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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Zusatzverträge mit Österreich zu den Europäischen i Übereinkommen über Auslieferung und Rechtshilfe in Strafsachen (Vom 3I.Oktober 1973)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, Wir ersuchen Sie mit dieser Botschaft um die Genehmigung der am 13. Juni 1972 in Bern unterzeichneten Zusatzverträge mit der Republik Österreich über die Ergänzung des Europäischen Auslieferungsübereinkommens und des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen und die Erleichterung ihrer Anwendung.

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Übersicht

Das Europäische Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 (AS 1967 814) und das Europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 (AS 1967 831) stehen für die Schweiz seit 20. März 1967 in Kraft (BB vom 27. Sept. 1966; AS 1967 805). Für Österreich ist das erste Übereinkommen am 19. August 1969, das zweite am 31. Dezember 1968 in Kraft getreten (AS 7970 101, 1968 1479).

Gegenstand der beiden Zusatzverträge sind vorwiegend Vorschriften über Fragen, die in den beiden europäischen Übereinkommen ungeregelt geblieben sind oder infolge der Besonderheiten des innerstaatlichen Rechts beider Länder Sonderregelungen erfordern. Zudem werden gegenüber den Übereinkommen weitere Vereinfachungen des Verfahrens vereinbart.

2 Allgemeiner Teil Die beiden europäischen Übereinkommen beschränken sich auf die Regelung der wichtigsten materiell- und verfahrensrechtlichen Grundsätze.

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Besonderheiten des innerstaatlichen Rechts der Mitgliedstaaten des Europarates und besonders schwierige oder noch wenig abgeklärte Rechtsfragen konnten darin verständlicherweise nicht berücksichtigt werden. Für Einzelheiten verweisen wir auf die Botschaft zu den gleichartigen Zusatzverträgen mit der Bundesrepublik Deutschland (BB1 7970 II 241). Der Auslieferungsverkehr mit Österreich machte in den letzten fünf Jahren im Durchschnitt zwischen 14-17 Prozent unseres gesamten Auslieferungsverkehrs mit ändern Staaten aus. Zudem wird in Österreich der Grundsatz der Gewaltentrennung mit besonderer Strenge durchgeführt. «Strafsachen» im Sinne der europäischen Übereinkommen sind deshalb nach österreichischer Auffassung nur Angelegenheiten, die Verstösse gegen das österreichische Strafgesetz betreffen und somit in die Zuständigkeit der Strafgerichte und -Verfolgungsbehörden fallen. Angelegenheiten, für die Verwaltungsbehörden oder -gerichte zuständig sind, zählen nicht dazu. Als Rechtshilfe in Strafsachen wird deshalb auch nur die Unterstützung angesehen, die die in Strafsachen zuständigen Gerichte und Behörden einander in einer Strafsache leisten, nicht aber die von ihnen einer Verwaltungsbehörde oder einem Verwaltungsgericht oder umgekehrt zu leistende Hilfe. In der Schweiz gilt bekanntlich die Verfolgung und Ahndung von Verstössen gegen Verwaltungsvorschriften ebenfalls als Strafsache. Zudem ist die Ausscheidung der Zuständigkeit hinsichtlich der Verfolgung und Ahndung in bezug auf die einzelnen Materien in den beiden Staaten sehr verschieden geordnet. Daraus ergeben sich vor allem im Rechtshilfeverkehr zwischen den beiden Staaten Schwierigkeiten. Diese erfordern eine Regelung, will man nicht in Kauf nehmen, dass der Anwendungsbereich des europäischen Übereinkommens m einer mit dessen Sinn und Geist nicht vereinbaren Weise eingeschränkt wird.

Die im Februar 1969 in Bern begonnenen und in einer zweiten Phase im Oktober 1971 in Wien beendeten Verhandlungen führten in den wesentlichen Punkten zu einer vollständigen Einigung. Beide Verträge tragen den Erfordernissen einer modernen Strafrechtspflege in hohem Masse Rechnung und berücksichtigen wo immer möglich insbesondere das Ziel der Resozialisierung der Rechtsbrecher. Aus schweizerischer Sicht wäre es allerdings wünschbar gewesen, im gleichen Zuge die
gegenseitige Unterstützung von Verwaltungs- und Strafverfolgungsbehörden auch in den Fällen zu regeln, wo Verwaltungsmassnahmen als Folge einer Verurteilung wegen strafbarer Handlungen angeordnet werden können oder müssen, wie beispielsweise der Entzug von Fükrerausweisen. Die hinsichtlich der Gewaltentrennung in Österreich herrschende Auffassung liess dies nicht zu. Um so befriedigender erscheint es deshalb, dass für die Herausgabe von Gegenständen eine Regelung vereinbart werden konnte, die den schweizerischen Wünschen in vollem Umfang entspricht.

Der Rechtshilfeverkehr mit Österreich spielt sich fast ausschliesslich auf dem Wege der unmittelbaren Korrespondenz zwischen den Strafverfolgungsbehörden oder den Gerichten erster Instanz ab. Die möglichst vollständige Regelung aller Fragen, die zu Schwierigkeiten Anlass geben oder im Übereinkommen nicht

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behandelt sind, erscheint deshalb im Interesse einer reibungslosen Abwicklung des umfangreichen Verkehrs als geboten.

3 Besonderer Teil Die beiden Verträge stimmen im Aufbau sowie in den vorgesehenen Regelungen und deren Begründung im wesentlichen mit den entsprechenden Zusatzverträgen mit der Bundesrepublik Deutschland überein. Die vorliegende Botschaft beschränkt sich deshalb darauf, die Abweichungen gegenüber diesen darzulegen und zu begründen.

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Zusatzvertrag zum Europäischen Auslieferungsübereinkommen

Zu Artikel I: Die Fassung dieser Bestimmung ist gegenüber Artikel I Absatz l des Vertrags mit der Bundesrepublik Deutschland allgemein auf den Vollzug einer Strafe ausgedehnt worden. Sie konnte dadurch wesentlich vereinfacht werden.

Rechtlich ändert dies allerdings nichts, da die Auslieferung zum Vollzug einer noch nicht angetretenen Strafe auf Grund des (mit Vollstreckbarerklärung versehenen) Urteils erfolgt, nicht auf Grund der (von der Verwaltung ausgehenden) Aufforderung zum Strafantritt.

Die Frage der Auslieferung Minderjähriger ist zur Zeit in Österreich noch nicht genügend geklärt. Eine vertragliche Festlegung des einzuschlagenden Verfahrens konnte deshalb nicht vereinbart werden. Darüber wird jedoch im Einzelfall eine Entscheidung auf dem Korrespondenzweg herbeigeführt werden können.

Zu Artikel II.

Die Voraussetzungen der Auslieferung zur Strafvollstreckung entsprechen den Vereinbarungen mit der Bundesrepublik Deutschland. Anderseits musste die akzessorische Auslieferung gemäss Absatz 2 auf Strafsachen im Sinne der österreichischen Auffassung beschränkt werden, da diese eine Auslieferung wegen Verwaltungsstrafsachen ausschliesst.

Absatz 3 lässt die Auslieferung zum Vollzug einer sichernden Massnahme zu, wenn Gegenstand des Urteils u. a. auch Straftaten waren, derentwegen die Auslieferung unzulässig ist.

Da richterliche Strafbefehle nach übereinstimmender Auffassung beider Staaten einem Urteil im Sinne des Übereinkommens gleichstehen, bedurfte es im Gegensatz zum Vertrag mit der Bundesrepublik Deutschland - keiner Regelung dieser Frage.

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Zu Artikel III: Die Auslieferung wegen einer der Gerichtsbarkeit des ersuchten Staats unterworfenen Handlung wird - wie im Vertrag mit der Bundesrepublik Deutschland - zugelassen, wenn der Verfolgte ohnehin ausgeliefert werden muss und insbesondere Gründe der Strafzumessung, des Strafvollzugs oder der Resozialisierung es als zweckmässig erscheinen lassen. Das gilt sinngemäss auch für die Zustimmung zur Weiterlieferung (Abs. 2).

Zu Artikel IV: Die Schweiz hat zu Artikel 9 des europäischen Übereinkommens zwei Vorbehalte angebracht, nämlich, a. die Auslieferung auch abzulehnen, wenn die Tat in einem dritten Staat beurteilt worden ist, der zugleich Tatortstaat ist; b. die Auslieferung trotz rechtskräftiger Aburteilung in der Schweiz zu bewilligen, wenn neue Tatsachen oder Beweise die Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigen, oder wenn die Strafe ganz oder teilweise nicht verbüsst ist.

Nach österreichischem Recht muss deshalb verbindlich festgelegt werden, unter welchen Voraussetzungen in diesen Fällen die Auslieferung abgelehnt oder bewilligt wird. Diesen Zweck erfüllen die Absätze l und 2.

Nach der Rechtsprechung der österreichischen Gerichte kann auch aus formellen Gründen ein Freispruch erfolgen. Auslieferungsrechtlich soll aber die Ne-bis-in-idem-Wirkung nur einer materiellrechtlichen Erledigung der Strafsache zukommen. Das Übereinkommen macht in dieser Hinsicht keinen Unterschied.

Eine vertragliche Regelung der Ausnahme ist deshalb erforderlich (Abs. 3) Zu Artikel V: Die Vorschrift über das für die Unterbrechung der Verjährung massgebende Recht entspricht wörtlich der Regelung der Frage mit der Bundesrepublik Deutschland (Art. IV Abs. 1). Dem österreichischen Strafrecht ist jedoch keine Vollstreckungsverjährung bekannt. Eine Einigung über die für die Prüfung der Verjährung eines rechtskräftigen Abwesenheitsurteils anwendbaren Vorschriften konnte deshalb nicht erzielt werden.

Zu Artikel VII: Absatz l vereinfacht den Geschäftsverkehr im Sinne der Delegation der Auslieferungs- und Rechtshilfesachen an die Polizeiabteilung. i> n

S. Artikel 17 des Bundesratsbeschlusses vom 17 Nov. 1914 betreffend die Zuständigkeit der Departemente und der ihnen unterstellten Amtsstellen zur selbständigen Erledigung von Geschäften.

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Absatz 3 sieht - wie auch der Vertrag mit der Bundesrepublik Deutschland (Art. V Abs. 2) - für die akzessorische Auslieferung sowie für Nachtragsersuchen vereinfachte Unterlagen vor.

Zu Artikel VIII: Hinsichtlich der Gleichstellung der bedingten mit der endgültigen Freilassung (Abs. 1) erfordert das österreichische Recht eine genaue Umschreibung der Massnahmen, die nicht als Verletzung des Grundsatzes der Spezialität angesehen werden. Die nach Absatz 2 zulässigen Massnahmen werden nach österreichischer Auffassung von Artikel 14 Ziffer 2 des Übereinkommens nicht erfasst.

Der rn Artikel VI des Vertrags mit der Bundesrepublik Deutschland vorgesehene Verzicht auf die Einhaltung der Spezialität im Falle der Zustimmung des Verfolgten ist nach österreichischer Auffassung infolge der Einführung der akzessorischen Auslieferung durch das Übereinkommen praktisch gegenstandslos geworden. Auf eine entsprechende Bestimmung wurde deshalb verzichtet.

Zu Artikel IX: Nach Artikel 15 des Übereinkommens liegt es im Ermessen des um Bewilligung einer Weiterlieferung ersuchten Staats, die für die Bewilligung einer Auslieferung erforderlichen Unterlagen zu verlangen. Diese sind nach österreichischer Auffassung unerlässlich. Die Bestimmung legt dies fest.

Zu Artikel X: Die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden für den Strafvollzug in der Schweiz erfordert auch hier nach österreichischem Recht eine Regelung der Zuständigkeit zur Stellung der Ersuchen um vorläufige Verhaftung.

Artikel 16 Ziffer 2 des Übereinkommens verlangt lediglich die «Angabe» der strafbaren Handlung, derentwegen um Auslieferung ersucht werden soll. Beide Staaten halten jedoch eine Sachverhaltsdarstellung für unerlässlich. Deshalb ist eine vertragliche Vereinbarung dieses Erfordernisses notwendig.

Zu Artikel XI: Inhaltlich mit Artikel VII des Vertrags mit der Bundesrepublik Deutschland übereinstimmend, vereinfacht diese Bestimmung das Vorgehen in Fällen, in denen beim ersuchten Staat gleichzeitig ein Auslieferungsersuchen eines ändern Staats vorliegt. Mit der Entscheidung nach Artikel 17 des Übereinkommens ist die Entscheidung darüber gemeint, welches von mehreren Ersuchen den Vorrang hat.

Zu Artikel XII: Das Übereinkommen unterscheidet ausdrücklich zwischen Strafen und sichernden Massnahmen, spricht aber in Artikel 19 Ziffer l nur von der Strafe.

Da die Bestimmung sinngemäss auch bei der Auslieferung zum Vollzug von Massnahmen gelten muss, ist die in Absatz l vorgesehene Ergänzung erforderlich.

Die übrigen Bestimmungen des Artikels decken sich inhaltlich mit Artikel VIII des Vertrags mit der Bundesrepublik Deutschland. Österreich ist grundsätzlich bereit, vorübergehend ausgelieferte österreichische Staatsangehörige gemäss Absatz 2 a. E. zurückzugeben. Die österreichische Delegation hat aber vorsorglich darauf hingewiesen, dass sich daraus im Zusammenhang mit Artikel 3 Absatz l des vierten Zusatzprotokolls vom 16.9. 1963 zur Europäischen Konvention zum Schütze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. 11. 1950 Schwierigkeiten ergeben könnten. Jedenfalls haben die österreichischen Gerichte noch nicht darüber entschieden, ob eine solche Rückgabe österreichischer Staatsangehöriger einer Ausweisung im Sinne der zitierten Bestimmung gleichzusetzen ist. Die Frage kann sich im Falle des Beitritts zur Menschenrechtskonvention auch für die Schweiz stellen, sofern dieses Zusatzprotokoll angenommen wird, und wäre in diesem Zusammenhang zu überprüfen.

Zu Artikel XIII: Mit diesem Artikel wird die Herausgabe von Gegenständen erstmals eingehend geregelt. Die Absätze l und 2 Satz l entsprechen - in umgekehrter Reihenfolge - den Absätzen l und 2 des Vertrags mit der Bundesrepublik Deutschland, wie auch Absatz 4 dem Absatz 5 für die Bundesrepublik Deutschland entspricht. Hinsichtlich der Gegenstände, die der ersuchende Staat nicht als Beweismittel benötigt, konnte die von uns befürwortete Regelung vereinbart werden, die darauf abzielt, eine allfällige zivilrechtliche Auseinandersetzung über Ansprüche Dritter an diesen Gegenständen nur dann im ersuchten Staat stattfinden zu lassen, wenn die begründete Vermutung besteht, dass diese Ansprüche dort gutgläubig erworben worden sind, oder wenn der Geschädigte dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Abs. 2 Satz 2). Diese Lösung vermeidet gleichzeitig Eingriffe in die zivilrechtliche Situation der Beteiligten und eine unbegründete Benachteiligung des Geschädigten hinsichtlich des Gerichtsstandes für diese Auseinandersetzung.

Zu Artikel XIV: Nach
österreichischem Recht gelten für eine Durchlieferung die gleichen Voraussetzungen wie für die Auslieferung. Neben den in Artikel 21 Ziffer l des Übereinkommens erwähnten politischen und militärischen Straftaten muss deshalb die Durchlieferang auch bei fiskalischen und diesen sowie den politischen Taten gleichgestellten Delikten ausgeschlossen werden.

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In bezug auf die Durchlieferung vertritt Österreich im Gegensatz zur Schweiz den Standpunkt, dass der um Durchlieferung ersuchte Staat nicht zum Zugriff auf den Durchgelieferten berechtigt sei. Die in Artikel X Absatz 2 des Vertrages mit der Bundesrepublik Deutschland vorgesehene Bestimmung wurde deshalb abgelehnt. Die dort in Absatz 4 festgehaltene ausschliessliche Zuständigkeit der Behörden des Durchlieferungsstaats zur Anordnung von Massnahmen wurde als nach österreichischer Auffassung selbstverständlich nicht aufgenommen.

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Zusatzvertrag zum Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen

Das Übereinkommen bezieht sich in mehreren Bestimmungen sowohl auf Strafen wie auch auf sichernde Massnahmen im Sinne des Strafgesetzes. Der Zusatzvertrag erwähnt überall nur die «Strafe», legt aber ausdrücklich fest, dass damit auch die sichernden Massnahmen gemeint sind (Art. XV). Dadurch wurde eine wünschbare Vereinfachung der Texte erzielt.

Zu Artikel I: Die Absätze l und 2 räumen die Schwierigkeiten aus dem Weg, die sich aus der schweizerischen Zuständigkeitsordnung ergeben können in Angelegenheiten, die Strafsachen im Sinne des Übereinkommens sind, deren Ahndung in einzelnen Kantonen aber in erster Instanz einer Verwaltungsbehörde übertragen ist oder deren weitere Behandlung nach der richterlichen Beurteilung einer Verwaltungsbehörde obliegt. Das trifft beispielsweise zu für Widerhandlungen nach dem Strassenverkehrsgesetz bzw. für Angelegenheiten der bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug und der Rückversetzung u. a. m. Entscheidendes Kriterium für die Qualifikation einer Angelegenheit als «Strafsache» ist, ob ein für Strafsachen zuständiges Gericht angerufen werden kann. Weil diese Ausscheidung in den beiden Staaten vielfach nicht übereinstimmt, muss bestimmt werden, auf welche der beiden innerstaatlichen Rechtsordnungen dabei abzustellen ist. Aus dem Übereinkommen kann der ersuchende Staat Rechte ableiten. Es erscheint daher als zweckmässig, seine Rechtsordnung im Einzelfalle als für diese Qualifikation massgebend zu bestimmen (Abs. 2). Dementsprechend kann nichts daraufankommen, ob im ersuchten Staat eine Justiz- oder eine Verwaltungsbehörde zuständig wäre (Abs. 1).

Im Gegensatz zum deutschen Recht spielt nach österreichischer Auffassung die angedrohte Sanktion für den Begriff der Strafsache keine Rolle.

Angelegenheiten, die nach deutschem Recht eine sogenannte «Ordnungswidrigkeit» darstellen und somit nicht zu den «Strafsachen» zählen, fallen in Österreich unter das Übereinkommen, wenn sie vor den Strafrichter gezogen werden können.

Bundesblatt. 125. Jahrg. Bd. II

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Nach Absatz 3 soll Rechtshilfe u. a. auch in Angelegenheiten des Strafvollzugs geleistet werden, d. h. der eine Sanktion vollziehende Staat kann vom ändern Staat die dafür erforderlichen Auskünfte und Unterlagen verlangen, nicht aber ihm den Vollzug übertragen.

Zu Artikel U: Die im Übereinkommen lückenhaft geregelte Herausgabe von Gegenständen ist so ergänzt, dass sie sachlich mit Artikel XIII des Vertrages zum Auslieferungsübereinkommen übereinstimmt.

Zu Artikel III: Hinsichtlich der Anwesenheit der am Strafverfahren beteiligten Behörden und sonstigen Prozessbeteiligten ist zu beachten, dass Österreich zu Artikel 2 Buchstabe b des Übereinkommens eine Erklärung abgegeben hat, wonach unter «ändern wesentlichen Interessen», die eine Ablehnung des Ersuchens rechtfertigen können, insbesondere auch die Wahrung der in den österreichischen Rechtsvorschriften vorgesehenen Geheimhaltungspflichten verstanden wird.

Österreich muss dies auch seinerseits jedem ändern Vertragsstaat gegenüber gelten lassen (Art. 23 Ziff. 3 des Übereinkommens). Daraus ergibt sich die Möglichkeit der Ablehnung eines Ersuchens um Bewilligung der Anwesenheit, insbesondere von Vertretern einer Strafverfolgungsbehörde, wenn oder soweit diese Anwesenheit die Wahrung eines Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnisses, dessen Offenbarung unzulässig wäre, gefährden könnte. Eine besondere Vorschrift darüber erübrigt sich.

Die Anwesenheit von Vertretern einer Behörde bei der Ausführung eines Ersuchens wird nach österreichischer - im Gegensatz zur schweizerischen Auffassung als «Dienstverrichtung» qualifiziert und durch den österreichischen Vorbehalt zu Artikel 4 des Übereinkommens grundsätzlich ausgeschlossen.

Deshalb ist die vertragliche Festlegung der Zulässigkeit sowie der Zuständigkeit für die Erteilung der Bewilligung erforderlich.

Zu Artikel IV: Zwangsmassnahmen in Strafsachen können nach österreichischem Recht grundsätzlich nur von Strafjustizbehörden angeordnet werden.

Verwaltungsbehörden können diesen nicht gleichgestellt werden. Beschlagnahme und Durchsuchung auf Grund eines schweizerischen Ersuchens sind daher in Österreich nur durchführbar, wenn die Verfolgung der Tat dort einer Justizbehörde obliegt. Das trifft beispielsweise für Verkehrsstrafsachen zu, soweit sie nach österreichischem Strafgesetz als Übertretung qualifiziert sind.

991 Zu Artikel V: Artikel 10 des Übereinkommens verpflichtet zur Angabe der einem Zeugen oder Sachverständigen zustehenden Entschädigungen und zur Gewährung eines Vorschusses nur, wenn der ersuchte Staat der Vorladung eine besondere Aufforderung zum Erscheinen beifügen muss. Die Ausdehnung dieser Regelung auf alle Fälle der Vorladung von Zeugen oder Sachverständigen vor eine Behörde des ändern Staats schafft zwar für die ersuchende Behörde vermehrte Umtriebe, erscheint aber im Interesse des Betroffenen als zweckmässig.

Zu Artikel VI: Das Übereinkommen regelt die Zuführung von Häftlingen nur in den Fällen, in denen diese von dem Staat verlangt wird, in dem u. a. die Gegenüberstellung erfolgen soll. Das Interesse daran kann aber auch bei dem Staat liegen, in dem der Zuzuführende^ in Haft ist. Ferner muss die Pflicht zur Aufrechterhaltung der Haft entsprechend gelten, wenn der Häftling in einen oder aus einem dritten Staat durch das Gebiet des ändern Staats befördert werden muss. Die gegenüber Artikel V des Vertrags mit der Bundesrepublik Deutschland in diesem Sinne ergänzte Bestimmung regelt nun alle denkbaren Fälle in einer durch Aufteilung in mehrere Absätze besser verständlichen Fassung.

Zu Artikel VII: Die Tendenz, die Abgabe von Strafregisterauszügen einzuschränken, setzt sich in den letzten Jahren immer mehr durch. Es erschien deshalb als angezeigt, ausdrücklich festzuhalten, dass auch Polizeibehörden Auskünfte aus dem Strafregister zu strafrechtlichen Zwecken verlangen können, ihnen aber gelöschte Eintragungen nicht mitgeteilt werden dürfen.

Zu Artikel X: Auch der polizeiliche Verkehr auf internationaler Ebene muss den allgemeinen Grundsätzen über die Rechtshilfe unterstellt werden, soweit die Polizeibehörden Strafsachen zu behandeln haben. Die Regelung entspricht sachlich der im Vertrag mit der Bundesrepublik Deutschland vorgesehenen (vgl.

dort Art. EX), ist aber etwas einlässlicher formuliert.

Zu Artikel XIII: In bezug auf die Übernahme der Strafverfolgung regelt das Übereinkommen nur einzelne formelle Fragen des zwischenstaatlichen Verkehrs (Art. 21). Es verpflichtet auch den ersuchten Staat nicht zur Übernahme der Strafverfolgung und überlässt die Frage des ne bis in idem dem innerstaatlichen Recht. Die daraus entstehenden Schwierigkeiten bedürfen namentlich im Hinblick auf den heutigen

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Umfang des grenzüberschreitenden Strassenverkehrs dringend einer Regelung wenigstens in bezug auf die wichtigsten Punkte.

An der m den Rechtsvorschriften der beiden Staaten vorgesehenen Ordnung der Gerichtsbarkeit über im Ausland begangene strafbare Handlungen wird nichts geändert. Für den Rahmen des Anwendungsbereichs des Übereinkommens regeln diese Gerichtsbarkeit für die Schweiz neben den Artikeln 5, 6, 240 Absatz 3 und 245 Ziffer l Absatz 3 des Strafgesetzbuches insbesondere auch die Artikel 101 des Strassenverkehrsgesetzes, 4 und 154 des Seeschiffahrtsgesetzes, 97 des Luftfahrtgesetzes (Fassung vom 17. Dez. 1971) und 19 Ziffer 4 des Betäubungsmittelgesetzes (allenfalls in der aus der im Gange befindlichen Revision hervorgehenden Fassung); für Österreich die Paragraphen 39, 40 und 235 des Strafgesetzes. Soweit jeder der beiden Staaten nach seinem Recht die von seinen Staatsangehörigen oder Einwohnern im ändern Staat begangenen strafbaren Handlungen verfolgen und ahnden kann, hat er gemäss Absatz l die Pflicht, zu prüfen, ob eine Strafverfolgung einzuleiten ist. In bezug auf den hier im Vordergrund stehenden Strassenverkehr trifft dies zu - für die Schweiz hinsichtlich der von einem Einwohner unseres Landes in Österreich begangenen und mit Freiheitsstrafe bedrohten Widerhandlungen, - für Österreich hinsichtlich der von einem Österreicher in der Schweiz begangenen und als Vergehen oder Übertretung im Sinne des zweiten Teils des österreichischen Strafgesetzbuches 1} zu qualifizierenden strafbaren Handlungen.

Von besonderer Bedeutung ist wiederum die - mit den Vereinbarungen der Bundesrepublik Deutschland übereinstimmende - Regelung des Ausschlusses der doppelten Verfolgung und Bestraftung (ne bis in idem) m Absatz 5.

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Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die Durchführung der Verträge bringt für den staatlichen Finanzhaushalt keine vermehrten Belastungen mit sich. Eine ins Gewicht fallende Steigerung des Auslieferungs- und Rechtshilfeverkehrs oder eine vermehrte Arbeitsbelastung ist als Folge des Abschlusses der Verträge nicht zu erwarten, so dass nicht mit einer Personalvermehrung gerechnet werden muss.

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Verfassungsmässigkeit

Verfassungsrechtliche Grundlage ist die in Artikel 8 der Bundesverfassung vorgesehene Ermächtigung des Bundes zum Abschluss von Staatsverträgen mit dem Ausland. Für die Genehmigung der Verträge sind die eidgenössischen Räte nach Artikel 85 Ziffer 5 der Bundesverfassung zuständig.

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Insbesondere als Vergehen oder Übertretung gegen die Sicherheit des Lebens nach den §§335-337 oder 431^133.

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Beide Verträge sind jederzeit auf sechs Monate kündbar. Der Genehmigungsbeschluss unterliegt somit nicht dem Staatsvertragsreferendum nach Artikel 89 Absatz 4 der Bundesverfassung.

Aus diesen Gründen beantragen wir Ihnen gemäss beigefügtem Entwurf zu j einem Bundesbeschluss die beiden Zusatzverträge zu genehmigen und den Bundesrat zu deren Ratifizierung zu ermächtigen.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

Bern, den 31. Oktober 1973 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Bonvin

Der Bundeskanzler : Huber 3301

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(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend Zusatzverträge mit Österreich zu den Europäischen Übereinkommen über Auslieferung und Rechtshilfe in Strafsachen

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 8 und 85 Ziffer 5 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 31. Oktober 19731', beschliesst: Einziger Artikel 1

Es werden genehmigt: 1. der Vertrag zwischen der Schweiz und der Republik Österreich vom 13. Juni 1972 über die Ergänzung des Europäischen Auslieferungsübereinkommens vom 13. Dezember 1957 und die Erleichterung seiner Anwendung; 2. der Vertrag zwischen der Schweiz und der Republik Österreich vom 13. Juni 1972 über die Ergänzung des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 und die Erleichterung seiner Anwendung., 2 Der Bundesrat wird ermächtigt, diese beiden Verträge zu ratifizieren.

3 Dieser Beschluss untersteht nicht dem Staatsvertragsreferendum.

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Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Österreich über die Ergänzung des Europäischen Auslieferungsübereinkommens vom 13. Dezember 1957 und die Erleichterung seiner Anwendung Der Schweizerische Bundesrat und der Bundespräsident der Republik Österreich in dem Wunsch, das Europäische Auslieferungsübereinkommen - im folgenden als Übereinkommen bezeichnet - im Verhältnis zwischen den beiden Staaten zu ergänzen und die Anwendung der darin enthaltenen Grundsätze zu erleichtern, sind übereingekommen, einen Vertrag zu schliessen, und haben zu diesem Zweck als ihre Bevollmächtigten ernannt: der Schweizerische Bundesrat : Herrn Pierre Graber, Vorsteher des Eidgenössischen Politischen Departementes, der Bundespräsident der Republik Österreich : Herrn Erich Bielka-Karltreu, ausserordentlichen und bevollmächtigten Botschafter der Republik Österreich in der Schweiz.

Die Bevollmächtigten haben nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten nachstehende Bestimmungen vereinbart : Artikel I (Zu Artikel l des Übereinkommens) Entscheidet über die Anordnung des Vollzugs einer Strafe nach dem Recht des ersuchenden Staates eine Verwaltungsbehörde, so steht diese Entscheidung der einer Justizbehörde im Sinne des Übereinkommens gleich.

Artikel II (Zu Artikel 2 des Übereinkommens) (1) Die Auslieferung wird auch bewilligt, wenn das Mass der noch zu vollziehenden Freiheitsstrafe oder bei mehreren noch zu vollziehenden Freiheitsstrafen deren Summe mindestens drei Monate beträgt.

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(2) Wird eine Auslieferung nach Artikel 2 Ziffer l des Übereinkommens bewilligt, so wird die Auslieferung auch wegen anderer Handlungen bewilligt, wenn diese in beiden Staaten mit einer von einem Gericht zu verhängenden Strafe bedroht sind.

(3) Die Auslieferung zum Vollzug einer sichernden Massnahme, die auch im Zusammenhang mit strafbaren Handlungen angeordnet worden ist, derentwegen die Auslieferung unzulässig ist, wird bewilligt, wenn die Massnahme selbst ohne Rücksicht auf diese Handlungen angeordnet worden wäre.

Artikel III (Zu Artikel 7 und 8 des Übereinkommens) (1) Der ersuchte Staat wird die Auslieferung wegen einer strafbaren Handlung, die nach seinen Rechtsvorschriften seiner Gerichtsbarkeit unterliegt, bewilligen, wenn wegen einer anderen strafbaren Handlung ausgeliefert wird und die Aburteilung wegen aller strafbaren Handlungen durch die Justizbehörden des ersuchenden Staates im Interesse der Wahrheitsfindung, aus Gründen der Strafzumessung und des Strafvollzugs oder im Interesse der Resozialisierung des Rechtsbrechers zweckmässig ist.

(2) Absatz l ist bei der Entscheidung über die Zustimmung zu einer Weiterlieferung sinngemäss anzuwenden.

Artikel IV (Zu Artikel 9 des Übereinkommens) (1) Die Auslieferung wird auch nicht bewilligt, wenn die Handlungen in einem dritten Staat verübt worden sind und dort darüber eine der in Artikel 9 des Übereinkommens erwähnten Entscheidungen ergangen ist, sofern gegen diese Entscheidung keine besonderen Bedenken bestehen.

(2) Ist im ersuchten Staat ein rechtskräftiges Urteil ergangen, so wird dessenungeachtet unter den Voraussetzungen des Artikels III Absatz l dieses Vertrages die Auslieferung bewilligt, wenn neue Tatsachen oder Beweise die Wiederaufnahme des Strafverfahrens rechtfertigen oder wenn die im Urteil verhängte Strafe ganz oder teilweise nicht verbüsst ist.

(3) Die Auslieferung wird nicht abgelehnt, wenn im ersuchten Staat nur wegen des Mangels der eigenen Gerichtsbarkeit kein Strafverfahren eingeleitet worden ist oder ein bereits eingeleitetes Strafverfahren nicht zu einer Verurteilung geführt hat.

Artikel V (Zu Artikel l Ödes Übereinkommens) Für die Unterbrechung der Verjährung sind allein die Rechtsvorschriften des ersuchenden Staates massgebend.

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Artikel VI (1) Eine im ersuchten Staat erlassene Amnestie steht der Auslieferung nicht entgegen, wenn die strafbare Handlung der Gerichtsbarkeit dieses Staates nicht unterliegt.

(2) Die Verpflichtung zur Auslieferung wird durch das Fehlen einer Erklärung des Geschädigten (Antrag oder Ermächtigung), die nach dem Recht des ersuchten Staates zur Einleitung des Strafverfahrens erforderlich wäre, nicht berührt.

Artikel VII (Zu Artikel 12 des Übereinkommens) (1) Ersuchen um Auslieferung oder Durchlieferung werden unbeschadet der Zulässigkeit des diplomatischen Weges für die Schweizerische Eidgenossenschaft durch die Eidgenössische Polizeiabteilung, für die Republik Österreich durch den Bundesminister für Justiz gestellt. Auch der sonstige Schriftverkehr zwischen den beiden Staaten findet auf diesem Weg statt, soweit das Übereinkommen und dieser Vertrag nichts anderes bestimmen.

(2) Einem Ersuchen um Auslieferung oder Durchlieferung zur Vollstreckung sind die Unterlagen beizufügen, aus denen sich die sofortige Vollstreckbarkeit des Erkenntnisses ergibt.

(3) In den Fällen des Artikels II Absatz 2 dieses Vertrages kann dem Ersuchen anstelle eines Haftbefehls oder einer gleichwertigen Urkunde im Sinne des Artikels 12 Ziffer 2 Buchstabe a des Übereinkommens die Urschrift oder eine beglaubigte Abschrift einer richterlichen Urkunde beigefügt werden, aus der sich der Sachverhalt ergibt. Das gleiche gilt in den Fällen, in denen bereits ausgeliefert worden ist und nachträglich um Zustimmung zur weiteren Verfolgung ersucht wird.

Artikel VIII (Zu Artikel 14 des Übereinkommens) (1) Die bedingte Freilassung ohne eine die Bewegungsfreiheit des Ausgelieferten einschränkende Anordnung steht der endgültigen Freilassung gleich.

(2) Im Sinne des Artikels 14 Ziffer 2 des Übereinkommens kann der ersuchende Staat auch Massnahmen treffen, um die für ein Ersuchen um Zustimmung nach Artikel 14 Ziffer l Buchstabe a des Übereinkommens erforderlichen Unterlagen zu erhalten. Zu diesem Zweck ist die Einvernahme des Ausgelieferten und seine Vorführung zur Einvernahme zulässig. Nach der Stellung eines Ersuchens um Zustimmung kann der Ausgelieferte bis zum Eingang der Entscheidung über dieses Ersuchen im ersuchenden Staat in Haft gehalten werden, wenn nach dessen Rechtsvorschriften die Anordnung der Haft an sich zulässig ist.

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Artikel IX (Zu Artikel 15 des Übereinkommens) Einem Ersuchen um Zustimmung zur Weiterlieferung an eine andere Vertragspartei des Übereinkommens odei an einen dritten Staat sind die in Artikel 12 Ziffer 2 des Übereinkommens erwähnten Unterlagen beizufügen, die dem um Zustimmung ersuchenden Staat übermittelt worden sind.

Artikel X (Zu Artikel 16 des Übereinkommens) (1) Ersuchen um vorläufige Verhaftung können gestellt werden - auf schweizerischer Seite durch die Gerichte, die Strafverfolgungs- und Strafvollzugsbehörden sowie die Eidgenössische Polizeiabteilung, - auf österreichischer Seite durch die Gerichte, die Staatsanwaltschaften sowie den Bundesminister für Justiz und den Bundesminister für Inneres.

(2) Die Angabe der strafbaren Handlung im Ersuchen hat eine kurze Darstellung des Sachverhalts zu umfassen.

Artikel XI (Zu Artikel 17 des Übereinkommens) Zugleich mit der Entscheidung nach Artikel 17 des Übereinkommens wird der ersuchte Staat auch über die Zulässigkeit der allfälligen Weiterlieferung entscheiden. Er wird diese Entscheidung allen beteiligten Staaten bekanntgeben.

Artikel XII (Zu Artikel 19 des Übereinkommens) (1) Artikel 19 Ziffer l des Übereinkommens wird auch beim Vollzug einer sichernden Massnahme angewendet.

(2) Um die vorübergehende Übergabe im Sinne des Artikels 19 Ziffer 2 des Übereinkommens kann zur Durchführung dringender Prozesshandlungen ersucht werden. Die Prozesshandlungen sind im Ersuchen näher zu bezeichnen. Der Übergabe wird nicht zugestimmt, wenn durch sie eine gerichtliche Verfolgung im ersuchten Staat erheblich verzögert oder erschwert wird. Nach Durchführung der Prozesshandlungen im ersuchenden Staat oder auf Verlangen des ersuchten Staates wird der Verfolgte zurückgegeben.

(3) Im Falle der vorübergehenden Übergabe wird der Verfolgte im ersuchenden Staat für die Dauer seines Aufenthalts in Haft gehalten. Diese Haft wird im ersuchten Staat angerechnet.

(4) Die durch eine vorübergehende Übergabe im Hoheitsgebiet des ersuchten Staates entstandenen Kosten werden nicht erstattet.

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Artikel XIII (Zu Artikel 20 des Übereinkommens) (1) Der ersuchte Staat gibt in den Fällen des Artikels 20 Ziffer l und 2 des Übereinkommens zugleich mit der Mitteilung über die Sicherstellung von Gegenständen bekannt, ob der auszuliefernde Verfolgte mit der unmittelbaren Rückgabe an den Geschädigten einverstanden ist. Der ersuchende Staat teilt dem ersuchten Staat sobald wie möglich mit, ob er auf die Übergabe der Gegenstände unter der Bedingung verzichtet, dass sie gegen Vorweis einer Bescheinigung seiner zuständigen Justizbehörde dem Geschädigten oder dessen Beauftragten ausgehändigt werden.

(2) Im übrigen werden die in Artikel 20 Ziffer l des Übereinkommens bezeichneten Gegenstände oder gegebenenfalls das durch ihre Verwertung erlangte Entgelt auch ohne besonderes Ersuchen, wenn möglich gleichzeitig mit dem Verfolgten, übergeben. Hinsichtlich der Gegenstände, die der ersuchende Staat nach seiner Erklärung nicht als Beweismittel benötigt, kann jedoch der ersuchte Staat von der Übergabe absehen, ' a. wenn der Geschädigte in diesem Staat seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder b. wenn eine an der strafbaren Handlung nicht beteiligte Person glaubhaft macht, sie habe im ersuchten Staat daran gutgläubig Rechte erworben, wenn J ihre Ansprüche weder befriedigt noch sichergestellt worden sind.

[ (3) Der ersuchende Staat ist berechtigt, von der in Artikel 20 Ziffer 4 des Übereinkommens vorgesehenen Rückgabe von Gegenständen an den ersuchten Staat abzusehen, es sei denn, dass die Bedingungen nach Ziffer 2 Buchstabe b vorliegen.

(4) Ein Zollpfandrecht oder eine sonstige dingliche Haftung nach den Vorschriften des Zoll- oder Steuerrechts wird der ersuchte Staat bei der Übergabe von Gegenständen unter Verzicht auf deren Rückgabe nicht geltend machen, es sei denn, dass der durch die strafbare Handlung geschädigte Eigentümer der Gegenstände die Abgabe selbst schuldet.

Artikel XIV (Zu Artikel 21 des Übereinkommens) (1) Für die Dauer der Durchlieferung hat der darum ersuchte Staat die ihm übergebene Person in Haft zu halten.

(2) Soll ein Verfolgter auf dem Luftweg durch das Hoheitsgebiet eines der beiden Staaten ohne Zwischenlandung befördert werden, so teilt der ersuchende Staat auch mit, dass der Verfolgte nach den bekannten Tatsachen und den vorhandenen Unterlagen die Staatsangehörigkeit des überflogenen
Staates weder besitzt noch in Anspruch nimmt. Er teilt ferner mit, dass die Auslieferung nicht wegen einer der in den Artikeln 3 bis 5 des Übereinkommens bezeichneten straf-

1000 baren Handlungen oder wegen einer Handlung erfolgt, die ausschliesslich in der Zuwiderhandlung gegen Monopolvorschriften oder gegen Vorschriften über die Ein-, Aus- oder Durchfuhr sowie die Bewirtschaftung von Waren besteht.

Artikel XV (Zu Artikel 23 des Übereinkommens) Übersetzungen von Ersuchen, die nach dem Übereinkommen oder diesem Vertrag gestellt werden, sowie von beigefügten Unterlagen können nicht gefordert werden.

Artikel XVI Im Sinne dieses Vertrages umfasst der Ausdruck «Strafe» auch eine sichernde Massnahme.

Artikel XVII (Zu Artikel 31 des Übereinkommens) Kündigt eine der beiden Vertragsparteien das Übereinkommen, so bleibt es zwischen ihnen weiterhin, zunächst für zwei Jahre, in Kraft. Diese Frist beginnt sechs Monate nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär des Europarates. Sie gilt stillschweigend als für jeweils ein Jahr erstreckt, es sei denn, dass eine der beiden Vertragsparteien der anderen sechs Monate vor dem Ablauf der Frist schriftlich mitteilt, sie stimme einer weiteren Erstreckung nicht zu.

Artikel XVIII (1) Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation; die Ratifikationsurkunden sollen sobald wie möglich in Wien ausgetauscht werden.

(2) Dieser Vertrag tritt einen Monat nach Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft.

(3) Dieser Vertrag kann jederzeit schriftlich gekündigt werden ; er tritt sechs Monate nach der Kündigung ausser Kraft. Er tritt auch ohne Kündigung m dem Zeitpunkt ausser Kraft, in dem das Europäische Auslieferungsübereinkommen zwischen den Parteien des vorliegenden Vertrages unwirksam wird.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten diesen Vertrag unterschrieben und mit Siegeln versehen.

Geschehen zu Bern am 13. Juni 1972 in zwei Urschriften in deutscher Sprache.

Für die Schweizerische Eidgenossenschaft :

Für die Republik Österreich :

P. Graber

E. Bielka-Karltreu

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Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Österreich über die Ergänzung des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 und die Erleichterung seiner Anwendung

Der Schweizerische Bundesrat und der Bundespräsident der Republik Österreich in dem Wunsch, das Europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in l Strafsachen - im folgenden als Übereinkommen bezeichnet -- im Verhältnis zwi-1 sehen den beiden Staaten zu ergänzen und die Anwendung der darin enthaltenen!

Grundsätze zu erleichtern, sind übereingekommen, einen Vertrag zu schliessen, und haben zu diesem Zweck als ihre Bevollmächtigten ernannt: der Schweizerische Bundesrat: Herrn Pierre Graber, Vorsteher des Eidgenössischen Politischen Departementes, i der Bundespräsident der Republik Österreich : Herrn Erich Bielka-Karltreu, ausserordentlichen und bevollmächtigten Botschafter der Republik Österreich in der Schweiz.

Die Bevollmächtigten haben nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten nachstehende Bestimmungen vereinbart: Artikel I (Zu Artikel l des Übereinkommens) (1) Das Übereinkommen und dieser Vertrag werden auf strafbare Handlun} gen angewendet, zu deren Verfolgung im ersuchten Staat die Justiz- oder Verwaltungsbehörden zuständig wären. Rechtshilfe durch Zustellung ist ohne diese Beischränkung zulässig.

l (2) Den Justizbehörden des ersuchenden Staates stehen seine Verwaltungsbe^ hörden gleich, wenn in ihrem Verfahren ein für Strafsachen zuständiges Gericht angerufen werden kann.

1002 (3) Das Übereinkommen und dieser Vertrag werden auch angewendet : a. auf die Zustellung von Aufforderungen zum Strafantritt oder zur Zahlung von Bussen und Verfahrenskosten; b. in Angelegenheiten des bedingten Aufschubs des Vollzugs einer Strafe, der bedingten Entlassung, des Aufschubs des Strafantritts oder der Unterbrechung des Vollzugs ; c. in Gnadensachen ; d. in Verfahren über Ansprüche auf Entschädigung für ungerechtfertigte Haft oder andere durch ein Strafverfahren entstandene Nachteile, soweit nicht Bestimmungen anderer zwischenstaatlicher Vereinbarungen anzuwenden sind.

Artikel II (Zu Artikel 3 und 6 des Übereinkommens) (1) Kann einem Ersuchen um Beschlagnahme von Gegenständen oder Durchsuchung keine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der richterlichen Anordnung beigefügt werden, so genügt die Erklärung der zuständigen Justizbehörde, dass die für diese Massnahme erforderlichen Voraussetzungen nach dem im ersuchenden Staat geltenden Recht vorliegen.

(2) Rechte dritter Personen und - unbeschadet des Absatzes 7 - des ersuchten Staates an den nach Artikel 3 des Übereinkommens oder nach diesem Vertrag zu übermittelnden Gegenständen oder Schriftstücken bleiben unberührt.

(3) Ausser den in Artikel 3 des Übereinkommens erwähnten Beweisstücken werden auf Ersuchen einer zuständigen Behörde zum Zwecke der Aushändigung an den Geschädigten auch Gegenstände übermittelt, die aus der strafbaren Handlung herrühren, sowie das durch ihre Verwertung erlangte Entgelt, es sei denn, dass a. die Gegenstände im ersuchten Staat der Einziehung oder dem Verfall unterliegen oder b. eine an der strafbaren Handlung nicht beteiligte Person glaubhaft macht, sie habe im ersuchten Staat daran gutgläubig Rechte erworben, wenn ihre Ansprüche weder befriedigt noch sichergestellt worden sind.

(4) Ein solches Ersuchen kann bis zur Beendigung der Strafvollstreckung gestellt werden.

(5) Artikel 6 Ziffer l des Übereinkommens ist auch hinsichtlich der in Absatz 3 des vorliegenden Artikels bezeichneten Gegenstände anwendbar. Einem Strafverfahren nach Artikel 6 Ziffer l des Übereinkommens steht ein anderes im ersuchten Staat anhängiges Verfahren gleich.

(6) Bei der Entscheidung über den in Artikel 6 Ziffer 2 des Übereinkommens vorgesehenen Verzicht auf die Rückgabe wird berücksichtigt, ob eine an der strafbaren Handlung nicht beteiligte Person glaubhaft macht, sie habe in einem

1003 der beiden Staaten gutgläubig Rechte an den Gegenständen erworben, und ob ihre Ansprüche befriedigt oder sichergestellt worden sind.

(7) Ein Zollpfandrecht oder eine sonstige dingliche Haftung nach den Vorschriften des Zoll- oder Steuerrechts wird der ersuchte Staat bei der Übermittlung von Gegenständen unter Verzicht auf deren Rückgabe nicht geltend machen, es sei denn, dass der durch die strafbare Handlung geschädigte Eigentümer der Gegenstände die Abgabe selbst schuldet.

(8) Zu übermittelnde Gegenstände werden, soweit im Einzelfall nichts anderes vereinbart wird, mit der Post übersandt oder an der Grenze übergeben.

Artikel III (Zu Artikel 4 des Übereinkommens) (1) Auf Ersuchen der am Strafverfahren beteiligten Behörden wird deren Vertretern sowie den sonstigen Beteiligten und ihren Rechtsbeiständen die Anwesenheit bei der Vornahme von Rechtshilfehandlungen im ersuchten Staat gestattet. Sie können ergänzende Fragen oder Massnahmen anregen. Der Schutz nach Artikel 12 Ziffer l und 3 des "Übereinkommens gilt sinngemäss für alle diese Personen.

(2) Zur Dienstverrichtung der Behördenvertreter des anderen Staates bedarf es in der Schweiz der Zustimmung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepar(tementes und der Justizdirektion des Kantons, in dem die Rechtshilfe geleistet werden soll, in der Republik Österreich der Zustimmung des Bundesministers für Justiz.

Artikel IV (Zu Artikel 5 des Übereinkommens) Rechtshilfe durch Beschlagnahme von Gegenständen oder Durchsuchung wird nur geleistet, wenn zur Verfolgung der strafbaren Handlung im ersuchten Staat eine Justizbehörde zuständig wäre. Artikel I Absatz 2 findet keine Anwendung.

Artikel V (Zu Artikel 10 des Übereinkommens) Artikel 10 Ziffer 2 des Übereinkommens findet auf alle Fälle der Vorladung eines Zeugen oder Sachverständigen Anwendung. Diese Personen können selbst einen Vorschuss nach Artikel 10 Ziffer 3 des Übereinkommens verlangen.

Artikel VI (Zu Artikel 11 und 12 des Übereinkommens) (1) Ersucht einer der beiden Staaten darum, dass eine bei ihm in Haft befindliche Person

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a. bei der Erledigung eines Rechtshilfeersuchens im anderen Staat anwesend sein oder b. zu diesem Zweck über das Hoheitsgebiet des anderen Staates in einen dritten Staat befördert werden soll, so wird diesem Ersuchen entsprochen, sofern keine besonderen Bedenken dagegen bestehen.

(2) Für die Dauer des Aufenthaltes hat der Staat, dem der Häftling nach Absatz l zugeführt wird, diesen in Haft zu halten. Er darf ihn wegen keiner vor seiner Zuführung begangenen Handlung verfolgen.

(3) Der Häftling wird dem ersuchenden Staat wieder übergeben, sobald der ersuchte Staat die erbetene Rechtshilfehandlung durchgeführt oder den Häftling von dem dritten Staat zurückübernommen hat.

Artikel VII (Zu Artikel 13 des Übereinkommens) Der ersuchte Staat übermittelt von den Polizeibehörden des ändern Staates für Zwecke der Strafrechtspflege erbetene Auskünfte aus dem Strafregister in dem Umfang, in dem seine Polizeibehörden sie in ähnlichen Fällen erhalten könnten.

Auskünfte über gelöschte Eintragungen werden keinesfalls erteilt.

Artikel VIII (Zu Artikel 14 des Übereinkommens) (1) In Zustellungsersuchen wird bei den Angaben über den Gegenstand und den Grund des Ersuchens auch die Art des zuzustellenden Schriftstückes sowie die Stellung des Empfängers im Verfahren bezeichnet.

(2) Telefonische und telegrafische Ersuchen bedürfen schriftlicher Bestätigung.

Artikel IX (Zu Artikel 15 des Übereinkommens) (1) Soweit dieser Vertrag nichts anderes bestimmt, können die Justizbehörden der beiden Staaten unmittelbar miteinander verkehren. Wird im Zusammenhang mit einem Rechtshilfeersuchen beantragt, die Anwesenheit eines Behördenvertreters bei der Vornahme der Rechtshilfehandlung im ersuchten Staat zu gestatten, so wird überdies eine Abschrift des Ersuchens auf dem in Absatz 2 vorgesehenen Weg übermittelt.

(2) Ersuchen um Vornahme einer Durchsuchung oder Beschlagnahme, um Übermittlung von Gegenständen, um Zuführung oder Durchbeförderung von Häftlingen werden durch die Eidgenössische Polizeiabteilung und durch den Bundesminister für Justiz der Republik Österreich übermittelt. In dringenden Fällen

1005 ist der unmittelbare Verkehr zwischen den Justizbehörden zulässig, jedoch wird überdies eine Abschrift des Ersuchens auf dem in Satz l vorgesehenen Weg übermittelt.

(3) Ersuchen um Übermittlung von Auskünften und Auszügen aus dem Strafregister zu strafrechtlichen Zwecken, einschliesslich der Löschung von Eintragungen im Strafregister, werden an das Schweizerische Zentralpolizeibüro einerseits und an das Strafregisteramt der Bundespolizeidirektion Wien andererseits gerichtet.

(4) Die in Artikel VII dieses Vertrages erwähnten Ersuchen werden durch das Schweizerische Zentralpolizeibüro und durch den Bundesminister für Inneres der Republik Österreich übermittelt. Bei Gefahr im Verzug ist der unmittelbare Verkehr zwischen den Polizeibehörden und den in Absatz 3 genannten Strafregisterbehörden zulässig.

(5) Für Ersuchen um Auskünfte aus dem Strafregister zu anderen als strafrechtlichen Zwecken findet der Schriftverkehr zwischen dem Schweizerischen Zentralpolizeibüro und dem Bundesminister für Justiz der Republik Österreich statt.

Artikel X (1) In Angelegenheiten der Strafrechtspflege, die von den Polizeibehörden des einen Staates im Auftrag der Justizbehörden oder selbständig bearbeitet werden, leisten die Polizeibehörden des anderen Staates im Rahmen und in entsprechender Anwendung des Übereinkommens und dieses Vertrages Unterstützung durch Fahndung und Personenfeststellung sowie durch Beschaffung und Erteilung von Auskünften, einschliesslich der zu diesen Zwecken erforderlichen Befragung von Personen. Bei Gefahr im Verzug umfasst die Unterstützung auch die sonstige Befragung von Personen, die Durchsuchung und die Sicherstellung von Gegenständen.

(2) Der Schriftverkehr nach diesem Artikel findet zwischen dem Schweizerischen Zentralpolizeibüro und dem Bundesminister für Inneres der Republik Österreich statt.

Artikel XI (Zu Artikel 16 des Übereinkommens) Übersetzungen von Ersuchen, die nach dem Übereinkommen oder diesem Vertrag gestellt werden, sowie von beigefügten Unterlagen können nicht gefordert werden.

Artikel XII (Zu Artikel 20 des Übereinkommens) Die durch die Übermittlung von Gegenständen zum Zwecke der Aushändigung an den Geschädigten (Artikel II) und durch die Zuführung oder Durchbe-

1006 förderung von Häftlingen (Artikel VI) entstandenen Kosten werden vom ersuchenden Staat erstattet.

Artikel XIII (Zu Artikel 21 des Übereinkommens) (1) Auf Grund einer nach Artikel 21 des Übereinkommens übermittelten Anzeige eines Vertragsstaates werden die zuständigen Behörden des anderen Vertragsstaates prüfen, ob nach dessen Recht eine strafgerichtliche Verfolgung einzuleiten ist. Der Beurteilung von Zuwiderhandlungen im Strassenverkehr sind im ersuchten Staat die am Tatort geltenden Verkehrsregeln zugrunde zu legen.

(2) Eine zur Einleitung eines Strafverfahrens notwendige Erklärung des Geschädigten (Antrag oder Ermächtigung), die im ersuchenden Staat vorliegt, ist auch im ersuchten Staat wirksam. Eine nur nach dem Recht des ersuchten Staates erforderliche Erklärung kann innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Eingang der Anzeige bei der zur Strafverfolgung zuständigen Behörde dieses Staates nachgeholt werden.

(3) Die Anzeige hat eine kurze Darstellung des Sachverhalts zu enthalten.

Ihr werden beigefügt: a. die Akten in Urschrift oder Abschrift sowie in Betracht kommende Beweisstücke; b. eine Abschrift der nach dem Recht des ersuchenden Staates anwendbaren Strafbestimmungen ; c. bei Zuwiderhandlungen im Strassenverkehr ausserdem eine Abschrift der für die Beurteilung massgebenden Verkehrsregeln.

(4) Dem ersuchten Staat übermittelte Gegenstände oder urschriftliche Unterlagen werden spätestens nach Abschluss des Verfahrens zurückgegeben, soweit der ersuchende Staat auf die Rückgabe nicht verzichtet.

(5) Die Behörden des ersuchenden Staates sehen von weiteren Verfolgungsoder Vollstreckungsmassnahmen wegen der angezeigten Tat gegen den Beschuldigten ab, a. wenn die erkannte Strafe vollstreckt, erlassen oder verjährt ist; b. solange der Strafvollzug ganz oder teilweise ausgesetzt oder die Entscheidung über die Bestrafung aufgeschoben ist; c. wenn aus Beweisgründen ein rechtskräftiger Freispruch oder eine endgültige Einstellung erfolgt ist.

(6) Die durch die Anwendung des Artikels 21 des Übereinkommens und dieses Artikels entstandenen Kosten werden nicht erstattet.

(7) Dieser Artikel findet auch in dem in Artikel 6 Ziffer 2 des Europäischen Auslieferungsübereinkornmens vom 13. Dezember 1957 geregelten Fall Anwendung.

1007 Artikel XIV (Zu Artikel 22 des Übereinkommens) (1) Die Strafnachrichten werden mindestens einmal vierteljährlich zwischen dem Schweizerischen Zentralpolizeibüro und dem Bundesminister für Inneres der Republik Österreich ausgetauscht.

(2) Die Eidgenössische Polizeiabteilung und der Bundesminister für Justiz der Republik Österreich übermitteln einander auf Ersuchen im Einzelfall Abschriften strafgerichtlicher Erkenntnisse, um dem ersuchenden Staat die Prüfung zu ermöglichen, ob sie Anlass zu innerstaatlichen Massnahmen geben.

Artikel XV Im Sinne dieses Vertrages umfasst der Ausdruck «Strafe» auch eine sichernde Massnahme.

Artikel XVI (Zu Artikel 29 des Übereinkommens) Kündigt eine der beiden Vertragsparteien das Übereinkommen, so bleibt es zwischen ihnen weiterhin, zunächst für zwei Jahre, in Kraft. Diese Frist beginnt sechs Monate nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär des Europarates. Sie gilt stillschweigend als für jeweils ein Jahr erstreckt, es sei denn, dass eine der beiden Vertragsparteien der anderen sechs Monate vor dem Ablauf der Frist schriftlich mitteilt, sie stimme einer weiteren Erstreckung nicht zu.

Artikel XVII (1) Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation; die Ratifikationsurkunden sollen sobald wie möglich in Wien ausgetauscht werden.

(2) Dieser Vertrag tritt einen Monat nach Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft.

(3) Dieser Vertrag kann jederzeit schriftlich gekündigt werden ; er tritt sechs Monate nach der Kündigung ausser Kraft. Er tritt auch ohne Kündigung in dem Zeitpunkt ausser Kraft, in dem das Europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Parteien des vorliegenden Vertrages unwirksam wird.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten diesen Vertrag unterschrieben und mit Siegeln versehen.

Geschehen zu Bern am 13. Juni 1972 in zwei Urschriften in deutscher Sprache.

Für die Für die Schweizerische Eidgenossenschaft : Republik Österreich : P. Graber

E. Bielka-Karltreu

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Zusatzverträge mit Österreich zu den Europäischen Übereinkommen über Auslieferung und Rechtshilfe in Strafsachen (Vom 31. Oktober 1973)

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