Mitgliedschaft der Schweiz in den Institutionen von Bretton Woods Bericht vom 14. Oktober 2003 der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Stellungnahme des Bundesrates vom 18. Mai 2004

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, zum Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 14. Oktober 2003 betreffend der Mitgliedschaft der Schweiz in den Institutionen von Bretton Woods nehmen wir nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

18. Mai 2004

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Joseph Deiss Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2004-2330

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Stellungnahme Der Bundesrat dankt der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) für den Bericht «Die Mitgliedschaft der Schweiz in den Institutionen von Bretton Woods» und die darin enthaltenen Empfehlungen (BBl 2004 897). Der Bericht ist sehr informativ und bekräftigt, dass die Mitgliedschaft der Schweiz im Internationalen Währungsfonds (IWF) und in der Weltbank ein wichtiger Pfeiler der internationalen Interessenvertretung unseres Landes ist. Der Bundesrat stellt mit Befriedigung fest, dass die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen für die Bretton-WoodsInstitutionen (BWI) zuständigen Verwaltungsstellen grundsätzlich als gut und effizient funktionierend bewertet wird. Er befürwortet die Prüfung von Massnahmen zur Verbesserung der Kommunikation zwischen den verschiedenen Verwaltungsstellen und gegenüber der Öffentlichkeit. Handlungsbedarf in organisatorischen Bereichen sieht er indessen keinen.

Der Bundesrat möchte eingangs zwei Punkte festhalten: Der erste Punkt betrifft die Tatsache, dass 1944 in Bretton Woods bewusst zwei verschiedene Institutionen geschaffen wurden. Die den beiden Institutionen IWF und Weltbank damals übertragenen Mandate behalten bis heute grundsätzlich ihre Gültigkeit. So liegt das Kernmandat der Weltbank in der Bekämpfung von Armut und der Verbesserung von Lebensstandards in armen Ländern, während der IWF für die Sicherung und Förderung der internationalen Finanzstabilität verantwortlich ist.

Für den Bundesrat rechtfertigen diese unterschiedlichen Mandate die aktuelle Aufgabenteilung mit dezentralen Verantwortungsbereichen. Dies erwähnt der Bundesrat auch im Hinblick auf die in der Motion Rey (04.3082) angeregte Zusammenlegung aller mit den BWI befassten Bereiche in einer eigenen Einheit. Zur Motion wird eine separate Antwort erfolgen.

Zum Zweiten stellt der Bundesrat mit einem gewissen Bedauern fest, dass der Bericht der GPK-S die Frage der eingesetzten Personalressourcen kaum behandelt.

Die zuständigen Verwaltungsstellen leisten mit beschränkten Ressourcen Beachtliches. Vor diesem Hintergrund und im Lichte des GPK-S-Berichts fordert der Bundesrat die betroffenen Verwaltungsstellen dazu auf, weitere Entwicklungs- und Verbesserungsmöglichkeiten im Vollzugsbereich zu identifizieren und umzusetzen.

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Zu den im Bericht der GPK-S vorgeschlagenen vier Empfehlungen nimmt der Bundesrat wie folgt Stellung: Empfehlung 1

Aufgabenteilung zwischen Seco und DEZA

Der Bundesrat wird eingeladen, die ganze Aufgabenteilung zwischen dem Seco und der DEZA im Bereich der Weltbankgruppe neu zu überprüfen, Vereinfachungen anzustreben und unklare Kompetenzen möglichst auszuschliessen. Es muss ein Koordinationsverfahren geschaffen werden, in dem ­ wohl auch in Zukunft nicht ganz ausschliessbare ­ Kompetenzkonflikte im Rahmen der Gesamtkonzeption der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit schnell und effizient gelöst werden können. Die Kompetenzabgrenzung wie auch das Koordinationsverfahren sollten zwecks besserer Durchsetzung auf Verordnungsstufe verankert werden. Dies würde auch die Transparenz gegen aussen wesentlich verbessern.

Der Bundesrat erachtet die Empfehlung 1 als weitgehend umgesetzt.

Die Verordnung vom 12. Dezember 1977 über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe regelt die Zusammenarbeit zwischen Seco und DEZA im Bereich der multilateralen Finanzhilfe. Die Verwaltungsreform NOVE DUE (Bundesbeschluss vom 29.10.1997) bestätigte die damalige Regelung der Kompetenzen und präzisierte, wie die gemeinsamen Aufgaben von Seco und DEZA umzusetzen sind und welche Koordinationsmechanismen eingesetzt werden sollen.

Dazu gehören das Interdepartementale Komitee für Entwicklung und Zusammenarbeit (IKEZ), das Steuerungskomitee für die multilaterale Finanzhilfe, die Vereinbarung von gemeinsamen Jahresprioritäten sowie ein regelmässiger Austausch zwischen den zuständigen operationellen Einheiten von Seco und DEZA.

Die Zwischenevaluation von NOVE DUE (Bericht vom 23.6.2000) führte schliesslich zu einer detaillierten Regelung der Zuständigkeiten in spezifischen Arbeitsbereichen, dank deren heute eine transparente Basis für die Zusammenarbeit besteht.

Die Zusammenarbeit hat sich denn auch in den letzten drei Jahren nach Ansicht des Bundesrates verbessert.

Der Bundesrat hat aus Anlass des Berichtes der GPK-S die im Rahmen der Zwischenevaluation von NOVE DUE vereinbarten «Prinzipien für die Umsetzung einer verstärkten Zusammenarbeit und Koordination zwischen Seco und DEZA» überprüft. Er stellt fest, dass die Prinzipien und Koordinationsmechanismen nach wie vor ihre Gültigkeit bewahren und dass es keine grundsätzlichen formalen Kompetenzabgrenzungsprobleme gibt. Er sieht aber auch noch Raum, um den getroffenen Vereinbarungen stärker nachzuleben und so weitere Verbesserungen in der Zusammenarbeit zu erzielen.

Wie bereits 1997 im Rahmen von NOVE DUE kommt der Bundesrat zum Schluss, dass keine Notwendigkeit besteht, die Zusammenarbeit zwischen Seco und DEZA im Bereich der multilateralen Finanzhilfe auf Verordnungsstufe zusätzlich neu zu regeln. Kompetenzkonflikte sind auch in Zukunft nicht ganz auszuschliessen. Diese sind jedoch flexibel und mit einer besseren Nutzung der vorhandenen Koordinationsmechanismen lösbar.

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Empfehlung 2

Organisatorische Vorkehrungen für die überschneidenden Tätigkeiten des IWF und der Weltbank

Der Bundesrat wird eingeladen, organisatorische Vorkehrungen für die Ausarbeitung einer ausgewogenen schweizerischen Position zu treffen, die den sich überschneidenden Tätigkeiten des Internationalen Währungsfonds und der Weltbankgruppe gebührend Rechnung tragen. Dies bedingt, dass der Bundesrat auch in diesen Bereichen klare strategische Ziele der Schweiz vorgibt. Bei der Erarbeitung von Stellungnahmen der Schweiz im Rahmen des Internationalen Währungsfonds ist dem Artikel 6 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über die Mitwirkung der Schweiz an den Institutionen von Bretton Woods Nachachtung zu verschaffen.

Der Bundesrat erachtet die Empfehlung 2 als weitgehend umgesetzt.

Die getroffenen organisatorischen Vorkehrungen zur Erarbeitung von schweizerischen Positionen zu den Geschäften in den BWI erachtet der Bundesrat grundsätzlich als geeignet. Verbesserungsmöglichkeiten gibt es vor allem bei deren Umsetzung in Geschäften, die im Überlappungsbereich der beiden Institutionen liegen. Der Bundesrat fordert die zuständigen Stellen dazu auf, Koordinationsinstrumente vermehrt zu nutzen und durch einen intensivierten Dialog weitere Verbesserungen anzustreben.

Organisatorisch sind die Zuständigkeiten für die beiden Institutionen klar geregelt: Seco und DEZA sind für Weltbankgeschäfte, EFV und SNB für die Geschäfte des IWF verantwortlich. Grundsätzlich gilt das Prinzip der Transparenz: Alle mitinteressierten Stellen haben freien Zugang zu allen relevanten Informationen (Agenden beider Exekutivräte, Basisdokumente etc.). Die Koordination für die überlappenden Bereiche wird jeweils bei der verwaltungsinternen Erarbeitung der Arbeitslisten für die Exekutivratsgeschäfte von IWF und Weltbank festgelegt. Die beiden Arbeitslisten sind grundsätzlich für Beiträge aller involvierten Stellen offen. Die Arbeitslisten werden von EFV (IWF) und Seco (Weltbank) in Absprache mit den mitverantwortlichen und mitinteressierten Stellen alle ein bis zwei Wochen erstellt. Anschliessend werden die Arbeitslisten einem breiteren Kreis mitinteressierter Stellen und Personen zugestellt. Die Adressaten teilen der federführenden Stelle gegebenenfalls mit, wenn sie zu einem Traktandum einen zusätzlichen Beitrag leisten werden. Dieses System erlaubt es, im Sinne von Artikel 6 des Bundesgesetzes über die Mitwirkung der Schweiz an den Institutionen von Bretton Woods alle notwendigen Stimmen für eine ausgewogene und breit abgestützte Position der Schweiz zusammenzutragen.

Dies gilt insbesondere für Positionen zu Ländern, die für die schweizerische Entwicklungszusammenarbeit von Bedeutung sind.

Die Koordinationsabläufe haben sich in der Praxis bewährt. Sie sind flexibel, schaffen Transparenz und erfordern einen geringen Verwaltungsaufwand. Unklarheiten bezüglich der Zuständigkeiten innerhalb der schweizerischen Verwaltung lassen sich teilweise darauf zurückführen, dass in der Praxis die Arbeitsteilung zwischen IWF und Weltbank nicht immer
eindeutig ist. In den vergangenen Jahren sind insbesondere auf Grund gemeinsamer Initiativen (wie z.B. der HIPC-Initiative zur Entschuldung hoch verschuldeter armer Länder) die sich überschneidenden Bereiche der 6698

beiden Institutionen vor allem in Entwicklungsländern etwas grösser geworden. Dies hat zwar den Koordinationsbedarf erhöht, es hat sich jedoch gezeigt, dass die organisatorischen Abläufe diesen Ansprüchen durchaus gewachsen sind.

Nach Ansicht des Bundesrates existiert keine Alternative, welche eine wesentliche Verbesserung der Koordination und somit der Ausgewogenheit der Schweizer Position herbeiführen würde. Insbesondere ist der Bundesrat überzeugt, dass die Schaffung eines BWI-Büros, wie es die Motion Rey vorschlägt, keine bessere Nutzung von Synergien verspricht. Eine Zusammenlegung der betroffenen Stellen hätte zur Folge, dass die natürliche Kontrollfunktion der verschiedenen fachlich zuständigen Verwaltungseinheiten wegfallen würde. So würden zum Beispiel die schweizerischen Aktivitäten in der Weltbank von den Aktivitäten in den übrigen Entwicklungsbanken entfernt, wodurch ein wichtiger Bezug für die Entwicklungszusammenarbeit verloren ginge. Ein BWI-Büro würde eine zusätzliche Koordinationsebene schaffen und den Ressourcenbedarf entsprechend erhöhen. Abgesehen vom Aufwand stellt sich das Problem, dass die für IWF-Fragen zuständige Stelle in der Nationalbank aus institutionellen Gründen nicht in ein BWI-Büro integriert werden könnte.

Der GPK-S-Bericht bemängelt, dass der Bundesrat keine expliziten strategischen Ziele im überlappenden Bereich der beiden Institutionen vorgibt. Allgemeine Ziele der Schweiz wurden im Rahmen der Botschaft über den Beitritt zu den BWI formuliert. Sie wurden ergänzt durch gemeinsame Grundsätze, die im Aussprachepapier «Internationale Finanzarchitektur und schweizerische Politik im Internationalen Währungsfonds» vom 26. März 1999 und im Bericht einer interdepartementalen Arbeitsgruppe an den Vorsteher des EFD «Sicherung der Stellung der Schweiz in den internationalen Finanzinstitutionen» vom 2. Februar 2001 enthalten sind. Für den Bundesrat gilt es nach wie vor, diese Ziele und Grundsätze umzusetzen.

Zusammen mit Artikel 6 des Gesetzes über die Mitwirkung der Schweiz an den Institutionen von Bretton Woods bilden diese Grundsätze einen umfassenden Rahmen für die Arbeit in den Verwaltungsstellen. Darauf aufbauend sind die verantwortlichen Stellen dazu angehalten, jährlich ihre Prioritäten zu definieren, und diese mit den mitinteressierten Stellen abzustimmen. Dieser
Rahmen erfüllt nach Ansicht des Bundesrats auf Grund der bisherigen Erfahrungen die Funktion strategischer Richtlinien. Angesichts der Komplexität der von den BWI behandelten Themen und des sich laufend verändernden Umfeldes ist es grundsätzlich schwierig, über politische Grundsätze hinaus konkrete längerfristige Ziele zu definieren.

Empfehlung 3

Übersicht über das Engagement bei den BWI

Der Bundesrat wird eingeladen, eine einheitliche und umfassende Übersicht über die Zahlungen und das Engagement der Schweiz bei den Institutionen von Bretton Woods zu schaffen und umzusetzen. Dadurch soll auch ein aktuelles Controlling unter dem Blickwinkel dieser Institutionen ermöglicht werden.

Der Bundesrat ist bereit, die Empfehlung 3 umzusetzen.

Der Bundesrat unterstützt die Empfehlung der GPK-S, dass umfassend über das Engagement der Schweiz bei IWF und Weltbank informiert wird. Dazu stehen verschiedene Informationssysteme zur Verfügung. Seit einigen Jahren verfügen die 6699

meisten Ämter über SAP-Systeme, welche für die seither eingegangenen Verpflichtungen eine einfache und rasche Abfrage ermöglichen. Die Nationalbank informiert über ihr Engagement beim IWF in ihrem Geschäftsbericht und auf ihrer Internetseite.

Ganz allgemein ist eine Verbesserung in der Darstellung und Verbreitung relevanter Informationen nach Ansicht des Bundesrats wünschenswert. Er schlägt deshalb vor, alljährlich über den gesamten Umfang des schweizerischen Engagements in den BWI in den Kapiteln 5 und 6 des Aussenwirtschaftsberichts zu informieren. Zudem sind die zuständigen Stellen aufgerufen, auf ihren jeweiligen Internetseiten umfassend das Engagement der Schweiz im IWF und in der Weltbank darzulegen. Auf Grund der unterschiedlichen Rechnungslegungen und der Komplexität der Verpflichtungen gegenüber IWF und Weltbank scheint eine Darstellung nach Institutionen sinnvoll.

Empfehlung 4

Information und Reporting

Der Bundesrat wird eingeladen, die Schaffung eines Informations- und Reportingkonzepts zu prüfen, das die Aktivitäten und Ziele der Schweiz bei den Institutionen von Bretton Woods unter einem Dach vereint.

Der Bundesrat erachtet die Empfehlung 4 als weitgehend umgesetzt, empfiehlt jedoch die Prüfung von Verbesserungsmöglichkeiten im Internetauftritt.

Der Bundesrat begrüsst den Vorschlag der GPK-S, durch ein ausgewogenes Informations- und Reportingkonzept Aussenstehenden einen verbesserten Einblick in das schweizerische Engagement in den BWI zu ermöglichen. Er möchte an dieser Stelle auf die bereits bestehenden Informationsquellen verweisen. Zum Ersten sind dies die von den Exekutivdirektoren jährlich publizierten Tätigkeitsberichte über IWF und Weltbank, die einen Rückblick auf die wichtigsten Geschäfte enthalten und über die Entwicklungen in den Mitgliedstaaten der Stimmrechtsgruppe informieren. Einen jährlichen Rück- und Ausblick über die Tätigkeiten der Schweiz in IWF und Weltbank geben die Kapitel 5 und 6 des Aussenwirtschaftsberichts. Weiter sind der EFVNewsletter, der auf die Aktualität im IWF-Bereich eingeht und über anstehende Geschäfte informiert, sowie die aktualitätsbezogene Berichterstattung durch Pressemitteilungen zu erwähnen. Die Tätigkeitsberichte der Exekutivratsbüros, der Aussenwirtschaftsbericht sowie der EFV-Newsletter werden jeweils den Mitgliedern der zuständigen Kommissionen beider Räte direkt zugestellt. Diese Quellen informieren inhaltlich umfassend über die Schweizer Aktivitäten in den BWI.

Dahingegen teilt der Bundesrat die Meinung der GPK-S, dass es nicht immer einfach ist, sich ohne weiteres einen Überblick zu verschaffen. Aus diesem Grund erscheint die Frage prüfenswert, wie diese Informationen noch besser zusammengefasst werden könnten. Der Bundesrat beauftragt die zuständigen Stellen, ihre Internetauftritte diesbezüglich zu überarbeiten und komplementär zu gestalten. Ferner ist zu prüfen, inwiefern ein Einstieg in die Internetseiten über eine BWI-Dachseite sinnvoll wäre, um einem breiten Publikum einen vereinfachten Zugang zu IWF und Weltbank zu ermöglichen.

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