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19. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Änderungen des Gebrauchs-Zolltarifs 1959 (Vom 10. August 1973)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, Der Bundesrat hat nach Artikel 9 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959 über den schweizerischen Zolltarif (Zolltarifgesetz) (SR 632.10) der Bundesversammlung halbjährlich über die Massnahmen zu berichten, die er in Anwendung der Artikel 4, 6, 7 und 8 dieses Gesetzes getroffen hat. Die Bundesversammlung entscheidet hierauf, ob die beschlossenen Änderungen des Gebrauchs-Zolltarifs 1959 in Kraft bleiben sollen.

Wir berichten Ihnen nachstehend über die seit dem 18. Bericht (BB1 1973 I 515), d. h. im ersten Halbjahr 1973, beschlossenen zolltarifarischen Massnahmen.

Ferner haben wir Ihnen gemäss Artikel 3 Absatz 2 des Bundesbeschlusses vom 23. September 1971 über die Gewährung von Zollpräferenzen im Rahmen des allgemeinen Präferenzensystems zugunsten der Entwicklungsländer (Zollpräferenzenbeschluss) (AS 7972 243) auch über jene Massnahmen halbjährlich zu berichten, die wir gestützt auf diesen Bundesbeschluss ergriffen haben, damit Sie ebenfalls darüber entscheiden können, ob sie in Kraft bleiben sollen. Die Ausführungserlasse zum Zollpräfetenzenbeschluss haben in der Berichtsperiode keine Änderung erfahren.

1. Bundesratsbeschluss vom 21. Februar 1973 betreffend die vorübergehende Änderung des Gebrauchszolltarifs (AS 1973 292)

Mit diesem auf den 1. März 1973 in Kraft getretenen Beschluss hat der Bundesrat von der ihm in Artikel 7 des Zolltarifgesetzes eingeräumten Ermächtigung Gebrauch gemacht und die Einfuhrzölle auf Weizen und Mengkorn, nicht denaturiert, der Tarifnr. 1001.10 (3 Fr. je 100 kg brutto), sowie auf Roggen, nicht denaturiert, der Tarifnr. 1002.10 (3 Fr. je 100 kg brutto), vorläufig für zwei Jahre aufgehoben.

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Diese befristete Zollbefreiung des Brotgetreides erfolgte, um eine Erhöhung des Brotpreises, also die Teuerung eines Lebensmittels des täglichen Bedarfs, die angesichts der ausserordentlichen Verhältnisse auf dem Weltmarkt für Getreide sonst eingetreten wäre, wenigstens vorderhand aufzuhalten. Eine Reihe von Ursachen, worunter die durch eine Missernte verursachten ausserordentlich hohen Käufe Russlands, vermehrte Einkäufe Chinas, Indiens und Brasiliens, geringere Erträge des Ausfuhrlandes Australien sowie ein vermehrter Bedarf an Futtergetreide hervorstechen, haben nämlich die Nachfrage nach Getreide seit Mitte des Jahres 1972 so stark anschwellen lassen, dass die Weltmarktpreise in der Folge ständig stiegen. Im Zeitpunkt der Beschlussfassung lagen sie rund 60 Prozent über dem Niveau vom Juni 1972. Es ist zu erwarten, dass diese Situation noch so lange anhält, bis die höheren Preise eine Mehrproduktion in den Hauptausfuhrlandern (USA und Kanada) bewirken und in einigen Hauptanbaugebieten wieder Normalernten erzielt werden. Mitte 1973 bestanden noch keine Anzeichen für eine Entspannung der Lage.

Die Aufhebung des Zolles vermag zwar die auf dem eingeführten Brotgetreide eingetretene Teuerung bei weitem nicht auszugleichen. Der inländische Backrnehlpreis basiert aber auf einer Mischrechnung zwischen den Gestehungskosten der Mühlen für Auslandgetreide und den vom Bundesrat alljährlich für das Inlandgetreide festgesetzten Abgabepreisen. Diese leiten sich von den mittleren Gestehungskosten (einschl. Zoll) für gleichwertiges Auslandgetreide im Durchschnitt der zurückliegenden zwölf Monate ab. Sie konnten aufgrund der vorangegangenen, noch normalen Entwicklung der Weltmarktpreise am l. September 1972 etwas gesenkt werden. Dadurch sowie durch eine Erhöhung der Weissmehl- und Futterwarenpreise war es den Mühlen möglich, die eingetretenen Kostensteigerungen wahrend einiger Zeit zu kompensieren Die seitherige Preishausse auf dem Weltmarkt hat aber diesen Spielraum ausgeschöpft, so dass ohne die am 21. Februar 1973 getroffene Zollmassnahme die Backmehlpreise dieses Frühjahr hätten erhöht werden müssen. Da der Brotpreis im letzten Herbst aus anderen Gründen (insbesondere Lohnsteigerungen) um 10 Rappen je Kilogramm anstieg, schien es im Interesse einer Stabilhaltung der Mehl- und Brotpreise angezeigt, den
neuerlichen, importierten Teuerungsfaktor an der Grenze zu neutralisieren.

Diese Massnahme hat nicht nur einen unmittelbaren Entlastungseffekt auf die Einstandspreise für eingeführtes Brotgetreide. Sie beeinflusst auch die Preisfixierung für das Inlandgetreide. Der Bundesrat hat mit Wirkung auf den 1. März 1973 die Abgabepreise für inländisches Brotgetreide an die Handelsmühlen unter Berücksichtigung der Zollbefreiung neu festgesetzt, mit der Absicht, sie voraussichtlich bis Herbst 1974 unverändert zu belassen. Die Zollbefreiung ermöglicht es somit den Behörden, das Ziel der Stabilhaltung der Brotpreise nachdrücklicher zu verfolgen.

Im Jahre 1972 machte der Zollertrag aus den über die Positionen 1001.10 und 1002.10 getätigten Einfuhren 6,2 Millionen Franken aus (1971 = 7,9 Mio.

Franken). Die Zollbefreiung hat daher, zusammen mit den Mehraufwendungen

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fur das Inlandgetreide für die Bundeskasse eine Verschlechterung der Rechnung von jährlich insgesamt 18-19 Millionen Franken zur Folge.

Der Beschluss ist an den Vorbehalt der vorzeitigen Rückkehr zu den ursprünglichen Tarifverhältnissen geknüpft für den Fall, dass sich die auslösenden wirtschaftlichen Verhältnisse ändern, was insbesondere bei einem Rückgang der Preise für Auslandgetreide zutreffen würde.

2. Bundesratsbeschluss vom 28. März 1973 über die zollfreie Ausfuhr gebrauchter Stickmaschinen (AS 1973 584)

Dieser sich auf Artikel 6 Absatz 2 des Zolltarifgesetzes stützende Beschluss hob den im Jahre 1958 erneuerten Ausfuhrzoll von 800 Franken je 100 kg brutto auf gebrauchten Stickmaschinen auf. Es handelte sich hierbei um eine schon vor dem Ersten Weltkrieg eingeführte, vorübergehend dann durch ein Bewilligungsverfahren ersetzte Massnahme zum Schütze unserer Stickereiindustrie gegen eine mit billigen Gebrauchtmaschinen aufgebaute Auslandkonkurrenz. Im letzten Jahrzehnt ist sie schrittweise gelockert worden. So werden seit 1962 die in EFTAStaaten ausgeführten und dort in Betrieb genommenen, seit 1963 die in ausländischen Betrieben mit massgebender Beteiligung des Exporteurs verwendeten (s.

5. Bericht vom 7. Mai 1965) und seit 1971 die vor 1915 hergestellten Stickmaschinen zollfrei zur Ausfuhr zugelassen.

Nach Artikel 7 des auf 1. Januar 1973 in Kraft getretenen Freihandelsabkommens mit der EWG sind die Ausfuhrzölle bis spätestens am 1. Januar 1974 zu beseitigen. Diese Verpflichtung gab Anlass, den Ausfuhrzoll auf gebrauchten Stickmaschinen zu überprüfen. Da die 1971 verfügte, für etwa die Hälfte des Gesamtbestandes der Gebrauchtmaschinen anwendbare Zollbefreiung trotz der schwierigen Lage der Stickereiindustrie keine nachteiligen Folgen hatte, stimmte der Verband des bis anhin geschützten Wirtschaftszweiges der sofortigen vollständigen Aufhebung des prohibitiven Ausfuhrzolles zu.

3. Änderung des Gebrauchs-Zolltarifs vom 28. März 1973 (AS 1973 659)

Diese auf den 1. April 1973 in Kraft gesetzten, lediglich formellen Änderungen des Gebrauchs-Zolltarifs ergaben sich aus dem Umstand, dass das Protokoll Nr. 2 des Freihandeisabkommens Schweiz/EWG (AS 7972 3163) für industriell verarbeitete Landwirtschaftsprodukte eine Sonderregelung vorsieht, welche die Berücksichtigung der Preisunterschiede bei den verwendeten landwirtschaftlichen Ausgangsmaterialien erlaubt. Wie aus der Tabelle II des Protokolls hervorgeht, räumte die Schweiz der EWG innerhalb der gleichen Tarifnummer, je nach Pro-

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dukt, unterschiedliche Zollkonzessionen ein. Dieser neuen Sachlage musste auf das Datum der Inkraftsetzung der ersten Abbaurunde hin auch in der Nomenklatur des Gebrauchs-Zolltarifs Rechnung getragen werden. Im Rahmen der bisherigen Tarifnummern 1806.01 und 2107.40 wurden für bestimmte Produkte (insbesondere Speiseeis und sog. Umgehungsprodukte auf Basis von Milchfett bzw.

Milchbestandteilen) neue Unterpositionen geschaffen. Die Normalzollansätze blieben davon unberührt.

4. Verordnung vom 28. März 1973 über die Zollansätze für Waren aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation, den Europäischen Gemeinschaften und Finnland (Freihandelsverordnung) (AS 1973 661)

Diese Verordnung setzte die ab 1. April 1973 gültigen, im Rahmen der Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europaischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) bz\\. i den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), des EFTA-Überemkommens, des Assoziierungsabkommens mit Finnland und des Protokolls vom 21. Dezember 1972 über die Beziehungen zwischen den1 EFTA-Mitgliedstaaten und Dänemark sowie Grossbritannien \ertraglich vereinbarten Zollansätze zusammenfassend fest.

Soweit sich die neuen Ansätze aus dem Freihandelsabkommen mit der EWG ableiten, braucht nicht besonders darüber berichtet zu werden, weil sich sowohl der Zeitpunkt als auch das Ausmass der ersten Zollsenkungsrunde aus dem Abkommen ergeben.

Das Abkommen zwischen der Schweiz und den Mitgliedstaaten der EGKS (BB1 1972 II 918) ist nicht am vorgesehenen Datum in Kraft getreten, weil sich das Ratifikationsverfahren innerhalb der EGKS-Mitgliedstaaten verzögert hat.

Zur Sicherstellung einer fristgerechten ersten1 Zollsenkung für die EGKS-Waren auf den 1. April 1973 haben sich die beiden Vertragsparteien jedoch bereit erklärt, den vertraglich vereinbarten Zollabbau autonom vorzunehmen. Gestützt auf die in Artikel 4 Absatz l des Zolltarifgesetzes gegebene Ermächtigung haben wir in diesem Sinne die Senkung der Zölle auf den Montanprodukten um 20 Prozent angeordnet.

Die Zollansätze für Waren aus Dänemark und Grossbritannien, die bereits mit Beschluss vom 14. Februar 1973 betreffend die Änderung der Verordnung über den Freihandel mit Dänemark und Grossbritannien (AS 1973 368) an die neuen Bestimmungen des Protokolls Nr. 2 des Freihandelsabkommens Schweiz/ EWG (AS 7972 3111) angepasst worden sind, figurieren unverändert in der in Rede stehenden Verordnung. In bezug auf die gegenüber den in der EFTA verbleibenden Staaten anwendbaren Zollansätze ergaben sich auf den 1. April 1973 ebenfalls keine Änderungen.

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Wir beantragen Ihnen, gestützt auf diesen Bericht von den getroffenen Massnahmen in zustimmendem Sinne Kenntnis zu nehmen und zu beschliessen, dass sie weiter in Kraft bleiben.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

Bern, den 10. August 1973 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident : ßonvin

Der Vizekanzler : Sauvant

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Aus den Verhandlungen des Bundesrates (Vom 10. August 1973)

Der Bundesrat hat an der ETH-Zürich die folgenden ausserordentlichen Professoren befördert : Dr. se. nat. Hans Moor, von Basel und Vordemwald, zum Ordinarius für Allgemeine Botanik; Dr. phil. II Peter Signer, von Hensau, zum Ordinarius für Geo- und Kosmochronologie, sowie Dr. rer. nat. Peter Wächter, deutscher Staatsangehöriger, zum Ordinarius für Experimentalphysik.

(Vom 13. August 1973) Der Bundesrat hat zur Kenntnis genommen, dass das Indische Vizekonsulat in Genf in den Rang eines Konsulates erhoben worden ist. Er hat ferner Frl.

Shyamala Balasubramanian ein neues Exequatur als Berufskonsulin mit Amtsbefugnis über die Kantone Waadt und Genf erteilt.

(Vom 16. August 1973) Der Bundesrat hat Herrn Piero Guardi das Exequatur als Honorarkonsul Panamas in Lugano mit Amtsbefugnis über die Republik und Kanton Tessin erteilt.

(Vom 17. August 1973) Der Bundesrat hat Herrn Harunori Kaya das Exequatur als Berufsgeneralkonsul Japans in Genf mit Amtsbefugnis über die ganze Schweiz, mit Ausnahme des Kantons Zürich, erteilt.

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03.09.1973

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