Untersuchung über die Kontakte des Schweizer Nachrichtendienstes zu Südafrika zur Zeit des Apartheidregimes Bericht der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte vom 18. August 2003 Stellungnahme des Bundesrates vom 19. Dezember 2003

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Ständerätin, sehr geehrte Herren National- und Ständeräte, der Bundesrat hat Kenntnis genommen von der Verabschiedung und Publikation Ihres Berichtes vom 18. August 2003 über die Kontakte des Schweizer Nachrichtendienstes zu Südafrika zur Zeit des Apartheidregimes (Bericht, BBl 2004 2267).

Mit dem Bericht konnten Ihre umfangreichen Abklärungen zu den nachrichtendienstlichen Beziehungen Schweiz-Südafrika zur Zeit des Apartheidregimes erfolgreich abgeschlossen werden. Sie erachten die Aufarbeitung dieser Beziehungssache als definitiv abgeschlossen. Der Bundesrat teilt diese Auffassung.

Im Rahmen der Ausübung Ihrer parlamentarischen Aufsichtsfunktion, der Prüfung der Tätigkeiten im Bereich der Nachrichtendienste, haben Sie sich bereits mehrmals mit den Beziehungen von Schweizer Dienstellen mit Südafrika zur Zeit des Apartheidregimes befasst. Entsprechende Untersuchungsergebnisse wurden namentlich in den Jahren 1993 (Pilotenaustausch mit Südafrika) und 1999 (Beziehungen zu Südafrika: Rolle des Schweizer Nachrichtendienstes) veröffentlicht.

Am 4. Oktober 1999 wurde alsdann in Südafrika der Prozess gegen den südafrikanischen Arzt Wouter Basson, den früheren Chef des Projektes «Coast», eröffnet, in welchem neue Mutmassungen und Anschuldigungen gegen die ehemalige Untergruppe Nachrichtendienst sowie deren damaligen Chef, Divisionär Peter Regli, auftauchten. So erklärte unter anderem Wouter Basson im Rahmen des gegen ihn laufenden Prozesses, dass er im Zusammenhang mit dem Projekt «Coast» vom Schweizer Nachrichtendienst beziehungsweise von Divisionär Peter Regli unterstützt worden sei. Andere Quellen erwähnten auch eine geheime Vereinbarung zwischen der Schweiz und Südafrika im biologischen und chemischen Bereich. Da diese neuen Aussagen die Vermutung nahe legten, die früheren Berichte der Delegation seien womöglich unvollständig gewesen, beschloss Ihre Delegation Mitte November 2001, die Untersuchungen erneut aufzunehmen.

Mit Ihren während mehr als einem Jahr dauernden Abklärungen, bei denen Sie zahlreiche Personen befragt und ­ gemäss Ihren eigenen Angaben ­ alle Ihnen in der Schweiz verfügbaren Informationsquellen ausgeschöpft und ausgewertet haben, konnten Sie sich ein abgerundetes und umfassendes Bild über die Beziehungen des Schweizer Nachrichtendienstes zu Südafrika während der Zeit des Apartheidregimes verschaffen. Der Bundesrat begrüsst dieses breit abgestützte Vorgehen, mit welchem 2004-1164

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klärende Antworten auf zahlreiche Anschuldigungen, denen sich bestimmte Personen und Dienststellen seit längerer Zeit ausgesetzt sahen, gefunden werden konnten.

Der Bundesrat dankt Ihnen für diese vertiefte Analyse und Klärung der Situation.

Wie Ihre Untersuchungen gezeigt haben, hat sich die Aufarbeitung des Verhältnisses des Schweizer Nachrichtendienstes zu Südafrika als ziemlich komplexe Angelegenheit herausgestellt. Gerade wegen der Komplexität der Sache und der langen Zeitspanne, die zu untersuchen war, ist es leicht verständlich, dass sich gerade auch aus heutiger, also nachträglicher, Sicht bestimmte Umstände sehr wohl verschieden beurteilen lassen. Insgesamt teilt der Bundesrat aber die meisten Ihrer Feststellungen und Einschätzungen, so vor allem auch die Einschätzungen, dass sich mit dem vorliegenden Schlussbericht Ihrer Delegation weitere Abklärungen zur Rolle des Schweizer Nachrichtendienstes zu Südafrika erübrigen und die Angelegenheit somit ­ unter dem Vorbehalt des Auftauchens völlig neuer wesentlicher Tatsachen ­ als abgeschlossen anzusehen ist.

Andererseits beurteilt der Bundesrat einzelne Feststellungen und Einschätzungen anders. Auf drei bestimmte Themenkreise soll nachstehend kurz näher eingegangen werden.

Vorwürfe an die heutige Direktion SND: Der Bericht äussert sich an verschiedenen Stellen kritisch gegenüber der heutigen Direktion des Strategischen Nachrichtendienstes (SND), da dieser nicht alle Informationsbedürfnisse Ihrer Delegation hat befriedigen können. Die heutige Direktion SND kann nun aber verbindlich und abschliessend nur Auskünfte erteilen, wenn sie selber über die entsprechenden Informationen auch tatsächlich verfügt. Auf Grund der erwiesenermassen unvollständigen Aktenlage und der Tatsache, dass die heutigen Kadermitglieder nicht über alle Tätigkeiten innerhalb der früheren UG ND Bescheid wussten, sind entsprechend klare Aussagen über Tatsachen, die zehn Jahre und mehr zurückliegen, so sehr dies auch erwünscht wäre, schlicht unmöglich und nicht zu erwarten. Der Bundesrat erachtet es deshalb als nicht gerechtfertigt, dass die heutige Direktion SND zumindest indirekt für die fehlenden Akten aus der Zeit der UG ND mitverantwortlich gemacht wird.

Würdigung der Geheimhaltungsvorschriften und unzulässige Ausweitung auf die politische Diskussion nachrichtendienstlicher
Kontakte: Im Berichtstext ist unter anderem die Aussage zu finden, dass «die teilweise übertriebene Geheimhaltung letztlich darauf ausgerichtet ist, eine öffentliche Diskussion über die Aktivitäten des Nachrichtendienstes, seine Effizienz und seine politische Führung zu vermeiden» (Bericht Ziff. 13.5).

Gegenüber dieser und ähnlichen Aussagen hat der Bundesrat gewisse Vorbehalte anzubringen, weil damit seiner Ansicht nach die besonderen Schutzbedürfnisse der Nachrichtendienste und die daraus fliessende Notwendigkeit von Geheimhaltungsvorschriften zu wenig differenziert gewürdigt werden.

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Aus Sicht des Bundesrates hat der nachrichtendienstliche Informationsschutz namentlich zum Zweck, Mittel und Methoden der Nachrichtendienste zu schützen. Er dient vor allem dem inzwischen im Militärgesetz (MG)1 und im Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS)2 für den Verkehr mit dem Ausland explizit verankerten Quellenschutz sowie dem Persönlichkeitsschutz der Mitarbeitenden der Nachrichtendienste.

Der Grund, weshalb beispielsweise Kontakte zu Partnerdiensten und damit Kontaktprotokolle und alle mit einer Dienstreise zusammenhängenden Unterlagen klassifiziert sind, liegt einzig im Quellenschutz begründet. Selbst wenn aus Sicht Dritter inhaltliche Belanglosigkeiten konstatiert werden, erfordert der Quellenschutz eine Klassifizierung. Für jeden Nachrichtendienst hat der Quellenschutz oberste Priorität.

Er ist ein Grundprinzip jedes Nachrichtendienstes. Mit ihm wird sichergestellt, dass keine der betroffenen Personen oder Stellen, die bei der Beschaffung und Weitergabe sensitiver Informationen mitwirken, zu Schaden kommt. Er ist somit eine unabdingbare Voraussetzung zur Wahrung der existenziellen Sicherheit von Mitarbeitenden der Nachrichtendienste (Quellenführende) sowie von deren Lieferanten sensitiver Informationen (Quellen). Dieser Schutz muss zwingend so umfassend sein, dass keinerlei Rückschlüsse auf nachrichtendienstliche Aktivitäten beziehungsweise Zusammenarbeit gezogen werden können. Kann der Quellenschutz nicht gewährleistet werden, so versiegen unweigerlich die Quellen.

Keine adäquate Würdigung des Neuausrichtungsprozesses: Der Bundesrat bedauert, dass der im Laufe des Jahres 2000 durch das VBS ausgelöste und qualitativ tief greifende Neuausrichtungsprozess bei den Nachrichtendiensten im VBS im Bericht kaum Erwähnung findet beziehungsweise erst im Rahmen der Empfehlungen in Ansätzen berücksichtigt wird. Diese Umstände begünstigen leider den tatsachenwidrigen Eindruck, dass die von der Delegation erhobenen Mängel im SND nach wie vor bestünden. Demgegenüber haben sich, gerade aus den Erfahrungen und Lehren aus der Vergangenheit, in den letzten Jahren im Rahmen der Umsetzung des Neuausrichtungsprozesses einige markante und politisch bedeutsame Veränderungen ergeben. So hat zum Beispiel der SND ­ auf Grund neu geschaffener Rechtsgrundlagen ­ für die Aufnahme
regelmässiger Kontakte zu Partnerdiensten im Ausland vorgängig die Zustimmung des Bundesrates einzuholen.

Ausserdem wird der Bundesrat seit geraumer Zeit durch den Chef VBS über die Kontakte des SND zu Partnerdiensten regelmässig orientiert, wie dies im Übrigen auch der Direktor SND gegenüber Ihrer Delegation vornimmt. Auch hat der Bundesrat mit Schreiben vom 10. April 2002 Ihrer Delegation einen ausführlichen, als «geheim» klassifizierten Bericht über die «Zusammenarbeit der schweizerischen Nachrichtendienste mit ausländischen Diensten» zugestellt, in welchem allgemein der Nutzen dieser nachrichtendienstlichen Auslandkontakte umfassend dargestellt und beurteilt wird. Leider bleibt diese letzterwähnte, aus politischer Sicht wichtige Meinungsäusserung des Bundesrates an Ihre Delegation im Bericht unerwähnt.

Trotz diesen Anmerkungen und Differenzierungen ist der Bundesrat klar der Ansicht, dass der umfassende Bericht Ihrer Delegation wertvolle Anregungen im Rahmen der stetigen Weiterentwicklung der Führungs- und Kontrollinstrumente gegenüber den Nachrichtendiensten abgeben wird. Der Bundesrat begrüsst die 1 2

Art. 99 Abs. 4 MG, SR 510.10 Art. 17 Abs. 7 BWIS, SR 120

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meisten Empfehlungen und stellt fest, dass das VBS beziehungsweise der SND bereits in der Vergangenheit verschiedene Vorkehrungen zu ihrer Umsetzung getroffen hat.

Der Bundesrat beurteilt die einzelnen Empfehlungen beziehungsweise Feststellungen aus dem Bericht wie folgt (vgl. Ziff. 13 des Berichtes): Zu Empfehlung 13.1

Instrumentarium der GPDel zur Beaufsichtigung der Nachrichtendienste

Es erscheint der Kommission wünschenswert, der GP Del im Parlamentsgesetz die Möglichkeit einzuräumen, Administrativ- und Disziplinaruntersuchungen über Sachverhalte und Personen zu untersagen oder zu unterbrechen, welche Gegenstand ihrer eigenen Ermittlungen bilden.

Empfehlung 13.1 wird nicht an dieser Stelle beurteilt: Der Bundesrat geht hier nicht weiter auf diese Empfehlung ein, bildet sie doch Hauptgegenstand eines weiteren, kürzlich verabschiedeten und publizierten Berichtes der GP Del (Zur Abgrenzung der Untersuchungen der Delegation der Geschäftsprüfungskommissionen von verwaltungsinternen Administrativuntersuchungen am Beispiel der Abklärungen «Südafrika»; Bericht der GP Del vom 30. September 2003).

Zu diesem ergänzenden Bericht wird der Bundesrat bis Ende 2003 gegenüber der GP Del Stellung nehmen.

Zu Feststellung 13.2

Politische Führung und Definition der Nachrichtenbedürfnisse

Die Kommission begrüsst die vom Departement seit dem Erscheinen ihres letzten Berichtes (1999) in die Wege geleiteten Reformen. Auch wenn diese zum heutigen Zeitpunkt noch keineswegs abgeschlossen sind, verzichtet die GP Del diesbezüglich auf weitere Empfehlungen.

Der Sicherheitsausschuss des Bundesrates legt für die Berichterstattung der Nachrichtendienste die Prioritäten fest. Die diesbezüglichen Arbeitsinstrumente haben sich bewährt, wie dies auch durch einen Schlussbericht des Sicherheitsausschusses des Bundesrates vom Frühjahr 2002 zu einem besonders zu diesem Thema in Auftrag gegebenen Evaluationsverfahren bestätigt wird. Der Bundesrat erachtet es als selbstverständlich, dass die Organe der sicherheitspolitischen Führung diese Führungsinstrumente auch in Zukunft einer regelmässigen Überprüfung und Weiterentwicklung unterziehen.

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Zu Feststellung 13.3

Primat der Politik

Die Kommission erhofft sich von der vom Parlament beschlossenen Revision des Militärgesetzes eine nachhaltige Wirkung, indem der Strategische Nachrichtendienst neu unmittelbar dem Vorsteher des VBS untersteht.

Mit der Neuunterstellung des SND per 1. Januar 2004 direkt unter den Chef VBS ist das Parlament früheren Empfehlungen der GP Del zum Nachrichtendienst gefolgt.

Bereits mit der Herauslösung des SND aus dem Generalstab und seiner Eingliederung in das Generalsekretariat VBS im Jahr 2001 wurde die Empfehlung, dass der SND in unmittelbarer Nähe zur politischen Führung anzusiedeln ist, faktisch vollzogen. Bereits seit einiger Zeit finden monatliche Führungsgespräche zwischen dem Chef VBS und dem Direktor SND statt. Die förmliche und nicht nur faktische Direktunterstellung unter den Chef VBS setzt nun ­ auch gegenüber dem Ausland ­ ein Zeichen, dass die politischen Behörden in der Schweiz gewillt sind, dem Strategischen Nachrichtendienst unseres Landes einen angemessenen Stellenwert zu verschaffen und die politische Führungsverantwortung wahrzunehmen.

Zu Empfehlung 13.4

Effizienz- und Qualitätskontrolle

Die Kommission erachtet es als dringend erforderlich, dass eine Kosten-NutzenAnalyse der nachrichtendienstlichen Tätigkeit im Allgemeinen durchgeführt wird. Sie lädt deshalb den Bundesrat ein, die erforderlichen Vorkehrungen in die Wege zu leiten, damit der vom Schweizer Nachrichtendienst für die Sicherheitsinteressen des Landes geschaffene Mehrwert und insbesondere dessen Effizienz bemessen werden kann.

Der Bundesrat erachtet die Empfehlung 13.4 als prüfenswert: Die Forderung der GP Del nach einer Kosten-Nutzen-Analyse der nachrichtendienstlichen Tätigkeit, damit der «geschaffene Mehrwert und insbesondere dessen Effizienz bemessen werden kann», ist für den Bundesrat nachvollziehbar. Inwieweit jedoch die Forderung in die Praxis umgesetzt werden kann, werden künftige vertiefte Abklärungen noch genauer aufzeigen müssen.

Wie jedes andere Land ist auch die Schweiz darauf angewiesen, dass die Landesregierung ihre Entscheidungen auf einer möglichst unabhängigen Informationsbasis treffen kann. Insbesondere im sicherheitspolitischen Bereich werden oftmals Informationen benötigt, welche nicht öffentlich zugänglich sind und deshalb nachrichtendienstlich beschafft werden müssen. Der wahre Wert solcher Informationen, auf Grund derer sicherheitspolitische Entscheide getroffen werden, lässt sich in der Regel erst nachträglich feststellen, möglicherweise auch erst in Dimensionen, welche primär die Historiker interessieren. Ähnlich schwierig ist die Beurteilung des Nutzens einer nachrichtendienstlichen Analyse, welche sich naturgemäss mit zukünftigen Entwicklungen, möglichen Szenarios und Einschätzungen befassen muss.

Es ist eine selbstverständliche Aufgabe jedes Empfängers nachrichtendienstlicher Produkte, über den Dialog mit dem Ersteller eine kontinuierliche Qualitätssteigerung zu erzielen. Gerade der SND hat in letzter Zeit grosse Anstrengungen unternommen, 3109

um dieses Qualitätscontrolling zu institutionalisieren. Ihre Delegation ist dazu im Herbst 2003 durch das VBS über den aktuellen Arbeitsstand informiert worden.

Die Frage der Effizienz dieser Leistungserbringung durch den SND ist eine betriebswirtschaftliche Aufgabe, die im Rahmen der Weiterentwicklung des Führungsprozesses im nachrichtendienstlichen Bereich bearbeitet werden muss. Im Zuge der Einführung des neuen Rechnungsmodells des Bundes und insbesondere mit der Kosten-Leistungsrechnung erhofft sich der Bundesrat weitere Fortschritte in der von der GP Del gewünschten Richtung. In diesem Sinne kann und soll die Empfehlung der GP Del weiterverfolgt werden.

Zu Empfehlung 13.5

Geheimhaltungsvorschriften

Die Kommission empfiehlt dem Bundesrat, die Geheimhaltungspraxis des Nachrichtendienstes zu überprüfen und gegebenenfalls die entsprechenden Vorschriften dem aktuellen politischen Umfeld anzupassen.

Der Bundesrat ist bereit, die Empfehlung 13.5 umzusetzen: Aus Sicht des Bundesrates spricht nichts dagegen, die heutigen Rechtsgrundlagen bezüglich Lücken bei den Vorschriften über den Informationsschutz genauer untersuchen zu lassen und gegebenenfalls die entsprechenden Revisionen einzuleiten.

Tatsächlich bestehen in der Praxis für die verschiedenen Nachrichtendienste im VBS und EJPD unterschiedliche Regelungen. Der Bundesrat begrüsst deshalb allgemein eine Vereinheitlichung dieser Vorschriften und deren Konzentration auf die schutzwürdigen Interessen der Nachrichtendienste. Diese Vorschriften müssen in jedem Fall eine nachvollziehbare und transparente Aufsicht und Kontrolle der Tätigkeiten durch die dafür legitimierten Organe gewährleisten.

Der Bundesrat ist der Ansicht, dass diese Informationsschutzproblematik im Rahmen eines Auftrages des Sicherheitsausschusses an die geeigneten Verwaltungsstellen aus dem sicherheitspolitischen Führungsprozess aufzuarbeiten sind. Im Übrigen wird integral auf die vorstehenden Ausführungen zu Sinn und Zweck des nachrichtendienstlichen Informationsschutzes verwiesen.

Zu Empfehlung 13.6

Aktenführung und -archivierung

Die Kommission lädt den Bundesrat im Rahmen der bevorstehenden Revision der VND ein, Vorschriften über die Aktenführung des Nachrichtendienstes zu erlassen und für den Vollzug des Archivierungsgesetzes auch in diesem Bereich der staatlichen Tätigkeit besorgt zu sein.

Die Empfehlung 13.6 ist auf dem Wege der Umsetzung: Der SND ist in Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv seit einiger Zeit daran, diese Empfehlung umzusetzen. Intensiviert wird diese Zusammenarbeit in nächster Zukunft durch die Umsetzung der in Artikel 12 der totalrevidierten Verordnung vom 26. September 2003 über die Nachrichtendienste im Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VND; SR 510.291; in Kraft ab 1.1.04) festgehaltenen Regeln für den Umgang mit klassifizierten Unterlagen aus

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dem direkten Verkehr mit ausländischen Diensten und aus der operativen Beschaffung.

Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die Nachvollziehbarkeit und Transparenz von Verwaltungstätigkeiten weder in unmittelbarem Zusammenhang mit der Ablieferung von Akten an das Bundesarchiv noch mit der Klassifizierung von Dokumenten steht.

Vielmehr sind sie Resultate einer geordneten, systematischen und gesetzeskonformen Aktenführung. Im Rahmen eines VBS-internen Projektes werden die entsprechenden Organisationsvorschriften für die Geschäftsverwaltung, Aktenführung und Archivierung des SND ebenfalls in Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv erstellt.

Zu Empfehlung 13.7

Zusammenarbeit mit Quellen und Informanten

Die Kommission erachtet es als unerlässlich, dass für die Auswahl, Instruktion und Finanzierung von Informanten des Nachrichtendienstes klare und einheitliche Regeln geschaffen und auch entsprechende Kontrollmechanismen eingeführt werden. Solche Weisungen müssten ohne Zweifel die gesamten Nachrichtendienste des Bundes betreffen und nicht nur die Nachrichtendienste des VBS.

Der Bundesrat ist der Meinung, dass ­ im Gegensatz zur Definition des Quellenschutzes ­ eine einheitliche Regelung bei der Quellenführung für alle Nachrichtendienste nicht opportun und die Empfehlung bereits teilweise umgesetzt ist: Die Quellenführung ist ein zentrales Thema in der mehrmonatigen Ausbildung der Quellenführenden im SND. Es bestehen in diesem Rahmen verbindliche Anweisungen für die Rekrutierung, Führung und Leistungsfinanzierung von HUMINTQuellen. Die Kontrolle der Quellenführung wird durch das Intelligence Reporting, mit welchem die Aktivitäten und Leistungen der HUMINT-Quellen erfasst und dokumentiert werden, sichergestellt. Die Abwicklung der leistungsorientierten Finanzierung von HUMINT-Quellen unterliegt einer mehrstufigen internen Kontrolle, in welche die direkten Vorgesetzten der Quellenführenden sowie die Direktion SND eingebunden sind. Zudem haben die Quellenführenden jährlich stichprobenweise dem Vertreter des Finanzinspektorates Rechenschaft abzulegen.

Im VBS ist der SND der einzige Nachrichtendienst, der HUMINT-Quellen führt und entschädigt. Die Quellenführung des SND ist nur beschränkt mit derjenigen anderer Nachrichtendienste des Bundes vergleichbar. Aus diesem Grund erachtet der Bundesrat eine einheitliche, übergreifende Regelung der Quellenführung aus sachlichen Gründen als nicht opportun.

Im EJPD ist die Quellenführung des Dienstes für Analyse und Prävention (DAP) beziehungsweise der früheren Bundespolizei seit mehreren Jahren in einem internen Handbuch beschrieben. Dieses wurde der GP Del vom EJPD bereits detailliert vorgestellt. Es ist sowohl für den DAP als auch für die Staatsschutzorgane der Kantone gültig, soweit letztere im Geltungsbereich des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) Quellen und Informanten führen. Das Handbuch regelt indessen die Quellenführung nicht zwingend und abschliessend. Zum einen kann es über den gesetzlichen Rahmen hinaus ohnehin
keine abweichenden Regeln aufstellen, zum andern muss jeder Fall der Anbahnung einer potenziellen Quelle, beziehungsweise deren spätere Führung einzeln auf den möglichen Nutzen, die Kosten und das Risiko beurteilt werden.

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Das DAP-Handbuch befindet sich in Aktualisierung. Die Delegation wird vom EJPD über allfällige Neuerungen orientiert werden. Im Weiteren wird die operative Quellenführung auch im Rahmen des Revisionspaketes BWIS II auf gesetzgeberischen Handlungsbedarf überprüft.

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass der Führungsverantwortung der Verantwortlichen der Nachrichtendienste gerade im Bereich der operativen Tätigkeiten zentrale Bedeutung zukommt. Ergänzend dazu bestehen im Anwendungsbereich des BWIS spezifische Berichtspflichten über die laufenden Operationen mit nachrichtendienstlicher Quellenführung an die politischen Organe.

Im Verhältnis zu den Aufklärungstätigkeiten der Nachrichtendienste im VBS und im EJPD ist weiterhin zu berücksichtigen, dass die Voraussetzungen für die Inlandsaufklärung (DAP, gestützt auf das BWIS) und die Auslandsaufklärung (SND, gestützt auf Artikel 99 Militärgesetz) sehr unterschiedlich sind. Die Inlandsaufklärung findet immer im Rahmen der eigenen schweizerischen Rechtsordnung oder der nach BWIS genehmigten Zusammenarbeit mit ausländischen Partnerdiensten statt. Die Auslandsaufklärung erfolgt zwar gestützt auf das Militärgesetz, muss nötigenfalls aber auch ausserhalb des Geltungsbereichs der Schweizer Rechtsordnung erfolgen. Schon von daher müssen Quellenwerbung und -führung den Gegebenheiten des Einzelfalles angepasst werden. Generelle Weisungen für diese beiden grundsätzlich verschiedenen Einsatzarten sind deshalb nicht sachgerecht.

Zu Feststellung 13.8

Projekt «Coast»

Die Kommission kommt zum Schluss, dass keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Schweizer Nachrichtendienst, die Gruppe Rüstung oder deren Mitarbeiter, insbesondere auch nicht Peter Regli, in Belange des Projekts «Coast» involviert waren.

Der Bundesrat nimmt mit Befriedigung und Erleichterung von dieser Feststellung Kenntnis.

Zu Feststellung 13.9

Mitwirkung der Verwaltung an den Abklärungen der GPDel

Die Kommission beanstandet, dass ihr im Rahmen ihrer Abklärungen verschiedentlich von Seiten der involvierten Dienststellen und beteiligten Beamten teilweise eher unwillig oder jedenfalls nicht umfassend Auskunft gegeben wurde.

Für die GP Del ist nicht tolerierbar, dass ihr von Seiten der Verwaltung mit Misstrauen oder gar Obstruktion begegnet wird.

Der Bundesrat weist Vorwürfe, soweit sie pauschal an Dienststellen oder die Verwaltung allgemein gerichtet sind, zurück: Der Bundesrat bedauert, dass die GP Del während ihren Untersuchungen mit Schwierigkeiten dieser Art zu kämpfen hatte. Er ist jedoch überzeugt, dass dies nicht Ausdruck eines grundsätzlichen Misstrauens der Verwaltung gegenüber der GP Del ist.

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Nach Beurteilung des Bundesrates fanden die Untersuchungen der GP Del, aber auch jene der anderen Stellen teilweise in einem politisch angespannten Klima statt.

Darunter litt bisweilen die Sachlichkeit. Bundesrat und Bundesverwaltung anerkennen vorbehaltlos die parlamentarische Oberaufsicht über die Nachrichtendienste. Die aufgetretenen Schwierigkeiten als Obstruktion zu bezeichnen, ist eine Interpretation, die für den Bundesrat jedoch so nicht zutrifft.

Der Bundesrat dankt der GP Del für die Gelegenheit zur Stellungnahme. Sowohl der Bundesrat wie auch die vom Bericht hauptbetroffenen Departemente werden auch in Zukunft die GP Del gerne über die Weiterbearbeitung Ihrer Anregungen informieren.

19. Dezember 2003

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Pascal Couchepin Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

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