Bundesgesetz über das Vernehmlassungsverfahren

Entwurf

(Vernehmlassungsgesetz, VlG) vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 147 der Bundesverfassung1, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 21. Januar 20042, beschliesst: Art. 1 1

Geltungsbereich

Dieses Gesetz regelt die Grundzüge des Vernehmlassungsverfahrens.

Vernehmlassungsverfahren werden vom Bundesrat oder einer parlamentarischen Kommission eröffnet.

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Art. 2

Zweck des Vernehmlassungsverfahrens

Das Vernehmlassungsverfahren bezweckt die Beteiligung der Kantone, der politischen Parteien und der interessierten Kreise an der Meinungsbildung und Entscheidfindung des Bundes.

1

Es soll Aufschluss geben über die sachliche Richtigkeit, die Vollzugstauglichkeit und die Akzeptanz eines Vorhabens des Bundes.

2

Art. 3 1

Gegenstand von Vernehmlassungsverfahren

Ein Vernehmlassungsverfahren findet statt bei der Vorbereitung von: a.

Verfassungsänderungen;

b.

grundlegenden Gesetzesbestimmungen im Sinne von Artikel 164 Absatz 1 Buchstaben a­g der Bundesverfassung;

c.

völkerrechtlichen Verträgen, die dem Referendum nach den Artikeln 140 Absatz 1 Buchstabe b und 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 der Bundesverfassung unterliegen oder wesentliche Interessen der Kantone betreffen.

Zu anderen Vorhaben wird ein Vernehmlassungsverfahren durchgeführt, wenn sie von grosser politischer, finanzieller, wirtschaftlicher, ökologischer, sozialer oder kultureller Tragweite sind oder wenn sie in erheblichem Mass ausserhalb der Bundesverwaltung vollzogen werden.

2

1 2

SR 101 BBl 2004 533

2003­2737

563

Vernehmlassungsgesetz

Zu einer Expertenvorlage kann ausnahmsweise und in begründeten Fällen ein Vernehmlassungsverfahren durchgeführt werden. In diesem Fall legt der Bundesrat seine Haltung zuhanden der Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer dar.

3

Art. 4

Teilnahme

Jede Person und jede Organisation kann sich an einem Vernehmlassungsverfahren beteiligen und eine Stellungnahme einreichen.

1

2

Zur Stellungnahme eingeladen werden: a.

die Kantone;

b.

die in der Bundesversammlung vertretenen politischen Parteien;

c.

die gesamtschweizerischen Dachverbände der Kantone, Gemeinden, Städte und Berggebiete;

d.

die gesamtschweizerischen Dachverbände der Wirtschaft;

e.

die weiteren, im Einzelfall interessierten Kreise.

Die Bundeskanzlei führt die Liste der Vernehmlassungsadressaten nach Absatz 2 Buchstaben a­d.

3

Art. 5

Eröffnung

Der Bundesrat eröffnet auf Antrag des Departements oder der Bundeskanzlei das Vernehmlassungsverfahren.

1

Die zuständige parlamentarische Kommission eröffnet das Vernehmlassungsverfahren zu einem von ihr ausgearbeiteten Erlassentwurf.

2

Die Bundeskanzlei gibt jede Eröffnung eines Vernehmlassungsverfahrens unter Angabe der Vernehmlassungsfrist und der Stelle für den Bezug der Vernehmlassungsunterlagen öffentlich bekannt.

3

Art. 6

Durchführung

Das Departement oder die Bundeskanzlei ist für die Vorbereitung und Durchführung des Vernehmlassungsverfahrens sowie die Zusammenstellung und Auswertung der Vernehmlassungsergebnisse zuständig.

1

Die zuständige parlamentarische Kommission ist für die Durchführung eines von ihr eröffneten Vernehmlassungsverfahrens (Art. 5 Abs. 2) zuständig. Sie kann für die Vorbereitung sowie die Zusammenstellung der Vernehmlassungsergebnisse Dienststellen der Bundesverwaltung beiziehen.

2

Art. 7

Form und Frist

Das Vernehmlassungsverfahren wird schriftlich, in Papierform und in elektronischer Form, durchgeführt.

1

564

Vernehmlassungsgesetz

In begründeten Fällen, namentlich bei Dringlichkeit, kann ein Vernehmlassungsverfahren ganz oder teilweise konferenziell durchgeführt werden. Über ein konferenzielles Vernehmlassungsverfahren ist Protokoll zu führen.

2

3 Die Vernehmlassungsfrist beträgt in der Regel drei Monate. Sie wird unter Berücksichtigung von Ferien- und Feiertagen sowie Inhalt und Umfang der Vorlage angemessen verlängert. Bei Dringlichkeit kann die Frist ausnahmsweise verkürzt werden.

Art. 8

Behandlung der Stellungnahmen

Die Stellungnahmen werden zur Kenntnis genommen und ausgewertet.

Art. 9

Öffentlichkeit

Die Vernehmlassungsunterlagen, die Stellungnahmen, die Zusammenstellung der Vernehmlassungsergebnisse und die Protokolle von konferenziellen Vernehmlassungsverfahren sind öffentlich zugänglich.

1

Die Stellungnahmen werden durch Gewährung der Einsichtnahme, Abgabe von Kopien oder Veröffentlichung in elektronischer Form zugänglich gemacht und können zu diesem Zweck technisch aufbereitet werden.

2

3

Das Öffentlichkeitsgesetz vom ...3 findet keine Anwendung.

Art. 10

Anhörungen zu Vorhaben von untergeordneter Tragweite

Das Departement oder die Bundeskanzlei kann zu Vorhaben von untergeordneter Tragweite die betroffenen Kreise ausserhalb der Bundesverwaltung anhören.

1

2

Das Ergebnis einer Anhörung ist öffentlich zugänglich zu machen.

Art. 11

Ausführungsbestimmungen

Der Bundesrat regelt in einer Verordnung die Einzelheiten, namentlich:

3

a.

die Durchführung des Vernehmlassungsverfahrens in elektronischer Form;

b.

den Inhalt der Vernehmlassungsunterlagen, deren Bereitstellung und Abgabe;

c.

die Behandlung der eingereichten Stellungnahmen, namentlich deren Auswertung, technische Aufbereitung, Veröffentlichung und Archivierung;

d.

die Koordination und Planung der einzelnen Vernehmlassungsverfahren.

SR ...; AS ... (BBl ...)

565

Vernehmlassungsgesetz

Art. 12

Änderung bisherigen Rechts

1. Das Parlamentsgesetz vom 13. Dezember 20024 wird wie folgt geändert: Art. 112 Abs. 2 Sie gibt den Vorentwurf samt erläuterndem Bericht nach den Bestimmungen des Vernehmlassungsgesetzes vom ...5 in die Vernehmlassung.

2

2. Das Umweltschutzgesetz vom 7. Oktober 19836 wird wie folgt geändert: Art. 39 Abs. 3 Aufgehoben 3. Das Gewässerschutzgesetz vom 24. Januar 19917 wird wie folgt geändert: Art. 47 Abs. 2 Aufgehoben Art. 13

Referendum und Inkrafttreten

1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

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566

SR 171.10 SR ...; AS ... (BBl 2004 563) SR 814.01 SR 814.20