98.418 Parlamentarische Initiative Genehmigung von Kapitalaufstockungen des IWF durch das Parlament Bericht der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates vom 15. Mai 2000

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, Wir unterbreiten Ihnen gestützt auf Artikel 21quater Absatz 3 des Geschäftsverkehrsgesetzes diesen Bericht, den wir gleichzeitig dem Bundesrat zur Stellungnahme überweisen.

Die Kommission beantragt Ihnen, mit 15 zu 2 Stimmen dem beiliegenden Gesetzesentwurf zur Änderung des Bundesgesetzes über die Mitwirkung der Schweiz an den Institutionen von Bretton Woods zuzustimmen.

15. Mai 2000

Im Namen der Kommission

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Der Präsident: Walter Frey

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2000-1269

Übersicht Diese parlamentarische Initiative (98.418) verlangt im Hinblick auf eine vermehrte Mitwirkung des Parlamentes in der Aussenpolitik, wie sie in der neuen Bundesverfassung und in Artikel 47bis des Geschäftsverkehrsgesetzes vom 23. März 1962 verankert ist, dass Kapitalaufstockungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) vom Parlament genehmigt werden. Bisher konnte der Bundesrat in eigener Kompetenz über die Teilnahme der Schweiz an diesen Kapitalerhöhungen entscheiden.

Gemäss Artikel 1 Absatz 2 des Bundesgesetzes über die Mitwirkung der Schweiz an den Institutionen von Bretton Woods vom 4. Oktober 1991 (Mitwirkungsgesetz; SR 979.1) war er einzig verpflichtet, die Bundesversammlung vorgängig darüber zu informieren. Fortan soll der Bundesrat das Parlament nicht mehr bloss informieren, sondern auch dessen Genehmigung einholen. Der Nationalrat hat dieser parlamentarischen Initiative am 3. Juni 1999 mit 56 gegen 55 Stimmen Folge gegeben.

Davon ausgehend beantragt die Aussenpolitische Kommission des Nationalrates, Artikel 2 des Mitwirkungsgesetzes im Sinne der parlamentarischen Initiative zu ändern.

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Bericht I Allgemeiner Teil 1

Ausgangslage

1.1

Persönliche Vorstösse

Am 21. Dezember 1995 regte Nationalrat Vollmer in einem Postulat (95.3627) an, zu prüfen, ob der Entscheid über die Beteiligung der Schweiz an Kapitalerhöhungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) sich im Sinne einer vermehrten Mitwirkung des Parlamentes in der schweizerischen Aussenpolitik inskünftig in die Kompetenz der Bundesversammlung übertragen liesse. Der Bundesrat beantragte, das Postulat abzulehnen, da die Kapitalerhöhungen von der Nationalbank finanziert würden und im Unterschied zu jenen der Entwicklungsbanken keinen Rahmenkredit benötigten. Im Übrigen dränge sich aus finanzpolitischer Sicht keine Mitsprache des Parlamentes auf, da dies auf ein partielles Verfügungsrecht auf die Währungsreserven der Nationalbank hinausliefe. Aus diesem Grunde hätten die Kommissionen und das Parlament seinerzeit einen Antrag abgelehnt, in Artikel 2 des Gesetzes vom 4. Oktober 1991 über die Mitwirkung der Schweiz an den Institutionen von Bretton Woods die parlamentarische Genehmigung sämtlicher Kapitalerhöhungen der Bretton-Woods-Institutionen zu verankern. Das Postulat wurde am 24. September 1996 zurückgezogen.

Am 17. Juni 1998 erkundigte sich Nationalrat Remo Gysin in einer Dringlichen Einfachen Anfrage (98.1089), warum der Bundesrat es unterlassen habe, die Bundesversammlung gemäss Mitwirkungsgesetz vom 4. Oktober 1991 vorgängig über die beabsichtigte Aufstockung der schweizerischen IWF-Quote um knapp 2 Milliarden Franken zu informieren. In seiner Antwort verwies der Bundesrat auf Artikel 2 Absatz 2 dieses Gesetzes, das den Bundesrat nur verpflichte, das Parlament über seinen Beschluss, sich an einer bevorstehenden Kapital- oder Quotenerhöhung des IWF zu beteiligen, vorgängig zu informieren. Er sei dieser Pflicht nachgekommen, indem er das Parlament am 8. Juni 1998, also am Tag seiner Beschlussfassung, mit Schreiben an die Ratspräsidenten und die Präsidenten der Aussenpolitischen Kommissionen informiert habe.

Ebenfalls am 17. Juni 1998 reichte Nationalrat Remo Gysin seine parlamentarische Initiative (98.418) in der Form einer allgemeinen Anregung ein. Diese verlangt, das Bundesgesetz über die Mitwirkung der Schweiz an den Institutionen von Bretton Woods so zu ändern, dass Kapitalaufstockungen des IWF vom Parlament zu genehmigen sind. Diese Initiative bildet Gegenstand dieses Berichts.

1.2

Vorprüfung der parlamentarischen Initiative

Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrates prüfte diese Initiative an ihrer Sitzung vom 23. November 1998 nach Anhörung des Initianten und beantragte seinem Rat mit 13 zu 6 Stimmen, ihr Folge zu geben. Eine Minderheit beantragte, ihr keine Folge zu geben.

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Wie der Initiant an der Anhörung vom 23. November 1998 ausführte, rechtfertigt sich diese Änderung des Mitwirkungsgesetzes dadurch, dass im Bereich von IWF und Weltbank eine Kompetenzverschiebung stattgefunden habe. Es gehe nicht mehr nur um Währungspolitik oder Zahlungsbilanzprobleme, sondern um eigentliche wirtschaftliche Länderprogramme, welche die Länder und ganze Erdteile verändern würden und Rückwirkungen auf das globale System hätten. Man könne deshalb auch weitergehen als derartige Aufstockungen nur zu befürworten oder abzulehnen und die Gründe, das Vorgehen, die Gewichtung und die Bedingungen hinterfragen.

So könnte das Parlament den Bundesrat bei seinen Entscheiden unterstützen oder allenfalls dazu Empfehlungen abgeben oder Korrekturen anbringen.

Nach Auffassung der Kommissionsmehrheit müssten die Aktivitäten der BrettonWoods-Institutionen begleitet und kontrolliert werden. Deshalb müsste der Bundesrat die Möglichkeit haben, dem Parlament ­ zusätzlich zu seiner allgemeinen Darlegung der IWF-Politik in seinem jährlichen Aussenwirtschaftsbericht ­ einen Jahresbericht über die Tätigkeiten des IWF vorzulegen. Im Übrigen böte sich mit der parlamentarischen Genehmigung der Kapitalaufstockungen des IWF eine gute Gelegenheit, eine gewisse Kontrolle auszuüben, da diese in der Regel alle vier bis sechs Jahre vorgenommen werden.

Zu den Einwänden der Kommissionsminderheit ist zu sagen, dass es hier nicht um eine Einmischung des Parlamentes in die Kompetenzen des Bundesrates geht, sondern vielmehr darum, die Tätigkeiten dieser Organisation effizient zu begleiten und mitzugestalten, dies umso mehr, als der Bundesrat sich in seiner Antwort auf die Einfache Anfrage von Nationalrat Remo Gysin bereit erklärt hat, den Aussenpolitischen Kommissionen künftig die Berichte zu den Sitzungen des Interimsausschusses sowie Informationen zu allen wichtigen Entscheiden des Gouverneursrates zu liefern.

Am 3. Juni 1999 beschloss der Nationalrat mit 56 gegen 55 Stimmen, der Initiative Folge zu geben, und beauftragte unsere Kommission gestützt auf Artikel 21quater des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG) mit der Ausarbeitung dieses Berichtes.

1.3

Arbeiten der Kommission

Anlässlich der Sitzung vom 26. August 1999 befasste sich die Kommission eingehend mit diesem Geschäft und beauftragte das Sekretariat mit der Ausarbeitung eines Berichtsentwurfes. An ihrer Sitzung vom 15. Mai 2000 hat die Kommission dem Bericht zugestimmt und mit 15 zu 2 Stimmen beschlossen, ihrem Rat zu beantragen, die vorgeschlagene Gesetzesänderung anzunehmen.

2

Gesetzgebung in anderen Ländern

In den meisten demokratischen Ländern, beispielsweise in Frankreich, Grossbritannien und in den Vereinigten Staaten, müssen die Kapitalaufstockungen des IWF vom Parlament genehmigt werden.

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II Besonderer Teil 3

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

3.1

Änderung von Artikel 2 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über die Mitwirkung der Schweiz an den Institutionen von Bretton Woods (SR 979.1)

Laut der parlamentarischen Initiative soll das Bundesgesetz über die Mitwirkung der Schweiz an den Institutionen von Bretton Woods so geändert werden, dass die Teilnahme der Schweiz an den Kapitalaufstockungen des Internationalen Währungsfonds vom Parlament genehmigt werden muss. Nach Artikel 2 des geltenden Gesetzes muss die Bundesversammlung über solche Erhöhungen vorgängig informiert werden. Diese Bestimmung war ein Kompromiss: Sie sollte, ohne die Kompetenzverteilung zwischen Bundesrat und Parlament anzutasten, dem Parlament ermöglichen, über Fragen im Zusammenhang mit dem IWF zu diskutieren. Die Initiative verlangt, diesen Artikel so zu ändern, dass die Bundesversammlung über Kapitalerhöhungen nicht nur vorgängig informiert wird, sondern diese auch zu genehmigen hat.

Die Finanzierung der schweizerischen Beiträge an die Weltbankgruppe (Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, Internationale Entwicklungsorganisation, Internationale Finanz-Corporation) und an die regionalen Entwicklungsbanken erfolgt über Rahmenkredite, die vom Parlament zu bewilligen sind. Als Rechtsgrundlage für die jeweiligen Bundesbeschlüsse dient das Bundesgesetz vom 19. März 1976 über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe (SR 974.0).

Mit der Annahme der parlamentarischen Initiative würde für die Schweizer Beiträge an den Internationalen Währungsfonds das gleiche Genehmigungsverfahren eingeführt wie für die Beitragsleistungen an die Weltbankgruppe, obschon die mit der Mitgliedschaft beim IWF verbundenen finanziellen Leistungen von der Nationalbank erbracht werden und keine Wirkung auf den Bundeshaushalt haben. Angesichts dessen, dass das internationale Währungssystem seit der Gründung der Bretton-Woods-Institutionen verschiedene Änderungen erfahren hat, dass der IWF weitgehend in die Wirtschaftspolitik der betroffenen Länder eingreift und sich seine Strukturanpassungsprogramme deshalb oft sozial verheerend auswirken, ist es wichtig, dass das Parlament bei Fragen, die mit der schweizerischen Beteiligung am IWF zusammenhängen, konsultiert wird. Auf diese Weise könnte mehr Transparenz in die Arbeitsmethoden des IWF gebracht werden, und das Parlament hätte eine Mitsprachemöglichkeit, sei es, um den Bundesrat bei seinen Entscheiden zu unterstützen, sei es, um ihn auf besonders wichtige
Punkte aufmerksam zu machen. Zudem wäre diese Regelung ganz im Sinne von Artikel 47bisa GVG (SR 171.11), d.h. einer vermehrten Mitwirkung des Parlamentes im Bereich der Aussenpolitik.

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4

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Diese Gesetzesänderung hat keinerlei Auswirkungen auf die Bundesfinanzen und den Personalbestand.

5

Verhältnis zum europäischen Recht

Das europäische Recht wird vom IWF-Bereich auf keine Weise tangiert.

6

Verfassungsmässigkeit (Verträglichkeit mit der neuen Bundesverfassung)

Die Gesetzesänderung stützt sich auf die Artikel 54, 101, 166 und 184 der neuen Bundesverfassung (Kompetenzen des Bundes in auswärtigen Angelegenheiten).

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