Gründen der Versorgungssicherheit an Pflichtlager zu legen sind ­ zu denken ist hier insbesondere an spezifische Arzneimittel ­ gewährt der Bund in der Praxis keine Garantien.

Die Gesamtsumme an Bundesgarantien belief sich per Ende 2017 auf 290 Millionen Franken. Davon sind 273 Millionen Franken auf die Mineralöl-Pflichtlager zurückzuführen. Der höchste Betrag, der derzeit vom Bund bei einem einzelnen Darlehen garantiert wird, beträgt 57 Millionen Franken. In den letzten zehn Jahren (2008­2017) bewegte sich die Summe der Bundesgarantien auf Pflichtlagerdarlehen zwischen 290 und 480 Millionen Franken.

1.3

Bedeutung des zu finanzierenden Vorhabens

Für die Sicherstellung der Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern für den Fall schwerer Mangellagen ist die Pflichtlagerhaltung unverzichtbar. Treibstoffe, Grundnahrungsmittel und Antibiotika beispielsweise kann die Schweiz nicht oder nur in unzureichendem Masse selber herstellen. Sie ist somit auf Importe angewiesen. Naturkatastrophen, Konfliktereignisse, technische Defekte in der Produktion oder im Transport eines Gutes oder andere Krisenereignisse können den Warenstrom kurzfristig unterbrechen. In solch einem Fall stellen Vorräte, die bei Bedarf freigegeben werden können, ein wertvolles Instrument dar. Der Bund hält die Vorräte nicht selbst, sondern hat dazu private Unternehmen verpflichtet, welche nicht nur die Lager bewirtschaften, sondern mit diesen Waren auch handeln. Die Vorräte können somit umgesetzt werden und müssen nicht nach Verfall vernichtet und neu beschafft werden. Zudem sind sie im Verteilnetz eingebettet und können bei Bedarf rasch vertrieben werden.

1.4

Interesse des Bundes am Vorhaben

In der Strategie der wirtschaftlichen Landesversorgung stellt die Vorratshaltung das zentrale Instrument zur Überbrückung von Versorgungsengpässen dar. Sie ist in ihrem Vollzug sowohl für den Bund als auch für die Wirtschaft kostengünstig und administrativ einfach. Ein Einsatz dieser Lager im Interesse der Konsumentinnen und Konsumenten kann daher jederzeit und in sehr kurzer Zeit erfolgen.

Bereits vor der Revision des Landesversorgungsgesetzes hatte sich die Gewährung von Bundesgarantien für Pflichtlagerdarlehen bewährt. Mit der Totalrevision wurde 5527

BBl 2018

das System bestätigt. Es handelt sich um eine administrativ einfache Art und Weise, die Pflichtlagerhalter in ihren Aufgaben auf dem Gebiet der Vorratshaltung zu unterstützen.

1.5

Unterschied zwischen Garantie und Bürgschaft

Sowohl im privatrechtlichen als auch im öffentlich-rechtlichen Bereich dienen Garantien und Bürgschaften als Kreditsicherungsmittel. Der Hauptunterschied zwischen diesen beiden Instrumenten besteht darin, dass die Garantie eine selbstständige, im Gegensatz zur Bürgschaft vom Hauptschuldverhältnis unabhängige Verpflichtung darstellt. Bei der Bürgschaft hingegen besteht eine Verbindung zum Grundgeschäft (z. B. Darlehensvertrag).

Bei der Pflichtlagerhaltung kommt das Instrument der Garantie zur Anwendung (vgl. Art. 20 LVG). Die Garantiegewährung birgt in diesem Bereich nur geringe Risiken, da sich die Höhe der Bundesgarantien grundsätzlich nach dem Wert der zu finanzierenden Pflichtlagerwaren richtet. Da in der Regel ausschliesslich handelsübliche Waren an Pflichtlager gelegt werden, ist sichergestellt, dass nur Garantien geleistet werden, für die auch ein entsprechender, tatsächlich realisierbarer Gegenwert vorhanden ist. Ausgenommen ist, aus heilmittelrechtlichen Gründen, der Bereich Heilmittel. Schliesslich sichert der Bund seine Ansprüche mit einem besonderen gesetzlichen Aussonderungsrecht an der Pflichtlagerware ab (Art. 24 LVG).

Dieses Konkurs- und Nachlassprivileg führt dazu, dass die übrigen Forderungen aller Gläubigerklassen nachrangig sind.

Das gesetzliche Aussonderungsrecht besteht seit Langem und erlaubt dem Bund, im Konkurs- oder Nachlassfall als Erster auf die Pflichtlagerware zuzugreifen. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass dank diesen Sicherheiten die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung des Bundes per Saldo gering gehalten werden kann.

Dennoch verbleibt ein gewisses finanzielles Restrisiko für den Bund. Gerät ein Pflichtlagerhalter in Konkurs oder wird über ihn die Nachlass- oder Notstundung eröffnet, so muss der Bund gegenüber der Bank sein Zahlungsversprechen einlösen.

Zwecks Risikominimierung gilt es, im Hinblick auf das Aussonderungsrecht des Bundes insbesondere die Werthaltigkeit der Pflichtlagerwaren sicherzustellen. Der Bund hat hierzu die Pflichtlagerorganisationen beauftragt, die Pflichtlager regelmässig hinsichtlich Quantität und Qualität der Waren zu kontrollieren. Die Kontrollstellen informieren das BWL über festgestellte Mängel. Die Durchführung der Pflichtlagerkontrollen wird vom BWL jährlich am Sitz der Pflichtlagerorganisationen revidiert. Das BWL hat
zudem mit den Pflichtlagerdarlehen gewährenden Banken Vereinbarungen abgeschlossen. Darin verpflichten sich die Banken u. a. zur laufenden Überwachung der Kreditwürdigkeit der Pflichtlagerhalter. Zudem haben sie das BWL unverzüglich über wesentliche Änderungen der wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse des Pflichtlagerhalters zu informieren.

In den vergangenen 15 Jahren musste der Bund in einem Fall einen Verlust auf einem Pflichtlager im Umfang von 70 000 Franken hinnehmen. In zwei weiteren Fällen, in denen der Bund Garantiezahlungen leisten musste, konnte er sich dank seines Aussonderungsanspruchs schadlos halten. Ohne Bundesgarantien würde die 5528

BBl 2018

vom Gesetzgeber verordnete Pflichtlagerhaltung nicht mehr unterstützt. Die Unternehmen und somit letztlich auch die Konsumentinnen und Konsumenten müssten höhere Kosten tragen.

Insgesamt darf das Instrument der Gewährung von Bundesgarantien zugunsten der Pflichtlagerhalter als zielführend, kostengünstig und dank des gesetzlichen Aussonderungsrechts auch als risikoarm bezeichnet werden. Ein Verzicht darauf stünde nicht im Interesse des Bundes.

1.6

Erläuterungen zum System der Garantiefonds und Amortisationszahlungen (Warenabwertung)

1.6.1

Garantiefonds

Gestützt auf das Landesversorgungsgesetz hat der Bundesrat bestimmte lebenswichtige Güter der Pflichtlagerhaltung unterstellt. Die von der Pflichtlagerhaltung betroffenen Wirtschaftszweige können sich zu privatrechtlichen Pflichtlagerorganisationen zusammenschliessen und Garantiefonds für einzelne Warengruppen zur Deckung der Lager- und Kapitalkosten und des Preisverlusts auf Pflichtlagern bilden. Das neue Landesversorgungsgesetz, das seit dem 1. Juni 2017 in Kraft ist, sieht die Möglichkeit zur Bildung bzw. Beibehaltung solcher Garantiefonds weiterhin vor. Diese Garantiefonds werden auf zwei Arten durch Beiträge bzw. Abgaben auf lagerpflichtigen Gütern alimentiert. Beim System der Erstinverkehrbringung können Garantiefondsbeiträge sowohl auf importierten als auch auf im Inland produzierten Waren erhoben werden, während beim System der Generaleinfuhrbewillligung nur Importe belastet werden.

Derzeit bestehen in allen Branchen der vom Bundesrat angeordneten Pflichtlagerhaltung Garantiefonds. Diese werden von Pflichtlagerorganisationen verwaltet, nämlich von der Réservesuisse (Getreide, Nahrungs- und Futtermittel), der Carbura (Mineralölprodukte), der Helvecura (Heilmittel), der Agricura (Dünger) und der Provisiogas (Erdgas). Die Réservesuisse und die Carbura erheben die Garantiefondsbeiträge beim Import, die Agricura, die Helvecura und die Provisiogas bei der ersten Inverkehrbringung der Waren, die der Pflichtlagerhaltung unterstellt sind. Die Summe der Beiträge an die entsprechenden Garantiefonds bemisst sich nach der Warenmenge, die ein Lagerpflichtiger entweder importiert oder erstmals im Inland in Verkehr bringt. Aus diesen Garantiefonds werden die einzelnen Firmen nach einheitlichen Kriterien für die Kosten der Pflichtlagerhaltung entschädigt. Die Kosten der Pflichtlagerhaltung werden ­ analog moderner Konsumbesteuerungsmethoden ­ über den Produktpreis schliesslich auf die Konsumentinnen und Konsumenten überwälzt.

Dieses System funktioniert nur, wenn alle Pflichtlagerhalter einer Branche Mitglied der entsprechenden Pflichtlagerorganisation sind. Die erhobenen Mittel dürfen nur zur Deckung der Lagerhaltungs- und Kapitalkosten, zur Amortisation und zum Ausgleich von Preisschwankungen (Art. 22 VWLV) sowie für den Betrieb und die Verwaltung der Pflichtlagerorganisationen verwendet werden. Zwar ist der Zusammenschluss einer Branche zu einer Pflichtlagerorganisation freiwillig, wenn eine

5529

BBl 2018

solche aber vorhanden ist, müssen alle Pflichtlagerhalter einer Branche Mitglied werden.

Die Fondsmittel werden von den Pflichtlagerorganisationen verwaltet und sind nicht Eigentum ihrer einzelnen Mitglieder oder gar des Bundes. Sie stellen privates Sondervermögen mit öffentlich-rechtlichen Verfügungsbeschränkungen dar und unterstehen der Aufsicht des Bundes. Die Bildung, Änderung und Auflösung von Garantiefonds sowie deren Statuten bedürfen der Genehmigung durch das WBF. Die entsprechenden Reglemente werden dem BWL zur Genehmigung unterbreitet.

Das BWL prüft die Angemessenheit und Zweckmässigkeit der Mittelerhebung und Mittelverwendung unter Beachtung des Prinzips der Gewinn- und Verlustlosigkeit für die Pflichtlagerhalter. Es ordnet soweit notwendig die erforderlichen Massnahmen an.

1.6.2

Amortisationszahlungen (Warenabwertung)

Die Mittel der Garantiefonds dienen einerseits dazu, die Firmen für Kosten zu entschädigen, die ihnen aus der Haltung der Pflichtlager entstehen. Darunter fallen Kapitalkosten, aber auch Aufwendungen für Lagermiete, Versicherungen, Transporte, Verwaltung und Güterumschlag.

Anderseits werden zur Finanzierung der Pflichtlager und zur Minderung des Preisrisikos auf Warenlagern von den Garantiefonds sogenannte Amortisationszahlungen an die Lagerhalter geleistet. Amortisationszahlungen von Garantiefonds an die Pflichtlagerhalter können mit zinslosen Darlehen verglichen werden. Die Höhe der Amortisationszahlungen entspricht der Differenz zwischen dem Marktwert der Ware zum Einlagerungszeitpunkt und einem von der Pflichtlagerorganisation festgelegten tieferen Basiswert. Bei Wiederauslagerung muss der Pflichtlagerhalter dem Garantiefonds die Amortisationszahlungen wieder zurückerstatten. Die Höhe der Rückzahlungen entspricht dem Marktwert zum Auslagerungszeitpunkt abzüglich des Basiswerts. Die Preisrisiken und -chancen liegen daher nicht beim Pflichtlagerhalter, sondern beim Garantiefonds. Im (unwahrscheinlichen) Falle einer vollständigen und gleichzeitigen Pflichtlagerliquidation über alle Wirtschaftszweige hätten die Pflichtlagerhalter Rückzahlungsverpflichtungen an die Garantiefonds in der Höhe von rund 2,5 Milliarden Franken (Stand Ende 2017) zu leisten.

Der Basiswert, d. h. der nicht amortisierte Teil des Pflichtlagerwerts, bildet die Grundlage für die Berechnung der Entschädigungen, welche die Pflichtlagerhalter aus dem Garantiefonds für die Deckung der Kapitalkosten erhalten. Der Basispreis der Pflichtlager in den Bereichen Ernährung und Mineralöl ist heute deutlich unter den Marktwert abgeschrieben. Das vom Bund garantierte Pflichtlagerdarlehen darf deshalb nicht nur 90 Prozent, sondern 100 Prozent des Pflichtlagerbasiswerts betragen, da ein eventueller Verlust nach einer Verwertung des Pflichtlagers infolge eines Konkurses in erster Linie vom Garantiefonds getragen würde.

5530

BBl 2018

Nachstehende Grafik zeigt an einem fiktiven Beispiel, wie die Abrechnung zwischen Garantiefonds und Pflichtlagerhaltern bei der Ein- und Auslagerung von Pflichtlagerwaren erfolgt.

Daraus ist ersichtlich, zu welchen Abrechnungen die Ein- und Auslagerungen zu verschiedenen Zeitpunkten führen. Beim Abrechnungspreis handelt es sich um den Marktwert. Am 1. Februar muss ein Lagerhalter sein Pflichtlager um eine Tonne erhöhen. Zu diesem Zeitpunkt kostet diese Ware 673 Franken, der Pflichtlagerwert bzw. der Basispreis liegt aber bei 150 Franken. Zur Reduktion des Preisrisikos werden ihm vom Garantiefonds 523 Franken ausbezahlt.

Wenn er nun am 1. Juni sein Pflichtlager um eine Tonne reduziert, muss er wieder mit dem Garantiefonds abrechnen. Zu diesem Zeitpunkt liegt der Marktwert bei 900 Franken und der Basispreis nach wie vor bei 150 Franken. Eine Reduktion des Pflichtlagers bedeutet, dass der Pflichtlagerhalter diese eine Tonne ab sofort in seinen freien Vorräten führen und verkaufen kann. Wenn er die Ware sofort veräussert, kann er dies zum Marktpreis von 900 Franken tun. Gleichzeitig hat der Garantiefonds nun Anspruch darauf, dass der Pflichtlagerhalter ihm die Differenz zwischen Basis- und Marktpreis von 750 Franken zurückzahlt.

Würde die Pflichtlagerreduktion erst am 1. Dezember erfolgen, müsste der Lagerhalter dem Garantiefonds nur 257 Franken zurückbezahlen, weil der Marktwert bei 407 Franken liegt.

5531

BBl 2018

Die Pflichtlagerorganisationen Réservesuisse und Carbura haben die Basispreise gegenüber dem effektiven Wert der Pflichtlagerwaren tief festgesetzt. Der derzeitige durchschnittliche Basispreis der mit Garantiefonds finanzierten Waren ist wie folgt: Réservesuisse

Basispreise Ende 2017

­ ­ ­ ­ ­

CHF 8.­ / 100 kg CHF 15.­ / 100 kg CHF 15.­ / 100 kg CHF 0.­ / 100 kg CHF 0.­ / 100 kg

Getreide Zucker Reis Speiseöle und -fette Kaffee

Carbura ­ ­ ­ ­

Autobenzine Dieselöl Heizöl Flugpetrol

CHF 75.­ / m3 CHF 75.­ / m3 CHF 75.­ / m3 CHF 85.­ / m3

Die Helvecura legte nur bei einem Teil der Antiinfektiva, die Agricura bei einem Teil der Düngerpflichtlager einen Basispreis fest.

Es liegt in der Kompetenz der Pflichtlagerorganisationen zu entscheiden, inwieweit die Pflichtlager amortisiert werden bzw. welcher Basispreis festgelegt wird. Was die gegenwärtig von der Carbura, der Helvecura und der Agricura festgelegten Basispreise betrifft, geht das BWL nicht davon aus, dass diese in den nächsten Jahren erhöht werden, da die Finanzierung der Garantiefonds durch das bisherige System mit der Erhebung von Beiträgen auf den Einfuhren bzw. der ersten Inverkehrbringung nicht gefährdet ist. Anders stellt sich die Situation im Bereich der Nahrungsmittel-Pflichtlager dar.

Die Lagerhaltungspflicht von Erdgas wird mittels Heizöl extra-leicht abgedeckt. Die Provisiogas bezahlt die Carbura für die Lagerhaltung von Heizöl. Die Eigentümer bleiben die Mitglieder der Carbura. Die Finanzierung der Mineralöllagerhaltung umfasst deshalb auch die Lager für die Erdgasbranche.

Unter den nachstehenden Ziffern sind die Entwicklungstendenzen hinsichtlich der Finanzierung der Pflichtlagerhaltung ­ unterteilt in die Bereiche Ernährung, Mineralöl, Heilmittel, Dünger sowie industrielle Produkte ­ dargestellt.

1.7

Zukunftsperspektiven

1.7.1

Entwicklungen der Pflichtlagerfinanzierung im Bereich Ernährung

Das künftige Ausmass der Garantiefondsbeiträge, die von der Réservesuisse im Bereich Ernährung erhoben werden können, ist schwierig abzuschätzen.

Einerseits führen die von der Schweiz eingegangenen Verpflichtungen gegenüber der WTO, Freihandelspartnern und Entwicklungsländern dazu, dass mittel- bis langfristig beim Import von Agrargütern die Beiträge an die Garantiefonds nur noch in 5532

BBl 2018

beschränktem Ausmass oder gar nicht mehr erhoben werden können. Die Finanzierung der Garantiefonds hat einen öffentlichen Charakter, weil die Beitragspflicht bei der Einfuhr in Zusammenhang mit der öffentlich-rechtlichen Einfuhrlizenz entsteht. Die Garantiefondsbeiträge gelten somit gemäss den Bestimmungen der WTO als Teil der Grenzabgaben (Zollkomponente).1 Sie dürfen folglich die bei der WTO und in Freihandelsabkommen verbindlich festgelegten Zollobergrenzen nicht überschreiten.

Anderseits ist es in diesem Bereich seit Inkrafttreten des neuen Landesversorgungsgesetzes nicht mehr möglich, zum System der Beitragserhebung bei der ersten Inverkehrbringung zu wechseln, da die Abschöpfung von Garantiefondsbeiträgen auf inländischen Nahrungs- und Futtermitteln sowie Saat- und Pflanzgut nicht zulässig ist (Art. 16 Abs. 5 LVG).

Diese Situation wird voraussichtlich in den nächsten Jahren dazu führen, dass sich die Lagerhaltung nur mehr unzureichend aus Garantiefondsbeiträgen finanzieren lässt. Daraus ergeben sich für den Bund zwei mögliche Konsequenzen. Möglich ist einerseits die direkte und vollumfängliche Übernahme der ungedeckten Kosten durch den Bund. Diese Variante ist in Artikel 21 Absatz 2 LVG vorgesehen. Anderseits ist davon auszugehen, dass vor einer Pflichtlagerfinanzierung durch den Bund die Réservesuisse die derzeit weitgehend amortisierten Pflichtlager aufwertet. Damit erhöht sie den Basispreis für die an Lager zu legende Ware. Den einzelnen Lagerpflichtigen entstehen in der Folge höhere Kosten für die Pflichtlagerware. Dies könnte dazu führen, dass darlehensgebende Banken stärker in Anspruch genommen werden. In der Folge wäre von einer entsprechenden Erhöhung der Bundesgarantien, wie sie in Artikel 20 LVG vorgesehen sind, auszugehen.

Das Ausmass dieses Anstiegs hängt vor allem von den Entwicklungen des wirtschaftlichen und politischen Umfelds ab und ist heute schwierig abzuschätzen. Es kann zudem nicht ausgeschlossen werden, dass in einigen Jahren die Pflichtlager im Bereich Ernährung überhaupt nicht mehr von den Garantiefonds amortisiert sind und der Bund für Pflichtlagerdarlehen im Ausmass von bis zu 90 Prozent des massgebenden Warenwerts gegenüber den Banken Garantien gewähren muss. Nicht vorhersehbar ist dagegen, inwiefern diese Garantien je in Anspruch genommen werden.

Heute gewähren
die Banken den Unternehmen auf vom Bund garantierten Pflichtlagerdarlehen den LIBOR-Satz2 (aktuell 0 %). Solange die Situation am Kapitalmarkt nicht ändert, hat eine Verringerung der Amortisationen keinen Einfluss auf die Kapitalkosten für die Pflichtlagerhaltung. Bei einem Zinsanstieg an den Kapitalmärkten steigen die Kapitalkosten entsprechend dem LIBOR-Satz an. Falls der Bund keine Bundesgarantien für Pflichtlagerdarlehen gewähren würde, wären die Kapitalkosten für die Pflichtlagerhaltung höher, da die Banken bei der Kreditvergabe (sehr wahrscheinlich) anders kalkulieren würden. Zur Deckung der höheren Kapitalkosten der Pflichtlagerhaltung müssten mehr Garantiefondsbeiträge erhoben und die Zolleinnahmen entsprechend gekürzt werden.

1 2

Siehe dazu auch die Erläuterungen zu Art. 18 LVG, BBl 2014 7119, hier 7143.

Die «London Interbank Offered Rate» (LIBOR) ist der täglich festgelegte Referenzzinssatz im Interbankengeschäft, der an jedem Arbeitstag um 11.00 Uhr Londoner Zeit (GMT) von den wichtigsten in London international tätigen Banken der British Bankers' Association fixiert wird.

5533

BBl 2018

Wenn keine Garantie für ein Pflichtlagerdarlehen besteht, hat der Bund überdies im Falle eines Konkurses kein Aussonderungsrecht. Der Garantiefonds kann nicht aus einem Verwertungserlös aus ausgesonderter Ware entschädigt werden und muss sämtliche Forderungen im normalen Konkursverfahren geltend machen, wodurch sich das Verlustrisiko des Garantiefonds stark erhöht. Gehen vom Garantiefonds an Pflichtlagerhalter geleistete Amortisationen verlustig, müssen diese Verluste mit höheren Garantiefondsbeiträgen kompensiert werden. Entsprechend der Erhöhung der Garantiefondsbeiträge vermindern sich die Zolleinnahmen des Bundes.

Der Marktwert der Pflichtlagerwaren Getreide, Zucker, Reis, Speiseöle und -fette sowie Kaffee betrug Ende 2017 rund 500 Millionen Franken. Unter Berücksichtigung des derzeitigen Aufbaus an Kraftfuttermitteln und der Schwankungen der Marktpreise kann von einem maximalen Warenwert von 600 Millionen Franken ausgegangen werden.

Die Höhe der vom Bund garantierten Darlehen für Nahrungsmittel betrug per Ende 2017 insgesamt lediglich 14,2 Millionen Franken. Der Basiswert (Wert der Pflichtlager abzüglich der vom Garantiefonds geleisteten Amortisationen) belief sich jedoch auf 56,1 Millionen Franken. Dieser Wert stellt die Kreditlimite dar, bis zu welcher die Pflichtlagerhalter insgesamt vom Bund garantierte Darlehen aufnehmen können. Die Kreditlimite wurde durch die Pflichtlagerhalter somit bei Weitem nicht ausgeschöpft, was durch die aktuelle Situation am Kapitalmarkt bedingt sein dürfte.

Mit einem Ansteigen der Kapitalzinsen wird voraussichtlich auch die Beanspruchung der Kreditlimite ansteigen. Zudem ist bis Ende 2024 mit einer teilweisen Aufwertung der Pflichtlager zu rechnen. Um den Ansprüchen der Pflichtlagerhalter jederzeit gerecht werden zu können, wird im vorliegenden Antrag für die Pflichtlagerhaltung von Nahrungsmitteln deshalb von einem maximalen Kreditbedarf von 100 Millionen Franken ausgegangen.

1.7.2

Entwicklungen der Pflichtlagerfinanzierung im Bereich Mineralöl

Im Bereich Mineralöl ist die künftige Finanzierung der Pflichtlagerhaltung durch Garantiefondsbeiträge nicht in Frage gestellt. Auch wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass künftig gewisse, den fossilen Treib- und Brennstoffen beigemischte Komponenten auch im Inland produziert werden, wird deren Anteil am Gesamtverbrauch klein bleiben. Dementsprechend ist nicht mit einer Veränderung der heutigen Amortisationspraxis zu rechnen. Die Höhe der vom Bund garantierten Darlehen betrug per Ende 2017 gesamthaft 273 Millionen Franken. Die Kreditlimite von 368 Millionen Franken wurde somit nicht ausgeschöpft. Grund dafür dürfte die aktuelle Situation am Kapitalmarkt mit sehr tiefen oder sogar negativen Zinsen sein. Mit einem Ansteigen der Kapitalzinsen wird sich wahrscheinlich auch hier die Beanspruchung der Kreditlimite erhöhen. In diesem Bereich ist daher von einem maximalen Kreditbedarf von 400 Millionen Franken auszugehen. Der Kreditbedarf ist hier über der aktuellen Kreditlimite angesetzt, damit eventuelle Veränderungen der Heizöl-Pflichtlager für die Gaswirtschaft und eine geplante Erhöhung der Flugpetrol-Pflichtlager abgedeckt werden können. Der Marktwert aller Mineralölpflicht5534

BBl 2018

lager betrug Ende 2017 gut 2,4 Milliarden Franken. Dazu gehört auch die Menge an Heizöl extra-leicht, welche anstelle von Erdgas an Pflichtlager gehalten wird.

1.7.3

Entwicklungen der Pflichtlagerfinanzierung im Bereich Heilmittel

Die Garantiefonds im Bereich Heilmittel werden mittels Garantiefondsbeiträgen bei der ersten Inverkehrbringung im Inland alimentiert. Die Finanzierung der Garantiefonds ist daher nicht gefährdet. Der Marktwert der Heilmittel-Pflichtlager, der hier gleichzeitig dem Basispreis entspricht, belief sich Ende 2017 auf insgesamt 43,6 Millionen Franken. Bisher sind für Heilmittel-Pflichtlager keine Bundesgarantien ausgerichtet worden. Grundsätzlich haben jedoch auch Heilmittel-Pflichtlagerhalter Anspruch auf vom Bund garantierte Pflichtlagerdarlehen (vgl. Art. 20 LVG).

Es bestanden vereinzelt Bestrebungen der Pharmaindustrie, Bundesgarantien in Anspruch zu nehmen, die bisher noch nie umgesetzt wurden. Wegen des grundsätzlichen Anspruchs der Pharmaindustrie auf durch den Bund garantierte Darlehen zur Finanzierung der Pflichtlagerhaltung, wird im vorliegenden Antrag von einem maximalen Kreditbedarf bis Ende 2024 von 20 Millionen Franken ausgegangen.

1.7.4

Entwicklungen der Pflichtlagerhaltung im Bereich Dünger

Die Garantiefonds im Bereich Dünger werden mittels Garantiefondsbeiträgen bei der ersten Inverkehrbringung im Inland alimentiert. Die Finanzierung des Garantiefonds ist daher nicht gefährdet. Der Marktwert aller Pflichtlager an Dünger belief sich Ende 2017 auf 11,4 Millionen Franken. Die Waren sind teilweise vom Garantiefonds amortisiert. Das BWL rechnet nicht damit, dass die Höhe der Amortisationen in nächster Zeit markant ändern wird.

Der Bund gewährt derzeit Garantien auf von den Pflichtlagerhaltern bezogenen Bankkrediten im Umfang von 2,6 Millionen Franken. Die Kreditlimite von 6,9 Millionen Franken wird derzeit nicht ausgeschöpft. Ein Ansteigen der aktuell sehr tiefen Kapitalzinsen würde möglicherweise zu einer höheren Ausschöpfung der Kreditlimite führen. In diesem Bereich ist daher von einem maximalen Kreditbedarf von 7 Millionen Franken auszugehen.

1.7.5

Entwicklungen im Bereich industrielle Produkte

Im Bereich der industriellen Güter werden zurzeit nur Kunststoffgranulate mit einem Marktwert von 138 000 Franken in Pflichtlagern gehalten. Die Summe der vom Bund gewährten Pflichtlagerdarlehen beläuft sich auf 80 000 Franken, die Kreditlimite auf 124 200 Franken.

Der Fachbereich Industrie der wirtschaftlichen Landesversorgung prüft den Bedarf und das Ausmass einer Pflichtlagerhaltung von industriellen Produkten. Es ist mög5535

BBl 2018

lich, dass künftig weitere industrielle Waren der Lagerhaltungspflicht unterstellt werden. Um auf eine eventuelle Ausweitung der Pflichtlager an industriellen Produkten reagieren zu können, wird die Kreditlimite für die Bestimmung der Höhe des Verpflichtungskredits für diesen Bereich auf 3 Millionen Franken veranschlagt.

1.7.6

Mengenveränderungen im bestehenden Pflichtlager-Sortiment

Das Ausmass der Lagermengen in der Pflichtlagerhaltung richtet sich in der Regel nach dem Verbrauch oder Import während der vorhergehenden Jahre. Die Mengenentwicklung ist deshalb längerfristig nicht genau vorhersehbar. Es zeigt sich indessen eine allgemeine Tendenz. In den Bereichen Ernährung und Heilmittel steigen die Mengen in den nächsten Jahren voraussichtlich leicht an, im Bereich Mineralöl sind sie rückläufig. Der zeitliche Verlauf der Veränderungen ist schwierig abzuschätzen und die Entwicklung verläuft in den verschiedenen Pflichtlagerbereichen unterschiedlich schnell. In Bezug auf die Höhe des Verpflichtungskredits wird hier davon ausgegangen, dass sich Auf- und Abbau im bestehenden Pflichtlagersortiment ungefähr die Waage halten. Im beantragten Verpflichtungskredit ist deshalb kein Kreditbedarf für künftige Mengenveränderungen im bestehenden Pflichtlagersortiment berücksichtigt.

1.7.7

Grundlegende Überprüfung der Zusammensetzung der Pflichtlager

Die Organisation der wirtschaftlichen Landesversorgung wird bis 2019 verschiedene Produkte hinsichtlich einer Pflichtlagerhaltung evaluieren. Neben einer Überprüfung des Bedarfs der bestehenden Lagerwaren Brotgetreide, Dünger, Kaffee, Kraftfuttermittel, Reis, Speiseöle und Zucker wird auch geprüft, ob Säuglingsnahrung, Saatgut, Pflanzenschutzmittel, Hülsenfrüchte, Teigwaren, Hartkäse, Allergikerprodukte, Vitamine und weitere industrielle Produkte neu an Pflichtlager zu legen sind. Je nach Ergebnis der Prüfung wird daraus eine zusätzliche Nachfrage nach vom Bund garantierten Pflichtlagerdarlehen entstehen. Für die Festlegung der Höhe des Verpflichtungskredits wird für neue Produkte in der Pflichtlagerhaltung von einem maximalen Kreditbedarf von 10 Millionen Franken ausgegangen, damit bei Bedarf mit dem Aufbau von neu der Pflichtlagerhaltung unterstellten Waren begonnen und dem Anspruch betroffener Unternehmen auf Bundesgarantien nachgekommen werden kann.

1.7.8

Zusammenstellung maximaler Kreditbedarf

Die Schätzung der maximalen Höhe an Pflichtlagerkrediten basiert auf den Erwartungen bis Ende 2024. Eine dauerhafte vollständige Ausschöpfung des beantragten Verpflichtungskredits ist wenig wahrscheinlich. Es ist aber wichtig, dass der Kreditrahmen jederzeit genügend gross ist, um die Pflichtlagerhaltung im vorgegebenen Umfang umsetzen und die Versorgungssicherheit aufrechterhalten zu können.

5536

BBl 2018

Gleichzeitig soll sichergestellt sein, dass allen anspruchsberechtigten Pflichtlagerhaltern jederzeit eine gesetzeskonforme Finanzierung ihrer Pflichtlager mit vom Bund garantierten Bankdarlehen gewährt werden kann. Die Höhe der Garantien hängt insbesondere von der Höhe der Amortisationen seitens der Garantiefonds ab.

Eine direkte Abhängigkeit von der Teuerung entfällt. Deshalb wird im Bundesbeschluss auf die Angabe von Teuerungsannahmen verzichtet.

Gestützt auf die vorstehend genannten Zahlen und Entwicklungen schätzt der Bundesrat den voraussichtlichen maximalen Kreditbedarf bis Ende 2024 wie folgt ein: Warengruppe

Kreditbedarf in Mio. Fr.

Ernährung Mineralöl Heilmittel Dünger Industrielle Produkte Neue Lagerwaren

100 400 20 7 3 10

Total

540

2

Inhalt des Kreditbeschlusses

2.1

Antrag des Bundesrates

Der Bundesrat beantragt für die Bundesgarantien für Pflichtlagerdarlehen einen Verpflichtungskredit von 540 Millionen Franken bis Ende 2024.

2.2

Beschreibung des Inhalts der Vorlage

Der Bund unterstützt die Unternehmen bei ihrer Pflichtlagerhaltung, indem er gegenüber den darlehensgebenden Banken Bundesgarantien für Pflichtlagerdarlehen gewährt. Die Höhe der gewährten Bundesgarantien richtet sich grundsätzlich nach dem Wert der zu finanzierenden Pflichtlagerwaren. Da ausschliesslich für handelsübliche Waren eine Bundesgarantie gewährt wird, ist sichergestellt, dass auch ein entsprechender realisierbarer Gegenwert vorhanden ist.

2.3

Risiken

Obschon für den Bund pfandrechtliche Absicherungen bestehen, bleibt ein gewisses finanzielles Restrisiko für den Bund bestehen. Gerät ein Pflichtlagerhalter in Konkurs oder wird über ihn die Nachlass- oder Notstundung eröffnet, so muss der Bund gegenüber der Bank sein Zahlungsversprechen einlösen.

5537

BBl 2018

In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass dank den Sicherheiten die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung des Bundes per Saldo gering gehalten werden kann. In den vergangenen 15 Jahren musste der Bund in einem Fall einen Verlust auf einem Pflichtlager im Umfang von 70 000 Franken hinnehmen. In zwei weiteren Fällen, in denen der Bund Garantiezahlungen leisten musste, konnte er sich dank seines Aussonderungsanspruchs schadlos halten.

Die Bundesgarantien werden in den jeweiligen Pflichtlagerverträgen festgelegt. Entstehen während der Vertragsdauer begründete Zweifel an der Solvenz und Bonität des Pflichtlagerhalters oder an der Einhaltung der Bestimmungen des Pflichtlagervertrags, so ist der Bund berechtigt, zum Schutz der finanzierten Pflichtlagermengen sichernde Massnahmen zu ergreifen (z. B. Aussonderung oder Unterverschlussnahme des Pflichtlagers, Auflösung des Vertrags).

Der Bund verfügt mit jeder kreditgebenden Bank über eine Vereinbarung, gemäss der sich die Bank verpflichtet die Kreditwürdigkeit der Pflichtlagerhalter in der für Kreditgeschäfte üblichen Weise zu prüfen und den Bund unverzüglich zu informieren, falls die Kreditwürdigkeit nicht oder nur teilweise gegeben ist.

2.4

Begründung des Antrags

Gemäss Artikel 20 LVG gewährt der Bund den darlehensgebenden Banken Garantien für die Finanzierung der Pflichtlagerwaren und der Waren der ergänzenden Pflichtlagerhaltung. Für die Übernahme dieser Garantien ist gemäss Artikel 21 Absatz 4 Buchstabe e FHG ein Verpflichtungskredit erforderlich. Im Rahmen der Revision des Landesversorgungsgesetzes wurde festgestellt, dass dem Bund bei der Pflichtlagerhaltung dieses finanzielle Steuerungselement fehlt. Mit vorliegender Botschaft soll daher für die bestehenden Garantien und die künftigen Verpflichtungen der benötigte Kredit beschlossen werden. Der Bundesrat beantragt dem Parlament dementsprechend einen Verpflichtungskredit im Umfang von 540 Millionen Franken. Damit kann der Bund die Garantien für die Darlehen der anspruchsberechtigten Pflichtlagerhalter weiterhin übernehmen. Die Laufzeit des Verpflichtungskredits wird bis Ende 2024 begrenzt. Zu gegebener Zeit wird das BWL den Kreditbedarf für einen nächsten Verpflichtungskredit erneut evaluieren.

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

3.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Aus den Verpflichtungen im Zusammenhang mit Pflichtlagerdarlehen entstehen dem Bund grundsätzlich keine unmittelbaren Aufwände. Lediglich bei Konkurs, Nachlass- oder Notstundung eines Pflichtlagerhalters muss der Bund sein Garantieversprechen einlösen und der finanzierenden Bank Zahlung leisten. Der Verwertungserlös der Pflichtlagerware dürfte in den meisten Fällen höher sein als diese Zahlung,

5538

BBl 2018

sodass sich der Bund schadlos halten kann. Die zu erwartenden finanziellen Auswirkungen sind somit als gering einzuschätzen.

Für allfällige Zahlungsleistungen müssen die entsprechenden Mittel in der Regel auf dem Nachtragsweg beantragt werden. Der Verwertungserlös wird gemäss dem Bruttoprinzip (Art. 19 Abs. 1 Bst. a der Finanzhaushaltverordnung vom 5. April 2006; SR 611.01) bei den Erträgen vereinnahmt.

3.1.2

Personelle Auswirkungen

Die Gewährung von Bundesgarantien für Pflichtlagerdarlehen kann weiterhin mit den bestehenden personellen Ressourcen umgesetzt werden.

3.2

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Mit der Genehmigung eines Verpflichtungskredits sind keine volkswirtschaftlichen Veränderungen gegenüber dem Status quo zu erwarten. Die Vorratshaltung dient der Versorgungssicherheit und leistet damit einen Beitrag an die Systemstabilität. Die einfachen Regelungen und die Schlankheit der wirtschaftlichen Landesversorgung tragen erheblich zu deren Nutzen bei und ermöglichen rasche Entscheidungen unter Ausnützung des privatwirtschaftlichen Knowhows. Die Wirtschaft wird durch die wirtschaftliche Landesversorgung nur gering belastet. Mit dem Grundprinzip, dass auch in einer Krise nicht der Staat, sondern die Wirtschaft die Versorgungsfunktion wahrnehmen soll, wird die Sicherstellung des Landes mit lebenswichtigen Gütern mit wenig Aufwand gewährleistet.

3.3

Auswirkungen auf die Lagerpflichtigen

Von den Bundesgarantien profitieren in erster Linie die lagerpflichtigen, privaten Wirtschaftsteilnehmer. Ohne die Bundesgarantien für Pflichtlagerdarlehen wären die Kapitalkosten für die Pflichtlagerhaltung höher, da die Banken bei der Kreditvergabe höhere Zinsen verlangen würden.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

4.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 27. Januar 20163 zur Legislaturplanung 2015­2019 noch im Bundesbeschluss vom 14. Juni 20164 über die Legislaturplanung 2015­2019 angekündigt. Im Rahmen der Revision des Landesversorgungsge3 4

BBl 2016 1105 BBl 2016 5183

5539

BBl 2018

setzes wurde festgestellt, dass dem Bund bei der Pflichtlagerhaltung dieses finanzielle Steuerungselement fehlt. Mit vorliegender Botschaft soll daher für die bestehenden Garantien und die künftigen Verpflichtungen der benötigte Verpflichtungskredit beschlossen werden.

4.2

Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates

Die Vergabe von Bundesgarantien auf Pflichtlager ist in keiner nationalen Strategie des Bundesrates enthalten.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Die Zuständigkeit der Bundesversammlung für den vorliegenden Kreditbeschluss ergibt sich aus Artikel 167 BV.

Gemäss Artikel 20 LVG gewährt der Bund den darlehensgebenden Banken Garantien für die Finanzierung der Pflichtlagerwaren.

Gemäss Artikel 21 Absatz 4 Buchstabe e FHG ist für die Gewährung von Garantien des Bundes ein Verpflichtungskredit erforderlich.

5.2

Erlassform

Nach Artikel 163 Absatz 2 BV und Artikel 25 Absatz 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 (SR 171.10) ist für den vorliegenden Fall ein Erlass in der Form des einfachen, nicht dem Referendum unterstehenden Bundesbeschlusses vorgesehen.

5.3

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV sieht zum Zweck der Ausgabenbegrenzung vor, dass Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen, in jedem der beiden Räte der Zustimmung der Mehrheit aller Mitglieder bedürfen. Da mit dem beantragten Verpflichtungskredit Garantien von über 20 Millionen Franken gewährt werden sollen, könnten diese im ungünstigsten Fall auch zu entsprechenden Ausgaben führen. Daher untersteht Artikel 1 Absatz 1 des Bundesbeschlusses der Ausgabenbremse.

5540

BBl 2018

5.4

Vereinbarkeit mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Staatliche Darlehensgarantien, die für die begünstigten Akteure zu einem Zinsvorteil führen und spezifisch Sektoren oder Unternehmen gewährt werden, sind gemäss dem WTO-Subventionsabkommen als Subvention zu betrachten und müssen bei der WTO notifiziert werden. Solche Subventionen können durch andere WTO-Mitglieder angefochten werden, wenn eine wirtschaftliche Schädigung im Ausland nachweisbar ist. Das ist bei den hier beantragten Garantien unwahrscheinlich. Bei Nahrungsmitteln gelten zusätzlich die Bestimmungen des WTO-Agrarabkommens.

Gemäss diesem Abkommen werden die Subventionen für Lagerhaltung zwecks Ernährungssicherheit in der sogenannten green box eingereiht und unterliegen entsprechend keiner Verpflichtungslimite.

5.5

Einhaltung der Grundsätze der Subventionsgesetzgebung

Der Bund erleichtert den betroffenen Unternehmen mit Bundesgarantien die Finanzierung von Pflichtlagern. Der Verpflichtungskredit dient der Deckung von Forderungen, die sich direkt aus der Vergabe von Bundesgarantien für Pflichtlagerdarlehen ergeben. Auf die Gewährung der einzelnen Garantien ist das Subventionsgesetz vom 5. Oktober 1990 (SR 616.1) anwendbar, nicht aber auf den vorliegend beantragten Finanzierungsbeschluss. Nach Artikel 5 des Subventionsgesetzes ist der Bundesrat zur periodischen Überprüfung von Finanzhilfen und Abgeltungen verpflichtet. Über das Ergebnis der Prüfung erstattet er der Bundesversammlung Bericht, insbesondere in einer allfälligen Botschaft zur Verlängerung des Verpflichtungskredits. Der Verpflichtungskredit wird vorläufig bis Ende 2024 befristet.

5541

BBl 2018

5542