Zur Abgrenzung der Untersuchungen der Delegation der Geschäftsprüfungskommissionen von verwaltungsinternen Administrativuntersuchungen am Beispiel der Abklärungen «Südafrika» Bericht der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte vom 30. September 2003

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Bericht 1

Ausgangslage

Die Delegation der Geschäftsprüfungskommissionen beider Räte (GPDel) hatte bereits am 12. November 1999 einen Bericht zur Rolle des schweizerischen Nachrichtendienstes in seinen Beziehungen zu Südafrika veröffentlicht und dem Bundesrat verschiedene Empfehlungen unterbreitet1.

Nachdem Ende Juli 2001 im Verlauf des in Südafrika gegen Wouter Basson2 geführten Prozesses neue Mutmassungen über die Rolle des Schweizer Nachrichtendienstes aufgetaucht waren, ergab sich ein Bedarf für neue Abklärungen. Der Vorsteher des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) ordnete im August 2001 interne Vorabklärungen an, die mit einem Bericht des Generalsekretärs VBS vom 31. Oktober 2001 ihren vorläufigen Abschluss fanden.

Aufgrund dieser neu bekannt gewordenen Fakten sah sich auch die GPDel veranlasst, ihre früher getätigten Abklärungen auf deren Vollständigkeit hin zu überprüfen und gegebenenfalls auf eine erweiterte Basis zu stellen. Sie beschloss deshalb am 12. November 2001, die Untersuchungen zur Tätigkeit des Schweizer Nachrichtendienstes in Südafrika neu aufzunehmen. Diese Untersuchungen sind abgeschlossen, und die Resultate wurden am 26. August 2003 veröffentlicht3.

Unabhängig von den Arbeiten der GPDel ordnete auch der Vorsteher VBS im November 2001 eine Administrativuntersuchung über die nachrichtendienstlichen Beziehungen der Schweiz mit Südafrika und die Rechtskonformität gewisser Aktenvernichtung an. Diese Administrativuntersuchung ist mit der Publikation des Schlussberichts vom 16. Dezember 2002 abgeschlossen worden.

Parallel zu diesen beiden Untersuchungen führte die Bundesanwaltschaft seit Juni 1999 ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt u.a. wegen des Verdachts auf Verletzung des Güterkontrollgesetzes. Das gerichtspolizeiliche Ermittlungsverfahren ist in der Zwischenzeit abgeschlossen; seit 8. Januar 2003 ist die Voruntersuchung beim Eidgenössischen Untersuchungsrichter anhängig.

Das Verhältnis des Schweizer Nachrichtendienstes zu Südafrika bildete also zeitweise Gegenstand von insgesamt drei Verfahren.

2

Abgrenzung des Untersuchungsgegenstands

2.1

Parallel laufende Untersuchungen zu Südafrika

Die Tatsache, dass gleichzeitig drei Untersuchungen zum Thema Südafrika im Gange waren, beeinträchtigte die Abklärungen der GPDel in zunehmendem Mass.

Keine Probleme ergaben sich in Bezug auf das Ermittlungsverfahren der Bundesan1 2 3

Beziehungen zu Südafrika: Rolle des Schweizer Nachrichtendienstes. Bericht der Delegation der Geschäftsprüfungskommissionen vom 12. November 1999 (BBl 2000 563).

Vgl. Fussnote Nr. 7.

Untersuchung über die Kontakte des Schweizer Nachrichtendienstes zu Südafrika zur Zeit des Apartheidregimes. Bericht der Delegation der Geschäftsprüfungskommissionen der Eidgenössichen Räte vom 18. August 2003 (BBl 2004 2267).

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waltschaft. Diesbezüglich bestand von allem Anfang an Klarheit darüber, dass dieses der Aufdeckung konkreter Straftaten individueller Personen im Zusammenhang mit möglichen Widerhandlungen gegen das Kriegsmaterialgesetz und gegen die Güterkontrollgesetzgebung diente. Das Schwergewicht der Abklärungen der GPDel lag demgegenüber auf der Klärung des Verhältnisses zwischen dem Schweizer Nachrichtendienst und insbesondere des Verhältnisses zwischen dem ehemaligen Unterstabschef Nachrichtendienst Peter Regli und den Partnerdiensten in Südafrika zur Zeit des Apartheidregimes.

Hingegen zeigte sich recht bald, dass die Parallelität eines parlamentarischen Aufsichtsverfahrens mit einer departementsinternen Administrativuntersuchung mit ähnlicher Zielsetzung fast zwangsläufig zu Abgrenzungs- und Koordinationsproblemen führt. Mit zunehmender Dauer der Tätigkeiten sah sich die GPDel mit zahlreichen Behinderungen konfrontiert. Sie kann sich dabei des Eindrucks nicht erwehren, dass der vom Vorsteher des VBS eingesetzte Untersuchungsbeauftragte im Laufe der Zeit eine gewisse Eigendynamik entwickelte, welche sich selbst dem Einflussbereich des Departementschefs zu entziehen schien. Obwohl von Seiten des VBS immer wieder der «Lead» der GPDel betont wurde, sah sich das Departement nicht in der Lage, die abgegebenen Zusicherungen in allen Teilen auch einzuhalten und den ungestörten Gang der parlamentarischen Abklärungen zu garantieren.

2.2

Umschreibung des Untersuchungsgegenstands

Die GPDel hatte im November 2001 die Wiederaufnahme ihrer Untersuchungen zum Thema Schweiz ­ Südafrika auf eine möglichst breite Basis gestellt. Sie hatte, nicht nur gegenüber der Öffentlichkeit, sondern insbesondere auch gegenüber dem VBS mehrfach den Willen bekundet, sämtlichen Fakten, aber auch blossen Mutmassungen nachzugehen. Zu diesem Zweck verschaffte sich die GPDel zunächst einen Überblick über die diversen Behauptungen und Gerüchte, welche im Zusammenhang mit der Rolle des Nachrichtendienstes in Südafrika im Umlauf waren. Sie hörte als Erstes verschiedene Medienschaffende an, die sich in jüngster Zeit speziell mit der Thematik beschäftigt hatten. Gestützt auf diese Anhörungen und die übrigen, in der Zwischenzeit vorgenommenen Abklärungen bereinigte die GPDel im Januar 2002 den Untersuchungsgegenstand und verabschiedete ein detailliertes Untersuchungskonzept.

Auf Wunsch des VBS fanden zuvor zwei Koordinationssitzungen zwischen Vertretern der GPDel, des VBS und der Bundesanwaltschaft statt. Dabei konnte ein weitgehender Konsens über die gegenseitige Abgrenzung und die Schnittstellen der Verfahren gefunden werden. Das Schwergewicht des bundesanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren lag auf der Abklärung konkreter Straftaten individueller Personen; die Administrativuntersuchung des VBS konzentrierte sich primär auf die allgemeinen Dienstvorschriften zur Informationsbeschaffung und -auswertung sowie auf die Aktenführung, Aktenablieferung und Aktenvernichtung; und die GPDel beschäftigte sich hauptsächlich mit dem tatsächlichen Ausmass und den Einzelheiten sowie den politischen Dimensionen der Kontakte zu Südafrika.

Dementsprechend ging auch die GPDel anlässlich der Verabschiedung ihres Untersuchungskonzepts im Januar 2002 davon aus, dass sich die vom VBS angeordnete Administrativuntersuchung im Wesentlichen auf die Themenbereiche konzentrieren

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werde, welche nach Durchführung der internen Vorabklärungen im Oktober 2001 vom Generalsekretär VBS zur weiteren Überprüfung empfohlen worden waren.

Im Februar 2002 präzisierte der Vorsteher des VBS das Mandat für die Administrativuntersuchung. Nachdem die GPDel Kenntnis davon erhalten hatte, stellte sie fest, dass der Gegenstand der Administrativuntersuchung in weiten Teilen mit dem von ihr bereits einen Monat zuvor verabschiedeten Untersuchungskonzept übereinstimmte. Sie erachtete dies für den weiteren Gang der Untersuchungen als wenig förderlich. Es war zu befürchten, dass weitgehend identische Untersuchungshandlungen von zwei unterschiedlichen Gremien durchgeführt wurden, die anzuhörenden Personen sich zweimal zu den gleichen Themen zu äussern hatten, und auch die Verwaltung mit Auskunftsersuchen und Akteneditionsbegehren doppelt belastet wurde.

Auf der Grundlage des geltenden Rechts verfügt die GPDel zwar weitgehend über die gleichen Abklärungsbefugnisse wie eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK). Im Unterschied zu einer PUK4 hat sie aber keine Möglichkeit, die Sistierung verwaltungsinterner Untersuchungen zu verlangen. Die GPDel musste es deshalb dabei bewenden lassen, den Departementsvorsteher auf die entstandenen Probleme hinzuweisen und ihn zu bitten, für Abhilfe besorgt zu sein.

Um diesbezüglich für künftige Untersuchungen ein besseres Umfeld zu schaffen, hat die GPDel deshalb beschlossen, sich mit dem vorliegenden Bericht der Thematik anzunehmen. Er soll aufzeigen, welchen Schwierigkeiten die GPDel anlässlich ihrer Abklärungen im Zusammenhang mit der Rolle des Schweizer Nachrichtendienstes in Südafrika begegnet ist und welche gesetzgeberischen Konsequenzen sich daraus ergeben. Nachdem diese Problemfelder mit dem konkreten Untersuchungsgegenstand nicht notwendigerweise in einem Zusammenhang stehen und sich in anderer Form jederzeit wiederholen können, erschien es angezeigt, eine Zweiteilung der Berichterstattung vorzunehmen. Der Hauptbericht zum eigentlichen Untersuchungsgegenstand «Südafrika» ist bereits am 26. August 2003 publiziert worden.

Die GPDel verabschiedete den Entwurf des vorliegenden Berichts am 23. Juni 2003 und unterbreitete ihn am 24. Juni 2003 dem Bundesrat zur Stellungnahme. Der Bundesrat äusserte sich dazu schriftlich am 2. Juli 2003. Der Schlussbericht
wurde sodann mit einer Delegation des Bundesrates am 18. August und am 8. September 2003 diskutiert.

Die Delegation hat vier Personen das rechtliche Gehör gewährt. Diese Personen haben die entsprechenden Abschnitte des Berichtsentwurfs zur Stellungnahme erhalten.

Der vorliegende Schlussbericht trägt der Stellungnahme des Bundesrates und den von den Betroffenen geäusserten Meinungen angemessen Rechnung.

Die Delegation hat ihre Arbeit am 30. September 2003 abgeschlossen. Sie hat den Bericht zuhanden der Plenarkommissionen verabschiedet.

Die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte wurden am 6. Oktober 2003 über den Bericht orientiert. Sie beschlossen, ihn zu veröffentlichen.

4

Vgl. Art. 65 Abs. 3 Bundesgesetz vom 23. März 1962 über den Geschäftsverkehr der Bundesversammlung sowie über die Form, die Bekanntmachung und das Inkrafttreten ihrer Erlasse (Geschäftsverkehrsgesetz, GVG), SR 171.11.

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2.3

Forderung nach gegenseitiger Information

Die ersten Probleme zeigten sich schon zu Beginn der Untersuchung, nachdem das VBS an die GPDel herangetreten war und den Wunsch nach einer kontinuierlichen gegenseitigen Information geäussert hatte. Das VBS erwartete dabei nicht nur, laufend über die Arbeiten der GPDel informiert zu werden, sondern äusserte insbesondere auch den Wunsch, umfassend Einsicht in die Protokolle der GPDel zu erhalten.

Die GPDel widersetzte sich diesem Ansinnen und zwar aus folgenden Gründen: Erstens ist es ihre gesetzliche Aufgabe, im Rahmen der parlamentarischen Oberaufsicht die Tätigkeit im Bereich des Staatsschutzes und der Nachrichtendienste regelmässig näher zu prüfen5. Eine derartige Prüfung kann aber nur dann zu glaubwürdigen Ergebnissen führen, wenn sie in eigener Verantwortung und ohne Rücksichtnahme auf das zu untersuchende Departement erfolgt. Zweitens verlaufen die Interessen von GPDel und untersuchtem Departement keineswegs immer parallel, so dass der vom VBS gewünschte umfassende Informationsaustausch leicht auch dazu missbraucht werden könnte, Absprachen innerhalb des Departements zu tätigen oder gar Ermittlungsergebnisse zu manipulieren. Drittens anerkannte die GPDel zwar ein Bedürfnis des VBS nach zusätzlichen Abklärungen in Bezug auf innerdepartementale Vorgänge (wie etwa allgemeine Dienstvorschriften, Aktenführung und -archivierung etc.). Es war aber für sie kein Grund ersichtlich, weshalb die primär politische Frage nach dem Ausmass und den Hintergründen der Kontakte des Nachrichtendiensts zu Südafrika doppelt aufgearbeitet und bewertet werden sollte.

Im Gegenteil, obliegt doch die politische Kontrolle gemäss Gewaltenteilungsprinzip vorwiegend dem Parlament bzw. seinen damit beauftragten Organen.

2.4

Interventionen der GPDel beim Vorsteher des VBS

Die GPDel machte den Vorsteher des VBS anlässlich einer Aussprache im April 2002 auf ihre Bedenken bezüglich der Parallelität der Untersuchung der GPDel mit der Administrativuntersuchung aufmerksam. Bundesrat Samuel Schmid bestätigte, dass «der Lead der GPDel absolut unbestritten» sei. Anzustreben wäre, dass VBS und GPDel je unterschiedliche Untersuchungsgegenstände hätten. «Untersuchungen sollen sich nicht überlagern, sondern vielmehr ergänzen.» In diesem Sinn sicherte der Departementsvorsteher der GPDel ausdrücklich zu, den Auftrag für die Administrativuntersuchung nochmals zu überprüfen und den Gegenstand der Administrativuntersuchung auf die Themen «Archivierung und Ablieferung bzw. Vernichtung von Akten im Nachrichtendienst» zu beschränken.

Diese Zusicherung wurde jedoch nicht eingehalten. Vielmehr teilte der Departementsvorsteher nach einer erneuten Intervention der GPDel im Mai 2002 mit, dass die angeblich «ergänzende Untersuchung des VBS» nun doch neben dem Komplex «Aktenführung/Archivierung» schwergewichtig auch den Bereich «nachrichtendienstliches Beziehungsverhältnis Schweiz/Südafrika» umfassen werde. Zugleich sicherte der Vorsteher des VBS aber zu, dass die GPDel jeweils vorgängig über die Anhörung verwaltungsexterner Personen informiert werde und ihr bedeutende Untersuchungserkenntnisse mitgeteilt würden. Die GPDel musste aber feststellen, 5

Art. 47quinquies Abs. 2 GVG.

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dass sie nicht in allen Fällen vorgängig über Anhörungen informiert wurde. Auch wurde ihr bis zum Vorliegen des Schlussberichts kein Untersuchungsergebnis zur Kenntnis gebracht.

Es ist nicht Sache der GPDel, zu den Untersuchungsmethoden des Untersuchungsbeauftragten des VBS Stellung zu nehmen. Soweit dadurch aber ihre eigenen Abklärungen gefährdet wurden, ist ein Hinweis angezeigt. Kompetenz- und Abgrenzungsprobleme ergaben sich offenbar keineswegs nur im Verhältnis zur parlamentarischen Aufsichtsbehörde, sondern auch zu Verwaltungsbehörden des Bundes. So beschwerte sich insbesondere das Bundesamt für Polizei (BAP) darüber, dass der Untersuchungsbeauftragte des VBS die einer departementsinternen Administrativuntersuchung innewohnenden Grenzen nie akzeptiert, ohne Rücksichtnahme auf die massgebenden gesetzlichen Grundlagen Akten herausverlangt und erst noch nach einer ersten negativen Stellungnahme unter Umgehung des Dienstweges versucht hatte, auf anderem Weg an die gewünschten Informationen zu gelangen. Der GPDel liegt darüber hinaus aber auch die Korrespondenz des Untersuchungsbeauftragten des VBS mit einer Privatperson vor, in welcher der Untersuchungsbeauftragte die Herausgabe von Unterlagen verlangte und für den Fall der Weigerung gar Zwangsmassnahmen androhte.

2.5

Übernahme von Abklärungsergebnissen der GPDel

Die GPDel hatte im Januar 2002 ein detailliertes Untersuchungskonzept verabschiedet. In der Folge wurde nicht nur der Kreis der anzuhörenden Personen festgelegt, sondern es wurden auch umfangreiche Fragenkataloge und Aktenherausgabebegehren an verschiedene Departemente des Bundes sowie an einzelne kantonale Regierungen gerichtet. So beinhaltete etwa allein das an das VBS gerichtete Auskunftsbegehren rund 50 Themenkomplexe unterschiedlichster Art mit einer grossen Zahl detaillierter Einzelfragen zum Nachrichtendienst, zum Militärprotokoll, zur Gruppe Rüstung im Allgemeinen und zum AC-Labor in Spiez im Besonderen, zum Kommando Luftwaffe sowie zur Untergruppe Sanität. Die verlangten Auskünfte wurden der GPDel von den betroffenen Departementen und kantonalen Regierungen im Verlauf des Monats April 2002 erteilt, wobei im weiteren Verlauf der Abklärungen verschiedentlich zusätzliche oder ergänzende Stellungnahmen eingeholt werden mussten.

Nach Abschluss der Administrativuntersuchung musste die GPDel feststellen, dass das VBS den Untersuchungsbeauftragten mit Kopien sowohl der seinerzeitigen Fragenkataloge wie auch der entsprechenden Antworten an die GPDel bedient hatte.

Obwohl das VBS immer wieder die völlige Unabhängigkeit des von ihm eingesetzten Untersuchungsbeauftragten betonte, stellte es ihm integral die im Auftrag der GPDel zusammengetragenen Antworten und Unterlagen zu. Die GPDel war dazu weder je angehört worden, noch hatte sie je ihre Zustimmung zur eigenmächtigen Verwertung, Kommentierung und Veröffentlichung der von ihr in Auftrag gegebenen Abklärungsergebnisse erteilt. Bei der Durchsicht des Schlussberichtes des Untersuchungsbeauftragten, der ihr kurz vor der Publikation zugestellt wurde, musste die GPDel feststellen, dass im Rahmen der Administrativuntersuchung bereits ein wesentlicher Teil ihrer eigenen Abklärungen verwertet worden war und sie nicht

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mehr in völliger Unabhängigkeit entscheiden konnte, welche Abklärungsergebnisse aufgrund eines berechtigten und überwiegenden Geheimhaltungsinteresses nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen wären.

2.6

Einmischung in Belange der GPDel

Es ist bereits erwähnt worden, dass die GPDel grundsätzlich keine Veranlassung sieht, sich zu den Methoden und Ergebnissen der Administrativuntersuchung zu äussern. Dies ist allein Aufgabe des VBS, welches die Administrativuntersuchung in Auftrag gegeben und damit letztlich auch zu verantworten hat. Im Schlussbericht der Administrativuntersuchung findet sich nun aber unter anderem auch ein Kapitel «Rechtliche Probleme der Kontrolle durch die Geschäftsprüfungsdelegation», welches einer Stellungnahme durch die GPDel bedarf. Es wird dort postuliert, dass namentlich der Bereich der parlamentarischen Kontrollen überprüft, das gesetzliche Instrumentarium der Kontrollmittel präzisiert und für die betroffenen Personen der Rechtsweg gewährleistet werden müsse. Es dürfte wohl kaum zum Aufgabenbereich einer auf das VBS beschränkten Administrativuntersuchung zählen, zu Fragen der parlamentarischen Oberaufsicht Stellung zu nehmen.

3

Anfrage der GPDel betreffend Abklärungen in Südafrika

Im Februar 2002 informierte die GPDel den Bundesrat über ihre Absicht, allenfalls eigene Abklärungen in Südafrika zu tätigen. Zugleich ersuchte sie ihn, die entsprechenden Möglichkeiten zu prüfen und gegebenenfalls bei den südafrikanischen Behörden zu evaluieren. In seiner ersten Antwort vom März 2002 nahm der Bundesrat lediglich zur Frage der innen- und aussenpolitischen Opportunität Stellung und meldete erhebliche Bedenken an. Er machte insbesondere geltend, dass die Schweiz selbst regelmässig Gesuche für Aktivitäten ausländischer parlamentarischer Kommissionen ablehne, so dass es kaum opportun erscheine, von einem anderen Staat etwas zu fordern, das man selbst nicht gewähren würde. Überdies äusserte der Bundesrat die Befürchtung, dass allfällige eigene Abklärungen der GPDel angesichts des hängigen Rechtshilfeverfahrens der Bundesanwaltschaft für Befremden in Südafrika sorgen könnten. Er sei der Ansicht, dass dies Auswirkungen auf die guten bilateralen Beziehungen haben könnte, was er als zur Zeit nicht im Interesse beider Länder liegend beurteile.

Nachträglich musste die GPDel feststellen, dass das VBS mit der Federführung für die Beantwortung der Anfrage beauftragt worden war. Der Bundesrat hatte in seiner Antwort im Wesentlichen die ablehnende Argumentation der Verwaltung übernommen und es offensichtlich nicht als erforderlich erachtet, zusätzliche Sondierungen in Südafrika zu tätigen. Gegenüber dem Bundesrat hatte sich das VBS auf den Standpunkt gestellt, dass das von der GPDel beabsichtigte Vorgehen unüblich sei und internationales Medieninteresse auf sich ziehen könnte. Abgesehen davon verfüge die GPDel über keine Kompetenzen für ein hoheitliches Handeln im Ausland; überdies müsste der ausländische Staat dem Vorgehen explizit zustimmen und wären allfällige Kontakte nach Südafrika über das EDA einzuleiten. Abschliessend

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findet sich in einem Diskussionspapier des VBS der Vermerk: «ziemlich heikle aussenpolitische Angelegenheit».

Diese ablehnende Stellungnahme des VBS ist vor allem deshalb von Interesse, weil das Departement die Frage direkter Abklärungen in Südafrika offensichtlich unterschiedlich beurteilt. Während es gegen entsprechende Abklärungen der GPDel klar opponierte, sah es offenbar keine Veranlassung, den eigenen Untersuchungsbeauftragten von Ermittlungen im Ausland abzuhalten (vgl. Ziff. 5).

Auffallend erscheint in diesem Zusammenhang aber auch, dass die Anfrage der GPDel an den Bundesrat vom Februar 2002 nur kurze Zeit später Gegenstand einer Indiskretion wurde, deren Urheberschaft nicht eruiert werden konnte. Gleichzeitig wurde der Pressesprecher des VBS mit dem Satz zitiert: «Die Anfrage zeigt, dass die Delegation alle ihr zustehenden Möglichkeiten ausnützen will, um Licht in die Angelegenheit zu bringen. Dem stehen wir positiv gegenüber»6. Diese Aussage steht im klaren Widerspruch zur Stellungnahme des VBS an den Bundesrat, mit welcher gegen Abklärungen der GPDel in Südafrika opponiert wurde.

Der GPDel genügte die erste negative Antwort des Bundesrates nicht. Nach Anhörung diverser Repräsentanten des EDA ersuchte sie im Juni 2002 das EDA, sich mit den südafrikanischen Behörden in Verbindung zu setzen. Zuhanden der südafrikanischen Behörden wurden der Untersuchungsgegenstand und das Verfahren der GPDel umschrieben und zugleich eine Liste der gewünschten Anhörungen ­ darunter auch Wouter Basson ­ erstellt (vgl. Ziff. 5.3).

4

Einladung des südafrikanischen Staatsanwalts Anton Ackermann in die Schweiz

4.1

Erster Besuch vom Juli 2002

Staatsanwalt Anton Ackermann, der in Südafrika die Anklage gegen Wouter Basson, den ehemaligen Leiter des geheimen südafrikanischen Projektes «Coast»7, vertreten hatte, zeigte sich im Mai 2002 gegenüber dem EDA daran interessiert, in der Schweiz zum Prozessverlauf und insbesondere zu den die Schweiz betreffenden Teilaspekten des Prozesses angehört zu werden. In der Folge ersuchte die GPDel das EDA, Staatsanwalt Anton Ackermann die offizielle Einladung des Schweizerischen Parlaments zu überreichen und ihm eine Liste der Themen zu übergeben, welche Gegenstand der Anhörung in der Schweiz bilden sollten.

Im Rahmen der Vorbereitung des Besuchs hatten auch die Bundesanwaltschaft und das VBS den Wunsch geäussert, sich mit Staatsanwalt Anton Ackermann unterhalten zu können. Die GPDel lehnte zwar das Begehren des VBS um Durchführung einer gemeinsamen Anhörung ab, stellte aber dessen Untersuchungsbeauftragten 6 7

Zitiert in «Berner Zeitung», 16. Februar 2002, Seite 5.

Südafrika unterhielt seit 1982 ein Projekt namens «Coast», welches sich mit den verschiedensten Aspekten der chemisch-biologischen Kriegsführungs befasste. Es war vom seinerzeitigen südafrikanischen Verteidigungsminister General Magnus Malan 1981 initiiert worden und stand seit 1988 unter der formellen Leitung von General Niel Knobel, dem obersten Stabsarzt der Streittkräfte Südafrikas. Federführund war indessen Wouter Basson, der als leitender Direktor des Projekts fungierte. Vgl. dazu Untersuchungsbericht der Delegation der Geschäftsprüfungskommissionen der eidegenössischen Räte über die Kontakte des Schweiter Nachrichtendiesntes zu Südafrika vom 12. November 1999.

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ausdrücklich frei, Staatsanwalt Anton Ackermann während des auf Einladung des Parlaments zustande gekommenen Aufenthalts in der Schweiz im Rahmen der Administrativuntersuchung anzuhören.

Die GPDel liess sich anlässlich der Sitzung vom 1. Juli 2002 von Staatsanwalt Anton Ackermann über den in Südafrika geführten Prozess gegen Wouter Basson informieren. Im Vordergrund standen dabei diejenigen Teilaspekte, welche einen Bezug zur Schweiz, insbesondere zum Nachrichtendienst, aufwiesen. Im Anschluss an die Befragung durch die GPDel unterhielten sich am folgenden Tag der verfahrensführende Staatsanwalt sowie am übernächsten Tag der Untersuchungsbeauftragte des VBS mit Staatsanwalt Anton Ackermann.

Nur eine Woche später teilte der Untersuchungsbeauftragte des VBS dem Staatsanwalt der Bundesanwaltschaft mit, dass er noch einige Ergänzungsfragen an Staatsanwalt Anton Ackermann zu stellen hätte. Zugleich erkundigte er sich, ob nicht ein gemeinsames Begehren um ergänzende Auskünfte nach Südafrika gerichtet werden könnte; es sei ihm bekannt, «dass dies Herrn Dr. Ackermann sehr gelegen käme»8.

Nachdem das angestrebte gemeinsame Begehren nicht zustande gekommen war, kam es gemäss Staatsanwalt Ackermann zu direkten Kontakten zwischen dem Untersuchungsbeauftragten des VBS und ihm. In deren Verlauf erteilte der Untersuchungsbeauftragte des VBS dem südafrikanischen Staatsanwalt unter anderem den Auftrag, einen ehemaligen Verteidigungsattaché in Südafrika als Zeuge zu befragen.

Im Schlussbericht wurde denn auch darauf verwiesen, dass dieser ehemalige in der Schweiz akkreditierte südafrikanische Verteidigungsattaché im September 2002 unter Eid befragt worden sei. Interessanterweise stellte Staatsanwalt Anton Ackermann anlässlich seines zweiten Besuchs vom September 2002 dem VBS nicht nur seine Aufenthaltsspesen in der Schweiz, sondern zugleich auch noch die Kosten für seine im Auftrag des Untersuchungsbeauftragten des VBS in Südafrika durchgeführte Befragung in Rechnung.

4.2

Zweiter Besuch vom September 2002

Die GPDel hatte ihre Einladung von Staatsanwalt Anton Ackermann nie geheim gehalten. Sie hatte nicht nur der Bundesanwaltschaft und dem VBS die Möglichkeit eingeräumt, anlässlich des Besuchs eigene Abklärungen zu tätigen, sondern die Einladung auch gegenüber den Medien bekannt gegeben. Mit einiger Überraschung hatte deshalb die GPDel im Herbst 2002 zufällig erfahren, dass der südafrikanische Staatsanwalt ein zweites Mal zu Anhörungen in der Schweiz weilte. Mehrere Versuche, beim Referenten für Sonderaufgaben des Chefs VBS nähere Informationen zu erhalten, blieben ohne Erfolg, da sich dieser im Militärdienst aufhielt. Dessen Vorgesetzter teilte dem Sekretariat der GPDel schliesslich mit, Bundesrat Samuel Schmid werde den Präsidenten der GPDel im Verlauf des Tages kontaktieren.

Am späteren Nachmittag des 18. September 2002 erfolgte dann der angekündigte Anruf des Vorstehers VBS an den Präsidenten der GPDel. Dieser hielt den Inhalt des Gesprächs in einer Aktennotiz vom gleichen Tag wie folgt fest: «Schmid erklärt, Ackermann sei auf Einladung der BA hier. Er habe eidesstattliche Erklärungen mitgebracht. [Der Untersuchungsbeauftragte des VBS] habe davon gehört 8

Brief der Untersuchungsbeauftragten an die Bundesanwaltschaft vom 10. Juli 2002.

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und habe sich dann . Schmid erklärte, es bestehe im VBS die Weisung, uns alle Unterlagen diesbezüglich zukommen zu lassen.»

Im gleichen Sinn stellte sich auch der Pressesprecher des VBS gegenüber den Medien auf den Standpunkt, dass Staatsanwalt Anton Ackermann allein auf Intervention und im Rahmen des hängigen Rechtshilfeverfahrens der Bundesanwaltschaft in der Schweiz weile.

Gleichentags erschien im «Tages Anzeiger» ein Artikel «Staatsanwalt aus Südafrika befragt». Darin wurde Bezug darauf genommen, dass Staatsanwalt Anton Ackermann «ganz diskret» in der Schweiz bei der Bundesanwaltschaft und beim Untersuchungsbeauftragten des Verteidigungsdepartements (VBS) geweilt habe. Er sei auf Grund eines schweizerischen Rechtshilfegesuches erneut zur Bundesanwaltschaft gekommen. Auf Anfrage teilte Bundesanwalt Valentin Roschacher der GPDel im Oktober 2002 schriftlich mit, dass Staatsanwalt Anton Ackermann während der ganzen Woche 38 auf Einladung des Untersuchungsbeauftragten des VBS in Bern geweilt habe. Kurzfristig habe der für das Ermittlungsverfahren zuständige Staatsanwalt der Bundesanwaltschaft von diesem Besuch erfahren.

Nachdem offensichtlich war, dass im Zusammenhang mit dem zweiten Besuch Anton Ackermanns in der Schweiz nicht nur die GPDel, sondern auch die Medien falsch informiert worden waren, beschloss die GPDel, diesbezüglich weitere Abklärungen zu tätigen. Diese ergaben, dass Staatsanwalt Anton Ackermann im September 2002 nicht nur auf alleinige Einladung des Untersuchungsbeauftragten des VBS, sondern auch auf Kosten des VBS in der Schweiz geweilt hatte. Die ihm in bar ausbezahlten Entschädigungen und Spesen waren departementsintern vom Generalsekretariat über den Kredit der Administrativuntersuchung abgerechnet worden. Das VBS und insbesondere dessen Untersuchungsbeauftragter waren demzufolge von allem Anfang an informiert.

Der Referent für Sonderaufgaben des Chefs VBS hatte zwar anlässlich einer ersten Anhörung gegenüber der GPDel noch geltend zu machen versucht, dass er über die Hintergründe und das Zustandekommen des zweiten Besuchs von Staatsanwalt Ackermann nicht informiert gewesen sei. Es wisse lediglich, dass durch die Kontakte des Untersuchungsbeauftragten des VBS und des Staatsanwaltes der Bundesanwaltschaft der Wunsch entstanden sei, Staatsanwalt Anton Ackermann nochmals anzuhören. Insbesondere sei ihm aber auch nicht bekannt, weshalb der Departementschef dem Präsidenten der GPDel die Auskunft erteilt
habe, Staatsanwalt Anton Ackermann weile auf Einladung der Bundesanwaltschaft in der Schweiz. Er selbst sei jene Woche im Militärdienst gewesen, so dass er nicht sagen könne, «welche Informationen hier in Bern über welche Kanäle geflossen sind und wie der Departementschef zu dieser Information gekommen ist.» Die GPDel konnte jedoch nachträglich in Erfahrung bringen, dass der Referent für Sonderaufgaben des Chefs VBS über den zweiten Besuch von Staatsanwalt Anton Ackermann in der Schweiz im Bild gewesen war. Jedenfalls hatte er sich noch am Morgen des 18. Septembers 2002 beim Untersuchungsbeauftragten des VBS telefonisch über die Hintergründe des fraglichen Besuchs informiert und anschliessend den Inhalt jenes Gesprächs per Mail seinem Vorgesetzten zuhanden des Departementschefs übermittelt. Aus jener Mitteilung muss geschlossen werden, dass der

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Untersuchungsbeauftragte des VBS gegenüber seinem Auftraggeber zum Teil falsche und unvollständige Angaben gemacht hat.

Der vom Untersuchungsbeauftragten des VBS kurzfristig informierte Staatsanwalt der Bundesanwaltschaft nahm zwar die ihm eingeräumte Gelegenheit wahr und unterhielt sich mit Staatsanwalt Anton Ackermann während eines Nachmittags (17.9.2002) über die aktuellen Fragen des anhängigen Rechtshilfeverfahrens. Im Übrigen hatte er aber weder mit der Einladung noch mit dem einwöchigen Aufenthalt des südafrikanischen Staatsanwalts (14. bis 21.9.2002) etwas zu tun.

Zusätzlich stellte sich heraus, dass Bundesrat Samuel Schmid den verfahrensführenden Staatsanwalt der Bundesanwaltschaft am Mittag des 18. September 2002 zuhause angerufen und sich nach den Hintergründen des Aufenthalts von Staatsanwalt Anton Ackermann erkundigt hatte. Dabei dementierte der zuständige Staatsanwalt mit aller Deutlichkeit, dass die Bundesanwaltschaft den Besuch veranlasst hatte, und stellte richtig, dass der südafrikanische Staatsanwalt vom VBS eingeladen worden war. Demgegenüber hielt der Departementsvorsteher anlässlich seines Telefongesprächs mit dem Präsidenten der GPDel vom gleichen Tag an der Version des von ihm eingesetzten Untersuchungsbeauftragten fest. Er legte Wert auf die Feststellung, dass er sich dabei auf die vorbehaltlos geäusserte Darstellung des Untersuchungsbeauftragten verlassen habe, welche sich jedoch im Nachhinein als nicht zutreffend herausstellte.

5

Zustellung eines Fragenkatalogs an Wouter Basson und weitere Aktionen des Untersuchungsbeauftragten im Ausland

5.1

Ablauf der Ereignisse im Oktober 2002

Nicht einmal einen Monat nach den verwirrlichen Vorgängen um den zweiten Besuch von Staatsanwalt Anton Ackermann wurde die GPDel von einem Journalisten darauf hingewiesen, dass auf offiziellem Papier des VBS ein Katalog von Fragen an Wouter Basson zur schriftlichen Beantwortung zugestellt worden sei. Der betreffende Journalist, der im Besitz des Fragenkatalogs samt Begleitschreiben war und offenbar in direktem Kontakt zu Wouter Basson stand, kündigte gegenüber der GPDel an, dass er in der «Weltwoche» vom 24. Oktober 2002 seine Erkenntnisse publizieren werde. Er erklärte sich aber bereit, der GPDel vorgängig Kopien des Fragenkatalogs samt Begleitschreiben zu überlassen.

Aufgrund der erhaltenden Kopien wurde deutlich, dass sowohl der Fragenkatalog an Wouter Basson wie auch das Begleitschreiben auf offiziellem Papier des VBS verfasst und das Begleitschreiben mit der Unterschrift einer Mitarbeiterin im Generalsekretariat VBS versehen war. In Berücksichtigung des damaligen Informationsstandes standen für die GPDel grundsätzlich drei mögliche Varianten zur Diskussion. Es konnte sich erstens um eine Totalfälschung handeln, mit welcher involvierte Kreise oder aussenstehende Dritte die laufenden Untersuchungen beeinträchtigen wollten; es war zweitens denkbar, dass das Begleitschreiben zwar echt, der Fragebogen aber gefälscht sein könnte, um die Administrativuntersuchung des VBS zu diskreditieren; oder es konnte sich drittens tatsächlich um einen Fragebogen des Untersuchungsbeauftragten des VBS handeln, der an Wouter Basson zur schriftlichen Beantwortung weitergeleitet worden war.

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Auch wenn die Administrativuntersuchung VBS unabhängig von den Abklärungen der Delegation durchgeführt wurde, bestand für die GPDel dringender Handlungsbedarf. Sowohl die allfällige Zustellung eines Fragenkatalogs an einen ausländischen Staatsbürger mit Wohnsitz im Ausland auf offiziellem Briefpapier einer schweizerischen Behörde wie auch der mögliche Missbrauch durch allfällige Drittpersonen erschienen in hohem Mass geeignet, die Abklärungen der GPDel zu beeinträchtigen. Angesichts der ausgesprochen absurden und teilweise geradezu beleidigenden Art der Fragestellung war überdies zu befürchten, dass Wouter Basson für die sowohl von der GPDel wie auch von der Bundesanwaltschaft beabsichtigten Anhörungen nicht mehr zur Verfügung stehen würde. In der Folge verkündete Wouter Basson in der «Weltwoche» vom 24. Oktober 2002 tatsächlich, dass er nicht mehr bereit sei, auszusagen.

Die GPDel entschloss sich deshalb, unverzüglich alle Vorkehrungen zu treffen, um möglichst rasch und umfassend Klarheit in dieser Angelegenheit zu erlangen. Die GPDel informierte Bundesrat Samuel Schmid am 22. Oktober 2002 über die ihr zugegangenen Informationen. In Absprache mit dem Vorsteher VBS wurden im unmittelbaren Anschluss daran die notwendigen Abklärungen getätigt. Diese zielten in erster Linie darauf ab, entweder die Authentizität des Fragenkatalogs und Begleitschreibens oder aber die Fälschung festzustellen. Im Sekretariat der Mitarbeiterin des Generalsekretariats VBS, welche dem Untersuchungsbeauftragten des VBS für administrative Arbeiten zur Verfügung stand, konnte der Fragenkatalog samt Begleitbrief sichergestellt und damit die Variante einer Fälschung ausgeschlossen werden.

Nachdem Klarheit darüber bestand, dass Fragenkatalog und Begleitschreiben echt und im Auftrag des Untersuchungsbeauftragten des VBS versandt worden waren, wurden ­ wiederum in Absprache mit Bundesrat Samuel Schmid ­ noch am gleichen Tag sämtliche damit im Zusammenhang stehenden Unterlagen von der GPDel einstweilen sichergestellt und vorläufig versiegelt. Auf die vom Departementsvorsteher ebenfalls angebotene Sicherstellung der Akten im Büro des Untersuchungsbeauftragten des VBS in St. Gallen wurde verzichtet. Auf dessen ausdrücklichen Wunsch wurden am folgenden Tag sämtliche Unterlagen dem VBS wieder zur Verfügung gestellt, mit der Auflage, dass die administrativen Akten kopiert wurden und die Kopien einstweilen beim VBS unter Verschluss blieben.

5.2

Erklärungsversuche des VBS

Da der GPDel bekannt war, dass die «Weltwoche» in ihrer Ausgabe vom 24. Oktober 2002 den Fragenkatalog thematisieren würde, informierte sie die Medien am gleichen Tag über den Stand ihrer vorläufigen Erkenntnisse. Im Anschluss daran führte auch das VBS eine Medienkonferenz durch. In der schriftlich abgegebenen Medieninformation sprach der Vorsteher des VBS dem Untersuchungsbeauftragten sein volles Vertrauen aus. Zum Fragenkatalog an Wouter Basson wurde ausgeführt: «Bei den Fragen, welche in der zitiert werden, handelt es sich um eine bedauerliche Panne: irrtümlicherweise wurde ein erster Entwurf von Fragen an Dr. Wouter Basson aus dem VBS-Büro direkt verschickt, ohne Absprache mit dem Untersuchungsbeauftragten.»9 9

Pressemitteilung des VBS vom 24. Oktober 2002.

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Innert nur weniger Tage wurden dann vom Pressesprecher des VBS insgesamt vier unterschiedliche Varianten der Ereignisse präsentiert. Nachdem die in der Medienmitteilung beschuldigte Mitarbeiterin im Generalsekretariat VBS das Gespräch mit dem Departementsvorsteher gesucht und ihm Einblick in alle Unterlagen gegeben hatte, erfolgte bereits am nächsten Tag eine erste Korrektur, indem von Seiten des VBS nun geltend gemacht wurde, dass es sich bei den Fragen um einen allerersten Entwurf eines VBS-Mitarbeiters gehandelt habe, der ohne Kenntnis des Untersuchungsbeauftragten und ohne dessen Unterschrift irrtümlich versandt worden sei.

Einen Tag später wurde der Sprecher des VBS dahingehend zitiert, dass dem Departement der ominöse Auftraggeber des Fragenkatalogs bekannt sei, es diesen aber nicht preisgeben wolle; zugleich wurde angekündigt, dass das VBS über die genauen Hintergründe der Panne nach abgeschlossener Administrativuntersuchung orientieren werde. In der Sonntagspresse schliesslich wurde dann am 27. Oktober 2002 der ursprüngliche Vorwurf an die Mitarbeiterin im Sekretariat des Generalsekretariats VBS ausdrücklich zurückgenommen; es war nur noch die Rede davon, dass der Fragebogen aus dem Team des Untersuchungsbeauftragten stamme.

Überdies gab der Sprecher des VBS am gleichen Tag bekannt, dass Wouter Basson sich mit dem VBS in Verbindung gesetzt habe und wieder bereit sei, Fragen im Rahmen der Administrativuntersuchung VBS zu beantworten. In den Medien wurde der Sprecher des VBS dahingehend zitiert, dass man beim VBS nicht wisse, was zum Meinungsumschwung beigetragen habe. Nachdem aber der Untersuchungsbeauftragte des VBS Wouter Basson die Panne mit dem falschen Fragebogen erklärt habe, sei dessen Ärger offenbar nicht mehr so gross, dass er nicht aussagen wolle.

Das VBS sei jedenfalls selbst nicht aktiv geworden, Basson habe sich von sich aus gemeldet. Ob Basson in der Schweiz oder in Südafrika befragt werde, sei noch unklar, ebenso der Zeithorizont der Befragung. Die diesbezüglichen Abklärungen der GPDel ergaben, dass nicht Wouter Basson, sondern der seinerzeitige Adressat des Begleitschreibens ­ ein ehemaliger Geschäftspartner von Wouter Basson in der Schweiz10 ­ dem Sekretariat des Untersuchungsbeauftragten des VBS am 25. Oktober 2002 ein Mail hatte zukommen lassen, in welchem er auf ein mit Wouter Basson geführtes Telefongespräch verwies.

5.3

Widerstand des VBS gegen weitergehende Abklärungen

Nachdem die erste Anfrage an den Bundesrat, Zweckmässigkeit und Modalitäten allfälliger Ermittlungen der GPDel in Südafrika zu klären, abschlägig beantwortet worden war, stellte die GPDel durch Vermittlung des EDA bei den südafrikanischen Behörden ein formelles Gesuch um Befragung verschiedener Personen, u.a. auch von Wouter Basson (vgl. Ziff. 3). Überdies war der GPDel bekannt, dass auch die Bundesanwaltschaft die Absicht hatte, im Rahmen ihres Ermittlungsverfahrens Wouter Basson rechtshilfeweise zu befragen.

Mit der rechtlich ausgesprochen fragwürdigen Zustellung eines inhaltlich bedenklichen Fragenkatalogs nach Südafrika wurden aber nicht nur die von der GPDel in Aussicht genommenen Abklärungen, sondern auch das Ermittlungsverfahren der Bundesanwaltschaft erheblich beeinträchtigt, wenn nicht gar verunmöglicht. Es war 10

Vgl. dazu Ziff. 5.4.3.

5237

zu befürchten, dass die südafrikanischen Behörden die unter Nichtbeachtung aller massgebenden Verfahrensgrundsätze erfolgte Zustellung als Verletzung ihrer staatlichen Souveränität und Wouter Basson die tendenziöse Art der Fragestellung als Angriff auf seine Person betrachten könnten. Der Staatsanwalt der Bundesanwaltschaft äusserte denn auch gegenüber der GPDel klar die Meinung, dass für sein Empfinden das Vorgehen des Untersuchungsbeauftragten nachteilige Folgen haben werde, «was gewisse Rückmeldungen auch bestätigen».

In Berücksichtigung dieser Umstände erschien der GPDel der mit dem Versand des Fragebogens angerichtete Schaden genügend gross, um es nicht bei den widersprüchlichen Erklärungsversuchen des VBS bewenden zu lassen. Die GPDel beschloss deshalb, der Frage nachzugehen, wie es zu der angeblichen Panne innerhalb des VBS gekommen war.

Das VBS und insbesondere dessen Untersuchungsbeauftragter leisteten Widerstand gegen die in Aussicht genommenen Abklärungen. Mit Schreiben vom 8. November 2002 verweigerte der Departementsvorsteher nicht nur die Herausgabe der mit dem Fragenkatalog zusammenhängenden Unterlagen aus dem Generalsekretariat des VBS, sondern untersagte auch den dem Untersuchungsbeauftragten administrativ zugewiesenen Mitarbeitern des VBS, vor der GPDel auszusagen: «Aus all diesen Überlegungen kann ich nicht anders, als meinen Mitarbeitern in Angelegenheit der Administrativuntersuchung, unabhängig vom Pensum der Mitarbeit in der Administrativuntersuchung zu untersagen, vor der GPDel auszusagen bzw. der GPDel entsprechende Dokumente herauszugeben! Dies jedenfalls so lange als das Administrativverfahren nicht formell abgeschlossen ist.»

Nachdem die GPDel diese Verweigerungshaltung nicht akzeptierte, kam es am 22. November 2002 zu einer Aussprache mit dem Vorsteher des VBS. In deren Verlauf ersuchte Bundesrat Samuel Schmid die GPDel, mit den in Aussicht genommenen Abklärungen noch zuzuwarten, bis der Schlussbericht der Administrativuntersuchung vorliege; letztendlich gehe es um einen Aufschub von drei oder vier Wochen. Der Untersuchungsbeauftragte habe ihm zugesichert, dass er der GPDel den Bericht der Administrativuntersuchung am 6. Dezember 2002 übergeben könne.

«Von diesem Zeitpunkt an kann die GPDel selbstverständlich alle Dokumente einsehen und Leute befragen, so wie das von Gesetzes wegen möglich ist.» Angesichts dieser klaren und unzweideutigen Aussage verzichtete die GPDel auf die unverzügliche Durchführung der bereits angekündigten Untersuchungshandlungen und stellte diese bis zum Vorliegen des Berichts der Administrativuntersuchung zurück.

Nachdem die GPDel den Bericht der Administrativuntersuchung dann am 16. Dezember 2002 erhalten und dessen Veröffentlichung abgewartet hatte, verlangte sie erneut die Herausgabe der mit dem Fragenkatalog zusammenhängenden Unterlagen. Zugleich wurden die Sekretärin des VBS, welche den Fragenkatalog versandt hatte, sowie der Referent für Sonderaufgaben des Chefs VBS zu einer Anhörung vorgeladen. Das Generalsekretariat VBS leitete die Anfrage der GPDel an den Untersuchungsbeauftragten des VBS «zur raschen weiteren Behandlung und Beantwortung» weiter. Trotz der zuvor vom Departementsvorsteher ausdrücklich abgegebenen Zusicherung stellte sich das Generalsekretariat VBS gegenüber der GPDel auf den Standpunkt, dass die Administrativuntersuchung trotz Abgabe des Untersuchungsberichts noch nicht abgeschlossen sei und deshalb die Kompetenz

5238

zur Aktenherausgabe allein dem Untersuchungsbeauftragten und nicht dem VBS zustehe.

In der Folge teilte der Untersuchungsbeauftragte des VBS der GPDel mit, dass er als Verfahrensleiter für die «Panne» mit dem an Wouter Basson gerichteten Fragenkatalog «selbstverständlich die volle Verantwortung» übernehme. Er hielt an dem bereits vom VBS eingenommenen Standpunkt fest und widersetzte sich nicht nur dem Aktenherausgabebegehren der GPDel, sondern erachtete auch die in Aussicht genommene Anhörung von Mitarbeitern aus dem Generalsekretariat VBS ohne seine ausdrückliche Zustimmung als unzulässig.

In Kenntnisnahme dieser Stellungnahme beharrte die GPDel auf der Herausgabe der verlangten Unterlagen und der Anhörung der beiden Mitarbeitenden im Generalsekretariat des VBS. Die Befragung konnte am 13. Januar 2003 durchgeführt werden, nachdem der Departementsvorsteher persönlich die ihm unterstellten Beamten in letzter Minute eingeladen hatte, vor der GPDel auszusagen.. Am 21. Januar 2003 schliesslich wurden der GPDel die von ihr mehrfach verlangten Unterlagen aus dem Generalsekretariat VBS übergeben, welche in Zusammenhang mit dem Fragenkatalog an Wouter Basson standen.

5.4

Abklärungen der GPDel

5.4.1

Anbahnung des Kontakts mit Wouter Basson

Aufgrund der durchgeführten Abklärungen steht fest, dass der Untersuchungsbeauftragte des VBS im Verlauf des Sommers 2002 u.a. einen ehemaligen Verwaltungsrat der in Allschwil (Basel-Landschaft) domizilierten Medchem AG angehört hatte. Zur Erläuterung muss angefügt werden, dass Wouter Basson anfangs der 90-er Jahre an der Gründung der Medchem AG intensiv beteiligt war und zu diesem ehemaligen Verwaltungsrat auch später noch relativ enge Beziehungen unterhalten hatte. In der Folge kam es dann offenbar durch Vermittlung dieses ehemaligen Verwaltungsrats zu direkten Kontakten zwischen dem Untersuchungsbeauftragten des VBS und Wouter Basson; die entsprechenden Einzelheiten sind der GPDel nicht bekannt.

5.4.2

Erste Intervention des EDA

Anfangs August 2002 nahm Wouter Basson mit der Schweizer Botschaft in Pretoria Kontakt auf und teilte mit, dass er vor rund zwei Wochen vom Untersuchungsbeauftragten des VBS wegen einer möglichen Befragung in der Schweiz telefonisch kontaktiert worden sei. Da er sich dazu nicht habe bereit erklären können, habe ihm der Untersuchungsbeauftragte des VBS in Aussicht gestellt, dass er ihm über die Botschaft in Pretoria eine Reihe von Fragen zukommen lassen werde. Die Schweizer Botschaft informierte umgehend das EDA über diese Mitteilung. Dieses gelangte in einer ersten internen Lagebeurteilung zum Ergebnis, dass die Angelegenheit geklärt werden müsse. Ausstehend sei immer noch die Antwort der südafrikanischen Behörden auf die offizielle Anfrage der GPDel, und es gebe Regeln, die zu respektieren seien.

Nachdem das EDA in der Zwischenzeit zusätzliche Abklärungen bei der Direktion für Völkerrecht in Auftrag gegeben hatte, fand Mitte August 2002 eine Unterredung 5239

zwischen Vertretern des EDA und dem Untersuchungsbeauftragten des VBS statt.

Von Seiten des EDA wurde mit allem Nachdruck darauf hingewiesen, dass es sich beim beabsichtigten Vorgehen um eine ausgesprochen sensible Angelegenheit handle. Ohne Zustimmung der südafrikanischen Behörden sei eine förmliche Befragung von Wouter Basson in Südafrika ­ sei es auf schriftlichem oder mündlichem Weg ­ nicht zulässig. Überdies habe das EDA im Zusammenhang mit einer möglichen Befragung Wouter Bassons vor geraumer Zeit im Auftrag der GPDel eine offizielle Anfrage an die südafrikanische Regierung gerichtet, wobei die Antwort noch ausstehend sei. Der Untersuchungsbeauftragte des VBS erklärte abschliessend, dass er vorderhand die Antwort der südafrikanischen Regierung auf die offizielle Anfrage der GPDel abwarten und gleichzeitig die ihm vom südafrikanischen Staatsanwalt Anton Ackermann angebotene Hilfe in Anspruch nehmen wolle.

5.4.3

Zustellung des Fragenkatalogs

Im Sekretariat des Generalsekretariats VBS war dem Untersuchungsbeauftragten des VBS eine Mitarbeiterin zur Erledigung administrativer Arbeiten zugeteilt. Sie organisierte u.a. die Einvernahmen und lud die angehörten Personen zu den Befragungen vor. Die Aufträge wurden ihr jeweils vom Untersuchungsbeauftragten direkt oder von dessen Sekretärin in St. Gallen, meist per Mail, erteilt. Sie war befugt, Einladungen und andere Korrespondenzen «im Auftrag des Untersuchungsbeauftragten» zu unterzeichnen.

Am 4. September 2002 erhielt die Mitarbeiterin im Sekretariat des Generalsekretariats VBS vom Sekretariat des Untersuchungsbeauftragten in St. Gallen ein Mail mit verschiedenen Aufträgen zur direkten Erledigung. Darunter befand sich auch der Auftrag, einem ehemaligen Verwaltungsrat der Medchem AG per A-Post ein vorformuliertes Schreiben mit folgendem Inhalt zukommen zu lassen: «Sehr geehrter Herr Dr. X. (von der GPDel anonymisiert) Herr Dr. W. Basson hat mich vor etwa drei Wochen angerufen und seine Bereitschaft zur Auskunftserteilung bekundet. Da ich nicht über seine Adresse verfüge, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie beiliegende Fragen an Herrn Dr. Basson weiterleiten könnten, damit er diese zu meinen Handen beantworten kann.

Besten Dank für Ihre Bemühungen.

Generalsekretariat VBS Der Untersuchungsbeauftragte der Administrativuntersuchung VBS Professor Rainer J. Schweizer Annex: Questions to Wouter Basson»

Da der im Begleitschreiben erwähnte Fragenkatalog dem Mail nicht angefügt war, nahm die Mitarbeiterin im Sekretariat des Generalsekretariats VBS telefonisch Kontakt mit dem Sekretariat des Untersuchungsbeauftragten in St. Gallen auf. Da der Fragenkatalog dort nicht in elektronisch gespeicherter Form vorlag, wurde er vom Sekretariat in St. Gallen per Fax nach Bern übermittelt. Die Mitarbeiterin im Sekretariat des Generalsekretariats VBS tippte ihn in der Folge ab, wobei sie gegenüber der GPDel ausdrücklich erklärte, es habe nichts darauf hingewiesen, dass es sich bei der Fax-Vorlage um einen blossen Entwurf handeln könnte. Unmittelbar nach Erledigung des Auftrags liess die Mitarbeiterin im Sekretariat des Generalsekretariats VBS sowohl dem Untersuchungsbeauftragten des VBS wie auch dem 5240

Referenten für Sonderaufträge des Chefs VBS per Mail eine elektronische Kopie des Begleitschreibens samt Fragenkatalog zukommen. Nachdem innerhalb von einigen Stunden keine Reaktion erfolgte, übergab sie die an den ehemaligen Verwaltungsrat der Medchem AG gerichtete Sendung der Post. Wie die Mitarbeiterin ausführte, hätte man «also genügend Zeit gehabt, zu stoppen».

Der an Wouter Basson gerichtete englisch verfasste Fragenkatalog beinhaltete ein Sammelsurium von Fragen über Peter Regli, Wouter Basson und lokale Gegebenheiten, die teilweise ehrverletzend waren und auf Vorurteilen basierten11.

5.4.4

Zweite Intervention des EDA

Unmittelbar nach Erhalt des Fragenkatalogs setzte sich Wouter Basson am 5. September 2002 erneut mit der Schweizer Botschaft in Pretoria in Verbindung. Er zeigte sich schockiert über den Inhalt der ihm unterbreiteten Fragen und erkundigte sich, was er zu unternehmen habe. Die Botschaft informierte unverzüglich das EDA und leitete den ihr von Wouter Basson überlassenen Fragenkatalog weiter.

Anlässlich einer internen Lagebeurteilung beschloss das EDA am 10. September 2002, den Untersuchungsbeauftragten des VBS zu ermahnen und das VBS über den Vorfall zu informieren. Die Schweizer Botschaft in Pretoria wurde dahingehend instruiert, dass sie Wouter Basson mitteilen solle, die Fragen seien privater Natur, und es sei ihm überlassen, ob er sie beantworten möchte oder nicht. Im unmittelbaren Anschluss an diese interne Sitzung wurde der Referent für Sonderaufgaben des Chefs VBS über die mit dem Fragenkatalog entstandenen Probleme in Kenntnis gesetzt.

Der Chef der Abteilung Wirtschaft und Finanzfragen des EDA erläuterte dem Untersuchungsbeauftragten des VBS in einem Telefongespräch vom 16. September 2002 die Problematik seines Vorgehens. Dabei kam weder der inhaltliche Gehalt der Wouter Basson unterbreiteten Fragen zur Sprache, noch wurde von Seiten des Untersuchungsbeauftragten des VBS der Einwand eines irrtümlich versandten, ersten Entwurf erhoben. Vielmehr äusserte dieser lediglich sein Bedauern darüber, dass der Fragenkatalog nicht auf neutralem, sondern auf offiziellem Briefpapier des VBS verfasst worden war.

5.4.5

Informationsstand des VBS

Der Referent für Sonderaufgaben des Chefs VBS war zwar seit dem 4. September 2002 im Besitz einer elektronischen Kopie des Begleitbriefs samt Fragenkatalog gewesen. Er hatte aber damals den Fragenkatalog noch nicht zur Kenntnis genommen, weil er nicht direkt in die Abklärungen des Untersuchungsbeauftragten VBS involviert war. Spätestens seit dem 10. September 2002 war ihm aber bekannt, dass sich das EDA dieser Angelegenheit angenommen hatte. Er informierte darüber weder den Departementsvorsteher, noch hielt er es für angezeigt, der GPDel eine entsprechende Mitteilung zukommen zu lassen. Vielmehr machte er anlässlich seiner ersten Anhörung durch die GPDel im Oktober 2002 noch geltend, er habe rein 11

Vgl. Daniel Ammann, Südafrika: «... oder wollte Peter Regli einfach einen Jet fliegen?», in: Weltwoche Nr. 43, 2002, Seite 10 ff.

5241

zufällig im Anschluss an eine Arbeitsgruppensitzung von einem Vertreter des EDA erfahren, Wouter Basson sei auf der Schweizer Botschaft in Südafrika vorstellig geworden, und es gäbe ein Problem. Es sei ihm zwar bekannt, dass eine Aussprache zwischen dem Untersuchungsbeauftragten des VBS und dem EDA stattgefunden habe; er selbst sei daran aber nicht beteiligt gewesen. Fest steht demzufolge, dass das VBS spätestens seit Mitte September 2002 detaillierte Kenntnis von dem an Wouter Basson zugestellten Fragenkatalog hatte. Obwohl abzusehen war, dass damit die Arbeiten der GPDel wesentlich beeinträchtigt werden könnten, unterblieb jede Information.

Im Schlussbericht der Administrativuntersuchung selbst findet sich kein Wort zu dem Wouter Basson unterbreiteten Fragenkatalog. Auch gegenüber der GPDel äusserte sich der Untersuchungsbeauftragte des VBS nicht zu dieser Angelegenheit.

Hingegen findet sich in einem Schreiben des Untersuchungsbeauftragten des VBS vom 9. Januar 2003 an zwei ehemalige Korpskommandanten, welche nach Erscheinen des Schlussberichts der Administrativuntersuchung eine Medienmitteilung verfasst hatten, folgende Erklärung: ... «Ich bin nicht der Verfasser des von Ihnen beanstandeten Fragebogens, der an den südafrikanischen Kriegsverbrecher Dr. W. Basson gelangt ist. Die Fragen hat eine aus Südafrika stammende Person politikwissenschaftlicher und journalistischer Ausrichtung aufgestellt, und sie sind nur aufgrund einer Panne im Verfahren, für die ich als Verfahrensleiter selbstverständlich einstehe, verschickt worden. Auch wenn Dr. W.

Basson erstinstanzlich ­ noch nicht rechtskräftig! ­ freigesprochen worden ist, so stehen in Südafrika und in Namibia mehrere weitere Prozesse gegen das kriminelle Vorhaben Project Coast und dessen Leiter an. Dr. Basson ist, ähnlich einem Dr. Karadzic, sicherlich kein glaubwürdiger Zeuge in einem rechtsstaatlichen Verfahren in der Schweiz.» ...

5.5

Zusätzlicher Fragenkatalog an einen dänischen Staatsbürger

Im Schlussbericht der Administrativuntersuchung wurde u.a. auch darauf verwiesen, dass sich ein dänischer Staatsbürger namens Henrik Thomsen «von sich aus mit einem Schreiben vom 12. November 2002 beim Untersuchungsbeauftragten des VBS gemeldet»12 und ihm verschiedene Informationen habe zukommen lassen. Die GPDel hat im Rahmen ihres Editionsbegehrens (vgl. Ziff. 6) versucht, in dieses Schreiben Einsicht zu nehmen. Das fragliche Schreiben vom 12. November 2002 wurde der GPDel jedoch nicht zugestellt. Hingegen erhielt sie vom VBS die Kopie eines Schreibens von Henrik Thomsen an den Untersuchungsbeauftragten des VBS vom 8. Dezember 2002, welches durch Vermittlung der Schweizer Botschaft in Kopenhagen übermittelt worden war. In diesem Schreiben gab Henrik Thomsen Antworten auf verschiedene Fragen, die ihm offensichtlich zuvor auf schriftlichem Weg unterbreitet worden waren.

Der GPDel liegt ­ wie erwähnt ­ lediglich das Antwortschreiben Henrik Thomsens an den Untersuchungsbeauftragten des VBS vom 8. Dezember 2002 vor. Hingegen ist sie nicht im Besitz des eigentlichen Fragenkatalogs, auf welchen im erwähnten Schreiben Bezug genommen wird. Es erscheint ihr aber unverständlich, dass auch 12

Vgl. Schlussbericht der Administrativuntersuchung in Sachen «Nachrichtendienst/Südafrika» im Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport von Rainer J. Schweizer, 16. Dezember 2002, S. 131.

5242

nach den diversen und unmissverständlichen Interventionen im Zusammenhang mit dem Wouter Basson unterbreiteten Fragenkatalog im Rahmen der Administrativuntersuchung offenbar noch weitere Abklärungen auf inoffiziellem Wege im Ausland getätigt worden sind.

6

Kontroverse um die Verfahrensherrschaft über die Akten der Administrativuntersuchung

Unmittelbar nach der Veröffentlichung des Schlussberichts der Administrativuntersuchung forderte die GPDel beim VBS diverse Unterlagen an, auf welche im Bericht ausdrücklich verwiesen wurde oder welche geeignet schienen, gewisse Schlussfolgerungen des Berichts zu belegen; eine Ergänzung des Aktenherausgabebegehrens erfolgte im Januar 2003. Das VBS stellte sich in einer ersten Phase auf den Standpunkt, dass «aufgrund der aktuellen rechtlichen wie faktischen Aktenherrschaft» die Kompetenz zur Herausgabe der anbegehrten Akten allein dem Untersuchungsbeauftragten des VBS und nicht dem auftraggebenden VBS zukomme. Der Untersuchungsbeauftragte des VBS teilte der GPDel ergänzend mit, dass er «noch (kurze Zeit) bis zum förmlichen Verfahrensabschluss die Verfahrensleitung wahrnehmen ... und über alle verfahrensleitenden Entscheidungen, wie z.B. Auskünfte, allein entscheiden müsse».13 Nach einer erneuten Intervention unterbreitete der Departementsvorsteher der GPDel das Angebot, dass ihr sämtliche Unterlagen der Administrativuntersuchung bis Mitte Februar 2003 integral zur Verfügung gestellt würden. Die GPDel verzichtete auf die Übernahme sämtlicher Akten, da die Administrativuntersuchung nicht in ihrem, sondern im Verantwortungsbereich des VBS geführt wurde. Sie beharrte aber auf der Herausgabe der von ihr im Einzelnen bezeichneten Aktenstücke.

Nachdem der Departementsvorsteher im November 2002 noch zugesichert hatte, dass die GPDel spätestens mit der Ablieferung des Schlussberichts in alle Unterlagen Einsicht nehmen könne, wurden ihr die verlangten Akten mit annähernd dreimonatiger Verspätung am 10. März 2003 übergeben.

7

Vorstösse zur Einsetzung einer Parlamentarischen Untersuchungskommission

Einer ersten parlamentarischen Initiative zur Einsetzung einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) hatte der Nationalrat am 18. März 2002 keine Folge gegeben14. Zur Begründung wurde damals im Wesentlichen geltend gemacht, dass die GPDel seit Jahren mit der Problematik der Beziehungen des schweizerischen Nachrichtendienstes zu Südafrika konfrontiert und ohne weiteres in der Lage sei, mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln die laufende Untersuchung durchzuführen, zumal die ihr zustehenden Rechte weitgehend identisch mit denjenigen einer PUK seien.

13 14

Vgl. dazu auch Ziff. 5.3.

01.448 Parlamentarische Initiative. PUK. Nachrichtendienst und Apartheid, vom 4. Oktober 2001 (AB 2002 N 310).

5243

Am 28. November 2002 wurde im Nationalrat erneut die Einsetzung einer Parlamentarischen Untersuchungskommission beantragt15. In diesem Vorstoss wurde insbesondere darauf verwiesen, dass die Abklärungen der GPDel durch die parallel geführte Administrativuntersuchung des VBS beeinträchtigt worden seien. Während bei der Einsetzung einer PUK alle anderen verwaltungsinternen Verfahren sistiert würden, verfüge die GPDel über keine Möglichkeit, Beeinträchtigungen ihrer Arbeit durch parallel laufende Verfahren zu verhindern.

8

Rechte und Zuständigkeiten der GPDel im Zusammenhang mit einer Administrativuntersuchung

8.1

Einleitung

Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass die GPDel im Zusammenhang mit der parallel geführten Administrativuntersuchung des VBS mit verschiedenen Schwierigkeiten konfrontiert wurde. Auch wenn die GPDel sich letztlich gegenüber dem Departement durchsetzen konnte, erscheint es im Interesse künftiger Untersuchungen dringend angezeigt, das Verhältnis zwischen parlamentarischen Aufsichtsverfahren und departementsinternen Administrativuntersuchungen zu klären.

8.2

Standpunkt des VBS

In zwei Schreiben vom 8. und 19. November 2002 brachte das VBS verschiedene Argumente vor, mit denen es sich den Auskunftsbegehren der GPDel widersetzte: (i)

Das VBS machte als Erstes geltend, dass sich die Kompetenzen der Delegation lediglich auf die Kontrolle der nachrichtendienstlichen Tätigkeit beschränken, und dass sich die vom Departement ergriffenen Aufsichtsmassnahmen der Überprüfungsbefugnis durch die Delegation entziehen.

(ii) Es stellte sich weiter auf den Standpunkt, dass die von der Delegation im Zusammenhang mit dem Fragenkatalog Wouter Basson in Aussicht genommenen Abklärungen einen «unzweideutigen Bezug» zur Administrativuntersuchung hätten und dass jene Untersuchung in völliger Unabhängigkeit vom VBS geführt wurde. Ein Eintreten auf die Auskunftsbegehren der Delegation würde zu einer Verletzung der Unabhängigkeit des Verfahrens sowie zu einer «Beeinträchtigung der Rechte der Parteien» führen.

(iii) Es wendete weiter ein, dass es sich bei der Administrativuntersuchung um ein «justizielles Untersuchungsverfahren»16 handle und diese somit dem Amtgeheimnis unterliege. Zur vermeintlichen Stütze dieser Behauptung berief sich der Departementsvorsteher auf das Bundespersonalgesetz vom

15

16

02.464 Parlamentarische Initiative. Beziehungen der schweizerischen Nachrichtendienste zum südafrikanischen Geheimdienst. Einsetzung einer PUK, vom 28. November 2002 (im Plenum des Nationalrates nocht nicht behandelt).

Das VBS bedient sich hier des deutschen Begriffs «justiziell», der im Schweizer Recht keine etablierte Verwendung findet. Dieser Begriff kommt am ehesten dem französischen «juridictionnel» nahe, der sich auf die Urteils- oder Entscheidungsgewalt bezieht.

5244

24. März 2000 (BPG)17 sowie auf Artikel 97 der Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001 (BPV)18, welche die Administrativuntersuchungen in der Bundesverwaltung regeln. Artikel 97 Absatz 5 BPV hält insbesondere fest, dass «die Verfahrensgrundsätze nach dem Verwaltungsgesetz vom 20. Dezember 196819 [...] auf die Administrativuntersuchung Anwendung» finden. Das VBS vertrat die Meinung, dass der Verweis der Verordnung auf das Verwaltungsverfahren der Administrativuntersuchung einen «justiziellen» Charakter verleihe und somit ipso jure jegliche Kontrolle der Delegation während des Verfahrens ausschliesse.

(iv) Das VBS warnte die Delegation auch vor der «Untergrabung der in diesem justiziellen Verfahren geforderten Geheimhaltungspflicht» und äusserte seine Bedenken, dass «solche und ähnliche Eingriffe [...] somit unweigerlich zu nachhaltigen Schädigungen» führen könnten.

(v) Unter Berufung auf Artikel 47quinquies Absatz 5 GVG sprach das VBS der Delegation schliesslich das Recht ab, schriftliche oder mündliche Auskünfte über Angelegenheiten zu verlangen, über die der Bundesrat noch Entscheidungen zu fällen habe. Dabei hielt es ausdrücklich fest: «Diese letzte Aussage muss meiner Ansicht nach umso mehr für ein von der Exekutive ausgelöstes justizielles Verfahren gelten».

Der Untersuchungsbeauftragte des VBS übernahm in seinem Schreiben an die Delegation vom 9. Januar 2003 vollumfänglich die Argumentation des VBS, ohne diese indessen weiter zu begründen.

8.3

Standpunkt der Delegation

Nach Artikel 47quinquies Absatz 2 GVG hat «die Geschäftsprüfungsdelegation [...]

den Auftrag, die Tätigkeit im Bereich des Staatsschutzes und der Nachrichtendienste regelmässig zu prüfen.» Artikel 47quinquies Absatz 4 GVG hält dazu fest, dass «die Geschäftsprüfungsdelegation das Recht (hat), nach Anhören des Bundesrates, ungeachtet des Amtsgeheimnisses oder des militärischen Geheimnisses, von Behörden des Bundes, der Kantone und von Privatpersonen die Herausgabe von Akten zu verlangen sowie Beamte des Bundes und Privatpersonen als Auskunftspersonen oder als Zeugen einzuvernehmen. [...]». Artikel 47quinquies Absatz 5 GVG sieht vor, dass «die Befugnisse der Geschäftsprüfungsdelegation sich nicht auf Akten hängiger Geschäfte (erstrecken), die der unmittelbaren Meinungsbildung des Bundesrates dienen.» In Sachen Geheimhaltung hält das Gesetz in Artikel 47quinquies Absatz 6 GVG fest, dass «in bezug auf die von Beamten gemachten Äusserungen, die der Amtsverschwiegenheit gemäss Beamtengesetz oder der militärischen Geheimhaltung unterliegen, sowie in bezug auf die herausgegebenen geheimen Amtsakten [...]

die Mitglieder, Sekretäre und Protokollführer der Delegation ihrerseits zur Geheimhaltung verpflichtet [sind]. Die Delegation bestimmt nach Anhören des Bundesrates im einzelnen Falle, auf welche Äusserungen oder Aktenstücke diese Bestimmung anwendbar ist.» 17 18 19

SR 172.220.1 SR 172.220.111.3 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG), SR 172.021.

5245

In Berücksichtigung dieser gesetzlichen Grundlagen nimmt die Delegation zu den Argumenten des VBS und des Untersuchungsbeauftragten wie folgt Stellung: (i)

Zu den Kompetenzen der Delegation hinsichtlich Aufsichtsmassnahmen des VBS Die der Delegation übertragene Oberaufsicht erstreckt sich in erster Linie auf die im Nachrichtenbereich tätigen Dienste. Dabei handelt es sich namentlich um die Nachrichtendienste des VBS (Strategischer Nachrichtendienst, Militärischer Nachrichtendienst und Luftwaffennachrichtendienst)20 sowie um die im Bereich des Staatsschutzes tätigen Dienste des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD).

Da der Delegation ein umfassender Auftrag zukommt, beschränkt sie sich nicht nur auf eine Prüfung der Tätigkeiten der Nachrichtendienste im engeren Sinn. Aufgrund der hierarchischen Organisation der Verwaltung und des Grundsatzes der politischen Verantwortlichkeit des Bundesrates gegenüber dem Parlament hat die Delegation ihren Blick auf die Gesamtheit der Tätigkeiten und damit auch auf die verwaltungsinterne Führung und die politische Beaufsichtigung dieser Dienste zu richten.

Bundesrat und Departementsvorsteher tragen gegenüber dem Parlament die Verantwortung für die Tätigkeiten der Nachrichtendienste21. Es ist deshalb unerlässlich, dass sich die Delegation über die Art und Weise informieren kann, in der die vorgesetzten Instanzen die Nachrichtendienste führen und beaufsichtigen. Mit anderen Worten beschränkt sich der Zuständigkeitsbereich auf dem Gebiet der Oberaufsicht über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten des Bundes nicht nur auf die betroffenen Dienste als solche, sondern erstreckt sich gleich weit wie die Aufsicht des Bundesrates22.

Die Argumentation des VBS, wonach die Prüfung der vom Departement ergriffenen Massnahmen zur Beaufsichtigung der Nachrichtendienste nicht in den Zuständigkeitsbereich der Delegation falle, steht nicht nur im Widerspruch zu den verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Grundlagen, sondern insbesondere auch zur bisherigen Praxis der Delegation der Geschäftsprüfungskommissionen, die vom Bundesrat bislang nicht in Frage gestellt worden ist.

Fazit: Die parlamentarische Oberaufsicht im Bereich der Nachrichtendienste erstreckt sich sowohl auf die eigentlichen Dienste als auch auf die vom Vor-

20

21

22

Siehe Verordnung vom 4. Dezember 2000 über den Nachrichtendienst im Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (Nachrichtendienstverordnung, VND), SR 510.291.

Art. 169 der Bundesverfassung hält fest, dass sich die parlamentarische Oberaufsicht vor allem auf den Bundesrat als oberste vollziehende Behörde des Bundes richtet. Diese vorrangige politische Verantwortlichkeit des Bundesrates kommt im GVG zum Ausdruck, das dem Bundesrat das Recht einräumt, vor jedem Vorgehen der Delegation angehört zu werden (Art. 47quinquies Abs. 4 GVG).

Daneben ist zu bemerken, dass der Begriff der «Oberaufsicht» gemäss der üblichen Definition auch die Kontrolle von Aktivitäten umfasst, die bereits unter der Aufsicht eines anderen Organs stehen.

5246

steher des VBS und vom Bundesrat ergriffenen Massnahmen zur Führung und Beaufsichtigung dieser Dienste23.

(ii) Zur Unabhängigkeit einer Administrativuntersuchung Die Administrativuntersuchung ist eines der Instrumente, die dem Departementsvorsteher zur Führung und Beaufsichtigung der Verwaltung zur Verfügung stehen. Dabei handelt es sich um ein Verfahren der Dienstaufsicht24, das die Wiederherstellung des geordneten Vollzugs administrativer Aufgaben bezweckt25. Eine Administrativuntersuchung richtet sich nicht gegen bestimmte Personen26: Bestehen hinreichende Anhaltspunkte auf eine mögliche Dienstpflichtverletzung, ist anstelle einer Administrativuntersuchung eine Disziplinaruntersuchung anzuordnen. Die Durchführung einer Administrativuntersuchung kann einem Verwaltungsorgan oder einer Person ausserhalb der Bundesverwaltung übertragen werden27. Wird eine Person ausserhalb der Verwaltung mit einer Administrativuntersuchung betraut, so ändert sich nichts an der Tatsache, dass diese Person unter der Verantwortlichkeit der auftraggebenden Behörde arbeitet.

Das Untersuchungsorgan verfügt bei der Ausführung seines Auftrags über eine mehr oder weniger grosse Unabhängigkeit. Diese Unabhängigkeit ist aber rein funktionell und kann nur innerhalb der Grenzen des Auftrages und im Rahmen der hierarchischen Befugnisse des Auftraggebers ausgeübt werden; sie wird vom Gesetz nicht gewährleistet und kann mit der organischen Unabhängigkeit eines Gerichts28 nicht verglichen werden. Die rein funktionelle Unabhängigkeit ermöglicht es zwar dem Untersuchungsorgan, seine Arbeitsmethoden grundsätzlich frei zu wählen. Sie verleiht aber dem Untersuchungsorgan keine Rechtsstellung und auch keine Befugnisse, die über jene der auftraggebenden Behörde hinausgehen. Erachtet es diese als erforderlich oder auch nur als sinnvoll, kann sie in das Verfahren eingreifen, dem Untersuchungsorgan Denkanstösse vermitteln, Vorschläge unterbreiten, Fragen stellen oder Unterlagen von ihm verlangen. Auch kann die auftraggebende Behörde den Auftrag jederzeit entziehen, die Leitung der Administrativuntersuchung selbst übernehmen oder eine andere Person damit beauftragen29.

Mit andern Worten entbindet die funktionelle Unabhängigkeit den Untersuchungsbeauftragten nicht von der Autorität und Kontrolle des auftraggebenden Departementsvorstehers
und erst recht nicht von der parlamentarischen Oberaufsicht. Andernfalls könnte sich eine Administrativuntersuchung nicht nur der Kontrolle durch den Auftraggeber entziehen, sondern wären auch 23 24 25 26 27 28 29

Vgl. auch Art. 26 Abs. 1 i.V. mit Art. 52 und 53 Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG).

Siehe Ziff. 11 der Richtlinien des Bundesrates über Administrativuntersuchungen vom 18. November 1981, BBl 1981 III 1014.

Siehe Art. 8 Abs. 3 und Art. 57 Abs. 1 Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (RVOG), SR 172.010 sowie Art. 25 Abs. 1 BPG.

Siehe Art. 97 Abs. 2 BPV.

Siehe Art. 97 Abs. 4 BPV.

Siehe Art. 30 Abs. 1 BV.

Siehe Art. 38 RVOG: «Innerhalb des Departements verfügt der Departementsvorsteher oder die Departementsvorsteherin grundsätzlich über uneingeschränkte Weisungs-, Kontroll- und Selbsteintrittsrechte.»

5247

ganze Teile der Verwaltung von jeglicher hierarchischen und parlamentarischen Aufsicht befreit. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die für die Administrativuntersuchung massgebenden Verfahrensbestimmungen in einer Verordnung des Bundesrates, die Informationsrechte der Delegation hingegen auf Verfassungs- und Gesetzesstufe geregelt sind.

Angesichts der Hierarchie der Rechtsnormen geht es wohl nicht an, eine Verordnung des Bundesrates dahingehend auszulegen, dass sie die Rechte der Delegation unterbinden kann.

Aus diesen Ausführungen geht hervor, dass eine Administrativuntersuchung im Auftrag und unter der Verantwortlichkeit des auftraggebenden Departementsvorstehers durchgeführt wird. Die funktionelle Unabhängigkeit des Untersuchungsbeauftragten verleiht diesem keine weitergehenden Rechte, die ihn von der Beaufsichtigung und der Kontrolle durch den Auftraggeber sowie durch die Delegation entbinden könnten. Diese Unabhängigket verleiht dem Untersuchungsbeauftragten auch nicht den Status einer Bundesbehörde.

(iii) Die Administrativuntersuchung als «justizielles» Verfahren Vorab muss festgehalten werden, dass die herrschende Lehre und die Praxis im verwaltungsrechtlichen Bereich keine Definition des justiziellen Verfahrens kennen. Es scheint, dass das VBS mit der Verwendung dieses Begriffs sich auf das nichtstreitige erstinstanzliche Verwaltungsverfahren bezieht, wie es durch das Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren (VwVG) geregelt ist30.

Das Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren ist auf erstinstanzliche Verwaltungsverfahren (nichtstreitige Verfahren) sowie auf Beschwerdeverfahren (streitige Verfahren) anwendbar. Das VwVG regelt in jedem Falle, 30

Das Bundesamt für Justiz hat zu dieser Frage wie folgt Stellung genommen: «Der Begriff des wird bisher in der Lehre soweit ersichtlich kaum verwendet, und sein Inhalt ist entsprechend wenig klar. Im Verfahrensrecht werden derzeit etwa folgende Unterscheidungen gemacht: Der Begriff Verfahrensrecht wird als sehr allgemeiner Oberbegriff dem Begriff Prozessrecht häufig gleichgestellt (s. etwa Peter Saladin, Das Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes, Basel 1979, S. 21).

Als Verwaltungsverfahren wird in der Regel das nichtstreitige, erstinstanzliche Verfahren bezeichnet, in welchem die Behörde in der Regel mittels Verfügung über Rechte, Pflichten oder einen Status Dritter entscheidet (Kölz/Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, Zürich 1993, S.13). Beim Bund findet dafür im wesentlichen das Verwaltungsverfahrensgesetz Anwendung.

Davon unterschieden werden die Verfahren der Verwaltungsrechtspflege als sogenannte streitige Verfahren; diese werden ihrerseits unterschieden nach den Verwaltungsbeschwerdeverfahren (etwa innerhalb der Bundesverwaltung) und den verwaltungsgerichtlichen Verfahren, welche vor einem mit richterlicher Unabhängigkeit ausgestatteten Gericht ausgetragen werden (s. etwa Fritz Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, Bern 1983, S. 13/14, Kölz/Häner, a.a.O., S.15). Vgl. zum Begriff auch Rhinow/Koller/ Kiss, Öffentliches Prozessrecht und Justizverfassungsrecht des Bundes, Basel etc. 1996; N. 35 ff., insb. N. 38, wo gesagt wird, dass in einem weiteren Sinn auch die Rechtspflege durch die Exekutive zur Justiz gezählt wird.

Aufsichtsrechtliche Verfahren schliesslich, die sich auf das Organisations- und Personalrecht des Bundes stützen, sind zwar in jedem Fall rechtsstaatliche Verfahren, welche die verfahrensrechtlichen Grundsätze der Verfassung zu respektieren haben, für die aber das Verwaltungsverfahren nach Art. 3 Bst. b VwVG in der Regel keine unmittelbare Anwendung findet. (...)»

5248

d.h. im streitigen wie im nichtstreitigen Verfahren, Untersuchungen, die zu Verfügungen im Sinne von Artikel 5 VwVG31 führen.

Nun führt aber eine Administrativuntersuchung nicht zu einer Verfügung im Sinne des VwVG. Sie hat allein zu klären, ob bei der Ausführung von Verwaltungsaufgaben Mängel aufgetreten sind und gegebenenfalls deren Ursachen zu eruieren. In aller Regel mündet die Untersuchung in einen Bericht mit unverbindlichen Empfehlungen. Im Unterschied etwa zu einer Disziplinaruntersuchung, auf Grund der die Behörde über die Berufspflichtverletzungen eines Beamten zu befinden hat und gegebenenfalls disziplinarische Massnahmen ergreift, beschränkt sich eine Administrativuntersuchung darauf, den Sachverhalt festzustellen und der auftraggebenden Behörde Massnahmen vorzuschlagen. Die Behörde kann natürlich auf Grund des Berichts eine beschwerdefähige Verfügung erlassen, aber der Untersuchungsbericht an sich stellt keine Verfügung im Sinne des VwVG dar. Der Bericht selbst entfaltet keine Rechtswirkung und ist nicht beschwerdefähig32. Ein Bericht über eine Administrativuntersuchung bildet höchstens die Grundlage für eine Verfügung, deren Erlass allerdings einzig Sache der auftraggebenden Behörde ist. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass das VwVG interne Verfahren der Verwaltungsbehörden aus seinem Anwendungsbereich ausschliesst (Art. 3, Bst. a, VwVG).

Artikel 97 Absatz 5 BPV sieht denn auch für die Administrativuntersuchung keine integrale Anwendung des VwVG vor. Diese Bestimmung nimmt lediglich Bezug auf die allgemeinen Verfahrensgrundsätze des VwVG. Der Verweis auf jene Verfahrensregeln bezweckt in erster Linie den Schutz der verfassungsmässigen Rechte der von einer Administrativuntersuchung betroffenen Personen (Ausstandspflichten, rechtliches Gehör usw.)33, er vermag jedoch einer Administrativuntersuchung nicht den Charakter eines nichtstreitigen (oder nach dem Verständnis des VBS «justiziellen») Verwaltungsverfahrens zu verleihen.

Im Gegensatz zu Artikel 97 Absatz 5 BPV beschränkt sich Artikel 98 BPV, der das Disziplinarverfahren regelt, nicht auf einen blossen Hinweis auf die allgemeinen Verfahrensgrundsätze des VwVG. Vielmehr ist dort die integrale Anwendung des VwVG vorgesehen, weil eben das Disziplinarverfahren im Gegensatz zu einer Administrativuntersuchung zu einem formellen beschwerdefähigen Entscheid führt.

31

32 33

Unter einer Verfügung nach Art. 5 VwVG versteht man eine Anordnung einer Behörde, mit der im Einzelfall eine verwaltungsrechtliche Rechtsbeziehung geregelt wird, in einseitiger und verbindlicher Weise, gestützt auf öffentliches Recht (Tschannen/Zimmerli/Kiener, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2000, S. 156; Knapp, Précis de droit admnistratif, 1991, S. 218; Kölz/Häner, a.a.O., S.79). Dies kann eine erstinstanzliche Verfügung, ein Einsprache-, Beschwerde-, Wiedererwägungs-, Revisions- oder Erläuterungsentscheid sein (Rhinow/Koller/Kiss, a.a.O., S. 207).

Vgl. dazu BGE 1A./225/2002, vom 27. Mai 2003, Erwägung Nr. 2, S. 10.

Dieser Verweis auf die allgemeinen Verfahrensregeln liegt im Interesse der betroffenen Personen. Er gestattet es zu vermeiden, dass eine Administrativuntersuchung dazu benutzt wird, um bestimmte Mindestgarantien zu umgehen, die von anderen Verfahren und namentlich auch vom Disziplinarverfahren geboten werden. Zu diesem Punkt siehe Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates betreffend die vom UVEK ergriffenen Massnahmen zu den Vorkommnissen an der Spitze der Post-Generaldirektion (Periode zwischen Ende 1997 und Anfang 1998) vom 21. Juni 1999 (BBl 1999 8916).

5249

In einem auf Ersuchen der Delegation verfassten Rechtsgutachten gelangt das Bundesamt für Justiz (BJ) zu den gleichen Schlussfolgerungen wie die Delegation (siehe Ziff. 8.4 unten). Insbesondere wird dort festgehalten, dass «die Administrativuntersuchung [...] als verwaltungsinternes aufsichtsrechtliches Verfahren [gilt], in welchem nicht verbindlich über Rechte und Pflichten entschieden wird. Die Akten, in welchen der Ablauf, die Ergebnisse und Bewertung einer solchen Untersuchung festgehalten werden, sind daher nicht Akten eines gerichtlichen Verfahrens und können diesen auch nicht gleichgestellt werden»34.

Daraus ist zu folgern, dass die Argumentation, wonach die Administrativuntersuchung ein «justizielles» Verfahren (oder vielmehr ein nichtstreitiges Verwaltungsverfahren) sei, rechtlich nicht begründet ist. Abgesehen davon besteht keine gesetzliche Bestimmung, welche das VBS in die Lage versetzt hätte, sich den Untersuchungen der Delegation zu widersetzen. Im Gegensatz zu Artikel 47quater Absatz 2 GVG, wonach der Bundesrat berechtigt ist, die Herausgabe von Amtsakten an die Geschäftsprüfungskommissionen bis zum Abschluss eines Verfahrens hinauszuschieben, besteht eine derartige Einschränkung für die Tätigkeiten der Delegation nämlich nicht.

(iv) Geheimhaltungspflicht Auch der vom VBS zusätzlich vorgebrachte Hinweis auf die Geheimhaltungspflichten im Rahmen einer Administrativuntersuchung ist unhaltbar.

Der GPDel steht das Recht zu, über sämtliche Akten und Verfahren in ihrem Zuständigkeitsbereich zu verfügen. Es können ihr keine Geheimhaltungspflichten entgegengehalten werden, steht ihr doch ein verfassungsrechtlicher (Art. 169 Abs. 2 i.V.m. Art. 153 Abs. 4 BV) wie auch ein gesetzlicher (Art. 47quinquies Abs. 4 GVG) Anspruch zu. Im Übrigen untersteht die Delegation der Amtsverschwiegenheit und der militärischen Geheimhaltungspflicht (Art. 47quinquies Abs. 6 GVG). Im Rahmen der koordinierten Zusammenarbeit der obersten Bundesbehörden bedürfte die Weitergabe aufsichtsrechtlich relevanter Feststellungen an die Aufsichtsbehörde ohnehin keiner ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage, weil diese Feststellungen in den Erkenntnis- und Aufgabenbereich der Geschäftsprüfungskommissionen bzw. deren Geschäftsprüfungsdelegation fallen. Solche Informationen können damit die Geheimhaltungspflichten im Allgemeinen
nicht verletzen35.

(v) Die Administrativuntersuchung als Geschäft des Bundesratskollegiums (Art. 47quinquies Abs. 5 GVG) Um sich den Auskunfts- und Aktenherausgabebegehren der Delegation zu widersetzen, berief sich das VBS u.a. auch auf den in Artikel 47quinquies Absatz 5 GVG vorgesehenen Vorbehalt36. Vorab muss festgehalten werden, dass die angerufene Bestimmung einzig auf Akten anwendbar ist, die der 34

35 36

Anwendungsbereich und Zweck einer Administrativuntersuchung. Gutachten des Bundesamtes für Justiz zu Handen der Delegation der Geschäftsprüfungskommissionen vom 19. Dezember 2002, S. 32.

Vgl. zum Beispiel BGE 114 IV 44 E. 3b oder 116 IV 56 E. II/1b.

Art. 47quinquies Abs. 5 GVG: «Die Befugnisse der Geschäftsprüfungsdelegation erstrecken sich nicht auf Akten hängiger Geschäfte, die der unmittelbaren Meinungsbildung des Bundesrates dienen.»

5250

Meinungsbildung des Bundesrates als Regierungskollegium dienen. Dabei handelt es sich in erster Linie um Unterlagen zu Themen, über die der Gesamtbundesrat zu entscheiden hat und bezüglich derer die Entscheidungen noch ausstehen (Mitberichte, Aussprachenotizen usw.). Hingegen bezieht sich die Bestimmung nicht auf Unterlagen, für deren Inhalt kein Departementsvorsteher verantwortlich zeichnet (Expertenberichte, Amtsentwürfe zu Anträgen und Mitberichten oder Beilagen dazu)37, d.h. Unterlagen, die nicht im Namen eines Departementsvorstehers dem Bundesrat zur Kenntnisnahme vorgelegt werden.

Die von der Delegation verlangten Akten betrafen den Briefwechsel und den E-Mail-Verkehr zwischen verschiedenen Dienststellen der Verwaltung einerseits und zwischen dem Untersuchungsbeauftragten und dem Departement andererseits. Diese Dokumente wiesen ganz offensichtlich nicht den vom Gesetz vorgesehenen Charakter für Bundesratsgeschäfte auf. Sie richteten sich weder an den Gesamtbundesrat noch an den Vorsteher des VBS.

Somit konnte der Delegation weder das Recht auf Einsichtnahme in die herausverlangten Akten noch auf Anhörung der betroffenen Mitarbeitenden des VBS abgesprochen werden; das BJ gelangt in seinem Rechtsgutachten zum selben Schluss38.

Fazit: Der Vorbehalt von Artikel 47quinquies Absatz 5 GVG kann nicht auf Unterlagen angewendet werden, die im Rahmen einer von einem Departement geführten Administrativuntersuchung verfasst worden sind. Diese Bestimmung berechtigt ein Departement auch nicht dazu, der Delegation die Anhörung von Mitarbeitenden bezüglich der Arbeiten einer Administrativuntersuchung zu verbieten.

Zusammenfassend kann nach Auffassung der GPDel somit festgehalten werden, dass sich das VBS bei gewissen Auskunftsbegehren der Delegation zu Unrecht widersetzte. Ungeachtet der laufenden Administrativuntersuchung oblag dem Departement die gesetzliche Verpflichtung, den Ersuchen der Delegation konstruktiv und unmittelbar zu entsprechen.

37

38

Siehe Parlamentarische Initiative 89.243. Geschäftsprüfungskommission. Bildung einer Delegation. Zusatzbericht der Kommission des Nationalrates vom 21. November 1991, BBl 1992 VI 487; siehe auch die Voten von Bundesrat Arnold Koller im Amtlichen Bulletin des Ständerates vom 11. Juni 1991 (AB 1991 S 462), und im Amtlichen Bulletin des Nationalrates vom 19. September 1991 (AB 1991 N 1542).

A.a.O., S. 33. Darüber hinaus ist zu bemerken, dass der Vorbehalt von Art. 47quinquies Abs. 5 GVG im neuen Parlamenstgesetz gestrichen worden ist, um dieses Gesetz in Übereinstimmung mit Art. 169 Abs. 2 BV zu bringen. Art. 154 Abs. 2 Bst. a ParlG sieht ausdrücklich vor, dass die Delegation der Aufsichtskommission in ihren angestammten Bereichen das Recht hat, auch «Unterlagen einzusehen, die der unmittelbaren Entscheidfindung des Bundesrates dienen oder die im Interesse des Staatsschutzes oder der Nachrichtendienste geheim gehalten werden». Das neue Parlamentsgesetz tritt wahrscheinlich im Dezember 2003 in Kraft.

5251

8.4

Rechtsgutachten des Bundesamts für Justiz

Parallel zu ihrer Arbeit hat die GPDel das EJPD beauftragt, ein Gutachten zum Anwendungsbereich und Zweck einer Administrativuntersuchung sowie zur Abgrenzung der Untersuchungen der GPDel von verwaltungsinternen Administrativuntersuchungen zu erstellen.

Es kann nicht Aufgabe des vorliegenden Berichts sein, an dieser Stelle die Einzelheiten dieses Rechtsgutachtens aufzuzeigen, zumal es nächstens in der Zeitschrift «Verwaltungspraxis der Bundesbehörden» (VPB) erscheinen wird.

Die Delegation legt aber Wert darauf, auf die folgenden Punkte kurz hinzuweisen: Das Rechtsgutachten unterstreicht, dass es sich bei der Administrativuntersuchung um ein verwaltungsinternes aufsichtsrechtliches Verfahren handelt (S. 2 des Gutachtens), auf welches die Bestimmungen des VwVG nicht integral anwendbar sind; vielmehr finden lediglich die allgemeinen Verfahrensgrundsätze Anwendung (S. 15 ff.). Dabei handelt es sich insbesondere um die Prüfung der Zuständigkeit von Amtes wegen (Art. 7 VwVG), den Ausstand (Art. 10 VwVG), die Vertretung und Verbeiständung (Art. 11 VwVG), die Feststellung des Sachverhaltes (Art. 12 VwVG), die Mitwirkung der Betroffenen (Art. 13 Abs. 1 Bst. c VwVG), das Akteneinsichtsrecht (Art. 26­28 VwVG), das rechtliche Gehör (Art. 29 VwVG), die Anhörung der Betroffenen (Art. 31 VwVG), die Prüfung der Vorbringen der Betroffenen (Art. 32 VwVG) und das Beweisantragsrecht (Art. 33 VwVG). Diese Regeln sind zum Schutz der verfassungsmässigen Rechte der betroffenen Personen bestimmt.

In Bezug auf die Rechte und Pflichten eines Administrativuntersuchungsorgans gelangt das Gutachten zu folgenden Schlussfolgerungen: ­

Die von einem Departement mit der Durchführung einer Administrativuntersuchung betrauten Organe «erhalten dadurch selbst keinen Ermessensspielraum für eine Festlegung bzw. Durchsetzung von Rechten und Pflichten, sondern sie handeln als Beauftragte und Hilfsorgane des zuständigen Arbeitgebers. Sie können daher gemäss ihrem Auftrag Einsicht in die Unterlagen des Departementes nehmen, die Angestellten des Departementes befragen und über ihre Wahrnehmungen einen Bericht erstellen, nicht aber selbstständig Dienstanweisungen erteilen oder Verfügungen erlassen.» (S. 9).

­

Mangels einer Rechtsgrundlage haben die mit einer Administrativuntersuchung betrauten Personen keinerlei Verfügungskompetenz (S. 20). Sie sind somit auch nicht befugt, gegenüber befragten Personen Sanktionen anzudrohen, geschweige denn auszusprechen (S. 20).

­

Die mit einer Administrativuntersuchung betrauten Personen sind nicht befugt, formelle Zeugeneinvernahmen vorzunehmen.

­

Die mit einer Administrativuntersuchung betrauten Personen besitzen keinerlei Kompetenzen hinsichtlich Angestellter anderer Departemente (S. 9).

«Hat ein Departement in seinem Zuständigkeitsbereich eine Administrativuntersuchung angeordnet, sind die Angestellten der anderen Departemente mangels aufsichtsrechtlicher Verpflichtungen nicht unmittelbar verpflichtet, dem Beauftragten Einsicht in die Akten ihres Departements zu geben oder ihm Auskünfte zu erteilen bzw. seiner Einladung zur Auskunftserteilung Folge zu leisten.» (S. 12) Ebenso muss der Untersuchungsbeauftragte das

5252

Einverständnis des jeweiligen Departements einholen, wenn die gewünschten Informationen unter die Schweigepflicht fallen (S. 13). Dies gilt auch für Anhörungen, für den Zugang zu amtlichen Dokumenten sowie für die Einsichtnahme in Datenbanken (S. 30).

­

Die mit einer Administrativuntersuchung betrauten Organe können Personen ausserhalb der Bundesverwaltung befragen. Solche Personen haben indes keinerlei Verpflichtung zur Mitwirkung, und allfällige Auskünfte erfolgen auf freiwilliger Basis; «bei einer Befragung sind diese Personen auf ihr Aussageverweigerungsrecht aufmerksam zu machen» (S. 10).

­

Die mit einer Administrativuntersuchung betrauten Personen haben «keine Befugnis, im Rahmen einer Administrativuntersuchung die Befragung von Angestellten oder Beamten anderer Staaten oder internationaler Organisationen durchzusetzen» (S. 11).

­

«Die Befragung privater Personen im Ausland als Auskunftspersonen zum Zwecke einer Administrativuntersuchung durch die Beauftragten hat vorweg [...] den Grundsatz der Freiwilligkeit einer Auskunfsterteilung zu berücksichtigten.» In einem solchen Fall üben die Untersuchungsbeauftragten eine offizielle Funktion im Auftrag des Bundes aus und haben deshalb das Einverständnis des betreffenden Staates einzuholen. «Aktivitäten ausserhalb des schweizerischen Hoheitsgebietes hätten auf alle Fälle unter Einbezug des EDA zu erfolgen, und es wäre gegebenenfalls ein Entscheid des Bundesrates einzuholen» (S. 11). Dasselbe gilt, wenn die mit einer Administrativuntersuchung betrauten Organe direkt oder durch Vermittlung einer Drittperson Beweise im Ausland erheben möchten.

­

Die mit einer Administrativuntersuchung betrauten Organe sind berechtigt, Dienststellen anderer Departemente um Amtshilfe zu ersuchen. Es liegt indessen an der angesprochenen Dienststelle, zu entscheiden, in welchem Umfang sie bei einer von einem anderen Departement angeordneten Untersuchung Hilfe leisten möchte. Im Zweifelsfall hat sie sich von ihrer Aufsichtsbehörde ermächtigen zu lassen (S. 25).

­

Die mit einer Administrativuntersuchung betrauten Organe sind nicht befugt, gerichtliche Instanzen des Bundes, der Kantone oder gar anderer Staaten formell um Rechtshilfe zu ersuchen (S. 26).

­

Die mit einer Administrativuntersuchung betrauten Organe sind nicht berechtigt, Akten eines gerichtspolizeilichen Verfahrens einzusehen, es sei denn, sie handelten im unmittelbaren Auftrag des Bundesrates (S. 28). Sie sind auch nicht berechtigt, Dokumente einzusehen, die sich auf eine Voruntersuchung beziehen.

­

Die mit einer Administrativuntersuchung betrauten Organe können bei der Durchführung ihrer Untersuchung die Mitwirkung von Privatpersonen in Anspruch nehmen. «Nicht zulässig erscheint dagegen eine selbständige Delegation wesentlicher Untersuchungshandlungen an Dritte ohne entsprechende Grundlage im Mandat» (S. 31).

5253

9

Gesamtwürdigung

Die im Zusammenhang mit den Abklärungen zu Südafrika erfolgten Behinderungen weisen auf die Probleme hin, die sich stellen können, wenn parallel zu den parlamentarischen Ermittlungen eine verwaltungsinterne Administrativuntersuchung durchgeführt wird. Diese Probleme sind keineswegs neu und sind auch schon bei früheren Abklärungen der Geschäftsprüfungsdelegation aufgetreten39. In der Vergangenheit ist es aber der Delegation stets gelungen, mit dem betroffenen Departement Lösungen zu finden, an die man sich dann auch hielt. Im vorliegenden Fall hingegen musste die Delegation mehrmals feststellen, dass das VBS und dessen Untersuchungsbeauftragter ihren Verpflichtungen nicht nachkamen. Die Delegation wurde wiederholt vor vollendete Tatsachen gestellt und hatte keine andere Wahl, als nachzugeben, um ihre eigenen Untersuchungen nicht zu gefährden.

Für die Delegation ist es unannehmbar, dass verwaltungsinterne Untersuchungen die Ausübung der parlamentarischen Oberaufsicht behindern. Die Schwierigkeiten, mit denen die Delegation konfrontiert wurde, zeigen auch auf, dass bestimmte Dienststellen innerhalb des VBS Sinn und Tragweite der parlamentarischen Oberaufsicht offenbar nicht begriffen haben und deren Notwendigkeit in einem demokratischen Rechtsstaat sogar bezweifeln. All dies hat dem guten Gelingen der parlamentarischen Untersuchung geschadet und die Vertrauensbeziehungen zwischen der Delegation und dem VBS beeinträchtigt.

Angesichts dessen, dass die oberste Gewalt beim Parlament liegt, ist die Delegation der festen Überzeugung, dass sie berechtigt ist, zu bestimmen, was sie für die Ausübung ihres Oberaufsichtsauftrags als notwendig und zweckdienlich erachtet. Dieses Recht darf nicht durch administrative Massnahmen eingeschränkt werden, die darauf hinauslaufen, dass das beaufsichtigte Organ ­ in diesem Falle die Exekutive ­ den Umfang der parlamentarischen Aufsicht selbst festlegt. Dies gilt nicht nur für die Gesamtheit der Kontrolltätigkeiten des Parlaments, sondern umsomehr im Bereich der Nachrichtendienste. Hier unterliegt die Verwaltungstätigkeit weitgehend nur der Beaufsichtigung durch die Delegation, während andere Kontrollmechanismen ­ wie etwa die Gerichte oder die Medien ­ ausscheiden. Auch ist es Sache der Delegation, unter Aufsicht der Geschäftsprüfungskommissionen und in Anwendung der
gesetzlichen Bestimmungen, festzulegen, was der Ausübung ihres verfassungsmässigen Auftrags nutzdienlich ist (Art. 153 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 169 BV). Es handelt sich hier genauso um eine Frage des Rechts, wie um eine Frage der Politik und der demokratischen Legitimität.

Künftig sollen die von der Exekutive geführten Untersuchungen den parlamentarischen Untersuchungen den Vortritt lassen müssen. Es muss vermieden werden, dass ein Departement oder der Bundesrat mit oder ohne Absicht den Ausgang parlamentarischer Untersuchungen kompromittieren kann, indem parallele Verfahren eingeleitet werden. Im vorliegenden Verfahren hätten die Abklärungen der Delegation wesentlich erleichtert werden können, wenn sie in der Lage gewesen wäre, die 39

In den Angelegenheiten «Dino Bellasi» und «Friedrich Nyffenegger» beispielsweise gab das VBS ebenfalls Administrativuntersuchungen in Auftrag, die parallel mit den Abklärungen der Delegation verliefen. Siehe Bericht der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte über die Vorkommnisse in der Untergruppe Nachrichtendienst des Generalstabs («Bellasi-Affäre») vom 24. November 1999 (BBl 2000 586). Siehe auch Bericht der Delegation der Geschäftsprüfungskommissionen über die Vorkommnisse im EMD («Nyffenegger-Affäre») vom 13. November 1996 (BBl 1997 III 812).

5254

Administrativuntersuchung zu unterbrechen, wie dies beispielsweise den parlamentarischen Untersuchungskommissionen zusteht (Art. 65 Abs. 3 GVG). Dieser «Ermächtigungsvorbehalt» wurde am 6. Oktober 1995 durch die eidgenössischen Räte beschlossen und trat am 1. März 1996 in Kraft. Er wurde auf Ersuchen der PUK EMD eingeführt, die ihre Untersuchung parallel mit einer Administrativ- und einer Disziplinaruntersuchung zu führen hatte. Aus dieser Verfahrensparallelität erwuchsen dieselben Probleme, mit denen sich die Delegation bei der vorliegenden Prüfung konfrontiert sah40.

Die GPDel kann sich vollumfänglich hinter folgende Formulierung stellen, die von der zuständigen Kommission des Nationalrates in ihrem Bericht über die aus parallelen Verfahren erwachsenden Probleme gewählt wurde: «Mindestens bestehen Abgrenzungsfragen sowie Probleme bei der Aktenherausgabe und bei der Befragung von Zeugen und Auskunftspersonen. Dazu kommt die grosse Belastung, wenn die gleichen Personen durch verschiedene Instanzen mehrfach zu den gleichen Sachverhalten befragt werden. Auch in der Öffentlichkeit entsteht eine Unsicherheit, weil diese nicht ohne weiteres zwischen den Ergebnissen einer parlamentarischen Untersuchung und einer Disziplinar- oder Administrativuntersuchung unterscheiden kann»41. In ihrem Bericht vom 13. November 1996 über die Affäre «Nyffenegger» gelangte die Delegation im Übrigen zu einer ähnlichen Feststellung, als sie bezüglich der verschiedenen in dieser Angelegenheit geführten Untersuchungen darauf hinwies, dass die Personen «vor mehreren Gremien zu erscheinen hätten, dass eine Orientierung, wer für was zuständig sei, erschwert bis verunmöglicht sei»42.

Um eine umfassende und effiziente Oberaufsicht über die Nachrichtendienste zu gewährleisten, sollte die Delegation mit einer der PUK entsprechenden expliziten Kompetenz hinsichtlich anderer administrativer Verfahren ausgestattet werden.

Diese Kompetenz soll sich nur auf administrative und disziplinarrechtliche Verfahren erstrecken. Zivil- oder Strafverfahren, wie auch gerichtspolizeiliche Ermittlungen, sind davon nicht betroffen.

40

41

42

Zu dieser Frage siehe Sägesser, Thomas, «Wirkung der Einsetzung einer PUK auf andere Verfahren», in: Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht, Stämpfli Verlag, Band 120, 2002, S. 225ff. Siehe auch Ziffer I.5. des Berichts der Parlamentarischen Untersuchungskommission über die Abklärung betreffend Vorkommnisse von grosser Tragweite im Eidgenössischen Militärdepartement (PUK EMD) vom 17. November 1990 (BBl 1990 III 1293).

Siehe Ziff. 31 des Berichts der Kommission des Nationalrates über die Parlamentarische Initiative 90.266 betreffend die Geheimhaltung und die Oberaufsicht des Parlaments vom 14. März 1994, BBl 1994 II 1415 ff.

Siehe Fussnote 39, BBl 1997 III 839.

5255

Empfehlung 1 Die Delegation ersucht die Geschäftsprüfungskommissionen, ihrem Rat die Einführung einer Bestimmung im neuen Parlamentsgesetz vorzuschlagen, die es der Geschäftsprüfungsdelegation ermöglicht, Administrativ- und Disziplinaruntersuchungen zu verhindern oder zu unterbrechen, soweit ein Zusammenhang mit ihren eigenen Ermittlungen besteht.

Die Abgrenzungsprobleme zwischen der Untersuchung der GPDel und der Administrativuntersuchung wurden aus Sicht der GPDel durch ein extensives Verständnis des Untersuchungsbeauftragten VBS bezüglich Umfang und Charakter des Instruments der Administrativuntersuchung akzentuiert. Die GPDel erhielt den Eindruck, dass der vom Vorsteher des VBS eingesetzte Untersuchungsbeauftragte mit der Zeit eine gewisse Eigendynamik entwickelte, welche sich zum Teil dem Einflussbereich des Auftraggebers entzog. Das VBS erkannte die Problematik, doch wollte es in der Anfangsphase der Administrativuntersuchung die Unabhängigkeit des Untersuchungsbeauftragten nicht beeinträchtigen. Unter dem zeitlichen Druck, Resultate zu erhalten, nahm der Departementsvorsteher die weitere Entwicklung dann widerwillig in Kauf. Rückblickend erwies sich der dem Untersuchungsbeauftragten gewährte Spielraum als zu gross.

Die allgemein gehaltene Bestimmung des Artikels 97 Bundespersonalverordnung zum Instrument der Administrativuntersuchung trug das ihre zu diesen Gegebenheiten bei. Die GPDel ist deshalb der Ansicht, dass die Rechte und Pflichten der Administrativuntersuchungsbeauftragten beim Bund, insbesondere gegenüber dem Auftraggeber und den Betroffenen, konkretisiert werden müssen. Die GPDel ist auch der Meinung, dass die auf Administrativuntersuchungen anwendbaren Verfahrensgrundsätze präzisiert und dass die Richtlinien über Administrativuntersuchungen vom 18. November 1981 angepasst werden müssen.

Empfehlung 2 Die Delegation fordert den Bundesrat auf, die Bestimmungen über die Administrativuntersuchungen beim Bund anzupassen. Er sollte dabei die Rechte und Pflichten der Administrativuntersuchungsbeauftragten, insbesondere gegenüber den Auftraggebern und den Betroffenen, und die auf Administrativuntersuchungen anwendbaren Verfahrensgrundsätze konkretisieren.

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10

Weiteres Vorgehen

Die Geschäftsprüfungsdelegation bittet den Bundesrat, zu diesem Bericht bis Ende 2003 Stellung zu nehmen.

30. September 2003

Im Namen der Geschäftsprüfungsdelegation Der Präsident: Alexander Tschäppät, Nationalrat Der Sekretär: Philippe Schwab

Die Geschäftsprüfungskommissionen haben diesen Bericht am 6. Oktober 2003 zur Kenntnis genommen und dessen Veröffentlichung genehmigt.

6. Oktober 2003

Im Namen der Geschäftsprüfungskommissionen Der Präsident der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates: Michel Béguelin, Ständerat Die Präsidentin der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates: Brigitta M. Gadient, Nationalrätin

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Abkürzungsverzeichnis AB Abs.

Art.

BA BAP BBl BG BGE BJ Bst.

BV EDA EJPD EMD GPDel GS GVG N ParlG PUK S UVEK VBS VND VwVG Ziff.

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Amtliches Bulletin Absatz Artikel Bundesanwaltschaft Bundesamt für Polizei Bundesblatt Bundesgesetz Bundesgerichtsentscheid Bundesamt für Justiz Buchstabe Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (SR 101) Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement Eidgenössisches Militärdepartement (heute: VBS) Delegation der Geschäftsprüfungskommissionen der Eidgenössischen Räte Generalsekretariat Bundesgesetz über den Geschäftsverkehr der Bundesversammlung sowie über die Form, die Bekanntmachung und das Inkrafttreten ihrer Erlasse (Geschäftsverkehrsgesetz; SR 171.11) Nationalrat Bundesgesetz über die Bundesversammlung Parlamentarische Untersuchungskommission Ständerat Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport Verordnung über den Nachrichtendienst im Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (Nachrichtendienstverordnung; SR 510.291) Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren (SR 172.021) Ziffer

Persönliche Erklärung Im Sinne einer persönlichen Erklärung halte ich fest, dass meine Verfahrensrechte nach Artikel 63 in Verbindung mit Artikel 47quinquies GVG (heute: Art. 168 i.Verb.

mit Art. 155 ParlG) nicht eingehalten wurden und verschiedene Tatsachenbehauptungen im Bericht unzutreffend sind; so hat beispielsweise Staatsanwalt Anton R. Ackermann nach Verabschiedung und Veröffentlichung des Berichtes durch die GPK in einer eidesstattlichen Erklärung bestätigt: «It must be born in mind that Professor Schweizer did not instruct me to obtain any evidence under oath.» Ebensowenig habe ich von mir aus irgendwelche inoffiziellen Abklärungen im Ausland vorgenommen. Auch bestätigte Staatsanwalt Ackermann in seiner eidesstattlichen Erklärung, dass sein zweiter Besuch in der Schweiz zugunsten des VBS und der Bundesanwaltschaft erfolgte, so dass meine diesbezügliche Information an Bundesrat S. Schmid also zutraf.

St. Gallen/Glarus, 16. August 2004 Prof. Dr. Rainer J. Schweizer, ehemaliger Untersuchungsbeauftragter des VBS

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