04.067 Botschaft betreffend das Bundesgesetz zur Revision der flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit vom 1. Oktober 2004

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir beehren uns, Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf zur Revision der flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit zu unterbreiten, und beantragen Ihnen, diesem Erlass zuzustimmen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

1. Oktober 2004

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Joseph Deiss Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2004-2141

6565

Übersicht Anlässlich der Ausdehnung des Abkommens über die Personenfreizügigkeit auf die zehn neuen Mitgliedsländer der Europäischen Union haben die Gewerkschaften eine Reihe von Forderungen gestellt, nach denen zusätzliche flankierende Massnahmen eingeführt werden sollten. Eine Arbeitsgruppe mit Beteiligung der Sozialpartner prüfte diese Forderungen, die mit den sehr grossen Unterschieden bei den Löhnen sowie bei den übrigen Arbeitsbedingungen in diesen Ländern begründet wurden.

Der Bericht der Arbeitsgruppe war im Sommer 2004 Gegenstand eines Vernehmlassungsverfahrens.

Es hat sich herausgestellt, dass keine neuen materiellen Massnahmen erforderlich sind, da die vom Parlament im Jahr 1999 verabschiedeten Massnahmen allgemein als sinnvoll betrachtet werden. Auf Grund der bisherigen Erfahrungen im Rahmen der Schaffung der Instrumente zur Umsetzung der flankierenden Massnahmen wurde jedoch die Notwendigkeit deutlich, gewisse Vorschläge zu klären und einige Punkte hinsichtlich der Anwendung der Massnahmen zu konkretisieren.

Auf Gesetzesebene schlägt der Bundesrat vor, folgenden Massnahmen zuzustimmen: ­

Einstellung einer genügenden Anzahl Inspektoren durch die Kantone mit finanzieller Unterstützung des Bundes; diese Inspektoren werden die Kontrollen und Untersuchungen durchführen, die den tripartiten Kommissionen obliegen;

­

Änderung der Gesetzesbestimmung bezüglich Meldung entsandter Arbeitnehmer, indem eine Kompetenzdelegation an den Bundesrat eingeführt wird, die mehr Flexibilität erlaubt;

­

Unterstellung der ausländischen Arbeitgeber, welche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für mehr als drei Monate in die Schweiz entsenden, unter die Beitragspflicht bezüglich der in den allgemeinverbindlichen Gesamtarbeitsverträgen (GAV) vorgesehenen Weiterbildungskosten;

­

Verschärfung der Sanktionen gegen ausländische Arbeitgeber, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden, wenn sie das Gesetz nicht einhalten;

­

Anwendung der Bestimmungen der GAV, welche den Arbeitgeber zur Hinterlegung einer Kaution verpflichten, auf Arbeitgeber, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden;

­

Einführung einer zusätzlichen Erleichterung der Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen, indem die Regeln bezüglich der erforderlichen Mehrheiten geändert werden;

­

erleichterte Durchführung der Kontrolle, indem eine schriftliche Information der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über wesentliche Aspekte des Arbeitsverhältnisses gefordert wird;

6566

­

Ermächtigung des Bundesamtes für Statistik, aus Firmen-Gesamtarbeitsverträgen stammende Daten an tripartite Kommissionen weiterzugeben.

Zudem sind auf Verordnungsstufe verschiedene Änderungen vorgesehen, und zwar bezüglich des Meldeverfahrens sowie bezüglich der Unterstellung ausländischer Arbeitgeber, welche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden, unter die Beitragspflicht in Bezug auf die Vollzugskosten des GAV.

Werden die 1999 geschaffenen und am 1. Juni 2004 in Kraft getretenen Massnahmen wie vorgeschlagen verstärkt und ergänzt, so sollten sie in wirksamer und glaubwürdiger Weise umgesetzt werden können und gleichzeitig die für den Schweizer Arbeitsmarkt erforderliche Flexibilität gewährleisten.

6567

Inhaltsverzeichnis Übersicht

6566

1 Allgemeiner Teil 1.1 Hintergrund 1.2 Bericht der Arbeitsgruppe 1.3 Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens 1.4 Die vorgeschlagenen Massnahmen 1.4.1 Änderungen des Bundesgesetzes über die in die Schweiz entsandten Arbeitnehmer 1.4.1.1 Einstellung von Inspektoren 1.4.1.1.1 Begründung 1.4.1.1.2 Umrisse der Regulierung 1.4.1.1.3 Koordinierung mit der Bekämpfung der Schwarzarbeit 1.4.1.1.4 Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens 1.4.1.2 Meldeverfahren über die entsandten Arbeitnehmer 1.4.1.2.1 Massnahme 1.4.1.2.2 Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens 1.4.1.3 Unterstellung unter die Beitragspflicht bezüglich Weiterbildung 1.4.1.3.1 Massnahme 1.4.1.3.2 Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens 1.4.1.4 Einführung der Verpflichtung zur Hinterlegung einer Kaution bei Entsendung von Arbeitnehmern 1.4.1.4.1 Massnahme 1.4.1.4.2 Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens 1.4.1.5 Verstärkung der Sanktionen gegen ausländische Arbeitgeber, die Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden 1.4.2 Erleichterte Allgemeinverbindlicherklärung von GAV 1.4.2.1 Einführung 1.4.2.2 Vorschlag 1.4.2.3 Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens 1.4.3 Schriftliche Information der Arbeitnehmer über die wesentlichen Punkte des Vertrags 1.4.3.1 Massnahme 1.4.3.2 Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens 1.4.4 Einführen einer gesetzlichen Grundlage für die Weitergabe von Informationen durch das Bundesamt für Statistik 1.5 Rechtfertigung und Würdigung der vorgeschlagenen Lösungen 1.6 Verhältnis zum Europäischen Recht

6570 6570 6571 6573 6573

2 Besonderer Teil 2.1 Erläuterungen zu den Vorschlägen 2.1.1 Einstellung von Inspektoren 2.1.2 Meldeverfahren 2.1.3 Unterstellung unter die Beitragspflicht bezüglich Weiterbildung 6568

6574 6574 6574 6575 6576 6577 6578 6578 6578 6579 6579 6579 6579 6579 6580 6580 6581 6581 6583 6584 6585 6585 6586 6587 6587 6588 6589 6589 6589 6589 6590

2.1.4 Einführung der Verpflichtung zur Hinterlegung einer Kaution bei Entsendung von Arbeitnehmern 2.1.5 Verschärfung der Sanktionen gegenüber den ausländischen Arbeitgebern, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden 2.1.6 Erleichterte Allgemeinverbindlicherklärung von GAV 2.1.7 Schriftliche Information der Arbeitnehmer über die wesentlichen Punkte des Vertrags 2.1.8 Einführen einer gesetzlichen Grundlage für die Weitergabe von Informationen durch das Bundesamt für Statistik

6590 6591 6591 6591 6591

3 Auswirkungen 3.1 Auswirkungen für den Bund 3.1.1 Einstellung von Inspektoren 3.1.2 Meldeverfahren betreffend Entsandte 3.1.3 Unterstellung der ausländischen Arbeitgeber, welche Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden, unter die Beitragspflicht bezüglich Weiterbildung 3.1.4 Einführung der Verpflichtung zur Hinterlegung einer Kaution durch die Arbeitgeber, die Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden 3.1.5 Verschärfung der Sanktionen gegenüber den ausländischen Arbeitgebern, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden 3.1.6 Erleichterte Allgemeinverbindlicherklärung von GAV 3.1.7 Schriftliche Information der Arbeitnehmer über die wesentlichen Punkte des Vertrags 3.1.8 Einführen einer gesetzlichen Grundlage für die Weitergabe von Informationen durch das Bundesamt für Statistik 3.1.9 Massnahmen auf Verordnungsebene 3.1.10 Zusammenfassung 3.2 Auswirkungen für die Kantone und die Gemeinden 3.3 Volkswirtschaftliche Auswirkungen

6592 6592 6592 6592

4 Zusammenhang mit dem Legislaturprogramm und der Finanzplanung

6596

6593 6593 6593 6593 6594 6594 6594 6594 6595 6595

5 Juristische Aspekte 6596 5.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 6596 5.2 Übereinstimmung mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz 6596 5.3 Form der Erlasses 6596 5.4 Kostendämmung Fehler! Textmarke nicht definiert.

5.5 Übereinstimmung mit dem Subventionsgesetz 6597 5.6 Kompetenzdelegation 6597 Bundesgesetz zur Revision der flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit (Entwurf)

6599

6569

Botschaft 1

Allgemeiner Teil

1.1

Hintergrund

Nach dem Entscheid der Europäischen Gemeinschaft, auf den 1. Mai 2004 zehn neue Mitgliedsländer1 aufzunehmen, wurden zwischen der Schweiz und der EG Verhandlungen über die Ausdehnung des am 21. Juni 1999 unterzeichneten und am 1. Juni 2002 in Kraft getretenen Abkommens über den freien Personenverkehr zwischen der Schweiz und den fünfzehn Mitgliedsländern der EG aufgenommen.

Das betreffende Zusatzprotokoll wird gleichzeitig mit dieser Vorlage den Eidgenössischen Räten zur Genehmigung unterbreitet und es kann dagegen das Referendum ergriffen werden. In diesem Zusammenhang haben die Dachverbände der Gewerkschaften2 ihre Unterstützung einer solchen Ausdehnung des Abkommens an die Bedingung geknüpft, dass die im Oktober 1999 vom Parlament verabschiedeten flankierenden Massnahmen durch eine Reihe zusätzlicher Massnahmen ergänzt werden.

Es wurde eine Arbeitsgruppe unter Beteiligung der verschiedenen Sozialpartner einberufen, um die Forderungen der Gewerkschaften zu prüfen und zu klären, ob zusätzliche flankierende Massnahmen erforderlich sind und wie diese gegebenenfalls aussehen müssten.

Die Gewerkschaften haben einen Forderungskatalog formuliert, der zwei Arten von Massnahmen enthält: erstens Massnahmen zur Verstärkung der flankierenden Massnahmen von 1999 und ihrer Umsetzung und zweitens neue flankierende Massnahmen. Ihre Forderungen umfassen folgende Punkte:

1 2

­

lange Übergangsfristen unter Beibehaltung der Kontrolle der Arbeitsbedingungen und der Kontingentierung;

­

mögliche Einführung eines Minimallohns auf vorbeugender Basis (ohne vorhergehende Feststellung eines Missbrauchs);

­

erleichterte Bedingungen für die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen, auch als präventive Massnahme (ohne Feststellung eines Missbrauchs);

­

Verstärkung des Kündigungsschutzes für Personalvertreterinnen und Personalvertreter;

­

Verstärkung der Kontrollen durch die Einstellung von teilweise durch den Bund finanzierten Inspektoren;

­

Verbesserung des Vollzugs des Entsendegesetzes;

­

Einführung einer Verpflichtung für ausländische Arbeitgeber, welche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden, eine Garantie oder Kaution zu hinterlegen, um die Einhaltung des Gesetzes zu gewährleisten; Polen, Tschechische Republik, Ungarn, Slowakei, Litauen, Lettland, Slowenien, Estland, Zypern und Malta.

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund und Travail.Suisse.

6570

­

Schriftform des Arbeitsvertrages;

­

zusätzliche finanzielle Mittel für die Integrationspolitik.

Die Arbeit der Gruppe verlief parallel zu den Verhandlungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union über die Modalitäten der Ausdehnung des Freizügigkeitsabkommens auf die zehn neuen Mitgliedsländer.

Zusammenfassend sieht das betreffende Zusatzprotokoll vor, dass die Schweiz nationale einschränkende Massnahmen (Vorrang der inländischen Arbeitskräfte, Kontrolle der Arbeits- und Lohnbedingungen und Kontingente) während der ganzen Dauer der Übergangsfrist beibehalten kann. Diese Frist beginnt mit Inkrafttreten des Zusatzprotokolls für die Schweiz und endet am 30. April 2011, das heisst zum gleichen Zeitpunkt wie für die fünfzehn bisherigen Mitgliedsländer. Anzumerken ist noch, dass Dienstleistungserbringer (einschliesslich entsandter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) sofort von einer Liberalisierung profitieren und dem Abkommen über die Freizügigkeit unterstehen werden, mit Ausnahme von vier Branchen (Baugewerbe, Gartenbau, Gebäudereinigung und Sicherheit), für welche die aktuellen Regelungen anwendbar bleiben (Vorrang inländischer Arbeitskräfte, Kontrolle, Kontingent und Qualifikation). Im Weiteren wird auf die detaillierte Präsentation des Zusatzprotokolls verwiesen.

Die Arbeitsgruppe hat die Gesamtheit der gewerkschaftlichen Forderungen sowie weitere Punkte geprüft, die sich im Laufe der Diskussion ergaben oder auf welche die Verwaltung hinwies, weil sie in den Diskussionen zur Umsetzung der im Oktober 1999 verabschiedeten und am 1. Juni 2004 in Kraft getretenen flankierenden Massnahmen (nachfolgend «flankierende Massnahmen I» genannt) aufgetreten waren.

Die Arbeit in der Arbeitsgruppe war geprägt durch ein konstruktives Klima und einen lösungsorientierten Ansatz.

1.2

Bericht der Arbeitsgruppe

Am 14. Juni 2004 hat das Staatssekretariat für Wirtschaft einen Bericht über die Arbeit und die Ergebnisse der Arbeitsgruppe verfasst. Dieser Bericht wurde von den in der Gruppe vertretenen Verbänden unterstützt und spiegelt einen grundsätzlichen Kompromiss zwischen den Sozialpartnern wider.

Der Bericht verschafft ein klares Bild von der Gesamtheit der gewerkschaftlichen Forderungen und von den verschiedenen in der Gruppe diskutierten Elementen. Im Ergebnis hat die Arbeitsgruppe eine gewisse Anzahl von Massnahmen vorgeschlagen, die im Wesentlichen auf eine Verstärkung der 1999 geschaffenen Instrumente gerichtet sind. Diese Änderungen zielen darauf ab, Lösungen für Probleme zu bieten, die im Rahmen der Umsetzung der flankierenden Massnahmen I zum Vorschein gekommen sind, und den Vollzug sowie die Wirksamkeit dieser Massnahmen zu verbessern. Andere, auf die Einführung zusätzlicher materieller Massnahmen gerichtete Forderungen wurden hingegen verworfen.

Zusammenfassend hat die Gruppe vorgeschlagen, in folgenden Bereichen Massnahmen zu treffen:

6571

­

Einstellung einer genügenden Anzahl Inspektoren durch die Kantone mit finanzieller Unterstützung des Bundes; diese Inspektoren werden die Kontrollen durchführen, die den tripartiten Kommissionen obliegen;

­

was die Meldung der entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betrifft: Einführung einer Kompetenzdelegation an den Bundesrat auf Gesetzesstufe, um eine grössere Flexibilität zu gewährleisten;

­

Anwendung der gesamtarbeitsvertraglichen Bestimmungen, welche die Pflicht des Arbeitgebers zur Hinterlegung einer Garantie festlegen, auf Arbeitgeber, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden;

­

zusätzliche Vereinfachung der Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen (GAV), indem die Regeln betreffend die erforderlichen Quoren abgeändert werden;

­

Vereinfachung der Durchführung der Kontrollen, indem eine schriftliche Information der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über wesentliche Aspekte des Arbeitsverhältnisses gefordert wird;

­

Unterstellung der ausländischen Arbeitgeber, die ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für mehr als drei Monate in die Schweiz entsenden, unter die in allgemeinverbindlich erklärten GAV vorgesehenen Weiterbildungskosten.

Hingegen hat die Arbeitsgruppe auf die Formulierung von Vorschlägen in folgenden Bereichen verzichtet: ­

Möglichkeit des Einschreitens auf vorbeugender Basis ­ mithin ohne vorgängige Feststellung von Missbräuchen ­ sei es in Bezug auf das Festlegen von Minimallöhnen, sei es im Verhältnis zur vereinfachten Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen;

­

Verstärkung des Kündigungsschutzes für gewisse Kategorien von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, insbesondere für Mitglieder der Personalkommissionen oder für Vertrauenspersonen der Gewerkschaften innerhalb der Betriebe;

­

Einführung der Schriftform für den Arbeitsvertrag.

Hinsichtlich der Integration der Ausländer hat die Arbeitsgruppe die Wichtigkeit der Integrationspolitik herausgestrichen sowie die Notwendigkeit, für diesen Zweck genügend finanzielle Mittel vorzusehen. Jedoch befand die Gruppe, dass diese Thematik den Rahmen ihrer Kompetenzen sprenge und dass die diesbezüglichen konkreten Vorschläge der Gewerkschaften nicht sachdienlich seien.

Der Bundesrat nahm vom Bericht des Staatssekretariats für Wirtschaft am 30. Juni 2004 Kenntnis und erteilte dem Volkswirtschaftsdepartement die Bewilligung, bei den Kantonen und den interessierten Kreisen ein Vernehmlassungsverfahren zu eröffnen.

6572

1.3

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Über den Bericht des Staatssekretariats für Wirtschaft wurde ein Vernehmlassungsverfahren durchgeführt, das vom 2. Juli bis zum 17. September 2004 dauerte. Adressatinnen und Adressaten der Vernehmlassung waren die Kantone, die politischen Parteien, die Spitzenverbände der Wirtschaft sowie die Sozialpartner und die diversen interessierten Kreise. Insgesamt sind 45 Stellungnahmen eingetroffen (15 Kantone, 5 politische Parteien, 7 Spitzenverbände der Wirtschaft und 18 weitere interessierte Verbände). Die Vorlage stiess bei der Mehrheit der Vernehmlassungsadressatinnen und -adressaten auf Zustimmung. Insbesondere die meisten politischen Parteien und die Spitzenverbände standen dem Entwurf sehr positiv gegenüber. Auch die Kantone vertraten generell die Ansicht, dass ein Bedarf an Verstärkung im Bereich des Vollzugs vorhanden sei, wenn sie auch bei einzelnen Massnahmen gewisse Vorbehalte und Änderungswünsche anbrachten und teilweise das Massnahmenpaket als verfrüht betrachteten. Ihr Einverständnis zur Vorlage äusserten neben den Dachverbänden economiesuisse und Schweizerischer Arbeitgeberverband auch der Schweizerische Tourismus-Verband und der Centre Patronal.

Als unverhältnismässig und unangemessen wurde die Vorlage hingegen namentlich von der Schweizerischen Volkspartei sowie von einigen Arbeitgeberverbänden betrachtet, insbesondere von jenen Verbänden, die im Bereich der landwirtschaftlichen Produktion und des Gastgewerbes tätig sind. Der Schweizerische Gewerbeverband äussert sich seinerseits zurückhaltend. Die Gewerkschaften unterstützen die vorgeschlagenen Massnahmen, wenn sie es auch bedauern, dass mehrere ihrer Vorschläge keine Berücksichtigung gefunden haben. Für sie stellt dieses Massnahmenpaket ein absolutes Minimum dar. Die detaillierten Vernehmlassungsergebnisse sind jeweils im Anschluss an die unter Ziffer 1.4 aufgeführten Massnahmen wiedergegeben.

1.4

Die vorgeschlagenen Massnahmen

Seit der Annahme der flankierenden Massnahmen durch das Parlament im Jahr 1999 wurden im Rahmen der Vorbereitung ihrer Umsetzung und ihres Inkrafttretens, das am 1. Juni 2004 erfolgte, zahlreiche Anstrengungen unternommen. Neben der Erarbeitung der Vollzugsverordnung wurde der Kontaktmit den zuständigen Behörden der Nachbarländer, mit den schweizerischen Sozialpartnern sowie mit den kantonalen Behörden, die mit der Umsetzung dieser am 1. Juni 2003 teilweise in Kraft getretenen Gesetzgebung betraut sind, gepflegt. Auf Grund dieser Schritte konnten die bestehenden Massnahmen evaluiert und die konkreten Mittel, welche die mit der Anwendung des Gesetzes betrauten Organe im Alltag benötigen, definiert werden.

Es stellte sich heraus, dass gewisse Verbesserungen notwendig sind, wenn man über ein wirklich wirksames Instrument verfügen und ausreichende Garantien gegen Lohn- und Sozialdumping bieten will undgleichzeitig ein flexibler Arbeitsmarkt gewahrt werden soll. Die in der Arbeitsgruppe gefundenen, konsensuellen Lösungen befriedigen diese Bedürfnisse. Auf Grund der gesamthaft positiven Beurteilung der besagten Vorschläge im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens empfiehlt der Bundesrat, davon nicht abzuweichen.

6573

1.4.1

Änderungen des Bundesgesetzes über die in die Schweiz entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

1.4.1.1

Einstellung von Inspektoren

1.4.1.1.1

Begründung

Nach Artikel 360b Absatz 3 OR3 sind die tripartiten Kommissionen mit der Beobachtung des Arbeitsmarktes betraut, einschliesslich der Beobachtung entsandter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Branchen, in denen kein allgemeinverbindlicher GAV besteht. Zur Wahrnehmung ihrer Aufgabe haben die Kommissionen gemäss Absatz 5 das Recht, Untersuchungen in den Betrieben durchzuführen, Auskunft zu erhalten und Einsicht in alle notwendigen Dokumente zu nehmen.

Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b des Entsendegesetzes4 vom 8. Oktober 1999 (EntsG) beauftragt die tripartiten Kommissionen mit der Durchführung der Kontrolle zur Einhaltung der Normalarbeitsverträge über Mindestlöhne.

Artikel 11 der Entsendeverordnung vom 21. Mai 20035 (EntsV) präzisiert die Aufgaben der tripartiten Kommissionen. Im hier behandelten Zusammenhang sind die folgenden Aufgaben zu erwähnen: ­

Mitwirkung bei der Feststellung der orts-, berufs- und branchenüblichen Löhne (Bst. b);

­

Feststellung von Missbräuchen (Bst. c);

­

Abklären von Einzelfällen und Durchführung des Verständigungsverfahrens mit dem betroffenen Arbeitgeber (Bst. d);

­

Kontrolle der Einhaltung der durch Normalarbeitsverträge erlassenen Mindestlöhne (Bst. f).

Die tripartiten Kommissionen nehmen also zwei verschiedene Aufgaben wahr: ­

Sie führen Untersuchungen im Rahmen der Marktbeobachtung durch.

­

Sie führen bei entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Kontrollen zur Einhaltung der Normalarbeitsverträge, in denen Mindestlöhne erlassen werden, durch.

Diese beiden Tätigkeiten der tripartiten Kommissionen sind offensichtlich von entscheidender Bedeutung für eine effektive und wirksame Umsetzung der flankierenden Massnahmen, denn die Resultate der Kontrollen und Untersuchungen bilden die Grundlage, auf der die Kommissionen den politischen Behörden Massnahmen vorschlagen könnten.

Das Bundesrecht besagt nichts über die Organisation der Kontrollen oder deren Häufigkeit. Klar ist, dass die Kontrollen für die Erledigung der Aufgaben der tripartiten Kommissionen ausreichend sein müssen. Den Beschluss zur Durchführung einer Kontrolle kann die tripartite Kommission auf Grund der Anzeige eines Dritten fassen, der ihr eine Situation meldet, bei der Dumping vorliegen könnte, oder auch von Amtes wegen, wenn ein Mitglied der Kommission auf eine zweifelhafte Situa3 4 5

SR 220 SR 823.20 SR 823.201

6574

tion hinweist oder wenn die Kommission nach Berichten der Presse oder anderer Organe eine Überprüfung für nötig hält.

In beiden Fällen scheint es unwahrscheinlich, dass die tripartite Kommission die Untersuchungen und Kontrollen in corpore vornimmt. Es sind verschiedene Vorgehensweisen denkbar: ­

Die Kommission ernennt eine Delegation (ad hoc oder als permanente Struktur), die aus einer kleinen Zahl von Mitgliedern besteht und die Kontrollen durchführt.

­

Sie beauftragt Dritte (paritätische Kommission, Treuhänder) mit der Durchführung der Kontrollen.

­

Die Kommission verfügt über Arbeitsmarktinspektoren, welche die Kontrollen vornehmen und der Kommission Bericht erstatten über ihre Feststellungen.

Es ist zu betonen, dass es in den beiden ersten Fällen schwierig sein könnte, schnell zu reagieren. Dies, weil im ersten Fall die Mitglieder einer tripartiten Kommissionen ihre Arbeit nebenamtlich erledigen und im zweiten Fall ein Mandat erteilt werden muss.

Es bleibt die Lösung, Inspektoren einzusetzen, die für diesen Zweck eingestellt werden. Diese Lösung bietet erhebliche Vorteile wie beispielsweise die Professionalisierung der Durchführung der Kontrollen, eine schnelle Intervention (insbesondere bei Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern) sowie auch und vor allem die Garantie einer effektiven Umsetzung der flankierenden Massnahmen I durch die Kantone.

1.4.1.1.2

Umrisse der Regulierung

Um die notwendige Flexibilität der Massnahme zu gewährleisten, beschränkt sich die Gesetzesbestimmung darauf, gewisse Grundsätze festzulegen. So wurde darauf verzichtet, eine bestimmte Anzahl Inspektoren auf Gesetzesebene vorzuschreiben.

Denkbar ist nämlich auch, dass mehrere Kantone diese Frage gemeinsam angehen.

Dementsprechend erscheint es nicht sinnvoll, eine Mindestzahl von Inspektoren pro Kanton zu bestimmen, weil dies ein Hindernis für eine solche Zusammenarbeit sein könnte. Unter Berücksichtigung der im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens abgegebenen Stellungnahmen sowohl der Kantone als auch der grossen Mehrheit der Verbände, die sich dazu geäussert haben, ist andererseits vorgesehen, dass die Kantone über eine ausreichende Zahl an Inspektoren verfügen müssen. Dazu sollen sie, wenn möglich, auf bereits vorhandene Arbeitsmarktinspektoren zurückzugreifen. Als Beispiel können in diesem Zusammenhang die in verschiedenen Kantonen bereits eingestellten Inspektoren zur Bekämpfung der Schwarzarbeit erwähnt werden. Es geht darum, eine Vermehrung der Kontrollorgane zu verhindern, indem man möglichst Synergien ausschöpft. Im gleichen Sinne sieht der Entwurf ebenfalls vor, dass die Kantone eine Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern vorsehen können, damit beispielsweise immer dieselben Inspektoren mit der Durchführung der Kontrollen betraut sind, ob sie nun im Auftrag einer paritätischen Kommission oder in jenem der kantonalen tripartiten Kommission handeln. Schliesslich sieht der vorgeschlagene Gesetzestext auch die Möglichkeit für den Bund vor, mit den Kantonen Leistungsvereinbarungen abzuschliessen, welche die zu erreichenden Ziele und die 6575

finanzielle Beteiligung des Bundes näher regeln. Dem Bundesrat wird die Kompetenz zur Regelung der Einzelheiten erteilt.

Die ausreichende Zahl an Inspektoren bestimmt sich anhand der Grösse und der Struktur des betreffenden Arbeitsmarkts, wobei folgende Grundsätze als Richtwerte dienen sollen: ­

ein Inspektor je 25 000 Arbeitsplätze, mit einem Ermessensspielraum von plus oder minus 15 000; aber mindestens ein Inspektor pro Kanton, unter dem Vorbehalt, dass mehrere Kantone zusammenarbeiten können;

­

ein Inspektor je weitere 25 000 Arbeitsplätze, auch hier wieder mit einem Ermessensspielraum von plus oder minus 15 000 im Verhältnis zur Gesamtzahl von Arbeitsplätzen.

Beispiel: Zwei Kantone beschliessen, ein gemeinsames Kontrollorgan zu bilden. Ein Kanton zählt 16 000 Arbeitsplätze, der andere 18 000. Hier genügt die Einstellung eines Inspektors (25 000 + 15 000 = 40 000).

Wichtig ist auch die Festlegung einer Schwelle. Da die Einstellung der Inspektoren durch den Bund finanziell unterstützt werden soll, muss eine Schwelle definiert werden, unterhalb derer keine Unterstützung gewährt wird. Beispiel: Ein Kanton zählt 60'000 Arbeitsplätze. Er erhält vom Bund finanzielle Unterstützung für die Einstellung von 3 Inspektoren (3 × 25 000 = 75 000­15 000 = 60 000). Würde dieser Kanton nur über 58 000 Arbeitsplätze verfügen, so würde die Einstellung von lediglich zwei Inspektoren unterstützt.

Neu geschaffene Inspektoren-Stellen müssen öffentlich ausgeschrieben werden.

Werden diese Grundsätze angewendet, so ergibt dies eine Zahl von maximal 150 Inspektoren für die ganze Schweiz. Zunächst wird die Zahl sicher kleiner sein, sich mit der Zeit aber, in Abhängigkeit vom Bedarf, steigern. Auf dieser Grundlage sollen erste Erfahrungen gesammelt werden, damit in der Folge geprüft werden kann, ob eine Erhöhung oder Senkung dieser Schwellen erforderlich ist.

Die finanzielle Beteiligung des Bundes wird anfänglich auf 30 Prozent festgesetzt.

Nach einer ersten Phase kann sie der geänderten Sachlage angepasst werden.

1.4.1.1.3

Koordinierung mit der Bekämpfung der Schwarzarbeit

Der zur Zeit in den eidgenössischen Räten hängige Entwurf für ein Bundesgesetz gegen die Schwarzarbeit sieht vor, dass die Kantone ein Organ zur Kontrolle der Schwarzarbeit einrichten müssen. Sie können diese Aufgabe wahlweise einer ihrer Verwaltungsabteilungen oder einer Kontrollkommission übertragen, in der die Sozialpartner vertreten sind (beispielsweise eine tripartite Kommission). Die Kantone sind zudem verpflichtet, die Einstellung von Inspektoren vorzunehmen.

Die Sozialpartner haben ihre Besorgnis kundgetan, dass das gleichzeitige Bestehen zweier Gesetze ­ über die Schwarzarbeit und über die entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ­zu Doppelspurigkeiten führen könnte. Sie äusserten den Wunsch, dass die beiden Gesetze gemeinsame Vollzugsmechanismen vorsehen sollten.

6576

Es scheint naheliegend, dass Synergien gesucht und die Einrichtung von Parallelstrukturen verhindert werden müssen. Im Weiteren soll auch verhindert werden, dass immer mehr Kontrollen durchgeführt und die Arbeitgeber damit unnötig belastet werden.

Die beiden Entwürfe berücksichtigen diese Vorgaben, und es wurde alles unternommen, um zu gewährleisten, dass die beiden Gesetze (flankierende Massnahmen und Schwarzarbeit) durch das gleiche kantonale Organ umgesetzt werden können: ­

In beiden Gesetzen ist eine Kommission vorgesehen, in der die Sozialpartner paritätisch vertreten sind.

­

Beide Kontrollorgane erhalten ein allgemeines Mandat zur Beobachtung.

­

Die Kompetenzen der Kontrollorgane sind die gleichen (Recht, Untersuchungen in den Betrieben durchzuführen, so dass sie Einsicht in alle notwendigen Dokumente zur Feststellung der Situation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten).

­

In beiden Fällen können Kontrollen von Amtes wegen oder auf Anzeige hin erfolgen.

­

In beiden Fällen wird die Finanzierung durch den Bund auf 30 Prozent der verursachten Kosten festgelegt.

Es ist jedoch nicht möglich, zwischen den beiden Gesetzen einen institutionellen Zusammenhang herzustellen, denn sie haben verschiedene Zielsetzungen und können sich unterschiedlich entwickeln. Auch darf nicht vergessen werden, dass die Kantone bei der Gestaltung ihrer internen Organisation frei sind. Jedoch wurde alles getan, um den Kantonen zu ermöglichen, für beide Aufgabenbereiche ein einziges Organ zu schaffen, wie es von der Logik her sinnvoll erscheint.

1.4.1.1.4

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Die Gewerkschaften begrüssen die Einstellung von Inspektoren einstimmig. Sie betrachten jedoch die Einstellung eines Inspektors je 25 000 Arbeitsplätze als ein Minimum, um den wirksamen Vollzug der flankierenden Massnahmen zu erreichen.

Grundsätzlich unterstützen auch die Arbeitgeberverbände diese Massnahme mit derselben Begründung. Sie halten es aber für notwendig, die Zahl der Inspektoren auf das unbedingt erforderliche Minimum zu beschränken, und betonen, dass Synergien ausgeschöpft werden sollten, um einer Vermehrung der Inspektoren und der Kontrollen innerhalb der Betriebe entgegenzuwirken.

Die Kantone unterstützen grösstenteils diese Massnahme im Grundsatz, da sie mit den konkreten Schwierigkeiten der Durchführung der Kontrollen konfrontiert sind.

Sie widersetzen sich jedoch, und zum Teil vehement, den vorgesehenen Modalitäten und insbesondere der ihres Erachtens ungenügenden finanziellen Beteiligung des Bundes. Alle Kantone haben die Notwendigkeit unterstrichen, Synergien auszunutzen und nicht eine «Sonderkategorie» von Inspektoren zu schaffen, deren Zahl zudem festgelegt werde, bevor die tatsächlichen Bedürfnisse der öffentlichen Verwaltung berücksichtigt werden könnten. In der Tat weisen die ersten Erfahrungen darauf hin, dass im Bereich der Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die meisten Kontrollen in den Branchen stattfinden, in welchen allgemeinver-

6577

bindlich erklärte Gesamtarbeitsverträge bestehen, und die damit von den paritätischen Kommissionen ausgeübt werden.

1.4.1.2

Meldeverfahren über die entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

1.4.1.2.1

Massnahme

Bezüglich des Meldeverfahrens wurden im Rahmen des Vollzugs des Gesetzes zwei Probleme identifiziert.

Einerseits müssen die Informationen, die nach Artikel 6 des Entsendegesetzes durch die ausländischen Arbeitgeber den kantonalen Behörden zu melden sind, ergänzt werden. Zudem scheint es angebracht, dem Bundesrat die Festlegung der einzelnen Punkte der Meldung über den Verordnungsweg zu übertragen. Es handelt sich um einen Bereich, in dem eine gewisse Flexibilität erforderlich ist, und es ist nicht auszuschliessen, dass zukünftige Erfahrungen weitere Anpassungen nötig machen.

Nun scheint es nicht sinnvoll, dass dem Parlament jedes Mal ein Gesetzesentwurf vorgelegt werden muss, wenn die offenen Fragen eigentlich mit dem Vollzug der Gesetzgebung zu tun haben. Wenn der Bundesrat die Einzelheiten regelt, wird er dafür sorgen, dass die administrative Belastung für die Unternehmen so gering wie möglich gehalten wird und gleichzeitig ein wirksamer Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gewährleistet ist.

Im Weiteren wirft die Übermittlung der bei den kantonalen Behörden eingegangenen Meldungen an die tripartiten Kommissionen und vor allem an die nach Artikel 7 für den Vollzug der Kontrollen zuständigen paritätischen Kommissionen Fragen auf.

Dieser Punkt wurde im Gesetz in einer allgemeinen Bestimmung (Art. 8) geregelt, die den Austausch von Informationen und Unterlagen zwischen den Organen erlaubt, die mit dem Vollzug des Gesetzes betraut sind. Die Praxis zeigt jedoch, dass über die Erlaubnis hinaus die kantonalen Behörden zur Übermittlung der Meldungen verpflichtet sein müssen, denn ohne eine solche Übermittlung können die Kontrollorgane die erforderlichen Kontrollen schlicht nicht durchführen, weil sie nämlich von der Anwesenheit entsandter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine Kenntnis haben.

Die Sozialpartner unterstützen diesen Vorschlag, lediglich der Schweizerische Arbeitgeberverband ist gegen eine Kompetenzdelegation an den Bundesrat und hätte eine vollständigere Regelung auf Gesetzesstufe vorgezogen.

1.4.1.2.2

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Abgesehen von wenigen Ausnahmen (insbesondere AI, BE, SVP und Bauernverband) findet diese Massnahme die Zustimmung der sehr breiten Mehrheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Vernehmlassung. Befürwortet werden die durch die Kompetenzdelegation an den Bundesrat eingeführte Flexibilität sowie die Notwendigkeit, die Weiterleitung der Meldungen an die paritätische Kommission ausdrücklich vorzusehen. Unter den Befürwortern der Massnahme befanden sich jedoch einige Stimmen (jene der FDP beispielweise), die den Wunsch geäussert

6578

haben, der Bundesrat möge die erteilte Kompetenz zurückhaltend ausüben und sich lediglich auf die Regelung grundlegender Elemente beschränken.

1.4.1.3

Unterstellung unter die Beitragspflicht bezüglich Weiterbildung

1.4.1.3.1

Massnahme

Die Erfahrungen bezüglich Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zeigen, dass die Sozialpartner bei der Durchführung von Grossprojekten in der Schweiz (wie beispielsweise NEAT) verschiedene Kurse für entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer finanzieren müssen. So werden Einführungskurse, insbesondere im Bereich Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, im Ausland vor der Entsendung oder in der Schweiz bei Beginn des Einsatzes durchgeführt.

Auch werden Sprachkurse organisiert. Zudem werden je nach Baustelle und ausgeführter Tätigkeit Spezialkurse (beispielsweise für Tunnelbaumineure) geboten.

Diese Kurse verursachen den Sozialpartnern hohe Kosten.

Daher lautet der Vorschlag, ausländische Arbeitgeber, welche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für mehr als drei Monate in die Schweiz entsenden, der Beitragspflicht bezüglich allfälliger durch den GAV festgelegter Weiterbildungskosten zu unterstellen.

1.4.1.3.2

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Abgesehen von jenen Teilnehmerinnen und Teilnehmern an der Vernehmlassung, die sich dem gesamten Massnahmenpaket widersetzen, waren alle mit dieser Massnahme einverstanden.

1.4.1.4

Verpflichtung zur Hinterlegung einer Kaution bei Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern

1.4.1.4.1

Massnahme

Eines der grössten Probleme im Bereich der Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern betrifft die Vollstreckung von Forderungen, die in Anwendung des Gesetzes gegen einen Arbeitgeber entstehen, dessen Geschäftssitz sich im Ausland befindet. In diesem Bereich sind die zu unternehmenden Schritte auf Grund des internationalen Charakters der Angelegenheit ausserordentlich kompliziert.

Daher wurde die Idee vorgebracht, die Pflicht zur Hinterlegung eines bestimmten Betrags als Kaution für Forderungen einzuführen, die in Zusammenhang mit dem Vollzug des Gesetzes entstehen.

In dieser Formulierung ist der Vorschlag offensichtlich diskriminierend, da inländische Arbeitgeber oder Arbeitgeber mit Sitz in der Schweiz eine solche Kaution zur erleichterten Vollstreckung von Forderungen auf Grund der Nichteinhaltung der Gesetzgebung oder der Gesamtarbeitsverträge nicht leisten müssen.

6579

Für eine nichtdiskriminierende Gestaltung einer solchen Regelung wären zwei Formen denkbar: entweder eine öffentlich-rechtliche Regelung, bei der jeder Arbeitgeber eine Kaution hinterlegt, oder eine durch die Sozialpartner ausgehandelte Branchenlösung.

Die erste Variante erscheint nicht sehr realistisch und muss somit verworfen werden.

Die zweite Lösung ist hingegen von Interesse. Denn wenn eine Branche dies wünscht, kann heute schon von den Arbeitgebern fordern, dass sie einen Betrag zur Deckung von Forderungen hinterlegen, die auf Grund der Nichteinhaltung des Gesamtarbeitsvertrags entstehen. Nach dem Bundesgesetz vom 28. September 1956 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen6 (AVEG) können solche Klauseln allgemeinverbindlich erklärt werden, wie es Artikel 3 ausdrücklich vorsieht. Klar ist, dass in diesem Fall die in Artikel 2 Ziffer 2 genannten Voraussetzungen über die Berücksichtigung des Gesamtinteresses und der Minderheitsinteressen innerhalb des betreffenden Wirtschaftszweiges von der für die Allgemeinverbindlicherklärung zuständigen Behörde beachtet werden müssen.

Jede Branche ist bei der Festlegung der Höhe sowie der Form der Kaution (Zahlung eines bestimmten Betrags auf ein Sperrkonto, Bankgarantie, andere Form der Kaution) frei. Nach Meinung des Bundesrats geht es jedoch nicht um einen Betrag, der vor Ausführung jedes einzelnen Auftrags hinterlegt werden müsste. Vielmehr handelt es sich um eine einmalig zu leistende Kaution, die für alle von einem Arbeitgeber ausgeführten Aufträge gilt.

Diese Bestimmungen müssen jedoch auch auf ausländische Arbeitgeber ausgedehnt werden, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden. Das Entsendegesetz ist dahingehend zu ergänzen. Wir schlagen vor, diese neue Bestimmung in Artikel 2 zu verankern.

1.4.1.4.2

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Auch mit dieser Massnahme erklärten sich einzig jene Kreise nicht einverstanden, die sich jeglicher zusätzlichen Massnahme widersetzen. Insbesondere von den Kantonen wurde vielfach bedauert, dass es die Massnahme nicht erlaube, die Einziehung der von den Kantonen verhängten Bussen und der den ausländischen Arbeitgebern als Sanktion auferlegten Kontrollkosten sicherzustellen.

1.4.1.5

Verstärkung der Sanktionen gegen ausländische Arbeitgeber, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden

Im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens wurde von Seiten der Kantone (namentlich BS, VD, VS und VSAA) der Wunsch nach einer Verschärfung der Sanktionen gegen ausländische Arbeitgeber geäussert, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden, und zwar insbesondere in einem Bereich.

6

SR 221.215.311

6580

Die Kantone weisen auf die bestehenden Schwierigkeiten beim Inkasso der verhängten Bussen und der den ausländischen Arbeitgebern als Sanktion auferlegten Kosten hin. Ausserdem wünschen die Kantone, dass die Möglichkeit, ausländische Arbeitgeber vom schweizerischen Arbeitsmarkt auszuschliessen, auf widerspenstige Arbeitgeber ausgedehnt werde, da es nicht möglich scheint,, von diesen Arbeitgebern die Leistung einer Garantie zur Sicherstellung von Forderungen der öffentlichen Hand vorzusehen.

Das befristete Verbot für ausländische Arbeitgeber, ihre Dienste in der Schweiz anzubieten, stellt in der Tat die wirksamste und abschreckendste Massnahme dar. Es ist nicht statthaft, dass ein Arbeitgeber, der die gesetzlichen Mindestbedingungen nicht einhält und dafür sanktioniert wird, weder die Busse noch die Kontrollkosten bezahlt und trotzdem seine Dienste uneingeschränkt in unserem Land anbieten darf.

Der Bundesrat schlägt daher vor, Artikel 9 des Entsendegesetzes dahingehend abzuändern, dass man der kantonalen Behörde die Möglichkeit gibt, einem ausländischen Arbeitgeber das Anbieten seiner Dienste in der Schweiz vorübergehend zu verbieten, wenn gegen ihn mehrere unbezahlte Bussen bestehen, die wegen Gesetzesverstössen in einem oder mehreren Kantonen verhängt wurden. Die Dauer dieses Verbots muss selbstverständlich in Beachtung des Verhältnismässigkeitsprinzips bestimmt werden.

1.4.2

Erleichterte Allgemeinverbindlicherklärung von GAV

1.4.2.1

Einführung

Die allgemeinen Voraussetzungen für eine Allgemeinverbindlicherklärung sind in Artikel 2 des Bundesgesetzes vom 28. September 19567 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen (AVEG) aufgezählt: 1.

Die Allgemeinverbindlichkeit muss sich als notwendig erweisen.

2.

Sie darf dem Gesamtinteresse nicht zuwiderlaufen und die berechtigten Interessen anderer Wirtschaftsgruppen und Bevölkerungskreise nicht beeinträchtigen. Sie muss ferner den auf regionalen oder betrieblichen Verschiedenheiten beruhenden Minderheitsinteressen innerhalb des betreffenden Wirtschaftszweiges oder Berufes angemessen Rechnung tragen.

3.

Am Gesamtarbeitsvertrag müssen mehr als die Hälfte aller Arbeitgeber und mehr als die Hälfte aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, auf die der Geltungsbereich des Gesamtarbeitsvertrages ausgedehnt werden soll, beteiligt sein. Die beteiligten Arbeitgeber müssen überdies mehr als die Hälfte aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen. Ausnahmsweise kann bei besondern Verhältnissen vom Erfordernis der Mehrheit der beteiligten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abgesehen werden.

3bis. Im Fall eines Antrags auf Allgemeinverbindlicherklärung der tripartiten Kommission, gestützt auf die Feststellung einer wiederholten und in missbräuchlicher Weise erfolgten Unterbietung der orts-, berufs- oder branchenüblichen Löhne und Arbeitszeiten, müssen die beteiligten Arbeitgeber 7

SR 221.215.311

6581

mindestens 30 Prozent der Arbeitgeber ausmachen, die nach der Allgemeinverbindlicherklärung dem Gesamtarbeitsvertrag unterstehen sollen, und mindestens 30 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen.

4.

Der Gesamtarbeitsvertrag darf die Rechtsgleichheit nicht verletzen und dem zwingenden Recht des Bundes und der Kantone nicht widersprechen.

5.

Der Gesamtarbeitsvertrag darf die Verbandsfreiheit nicht beeinträchtigen, insbesondere nicht die Freiheit, sich einem Verband anzuschliessen oder ihm fernzubleiben.

6.

Nicht beteiligten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden muss der Beitritt zum Gesamtarbeitsvertrag zu gleichen Rechten und Pflichten offen stehen, wenn sie ein berechtigtes Interesse nachweisen und ausreichende Gewähr für die Einhaltung des Vertrages bieten.

7.

Einzelnen Arbeitgebern und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die am Gesamtarbeitsvertrag nicht beteiligt sind, muss der Beitritt zum vertragschliessenden Verband oder der Anschluss an den Gesamtarbeitsvertrag offen stehen.

Bei den meisten dieser Voraussetzungen scheint es weder leicht möglich noch wünschenswert, sie zu verändern. Zudem würde die Abänderung oder gar Streichung der Mehrheit dieser Voraussetzungen die Allgemeinverbindlicherklärung nicht erleichtern, da es sich meist um den Verweis auf allgemeine Rechtsgrundsätze handelt, die unumgänglich sind oder die keine Einschränkung für die Allgemeinverbindlicherklärung von GAV darstellen. So wäre es nicht denkbar, die Ziffern 2, 4 und 5 zu streichen. Eine Streichung oder Abschwächung der Ziffern 6 und 7 hätte wiederum keinerlei praktische Auswirkungen, denn diese Voraussetzungen werden von fast allen Gesamtarbeitsverträgen erfüllt. Übrig bleiben die Ziffern 1 (Notwendigkeit) und 3 (Quoren).

Ziffer 1 verweist auf das Ermessens der zuständigen Behörde. Da das hier angestrebte Ziel die Bekämpfung des Unterbietens von Löhnen ist, kann man annehmen, dass die Behörde im Rahmen ihres Ermessens einen Handlungsbedarf erkennen wird, wenn der Arbeitsmarkt von missbräuchlichem und wiederholtem Lohndumping betroffen ist.

Somit bleibt nur Artikel 2 Ziffer 3 über die Quoren, dessen Änderung die Allgemeinverbindlicherklärung erleichtern kann.

Unter dem normalen Regime ist es möglich, vom erforderlichen Quorum der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abzusehen, wenn besondere Verhältnisse dies rechtfertigen. Im Rahmen der flankierenden Massnahmen wurde dieses Quorum bei der Feststellung von missbräuchlichem und wiederholtem Dumping aufgehoben.

Eine zusätzliche Lockerung der Voraussetzungen würde nichts bringen. Eine Option wäre die ersatzlose Streichung des Quorums, jedoch wurde ein solcher Vorschlag im Jahr 1999 vom Parlament verworfen.

Gemäss der Botschaft des Bundesrats vom 29. Januar 19548 war bei der Festlegung der drei Quoren und insbesondere des Quorums betreffend die Arbeitgeber die Absicht ausschlaggebend, die mehrheitliche Meinung zu berücksichtigen. Es galt zu 8

BBl 1954 I 175

6582

verhindern, dass in einer Wirtschaftsbranche «eine Minderheit der Mehrheit eine Ordnung aufzwingen könne».9 Die Erfahrung zeigt, dass dieses Erfordernis die häufigste Ursache für das Scheitern eines Verfahrens zur Allgemeinverbindlicherklärung ist. Aus diesem Grund wurde im Rahmen der flankierenden Massnahmen das erforderliche Verhältnis der dem GAV unterstellten Arbeitgeber bei missbräuchlichem und wiederholtem Dumping von 50 auf 30 Prozent gesenkt.

Eine zusätzliche Senkung des Quorums (auf 15, 20 oder 25 %) hätte keinen Sinn, weil dadurch das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel nicht mehr erreicht würde, während eine «fiktive» Schranke für die Allgemeinverbindlicherklärung der GAV bestehen bleiben würde. Wenn das Quorum der Arbeitgeber geändert werden soll, ist die einzige Option daher die ersatzlose Streichung des Quorums.

Schliesslich ist das Erfordernis, dass eine Mehrheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einer Branche bei einem durch einen GAV gebundenen Arbeitgeber beschäftigt sein müssen, tendenziell eine Garantie dafür, dass die Mehrheit der Arbeitsverhältnisse dem GAV untersteht. Damit wird die Repräsentativität des GAV gewährleistet. Auch das Quorum der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wurde im Rahmen der flankierenden Massnahmen I von 50 auf 30 Prozent gesenkt.

1.4.2.2

Vorschlag

Soll die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen bei wiederholter und missbräuchlicher Lohnunterbietung gestützt auf Artikel 1a AVEG ­ und damit indirekt auch deren Aushandlung durch die Sozialpartner ­ gefördert werden, so ist die sinnvollste Massnahme die Abschaffung des Quorums der Arbeitgeber bei gleichzeitiger Beibehaltung des 50-Prozent-Quorums der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bei einem dem GAV unterstehenden Arbeitgeber beschäftigt sind.

Eine solche Lösung besteht bereits in Finnland, Deutschland, Griechenland und den Niederlanden.

Die Abschwächung der demokratischen Legitimität auf der Seite der Arbeitgeber kann durch eine strenge Anwendung von Artikel 2 Ziffer 2 Satz 2 AVEG leicht kompensiert werden, nach dem die Behörde sicherstellen muss, dass der GAV und seine Allgemeinverbindlicherklärung den auf regionalen oder betrieblichen Verschiedenheiten beruhenden Minderheitsinteressen innerhalb des betreffenden Wirtschaftszweiges oder Berufes angemessen Rechnung trägt. In der Tat ist es nicht denkbar, dass Kleinstunternehmen, oder eventuell auch KMU, Regeln auferlegt werden, die für Unternehmen mit mehreren Hundert Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern definiert wurden. Damit wäre beispielsweise die Arbeitsorganisation für kleine Unternehmen nicht mehr zu bewältigen. In solchen Fällen müsste die Behörde, die den Gesamtarbeitsvertrag allgemeinverbindlich erklärt, den Geltungsbereich des GAV so festlegen, dass die betrieblichen Verschiedenheiten innerhalb der Branche berücksichtigt werden (beispielsweise anhand der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, anhand der Verkaufsfläche oder anhand anderer objektiver Kriterien).

9

Ebda.

6583

Die vorgeschlagene Lösung bietet zahlreiche Vorteile: Massgebend sind immer die «orts-, berufs- oder branchenüblichen Bedingungen», sowohl bei den flankierenden Massnahmen (Art. 360a OR und AVEG) als auch im Bundesgesetz vom 19. Dezember 198610 gegen den unlauteren Wettbewerb (Art. 7 UWG) oder beim öffentlichen Beschaffungswesen.

Nun spielt die Anzahl der betroffenen Arbeitsverhältnisse bei der Definition der orts-, berufs- oder branchenüblichen Bedingungen zweifellos eine wichtige Rolle. In dieser Perspektive wäre das Quorum der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bei einem dem GAV unterstehenden Arbeitgeber beschäftigt sind, ausreichend, um die Repräsentativität des GAV in der Branche zu garantieren. Gleichzeitig wäre dieses Quorum ein wichtiger Hinweis für die Festlegung der orts-, berufs- oder branchenüblichen Bedingungen der betreffenden Branche. Denn es stellt sich durchaus die Frage, ob ein Gesamtarbeitsvertrag, der 65­70 Prozent der Arbeitsverhältnisse einer Branche, jedoch nur 35­40 Prozent der Arbeitgeber abdeckt, eine geringere demokratische Legitimität geniesst als ein Gesamtarbeitsvertrag, dem eine Mehrheit der Arbeitgeber, aber ein kleinerer Teil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer untersteht.

Im Rahmen der flankierenden Massnahmen I wurden die Quoren der einem GAV unterstehenden Arbeitgeber und der von ihnen beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von 50 auf 30 Prozent gesenkt.

Jedoch scheint uns die ausschliessliche Beibehaltung eines auf 30 Prozent reduzierten Quorums der beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine potenzielle Missbrauchsquelle zu sein. Das demokratische Ansehen und die Repräsentativität des GAV würden ebenfalls geschwächt. Dabei sehen wir folgende Hautprobleme: Erstens könnten theoretisch drei GAV gleichzeitig die Bedingung der Abdeckung von 30 Prozent der Arbeitsverhältnisse in einer Branche erfüllen; zweitens würde ein relativ hohes Risiko bestehen, dass Arbeitgeberverbände mit dem einzigen Ziel gebildet werden, der gesamten Branche einen GAV aufzuzwingen; und drittens kann man nicht davon ausgehen, dass 30 Prozent der Arbeitsverhältnisse für die Praxis einer Branche repräsentativ sind, wenn für die restlichen 70 Prozent Bedingungen gelten, die sich von den Lösungen des GAV unterscheiden.

Daher schlagen wir eine Änderung des Wortlauts
von Artikel 2 Ziffer 3bis AVEG vor, indem das Quorum der Arbeitgeber gestrichen und das Quorum der beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von 30 auf 50 Prozent angehoben wird.

1.4.2.3

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Dieser Vorschlag hat zahlreiche und sehr gegensätzliche Reaktionen hervorgerufen.

Die einen (Gewerkschaften, SP) finden, dass die Massnahme in die richtige Richtung zielt, aber dass die Regelung über die Allgemeinverbindlicherklärung von GAV zu kompliziert sei. Zudem solle diese Massnahme endgültig im Gesetz verankert und nicht bloss als Ausnahmegesetzgebung für den Fall vorgesehen werden, dass Missbräuche festgestellt werden. Gewisse Kantone (namentlich BL, FR, SH, VD, VS, ZH) unterstützen die Massnahme, betonen aber gleichzeitig, dass die Minderheitsinteressen gemäss Artikel 2 Ziffer 2 AVEG überprüft werden müssen. Einige 10

SR 241

6584

Kantone wünschen zudem, dass der Bund ihnen die Angaben über die Anzahl der nach Branchen beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer liefere, weil die Sozialpartner diese Zahlen oft nur sehr schwer nachweisen können. Demgegenüber lehnen gewisse Arbeitgeberkreise (SGV, Gastrosuisse, Swiss Retail Federation), politische Parteien (SVP) und Kantone (AI) diesen Vorschlag ab. Sie befürchten, dass der Wegfall des Arbeitgeberquorums die Sozialpartnerschaft aus dem Gleichgewicht bringen könnte, die grossen Betriebe zum Nachteil der KMU bevorzugt und eine zusätzliche Einschränkung der Vertragsfreiheit herbeigeführt würde.

1.4.3

Schriftliche Information der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über die wesentlichen Punkte des Vertrags

1.4.3.1

Massnahme

Es gibt eine Richtlinie der Europäischen Union11, welche die Mitteilung verschiedener Punkte des Arbeitsvertrags vorschreibt. Der hier präsentierte Vorschlag entspricht nur in gewisser Hinsicht dieser Richtlinie und legt Anforderungen fest, die weit unter denjenigen der Europäischen Union liegen.

Eine schriftliche Information der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über die wesentlichen Bestandteile ihres Vertrags bietet zahlreiche Vorteile, unter denen insbesondere zu nennen sind: eine erhöhte Rechtssicherheit für beide Parteien, die Möglichkeit, über eine klare Information über die auf ein Arbeitsverhältnis anwendbaren Arbeitsbedingungen zu verfügen sowie die Möglichkeit für die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer und für die Kontrollorgane, allfällige Mängel festzustellen und entsprechend zu handeln.

Der Vorschlag beschränkt sich auf die wesentlichen Punkte, die für die Durchführung der Kontrollen der tripartiten Kommissionen im Rahmen der flankierenden Massnahmen notwendig sind. Die Punkte, über die eine schriftliche Information erfolgen sollte, sind die folgenden: a.

Namen der Vertragsparteien;

b.

Datum des Beginns des Arbeitsverhältnisses;

c.

Funktion der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers;

d.

Lohn und allfällige Lohnzuschläge;

e.

tägliche oder wöchentliche Arbeitszeit.

Die Grenze von einem Monat für befristete Arbeitsverträge wurde in der Absicht festgelegt, auch bei denjenigen ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Kontrollen zu ermöglichen, die für kurze Einsätze eingestellt werden, einschliesslich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit nicht kontingentierter Bewilligung für eine Dauer von weniger als vier Monaten. Unter dem Regime der erforderlichen Bewilligung, das bis am 31. Mai 2004 galt, musste bekanntlich für alle ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die solche Arbeitsstellen 11

Richtlinie 91/533/EWG des Rates vom 14. Okt. 1991 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen, ABl. L 288 vom 14.10.1991, S. 32.

6585

innehatten (Ernte, Saisonarbeit usw.) eine Bewilligung eingeholt werden. Auf dem Gesuch wurden die wesentlichen Punkte des Arbeitsvertrags festgehalten, und das Bundesgericht hat mehrmals bestätigt, dass Artikel 9 der Verordnung vom 6. Oktober 198612 über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (BVO) eine zivilrechtliche Wirkung entfaltet, insofern diese Bestimmung den Arbeitgeber zur Einhaltung der in der erteilten Bewilligung enthaltenen Bedingungen verpflichtet, insbesondere zur Zahlung der von der Verwaltungsbehörde genehmigten Entlöhnung.13 Auf Grund der schriftlichen Information wird daher für das Kontrollorgan ersichtlich, ab welchem Zeitpunkt die betreffende Person in der Schweiz beschäftigt ist und welche Arbeitsbedingungen für das Arbeitsverhältnis anwendbar sind.

Wird ein Element verändert, das der Informationspflicht unterliegt (Erhöhung/Senkung des Lohns, Veränderung der Arbeitszeit usw.), so muss für den Arbeitgeber die Verpflichtung vorgesehen werden, die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer innert Monatsfrist ab Inkrafttreten der Veränderung schriftlich darüber zu informieren.

Als Nachteil könnte die zusätzliche administrative Belastung erwähnt werden, die eine solche Verpflichtung für die Unternehmen, insbesondere für KMU, mit sich bringen könnte. Jedoch berücksichtigt der Vorschlag dieses Risiko, indem die schriftliche Information nicht in Form eines speziellen Dokuments erfolgen muss, in dem alle Punkte aufgeführt sind. Die Bestimmung sieht im Gegenteil vor, dass die schriftliche Information durch die Übergabe von einem oder mehreren Dokumenten innert Monatsfrist ab Beginn eines Arbeitsverhältnisses erfolgen kann. So enthält ein ausgehändigtes Einstellungsschreiben in der Regel die Namen der Vertragsparteien, die Funktion und das Datum, ab dem die Arbeit aufgenommen wird. Auf der ersten Lohnabrechnung ist der ausgezahlte Lohn aufgeführt. Also müsste nur noch über die Frage der Arbeitszeit schriftlich informiert werden. Zudem sollte nicht vergessen werden, dass der Arbeitgeber die Punkte, über die eine schriftliche Information erfolgen muss, auf jeden Fall einer Sozialversicherung (Unfallversicherung, AHV) oder einer anderen Instanz melden muss.

1.4.3.2

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Diese Massnahme wurde im Allgemeinen gut aufgenommen. Alle Kantone befürworten sie, wobei einige bedauern, dass keine Sanktion vorgesehen ist. Auch unter den Sozialpartnern sind die Reaktionen mehrheitlich positiv. Die Gewerkschaften begrüssen die Massnahme, die sie als ein Minimum im Vergleich zu den Erfordernissen der entsprechenden europäischen Richtlinie ansehen. Die Mehrheit der Arbeitgeber ist der Ansicht, dass es sich um eine geeignete Massnahme handelt, um die Kontrollen zu erleichtern, ohne dass ein Mehraufwand für die Betriebe entsteht.

Von den politischen Parteien hat sich nur die SVP gegen die Massnahme ausgesprochen. Sie findet, dass damit das zwingende Formerfordernis der Schriftlichkeit für den Arbeitsvertrag eingeführt werde.

12 13

SR 823.21 BGE 4P.181/2003 vom 3.11.2003.

6586

1.4.4

Einführung einer gesetzlichen Grundlage für die Weitergabe von Informationen durch das Bundesamt für Statistik

Im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens wurde ausdrücklich die Frage nach der Einführung einer gesetzlichen Grundlage gestellt, wonach das Bundesamt für Statistik ermächtigt werden soll, den tripartiten Kommissionen Daten bezüglich der Betriebs-Gesamtarbeitsverträge weiterzugeben.

Die Mehrheit der Antworten dazu ist positiv ausgefallen.Die grösste Zustimmung erfolgt von den Kantonen, die als erste davon betroffen wären. Unter den Gegnern der Massnahme ist insbesondere auf den Schweizerischen Arbeitgeberverband hinzuweisen, der die öffentliche Verbreitung sensibler Daten (z.B. Lohn) und ein abnehmendes Interesse der Betriebe für diese Art von Gesamtarbeitsverträgen befürchtet. Derselbe Verband weist ferner darauf hin, dass die flankierenden Massnahmen lediglich ein Eingreifen im Missbrauchsfall ermöglichen und nicht dazu dienen sollen, einen «Katalog» zu präventiven Zwecken aufzustellen.

In Berücksichtigung dieser Stellungnahmen schlägt der Bundesrat die Einführung einer gesetzlichen Grundlage vor, welche das Bundesamt für Statistik zur Weitergabe von Daten ermächtigt. Ein systematisches und automatisches Weiterleiten der Angaben ist jedoch ausgeschlossen. Die Weitergabe ist nur auf ausdrückliches Begehren einer tripartiten Kommission hin möglich.

Diese Lösung kann folgendermassen begründet werden: Wenn eine tripartite Kommission gemäss ihrem gesetzlichen Auftrag Abklärungen über die üblichen Löhne in einer bestimmten Branche vornimmt, muss sie auch Zugang zu den Bestimmungen der Betriebs-Gesamtarbeitsverträge haben. Ohne entsprechende gesetzliche Grundlage muss sich die tripartite Kommission an den betroffenen Betrieb wenden. Dieser ist gemäss Artikel 360b Absatz 5 OR verpflichtet, die beantragten Dokumente herauszugeben. Da diese Dokumente auch beim Bundesamt für Statistik vorhanden sind, ist es einfacher, dem Amt deren Weitergabe zu erlauben, statt der tripartiten Kommission und dem betroffenen Betrieb leicht vermeidbare administrative Schritte aufzuerlegen.

Bei den Betriebsdaten, die weitergeleitet werden, handelt es sich um nicht anonymisierte Daten. Aggregierte Daten, das heisst auf der nächsthöheren Identifikationsebene zu einer Gruppe zusammengefasste Daten, wären nämlich der tripartiten Kommission im Rahmen ihrer Abklärungen von keinem Nutzen.

Die Berechtigung der tripartiten Kommission
zum Erhalt dieser Daten steht im Zusammenhang mit ihrem Auftrag der Arbeitsmarktbeobachtung und Untersuchung, weshalb es gerechtfertigt scheint, die neue Bestimmung in Artikel 360b OR einzufügen.

1.5

Rechtfertigung und Würdigung der vorgeschlagenen Lösungen

Trotz der Übergangsfristen, die mit der Europäischen Union ausgehandelt werden konnten, bleibt die Ausdehnung des Personen-Freizügigkeitsabkommens auf die Angehörigen der zehn neuen Mitgliedstaaten der EU für die Bevölkerung von grosser emotionaler Tragweite. Die Presse hat vielfach den Ängsten, die durch die Öff6587

nung unseres Arbeitsmarkts für Arbeitskräfte aus Ländern mit sehr tiefem Lohnniveau hervorgerufen werden, grosses Echo verschafft. Diese billigen Arbeitskräfte bringen ein wesentlich höheres Risiko des Lohndumpings mit sich, als es noch mit Angehörigen der 15 bisherigen EU-Staaten der Fall war.

Die Beziehungen zwischen der Schweiz und Europa werden in den kommenden Jahren von verschiedenen entscheidenden Terminen geprägt sein: von der möglichen Volksabstimmung über die Ausdehnung des Personen-Freizügigkeitsabkommens auf die zehn neuen Mitgliedstaaten sowie 2009 von einer Referendumsmöglichkeit über die Weiterführung dieses Abkommens, das anfänglich auf 7 Jahre abgeschlossen wurde. In beiden Fällen würde eine Ablehnung durch das Volk die Gesamtheit der bilateralen Abkommen in Frage stellen. Eine solche Möglichkeit würde unser Land und insbesondere unsere Wirtschaft sehr stark benachteiligen.

Nebst dieser politischen Rechtfertigung haben die Massnahmen, die Gegenstand der vorliegenden Botschaft sind, auch eine materielle Berechtigung und sind angemessen.

Die 1999 vom Parlament verabschiedeten Massnahmen werden allgemein als sinnvoll betrachtet. Dennoch erscheint es zum heutigen Zeitpunkt ­ anhand der im Rahmen der Umsetzung dieser Massnahmen unternommenen Bemühungen und auf Grund der ersten Erfahrungen ­, dass sich der konkrete Vollzug zeitweise als schwierig erweist und dass die Gesetzgebung von 1999 in dieser Beziehung lückenhaft war. Um glaubhaft zu sein, müssen aber die flankierenden Massnahmen effektiv und wirksam vollzogen werden können. Die in dieser Botschaft behandelten Massnahmen sollen gerade eine derartige Umsetzbarkeit bewerkstelligen, bei gleichzeitiger Wahrung des den schweizerischen Wirtschaftsstandort kennzeichnenden Vorteils, über einen flexiblen Arbeitsmarkt zu verfügen.

Ausserdem ist der Umstand zu betonen, dass die vorgeschlagenen Massnahmen in einer Arbeitsgruppe besprochen und ausgearbeitet wurden, an der die Sozialpartner beteiligt waren, und dass sie Ausdruck eines grundsätzlichen Konsenses über die Notwendigkeit einer neuen Intervention sind.

1.6

Verhältnis zum europäischen Recht

Wie es in der Botschaft des Bundesrats vom 23. Juni 1999 zur Genehmigung der sektoriellen Abkommen mit der EU sowie zu den flankierenden Massnahmen (BBl 1999 6434) erwähnt wurde, stützt sich das Gesetz über die entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf die EU-Richtlinie 96/71 vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen14. Artikel 22 des Anhangs 1 zum Abkommen über den freien Personenverkehr bezieht sich ausdrücklich auf diese Richtlinie und sieht vor, dass unser Land für die entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die in der Schweiz geltenden Arbeitsbedingungen vorbehalten darf. Die Änderungsvorschläge zum Entsendegesetz entsprechen der EU-Richtlinie.

Die Massnahmen, welche die Allgemeinverbindlicherklärung betreffen, stützen sich allein auf das innerstaatliche Recht. In der EU sind keine entsprechenden Regelungen enthalten.

14

Abl. L 18 vom 21.1.1997, S. 1.

6588

Die Vorschläge im Bereich der Information der Arbeitnehmer über die wesentlichen Punkte des Arbeitsvertrags stimmen zwar nicht vollkommen mit der Richtlinie 91/533/EWG des Rates vom 14. Oktober 1991 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen15 überein. Diese Richtlinie hat jedoch keine zwingende Wirkung für die Schweiz. Es wurde nämlich festgehalten, dass sie im Hinblick auf den administrativen Aufwand und auf die vorgesehenen Sanktionsmechanismen übermässige Pflichten für die Arbeitgeber statuiert.

2

Besonderer Teil

2.1

Erläuterungen zu den Vorschlägen

2.1.1

Einstellung von Inspektoren

Die einzustellenden Inspektoren haben die Aufgaben auszuführen, mit denen die tripartiten Kommissionen ­ gestützt auf zwei Bundesgesetze ­ betraut wurden: einerseits die Pflicht zur Beaufsichtigung des Arbeitsmarkts gemäss Artikel 360b OR, andererseits die Kontrollpflichten gemäss Artikel 7 des Bundesgesetzes über die in die Schweiz entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Da das Obligationenrecht ein Erlass des Privatrechts ist, hielt man es für passender, eine Bestimmung betreffend die Einstellung von Inspektoren und deren Finanzierung im Entsendegesetz zu verankern.

Zu betonen ist, dass der Bund lediglich 30 Prozent der durch die Einstellung von Inspektoren entstehenden Lohnkosten übernehmen wird, nicht die Gesamtheit der Kosten für die Führung der kantonalen tripartiten Kommission oder des kantonalen Dienstes, dem die Inspektoren zugeordnet sein werden. Es ist darauf hinzuweisen, dass die bereits bestehenden Arbeitsmarktinspektoren ebenfalls berücksichtigt werden können, allerdings nur unter der Bedingung, dass sie wirklich Tätigkeiten im Rahmen des Vollzugs der flankierenden Massnahmen wahrnehmen.

Was den Begriff des Inspektors anbelangt, muss präzisiert werden, dass es sich um Personen mit verschiedenen Profilen handeln kann. So gelten auch Buchhalter, Juristen oder andere Spezialisten als «Inspektoren» im Sinne dieser Bestimmung.

Es erscheint weder angezeigt, die Zahl der Inspektoren gesetzlich festzulegen, noch deren Anzahl oder Aufteilung in den Kantonen vorzugeben. Der Entwurf schlägt daher vor, diese Regelung auf die Verordnungsstufe zu delegieren. Der mögliche Umriss dieser Regelung wurde oben beschrieben (Ziff. 1.4.1.1.2).

2.1.2

Meldeverfahren

Der Wortlaut von Artikel 6 in der hier vorgeschlagenen Fassung unterscheidet sich insofern vom geltenden Gesetzestext, als die Aufzählung der zu meldenden Elemente nunmehr in allgemeiner Art und Weise formuliert ist: Die Meldung soll alle für die Durchführung der Kontrolle notwendigen Angaben umfassen, und die anschlies-

15

Abl. L 288 vom 14.10.1991, S. 32.

6589

sende Liste ist nicht mehr abschliessend (Abs. 1). Dem Bundesrat wird die Zuständigkeit erteilt, weitere meldepflichtige Punkte festzulegen (Abs. 4).

Absatz 3 regelt die Übermittlung der von den kantonalen Behörde erhaltenen Meldungen an die jeweilige kantonale tripartite Kommission sowie an die betreffende paritätische Kommission. Die Übermittlung an letztere erfolgt jedoch nur, sofern die in der Schweiz durch entsandte Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer zu erbringende Dienstleistung in den Anwendungsbereich eines allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsvertrags fällt.

2.1.3

Unterstellung unter die Beitragspflicht bezüglich Weiterbildung

Es wird auf die obige Darstellung des Vorschlages verwiesen (Ziff. 1.4.1.3).

2.1.4

Verpflichtung zur Hinterlegung einer Kaution bei Entsendung von Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmern

Durch diese neue Gesetzesbestimmung sollen die Bestimmungen der allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträge, welche die Hinterlegung einer finanziellen Kaution vorsehen, auf ausländische Arbeitgeber anwendbar werden, die Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden. Derartige Bestimmungen können jedoch nur allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn die Parteien des GAV die notwendige Gewähr für eine geordnete Durchsetzung bieten. Nach der Lehre16 handelt es sich um folgende Punkte: ­

Die Kaution darf ausschliesslich der Sicherung der Vertragseinhaltung dienen.

­

Die Kaution muss bei einer Bank hinterlegt werden, und zwar auf den Namen des Kautionsleistenden.

­

Es muss festgelegt sein, wer in welchen Fällen und wann die Kaution in Anspruch nehmen kann;

­

Zu regeln ist die Art und Weise, in der die Kaution zurückzuzahlen ist.

Die praktische Tragweite der vorgeschlagenen Bestimmung ist verhältnismässig gering. Da im Zusammenhang mit der Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die paritätischen Kommissionen gegenüber den ausländischen Arbeitgebern weder eine Konventionalstrafe aussprechen können noch die Kontrollkosten direkt bei diesen einziehen dürfen (die Sanktionen fallen in die ausschliessliche Zuständigkeit der kantonalen Behörde gemäss Art. 9 des Entsendegesetzes), kann die Garantie nur auf die Zahlung von den in den GAV vorgesehenen Mindestleistungen gerichtet sein. Diese Massnahme kann jedoch eine präventive Wirkung entfalten, indem sie die Arbeitgeber zur Einhaltung dieser Mindestleistungen anregt.

16

Schweingruber/Bigler, Kommentar zum Gesamtarbeitsvertrag, 3. Auflage 1985, SGB, Bern.

6590

Da es sich um eine rein vertragliche Lösung handelt, ist es im Gegenzug den kantonalen Behörden untersagt, die hinterlegte Kaution zur Begleichung von Bussen oder von Kontrollkosten zu verwenden, die sie den ausländischen Arbeitgebern auferlegt haben.

2.1.5

Verschärfung der Sanktionen gegen die ausländischen Arbeitgeber, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden

Es wird auf die Erläuterungen zum oben stehenden Vorschlag (Ziff. 1.4.1.5) verwiesen.

2.1.6

Erleichterte Allgemeinverbindlicherklärung von GAV

Die vorgeschlagene Änderung von Artikel 2 Absatz 3bis AVEG betrifft nur die Voraussetzungen von Allgemeinverbindlicherklärungen, die im Rahmen eines Verfahrens erfolgen, das durch einen Antrag der tripartiten Kommission auf Grund Feststellung wiederholten und missbräuchlichen Dumpings gemäss Artikel 1a eingeleitet wurde.

Das gewöhnliche Verfahren der Allgemeinverbindlicherklärung, gestützt auf einen Antrag der Parteien des GAV, untersteht nach wie vor den üblichen Voraussetzungen. Insbesondere gilt in Bezug auf die erforderlichen Quoren Artikel 2 Ziffer 3.

Im Übrigen wird auf die obige Darstellung des Vorschlags verwiesen (Ziff. 1.4.2).

2.1.7

Schriftliche Information der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über die wesentlichen Punkte des Vertrags

Es wird auf die obige Darstellung des Vorschlags verwiesen (Ziff. 1.4.3).

2.1.8

Einführung einer gesetzlichen Grundlage für die Weitergabe von Informationen durch das Bundesamt für Statistik

Wir verweisen auf die Erläuterungen zum oben stehenden Vorschlag (Ziff. 1.4.4).

6591

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen für den Bund

3.1.1

Einstellung von Inspektoren

Gemäss diesem Entwurf unterstützt der Bund die Kantone bei der Einstellung der Inspektoren dadurch, dass er 30 Prozent der Lohnkosten übernimmt.

Geht man von der Höchstzahl von 150 Inspektoren und von Lohnkosten von jährlich 130 000 Franken pro Inspektor aus, ergibt dies einen Gesamtbetrag von circa 20 Millionen Franken im Jahr.

Der Anteil zu Lasten des Bundes würde somit bei maximal 6 Millionen Franken im Jahr liegen. Wie bereits weiter oben erwähnt, werden diese Beträge nicht sofort ausgeschöpft werden, weil die Anstellung von Inspektoren nach und nach unter Berücksichtigung der wachsenden Bedürfnisse erfolgen wird.

In Anbetracht der derzeitigen finanziellen Lage des Bundes handelt es sich um eine erhebliche neue Ausgabe. Dennoch hält der Bundesrat die Einstellung von Inspektoren zur Sicherstellung eines besseren Vollzugs der geschaffenen Massnahmen für notwendig. Die Beteiligung des Bundes stellt bestimmt eine Anregung für die Kantone dar. Doch muss auch berücksichtigt werden, dass auch der Bund ein Interesse an einer wirksamen Umsetzung der flankierenden Massnahmen hat. Die Erträge, welche der Schweiz auf Grund der Ausdehnung der bilateralen Abkommen auf die neuen Mitgliedstaaten der EU zufliessen könnten, sind bedeutend höher als die veranschlagten sechs Millionen zur Unterstützung der Einstellung von Inspektoren.

Die Ablehnung der Ausdehnung des Personen-Freizügigkeitsabkommens und die Gefährdung der Gesamtheit der bilateralen Abkommen würden sich auf die Schweiz im Allgemeinen und insbesondere auf die Bundesfinanzen wesentlich nachteiliger auswirken. Gleichzeitig befriedigt der Bund auf diesem Wege den von Seiten der Kantone des Öfteren geäusserten Wunsch einer finanziellen Unterstützung zum Vollzug der flankierenden Massnahmen. Die Kantone haben nämlich wiederholt argumentiert, es handle sich zwar um Massnahmen des innerstaatlichen Rechts, jedoch seien sie in Zusammenhang mit internationalen Verpflichtungen des Bundes getroffen worden und stünden im nationalen Interesse, so etwa die Sicherung des sozialen Friedens.

3.1.2

Meldeverfahren betreffend Entsandte

Die vorgesehenen Massnahmen haben keinen Einfluss auf das Personal oder auf die Finanzen des Bundes, denn es handelt sich lediglich um die Aufnahme einer Kompetenzdelegation zu Gunsten des Bundesrats in das Gesetz.

6592

3.1.3

Unterstellung der ausländischen Arbeitgeber, welche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden, unter die Beitragspflicht bezüglich Weiterbildung

Die vorgesehenen Massnahmen haben keinen Einfluss auf das Personal oder auf die Finanzen des Bundes. Die Beiträge sind in den Gesamtarbeitsverträgen vorgesehen.

Die Inkasso-Aufgaben gehen zu Lasten der Sozialpartner, die im Gegenzug auch die alleinigen Nutzniesser der eingezogenen Beträge sind.

3.1.4

Verpflichtung zur Hinterlegung einer Kaution durch die Arbeitgeber, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden

Auch bei dieser Massnahme geht es darum, ein durch Gesamtarbeitsverträge vorgesehenes Instrument auf ausländische Arbeitgeber, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden, für anwendbar zu erklären,. Einzig die Sozialpartner werden daher tangiert und die Massnahme hat keinen Einfluss auf das Personal oder die Finanzen des Bundes.

3.1.5

Verschärfung der Sanktionen gegen die ausländischen Arbeitgeber, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden

Diese Massnahme hat zum Zweck, die ausländischen Arbeitgeber, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden, dazu anzuhalten, einerseits das Gesetz zu befolgen und anderseits die ihnen gegenüber ausgesprochenen Bussen zu bezahlen, im Wissen darum, dass ihnen andernfalls für eine beschränkte Zeitdauer der Zugang zum schweizerischen Arbeitsmarkt verboten werden kann. Die einzigen finanziellen Auswirkungen der Massnahme sind also positiv, denn sie erleichtern die Einziehung der Bussen und Kosten, die den ausländischen Arbeitgebern auferlegt wurden.

3.1.6

Erleichterte Allgemeinverbindlicherklärung von GAV

Sinn und Zweck der Massnahme besteht darin, das Verfahren der Allgemeinverbindlicherklärung von GAV zu vereinfachen, indem man die Voraussetzungen dafür erleichtert. Soweit vorgängig Fälle des missbräuchlichen und wiederholten Dumpings entdeckt werden, könnte sich auf Grund dieser Massnahme ein Zuwachs an durch die Verwaltung zu behandelnden Dossiers ergeben. Mit der Zeit könnte sich die Notwendigkeit ergeben, in den betroffenen Diensten eine zusätzliche Stelle zu schaffen.

6593

3.1.7

Schriftliche Information der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über die wesentlichen Punkte des Vertrags

Die diesbezügliche Bestimmung wird im Obligationenrecht eingeführt. Sie geht aus dem Privatrecht hervor und verursacht keine Ausgaben für den Bund. Diese Massnahme hat folglich keinen Einfluss auf das Personal und die Finanzen des Bundes.

3.1.8

Einführung einer gesetzlichen Grundlage für die Weitergabe von Informationen durch das Bundesamt für Statistik

Die Daten, von denen hier die Rede ist, sind beim Bundesamt für Statistik vorhanden. Es sind keine weiteren Erhebungen notwendig. Die vorgeschlagene Massnahme verursacht deshalb keine zusätzlichen Kosten, mit Ausnahme derer, die mit der Weitergabe der Daten verbunden sind. Diese Kosten sind nur gering.

3.1.9

Massnahmen auf Verordnungsebene

Im Weiteren ist es vorgesehen, einige Massnahmen in der Vollzugsverordnung zum Entsendegesetz zu regeln. Insbesondere sollen ausländische Arbeitgeber, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden, den in allgemeinverbindlich erklärten GAV enthaltenen Bestimmungen über die Beitragspflicht bezüglich Vollzugskosten des GAV unterstellt werden. Der Bund und die Kantone sind verpflichtet (Art. 7 Abs. 5 Entsendegesetz und Art. 9 EntsV), die paritätischen Kommissionen für die Kosten zu entschädigen, die ihnen aus dem Vollzug des Entsendegesetzes entstehen; daher stellt die Möglichkeit, den ausländischen Arbeitgebern einen Vollzugskostenbeitrag aufzuerlegen, sicher eine zusätzliche Einnahmequelle dar. Demzufolge werden diese Beträge von den Auslagen der Sozialpartner in Abzug gebracht werden können, was auch eine entsprechende Verringerung der Unterstützungsbeiträge der öffentlichen Hand mit sich bringen wird.

3.1.10

Zusammenfassung

Zusammenfassend können die Auswirkungen für den Bund wie folgt dargestellt werden: ­

Mehrbelastungen des Bundeshaushalts im Umfang von höchstens sechs Millionen Franken im Jahr zur Subvention der Kantone für die Einstellung von Inspektoren;

­

Schaffung einer Zusatzstelle bei den für das Verfahren der Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen zuständigen Behörden, da auf Grund der Vereinfachung dieser Erklärung ein Zuwachs der Anzahl von Verfahren zu erwarten ist;

6594

­

Reduktion der Bundesausgaben im Bereich der Entschädigung der paritätischen Kommissionen, die mit Vollzugsaufgaben auf Grund des Entsendegesetzes betraut sind, zufolge der Möglichkeit für die Sozialpartner, von den ausländischen Arbeitgebern einen Beitrag an die Vollzugskosten des GAV zu verlangen.

Die übrigen Massnahmen haben für den Bund weder finanzielle noch personelle Auswirkungen.

3.2

Auswirkungen für die Kantone und die Gemeinden

Die obigen, auf den Bund bezogenen Angaben unter Ziffer 3.1.1 gelten auch für die Kantone.

Die Einstellung von Inspektoren bedeutet für sie, nach Abzug der vom Bund zu übernehmenden 6 Millionen Franken, einen Mehraufwand von ungefähr vierzehn Millionen Franken im Jahr.

Die Vereinfachung der Allgemeinverbindlicherklärung von GAV wird auf Kantonsebene dieselben mutmasslichen Auswirkungen haben wie auf Bundesebene, dass nämlich ein eventueller Zuwachs der Anzahl von Verfahren eine Aufstockung des damit befassten Personals mit sich bringen könnte.

Der Beitrag an die Vollzugskosten des GAV, der den ausländischen Arbeitgebern auferlegt wird, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden, wird ebenfalls eine umfangmässige Reduktion der Entschädigungspflicht der Kantone für die von den Sozialpartnern aus dem Vollzug des Entsendegesetzes entstehenden Kosten zur Folge haben.

Die Verschärfung der Sanktionen gegen die ausländischen Arbeitgeber wird positive Auswirkungen für die Kantone haben, denn sie erleichtert die Einziehung der Bussen und Kosten, die den ausländischen Arbeitgebern auferlegt werden.

Die übrigen Massnahmen haben keine Auswirkungen für die Kantone oder die Gemeinden.

3.3

Volkswirtschaftliche Auswirkungen

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist die Wirkung der bestehenden flankierenden Massnahmen in Bezug auf den Schutz der einheimischen Arbeitnehmenden als auch auf die Funktionsweise des Arbeitsmarktes nicht abschätzbar. Zu kurz ist die Erfahrung mit diesem Instrument.

Die Gefahr einer übermässigen Regulierung des Arbeitsmarktes über die flankierenden Massnahmen erscheint klein. Die bestehenden Instrumente sollten ausreichen, um Gefahren dieser Art begegnen zu können. Andererseits sind heute verschiedene Massnahmen notwendig, damit ein effizienter Einsatz der bestehenden flankierenden Massnahmen gewährleisten werden kann. Diese sind Gegenstand dieser Botschaft.

Wichtigste Voraussetzung für einen effektiven Vollzug ist die Ausstattung der kantonalen tripartiten Kommissionen mit Inspektoren. Leistungsvereinbarungen sollen sicherstellen, dass sowohl der Einsatz öffentlicher Mittel für die Inspektoren-

6595

tätigkeit als auch der administrative Aufwand für die Unternehmen der Problemlage angemessen bleibt.

Die vorgeschlagenen Modifikationen im Entsendegesetz verbessern dessen Vollzug.

Die Verschärfungen sind sachlich begründbar und insgesamt als moderat zu bezeichnen, womit die Marktzutrittschancen für ausländische Unternehmen intakt bleiben. Es wurde bei allen Regelungen streng auf administrative Einfachheit geachtet, sowohl für ausländische als auch für einheimische Unternehmen, womit den Unternehmen in der Schweiz keine bedeutenden administrativen Mehraufwendungen entstehen werden.

4

Zusammenhang mit dem Legislaturprogramm und der Finanzplanung

Dieser Entwurf entstand infolge der Erweiterung der Europäischen Union und der Ausdehnung des Personen-Freizügigkeitsabkommens auf die zehn neuen Mitgliedstaaten. Daher erscheint er weder im Legislaturprogramm noch im Finanzplan.

5

Juristische Aspekte

5.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Die Bestimmungen dieses Entwurfs stützen sich auf Artikel 110 Absatz 1 Buchstaben a, b und d sowie auf Artikel 110 Absatz 2 der Bundesverfassung17 (BV).

5.2

Übereinstimmung mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Frage der Vereinbarkeit mit dem europäischen Recht wurde schon weiter oben unter Ziffer 1.5 untersucht.

Im Übrigen verletzt der Entwurf keine internationale Verpflichtung der Schweiz.

5.3

Form des Erlasses

Da mit diesem Entwurf geltende Bundesgesetze abgeändert werden, ist der Erlass im Sinne von Artikel 164 BV in die Form eines Bundesgesetzes zu kleiden.

5.4

Schuldenbremse

Um die öffentlichen Ausgaben zu begrenzen, sieht Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV vor, dass Subventionsbestimmungen sowie Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen, der 17

SR 101

6596

Zustimmung der Mitglieder jedes der beiden Räte bedürfen. Da die in dieser Botschaft vorgeschlagene Subvention der Einstellung der Inspektoren (Art. 7a des Entsendegesetzes) die festgesetzten Grenzwerte überschreitet, untersteht sie der Schuldenbremse.

5.5

Übereinstimmung mit dem Subventionsgesetz

Der Vorschlag, die Kantone im Rahmen des Vollzugs des Entsendegesetzes finanziell zu unterstützen, steht im Einklang mit den Erfordernissen des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 199018 (SuG). Insbesondere sind die Voraussetzungen der Artikel 6 und 7 des Gesetzes erfüllt. Wie unter Ziffer 1.4.1.1 und unter Ziffer 3.1.1 ausgeführt wurde, hat der Bund ein deutliches Interesse an einer wirksamen Umsetzung der flankierenden Massnahmen. Die sich daraus ergebenden Aufgaben erfüllen zum Teil internationale Verpflichtungen des Bundes und es rechtfertigt sich daher, dass die Kantone nicht die Gesamtheit der Kosten übernehmen. Da der Bund lediglich 30 Prozent der durch die Einstellung von Inspektoren verursachten Lohnkosten übernimmt und die Kantone die restlichen 70 Prozent zu tragen haben, ist die Voraussetzung einer angemessenen Beteiligung der Kantone an der Massnahme ebenfalls erfüllt.

5.6

Kompetenzdelegation

Die neuen Gesetzgebungskompetenzen des Bundesrates werden untenstehend aufgezählt.

Artikel 6 Absatz 4 (neu) des Entsendegesetzes beauftragt den Bundesrat, die Angaben zu präzisieren, die in der obligatorischen Meldung der entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer enthalten sein müssen.

Der neue Artikel 7a des Entsendegesetzes delegiert die Kompetenz an den Bundesrat, die Kriterien zur Bestimmung der Anzahl der von den Kantonen anzustellenden Inspektoren festzulegen(siehe Ziff. 1.4.1.1.2).

18

SR 616.1

6597

6598