04.046 Botschaft über die Genehmigung des revidierten internationalen Übereinkommens zum Schutz von Pflanzenzüchtungen und die Änderung des Sortenschutzgesetzes vom 23. Juni 2004

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, mit der vorliegenden Botschaft unterbreiten wir Ihnen die Entwürfe zu einem Bundesbeschluss betreffend das Internationale Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen und zu einer Revision des Sortenschutzgesetzes mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

23. Juni 2004

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Joseph Deiss Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2004-0068

4155

Übersicht Die vorgeschlagenen Änderungen im Sortenschutzrecht tragen den modernen Züchtungsmethoden Rechnung. Insbesondere sollen im Wesentlichen abgeleitete Sorten nicht mehr unabhängig von der Ursprungssorte verwertet werden können. Im Weiteren sollen die Befugnis zum Nachbau landwirtschaftlicher Sorten und Schnittstellen zum Patentrecht geregelt werden.

Ausgangslage Nach kleineren Revisionen in den Jahren 1972 und 1978 ist das UPOV-Übereinkommen 1991 in erheblichem Umfang revidiert worden. Dabei ist der Entwicklung der Pflanzenzüchtung, insbesondere der neuen Züchtungsmethoden, und der Forderung der Züchter auf einen verbesserten Schutz Rechnung getragen worden.

Zwölf der damals 20 UPOV-Vertragsparteien haben die neue Fassung unterzeichnet, darunter, unter Ratifikationsvorbehalt, auch die Schweiz. Nachdem fünf Staaten die Ratifikationsurkunde hinterlegt haben, ist das revidierte Übereinkommen (UPOV-Ü [1991]) im Jahre 1998 in Kraft getreten. Bevor der Bundesrat das neue Übereinkommen ratifizieren kann, bedarf es der Genehmigung der eidgenössischen Räte. Gleichzeitig ist das Sortenschutzgesetz vom 20. März 19751 den neuen Vorschriften anzupassen.

Inhalt der Vorlage Es wird vorgeschlagen, das revidierte internationale Übereinkommen durch die eidgenössischen Räte genehmigen zu lassen und die notwendigen nationalen Rechtsanpassungen vorzunehmen. Im vorliegenden Gesetzesentwurf mitberücksichtigt wurden die Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates der Europäischen Union vom 27. Juli 1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz und die Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen, soweit dabei der Sortenschutz betroffen ist. Die Bestimmungen des WTO/TRIPS-Abkommens sind ebenfalls in die Überlegungen miteinbezogen worden. Im Weiteren wird vorgeschlagen, bestimmte Schnittstellen zum Patentgesetz im Rahmen dieser Revision zu regeln. Dabei sind insbesondere folgende Punkte von Bedeutung:

1

­

Aufnahme der Definition einer Pflanzensorte;

­

Anpassung der Züchterrechte an die Entwicklung im Bereich der Pflanzenzüchtung;

­

Aufnahme einer Bestimmung über Zwangslizenzen zwischen Sortenschutzund Patentrecht;

­

Regelung des Landwirteprivilegs, d.h. des Rechts der Landwirte, Erntegut, das aus dem Anbau einer geschützten Sorte gewonnen wird, im eigenen Betrieb zum Zweck der Vermehrung zu verwenden; SR 232.16

4156

­

Anerkennung ausländischer Sortenschutzzertifikate;

­

Inländerbehandlung und Meistbegünstigungsklausel des WTO/TRIPSAbkommens.

Im Weiteren werden die Bestimmungen über den zivilrechtlichen Schutz überarbeitet und mit anderen Erlassen im Bereich des geistigen Eigentums harmonisiert. Es wird den Erfahrungen und den sich abzeichnenden Entwicklungen Rechnung getragen.

4157

Inhaltsverzeichnis Übersicht

4156

1 Grundzüge des Vertrags 1.1 Ausgangslage 1.2 Verlauf der Verhandlungen 1.3 Verhandlungsergebnis 1.4 Überblick über den Inhalt des Vertrags 1.5 Würdigung

4159 4159 4160 4161 4161 4162

2 Erläuterungen zu einzelnen Artikeln des Vertrags

4163

3 Auswirkungen 3.1 Auswirkungen auf den Bund 3.2 Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden 3.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

4170 4170 4170 4170

4 Verhältnis zur Legislaturplanung

4171

5 Änderung des Bundesgesetzes über den Schutz von Pflanzenzüchtungen und des Patentgesetzes 5.1 Verhältnis zwischen Sortenschutzrecht und Patentrecht 5.2 Grundzüge der Änderung des Sortenschutzgesetzes 5.2.1 Die beantragte Neuregelung 5.2.2 Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung 5.2.3 Umsetzung 5.3 Erläuterungen zu einzelnen Artikeln 5.3.1 Sortenschutzgesetz 5.3.2 Patentgesetz

4172 4172 4176 4176 4177 4178 4179 4179 4186

6 Rechtliche Aspekte 6.1 Verfassungsmässigkeit 6.2 Erlassform

4189 4189 4189

Bundesbeschluss über die Genehmigung des revidierten internationalen Übereinkommens zum Schutz von Pflanzenzüchtungen und die Änderung des Sortenschutzgesetzes (Entwurf)

4191

Internationales Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen

4203

4158

Botschaft 1

Grundzüge des Vertrags

1.1

Ausgangslage

Möglichkeiten, eine Sorte zu schützen Gewerbliche Erfindungen und Urheberwerke geniessen in vielen Staaten bereits seit über hundert Jahren einen Schutz, der es für eine bestimmte Dauer erlaubt, ihre Verwertung durch Dritte von der Zustimmung der Rechtsinhaber abhängig zu machen. Obwohl auch die Züchtung einer neuen Sorte in der Regel eine erhebliche geistige und wirtschaftliche Leistung darstellt, stand dafür lange Zeit keine geeignete Schutzmöglichkeit zur Verfügung. Rechtsinstitute wie der Markenschutz, das Wettbewerbsrecht oder privatrechtliche Verträge sind nur bedingt geeignet, einen gewerblichen Schutz der Sorten zu gewährleisten. Das Patentrecht ist auf technische Erfindungen zugeschnitten. In einigen Ländern wurde es auch für Pflanzenzüchtungen geöffnet. In der Schweiz hingegen wurde Mitte des letzten Jahrhunderts die Forderung, dass der Schutz von Züchtungsverfahren, Saatgut und Pflanzensorten im Patentrecht geregelt werden soll, abgelehnt mit der Begründung, der Züchterschutz erscheine als Sondergebiet eigener Prägung und eigne sich nicht für die Einbeziehung in das gewöhnliche Patentrecht (BBl 1950 I 977 ff.). Insbesondere die mangelnde Wiederholbarkeit der Züchtungsergebnisse und die Vermehrungsfähigkeit der Pflanzen sprachen gegen deren Patentierbarkeit. Deshalb wurde eine auf die Pflanzenzüchtung zugeschnittene Schutzmöglichkeit verlangt.

Das UPOV-Übereinkommen Am 2. Dezember 1961 wurde nach mehrjährigen Vorarbeiten das Internationale Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (UPOV-Ü [1961]) abgeschlossen und der Internationale Verband zum Schutz von Pflanzenzüchtungen unter dem Namen UPOV (Union Internationale pour la Protection des Obtentions Végétales) gegründet. Das Übereinkommen trat 1968 in Kraft.

Das Übereinkommen verpflichtet die Verbandsstaaten, «dem Züchter einer neuen Pflanzensorte ein Recht zu gewähren und zu sichern». Es regelt die minimalen Voraussetzungen für die Gewährung des Sortenschutzes, die Mindestschutzdauer, die Wirkung des Sortenschutzes sowie die Nichtigkeits- und Aufhebungsgründe. Im Weiteren enthält es organisatorische Vorschriften des Verbandes.

Die Schweiz hat an den Vorbereitungsarbeiten zum UPOV-Ü (1961) teilgenommen und das Übereinkommen 1962 unterzeichnet. In der Folge wurde das erste nationale Sortenschutzgesetz ausgearbeitet und am 20. März
1975 von der Bundesversammlung angenommen. Seit dem 1. Juni 1977, dem Datum des Inkrafttretens des Sortenschutzgesetzes, haben die Pflanzenzüchter in der Schweiz die Möglichkeit, ihre Züchtungen schützen zu lassen. Seit dem 8. November 1981 ist für die Schweiz zudem das UPOV-Ü in der Fassung von 1978 in Kraft2.

2

SR 0.232.161

4159

Entwicklung neuer Züchtungsmethoden Insbesondere bei den Kulturpflanzen sind Ertrag und Qualität des Erntegutes ebenso wie die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen gegen Krankheitserreger und Wetterstress massgebend. Der Pflanzenzüchtung fällt hier eine Schlüsselrolle zu. Während Jahrhunderten wurden neue Sorten durch selektive Auslese des Saatgutes hervorgebracht. Ab 1860 und noch zur Zeit der Ausarbeitung des geltenden Gesetzes entstanden neue Sorten vorwiegend mit der klassischen Kombinationszüchtung. Die Hybridzüchtung wurde in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts entwickelt, Zell- und Gewebekulturen werden seit etwa 30 Jahren in der Pflanzenzüchtung genutzt. In den letzten 20 Jahren sind weitere biotechnologische Methoden entwickelt worden, welche die Pflanzenzüchter nutzen. So verschaffen sogenannte DNASonden, die als Selektionshilfen während des Züchtungsprozesses gebraucht werden, eine neue Möglichkeit, wirtschaftlich wichtige Gene, insbesondere auch Resistenzgene, rasch und zuverlässig zu identifizieren.

Mit der Technik des Gentransfers werden einerseits die Kombinationsmöglichkeiten von Erbmaterial erheblich erweitert, andererseits ist es einfacher geworden, in eine gute, wirtschaftlich erfolgreiche Sorte ein neues Gen einzuschleusen und so relativ einfach zu einer neuen Sorte mit guten Eigenschaften zu kommen.

Nach kleineren Revisionen in den Jahren 1972 und 1978 haben diese Entwicklungen und das Anliegen, den Sortenschutz attraktiver zu regeln, die Verbandsstaaten der UPOV bewogen, das Übereinkommen im Jahre 1991 in erheblichem Umfang zu revidieren.

1.2

Verlauf der Verhandlungen

Nach gut zweijähriger Vorbereitung hat die UPOV ihre Verbandsstaaten zu einer diplomatischen Konferenz zur Revision des UPOV-Übereinkommens eingeladen.

An der Konferenz vom 4. bis 19. März 1991 nahmen Delegationen aller 20 Verbandsstaaten teil, 27 Nichtverbandsstaaten waren durch Beobachterdelegationen vertreten und 25 internationale Organisationen hatten Vertreter entsandt.

Als Ausgangsdokument diente ein vom Rat der UPOV genehmigter Entwurf des Übereinkommens. Der Ausgangsvorschlag wurde artikelweise im Plenum diskutiert.

Die Delegationen der Verbandsstaaten legten ihre Änderungsvorschläge schriftlich vor. Für die Definition der Sorte (Art. 1) und die Bestimmung der Handlungen, die der Zustimmung des Sortenschutzinhabers bedürfen (Art. 14 Abs. 1), wurde vom Plenum eine Arbeitsgruppe eingesetzt, welche einen Lösungsvorschlag auszuarbeiten hatte. Über den definitiven Wortlaut entschied schliesslich das einfache Mehr der stimmberechtigten Delegationen.

Mandat der Schweizer Delegation Die Schweizer Delegation erhielt vom Bundesrat folgendes Mandat: 1.

Sie unterstützt grundsätzlich die Zielrichtung des Revisionsentwurfs der UPOV.

2.

Sie setzt sich für eine qualitative Verbesserung des Schutzrechtes und für eine Ausdehnung der Schutzmöglichkeiten auf alle Pflanzensorten ein.

4160

3.

Sie ist gegen die Aufnahme eines «Doppelschutzverbots» in das Übereinkommen. Es soll alles vermieden werden, was die Wahl verschiedener Schutzsysteme oder den Anwendungsbereich anderer Schutzsysteme einschränken würde. Insbesondere trägt sie Sorge, dass die Definition der Pflanzensorte nicht nur den Anliegen des Sortenschutzrechts, sondern auch denjenigen des Patentrechts gerecht wird.

4.

Sie strebt ein starkes Züchterrecht an, ohne die Belange der Landwirtschaft zu vernachlässigen und äussert sich positiv zum Artikel über die Ausdehnung des Züchterrechts bis auf das vom Erntegut hergestellten Erzeugnis und zur Aufnahme einer für die Vertragsparteien nicht zwingenden Bestimmung über den Nachbau.

1.3

Verhandlungsergebnis

Nach Beendigung ihrer Erörterungen nahm die Konferenz eine revidierte Akte des Internationalen Übereinkommens an (im Folgenden UPOV-Ü [1991]), sowie eine Resolution betreffend die Ausarbeitung von Richtlinien über im Wesentlichen abgeleitete Sorten, eine Empfehlung betreffend die Auslegung der Bestimmung zum Landwirteprivileg und eine gemeinsame Erklärung der Delegationen Dänemarks und der Niederlande.

Zwölf der damals 20 Verbandsstaaten haben die neue Fassung unmittelbar nach der Annahme unterzeichnet, darunter unter Ratifikationsvorbehalt, auch die Schweiz.

Nachdem fünf Staaten die Ratifikationsurkunde hinterlegt hatten, trat das UPOV-Ü (1991) im Jahre 1998 in Kraft.

1.4

Überblick über den Inhalt des Vertrags

Die verabschiedete Fassung des Übereinkommens definiert neu im ersten Kapitel grundlegende Begriffe.

Im zweiten Kapitel werden die allgemeinen Verpflichtungen der Vertragsparteien festgelegt. Neu verpflichten sich diejenigen Verbandsmitglieder, die wie die Schweiz bereits an ein früheres UPOV-Übereinkommen gebunden waren, bis spätestens fünf Jahre nach ihrem Beitritt zum UPOV-Ü (1991) das Übereinkommen auf alle Pflanzengattungen und -arten anzuwenden. Im Weiteren ist die Bestimmung über das Doppelschutzverbot aufgehoben worden. Dies bedeutet, dass das UPOV-Ü (1991) den Verbandsmitgliedern die Freiheit lässt, für Pflanzenzüchtungen dem Züchter ein besonderes Schutzrecht, ein Patent oder beides zu gewähren. Bisher war es nur mit entsprechender Notifikation möglich, für dieselbe Art oder Gattung zwei Schutzrechtsformen vorzusehen.

Die Schutzvoraussetzungen (Neuheit, Unterscheidbarkeit, Homogenität und Beständigkeit der Sorte) sind gleich geblieben. Auch die Bestimmungen über die Einreichung eines Schutzantrags sind im Wesentlichen unverändert. Die Artikel betreffend den Inhalt des Züchterrechts haben jedoch wichtige Änderungen erfahren. So werden alle Handlungen in Bezug auf das Vermehrungsmaterial einer geschützten Sorte aufgeführt, die grundsätzlich die Zustimmung des Schutzrechtsinhabers bedürfen.

Neu wird diese Zustimmung auch für Handlungen in Bezug auf Erntegut einer 4161

geschützten Sorte verlangt, jedoch nur, wenn der Züchter keine angemessene Gelegenheit hatte, sein Recht bereits beim Vermehrungsmaterial geltend zu machen. Den Vertragsparteien wird zudem freigestellt, ob sie den Schutz auch auf unmittelbar aus dem Erntegut hergestellte Erzeugnisse ausdehnen wollen, wenn der Züchter auch keine angemessene Gelegenheit hatte, sein Recht mit Bezug auf das Erntegut auszuüben. Eine weitere Neuerung ist die Erweiterung des Schutzes auf im Wesentlichen abgeleitete Sorten. Dies bedeutet, dass Handlungen mit einer neuen Sorte, die von einer geschützten Sorte abgeleitet wurde und deren wesentlichen Merkmale beibehalten hat, ebenfalls der Zustimmung des Ursprungszüchters (Züchter der geschützten Sorte) bedürfen.

Das UPOV-Ü (1991) sieht jedoch auch Ausnahmen von diesen Schutzrechten vor.

Wie bisher bedürfen Handlungen im privaten Bereich zu nichtgewerblichen Zwecken, Handlungen zu Versuchszwecken sowie Handlungen zum Zweck der Schaffung neuer Sorten nicht der Zustimmung des Schutzrechtsinhabers. Die Regelung des sogenannten Landwirteprivilegs, welches Landwirten gestattet, das aus dem Anbau einer geschützten Sorte im eigenen Betrieb gewonnene Erntegut im eigenen Betrieb zum Zweck der Vermehrung zu verwenden, wird neu ausdrücklich den Vertragsparteien überlassen.

Das Übereinkommen regelt neu auch die Erschöpfung des Züchterrechts, wobei die nationale bzw. regionale Erschöpfung vorgeschrieben ist. Dies bedeutet, dass der Sortenschutzinhaber kein Recht mehr geltend machen kann an Vermehrungsmaterial, welches von ihm oder mit seiner Zustimmung im Hoheitsgebiet der betreffenden Vertragspartei verkauft worden ist, es sei denn, das Material werde vermehrt, ohne dass dies vorgesehen war.

Im Weiteren wird die Mindestschutzdauer von 15 auf 20 Jahre und für Reben und Bäume von 18 auf 25 Jahre erhöht.

Wie die vorherigen Akten schreibt auch das UPOV-Ü (1991) abschliessend vor, aus welchen Gründen ein Sortenschutzrecht für nichtig erklärt oder wann es aufgehoben werden darf bzw. muss.

Die organisatorischen Vorschriften des Übereinkommens haben nur geringe Änderungen erfahren, die für die schweizerische Gesetzgebung unwesentlich sind.

1.5

Würdigung

Die Revision trägt der Entwicklung der Pflanzenzüchtung, insbesondere der neuen Züchtungsmethoden, und der Forderung der Züchter auf einen verbesserten Schutz Rechnung. Trotz strengeren Mindestvorschriften, bleibt den Vertragsparteien die Möglichkeit, bestimmte politisch wichtige Fragen nach eigener Interessensabwägung zu regeln. Dies trifft zu bei der Regelung der Form des Schutzes (Patent, besonderes Schutzrecht oder beides), des Schutzumfangs und des Landwirteprivilegs. Der Ausgangsvorschlag ist sowohl formell als auch materiell von den Verbandsstaaten in den Grundzügen angenommen worden. Damit wurden die Anliegen der Schweiz erfüllt.

Mittlerweile sind über 50 Staaten Vertragsparteien der UPOV. Dies bestätigt die wachsende Bedeutung und Attraktivität des Sortenschutzes.

4162

2 Art. 1

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln des Vertrags Begriffsbestimmungen

Sorte Am bedeutendsten ist die Definition der Sorte, die in Zusammenarbeit mit Fachleuten aus dem Patentbereich formuliert wurde. Der Begriff «Sorte» ist ein wesentliches Abgrenzungskriterium für die Frage, ob pflanzliche Neuzüchtungen nach dem Sortenschutzgesetz schützbar sind oder allenfalls dem Patentschutz offenstehen.

Die Definition geht zunächst von der Gesamtheit von Pflanzen innerhalb eines bestimmten Taxons der untersten bekannten Rangstufe aus. Dieser Taxon ist die Art.

Wesentliches Merkmal der Art ist, dass dessen Individuen das gleiche äussere Erscheinungsbild als Ausdruck des jeweils gemeinsamen Genbestandes (Genom) aufweisen und dass sie unter natürlichen Bedingungen eine tatsächliche oder potenzielle Fortpflanzungsgemeinschaft bilden. Der Landwirt baut aber nicht nur die Pflanzenart «Weizen» oder «Kartoffel» an, sondern wählt aus der Art die «Pflanzengruppe» aus, die bestimmte, für ihn wesentliche Merkmale aufweist. Diese Merkmale ergeben sich aus einem bestimmten Genotyp (Subvarietät) oder einer Kombination von Genotypen. Unterscheidet sich eine solche Pflanzengesamtheit in mindestens einem Merkmal von allen andern Pflanzengesamtheiten und sind diese Merkmale nach jeder Vermehrung oder im Falle eines Vermehrungszyklusses nach jedem Vermehrungszyklus unverändert, so bildet diese Pflanzengesamtheit sortenschutzrechtlich eine Sorte (bei Kartoffeln beispielsweise Bintje, Urgenta, Charlotte usw.).

Züchter Der Züchter wird definiert als die Person, die eine Sorte hervorgebracht oder sie entdeckt und entwickelt hat. Aus dieser Definition ergibt sich, dass zur Züchtung immer einige Entwicklungsschritte gehören und eine in der Natur entdeckte Pflanze ohne weitere Entwicklung in der Regel nicht schützbar ist.

Art. 5­9

Schutzvoraussetzungen

Bei den materiellen Schutzvoraussetzungen bleibt den Vertragsparteien kein Spielraum. Einerseits müssen die Sorten neu, unterscheidbar, homogen und beständig sein, andererseits dürfen die Vertragsparteien keine weiteren Voraussetzungen vorschreiben. In den Artikeln 6­9 wird bestimmt, was unter diesen Schutzvoraussetzungen zu verstehen ist.

Neuheit Eine Sorte gilt als neu, wenn sie im Hoheitsgebiet der Vertragspartei, in der die Anmeldung eingereicht worden ist, höchstens ein Jahr, in anderen Vertragsparteien höchstens vier Jahre bzw. sechs Jahre vor der Anmeldung vermarktet worden ist.

Der Sorteninhaber hat so die Möglichkeit zu prüfen, ob seine Sorte marktfähig ist, bevor er sie zum Sortenschutz anmeldet. Dabei ist zu beachten, dass neu nicht nur die Verwertung von Vermehrungsmaterial massgebend ist, sondern auch jene von Erntegut. Beispielsweise dürfen nicht nur keine Setzlinge, sondern auch keine Erdbeeren der angemeldeten Sorte vor dem erwähnten Zeitpunkt angeboten worden sein. Jedoch ist einzig das Anbieten oder Vertreiben der Sorte durch den Züchter 4163

selber oder mit dessen Zustimmung neuheitsschädigend. Damit wird sichergestellt, dass eine widerrechtliche Benutzung Dritter den Anspruch des Züchters auf das Sortenschutzrecht nicht vereiteln kann.

Unterscheidbarkeit Eine Sorte muss sich von jeder anderen Sorte, deren Vorhandensein am Tag der Anmeldung allgemein bekannt ist, deutlich unterscheiden, um schutzfähig zu sein.

Die Unterscheidungsmerkmale können morphologischer oder physiologischer Natur sein. Sie müssen aber genau erkannt und beschrieben werden können, damit eine Sorte bestimmt und unterschieden werden kann. Zudem darf es sich nicht um umweltbedingte Unterschiede handeln, sondern sie müssen durch die Genstruktur bedingt sein.

Homogenität Die Pflanzen einer Sorte dürfen sich in ihren massgebenden Merkmalen (z.B. Halmlänge, Beginn der Blüte, Blütenfarbe) nicht unterscheiden. Dabei wird nicht die absolute Homogenität, die in der Natur nie gegeben ist, gefordert und die Art der Vermehrung wird berücksichtigt. Beispielsweise sind bei den generativ vermehrten Sorten die Anforderungen an die Homogenität geringer als bei vegetativ vermehrten Sorten.

Beständigkeit Schutzfähig ist nur eine Sorte, die über Generationen hinweg ihre wesentlichen Merkmale beibehält. Die Beständigkeit einer Sorte ist notwendig, damit eine Kultur dieser Sorte anhand einer Probe identifiziert werden kann und der Schutzinhaber allenfalls sein Recht geltend machen kann. Wie bei der Homogenität wird auch betreffend die Anforderungen an die Beständigkeit die Art der Vermehrung berücksichtigt.

Art. 11

Priorität

Die Priorität hat vor allem zwei Wirkungen, einerseits im Verhältnis zu anderen Sortenschutzanträgen für dieselbe Sorte und andererseits bezüglich der Neuheit der Züchtung.

Wie beim Patentverfahren ist der Zeitrang der Anmeldung für das Sortenschutzerteilungsverfahren massgebend. Macht ein Gesuchsteller in der Schweiz die Priorität der ersten Anmeldung in einer anderen Vertragspartei oder einem anderen Staat geltend, so tritt an Stelle des tatsächlichen Anmeldedatums in der Schweiz das Datum der Erstanmeldung. Diese Vorverschiebung ist bedeutend, wenn die betreffende Sorte in der Zwischenzeit von einem anderen Züchter angemeldet worden ist.

In diesem Fall ist das Datum der ersten Anmeldung für die Erteilung des Sortenschutzes massgebend.

Im Weiteren beurteilt sich die Neuheit der Züchtung bei wirksamer Inanspruchnahme der Priorität nach dem Datum der Erstanmeldung. Grundsätzlich neuheitsschädliche Handlungen sind danach nicht neuheitsschädlich, wenn sie im Inland höchstens ein Jahr vor der Erstanmeldung vorgenommen worden sind. Dies führt dazu, dass die «Neuheitsschonfrist» im günstigsten Fall zwei Jahre betragen kann.

4164

Wurde beispielsweise am 30. Juli 2003 eine neue Tulpensorte in Holland angemeldet, so kann bei einer Anmeldung in der Schweiz bis zum 30. Juli 2004 die Priorität geltend gemacht werden mit der Wirkung, dass auch für die Schweiz der 30. Juli 2003 als Anmeldedatum gilt. Dies hat bei der Beurteilung der Neuheit der Tulpensorte die Konsequenz, dass die Sorte noch als neu gilt, wenn sie nach dem 30. Juli 2002 erstmals in der Schweiz angeboten worden ist.

Der Gesuchsteller muss das für die Prüfung der Sorte notwendige Material zur Verfügung stellen. In der Regel wird die Sorte nach der Veröffentlichung der Anmeldung zur Prüfung angemeldet und das Material muss vor der nächsten Vegetationsperiode der Prüfstelle zugestellt werden. Beansprucht der Gesuchsteller die Priorität der ersten Anmeldung in einer andern Vertragspartei, so hat er nach dem UPOV-Ü (1978) eine Frist von vier Jahren nach Ablauf der Prioritätsfrist das Material beizubringen. Diese Frist wird im UPOV-Ü (1991) auf zwei Jahre verkürzt. In der Praxis dürfte diese Änderung wenig Auswirkung haben, da die Sortenprüfung meistens von derjenigen Vertragspartei oder in deren Auftrag durchgeführt wird, bei der die erste Anmeldung eingereicht worden ist. Dieser Prüfbericht wird dann übernommen, so dass sich das Einreichen von Prüfmaterial für die übrigen Anmeldungen erübrigt.

Art. 14

Inhalt des Züchterrechts

Handlungen, die der Zustimmung bedürfen In Absatz 1 wird als Grundsatz festgelegt, welche Handlungen mit Vermehrungsmaterial der geschützten Sorte der Zustimmung des Sortenschutzinhabers bedürfen.

Wie bis anhin sind dies das Erzeugen, das Vermehren, das Anbieten und das Vertreiben, wobei nicht mehr nur gewerbsmässig vorgenommene Handlungen betroffen sind. Hinzu kommen das Aus- oder Einführen des Materials, das Aufbereiten für Vermehrungszwecke sowie das Aufbewahren des Materials zu diesen Zwecken.

Ausdehnung auf Erntegut In Absatz 2 wird der Schutz auf das Erntegut ausgedehnt, allerdings mit dem Vorbehalt, dass der Sortenschutzinhaber keine angemessene Gelegenheit hatte, sein Recht bereits beim Vermehrungsmaterial geltend zu machen. Grundsätzlich soll der Sortenschutz wie bisher für Handlungen mit Vermehrungsmaterial gelten. So soll der Inhaber eines Schutztitels für eine Apfelsorte seine Lizenzgebühren beim Verkauf der Apfelbäume erheben, womit dann sein Recht auf Abgeltung erschöpft ist. Kommen aber beispielsweise Äpfel dieser Sorte auf den schweizerischen Markt, die von Obstplantagen eines Landes stammen, in dem die Apfelsorte nicht geschützt ist, so soll der Sortenschutzinhaber sein Recht in der Schweiz noch bei diesen Äpfeln geltend machen können. Dabei obliegt es jeweils dem Sortenschutzinhaber zu beweisen, dass er keine Möglichkeit hatte, das Sortenschutzrecht beim Vermehrungsmaterial geltend zu machen.

Ausdehnung auf bestimmte Erzeugnisse Das Übereinkommen überlässt es den Vertragsparteien, den Schutzumfang weiter auszudehnen auf Erzeugnisse, die aus Erntegut hergestellt wurden, welches durch ungenehmigte Benutzung von Vermehrungsmaterial gewonnen wurde. Auch hier darf der Schutz nur gewährt werden, wenn der Sortenschutzinhaber keine Gelegenheit hatte, sein Recht früher auszuüben.

4165

Ausdehnung auf im Wesentlichen abgeleitete Sorten und bestimmte andere Sorten Die Ausdehnung des Zustimmungserfordernisses auf weitere Sorten als die unmittelbar geschützte, erfolgt in Absatz 5. Dabei handelt es sich um drei Kategorien: 1.

Im Wesentlichen abgeleitete Sorten: Dabei handelt es sich um Sorten, die so entwickelt wurden, dass sie praktisch die genetische Struktur der Ursprungssorte beibehalten haben. Sie können beispielsweise durch die Auslese einer natürlichen oder künstlichen Mutante, durch Rückkreuzung oder durch gentechnische Mutation gewonnen werden. Das Ergebnis einer Kreuzung wird in der Regel keine im Wesentlichen abgeleitete Sorte sein.

Es dauert 10 bis 15 Jahre, um mit konventionellen Methoden eine neue Sorte zu züchten. Deshalb wird es als ungerecht empfunden, wenn jemand, der im Bestand der geschützten Ursprungssorte eine Mutante findet oder der Ursprungssorte im Labor ein neues Gen einfügt und so innert weniger Monate eine neue Sorte entwickelt, diese Sorte ohne Abgeltung der Arbeit des Ursprungszüchters verwerten kann. Der Ursprungszüchter soll das Recht erhalten, die Vermarktung einer mit wenig Aufwand von seiner Sorte abgeleiteten Sorte (solche Weiterzüchtungen sind unter den Schlagworten «Imitationszüchtung», «Cosmetic breeding» und «parasitäre Miniabweichung» bekannt), von seiner Zustimmung abhängig zu machen. Diese Zustimmung wird in der Regel mit einer Lizenzgebühr verbunden sein.

2.

Sorten, die sich nicht von der geschützten Sorte deutlich unterscheiden lassen: Bei diesen Pflanzen kann es sich gemäss der Definition einer Sorte nicht um sortenschutzrechtlich schutzfähige Sorten handeln, denn wenn es an der deutlichen Unterscheidbarkeit fehlt, gehören die «Sorten» zum Schutzbereich der geschützten Sorte und werden von ihr umfasst, ohne einen eigenen Schutz zu erlangen. Dies trifft selbst dann zu, wenn die nicht deutlich unterscheidbare Sorte aus einem anderen Kreuzungsprogramm stammt, als die geschützte Sorte.

3.

Sorten, deren Erzeugung die fortlaufende Verwendung der geschützten Sorte erfordert: Bei diesen Sorten handelt es sich um Hybridsorten (z.B. Mais), die durch Kreuzung von Erbkomponenten geschaffen werden. Da es sich dabei nicht um einen einmaligen Gebrauch der geschützten Sorte mit dem Ziel der Schaffung einer neuen Sorte, sondern um den mehrmaligen Gebrauch zur Erhaltung einer bereits vorhandenen, aber aus sich nicht erbbeständigen Sorte handelt, steht die Regelung nicht im Widerspruch zum Züchtervorbehalt.

Begriff der im Wesentlichen abgeleiteten Sorte Bei der «im Wesentlichen abgeleiteten Sorte» handelt es sich nach Absatz 5 Buchstabe b um eine Sorte, die sich zwar von der Ursprungssorte unterscheidet, aber trotzdem alle ihre charakteristischen Merkmale aufweist. Eine präzise Definition einer «im Wesentlichen abgeleiteten Sorte» gibt es nicht, deshalb sind unter Buchstabe c Beispiele aufgeführt, wie solche Sorten gewonnen werden können. Dazu gehören die Auslese einer natürlichen oder künstlichen Mutante oder die gentechnische Transformation. Entdeckt ein Züchter in einem Pflanzenbestand einer Sorte mit roten Blütenblättern eine Mutante mit blauen Blütenblättern und entwickelt er diese zu einer homogenen und stabilen Sorte, die sich nur in der Blütenfarbe von der ursprünglichen Sorte unterscheidet, so hat er eine im Wesentlichen abgeleitete Sorte 4166

hervorgebracht. Dies trifft auch zu, wenn er die Änderung der Blütenfarbe durch die künstliche Auslösung einer Mutation (z.B. durch Bestrahlung) oder durch gentechnologische Transformation erreicht hat.

Jedoch auch mit den erwähnten Methoden gewonnene Sorten müssen nicht unbedingt im Wesentlichen abgeleitet sein. Geht die Änderung so weit, dass die Ausprägung der wesentlichen Merkmale, die sich aus dem Genotyp ergeben, nicht beibehalten wird, ist davon auszugehen, dass es sich nicht mehr um eine im Wesentlichen abgeleitete Sorte handelt. Im Einzelfall wird dem Richter ein Ermessensspielraum bleiben zu bestimmen, wann die Ausprägung der wesentlichen Merkmale der Ursprungssorte entspricht und es sich um eine im Wesentlichen abgeleitete Sorte handelt.

Art. 15

Ausnahmen vom Züchterrecht

Verbindliche Ausnahmen Das Übereinkommen unterscheidet zwischen verbindlichen und freigestellten Ausnahmen. Verbindlich sind: 1.

Handlungen im privaten Bereich zu nichtgewerblichen Zwecken Was zum häuslichen Gebrauch bestimmt ist oder zu persönlichen Zwecken erfolgt, gehört zum privaten Bereich. Die von vielen Vernehmlassungsteilnehmern im Zusammenhang mit dem Landwirteprivileg erwähnte Selbstversorgung gehört in diesen Bereich. In landwirtschaftlichen Betrieben ist deshalb zu unterscheiden, ob das Erntegut im eigenen Haushalt verzehrt wird, oder ob es an Dritte verkauft wird. Von Erdbeeren einer geschützten Sorte dürfen beispielsweise Ableger für eine Neupflanzung gewonnen werden, sofern die Früchte zur Selbstversorgung des Haushalts gebraucht und nicht verkauft werden. Zur gewerblichen Nutzung gehören hingegen solche in der Forstwirtschaft, in Gärtnereien, in Gartenbau- und Züchtungsbetrieben sowie Baumschulen.

2.

Handlungen zu Versuchszwecken Vom Sortenschutz ausgenommene Versuchshandlungen dürfen auch zu gewerblichen Zwecken erfolgen. Sie müssen sich jedoch immer auf die Sorte als solche beziehen und diese so zum Versuchsobjekt machen. Wird die geschützte Sorte hingegen im Rahmen anderweitiger Versuche oder Forschungen verwendet, so ist dazu die Zustimmung des Sortenschutzinhabers notwendig.

3.

Züchtervorbehalt Geschützte Sorten sind zur Schaffung neuer Sorten frei verwendbar. Grundsätzlich erlangen diese neuen Sorten auch einen selbständigen Schutz und dürfen ohne Zustimmung des Ursprungszüchters verwertet werden. Dieser für das Sortenschutzrecht charakteristische sogenannte Züchtervorbehalt oder Züchterprivileg beruht darauf, dass Züchtungen nie völlig neu erfolgen, sondern immer auf vorhandenem Pflanzenmaterial aufbauen. Die freie Weiterzüchtbarkeit geschützter Sorten fördert die züchterische Forschungs- und Entwicklungstätigkeit und dient somit den Allgemeininteressen an neuen

4167

ökologisch und ökonomisch wertvollen Sorten und dem öffentlichen Interesse der Ernährungssicherheit. Sie soll deshalb aufrechterhalten beiben.

Eingeschränkt wird das Züchterprivileg insofern, als die Verwertung im Wesentlichen abgeleiteter Sorten von der Zustimmung des Ursprungszüchters abhängig gemacht werden soll. Bei der konventionellen Züchtung, die in der Regel mehrere Kreuzungsschritte beinhaltet, unterscheidet sich die neue Sorte von den Ursprungssorten naturgemäss in mehreren Merkmalen. Die durch Auslese einer natürlichen oder künstlichen Mutante oder einer gezielten gentechnologischen Transformation erhaltenen Sorten unterscheiden sich deutlich weniger von der Ursprungssorte und der Entwicklungsaufwand ist in der Regel wesentlich geringer als bei den konventionellen Züchtungsmethoden. Sind solche Sorten im Wesentlichen abgeleitet, so wird eine Restriktion des Züchterprivilegs im Bereich der Vermarktung als gerechtfertigt erachtet. Mit dieser Regelung soll das ambivalente Interesse des Züchters einerseits an einem möglichst weitgehenden Schutz seiner Sorte und andererseits an einer freien Verwendung der Konkurrenzsorten zur Weiterzucht ausbalanciert werden.

Freigestellte Ausnahmen Den Vertragsparteien bleibt es freigestellt, Landwirten zu gestatten, Erntegut, welches sie auf Ihrem Betrieb gewonnen haben, als Saatgut zu verwenden (Landwirteprivileg). In ihrer Empfehlung zu dieser Bestimmung stellte die Diplomatische Konferenz fest, dass sie nicht dazu führen sollte, ein Landwirteprivileg einzuführen, welches über die gängige Praxis in der entsprechenden Vertragspartei hinausgeht.

Art. 16

Erschöpfung des Züchterrechts

Die Rechtserschöpfung ist ein im gesamten gewerblichen Rechtsschutz gültiger Grundsatz. Danach hat der Rechtsinhaber seine ausschliesslichen Rechte an einem Immaterialgut dann erschöpft, wenn er das geschützte Produkt vermarktet oder dessen Vermarktung durch einen Dritten gestattet. In den früheren Fassungen des Übereinkommens war die Erschöpfung des Züchterrechts nicht ausdrücklich geregelt, die Frage blieb deshalb offen, ob das Recht des Sortenschutzinhabers nur erschöpft ist, wenn das geschützte Pflanzenmaterial vom Sortenschutzinhaber selber oder mit seiner Zustimmung von Dritten im Inland verkauft oder sonst wie vertrieben worden ist (nationale Erschöpfung) oder auch, wenn dies im Ausland geschehen ist (internationale Erschöpfung) und das Material importiert wird.

Der Ausgangsvorschlag sah die nationale Erschöpfung vor, was ohne Diskussionen von den Verbandsstaaten akzeptiert wurde. Während der Konferenz haben die EUStaaten jedoch festgestellt, dass die nationale Erschöpfung nicht mit dem freien Warenverkehr innerhalb der EU vereinbar war. Auf Antrag der Niederlande wurde schliesslich in einem dritten Absatz festgelegt, dass Mitgliedstaaten einer zwischenstaatlichen Organisation gemeinsam die regionale Erschöpfung regeln können. Die regionale Erschöpfung kann somit nicht von einem Staat einseitig festgelegt werden.

Art. 19

Dauer des Züchterrechts

Mit dem Sortenschutz soll der Züchter die Möglichkeit haben, seine Investitionen zu amortisieren und weiterhin züchterisch tätig zu sein. Der Sortenschutz ist ein finanzieller Innovationsanreiz und gleichzeitig wird mit dem Züchterprivileg sicherge4168

stellt, dass alle Sorten für die Weiterzüchtung frei bleiben. Innerhalb einer gewissen Zeit sollte die Amortisation erreicht werden können und die Sorten sollen für den Markt frei werden. Der Sortenschutz wird deshalb nur für eine bestimmte Dauer gewährt. Die Schutzdauer spielt eine wichtige Rolle für den Ausgleich zwischen Innovationsanreiz und Wettbewerbsfreiheit. Die Mindestschutzdauer wurde auf 20 Jahre und für Reben und Bäume auf 25 Jahre festgelegt.

Im Gegensatz zu krautigen Pflanzen sind Bäume und Reben langsam wachsende Pflanzen, bei denen in der Regel einerseits die Züchtung zeit- und kostenintensiver ist und die andererseits auch weniger oft gekauft und neu angepflanzt werden. Deshalb rechtfertigt sich eine längere Schutzdauer. Um die Abgrenzung zwischen Bäumen und Sträuchern zu erleichtern, hat die UPOV ein Dokument ausgearbeitet, in welchem die Arten und Gattungen aufgelistet sind, welche als Bäume oder Reben gelten.

Art. 20

Sortenbezeichnung

Die Sortenbezeichnung dient der Identifikation einer Sorte, deshalb darf sie nicht irreführend sein und Pflanzenmaterial, das in Verkehr gebracht wird, muss immer entsprechend gekennzeichnet sein. Eine Sortenbezeichnung muss grundsätzlich in allen Verbandsstaaten gleich lauten, die Behörden werden deshalb verpflichtet, sich gegenseitig zu informieren.

Eine Marke hingegen weist auf die Herkunft eines Erzeugnisses aus einem bestimmten Betrieb hin und hat vorwiegend Werbe- und Kennzeichnungsfunktion. Material einer geschützten Sorte darf auch unter einer Marke oder anderen Handelsbezeichnung angeboten und vertrieben werden, solange sich diese eindeutig von der Sortenbezeichnung unterscheidet und die Sortenbezeichnung leicht erkennbar bleibt. Eine Sorte muss also immer unter derselben Sortenbezeichnung in Verkehr gebracht werden, sie kann aber gleichzeitig unter verschiedenen Marken angeboten werden.

Art. 31

Beziehungen zwischen den Vertragsparteien und den durch frühere Akte gebundenen Staaten

Die bisherigen Übereinkommen werden mit der Akte von 1991 nicht aufgehoben.

Zwischen Staaten, die durch das UPOV-Ü (1991) gebunden sind, ist jedoch ausschliesslich dieses anwendbar. Für Beziehungen zwischen einer Vertragspartei, die sowohl an das UPOV-Ü (1991) als auch eine frühere Akte gebunden ist und einem Verbandsstaat, der nur an die frühere Akte gebunden ist, ist die letzte gemeinsame Akte massgebend. Diese Regelung ist wichtig für die Frage, ob ein Angehöriger einer Vertragspartei in einer anderen Vertragspartei Anspruch auf die Erlangung eines Sortenschutzrechts hat. Da mit der vorliegenden Revision des Sortenschutzgesetzes die Erlangung von Sortenschutzrechten in der Schweiz für alle Ausländer unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit möglich werden soll (siehe Ziff. 5.2.1), hat diese Bestimmung für die Schweiz keine Bedeutung mehr.

4169

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

Die Ratifizierung des UPOV-Ü (1991) und die Umsetzung des Sortenschutzes im Sortenschutzgesetz haben keine personellen und finanziellen Konsequenzen für den Bund. Der administrative Aufwand pro Anmeldung wird gleich bleiben. Der Beitrag der Schweiz an die UPOV erfährt keine Änderung; er beträgt nach wie vor 1,5 Einheiten, was 2003 einen Betrag von 80 462 Franken ausgemacht hat.

3.2

Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden

Die Vorlage hat keine Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden.

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Notwendigkeit und Möglichkeit staatlichen Handelns Erfahrungen haben gezeigt, dass Rechtsinstitute wie der Markenschutz, das Wettbewerbsrecht oder privatrechtliche Verträge den Interessen der Züchter nicht gerecht werden. Mit dem Sortenschutz wird den Züchtern ein auf Pflanzensorten abgestimmtes Schutzrecht zur Verfügung gestellt. Das staatliche Handeln beschränkt sich auf die Festsetzung der Voraussetzungen für den Schutz und dessen Umfang, die Prüfung der Sorte sowie die Erteilung des Schutztitels. Die Geltendmachung des Rechts und die ­ allenfalls gerichtliche ­ Verfolgung von Verletzungen des Sortenschutzes bleibt den Sortenschutzinhabern überlassen.

Auswirkungen auf die einzelnen gesellschaftlichen Gruppen Den Pflanzenzüchtern soll mit dieser Vorlage ermöglicht werden, ihre Investitionen zu amortisieren. Bisher konnte der Sortenschutz durch den Import von Erntegütern aus Ländern, in denen die Sorte nicht geschützt ist, unterlaufen werden. Bei solchen Importen wird der Sortenschutzinhaber sein Recht geltend machen können. Im Weiteren dürfte die Abhängigkeit der Imitationszüchtungen von der Ursprungssorte zur Folge haben, dass die Ursprungssorte weniger konkurrenziert wird. Davon betroffen dürften vor allem Züchter von Zierpflanzen sein.

Die Landwirte werden nur noch bestimmte geschützte Pflanzensorten frei vermehren dürfen. Obst- und Beerenpflanzen werden sie beim Sortenschutzinhaber oder einem lizenzierten Betrieb beziehen müssen. Im Obstbau wird die Eigenvermehrung heute auf 10­15 Prozent geschätzt und ist eher rückläufig, da ein starker Preisdruck herrscht und sich der Nachbau kaum mehr lohnt (die Lizenzgebühren pro Baum betragen 0,6­1,5 Franken beim Kernobst und bis 2 Franken beim Steinobst). Die Auswirkungen der neuen Regelungen werden deshalb nicht sehr gross sein.

Im Weiteren ist zu erwarten, dass die Preise in Gärtnereien und Gartenzentren für Trendsorten im Zierpflanzenbereich, die gerne imitiert werden, etwas steigen werden. Die Züchter dieser im Wesentlichen abgeleiteten Sorten haben Lizenzgebühren zu bezahlen, welche bis zu den Konsumentinnen und Konsumenten weiterverrechnet werden.

4170

Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft Der Sortenschutz hat grundsätzlich zwei Wirkungen auf die Wirtschaft: Einerseits verleiht er dem Sortenschutzinhaber eine zeitlich befristete Monopolstellung, was sich wettbewerbsbeschränkend auswirkt. Andererseits gibt diese Monopolstellung den Anreiz zu Innovationen. Diese Innovationsförderung ist die Voraussetzung dafür, dass neue, ökologisch wertvolle und ökonomisch interessante Sorten überhaupt angeboten werden. Mit der Vorlage sollen die Anreize zu Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen und die Interessen an einem funktionierenden Wettbewerb ausgewogen werden.

Was die landwirtschaftlichen Sorten betrifft, dürfte in den meisten Fällen ein Vorteil der geschützten Sorte, wie höherer Ertrag, Krankheitsresistenz oder eine besondere Eigenschaft die Bezahlung der Lizenzgebühren bei Weitem kompensieren. Es ist zu erwarten, dass sich der Sortenschutz auf das Angebot an verschiedenen Sorten positiv auswirkt, ansonsten ist kaum mit wesentlichen Auswirkungen auf die schweizerische Volkswirtschaft zu rechnen.

Alternativen Mitgliedstaaten des WTO/TRIPS-Abkommens sind gemäss Artikel 27.3 Buchstabe b lediglich gehalten, Pflanzensorten entweder durch ein Patent, ein eigenständiges Schutzsystem oder einer Kombination der beiden zu schützen. Dieses eigenständige System muss «wirksam» sein; ansonsten ist die Ausgestaltung eines solchen Systems nicht näher bestimmt. Das UPOV-System wird allgemein als wirksames System «sui generis» für den Schutz von Pflanzensorten anerkannt.

Die Schweiz ist bereits Mitglied der UPOV und hat ein wirksames Schutzsystem aufgebaut. Die Alternative, Pflanzensorten mit Patenten zu schützen, ist, wie erwähnt, für konventionell gezüchtete Sorten ungeeignet und wird von den Züchtern auch nicht gewünscht. Zudem müsste der Ausschlussartikel für Pflanzensorten im Patentrecht aufgehoben werden. Hingegen könnte auf die Ratifizierung des UPOV-Ü (1991) und die Revision des Sortenschutzgesetzes verzichtet werden.

Damit wäre die Erlangung eines Sortenschutztitels in der Schweiz jedoch weniger attraktiv als in den meisten UPOV-Verbandsstaaten, was dazu führen könnte, dass neue Sorten teilweise in der Schweiz nicht angeboten werden.

Zweckmässigkeit im Vollzug Die Änderungen im Sortenschutzrecht werden am Vollzug grundsätzlich nichts ändern. Weil die Vermarktung einer im Wesentlichen abgeleitete Sorte abhängig wird von den Ursprungssorte, ist allenfalls mit vermehrten Gerichtsverfahren zu rechnen.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Botschaft über die Genehmigung des UPOV-Übereinkommens und die Änderung des Sortenschutzgesetzes ist im Bericht über die Legislaturplanung 2003­2007 angekündigt3.

3

BBl 2004 1149

4171

5

Änderung des Bundesgesetzes über den Schutz von Pflanzenzüchtungen und des Patentgesetzes

5.1

Verhältnis zwischen Sortenschutzrecht und Patentrecht

Koordination der Revisionen Das Sortenschutzrecht gehört wie das Patentrecht zu den Immaterialgüterrechten und beide gewähren dem Inhaber eines Schutztitels ein Ausschliesslichkeitsrecht.

Der Inhaber eines Sortenschutztitels oder eines Patentes kann also Dritten die Benutzung seiner Sorte bzw. seiner Erfindung verbieten oder von der Bezahlung einer Lizenzgebühr abhängig machen. Obwohl die beiden Schutzsysteme grundsätzlich gleich funktionieren, bestehen erhebliche Unterschiede, was die Voraussetzungen für den Schutz und den Schutzumfang betrifft. Diese Unterschiede berücksichtigen, dass sich die Schaffung einer neuen Sorte von der technischen Erfindung unterscheidet. Mit den modernen Züchtungsmethoden und dem Aufkommen biotechnologischer Methoden hat jedoch eine Annäherung beider Schutzrechtsbereiche stattgefunden, so dass sich vermehrt Berührungspunkte ergeben und sich eine scharfe Abgrenzung nicht vornehmen lässt, wie nachstehend zu verdeutlichen ist. Diese Berührungspunkte rechtfertigen es, dass einige punktuelle Änderung des Patentgesetzes, die Gegenstand der laufenden Revision des Patentgesetzes bilden, aus dieser Revision herausgelöst und vorab im Rahmen der Revision des Sortenschutzgesetzes, die in einem fortgeschrittenen Verfahrensstadium steht, geregelt werden.

Schutzgegenstand Schutzgegenstand ist bei einem Sortenschutzrecht die Pflanzensorte als konkrete Sache, bei einem Patent die Erfindung (Verfahren oder Erzeugnis) als generische Handlungslehre (eine Lehre zum planmässigen Handeln unter Einsatz von Naturstoffen und Naturkräften zur Erreichung eines bestimmten Erfolgs). Die Erfindung beinhaltet also die praktische Anwendung einer Erkenntnis auf technischem Gebiet.

Sie kann auch pflanzenbiologisches Material zum Gegenstand haben.

Die Patentierbarkeit pflanzlichen Materials wird an der Schnittstelle zum Sortenschutzrecht allerdings durch Artikel 1a PatG beschränkt. Artikel 1a PatG bestimmt unter anderem, dass für Pflanzensorten und Tierrassen sowie im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren keine Patente erteilt werden. Dieser Patentierungsausschluss ist nicht aus ethischen Gründen eingeführt worden, sondern erklärt sich historisch: Er geht auf Artikel 2 Buchstabe b des Übereinkommens vom 27. November 1963 zur Vereinheitlichung gewisser Begriffe des
materiellen Rechts der Erfindungspatente (SR 0.232.142.1) zurück. Diese Bestimmung ist im Wesentlichen auf das Bestehen eines Schutzsystems für Pflanzenzüchtungen zurückzuführen, das wiederum aus dem technischen Verständnis des Patentrechts zu begreifen ist. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden nämlich Züchtungsergebnisse bezüglich Pflanzen und Tieren mangels Wiederholbarkeit als nicht patentfähig angesehen (BBl 1989 III 249 unter Verweis auf BBl 1976 II 68; BBl 1995 III 1339). Um die entsprechenden Züchtungsergebnisse dennoch zu schützen, schuf man für Pflanzenzüchtungen ein eigenständiges Schutzsystem. Der Patentierungsausschluss in Artikel 1a PatG ist Ausdruck dieser Entwicklung. Er trägt ferner dem Doppelschutzverbot von Artikel 2 UPOV-Ü (1961, 1972, 1978), Rechnung, das die Zuerkennung eines Züchterrechts durch die kumulative Gewährung eines beson4172

deren Schutzrechts und eines Patents ausschloss. Mit der Entwicklung der modernen Methoden der Bio- und insbesondere der Gentechnologie fiel der patentrechtliche Hinderungsgrund der fehlenden Wiederholbarkeit weg (BBl 1989 III 249; BBl 1995 III 1339). Mit dem UPOV-Ü (1991) ist sodann auch das Doppelschutzverbot weggefallen, womit es den Verbandsparteien frei steht, Pflanzensorten mit einem Recht «sui generis», mit einem Patent oder mit beidem zu schützen.

Artikel 1a PatG steht mithin zwar Pflanzensorten als Patentierungshindernis entgegen, beinhaltet aber kein allgemeines Verbot der Patentierbarkeit von Pflanzen (BBl 1989 III 249; BBl 1995 III 1339). Nach der vom Bundesgericht geteilten Auffassung ist daher der Patentschutz zu gewähren, wenn sich der Anspruch nicht auf eine individuelle Pflanzensorte, sondern auf Pflanzen richtet, selbst wenn er Pflanzensorten umfasst. Dies gilt beispielsweise dann, wenn Pflanzen beansprucht werden, in die ein patentiertes Gen stabil eingebracht wurde. Der Umfang des Ausschlusses von der Patentierung nach Artikel 1a PatG wird insoweit als Gegenstück zur Verfügbarkeit des Sortenschutzes verstanden. Sortenschutzrechte werden nur für konkrete Pflanzensorten erteilt, nicht aber für technische Lehren, die in einer unbestimmten Vielzahl von Pflanzensorten verwirklicht werden können. Damit wird bereits ein Berührungspunkt zwischen dem Patentschutz und dem Sortenschutz deutlich. Geht es also beispielsweise um die Einschleusung eines fremden Gens in Kartoffeln, wodurch letztere gegen eine spezifische Erkrankung resistent werden, so können die modifizierten, das heisst dieses Gen enthaltenden Kartoffeln als solche unter den nachstehend zu erörternden Voraussetzungen patentiert werden. Zugleich ist denkbar, dass für einzelne Kartoffelsorten, in die das Resistenz-Gen stabil eingebracht wurde, ein Sortenschutzrecht beansprucht wird.

Schutzvoraussetzungen und Schutzumfang Nicht nur in Bezug auf den Schutzgegenstand bestehen Unterschiede und Berührungspunkte, sondern auch hinsichtlich der Schutzvoraussetzungen und des Schutzumfangs. Die Erteilung eines Patents setzt voraus, dass die Erfindung neu, auf erfinderischer Tätigkeit beruhend und gewerblich anwendbar ist. Demgegenüber sind die Erteilungsvoraussetzungen für das Sortenschutzrecht in Anpassung an die Besonderheiten der
biologischen Materie mit der Unterscheidbarkeit, der Homogenität, der Beständigkeit und der Neuheit tiefer. Dem entspricht der geringere Schutzumfang des Sortenschutzrechtes, der sich grundsätzlich nur auf das Vermehrungsmaterial erstreckt (die Erweiterung auf das Erntegut gilt nur, sofern der Sortenschutzinhaber keine angemessene Möglichkeit hatte, sein Recht beim Vermehrungsmaterial geltend zu machen). Der vom Patentrecht gewährte Schutz ist umfassender: So bedarf nach Artikel 8 PatG jede gewerbsmässige Benutzung der Erfindung der Einwilligung des Patentinhabers. Auch wenn Artikel 1a PatG die Erteilung eines Erzeugnispatentes für eine Pflanzensorte ausschliesst (BGE 121 III 125, 133), so kann sich doch der Patentschutz auf eine Pflanze erstrecken und umfasst demnach auch die Pflanzensorten, die die erfindungsgemässen Merkmale aufweisen und damit unter diesen Anspruch fallen. Der Patentschutz erfasst allerdings nicht natürliche Vorkommen von Pflanzensorten, welche die erfindungsgemässen Merkmale aufweisen.

Artikel 1a PatG steht auch nicht der Gewährung eines derivierten Stoffschutzes im Sinne von Artikel 8 Absatz 3 PatG entgegen. Dieser erstreckt sich sowohl auf die entsprechenden Verfahren als auch auf deren unmittelbaren Erzeugnisse (BGE 121 III 125, 131 ff.). Er geht allerdings weniger weit als ein Erzeugnispatent, da er 4173

Benutzungshandlungen Dritter nicht ausschliesst, die sich auf Individuen derselben Pflanzenmehrheit beziehen, die unabhängig vom geschützten Verfahren erzeugt und vermehrt werden. Pflanzensorten mit gleichen Eigenschaften, die mit anderen als den patentgeschützten Verfahren gezüchtet werden, können ohne die Zustimmung des Pateninhabers benutzt werden.

Zwangslizenzen Aus der Möglichkeit von Erzeugnispatenten für Pflanzen ergibt sich ein weiterer Berührungspunkt zwischen Sortenschutz und Patentschutz. Dieser kann dazu führen, dass ein Sortenschutzinhaber seine Pflanzensorte, die die Merkmale einer patentrechtlich geschützten Pflanze aufweist (z.B. ein Gen, das eine spezifische Schädlingsresistenz bewirkt), nicht ohne die Zustimmung des Patentinhabers vermarkten kann. Nicht betroffen sind wie erwähnt Pflanzen, bei denen das Gen natürlich vorkommt und zur Ausprägung des erfindungsgemässen Merkmals führt. Umgekehrt kann aber auch der Patentinhaber sein Patent nicht ohne die Zustimmung des Sortenschutzinhabers nutzen, wenn er damit ein Sortenschutzrecht verletzt. Um möglichen Konfliktfällen zu begegnen, die auf Grund gegenseitiger Abhängigkeit bei der Vermarktung der Sorte bzw. der Erfindung denkbar sind, wird daher in Übereinstimmung mit Artikel 12 der Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen4 (Biotechnologie-Richtlinie) eine Zwangslizenz sowohl in Bezug auf das Patentrecht, als auch auf das Sortenschutzrecht vorgeschlagen. Diese Regelung verhindert, dass sich die Rechtsinhaber gegenseitig blockieren und wertvolle neue Sorten bzw. Erfindungen nicht vermarktet werden können. Falls sich der Patentinhaber und der Sortenschutzinhaber nicht selber einigen können, kann jeder von ihnen den Richter anrufen, der über die Erteilung einer Lizenz entscheidet.

Die zuweilen geäusserte Befürchtung, es bedürfe der Zustimmung des Patentinhabers, wenn z.B. die Ernte von patentgeschütztem Weizen zu Backwaren verarbeitet wird, ist unbegründet. Hat der Patentinhaber dem Inverkehrbringen von geschütztem pflanzenbiologischem Material ­ z.B. Vermehrungsmaterial einer patentierten Pflanze ­ zugestimmt, kann er nicht mehr über die Weiterveräusserung dieses Vermehrungsmaterials oder über die Verwendung der Ernte bestimmen, die aus
dem Anbau dieses Vermehrungsmaterials gewonnen wird. Denn mit dem Inverkehrbringen einer bestimmten Menge des geschützten pflanzenbiologischen Materials durch den Rechtsinhaber, erschöpfen sich dessen Befugnisse daran. Man spricht in diesem Zusammenhang vom Erschöpfungsprinzip. Er kann sich auf Grund von Artikel 9b Absatz 3 E-PatG nur noch der erneuten Vermehrung des pflanzenbiologischen Materials bzw. der Herstellung von Vermehrungmaterial widersetzen (freilich unter Vorbehalt des Landwirteprivilegs). Das Verbotsrecht des Patentinhabers findet mit anderen Worten seine Grenze bei der bestimmungsgemässen Verwendung des Ertrags aus dem Anbau rechtmässig erworbenen Vermehrungsmaterials der patentgeschützten Pflanze. Im Rahmen der Revision des Patentgesetzes wird vorgeschlagen, das Erschöpfungsprinzip gesetzlich zu verankern und mit Bezug auf Erfindungen betreffend biologisches Material insgesamt, im dargelegten Sinne zu klären (Erläuternder Bericht vom 7. Juni 2004 zu Änderungen im Patentrecht, Ziff. 2.1.4; Art. 9b Abs. 3 E-PatG).

4

ABl. EG Nr. L 213 vom 30. Juli 1998, S. 13.

4174

Im Zusammenhang mit dem Schutzbereich und dem Verhältnis von Sorten- und Patentschutz sind einerseits noch das Landwirteprivileg und andererseits das sortenschutzrechtliche Züchterprivileg sowie das Forschungsprivileg, als dessen Pendant im Patentrecht anzusprechen.

Landwirteprivileg Das Landwirteprivileg besagt, dass Landwirte berechtigt sind, Erntegut einer geschützten Sorte als Vermehrungsmaterial für den Wiederanbau im eigenen Betrieb zu verwenden. Dieses Privileg soll neu in Artikel 7 des Sortenschutzgesetzes gesetzlich verankert werden. Zugleich soll dieses Privileg im Patentgesetz eingeführt werden, wie dies bereits im Rahmen des Vernehmlassungsentwurfs vom 29. Oktober 2001 zur Revision des Patentgesetzes vorgesehen war. Es handelt sich hierbei um ein wichtiges politisches Anliegen, dem der Bundesrat im Rahmen der vorliegenden Gesetzesrevision entspricht. Die Änderung des Patentgesetzes im Rahmen der vorliegenden Revision des Sortenschutzgesetzes verhindert, dass bis zum Inkrafttreten der Patentgesetzrevision Saatgut bezüglich des Sortenschutzes, jedoch nicht bezüglich des Patentschutzes unter das Landwirteprivileg fällt. Das Landwirteprivileg im Patentgesetz wird daher, bezogen auf Erfindungen betreffend Pflanzen gleich ausgestaltet wie im Sortenschutzrecht. Die Einführung des Landwirteprivilegs in der Patentgesetzgebung hat freilich zur Folge, dass sich dieses nicht nur auf Pflanzen, sondern auch auf Tiere bezieht.

Züchterprivileg Eine wichtige Einschränkung des Sortenschutzrechtes ­ und Voraussetzung für eine vielfältige Pflanzenzüchtung ­ ist das sogenannte Züchterprivileg, welches nicht nur die Weiterzucht und die Entwicklung neuer Sorten, sondern auch deren Vermarktung ohne Erlaubnis des Berechtigten an der Ursprungssorte ermöglicht. Im Rahmen der vorliegenden Revision wird allerdings die freie Verwertung der neuen Sorten eingeschränkt, soweit es sich um im Wesentlichen abgeleitete Sorten handelt. Das geltende Patentgesetz kennt demgegenüber keine spezielle gesetzliche Regelung, derzufolge sich die Wirkung des Patents nicht auf bestimmte Handlungen erstreckt.

Doch ist anerkannt, dass Handlungen zu Forschungs- beziehungsweise Versuchszwecken nicht unter den Begriff der Benützung fallen und daher keine Verletzung der Rechte des Patentinhabers darstellen (sog. Forschungs- oder
Versuchsprivileg).

Im Rahmen der Revision des Patentgesetzes ist vorgesehen, dieses Privileg gesetzlich zu statuieren. Auch wenn die Reichweite des Forschungsprivilegs nicht restlos geklärt ist, so lässt sich doch mit Blick auf die Schnittstelle zum Sortenschutzrecht die Feststellung machen, dass die Zucht und Weiterentwicklung neuer Sorten, bei den patentrechtlich geschützten Pflanzen verwendet werden, schon heute unter das Forschungsprivileg fallen und damit nicht der Zustimmung des Patentinhabers bedürfen. Die Weiterzucht ist damit auch im Bereich des Patentrechts gewährleistet.

Die Vermarktung der neuen Sorte bedarf allerdings dann der Zustimmung des Patentinhabers, wenn die neue Sorte Merkmale des patentgeschützten pflanzlichen Ausgangsmaterials beibehält. Im Rahmen der Revision des Patentgesetzes wird vorgeschlagen, das Forschungsprivileg gesetzlich zu verankern und weitreichend auszugestalten (Erläuternder Bericht vom 7. Juni 2004 zu Änderungen im Patentrecht, Ziff. 2.1.4). Dabei soll auch die Reichweite des Forschungsprivilegs an der Schnittstelle zum Sortenschutzrecht im genannten Sinne festgeschrieben werden, so dass die Nutzung biologischen Materials zum Zwecke der Züchtung, Entdeckung und Entwicklung einer neuen Pflanzensorte nicht dem Verbotsrecht des Pateninha4175

bers unterliegt (siehe Erläuternder Bericht vom 7. Juni 2004 zu Änderungen im Patentrecht, Ziff. 2.1.4; Art. 9 Abs. 1 Bst. d E-PatG). Mit dieser Klarstellung im Patentgesetz wird der freie Zugang zum pflanzengenetischen Material für die Zwecke der Forschung und Weiterzucht im Patentrecht sichergestellt.

Abschliessend ist auch noch auf die unterschiedliche Schutzdauer hinzuweisen.

Während das Sortenschutzrecht vom Zeitpunkt seiner Erteilung an 25 respektive 30 Jahre Bestand hat, ist die Schutzdauer eines Patents kürzer: Die maximale Schutzdauer beträgt 20 Jahre vom Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung der Erfindung gerechnet.

5.2

Grundzüge der Änderung des Sortenschutzgesetzes

5.2.1

Die beantragte Neuregelung

Die beiden ersten Artikel über den sachlichen und den persönlichen Geltungsbereich sollen durch einen Artikel, der den Gegenstand des Gesetzes kurz umschreibt und einen Artikel, der die wichtigsten Begriffe definiert, ersetzt werden. Nach dem geltenden Artikel 2 können nur Personen von UPOV-Vertragsstaaten und von Staaten, die Gegenrecht halten, in der Schweiz Sortenschutz beantragen. Da dem Bundesrat keine Gründe ersichtlich sind, welche gegen die Erlangung von Sortenschutzrechten durch alle Ausländerinnen und Ausländer unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit sprechen würden, soll die bestehende Einschränkung aufgehoben werden. Damit wird der persönliche Geltungsbereich auch mit dem Patent- und dem Markenschutzrecht harmonisiert.

Analog zum UPOV-Ü (1991) erfahren auch im Sortenschutzgesetz die Artikel betreffend die Wirkungen des Sortenschutzes wesentliche Änderungen. In Artikel 5 soll zuerst festgehalten werden, für welche Handlungen mit welchem Material grundsätzlich die Zustimmung des Sortenschutzinhabers notwendig ist. Im nächsten Artikel sollen die allgemeinen Ausnahmen vom Sortenschutz aufgeführt werden, nämlich Handlungen im privaten Bereich zu nichtgewerblichen Zwecken, das Forschungs- und das Züchterprivileg. Neu soll das Landwirteprivileg als weitere Ausnahme in Artikel 7 ausdrücklich geregelt werden. Dabei soll der Bundesrat bestimmen, welche Pflanzenarten darunter fallen. Im Weitern soll er unter bestimmten Voraussetzungen die Pflicht zur Bezahlung einer Entschädigung für den Nachbau regeln. Eine weitere Neuerung ist die explizite Regelung der Erschöpfung des Sortenschutzes.

Die materiellen Voraussetzungen für den Sortenschutz bleiben grundsätzlich unverändert. Eine Änderung der Sortenbezeichnung ist nur möglich, wenn ein älteres Recht eines Dritten (beispielsweise ein Markenrecht) entgegensteht und dies entweder vom Sortenschutzinhaber anerkannt wird oder ein entsprechendes Gerichtsurteil vorliegt. Diese geltende Praxis soll neu im Gesetz festgelegt werden.

Die Dauer des Sortenschutzes soll um fünf Jahre verlängert werden und bei den übrigen Bestimmungen betreffend den Bestand des Sortenschutzes (vorzeitiges Erlöschen, Nichtigerklärung und Aufhebung) sollen einige Anpassungen an das UPOV-Ü (1991) gemacht werden.

4176

Als neues Instrument soll die Zwangslizenz für abhängige Patente eingeführt werden. Damit kann unter bestimmten Voraussetzungen ein Sortenschutzinhaber gerichtlich gezwungen werden, eine Lizenz zu erteilen, falls diese notwendig ist, um ein Patentrecht verwerten zu können. Der Sortenschutzinhaber kann im Gegenzug verlangen, dass ihm der Patentinhaber eine Lizenz für die Benutzung seiner Erfindung erteilt (sogenannte Kreuzlizenz). Eine spiegelbildliche Regelung zu Gunsten eines von einem Patent abhängigen Sortenschutzrechtes wird im Patentgesetz vorgeschlagen.

Im neuen Artikel 31a soll der Bundesrat ermächtigt werden, die Anerkennung von Sortenschutztiteln, die von Staaten oder überstaatlichen Organisationen mit vergleichbaren Schutzvoraussetzungen erteilt worden sind, zu regeln.

Im Übrigen sollen die verfahrensrechtlichen Bestimmungen und Bestimmungen betreffend den zivilrechtlichen Schutz mit jenen in anderen Bereichen des Immaterialgüterrechts harmonisiert und die Artikel über den strafrechtlichen Schutz den neuen Gegebenheiten angepasst werden.

5.2.2

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

Vereinbarkeit mit dem UPOV-Ü (1991) und Harmonisierung mit der EU Mit den beantragten Neuerungen werden die Anforderungen des UPOV-Ü (1991) erfüllt und der Vertrag kann ratifiziert werden. Gleichzeitig werden auch verschiedene Bestimmungen, beispielsweise die Schutzdauer, mit jenen der EU harmonisiert, um künftige Verhandlungen zu erleichtern.

Berücksichtigung der Vernehmlassung Der Vorentwurf befand sich vom 7. Dezember 2001 bis zum 30. April 2002 in der Vernehmlassung. 24 Kantone, 7 Parteien, 5 Wirtschaftsverbände, 11 wissenschaftliche Trägerschaften, 3 Konsumentenorganisationen, 31 landwirtschaftliche Organisationen, 7 Umweltschutzorganisationen und 16 andere Organisationen haben insgesamt 104 Stellungnahmen eingereicht.

In keiner Stellungnahme wird eine Revision des Sortenschutzgesetzes grundsätzlich abgelehnt. Die Vertreter der Industrie und der Züchter unterstützen die Stärkung der Züchterrechte und die Ratifizierung des UPOV-Ü (1991). Die bäuerlichen Organisationen und die Umweltschutzkreise setzen sich vor allem für ein umfassendes Landwirteprivileg ein und stehen den erweiterten Schutzrechten kritisch gegenüber.

Fünf von ihnen lehnen die Ratifizierung des UPOV-Ü (1991) ab.

Namentlich folgende Punkte haben zu Bemerkungen Anlass gegeben: Zweckartikel Verschiedene Vernehmlassungsteilnehmer aus landwirtschaftlichen und Umweltschutzkreisen wollen als Zweck auch den Interessensausgleich zwischen Züchtern und Produzenten von Kulturpflanzen, sowie die Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt erwähnt haben. Diese verlangen mehrheitlich auch, als weitere Schutzvoraussetzung sei festzuhalten, dass beim Schutz ausländischer Sorten die Anforderungen der Biodiversitätskonvention eingehalten werden müssen.

4177

Umfang der Rechte des Sortenschutzinhabers Häufig kritisiert wurde die im Vorentwurf vorgesehene Ausdehnung des Schutzbereichs auf Erntegut und unmittelbar daraus hergestellte Erzeugnisse sowie auf im Wesentlichen abgeleitete Sorten. Sechs Kantone und fünfzehn andere Vernehmlassungsteilnehmer lehnen jede Ausdehnung ab, vier Stellungnahmen befürworten die Erweiterung des Schutzbereichs nur auf Erntegut. Drei Kantone weisen darauf hin, dass die Bestimmung bezüglich der im Wesentlichen abgeleiteten Sorten zu Auslegungsproblemen führen werde, und fünf Umweltorganisationen sowie die Universität Zürich verlangen die Streichung dieser Regelung.

Landwirteprivileg Mehrheitlich wird begrüsst, dass das Landwirteprivileg ausdrücklich geregelt werden soll. Darüber, wie die Regelung aussehen soll, gehen die Meinungen jedoch stark auseinander. Während acht Kantone, zwei Parteien und vierzehn Organisationen ein umfassendes Landwirteprivileg befürworten, lehnen es neun Vertreter aus Züchterkreisen ab. Fünfzehn Vernehmlassungsteilnehmer, darunter sechs Kantone sprechen sich für eine Gebührenregelung aus. Auch darüber, wie und wo die Arten festgelegt werden sollen, für die das Landwirteprivileg gilt, gehen die Meinungen auseinander. Für drei Vernehmlassungsteilnehmer müssen sie auf Gesetzesstufe festgelegt werden und fünf Vertreter aus der Industrie und Züchterkreisen sind der Meinung, der Bundesrat müsse regeln, welche Pflanzenarten dem Landwirteprivileg unterstellt sind und nicht ­ wie im Vorentwurf ­, welche davon ausgenommen sind.

Erschöpfung Die meisten Vernehmlassungsteilnehmer haben sich zur Erschöpfung des Schutzrechtes nicht geäussert. In vier Stellungnahmen wird die internationale und in zwei die regionale Erschöpfung gefordert.

Schutzdauer Die Vertreter der Züchter begrüssen die vorgeschlagene Verlängerung der Schutzdauer. Vier Kantone, drei Parteien und elf Vertreter aus Landwirtschafts- und Umweltkreisen sprechen sich für eine kürzere Schutzdauer aus.

In der Vorlage sind diese zum Teil gegensätzlichen Interessen soweit mit dem UPOV-Ü (1991) vereinbar angemessen berücksichtigt worden.

5.2.3

Umsetzung

An der bisherigen Umsetzung des Sortenschutzrechtes ändern die Neuerungen nichts. Insbesondere bleiben die Sortenschutzinhaber für die Wahrung ihrer Rechte selbst verantwortlich.

4178

5.3

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

5.3.1

Sortenschutzgesetz

Art. 2

Begriffe

Zusätzlich zu den im UPOV-Ü (1991) definierten Begriffen (siehe Ziff. 2, Art. 1) wird in Absatz 3 definiert, was unter Vermehrungsmaterial zu verstehen ist. Die Definition stimmt mit der bestehenden im Saatgutrecht überein. Dazu soll alles Pflanzenmaterial gehören, aus dem eine neue Pflanze gezogen werden kann. Neben Teilen wie Samen, Zwiebeln, Brutknospen und Stecklingen, fällt insbesondere auch in vitro hergestelltes Material darunter. Da beispielsweise Getreidesamen sowohl als Vermehrungsmaterial als auch als Nahrungsmittel verwendet werden können, wird präzisiert, dass das Material zur Vermehrung, Saat, Pflanzung oder Umpflanzung bestimmt sein muss.

Art. 5 und 6 Die Wirkungen des Sortenschutzes und die verbindlichen Ausnahmen vom Sortenschutz sind in Ziffer 2, Artikel 14 und 15 erläutert.

Art. 7

Landwirteprivileg

Das Landwirteprivileg bedeutet, dass der Landwirt ohne Erlaubnis des Sortenschutzinhabers einen Teil seiner Ernte aufbewahren und im nächsten Jahr auf seinem Betrieb als Saatgut zur Erzeugung neuer Pflanzen benutzen darf. Er darf es jedoch nicht als Vermehrungsmaterial verkaufen oder sonst wie an Dritte abgeben. Zu anderen Zwecken wie beispielsweise der Verwendung als Nahrungs- oder Futtermittel darf der Landwirt das Erntegut hingegen nicht nur selber verwenden, sondern auch an Dritte verkaufen oder sonst wie abgeben. Vorausgesetzt wird natürlich immer, dass er sein ursprüngliches Vermehrungsmaterial legal, d.h. vom Sortenschutzinhaber selber oder mit dessen Zustimmung erworben hat. Hatte der Sortenschutzinhaber hingegen keine Möglichkeit, sein Recht beim ursprünglichen Vermehrungsmaterial geltend zu machen (der Landwirt hat das Saatgut beispielsweise aus einem Land importiert, in welchem die Sorte nicht geschützt ist), so kann er dies beim Erntegut nachholen.

Bisher fehlt eine ausdrückliche Regelung des Landwirteprivilegs im Gesetz. Das Landwirteprivileg wird praktiziert mit der Begründung, dass der Nachbau nicht unter die gewerbsmässige Erzeugung von Vermehrungsmaterial falle. In der Schweiz beträgt der Nachbau 3­5 Prozent beim Getreide, und bei den Kartoffeln wird er auf 25­30 Prozent geschätzt.

Beim Landwirteprivileg geht es um die Abwägung zwischen den Interessen der Züchter und jenen der Landwirte. Eine leistungsfähige und ökologische Landwirtschaft braucht ertragssichere, an örtliche Standortbedingungen optimal angepasste Sorten. Angesichts steigender Anforderungen bei Forschung und Entwicklung können die Züchter diese Aufgabe nur erfüllen, wenn ihre Anstrengungen ausreichend honoriert werden. Sie werden sich deshalb darauf konzentrieren, neue Sorten vorwiegend für jene Gebiete zu entwickeln und sie dort registrieren zu lassen, wo ein guter Sortenschutz gewährt wird. Andererseits waren es die Landwirte, die in den vergangenen Jahrhunderten die bestehende Vielfalt der Kulturpflanzen hervor4179

gebracht haben, welche den Züchtern heute als Grundlage neuer Züchtungen dient.

Deshalb schlägt der Bundesrat vor, das Landwirteprivileg grundsätzlich zu gewähren. Dabei soll der Bundesrat festlegen, welche Pflanzenarten nachgebaut werden dürfen und bei Bedarf soll er auch eine Entschädigung der Sortenschutzinhaber einführen.

Betroffene Pflanzenarten Das Landwirteprivileg ist eine bedeutende Einschränkung des Sortenschutzrechtes, deshalb haben die Verbandsparteien nach dem UPOV-Ü (1991) die Wahl, auf das Landwirteprivileg zu verzichten oder unter Wahrung der berechtigten Interessen der Züchter vorzusehen. In der Schweiz soll grundsätzlich ein Landwirteprivileg gewährt werden, es soll aber auf Pflanzenarten von grundlegender Bedeutung für die Ernährung beschränkt sein, dazu gehören neben dem Getreide und den Kartoffeln auch die Futter-, Öl- und Faserpflanzen. Dem Bundesrat wird die Kompetenz übertragen, zu bestimmen, für welche Arten das Landwirteprivileg gilt. Es ist vorgesehen, in die Bundesratsverordnung die Liste der Pflanzen aufzunehmen, für die auch in der EU das Landwirteprivileg gilt, soweit sie in der Schweiz angebaut werden können5.

Soll das Erntegut als Saatgut verwendet werden, muss es in der Regel vor der Aussaat aufbereitet, d.h. gereinigt und sortiert werden. Das kann im Betrieb des Landwirts geschehen oder in einem von ihm beauftragten Unternehmen (Aufbereiter).

Damit ein Nachbau überhaupt möglich ist, fallen sowohl die Eigen- als auch die Fremdaufbereitung unter das Landwirteprivileg. Bei der Fremdaufbereitung ist allerdings darauf zu achten, dass das übergebene Material mit dem zurückerhaltenen gereinigten Saatgut identisch ist.

Für Obst und Beeren soll das Landwirteprivileg nicht gewährt werden. Nach dem UPOV-Ü (1991) muss sich die Ausnahmeregelung auf Erntegut, das durch den Anbau der geschützten Sorte gewonnen wird, beschränken. Während beim Getreide und den Kartoffeln das Erntegut auch als Vermehrungsmaterial verwendet werden kann, ist dies beim Obst und den Beeren nicht der Fall. Zudem würden die Interessen der Züchter zu wenig gewahrt, wenn das Privileg auch für Obst und Beeren gewährt würde. Getreide, Karoffeln, Futter-, Öl- und Faserpflanzen müssen jedes Jahr neu ausgesät werden. Wenn für diese der Nachbau erlaubt ist, so können die Landwirte wenigstens für einige
Jahre die Lizenzgebühren sparen. Um die Qualität ihrer Produkte zu erhalten, werden sie aber trotzdem immer wieder zertifiziertes Saatgut von einem Lizenznehmer kaufen. Obst und Beeren sind hingegen mehrjährige Pflanzen und der Sortenschutzinhaber kann von Obstbäumen in der Regel während der Schutzdauer nur eine bis zwei Generationen verkaufen. Der Sortenschutz würde zur Farce, wenn ein Obstbauer einige wenige Bäume kaufen würde und diese lizenzfrei vermehren und eine ganze Plantage anlegen dürfte. Dasselbe gilt für Beeren, die in der Regel leicht zu vermehren sind. So könnte ausgehend von wenigen Pflanzen ein ganzes Erdbeerfeld angebaut werden. Während der Landwirt von beispielsweise höheren Erträgen oder resistenteren Pflanzen profitiert, würde der Züchter für seine Investitionen kaum entschädigt.

5

Für die Schweiz ergibt sich folgende Liste: Hafer, Gerste, Roggen, Triticale, Weichweizen, Hartweizen, Spelz, gelbe Lupine, blaue Luzerne, Futtererbse, Alexandriner Klee, Persischer Klee, Ackerbohne, Saatwicke, Raps, Rübsen, Leinsamen mit Ausnahme von Flachs, Kartoffel.

4180

Entschädigung In der EU müssen Landwirte ­ ausser Kleinlandwirte ­ eine angemessene Nachbaugebühr bezahlen. Eine Mindesthöhe ist nicht vorgeschrieben, nach oben ist die Gebühr insoweit begrenzt, als sie deutlich niedriger sein muss als die Lizenzgebühr, die im betreffenden Gebiet für dieselbe Sorte bezahlt werden muss.

Gemessen an der EU-Regelung sind in der Schweiz 95 Prozent der Landwirte Kleinlandwirte. Züchterkreise machen geltend, EU-Verhältnisse könnten nicht auf die Schweiz übertragen werden und schlagen vor, Betriebe mit einer Fläche unter 1 ha als Kleinlandwirte zu definieren. Dem ist entgegenzuhalten, dass auch in der EU die Betriebsgrössen in den verschiedenen Länder sehr unterschiedlich sind und von einer mittleren Betriebsgrösse von 4,5 ha (Griechenland) bis 70,1 ha (Grossbritannien) reichen.

Der Bundesrat schlägt deshalb vor, die Erhebung einer Nachbaugebühr vorläufig offen zu lassen. Eine Delegationsnorm soll aber den Bundesrat verpflichten, die Erhebung einer Entschädigung zu regeln. Von dieser Komptenz soll er Gebrauch machen müssen, wenn es sich zeigt, dass das Landwirteprivileg ohne jegliche Entschädigung an die Sortenschutzinhaber deren Interessen zu wenig wahrt oder sich negativ auf die Einführung und das Angebot neuer Sorten auswirkt. Die Höhe der Entschädigung muss dabei deutlich niedriger festgelegt werden, als die übliche Lizenzgebühr für dieselbe Sorte.

Art. 8

Nichtigkeit von Abreden

Bringt der Sortenschutzinhaber oder ein Lizenznehmer geschütztes Vermehrungsmaterial in Verkehr, so wird davon ausgegangen, dass sein Recht damit erschöpft ist und der Erwerber frei über das Material verfügen kann. Wie im Vertragsrecht üblich, sind die Vertragsparteien jedoch frei, alles zu vereinbaren, was nicht der zwingend geltenden Rechtsordnung widerspricht. Es wird deshalb klargestellt, dass die gesetzlichen Ausnahmen vom Sortenschutz zwingender Natur sind und durch vertragliche Bestimmungen weder eingeschränkt noch aufgehoben werden dürfen.

Würde z.B. ein Sack Getreidesaatgut zum Verkauf angeboten, auf dessen Etikette eine Klausel das Landwirteprivileg aufhebt, wäre diese Klausel nichtig.

Art. 8a

Erschöpfung des Sortenschutzes

Die Rechtserschöpfung ist ein im gesamten gewerblichen Rechtsschutz gültiger Grundsatz. Danach hat der Rechtsinhaber seine ausschliesslichen Rechte an einem Immaterialgut dann erschöpft, wenn er das geschützte Produkt vermarktet oder dessen Vermarktung durch einen Dritten gestattet. Bisher ist die Erschöpfung des Züchterrechts nicht ausdrücklich geregelt. Diese Lücke wird mit Artikel 8a geschlossen.

Der Bundesrat schlägt vor, im Gesetzestext die Frage des geographischen Geltungsbereichs offen zu lassen. Damit gilt nach völkerrechtskonformer Auslegung die nationale Erschöpfung. Die im UPOV-Ü (1991) vorgesehene Option einer regionalen Erschöpfung wird jedoch nicht ausgeschlossen. Die regionale Erschöpfung kann indessen nicht einseitig eingeführt werden, dies würde das GATT und das TRIPSAbkommen verletzen. Nach Artikel 16 des UPOV-Ü (1991) ist die regionale Erschöpfung nur für Vertragsparteien möglich, die Mitgliedstaaten derselben zwischenstaatlichen Organisation sind. In diesem Zusammenhang sind mehrere parla4181

mentarische Vorstösse zu berücksichtigen, die verlangen, dass der Bundesrat nach Abschluss der Bilateralen Verhandlungen II die Aufnahme von Verhandlungen mit der EU prüft, welche eine Ausdehnung der regionalen Erschöpfung der EU im Patentrecht auf die Schweiz auf der Grundlage der Gegenseitigkeit zum Ziel haben.

Der Bundesrat wird bis Ende 2004 dazu Bericht erstatten. In diesem Rahmen wird geprüft, ob eine regionale Erschöpfung im Sinne des UPOV-Ü (1991) für den Sortenschutz anzustreben ist. Das Agrarabkommen mit der EU sieht den freien Warenverkehr mit Saatgut vor.

Im neuen Kartellgesetz6 sind Einfuhrbeschränkungen, die sich auf Rechte des geistigen Eigentums stützen, der Beurteilung nach diesem Gesetz unterstellt (Art. 3 Abs. 2 Kartellgesetz). Für die Frage, ob ein Sortenschutzinhaber sein Recht bei der Einfuhr von geschütztem Material geltend machen kann, sind somit auch die Bestimmungen des Kartellgesetzes massgebend.

Art. 8b

Schutzfähige Sorten

Im Gegensatz zu den früheren Fassungen schreibt das UPOV-Ü (1991) vor, dass der Schutz für alle Pflanzengattungen und -arten zu gewähren ist. Nach den geltenden schweizerischen Bestimmungen können nur Sorten geschützt werden, die einer im Artenverzeichnis (Anhang der Sortenschutzverordnung) aufgeführten Familie angehören. Diese Beschränkung soll folgedessen aufgehoben werden. Praktisch hat dies keine grossen Auswirkungen, da dank einem umfassenden Artenverzeichnis bereits heute fast alle Sorten geschützt werden können.

Art. 9

Grundsatz

Mit dem Inkrafttreten des Bundespersonalgesetzes wurde das Beamtengesetz vom 30. Juni 1927 aufgehoben. Der Artikel muss entsprechend angepasst werden. Züchten Angestellte des Bundes eine neue Sorte, so gilt für sie wie für andere Arbeitnehmer Artikel 332 OR sinngemäss. Danach gehören Pflanzensorten, die ein Arbeitnehmer bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit und in Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten hervorbringt, seinem Arbeitgeber.

Art. 11

Priorität

Die Wirkungen der Priorität sind in Artikel 11 Ziffer 2 UPOV-Ü (1991) erläutert.

Demnach ist eine Behörde nicht gehalten, Beweise für die Erstanmeldung zu verlangen. In Absatz 2 ist deshalb vorgesehen, dass Unterlagen, die die Erstanmeldung belegen, nicht mehr in jedem Fall eingereicht werden müssen, das Büro für Sortenschutz diese aber nachträglich noch verlangen kann. Ein solches Vorgehen lässt sich rechtfertigen, da jede Anmeldung mit dem Datum und der Angabe der Vertragspartei der Erstanmeldung veröffentlicht wird und alle Gelegenheit haben, Einspruch zu erheben.

6

SR 251

4182

Art. 13a

Änderung der Sortenbezeichnung

Die Sortenbezeichnung dient der Identifikation einer Sorte und darf deshalb grundsätzlich nicht geändert werden. Eine Änderung ist jedoch möglich, wenn ein Dritter an dieser Bezeichnung ein älteres Recht geltend macht und damit ein richterliches Urteil bewirkt, welches die Benutzung der Sortenbezeichnung verbietet oder der Sortenschutzinhaber das geltend gemachte Recht anerkennt. Mit dieser Regelung wird die bisherige Praxis auf Gesetzesstufe festgelegt.

Art. 14

Ablauf der Schutzdauer

Die Dauer des Sortenschutzes soll gegenüber der geltenden um fünf Jahre verlängert werden. Neu dauert der Schutz 25 Jahre ab dem Ende des Jahres, in dem der Schutz erteilt worden ist. Für Bäume und Reben beträgt er 30 Jahre. Damit stimmt die Schutzdauer mit jener des europäischen Sortenschutzes überein.

Art. 15

Vorzeitiges Erlöschen

Der Sortenschutzinhaber kann beantragen, dass sein Schutzrecht gelöscht wird. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn eine Sorte auf dem Markt nicht erfolgreich ist und sich die Aufrechterhaltung des Sortenschutzes nicht lohnt.

Der bisherige zweite Grund für ein vorzeitiges Erlöschen, nämlich die Nichtbezahlung der Jahresgebühr, wird neu in Artikel 17 bei den Aufhebungsgründen geregelt.

Art. 16

Nichtigerklärung

Das Sortenschutzrecht ist ein privatrechtliches Institut. Stellt sich erst nach der Erteilung des Schutzrechtes heraus, dass die Voraussetzungen für den Sortenschutz nicht erfüllt waren, kann das Recht deshalb nur noch auf Klage hin vom Richter als nichtig erklärt werden. Das Büro für Sortenschutz ist weder berechtigt noch verpflichtet, Sortenschutzrechte für nichtig zu erklären.

Art. 22

Lizenz im öffentlichen Interesse

Der bisherige Artikel über die sogenannten Zwangslizenzen wird umformuliert und die verfahrensrechtlichen Aspekte werden im neuen Artikel 22b geregelt.

Wenn ein Sortenschutzinhaber die Nutzung seiner Sorte grundlos verweigert, muss er nötigenfalls gezwungen werden können, eine angemessene Nutzung zu gestatten.

Ein derartiger Zwang ist jedoch nur im öffentlichen Interesse zulässig. Die betreffende Sorte müsste beispielsweise von grosser Bedeutung sein für die Versorgung der Bevölkerung mit einem Grundnahrungsmittel. Diese Bestimmung ist insbesondere für Notzeiten gedacht und ist seit dem Inkrafttreten des Sortenschutzgesetzes noch nie zur Anwendung gelangt.

Art. 22a

Lizenz für abhängiges Patent

Dieser Artikel sieht vor, dass Patentinhaber, die ein Patent nicht verwerten können, ohne ein früher erteiltes Sortenschutzrecht zu verletzen, gegenüber dem Sortenschutzinhaber einen Anspruch auf Erteilung einer Lizenz in dem für die Benutzung des Patentes erforderlichen Umfang haben. Der vorgesehene Anspruch ist an die Voraussetzung geknüpft, dass die fragliche Erfindung einen namhaften Fortschritt 4183

von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung gegenüber der geschützten Sorte darstellt. Der Inhaber des Sortenschutzrechtes hat im Gegenzug Anspruch darauf, dass ihm der Inhaber des Patentes eine nicht ausschliessliche Lizenz zur Benützung seines Patentrechtes erteilt (Kreuzlizenz). Der spiegelbildliche Tatbestand der Abhängigkeit eines Sortenschutzrechtes von einem Patent wird im revidierten Artikel 36a des Patentgesetzes geregelt.

Es kann durchaus vorkommen, dass eine patentierte Erfindung, insbesondere ein patentiertes Gen, nur wirtschaftlich verwertet werden kann, wenn sie in eine Pflanzensorte integriert worden ist. Wird in eine geschützte Sorte gentechnisch ein neues Gen eingeschleust, so entsteht eine im Wesentlichen abgeleitete Sorte, die nur mit Zustimmung des Ursprungszüchters verwertet werden darf. Stellt die abgeleitete Sorte einen namhaften Fortschritt von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung gegenüber der Ursprungssorte dar, wenn sie beispielsweise resistent ist gegen eine gravierende Krankheit, und können sich der Sortenschutz- und der Patentinhaber über eine Lizenz nicht einigen, so soll der Patentinhaber eine Lizenz erzwingen können, damit er seine Erfindung tatsächlich auf den Markt bringen kann. Bei landwirtschaftlichen Sorten kann die Aufnahme in den Sortenkatalog nach der SaatgutVerordnung vom 7. Dezember 19987 als Anhaltspunkt dienen, ob die Sorte einen namhaften Fortschritt wirtschaftlicher Bedeutung darstellt. Neue Sorten werden nämlich nur in den Sortenkatalog aufgenommen, wenn sie im Vergleich zu den bekannten Sorten eine Verbesserung der Anbau- oder Verwendungseignung mit sich bringen.

Art. 22b

Richterliche Durchsetzung

In diesem Artikel werden die verfahrensrechtlichen Aspekte der Zwangslizenz geregelt. Die Bestimmungen sind mit Artikel 40b des Patentgesetzes harmonisiert.

Namentlich wird im ersten Absatz festgehalten, dass die richterliche Durchsetzung grundsätzlich erst nach fehlgeschlagenen Verhandlungen erfolgen kann. Der Betroffene soll sich zuerst um eine vertragliche Lizenz bemühen, die Zwangslizenz also nur als subsidiäres Mittel zur Verfügung stehen. In Absatz 7 wird der Richter als für die Erteilung der Lizenz zuständig erklärt, dabei hat er über Umfang, Dauer sowie über die zu leistende Vergütung zu befinden.

Art. 23

Büro für Sortenschutz

Wie bisher ist das Büro für Sortenschutz zuständig für den Vollzug dieses Gesetzes.

Art. 24

Prüfungsstelle

Beim Erlass des Gesetzes war vorgesehen, dass die landwirtschaftlichen Forschungsanstalten des Bundes die technischen Prüfungen der angemeldeten Sorten durchführen. In der Praxis werden jedoch alle Prüfungen ausländischen Prüfungsstellen ­ vorwiegend in Deutschland und Frankreich ­ in Auftrag gegeben oder bereits vorliegende Prüfergebnisse werden übernommen. Der Artikel wird diesen Gegebenheiten angepasst.

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SR 916.151

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Art. 30

Sortenprüfung

In Absatz 2 wird die Prüfungsstelle verpflichtet, einen Prüfbericht zu erstellen und für schutzfähige Sorten die Merkmale in einer offiziellen Sortenbeschreibung festzuhalten. Diese Verpflichtungen sind nicht neu, aber bisher nur auf Verordnungsstufe geregelt.

Art. 31a

Ausländische Sortenschutztitel

Sortenschutztitel von Staaten oder Staatengemeinschaften mit vergleichbaren Anforderungen an die Schutzerteilung sollen von der Schweiz anerkannt werden können.

In erster Linie soll damit die Möglichkeit offen stehen, die Anerkennung der Sortenschutztitel der Europäischen Union zu regeln. Die Regelung des Verfahrens der Anerkennung im nationalen Recht wird an den Bundesrat delegiert. Den Züchtern könnten damit Umtriebe und Prüfkosten erspart bleiben, die mit einer Anmeldung verbunden sind. Die Wirkung und Rechte der so anerkannten Sortenschutztitel entfalten sich aber ausschliesslich nach schweizerischem Recht.

Art. 37

Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadenersatzklage

Mit der Aufhebung von Absatz 2 werden die allgemeinen Haftungsregeln des OR anwendbar. Haftpflichtig ist somit nicht mehr nur, wer schuldhaft handelt, sondern auch wer fahrlässig ein Sortenschutzrecht verletzt. Zudem kann klageweise ein Schaden geltend gemacht werden, der teils nach den Bestimmungen über den Schadenersatz, teils nach denjenigen über die Geschäftsführung ohne Auftrag zu beurteilen ist. Für den gleichen Schaden können indessen Klagen auf Schadenersatz und auf Herausgabe des Gewinns nicht kumuliert werden.

Art. 43

Vorsorgliche Massnahmen

Die Absätze 1 und 2 werden umformuliert und so mit dem entsprechenden Artikel im Markenschutzgesetz und im Urheberrechtsgesetz harmonisiert, ohne dass sie inhaltlich verändert werden. Absatz 3 regelt die Zuständigkeit für die Anordnung vorsorglicher Massnahmen. Nach Absatz 4 sind zudem die Artikel 28c­28f des Zivilgesetzbuches sinngemäss anwendbar; dies gilt insbesondere in Bezug auf Verfahren, Vollstreckung und Schadenersatz. Dieser Verweis auf das Zivilgesetzbuch erlaubt es, die geltenden Artikel 44­47 des Sortenschutzgesetzes aufzuheben.

Grundsätzlich wird damit einzig die Frist zur Anhebung der Klage geändert, die von 60 auf 30 Tage herabgesetzt wird. Die Klagefrist wird so nicht nur mit den anderen Erlassen des Immaterialgüterrechts in Einklang gebracht, sondern auch mit Artikel 50 Absatz 6 des WTO/TRIPS-Abkommens.

Art. 48

Sortenschutzverletzungen

Dieser Artikel wird an die neuen Gegebenheiten angepasst. Namentlich können neu auch unberechtigte Handlungen mit Erntegut einer geschützten oder im Wesentlichen abgeleiteten Sorte strafrechtlich verfolgt werden.

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Art. 53

Schutz bekannter Sorten

Diese Übergangsbestimmung kann aufgehoben werden. Da seit dem 1. Juli 1990 die Sorten praktisch aller Pflanzenarten und -gattungen geschützt werden können und das Artenverzeichnis seither nicht mehr erweitert worden ist, braucht es diese Bestimmung nicht mehr.

Art. 53a

Übergangsbestimmung zur Änderung vom ...

Übergangsbestimmungen sind notwendig für die Anmeldung von Sorten, deren Vermehrungsmaterial oder Erntegut bereits vermarktet worden ist, und für im Wesentlichen abgeleitete Sorten. Bisher hat jegliche Verwertung von Vermehrungsmaterial in der Schweiz der Neuheit einer Sorte geschadet. Mit den vorgesehenen Übergangsbestimmungen erhalten die Züchter deshalb die Möglichkeit, innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung noch Sorten anzumelden, deren Vermehrungsmaterial oder Erntegut zur Zeit des Inkrafttretens seit weniger als einem Jahr an Dritte abgegeben wurde.

Im Wesentlichen abgeleitete Sorten, die bereits vor Inkrafttreten dieser Gesetzesänderung bekannt waren und verwertet wurden, sollen nicht nachträglich in den Schutzbereich des Ursprungszüchters gestellt werden. Werden jedoch künftig neue Sorten von derselben Ursprungssorte im Wesentlichen abgeleitet, so fallen diese in den Schutzbereich des Schutzrechtes des Ursprungszüchters.

Art. 55

Fachausschuss für Sortenschutz

Die Bestimmung betreffend den Fachausschuss für Sortenschutz kann aufgehoben werden. Der Fachausschuss für Sortenschutz ist bereits in den vergangenen Jahren nicht mehr besetzt worden. Wie in den Bereichen der Landwirtschaft ist ein permanenter Ausschuss nicht mehr notwendig, da gestützt auf das Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz bei Bedarf jederzeit eine Expertenkommission eingesetzt werden kann.

5.3.2

Patentgesetz

Art. 35a Das Landwirteprivileg stammt aus der Sortenschutzgesetzgebung und besagt, dass Landwirte berechtigt sind, Erntegut einer geschützten Sorte als Vermehrungsmaterial für den Wiederanbau im eigenen Betrieb zu verwenden. Die Einführung des Landwirteprivilegs in der Patentgesetzgebung hat zur Folge, dass sich dieses nicht nur auf Pflanzen, sondern auch auf Tiere bezieht.

Jedenfalls mit Bezug auf Pflanzen ist das Landwirteprivileg in der Schweiz von untergeordneter Bedeutung, da der weitaus grösste Teil der Schweizer Landwirte heute für jede Aussaat neues Saatgut kauft (so werden beispielsweise 70­75 Prozent der angepflanzten Kartoffeln und 95­98 Prozent des angesäten Getreides jedes Jahr neu gekauft). Da das Patentgesetz nur in der Schweiz Wirkung entfaltet, ist diese Bestimmung ausserhalb der Schweiz ohne Tragweite. Dennoch handelt es sich hierbei um ein wichtiges politisches Anliegen, dem der Bundesrat im Rahmen der vorliegenden Gesetzesrevision entspricht.

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Absatz 1 legt fest, dass der Landwirt bei patentiertem Vermehrungsmaterial einen Teil seiner Ernte für die Wiederaussaat verwenden darf. Das Landwirteprivileg betreffend Pflanzen unterliegt in mehrfacher Hinsicht Einschränkungen: Es gilt ausschliesslich für Landwirte; diese müssen das verwendete Erntegut durch Vermehrung im eigenen Betrieb gewonnen haben und dürfen es nur im eigenen Betrieb erneut vermehren. Nicht gestattet sind der Verkauf und jede andere Abgabe von Erntegut an Dritte zu Vermehrungszwecken.

Absatz 2 betrifft tierisches Vermehrungsmaterial und Tiere. Angesichts des Umstands, dass das Gentechnikgesetz vom 21. März 2003 (GTG)8 das Erzeugen und Inverkehrbringen von genetisch modifizierten Wirbeltieren nur für Zwecke der Forschung, Therapie und Diagnostik an Menschen oder Tieren zulässt, bleibt das Landwirteprivileg für den Bereich der traditionellen Milch- und Fleischwirtschaft bis zu einer Änderung von Artikel 9 GTG ohne Bedeutung. Artikel 35a Absatz 2 erlaubt Landwirten, die im eigenen Betrieb durch Verwendung von Tieren oder tierischem Vermehrungsmaterial gewonnenen Tiere im eigenen Betrieb weiterzuvermehren. Auch das von solchen Tieren gewonnene Vermehrungsmaterial darf im eigenen Betrieb verwendet werden. Der Begriff «Tier» umschreibt das durch ein Patent geschützte Tier allgemein sowie seine Nachfolgegenerationen. Das Landwirteprivileg betreffend Tiere unterliegt ebenfalls in mehrfacher Hinsicht Einschränkungen: Es gilt ausschliesslich für Landwirte, solange sie keine gewerbsmässigen Tierzüchter sind. Weiter müssen die verwendeten Tiere durch Vermehrung im eigenen Betrieb gewonnen worden sein und dürfen nur im eigenen Betrieb erneut vermehrt werden. Dies gilt sinngemäss auch für tierisches Vermehrungsmaterial.

Nicht gestattet sind der Verkauf und jede andere Abgabe von so gewonnenen Tieren oder tierischem Vermehrungsmaterial mit dem Ziel oder im Rahmen einer gewerblichen Tierzucht. Im Gegensatz zum Landwirteprivileg betreffend Pflanzen ist beim Landwirteprivileg betreffend Tiere nicht vorgesehen, dieses durch eine Liste auf bestimmte Tierrassen zu beschränken. Der Wortlaut von Artikel 35a Absatz 2 macht aber deutlich, dass sich das Landwirteprivileg nur auf Tiere bezieht, die sich für eine Verwendung in der Landwirtschaft eignen.

Absatz 3 stellt klar, dass die Landwirte die
Zustimmung des Patentinhabers benötigen, wenn sie das gewonnene Erntegut beziehungsweise das gewonnene Tier oder tierische Vermehrungsmaterial Dritten zu Vermehrungszwecken abgeben wollen.

Für den Bereich der Lebens- und Futtermittelherstellung verbietet Absatz 4, das Landwirteprivileg durch vertragliche Abreden zuungunsten des Landwirts einzuschränken oder aufzuheben. Entsprechende Abreden sind nichtig. Soweit es allerdings um den Anbau von Pflanzen oder die Aufzucht von Tieren mit dem Ziel der Gewinnung von Arzneimitteln geht, liegen besondere Umstände vor, die vertragliche Abweichungen vom Landwirteprivileg erforderlich machen. Solche Abweichungen sind gerechtfertigt, da sie die Selbstversorgung der Landwirte nicht in Frage stellen. Sie sind daher von Absatz 4 nicht erfasst und folglich zulässig.

Art. 35b Gemäss dem neuen Artikel 35b wird die Kompetenz zur Regelung des Umfangs des Landwirteprivilegs an den Bundesrat delegiert. In Bezug auf das Landwirteprivileg betreffend Pflanzen ist namentlich vorgesehen, dass der Bundesrat eine Auflistung 8

SR 814.91

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der vom Landwirteprivileg erfassten Pflanzenarten in eine Verordnung aufnimmt.

Der Bundesrat soll zudem eine Entschädigungspflicht für den Nachbau vorschreiben, wenn sich zeigt, dass die Interessen der Züchter sonst nicht gewahrt sind oder neue Sorten in der Schweiz nicht angeboten werden. Schliesslich ist vorgesehen, dass der Bundesrat die Modalitäten der Einziehung der Entschädigung regeln kann.

Um Differenzen zwischen dem Patentgesetz und dem Sortenschutzgesetz zu vermeiden, ist vorgesehen, die Ausführungsbestimmungen zum Landwirteprivileg bezüglich Pflanzen für beide Schutzrechte einheitlich zu regeln.

Art. 36a Das geltende Patentrecht kennt Zwangslizenzen gegen monopolistische Praktiken, zur Sicherung wichtiger öffentlicher Interessen und um eine patentierte Erfindung für die Ausübung einer Zweiterfindung zu benützen (sog. Abhängigkeitslizenz).

Der neue Artikel 36a ergänzt die bestehenden Vorschriften des Patentgesetzes betreffend Zwangslizenzen, indem er vorsieht, dass Pflanzenzüchter, die ein Sortenschutzrecht nicht erhalten oder verwerten können, ohne ein früher erteiltes Patent zu verletzen, unter bestimmten Voraussetzungen gegenüber dem Patentinhaber einen Anspruch auf Erteilung einer Lizenz in dem für die Erlangung und Benutzung des Sortenschutzrechts notwendigen Umfang erhalten. Der neue Artikel 36a lehnt sich inhaltlich wie auch systematisch an Artikel 36 an, welcher den vergleichbaren Sachverhalt abhängiger Erfindungen regelt.

Diese Regelung erlaubt es, Konfliktfällen zu begegnen, die zwischen dem Sortenund dem Patentschutz denkbar sind. Der im neuen Artikel 36a vorgesehene Anspruch eines Pflanzenzüchters ist an die Voraussetzung geknüpft, dass die Pflanzensorte einen namhaften Fortschritt von erheblichem wirtschaftlichem Interesse gegenüber der patentgeschützten Erfindung, d.h. der durch das Patent geschützten Pflanzen, darstellt. An das Kriterium der erheblichen wirtschaftlichen Bedeutung dürfen aus der Sicht des Inhabers (oder Antragstellers) eines Sortenschutzrechts keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Um zu beurteilen, ob eine landwirtschaftliche Pflanzensorte einen Fortschritt von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung im Sinn von Artikel 36a aufweist, können die Kriterien der Saatgut-Verordnung9 als Anhaltspunkt dienen. Der Patentinhaber kann im Gegenzug verlangen,
dass ihm der Inhaber der geschützten Sorte eine Lizenz zur Benützung seines Sortenschutzrechtes erteilt (sog. Kreuzlizenz).

Der neue Artikel 36a übernimmt die Voraussetzungen der in Artikel 12 Absatz 1 der Biotechnologie-Richtlinie vorgesehenen Zwangslizenz. Der in Artikel 12 Absatz 2 der Biotechnologie-Richtlinie enthaltene spiegelbildliche Tatbestand der Abhängigkeit wird in Artikel 22a des Sortenschutzgesetzes geregelt. In Bezug auf die Anspruchsvoraussetzungen besteht Übereinstimmung mit Artikel 12 Absatz 3 der Biotechnologie-Richtlinie. Es sei hierbei ergänzend auf Artikel 40b hingewiesen, welcher die gemeinsamen verfahrensrechtlichen Vorschriften für die Artikel 36­40a regelt. Hier wird ­ entsprechend Artikel 12 Absatz 3 Buchstabe b der Biotechnologie-Richtlinie ­ die Voraussetzung fehlgeschlagener Verhandlungen aufgestellt (Art. 40a Abs. 1) und der Richter für die Lizenzerteilung als zuständig bezeichnet (Art. 40a Abs. 7).

9

SR 916.151

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6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit

Die Zuständigkeit des Bundes im Bereich der auswärtigen Angelegenheiten resultiert aus den Artikeln 54 und 184 der Bundesverfassung10 der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV). Die Bundesversammlung ist auf Grund von Artikel 166 Absatz 2 BV zuständig für die Genehmigung der Verträge.

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterstehen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie unbefristet und unkündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen oder wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Das UPOV-Ü (1991) ist kündbar (vgl. Art. 39) und da die Schweiz bereits Mitglied der UPOV ist, tritt sie mit der Ratifikation dieser Akte nicht einer internationalen Organisation bei.

Es bleibt die Frage, ob der Vertrag wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthält oder ob seine Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Das Übereinkommen wurde 1991 formell vollständig revidiert, materiell handelt es sich jedoch um eine Teilrevision. Namentlich sind das Doppelschutzverbot aufgehoben, die Wirkungen des Sortenschutzes erweitert und die Mindestschutzdauer verlängert worden. Im Weiteren ist die Regelung der Erschöpfung ausdrücklich ins Übereinkommen aufgenommen worden. Zudem werden bisherige UPOV-Vertragsparteien verpflichtet, bis spätestens fünf Jahre nach ihrem Beitritt zum UPOV-Ü (1991) Sorten aller Pflanzengattungen und -arten zu schützen. Diese Verpflichtung ist im Sortenschutzgesetz umzusetzen. Daraus folgt, dass der Bundesbeschluss zur Genehmigung des UPOV-Ü (1991) auf Grund von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV dem Staatsvertragsreferendum zu unterstellen ist.

Die Zuständigkeit des Bundes zum Erlass von Vorschriften über den Sortenschutz als Teil des Zivilrechtes umfasst auch die Änderung dieser Vorschriften und ergibt sich aus Artikel 122 der BV.

6.2

Erlassform

Nach Artikel 164 Absatz 1 BV sind alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen von der Bundesversammlung in Form des Bundesgesetzes zu erlassen. Das Gesetz kann Rechtsetzungsbefugnisse an den Bundesrat übertragen (Art. 164 Abs. 2 BV).

Zwei Kompetenzen werden an den Bundesrat delegiert: Erstens soll er Massnahmen zu Gunsten der Sortenschutzinhaber ergreifen, wenn sich zeigt, dass wegen der unentgeltlichen Gewährung des Landwirteprivilegs, die Interessen der Züchter zu stark beeinträchtigt werden und sie ihre neuen Sorten deshalb in der Schweiz gar nicht mehr anbieten. Zweitens soll der Bundesrat nach Artikel 31a die Anerkennung ausländischer Sortenschutztitel regeln können.

10

SR 101

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