Bericht des Bundesrates «Grundversorgung in der Infrastruktur (Service public)» vom 23. Juni 2004

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen den Bericht «Grundversorung in der Infrastruktur (Service public)» mit dem Antrag, davon Kenntnis zu nehmen.

Gleichzeitig beantragen wir, den folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2000 M 00.3215

Zukunft des Service public (N 29.5.2000, Kommission 00.016-NR)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

23. Juni 2004

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Joseph Deiss Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2004-0049

4569

Zusammenfassung Die Schweiz verfügt im Infrastrukturbereich über eine flächendeckende, sichere und leistungsfähige Grundversorgung mit qualitativ guten Dienstleistungen. Das Preis-/ Leistungsverhältnis der Grundversorgung wurde in den letzten Jahren erheblich verbessert. Mit Blick auf die technische und wirtschaftliche Entwicklung sind weitere Anpassungen im Infrastruktursektor notwendig.

Ein leistungsfähiger Service public ist eine zentrale Voraussetzung für die Lebensqualität der Bevölkerung und für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Er leistet einen wesentlichen Beitrag an den sozialen und regionalen Zusammenhalt der Schweiz. Die Schweiz hat den Infrastruktursektor als zentrales Element des Service public in den letzten Jahren tiefgreifenden Reformen unterzogen. Der Nationalrat hat im Mai 2000 den Bundesrat beauftragt, den flächendeckenden Service public zu definieren und die Massnahmen zu bestimmen, um diesen auch in Zukunft sicherzustellen. Mit dem Bericht «Grundversorgung in der Infrastruktur (Service public)» kommt der Bundesrat diesem Auftrag nach.

Definition Der Bundesrat definiert den Service public folgendermassen: «Service public umfasst eine politisch definierte Grundversorgung mit Infrastrukturgütern und Infrastrukturdienstleistungen, welche für alle Bevölkerungsschichten und Regionen des Landes nach gleichen Grundsätzen in guter Qualität und zu angemessenen Preisen zur Verfügung stehen sollen.» Mit dieser Definition wird Service public mit Grundversorgung gleichgesetzt und konzentriert sich auf den Infrastrukturbereich mit den Sektoren Post, Telekommunikation, elektronische Medien (Radio und Fernsehen), öffentlicher Verkehr sowie Strassen ­ soweit im Zuständigkeitsbereich des Bundes.

Die leitungsgebundenen Energien und der Luftverkehrssektor werden im Bericht nur am Rande einbezogen, denn in beiden Bereichen werden derzeit Konzepte für die künftige Politik erarbeitet. Ebenfalls nicht behandelt werden die Sektoren der Grundversorgung im Zuständigkeitsbereich der Kantone und Gemeinden.

Grundsätze Die Grundversorgung ist eine politisch zu bestimmende Basisausstattung mit Infrastrukturgütern und -dienstleistungen, die je nach Sektor im Einzelfall zu definieren und den sich ändernden technischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen anzupassen sind. Dabei gelten jeweils folgende Grundsätze: ­

Inhalt: Was zur Grundversorgung gehört, muss durch die Gesetzgebung festgelegt werden.

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Bedarf: Der Wandel der Bedürfnisse von Bevölkerung ­ wie auch von Unternehmen ­ ist zu berücksichtigen.

4570

­

Zugänglichkeit: Die Dienstleistungen müssen in allen Landesgegenden flächendeckend erbracht werden und für alle Bevölkerungsgruppen gut erreichbar sein.

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Qualität: Die Qualitätsanforderungen werden in den Gesetzen und Verordnungen vorgegeben und durch die Behörden überwacht und durchgesetzt.

­

Preis: Die Preise für die Dienstleistungen müssen für alle erschwinglich sein.

­

Kontinuität: Die Dienstleistungen müssen ohne Unterbrechung erbracht werden.

Für die konkrete Ausgestaltung dieser Grundsätze der Grundversorgung sind unterschiedliche Lösungen je nach Sektor zu suchen.

Leistungsbilanz der Grundversorgung Die in den letzten Jahren im Infrastruktursektor durchgeführten Reformen haben sich nach Auffassung des Bundesrates bewährt und die Leistungsbilanz der Grundversorgung fällt positiv aus: ­

Die Schweiz verfügt im Infrastrukturbereich nach wie vor über eine flächendeckende und sichere Grundversorgung. Die Qualität der Leistungen ist auch im europäischen Vergleich sehr gut.

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Die Effizienz der Grundversorgung konnte in den letzten Jahren erheblich verbessert werden.

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Die öffentlichen und gemischtwirtschaftlichen Unternehmungen des Infrastruktursektors sind heute auch im internationalen Vergleich generell gut positioniert. Sie sind wichtige Dienstleister für den Wirtschaftsstandort Schweiz und bedeutende Anbieter von qualifizierten Arbeitsplätzen.

Da der Grad der Marktöffnung in der Schweiz gegenüber dem EU-Raum teilweise zurückliegt, die wechselseitige wirtschaftliche Verflechtung gerade auch bei den infrastrukturgebundenen Dienstleistungen aber zunimmt, werden weitere Reformen in den Netzwerkindustrien folgen müssen.

Generelle Leitlinien für die künftige Grundversorgungspolitik des Bundesrates Bei der Grundversorgungspolitik hält sich der Bundesrat an folgende sektorübergreifende Leitlinien: ­

Oberste Zielsetzung ist auch in Zukunft eine flächendeckende, finanzierbare und sichere Grundversorgung in guter Qualität. Damit leistet der Bund einen Beitrag an die Lebensqualität der Bevölkerung, an den nationalen Zusammenhalt und an die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Schweiz.

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Die Dienstleistungen der Grundversorgung werden so effizient wie möglich erbracht. Dies setzt eine laufende Verbesserung der Produktivität voraus.

Damit bleiben die Dienste für die Kundinnen und Kunden erschwinglich und die finanziellen Belastungen des Bundes in Grenzen.

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Die Dienstleistungen der Grundversorgung werden grundsätzlich aus dem jeweiligen Sektor heraus finanziert. Dort, wo dies nur begrenzt möglich ist (insbesondere im öffentlichen Verkehr), sind ausgewählte gemeinwirtschaftliche Leistungen zu bestellen und abzugelten.

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Die Grundversorgung wird dauernd an neue Anforderungen und Bedürfnisse angepasst. Eine Grundversorgung, die einen bestimmten Stand der Dienstleistungen oder der Produktionsweise ein für alle Mal festschreiben will, gefährdet längerfristig die Qualität der Dienstleistungen und die Sicherheit der Arbeitsplätze.

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Der Bundesrat strebt - wo sachlich sinnvoll - Kompatibilität mit der EU an, behält sich aber vor, aus wichtigen Gründen von der EU abweichende Regelungen zu treffen.

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Wettbewerbselemente sind nebst anderen ein wichtiges Instrument, um die Effizienz der Grundversorgung zu verbessern und um die Qualität der Dienstleistungen zu steigern. Im konkreten Einzelfall ist zu prüfen, ob und welche Wettbewerbselemente die Effizienz, Qualität und Sicherheit der Dienstleistungen verbessern. Zudem müssen die Rollen des Markregulators und der Marktteilnehmer funktional getrennt werden.

­

Das Eigentum an den Unternehmungen im Infrastrukturbereich kann öffentlich, gemischtwirtschaftlich oder privat sein. Für jeden Sektor sind die richtigen Lösungen zu finden. Massgebende Kriterien sind dabei die Sicherstellung der Grundversorgung, die Effizienz der Leistungserbringung sowie die volkswirtschaftlichen Interessen der Schweiz.

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Weitere Reformen im Bereich der Grundversorgung sind zu erwarten. Dabei will der Bundesrat bewusst schrittweise vorgehen. Verschiedene Beispiele im Ausland haben deutlich gezeigt, dass durch unüberlegte und zu hastige Reformschritte die Qualität der Grundversorgung gefährdet werden kann.

Eine verzögerte Öffnung beinhaltet umgekehrt das Risiko, dass im neuen, europaweiten Markt die Positionen schon bezogen sind und die schweizerischen Firmen nicht mehr die kritische Unternehmensgrösse und eine bedeutende Markstellung erreichen können. Ein schrittweises Vorgehen ist folglich nur dann möglich, wenn die Reformen frühzeitig an die Hand genommen werden.

Sektorspezifische Leitlinien für die künftige Grundversorgungspolitik des Bundesrates Post Der Bund sorgt für einen flächendeckenden, allgemein zugänglichen und qualitativ guten Universaldienst zu angemessenen Preisen. Die Post betreibt ein flächendeckendes Poststellennetz. Den Universaldienst erbringt die Post grundsätzlich aus eigener Kraft. Die Monopolgrenze für Briefe soll auf das Jahr 2006 auf 100 Gramm gesenkt werden, sofern die Finanzierung der Grundversorgung sichergestellt ist.

Weitere Anpassungen in der Gesetzgebung sind abhängig von der Marktentwicklung in der Schweiz und in Europa.

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Telekommunikation Die Grundversorgung in der Telekommunikation hat sich bewährt. Zusätzliche Massnahmen zur Sicherstellung sind nicht nötig, hingegen die regelmässige Überprüfung und allfällige Anpassung des Leistungskatalogs. Mit der Revision des Fernmeldegesetzes hat der Bundesrat unter anderem die Öffnung der letzten Meile auf Gesetzesstufe vorgeschlagen.

Elektronische Medien (Radio und Fernsehen) Das Parlament behandelt derzeit die Totalrevision des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen. Im Zentrum der Botschaft des Bundesrates steht die Sicherung einer starken und eigenständigen Grundversorgung, in erster Linie durch die SRG. Lokalregionale Radio- und Fernsehprogramme sollen je nach ihrem Beitrag zur Grundversorgung Anteile am Gebührenertrag erhalten.

Öffentlicher Verkehr Der Bund gewährleistet die Grundversorgung im öffentlichen Verkehr und sichert die Finanzierung der Infrastruktur langfristig. Die Effizienz und das Kosten-NutzenVerhältnis für die öffentliche Hand sind weiter zu verbessern, um die Beanspruchung öffentlicher Mittel zu begrenzen. Nach Ablehnung des Gegenvorschlags zu Avanti wird abgeklärt, wie die unbestrittenen Probleme im Agglomerationsverkehr gelöst werden können. Darauf basierend wird allenfalls eine neue Vorlage ausgearbeitet.

Strassen Durch Kapazitätsbewirtschaftung, kurzfristig realisierbare lokale Ausgleichsmassnahmen und durch gezielte Beseitigung von Engpässen sowie Ergänzungen im Netz wird ein landesweit ausgeglichenes Mass an Verkehrsqualität, Erschliessung und Verkehrssicherheit aufrechterhalten. Mit der neuen Strassen-Verkehrssicherheitspolitik soll die Zahl schwerer Unfälle ohne Einschränkung der Mobilität verringert werden.

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Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung

4570

1 Ausgangslage 1.1 Auftrag des Parlaments zur Erstellung eines Berichts zur Grundversorgung (Service public) 1.2 Service public in der Infrastruktur 1.3 Ziele und Aufbau des vorliegenden Berichts

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2 Ziele der schweizerischen Grundversorgungspolitik 2.1 Definition, Grundsätze und Ordnungsrahmen 2.2 Ziele der Grundversorgungs- Politik 2.3 Instrumente zur Finanzierung der Grundversorgung 2.4 Exkurs: Schnittstellen zu anderen Politikbereichen 2.5 Exkurs: Zur Steuerung der bundesnahen Unternehmen im Infrastrukturbereich

4578 4578 4580 4580 4581

3 So ist die Grundversorgung heute geregelt 3.1 Zur Reform der Grundversorgung bei Post, Bahn und Telekommunikation im 1997/1998 3.2 Die Organisation der Grundversorgung nach Sektoren 3.2.1 Post («postalischer Universaldienst») 3.2.2 Telekommunikation 3.2.3 Elektronische Medien (Radio und Fernsehen) 3.2.4 Öffentlicher Verkehr 3.2.5 Strassen 3.2.6 Exkurs: Leitungsgebundene Energien Strom und Gas 3.2.7 Exkurs: Luftverkehr

4582 4583 4585 4585 4588 4590 4592 4595 4597 4598

4 Leistungsbilanz der Grundversorgung 4.1 Leistungsbilanz der postalischen Grundversorgung 4.2 Leistungsbilanz Telekommunikation 4.3 Leistungsbilanz elektronische Medien (Radio und Fernsehen) 4.3.1 Einsatz von Gebühren 4.3.2 Leistungen der SRG 4.3.3 Leistungen der lokal-regionalen Veranstalter 4.4 Leistungsbilanz öffentlicher Verkehr 4.5 Leistungsbilanz Strassen

4599 4599 4601 4603 4603 4604 4607 4608 4611

5 Herausforderungen und Leitlinien der künftigen Grundversorgungspolitik 5.1 Postalische Grundversorgung 5.1.1 Herausforderungen 5.1.2 Leitlinien der künftigen Grundversorgungspolitik 5.2 Telekommunikation 5.2.1 Herausforderungen 5.2.2 Leitlinien der künftigen Grundversorgungspolitik

4613 4614 4614 4615 4617 4617 4618

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4576 4576 4578

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5.3 Elektronische Medien (Radio und Fernsehen) 5.3.1 Herausforderungen 5.3.2 Leitlinien der künftigen Grundversorgungspolitik 5.4 Öffentlicher Verkehr 5.4.1 Herausforderungen 5.4.2 Leitlinien der künftigen Grundversorgungspolitik 5.5 Strassen 5.5.1 Herausforderungen 5.5.2 Leitlinien der künftigen Grundversorgungspolitik 6 Die künftige Grundversorgungspolitik des Bundesrates 6.1 Bilanz der bisherigen Reformen 6.2 Generelle Leitlinien für die künftige Grundversorgungspolitik des Bundesrates 6.3 Sektorspezifische Leitlinien für die künftige Grundversorgungspolitik des Bundesrates 6.4 Überblick über den Stand der wichtigsten Geschäfte Anhang I.

Rechtsgrundlagen in der Grundversorgung II. Entwicklung der Beschäftigung in den Sektoren öffentlicher Verkehr, Post, Telekommunikation und Flugsicherung (inkl. SBB, Post, Swisscom und Skyguide) III. Stand der Marktöffnung in der Schweiz und EU

4619 4619 4620 4621 4621 4623 4624 4624 4627 4628 4628 4628 4630 4632

4633

4634 4640

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Bericht 1

Ausgangslage

1.1

Auftrag des Parlaments zur Erstellung eines Berichts zur Grundversorgung (Service public)

Mit der Richtlinienmotion 00.3215 der Kommission 00.016 des Nationalrates vom 29. Mai 2000 wird der Bundesrat beauftragt, den flächendeckenden Service public zu definieren und die Massnahmen zu bestimmen, um diesen auch in Zukunft sicherzustellen. Insbesondere soll der Bundesrat ein Konzept darüber erarbeiten, wie der Service public auch in jenen Bereichen und Gebieten sichergestellt werden kann, wo keine rentablen Geschäfte möglich sind. Das Konzept soll auch den Veränderungen, die aufgrund der Liberalisierungsbestrebungen innerhalb von EU und WTO zu erwarten sind, Rechnung tragen.

Ausserdem wird auf Grundlage des vorliegenden Berichts das Kommunikationskonzept, welches der Öffentlichkeit die Hintergründe der Reformen bei Bahn und Post orientiert, gemäss Empfehlung der GPK des Ständerates vom 26. Mai 2000 konkretisiert (www.uvek.admin.ch/dokumentation/serpub/index.html?lang=de).

1.2

Service public in der Infrastruktur

Seit Ende der 80er-Jahre hat sich weltweit eine Reihe von netz- und infrastrukturgebundenen Wirtschaftssektoren, von denen auch Leistungen des Service public erbracht werden, schrittweise dem Wettbewerb geöffnet, insbesondere die Sektoren Telekommunikation, Postdienste, Verkehr und Energie. Der Prozess wird begleitet von verschiedenen Massnahmen zur Wahrung der Interessen der Allgemeinheit.

Dabei spielt vor allem die Sicherstellung des Service public eine zentrale Rolle.

Dieser garantiert allen den Zugang zu einer qualitativ festgelegten Dienstleistung zu angemessenen Preisen, und zwar unhabhängig von der wirtschaftlichen, sozialen oder geografischen Lage. Damit verknüpft ist auch die Frage, welche Rolle dem Staat in einer Marktwirtschaft zukommt, da dieser einerseits das Funktionieren des Marktes und die Einhaltung der Spielregeln durch die Marktteilnehmer sicherstellt und anderseits die Versorgung mit Dienstleistungen von öffentlichem Interesse gewährleistet, wenn die Marktkräfte dazu nicht in der Lage sind. Vor diesem Hintergrund ist der Ausdruck «Service public» in den letzten Jahren zu einem politisch wichtigen und vielschichtigen Begriff geworden. Der Begriff wird in der öffentlichen Diskussion sehr unterschiedlich gebraucht, und es gibt auch keine allgemein anerkannte Definition von Service public. In diesem Bericht wird unter Service public verstanden: «Service public umfasst eine politisch definierte Grundversorgung mit Infrastrukturgütern und -dienstleistungen, welche für alle Bevölkerungsschichten und Regionen des Landes nach gleichen Grundsätzen in guter Qualität und zu angemessenen Preisen zur Verfügung stehen sollen.»

4576

Der Service public ist folglich eine politisch festgelegte Basisausstattung mit bestimmten Gütern und Dienstleistungen, meist aus dem Bereich der Infrastrukturen.

Diese Güter und Dienstleistungen werden jedoch oft vom Markt nicht oder nicht in der politisch gewünschten Art und Weise produziert. Teilweise wird der Service public über die Infrastruktur hinaus auf weitere Bereiche wie Gesundheit, Bildung, Kultur, soziale Sicherheit, Militär, Polizei usw. ausgedehnt. Im Allgemeinen wird der Begriff Service public jedoch mit den grossen netz- und infrastrukturgebundenen Wirtschaftssektoren des Verkehrswesens, der Postdienste, der Telekommunikation oder des Energiesektors in Verbindung gebracht, welche bestimmte Leistungen im Interesse der Allgemeinheit erbringen. Die Bereiche, die über die Infrastruktur hinausgehen, beinhalten insbesondere Leistungen, die gegenüber privaten Haushalten erbracht werden, wie die soziale Sicherheit oder die Bildung. Diese Bereiche können als Service public im weiteren Sinn verstanden werden. Aufgrund der grossen Unterschiede zum Service public in der Infrastruktur konzentriert sich dieser Bericht auf den Infrastrukturbereich. In einem weiteren Schritt ist allenfalls zu prüfen, ob im Sinne einer Gesamtsicht zusätzliche Berichte über Stand und Zukunft des Service public in «Nicht-Infrastrukturbereichen» zu erstellen sind.

Der vorliegende Bericht beschränkt sich folglich auf die Infrastrukturleistungen und umfasst die Sektoren: ­

Post

­

Telekommunikation

­

elektronische Medien (Radio und Fernsehen)

­

öffentlicher Verkehr sowie

­

Strassen (soweit im Zuständigkeitsbereich des Bundes).

Die leitungsgebundenen Energien und der Luftverkehrssektor werden aus folgenden Gründen nur summarisch einbezogen: Nach der Ablehnung des Elektrizitätsmarktgesetzes (EMG) in der Volksabstimmung vom September 2002 klärt das UVEK im Rahmen einer breit abgestützten Expertenkommission die Grundlagen für eine neue Elektrizitätswirtschaftsordnung ab. Der Bundesrat beabsichtigt, dem Parlament in der laufenden Legislatur eine Vorlage zu unterbreiten. Die Arbeiten an einer Öffnung des Gasmarktes werden vorläufig sistiert.

Die schweizerische und die weltweite Luftfahrt stecken nach den Ereignissen der letzten beiden Jahre in einer tiefen Umbruchphase. Als Reaktion auf die veränderten Rahmenbedingungen erstellt das UVEK einen separaten Bericht über die schweizerische Luftfahrtpolitik.

Erste Ergebnisse aus den laufenden Arbeiten zu den Sektoren Energie und Luftverkehr werden soweit möglich in den vorliegenden Bericht einbezogen.

Nicht behandelt werden in diesem Bericht all jene Sektoren der Grundversorgung, die im Zuständigkeitsbereich der Kantone und Gemeinden liegen. Dazu gehören beispielsweise die Wasserversorgung, die Abwasserentsorgung oder das Abfallwesen.

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1.3

Ziele und Aufbau des vorliegenden Berichts

Mit dem vorliegenden Bericht stellt der Bundesrat den gegenwärtigen Zustand der Grundversorgung mit Infrastrukturleistungen in der Schweiz in einer Gesamtübersicht dar und zieht eine Zwischenbilanz zu den Leistungen der Grundversorgung.

Gleichzeitig verlangen die dynamischen Entwicklungen in den Infrastruktursektoren (technologische Entwicklung, gesellschaftliche Veränderungen, weitere Marktöffnungen) nach klaren Eckwerten für die künftige Grundversorgungspolitik.

Für die erwähnten Sektoren wird in einem ersten Schritt über den Inhalt der Grundversorgung, deren Finanzierung sowie über die Grundzüge der Marktordnung orientiert. Anschliessend wird Bilanz über die Leistungen der Grundversorgung in der Infrastruktur gezogen. Danach werden die wesentlichen Herausforderungen für die einzelnen Sektoren der Grundversorgung aufgrund der wichtigsten Einflussfaktoren geschildert und darauf die weitere Stossrichtung des Bundesrates zur Sicherstellung einer flächendeckenden und effizienten Grundversorgung für die Zukunft dargestellt. Abschliessend folgt ein Überblick über die künftige Grundversorgungspolitik des Bundesrates im Infrastrukturbereich.

2

Ziele der schweizerischen Grundversorgungspolitik

2.1

Definition, Grundsätze und Ordnungsrahmen

Ein leistungsfähiger Service public ist eine zentrale Voraussetzung für die Lebensqualität der Bevölkerung und für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Er leistet damit einen wesentlichen Beitrag an den sozialen und regionalen Zusammenhalt der Schweiz.

Gemäss Definition des Bundesrates umfasst der Service public eine politisch definierte Grundversorgung mit Infrastrukturgütern und -dienstleistungen, welche für alle Bevölkerungsschichten und Regionen des Landes nach gleichen Grundsätzen in guter Qualität und zu angemessenen Preisen zur Verfügung stehen sollen.

Der Service public wird somit mit Grundversorgung gleichgesetzt. Die Grundversorgung enthält gemäss der obigen Definition immer eine politisch zu bestimmende Basisausstattung mit Infrastrukturgütern und -dienstleistungen, die je nach Sektor im Einzelfall zu definieren ist. Dabei gelten jeweils folgende Grundsätze: ­

Inhalt: Was zur Grundversorgung gehört, muss durch die Gesetzgebung festgelegt werden.

­

Bedarf: Die Bedürfnisse von Bevölkerung ­ wie auch von den Unternehmen ­ wandeln sich. Dieser Wandel muss berücksichtigt werden.

­

Zugänglichkeit und Prinzip der Flächendeckung: Die Dienstleistungen sind nach gleichen Grundsätzen und gegenüber allen zu erbringen. Sie müssen in allen Landesgegenden erbracht werden und für alle Bevölkerungsgruppen gut erreichbar sein. Die Anwendung dieser Regel trägt zur sozialen und regionalen Kohäsion bei.

­

Qualität: Die Dienstleistungen müssen eine gute Qualität aufweisen. Die Qualitätsanforderungen werden in den Gesetzen und Verordnungen vorgegeben und durch die Behörden überwacht und durchgesetzt.

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­

Preis: Die Preise für die Dienstleistungen müssen für alle erschwinglich sein.

Die Anwendung dieser Regel trägt zum wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt bei.

­

Kontinuität: Die Dienstleitungen müssen ohne Unterbrechung erbracht werden. Die kontinuierliche Bereitstellung liegt meistens auch im Geschäftsinteresse des Leistungserbringers. Von Bedeutung ist sie insbesondere in Krisenzeiten (auch zur Wahrung der Sicherheitsinteressen des Landes).

Trotz dieser Grundsätze sind zahlreiche Aspekte der Grundversorgung von Sektor zu Sektor sehr unterschiedlich und müssen massgeschneidert gelöst werden. Die Unterschiede lassen sich zum Teil mit den Besonderheiten der Sektoren erklären.

Vielfach sind sie historisch-politisch bedingt und teilweise ergeben sie sich auch aus den unterschiedlichen Liberalisierungskonzepten und -prioritäten der EU und aus der technischen Dynamik der Sektoren. Dennoch gibt es auch sektorübergreifende Aspekte. Nach Meinung des Bundesrates erfüllen die obgenannten Grundsätze, welche bei der Gestaltung der Grundversorgungspolitik in der Infrastruktur angewendet werden, die Forderungen nach einem einheitlichen Ordnungsrahmen. Damit kommen ganz bestimmte allgemeine Grundregeln in jedem Sektor zur Anwendung, die gleichzeitig individuelle, sektorspezifische Lösungen ermöglichen. Denn für die konkrete Ausgestaltung dieser Grundsätze der Grundversorgung sind unterschiedliche Lösungen je nach Sektor zu suchen; was für die Telekommunikation richtig ist, kann für die Eisenbahn falsch sein. Sektorspezifische Lösungen sind insbesondere bei folgenden Aspekten der Grundversorgung zu suchen: ­

bei der Umschreibung, Überprüfung und Anpassung der Standards der Grundversorgung

­

bei der Festlegung der Marktordnung

­

bei der Finanzierung

­

bei der Festlegung der Steuerungsinstrumente von Politik und Verwaltung für die Bereitstellung der Grundversorgung (Rollenteilung zwischen Aufsicht, Regulation, Eigentum und Leistungsbesteller1.

Mit den Grundsätzen zur Grundversorgung wird auch in einem liberalisierten Marktumfeld sichergestellt, dass die betreffenden Leistungen für alle zu einem angemessenen Preis zugänglich sind und die bestehende Leistungsqualität beibehalten oder verbessert wird. Die Festlegung der Leistungen der Grundversorgung ist Aufgabe der Politik. Daneben beinhaltet die Rolle des Staates auch die Überwachung der Zielvorgaben, die Regulierung und gegebenenfalls die Finanzierung der Leistungen.

Nicht zwingend ist, dass der Staat die Dienstleistungen selber erbringen muss. Er hat aber in jedem Fall dafür zu sorgen, dass die gewünschten Dienstleistungen erbracht werden ­ ob dies durch den Staat selbst, durch ein öffentliches Unternehmen oder durch Private geschieht, ist im Einzelfall zu entscheiden.

1

In der Frage der Steuerungsinstrumente soll aber, abgestimmt auf die unterschiedlichen Autonomiegrade der Unternehmungen gemäss 4-Kreise-Modell, eine minimale Standardisierung angestrebt werden. Damit soll insbesondere sichergestellt werden, dass die Eignerinteressen jederzeit umfassend wahrgenommen werden können.

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2.2

Ziele der Grundversorgungs-Politik

Die Leistungen der Grundversorgung sind verschiedenen politischen, wirtschaftlichen, technischen und sozialen Einflüssen ausgesetzt, welche die Entwicklung der Grundversorgungspolitik prägen. Zur Sicherstellung einer bedürfnisgerechten und leistungsfähigen Grundversorgung muss die Grundversorgungspolitik diese Entwicklungen rechtzeitig aufgreifen und mit geeigneten Massnahmen auf die neuen Bedingungen reagieren. Dabei orientiert sie sich an folgenden Zielen: ­

Aufrechterhaltung einer flächendeckenden und sicheren Grundversorgung: Die Schweiz verfügt über eine gut funktionierende, qualitativ ausgezeichnete und alle Regionen des Landes nach gleichen Grundsätzen bedienende Grundversorgung. Die einwandfreie Qualität der Grundversorgung ist ein wichtiger Teil der Lebensqualität und der wirtschaftlichen Standortvoraussetzungen der Schweiz. Ein hoher Standard in der Grundversorgung soll aufrechterhalten werden.

­

Verbesserung der Effizienz der Leistungserbringung: Die politisch festgelegten Leistungen der Grundversorgung sind von den Leistungserbringern in einer guten Qualität und zu möglichst tiefen Kosten anzubieten mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu erhöhen und allen einen effizienten und fairen Zugang zu hochwertigen und bedarfsgerechten Dienstleistungen zu gewährleisten. Effiziente und qualitativ gute Leistungen der Grundversorgung erhöhen die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Regionen und ihr flächendeckendes Angebot verbessert den nationalen Zusammenhalt.

2.3

Instrumente zur Finanzierung der Grundversorgung

Für die Finanzierung der Grundversorgung bestehen verschiedene Möglichkeiten, die grundsätzlich auch kombiniert werden können: ­

Tarife und Gebühren,

­

Erträge aus einem Monopol zur Finanzierung von nicht kostendeckenden Leistungen,

­

Abgaben aller Wettbewerbsteilnehmer in einem liberalisierten Markt zur Finanzierung der ungedeckten Kosten der Grundversorgung,

­

Gewinne, welche das mit der Grundversorgung beauftragte Unternehmen im Wettbewerbsbereich erzielt,

­

Steuergelder in Form von Abgeltungen für gemeinwirtschaftliche Leistungen.

In der Schweiz wird die Grundversorgung zum grössten Teil durch Tarife und Gebühren finanziert. Der Bund orientiert sich bei der Finanzierung der Grundversorgung am Verursacherprinzip. Wo dies zu unerwünschten Härten führt, können vom Gesetzgeber Quersubventionierungen vorgesehen werden. Zusätzlich kommen Abgeltungen von gemeinwirtschaftlichen Leistungen in Betracht (so z.B. im öffentlichen Verkehr). Bei der Wahl der Finanzierungsmöglichkeiten ist darauf zu achten, dass der Wettbewerb dort, wo er besteht, möglichst wenig verfälscht wird und dass die Transparenz sichergestellt ist.

4580

2.4

Exkurs: Schnittstellen zu anderen Politikbereichen

Die gesetzlichen Leistungsaufträge im Bereich der Grundversorgung zielen auf eine politisch definierte Grundausstattung mit qualitativ guten und möglichst preiswerten Dienstleistungen für alle Bevölkerungsschichten und Regionen des Landes ab.

Damit werden bewusst die Dienstleistungen ins Zentrum der Grundversorgungspolitik gestellt.

Nicht Gegenstand der Grundversorgungspolitik sind Fragen der Arbeitsmarktpolitik, der Regionalpolitik und des Finanzausgleichs oder der Wirtschaftspolitik (Industrie-, Wachstums bzw. Wettbewerbspolitik), wenn gleich die Grundausstattung mit Infrastrukturdienstleistungen selbstredend Voraussetzung für andere Politikbereiche bildet. Die Ziele der Grundversorgungspolitik dürfen jedoch nicht überlagert werden mit Zielen aus anderen Politikfeldern. Es liegt zum Beispiel jedoch weder im langfristigen Interesse der Swisscom noch der Randregionen, künstlich Arbeitsplätze zu finanzieren, welche unternehmerisch nicht vertretbar sind. Ihre Hauptaufgabe ist es vielmehr, eine möglichste preiswerte und gute Dienstleistungsqualität zu sichern.

Ebenso muss die Post gemäss ihrem gesetzlichen Leistungsauftrag ihre Strukturen nach betriebswirtschaftlichen Kriterien festlegen und sie darf sie nicht primär von regionalpolitischen Aspekten leiten lassen. Der Bundesrat ist sich des Zusammenspiels der verschiedenen Politikbereiche bewusst. Die unterschiedlichen Anliegen müssen indes mit je unterschiedlichen Instrumentarien umgesetzt werden, die sich gegenseitig ergänzen, aber nicht miteinander vermengt werden dürfen. Der Bundesrat hat seine Haltung zum Zusammenspiel der genannten Politikfelder schon verschiedentlich dargelegt. So hat er stets festgehalten, dass die Regionalpolitik einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung von Randgebieten leisten und die Schaffung von Arbeitsplätzen in peripheren Gebieten ermöglichen soll. Die Unternehmen des Bundes können die Ziele der Regionalpolitik unterstützen, die Unternehmen dürfen dabei jedoch ihren eigentlichen Leistungsauftrag nicht vernachlässigen.

Die Ziele des regionalen Lastenausgleichs werden bereits im Rahmen des neuen Finanzausgleichs angegangen. Auch hier ist es langfristig für die Grundversorgung nachteilig, wenn die Unternehmen des Bundes mit entsprechenden Aufgaben belastet würden.

Schliesslich wäre eine Überlagerung der
Grundversorgungspolitik durch andere Ziele auch vor dem Hintergrund der volkswirtschaftlichen Bedeutung der bundesnahen Unternehmen nachteilig. Der Bund hat ein grosses Interesse daran, dass Unternehmungen insbesondere in den Bereichen Verkehr, Energie und Kommunikation in der Schweiz tätig sind und bleiben. Schliesslich geht es dabei nicht nur um die Versorgungssicherheit, sondern auch um die volkswirtschaftliche Wertschöpfung, um technologisches Know-how und um die Sicherung von zukunftsfähigen Arbeitsplätzen in der Schweiz. Die Erhaltung und Stärkung von Unternehmen im Bereich der Infrastruktur kann allerdings nicht durch einschränkende Regelungen oder zu hohe Erwartungen regional- oder arbeitsmarktpolitischer Natur gesichert werden.

Nötig sind vielmehr die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der bundesnahen Infrastrukturunternehmen und eine weitsichtige Wirtschaftspolitik, die Innovationen fördert.

Die Grundversorgungspolitik hat auch einen Bezug zur schweizerischen Europapolitik, insbesondere im Dossier Dienstleistungen.

4581

2.5

Exkurs: Zur Steuerung der bundesnahen Unternehmen im Infrastrukturbereich

Die Sicherstellung der Versorgung mit Infrastrukturdienstleistungen muss nach Massgabe der sektorspezifischen Begebenheiten und Interessen beurteilt werden.

Wo es sich aufgrund der konkreten Situation als sinnvoll erweist, kann der Bund, soweit im Rahmen des Wirtschaftsverfassungsrechtes zulässig und nach Massgabe des Subsidiaritätsprinzips nötig, zusätzlich zur gesetzlichen Regulierung eines bestimmten Sektors Unternehmen gründen oder sich an solchen beteiligen. Dabei hat der Bund grundsätzlich die freie Wahl, welche Rechtsform eine derartige Unternehmung haben soll. So hat der Bund im Fall der Post die Rechtsform einer selbständigen öffentlich-rechtlichen Anstalt gewählt, bei SBB und Swisscom hingegen die Rechtsform einer spezialgesetzlichen Aktiengesellschaft.

Auf Bundesebene stehen grundsätzlich die folgenden Instrumente für die Aufsicht über die Erbringung der Grundversorgung bzw. für die Steuerung von Unternehmen mit einem Versorgungsauftrag zur Verfügung: a.

unabhängig von der Eigentümerstruktur der Unternehmen: ­ Gesetz und Verordnung zur Definition des Leistungsumfangs (z.B.

Fernmeldegesetz und Fernmeldeverordnung zur Definition des Leistungsauftrags) ­ je nach gesetzlicher Ordnung: Konzession, Leistungsvereinbarungen bzw. Bestellung von konkreten Leistungen (z.B. im öffentlichen Verkehr) ­ Aufsichtstätigkeiten des Bundes über die Einhaltung der Gesetzesvorgaben

b.

bei Beteiligungen des Bundes an Unternehmen (so namentlich bei Post, SBB AG und Swisscom AG): ­ gestützt auf spezialgesetzliche Grundlagen erlassene strategische Ziele des Bundesrates für die bundesnahen Unternehmen ­ Rechte des Bundes als Aktionär von privatrechtlichen oder spezialgesetzlichen Aktiengesellschaften (namentlich die Mitwirkungsrechte an der Generalversammlung sowie Informations- und Traktandierungsrechte).

3

So ist die Grundversorgung heute geregelt

Die Bedingungen, unter denen die Grundversorgung erbracht wird, sind in ständiger Entwicklung begriffen. Die Anforderungen an die Grundversorgung müssen den politischen, wirtschaftlichen, technischen und sozialen Entwicklungen Rechnung tragen. Vor diesem Hintergrund gilt es, die Grundversorgungspolitik in der Infrastruktur periodisch zu überprüfen und bei Bedarf zu erneuern, um den Nutzen für Konsumenten und Wirtschaft zu verbessern.

Bevor in diesem Kapitel auf die heutige Ausgestaltung der Grundversorgung in der Infrastruktur eingegangen wird, sollen die vom Parlament 1997/1998 beschlossenen Reformen in den Bereichen Post, Telekommunikation und öffentlicher Verkehr in Erinnerung gerufen werden.

4582

3.1

Zur Reform der Grundversorgung bei Post, Bahn und Telekommunikation im 1997/1998

In den Jahren 1997/1998 beschloss das Parlament eine grundlegende Reform bei Post, Telekommunikation und Bahn. Die Gründe für diesen Reformschub sind vielfältig, von Bedeutung sind insbesondere die folgenden: ­

Die technologische Entwicklung unterläuft zunehmend die staatlichen Monopole der Regiebetriebe

­

Die Globalisierung der Wirtschaft macht auch vor den öffentlichen Unternehmungen nicht Halt und die Märkte können immer weniger national abgegrenzt werden

­

Die Schweiz kann sich internationalen und insbesondere europäischen Entwicklungen nicht entziehen

­

Die Kundinnen und Kunden wünschten immer stärker eine Wahlfreiheit, die ihnen in den überlieferten Strukturen nicht geboten werden konnte.

Die Reformen umfassten eine neue Marktordnung, eine Unternehmensreform und eine Neuregelung des Verhältnisses zwischen dem Eigentümer Bund und den Unternehmen. Für den Reformverlauf war es entscheidend, dass die Reformen in diesen drei Punkten inhaltlich und zeitlich aufeinander abgestimmt wurden. Eine Marktöffnung ohne Unternehmensreform und ohne Neuordnung des Verhältnisses zum Staat hätte negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit des betroffenen Unternehmens gehabt und damit auch auf dessen Arbeitsplätze. Im Falle von Post, Swisscom und SBB konnten diese Voraussetzungen erfüllt werden, da der Bund in allen drei Punkten zuständig war.

Neue Marktordnung Die ordnungspolitische Debatte über Marktöffnungen in den Wirtschaftssektoren der Infrastruktur wird heftig und kontrovers geführt. Während die eine Seite vom Wettbewerb bessere, preiswertere und vielfältigere Dienstleistungen erwartet, befürchtet die andere Seite bei jeder Marktöffnung einen Beschäftigungs- und Leistungsabbau.

Nötig ist aber nach Meinung des Bundesrates eine angepasste Lösung aus der konkreten historischen Situation heraus, weil die technologischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen, aber auch die politisch-soziale Bedeutung der einzelnen Sektoren sehr unterschiedlich sind und sich über die Zeit ändern. Was für die Telekommunikation richtig war ­ nämlich eine rasche und vollständige Marktöffnung ­ hätte beispielsweise für den öffentlichen Verkehr Nachteile gehabt, da so das integrierte Gesamtsystem in Frage gestellt worden wäre.

Unternehmensreformen Jede Marktöffnung setzt eine vorgängige oder zumindest gleichzeitige Unternehmensreform voraus, um die bisherigen Regiebetriebe wettbewerbsfähig zu machen.

Post, Swisscom und SBB sind daher in den letzten Jahren grundlegend umstrukturiert worden. Dabei wurden die bisherigen Regiebetriebe in selbständige Unternehmen mit unternehmerischer Autonomie umgewandelt, die Unternehmensführung nach dem Modell der Aktiengesellschaft den zwei verantwortlichen Organen Verwaltungsrat und Geschäftsleitung zugewiesen und eine finanzielle Sanierung der Unternehmen vorgenommen. Ausserdem führten die Unternehmen tief greifende 4583

Reorganisationen durch. Beispiele hierfür sind die Bildung von ergebnisverantwortlichen Bereichen, der Abbau von Hierarchien, die verstärkte Ausrichtung auf den Markt sowie die Auslagerung bestimmter Geschäftsbereiche.

Neues Verhältnis zwischen dem Bund als Eigner und den Unternehmen Das ursprüngliche Verhältnis zwischen dem Bund und seinen Regiebetrieben war durch komplizierte Zuständigkeitsregelungen zwischen Parlament, Bundesrat, Departement, Verwaltungsrat und Generaldirektion gekennzeichnet. Seit den Reformen gilt der Grundsatz der Trennung von politischer und unternehmerischer Verantwortung. Der Bund beschränkt sich in seiner Funktion als Eigner darauf, den Unternehmen strategische Ziele zu setzen, während die konkrete Umsetzung dieser Ziele Sache der unternehmerischen Organe ist. Die Unternehmen erhalten damit einen wesentlich grösseren unternehmerischen Handlungsspielraum als bisher und der Bund nimmt im Wesentlichen die Rolle eines Eigentümers und eines Regulators wahr. Der Bund verfügt gemäss Gesetzgebung in seiner Funktion als Eigner über drei Instrumente: Die Festlegung der strategischen Ziele, die Wahl und Abwahl des Verwaltungsrates sowie die Genehmigung des Geschäftsberichtes und der Rechnung und damit die Entlastung des Verwaltungsrates.

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Strategische Ziele: Der Bundesrat legt für SBB, Post und Swisscom strategische Ziele für jeweils vier Jahre fest. Diese Ziele stellen den Auftrag dar, den der Bund als Eigentümer der Unternehmen erteilt. Sie sind abzugrenzen vom eigentlichen Leistungsauftrag, der vom Gesetz- und Verordnungsgeber festgelegt wird und der die Grundversorgung im Einzelnen umschreibt.

Gleichzeitig beinhalten die strategischen Ziele auch eine Selbstbindung des Eigentümers und schaffen damit Transparenz und Verlässlichkeit. Die strategischen Ziele enthalten die vier Teile strategische Stossrichtung (Märkte/Geschäftsbereiche), finanzielle Ziele, personalpolitische Vorgaben sowie Leitplanken für Kooperationen und Beteiligungen.

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Wahl des Verwaltungsrates: Der Bundesrat wählt die Verwaltungsräte der Unternehmen direkt (Post) oder über die Generalversammlung (SBB, Swisscom) und kann sie auch abberufen. Die Verwaltungsräte sind als oberste Führungsorgane des Unternehmens konzipiert und tragen gegenüber dem Bund (Post) bzw. gegenüber der vom Bund beherrschten Generalversammlung (SBB, Swisscom) die volle Verantwortung. Sie haben die Aufgabe, die vom Bundesrat gesetzten strategischen Ziele in eine Unternehmensstrategie umzusetzen, und sie sind für die Erreichung dieser Ziele verantwortlich.

Angesichts der grossen Verantwortung der neuen Verwaltungsräte wurden diese Gremien grundlegend umgestaltet. Bisher waren die Verwaltungsräte von öffentlichen Unternehmen relativ grosse Gremien, welche primär nach partei- und regionalpolitischen Proporzkriterien zusammengesetzt wurden.

Neu gelten die Grundsätze, dass die Verwaltungsräte höchstens neun Mitglieder umfassen und über ein hauptamtliches Präsidium verfügen, dass keine personelle Verflechtung zwischen Verwaltungsrat und Geschäftsleitung besteht und dass die Auswahl der Verwaltungsräte aufgrund professioneller Kriterien erfolgt.

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Genehmigung von Geschäftsbericht und Rechnung: Die Genehmigung von Geschäftsbericht und Rechnung bedeutet wie bei einer privaten Aktiengesellschaft zugleich die Entlastung des Verwaltungsrates. Die Genehmigung bildet deshalb auch den Anknüpfungspunkt für die jährliche Überprüfung,

4584

ob die strategischen Ziele des Bundesrates erreicht worden sind oder nicht.

Der Verwaltungsrat berichtet also sowohl über das abgelaufene Geschäftsjahr wie auch über die strategischen Ziele. Dabei legt er im Einzelnen dar, inwieweit die Ziele erreicht werden konnten, welche Ziele aus welchen Gründen nicht erreicht wurden und welche zusätzlichen Massnahmen sich aufdrängen.

Die Unternehmen Post, Swisscom und SBB gingen insgesamt gestärkt aus den Reformen der Jahre 1997/98 hervor: ­

Die Post erbringt die Grundversorgung eigenwirtschaftlich in der ganzen Schweiz zu angemessenen Preisen und in sehr guter Qualität. Ihre Leistungen weisen auch im internationalen Vergleich eine sehr hohe Qualität auf.

Die Kunden- und Personalzufriedenheit ist insgesamt gut und die Post nimmt ihre Pflicht als sozialverantwortliche Arbeitgeberin wahr. Handlungsbedarf besteht hingegen bei der finanziellen Situation der Post angesichts der zunehmenden Substitution im Briefverkehr.

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Die SBB erzielten insgesamt ein gutes unternehmerisches Resultat bei einem für die öffentliche Hand verbesserten Abgeltungs-/Leistungsverhältnis. Die Verkehrsleistung und die Kundenzufriedenheit im Personenverkehr liegen auf hohem Niveau, die Züge erreichen pünktlich und sicher die Destinationen und der bisherige Stellenabbau konnte sozialverträglich durchgeführt werden. Die SBB leisten einen wichtigen Beitrag für das Funktionieren des Gesamtsystems öffentlicher Verkehr und für das Gelingen der Verlagerungspolitik.

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Die Swisscom hat sich als wettbewerbsfähige Unternehmen im Konkurrenzkampf behauptet und die Marktführerschaft in der Schweiz verteidigt. Sie ist finanziell sehr gesund und bezüglich Leistungsfähigkeit mit den besten Telecomunternehmen in Europa vergleichbar. Der notwendige Personalabbau erfolgte sozialverträglich und ohne Entlassungen. Swisscom erbringt die Grundversorgung ohne Investitionsbeiträge des Bundes.

Die (teilweise) Marktöffnung und die Umwandlung von Post, SBB und Swisscom in selbständige Unternehmen waren unter anderem auch ein vom Gesetzgeber gewähltes Instrument zur Sicherstellung einer preiswerten und qualitativ guten Grundversorgung. Gleichzeitig wurden die rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen geschaffen, die dieses Angebot flächendeckend gewährleisten. Es zeigt sich, dass der politische Auftraggeber parallel zur Marktöffnung über Gesetz und Verordnung das von ihm gewünschte Angebot an Leistungen der Grundversorgung vorschreiben und dessen Erbringung überprüfen kann.

3.2

Die Organisation der Grundversorgung nach Sektoren

3.2.1

Post («postalischer Universaldienst»)

Definition und Rechtsgrundlagen der Grundversorgung Im Postbereich heisst die Grundversorgung Universaldienst. Der Universaldienst ist der zentrale gesetzliche Auftrag der Post, die Dienstleistungen in allen Landesteilen nach gleichen Grundsätzen, in guter Qualität und zu angemessenen Preisen zu 4585

erbringen. Neu wird seit dem 1. Januar 2004 auch das flächendeckende Poststellennetz als Teil des Universaldienstes betrachtet. Damit wird der Zugang zu den Dienstleistungen für alle Bevölkerungsgruppen gesichert. Für die Zustellung gilt der Grundsatz der Hauszustellung.

Die wichtigsten Rechtsgrundlagen im Postwesen sind das Postgesetz vom 30. April 1997 (PG; SR 783.0), die Postverordnung vom 26. November 2003 (SR 783.01) und das Postorganisationsgesetz vom 30. April 1997 (SR 783.1). Während das Postorganisationsgesetz die Rechtsgrundlage für die Post als Unternehmen in der Form einer selbständigen Anstalt bildet, regeln Postgesetz und Postverordnung hauptsächlich alle Fragen zum Postsektor und zum Postwesen, also auch die Fragen der postalischen Grundversorgung.

Umfang der Grundversorgung Der Universaldienst umfasst Dienstleistungen im Post- und Zahlungsverkehr. Im Postverkehr zählen dazu die Annahme, Abholung, Transport und Zustellung von adressierten Briefen und Paketen bis 20 kg in der Regel an allen Werktagen, mindestens aber an fünf Tagen pro Woche. Ausserdem gehört dazu die Beförderung von Zeitungen und Zeitschriften. Im Zahlungsverkehr umfasst der Universaldienst Einzahlungen, Auszahlungen und Überweisungen von Geldmitteln. Das Gesetz unterteilt den Universaldienst in einen reservierten Bereich (Monopol der Post) sowie in einen nicht reservierten Bereich, in dem die Post ihre Dienstleistungen in Konkurrenz zu den privaten Anbietern erbringt. Die Teilmärkte im Postsektor lassen sich wie folgt darstellen: Universaldienste (= Grundversorgung) Reservierte Dienste

Briefpost

Nicht reservierte Dienste

Inland- und ein- Abgehende Briefpost sengehende Sendun- dungen im internationalen gen im reservier- Verkehr ten Dienst

Paketpost

Inlandpakete bis 20 kg und Pakete im internationalen Verkehr

Transport von Zeitungen und Zeitschriften

Presseförderung mit 80 Mio.

CHF Abgeltung an die Post

Zahlungsverkehr

Einzahlungen, Auszahlungen und Überweisungen

Personenverkehr*

Personenbeförderung auf der Strasse

*

Wettbewerbsdienste

Schnellpostsendungen (Express, Kurier) Pakete über 20 kg

Finanzdienstleistungen

Im Rahmen der Gesetzgebung über den öffentlichen Verkehr hat das Unternehmen Post den Auftrag, die regelmässige Personenbeförderung auf der Strasse sicherzustellen. Es erhält dafür Abgeltungen.

4586

Bei der Behandlung der Gesamtschau zur Weiterentwicklung des schweizerischen Postwesens vom 22. Mai 2002 (Gesamtschau Post) haben Bundesrat und Parlament beschlossen, den Paketmarkt per 2004 vollständig zu öffnen, d.h. sämtliche Pakete bis 20 kg unterstehen gemäss der per 1.Januar 2004 revidierten Postverordnung neu den nicht reservierten Diensten und unterliegen der Konzessionspflicht. Im Jahr 2006 soll zudem die Monopolgrenze für die Briefpost auf 100 Gramm gesenkt werden, sofern die Finanzierung der Grundversorgung sichergestellt und die Auswirkungen der Marktöffnungen evaluiert sind. Ab 2004 sind zudem die Abgeltungen an die Post für die Massnahmen im Bereich der Presseförderung um 20 Millionen auf 80 Millionen Franken gekürzt worden (Änderung von Art. 15 PG). Die Presseförderung wurde ausserdem bis Ende 2007 befristet.

Marktordnung Die Marktordnung präsentiert sich in den Grundzügen wie folgt: ­

Bei den reservierten Diensten der Grundversorgung besitzt die Post das alleinige Beförderungsrecht und die Beförderungspflicht (Art. 3 PG); sie ist somit einzige Anbieterin. Sie wird direkt durch das Postgesetz dazu beauftragt ­ im Unterschied etwa zum Telekommunikationssektor, wo die Swisscom gestützt auf ein Marktgesetz nicht mehr gesetzliche Anbieterin der Grundversorgung ist, sondern sich um eine Grundversorgungskonzession bewerben kann.

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Bei den nicht reservierten Diensten der Grundversorgung steht die Post im Wettbewerb mit privaten Anbietern (Art. 4 PG); im Unterschied zu diesen ist die Post aber zur Erbringung der Leistungen verpflichtet (Leistungs- und Vertragsabschlusspflicht).

­

Im Wettbewerbsbereich ist die Post grundsätzlich denselben Regeln unterstellt wie die privaten Anbieter (Art. 9 PG).

Finanzierung Zur Sicherstellung der Finanzierung der Grundversorgung stehen gemäss Gesetz folgende Möglichkeiten offen: ­

Erträge aus dem reservierten Bereich

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Erträge aus den nicht reservierten Diensten

­

Rationalisierungen und Optimierungen bei der Unternehmung Post

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neue Geschäftsfelder (Erträge aus den Wettbewerbsdiensten)

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Konzessionsgebühren auf den Umsätzen privater Anbieter im nicht reservierten Bereich ­ bei einer nachweislichen Kostenunterdeckung im Universaldienst.

Bestandteil des Finanzierungskonzeptes für den Universaldienst sind damit auch Erträge aus den Wettbewerbsdiensten. Diese sollen einen Beitrag an die Kosten der Grundversorgung leisten können. Hingegen untersagt das Postgesetz ausdrücklich eine andere Art von Quersubventionierung: Wettbewerbsdienste dürfen nicht mit Erträgen aus dem Universaldienst verbilligt werden. Die Grundversorgung wird heute über die Erträge aus den Universaldiensten sowie über interne Optimierungen eigenwirtschaftlich finanziert. Im Rahmen der per 1. Januar 2004 erfolgten Revision der Postverordnung schaffte der Bundesrat die Möglichkeit, Konzessionsgebühren 4587

auf den Umsätzen privater Anbieter von nicht reservierten Postdiensten zu erheben.

Dabei setzt das System voraus, dass die Post trotz wirtschaftlicher Betriebsführung im Universaldienst nachweislich keine volle Kostendeckung erreicht und die privaten Anbieter einen ausreichenden Umsatz erzielen. Abgeltungen bestehen für den Postzeitungsdienst (Presseförderung) und ­ gestützt auf die Gesetzgebung über den öffentlichen Verkehr ­ für die Postautodienste.

3.2.2

Telekommunikation

Definition und Rechtsgrundlagen der Grundversorgung Eine zuverlässige und erschwingliche Grundversorgung für alle Bevölkerungskreise in allen Landesteilen zu gewährleisten, ist eines der Hauptziele des Fernmeldegesetzes (FMG; SR 784.10) vom 30. April 1997. Mit der Grundversorgungskonzession steht ein Instrument zur Verfügung, das allen Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zu festgelegten Grunddiensten im Fernmeldebereich gewährleistet, zu erschwinglichen Preisen und in einer Qualität, die bestimmten Kriterien genügen muss. Die Grunddienste im Fernmeldebereich werden in groben Zügen im FMG beschrieben, wobei der öffentliche Telefondienst den Eckpfeiler des Systems bildet. Damit der Umfang der Grundversorgung in einem dynamischen Markt wie der Telekommunikation nicht zu starr bleibt, kann der Bundesrat den Inhalt der Grundversorgung periodisch den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedürfnissen und dem Stand der Technik anpassen. Der Bundesrat legt Qualitätskriterien und Preisobergrenzen fest, damit diese Dienste zuverlässig und erschwinglich bleiben.

Umfang der Grundversorgung Die Verordnung vom 31. Oktober 2001 über Fernmeldedienste (FDV; SR 784.101.1) zählt die Dienste der Grundversorgung auf und präzisiert sie. Seit dem 1. Januar 2003 gehören folgende Dienste zur Grundversorgung: ­

Bereitstellung eines Anschlusses, der das Telefonieren in Echtzeit, das Empfangen und Senden von Telefax sowie den Zugang zum Internet mit einer angemessenen Übertragungsrate ermöglicht.

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Zusatzdienste wie die Auskunft über unerbetene Anrufe oder die Anrufumleitung.

­

Leitweglenkung der eingehenden Notrufe an die zuständigen Alarmzentralen einschliesslich derjenigen Daten, die zur Identifikation des Standortes der anrufenden Stelle notwendig sind.

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Zugang zu den Verzeichnisdaten in elektronischer Form oder über eine Sprachauskunft.

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Bereitstellung einer ausreichenden Anzahl öffentlicher Sprechstellen.

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Bereitstellung eines Transkriptionsdienstes für Hörbehinderte einschliesslich des Notrufes rund um die Uhr.

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Anbieten eines Zugangs zu den Verzeichnisdaten über eine Sprachauskunft und eines Vermittlungsdienstes für Sehbehinderte.

4588

Im Vergleich zur Grundversorgungskonzession 1998­2002 hat der Bundesrat wichtige Neuerungen eingeführt: ­

Seit dem 1. Januar 2003 gehört zur Grundversorgung nicht nur der normale, analoge Telefonanschluss, sondern auch der wesentlich leistungsfähigere Digitalanschluss. Die Preisobergrenze (ohne MWSt) für diese beiden Dienstleistungen beträgt 23.45 Franken bzw. 40 Franken pro Monat. Hinzu kommt eine neue Taxe für die Aufschaltung, deren Höchstbetrag auf 40 Franken festgesetzt wurde.

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Auch die Preisobergrenzen für die Telefongespräche waren Gegenstand von Anpassungen. So ist in der FDV nicht mehr eine Preisobergrenze für lokale Verbindungen vorgesehen, und es wurden markant tiefere Preisobergrenzen für nationale Verbindungen festgelegt.

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Angesichts des starken Wachstums auf dem Mobilfunkmarkt wurden die Verpflichtungen im Bereich der öffentlichen Sprechstellen reduziert. Trotzdem behält jede politische Gemeinde das Recht auf mindestens eine öffentliche Sprechstelle. Die Höchstgebühr für die Verwendung einer Sprechstelle wurde so geändert, dass die Konzessionärin einen zur Verbindungsdauer proportionalen Zuschlag anstelle einer pauschalen Gebühr verlangen kann.

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Die Einführung eines einheitlichen Höchstpreises von 3,4 Rappen pro Minute (ohne MWSt) für die Inanspruchnahme des Transkriptionsdienstes für Hörbehinderte verhindert, dass Verbindungen, die über diesen Dienst laufen, nach der Abschaffung der Preisobergrenze für lokale Verbindungen massiv teurer werden.

­

Die relevanten Kosten der Grundversorgung sowie die Schätzung dieser Kosten wurden genauer umschrieben und die Modalitäten der Finanzierung allfälliger ungedeckter Kosten konkretisiert.

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Schliesslich sind die Kriterien für die Beurteilung der Qualität der Grundversorgungsdienste präzis definiert. So wird die Anschlussqualität anhand von Kriterien wie der Frist für die Inbetriebsetzung eines Anschlusses, der Fehlermeldungen pro Anschluss und Jahr sowie der Reparaturzeit gemessen.

Marktordnung Die Grundversorgungskonzession wird regelmässig aufgrund der Ergebnisse einer öffentlichen Ausschreibung von der Eidgenössischen Kommunikationskommission (ComCom) erteilt. Der Zweck der Ausschreibung besteht darin, ein optimales Preis-/ Leistungsverhältnis zu erzielen, indem verschiedene Bewerberinnen dem Wettbewerbsdruck ausgesetzt werden. Führt die Ausschreibung zu keinen geeigneten Bewerbungen, so kann die ComCom dennoch eine oder mehrere Anbieterinnen von Fernmeldediensten zur Grundversorgung heranziehen. Die Swisscom hat die Konzession vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2007 erworben. Sie war die einzige Bewerberin, was direkt auf die Eigenheiten des Fernmeldemarktes zurückzuführen ist. Da die Kosten für den Markteintritt wegen der erforderlichen Investitionen sehr hoch sind, ist es für einen Neuling schwierig, die historische Anbieterin, die über eine lange Erfahrung und alle nötigen Infrastrukturen (flächendeckendes Anschlussnetz) verfügt, zu konkurrenzieren.

4589

Die Marktordnung präsentiert sich in den Grundzügen wie folgt: ­

Swisscom ist heute als einzige Grundversorgungskonzessionärin verpflichtet, die Dienste der Grundversorgung landesweit zu erbringen.

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In Konkurrenz zu Swisscom stellen andere Unternehmen Dienste der Grundversorgung bereit, insbesondere Sprach- und Datenverbindungen zu Festnetzanschlüssen.

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Auf dem für die Grundversorgung relevanten Markt für schmalbandige Teilnehmeranschlüsse besitzt die Swisscom heute noch de facto ein Monopol.

Der Bundesrat hat jedoch beschlossen, die Entbündelung des Teilnehmeranschlusses auf dem Verordnungsweg per 1. April 2003 einzuführen und die Einführung einer entsprechenden Verpflichtung gleichzeitig auch noch dem Parlament im Rahmen der Änderung des Fernmeldegesetzes zu unterbreiten.

Finanzierung Die Finanzierung der Grundversorgung wird durch das Gesetz gesichert. Sollte es der Grundversorgungskonzessionärin trotz wirtschaftlicher Betriebsführung nicht möglich sein, die relevanten Kosten, die durch das Anbieten der Grundversorgung entstehen, durch die direkten oder indirekten Einnahmen der Grundversorgungsdienste zu decken, so besteht Anspruch auf eine finanzielle Abgeltung. Die ungedeckten Kosten würden durch die Konzessionsgebühren für Fernmeldedienste finanziert. Die Swisscom erbringt die Grundversorgung bislang ohne finanzielle Entschädigung, weshalb sie nicht verpflichtet war, ihre Rechnungslegung zur Erbringung der Dienste der Grundversorgung offen zu legen.

3.2.3

Elektronische Medien (Radio und Fernsehen)

Definition und Rechtsgrundlagen der Grundversorgung Radio und Fernsehen spielen eine wichtige Rolle bei der Konstituierung eines öffentlichen gesellschaftlichen Diskurses und sind eine notwendige Voraussetzung für die Bildung der öffentlichen Meinung und für eine demokratische Entscheidfindung. Die Erhaltung einer starken, attraktiven und für alle Sprachregionen gleichwertigen Grundversorgung ist das vordringlichste Anliegen der schweizerischen Rundfunkpolitik. Gerade für ein mehrsprachiges, gesellschaftlich und konfessionell heterogenes Land wie die Schweiz ist eine funktionierende Kommunikation in den elektronischen Medien von existenzieller Bedeutung.

Vor diesem Hintergrund hat die Bundesverfassung (Art. 93 BV; SR 101) für Radio und Fernsehen einen Leistungsauftrag im Sinne der Grundversorgung definiert, der Beiträge zur kulturellen Entfaltung, zur freien Meinungsbildung sowie zur Unterhaltung verlangt. Dabei sollen die Eigenheiten des Landes und die Bedürfnisse der Kantone berücksichtigt werden. Anknüpfend an Art. 93 BV hat der Gesetzgeber im Bundesgesetz vom 21. Juni 1991 über Radio und Fernsehen (RTVG; SR 784.40) eine Vielzahl von Aufträgen an Radio und Fernsehen formuliert. Inhaltlich reichen die Bestimmungen von der Verpflichtung zur Meinungsbildung beizutragen oder das schweizerische Kulturschaffen zu fördern, bis hin zur Aufforderung, die europäischen Eigenleistungen möglichst breit zu berücksichtigen. Die gesetzlichen Vorgaben sind in den jeweiligen Rundfunkkonzessionen noch präziser gefasst.

4590

Umfang der Grundversorgung Eine zentrale Funktion bei der Grundversorgung mit Radio- und Fernsehprogrammen kommt der SRG zu. Diese sorgt für ein inhaltlich und geografisch flächendeckendes Angebot mit schweizerischen Radio- und Fernsehprogrammen in allen vier Sprachen, unabhängig davon, welche Leistungen andere Veranstalter erbringen. Das Angebot umfasst mittlerweile 7 TV- und 16 Radioprogramme. Gemäss der konzessionsrechtlichen Vorgabe, in allen Amtssprachen gleichwertige Programme anzubieten, werden heute beispielsweise allein für die rund 40 000 rätoromanisch Sprechenden ein Radiovollprogramm und regelmässige TV-Sendungen produziert. Zum Schutz der privaten Sender unterliegt die SRG bei Werbung und Sponsoring strengeren Regeln.

Die SRG hat ihrer Funktion als Grundversorgungs-Veranstalterin auch in institutioneller Hinsicht nachzukommen und das Publikum in der Organisation vertreten zu lassen. Als privater Verein stützt sie sich auf eine breite Trägerschaft ab, die in vier Regionalgesellschaften organisiert ist, welche wiederum aus regionalen Mitgliedgesellschaften bestehen. Jede Regionalgesellschaft hat einen repräsentativen und konsultativen Rat einzurichten, der den Kontakt zwischen den Programmschaffenden und dem Publikum herstellt.

Der Grundversorgungsauftrag verlangt von der SRG nebst inhaltlichen auch verbreitungstechnische Leistungen. Sie hat nicht nur gleichwertige Programme in allen Sprachregionen anzubieten, sie hat auch dafür zu sorgen, dass ein Teil der Programme in den anderssprachigen Regionen empfangen werden kann. Sämtliche Radio- und TV-Programme der SRG werden via Satellit verbreitet und sind überall in der Schweiz empfangbar. Zudem werden die ersten Radioprogramme der Sprachregionen landesweit über UKW-Frequenzen verbreitet. Um die Grundversorgung technisch garantieren zu können, verpflichtet das RTVG die Kabelnetzbetreiber, die terrestrisch verbreiteten Radio- und TV-Programme der SRG ihren Kunden anzubieten.

Der Gesetzgeber stellt auch eine Grundversorgung mit Fernseh- und Radioangeboten auf lokaler und regionaler Ebene sicher. Im RTVG sind für diese Medien spezifische Leistungsaufträge formuliert. Die Veranstalter haben unabhängig davon, ob sie mit Gebührengeldern unterstützt werden, in ihrer Region zur Meinungsbildung in Fragen des lokalen und regionalen Zusammenlebens
sowie zur Förderung des kulturellen Lebens beizutragen. Ferner müssen die Eigenproduktionen einen der Sendezeit und den besonderen Verhältnissen des Versorgungsgebiets angemessenen Anteil ausmachen. Derzeit sind in der Schweiz 50 lokale Radio- und 33 lokale und regionale Fernsehprogramme konzessioniert.

Marktordnung Der Gesetzgeber geht von der Idee aus, dass es auf der sprachregional-nationalen Ebene organisatorisch am effizientesten ist, die Hauptlast des verfassungsrechtlichen Leistungsauftrages einem Veranstalter zu übertragen. Dieser muss die nötige Stärke und ausreichende Mittel haben, um gegenüber der ausländischen Konkurrenz bestehen und über die nötige Akzeptanz im schweizerischen Publikum verfügen zu können. Das RTVG ermöglicht grundsätzlich auch die Zulassung von anderen Veranstaltern, doch hat sich der private Fernsehmarkt nicht wie in den Nachbarländern Deutschland, Frankreich und Italien entwickelt. Das hängt mit der dominierenden Position der SRG und mit der schwierigen Finanzierung im einheimischen Markt 4591

zusammen, der neben seiner geringen Grösse durch die hohe ausländische Konkurrenz und die starke Auslandorientierung des Publikums gekennzeichnet ist.

In den Grundzügen präsentiert sich die Marktordnung im Bereich der Grundversorgung wie folgt: ­

Die Grundversorgung auf sprachregional-nationaler Ebene wird auf einen staatlich unterstützten Sender, SRG SSR idée suisse (SRG), konzentriert.

Daneben haben verschiedene private Radio- und TV-Stationen spezielle positive Beiträge zum schweizerischen Mediensystem (Information, Unterhaltung, Kultur) zu erbringen.

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Auf der lokal-regionalen Ebene wird die Grundversorgung der SRG ergänzt durch Leistungsaufträge an private Veranstalter.

Finanzierung Der vom Staat vorgegebene Leistungsauftrag der SRG wird mit Radio- und Fernsehempfangsgebühren abgegolten (1,04 Mrd. Fr.), welche heute gut 70 % der Erträge der SRG ausmachen (übrige Erträge aus Werbung und Sponsoring). Ein SRGinterner Finanzausgleich garantiert, dass die bevölkerungsmässig kleineren Regionen über genügend Mittel für die Programmproduktion verfügen; so beansprucht beispielsweise die deutschsprachige Schweiz mit 75 % der schweizerischen Bevölkerung lediglich 45 % der Mittel, wohingegen die italienischsprachige Schweiz mit 4,2 % Bevölkerungsanteil insgesamt über 22 % der SRG-Mittel zugewiesen erhält.

Auch gewisse regionale und lokale Radio- und TV-Stationen werden mit Empfangsgebühren mitfinanziert. Diese Angebote lassen sich angesichts der kleinräumigen föderalen Strukturen mit begrenztem Wirtschaftspotenzial nicht überall vom Markt finanzieren. Eine einigermassen gleichwertige Versorgung insbesondere der Bergund Randregionen mit Informationen aus dem Nahbereich kann nur mit finanzieller Unterstützung realisiert werden. Die zugesicherten Beiträge aus den Empfangsgebühren an Lokalradios bzw. Regionalfernsehen betrugen im Jahr 2002 insgesamt 6,88 Millionen bzw. 5,97 Millionen Franken (vgl. Tabelle in Ziff. 4.3).

3.2.4

Öffentlicher Verkehr

Definition und Rechtsgrundlagen der Grundversorgung Ein leistungsfähiges und qualitativ gutes öffentliches Verkehrsangebot ist ein zentrales Element der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes und der Lebensqualität der Bevölkerung in der Schweiz. Die Grundversorgung im öffentlichen Verkehr (ÖV) umfasst die Mobilität zwischen den Zentren, in den Zentren und Agglomerationen sowie die Erschliessung in den Regionen. Das Angebot soll sicher, von hoher Qualität, wirtschaftlich effizient und mit einem guten Kosten- Leistungsverhältnis für die öffentliche Hand erbracht werden. Alle Bevölkerungsschichten und Landesteile sollen Anschluss an den öffentlichen Verkehr haben.

Die wichtigsten Rechtsgrundlagen im öffentlichen Verkehr mit Bezug zur Grundversorgung sind das Eisenbahngesetz vom 20. Dezember 1957 (EBG; SR 742.101), das Bundesgesetz vom 20. März 1999 über die Schweizerischen Bundesbahnen (SBBG; SR 742.31) und die Verordnung vom 18. Dezember 1995 über Abgeltungen, Darlehen und Finanzhilfen nach Eisenbahngesetz (Abgeltungsverordnung, 4592

ADFV; SR 742.101.1). Hinzu kommt das Personenbeförderungsgesetz vom 18. Juni 1993 (PBG; SR 744.10), das für die gewerbsmässige Beförderung von Reisenden mit regelmässigen Fahrten Konzessionen vorsieht und daneben die Post mit der Sicherstellung der regelmässigen Personenbeförderung beauftragt.

Umfang der Grundversorgung Direkt definiert der Bund den Umfang der Grundversorgung beim regionalen Personenverkehr. Im EBG und der ADFV ist festgelegt, wann eine Leistung abgegolten werden kann. Ein Kriterium ist die Erschliessungsfunktion. Diese gibt vor, unter welchen Voraussetzungen eine Ortschaft mit öffentlichem Verkehr erschlossen werden kann. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, bestellen Bund und Kantone bei einer Transportunternehmung aufgrund der Nachfrage ein Angebot des regionalen Personenverkehrs. Es gilt die Regel, dass Bund und Kantone bei durchschnittlichen Fahrgastzahlen von 32 Personen pro Tag eine Mindesterschliessung mit vier Kurspaaren sicherstellen; bei 500 Personen pro Tag wird ein durchgehender Stundentakt mit 18 Kurspaaren angeboten. Ausgehend von dieser Berechnungsbasis bestellen Bund und Kantone bei den Transportunternehmen die gewünschten Leistungen, wobei sie sich gleichzeitig bereit erklären, die dadurch entstehenden ungedeckten Kosten abzugelten.

Der Bund setzt mit der Erteilung von Konzessionen und der weitgehenden Finanzierung der Schieneninfrastruktur wesentliche Rahmenbedingungen für die Grundversorgung. So ist beispielsweise in der Konzession der SBB AG für den Fernverkehr pro Strecke festgelegt in welchem Takt welches Angebot gefahren werden muss. Im Gegensatz zum Regionalverkehr sind damit aber keine Abgeltungen der öffentlichen Hand verbunden, sondern es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich dieses Angebot konsequent aus den Anforderungen des Marktes herleitet und insgesamt eigenwirtschaftlich betrieben werden muss. Via die Konzessionserteilung und seiner faktischen Bedeutung für das Gesamtsystem ist der Fernverkehr der SBB AG ein wichtiges Element der Grundversorgung im öffentlichen Verkehr. Konzessionen erteilt der Bund auch für den Ortsverkehr und den übrigen regelmässigen Personentransport.

In der vierjährigen Leistungsvereinbarung mit den SBB zur Schieneninfrastruktur legen Bundesrat und Parlament überdies fest, bei welchen Strecken welcher Ausbausstandard
und welche technische Ausstattung zu realisieren ist. Dies definiert Kapazitäten und technische Rahmenbedingungen und so die Möglichkeiten des Bahnangebotes. Mit den Privatbahnen werden diese Fragen (derzeit noch) im Rahmen der objektweisen Investitionsvereinbarungen sowie der jährlichen Abgeltungsvereinbarungen behandelt. Die Ausstattung mit Infrastruktur ist die Voraussetzung, um überhaupt Dienstleistungen im öffentlichen Verkehr anbieten zu können und ist deshalb ebenfalls Teil der Grundversorgung.

Marktordnung Öffentliche Verkehrsdienstleistungen bieten in der Schweiz 464 Unternehmungen mit ca. 57 000 Beschäftigten an.2 Davon sind 46 Bahnen, 266 Spezialbahnen (Zahnrad-, Standseil- und Luftseilbahnen), 110 Busunternehmungen (inkl. Postautodienst) und 16 Nahverkehrsunternehmungen. Dazu kommen 26 Schifffahrtsbetriebe. Die

2

Quelle: Litra

4593

Schweiz hat mit der Revision des Eisenbahngesetzes 1996 und der Bahnreform 1 im Jahr 1999 den Markt, differenziert nach Verkehrsbereichen, schrittweise geöffnet.

Der nationale Personenfernverkehr ist mittels einer Konzession, in der auch das zu erbringende Leistungsangebot festgelegt ist, an die SBB AG vergeben. Die Ausschreibung einzelner Fernverkehrslinien ist nicht geplant. Aufgrund der zentralen Bedeutung des Fernverkehrs für die Qualität und die Transportleistung des ÖVGesamtsystems ist in diesem Bereich keine Marktöffnung vorgesehen.

Der Regionalverkehr, eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Kantonen, funktioniert nach dem Bestellsystem. Aufgrund der Nachfrage bestellt die öffentliche Hand unter Federführung der Kantone bei einer Transportunternehmung (Schiene/Bus/ Seilbahn/Schifffahrt) jährlich ein bestimmtes Angebot, dessen geplanten ungedeckten Kosten abgegolten werden. Die Bestellung wird jährlich mittels einer Abgeltungsvereinbarung zwischen den drei Parteien abgeschlossen. Aufgabe der Transportunternehmen ist es, dieses Angebot zu erbringen. Transportleistungen können periodisch ausgeschrieben werden, um Wettbewerb unter den potenziellen Anbietern im Regionalverkehr auszulösen. Der Gewinner der Ausschreibung erhält das Recht, für eine bestimmte Zeit das Angebot zu erbringen.

Beim Güterverkehr gilt seit 1999 der freie Netzzugang. Dieser wird durch eine gemeinsame Trassevergabestelle der Hauptleistungserbringer diskriminierungsfrei und transparent gestaltet (SBB und BLS; weitere konzessionierte Transportunternehmen (KTU) sind angefragt). Missbräuche sind bisher nicht festgestellt worden.

Diese können bei der Schiedskommission Eisenbahnverkehr beanstandet werden.

Für den Bau, den Betrieb und den Unterhalt der Infrastrukturen sind die Bahnen verantwortlich, die öffentliche Hand für die Finanzierung.

Finanzierung Den Fernverkehr und den internationalen Personenverkehr erbringt die SBB AG insgesamt eigenwirtschaftlich. Beim Personenverkehr wird somit ausschliesslich der Regionalverkehr der SBB AG und der übrigen KTU durch den Bund mitfinanziert und zwar abgestuft auf die Finanzkraft und die strukturellen Voraussetzungen der Kantone (Bevölkerungsdichte, Länge des Netzes). Es gilt das Bestellprinzip.

Die Finanzierung der Infrastruktur erfolgt durch die öffentliche Hand. Die Mittel des
Bundes stammen aus dem ordentlichen Budget und aus dem Fonds für Eisenbahngrossprojekte (FinöV; Bundesbeschluss vom 9. Oktober 1998 über das Reglement des Fonds für die Eisenbahngrossprojekte, SR 742.140). Mit den gegenwärtig am Markt realisierbaren Trassenpreiseinnahmen können die Kosten für Unterhalt und Betrieb des Schienennetzes nur zum Teil gedeckt werden. D.h. die Eisenbahninfrastruktur kann unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen nicht eigenwirtschaftlich betrieben werden.

Der FinöV-Fonds dient der Finanzierung von Grossprojekten. Dazu gehören: NEAT, 1. und 2. Etappe BAHN 2000, HGV-Anschluss der Ost- und Westschweiz und die Lärmsanierung. Für die FinöV-Projekte sollen bis in das Jahr 2022 insgesamt 30,5 Milliarden Franken (Preisbasis 1995) investiert werden. Die im Bau befindlichen Bahngrossprojekte sollen wie geplant in Betrieb gehen. Bei den übrigen Vorhaben müssen das Realisierungstempo gedrosselt und Abstriche gemacht werden.

Aufgrund der veränderten verkehrs- und finanzpolitischen Rahmenbedingungen muss zudem der Finanzierungsmechanismus des FinöV-Fonds angepasst werden.

Die definitiven Lösungsvorschläge zur zukünftigen Finanzierung der Schieneninfra4594

struktur wird der Bundesrat voraussichtlich im Herbst 2004 dem Parlament zuteilen.

Die Gesamtüberprüfung wird voraussichtlich 2007/08 in die Vernehmlassung gehen.

Darin müssen verkehrs- und finanzpolitische Zielsetzungen ausgewogen aufeinander abgestimmt werden.

Im Rahmen des ordentlichen Budgets wird der Erhalt und Ausbau des Eisenbahnnetzes finanziert. Die Mittelflüsse an die SBB AG bewegen sich dabei seit 1999 im Rahmen eines vierjährigen Zahlungsrahmens, auf dessen Basis eine zwischen dem Bund und den SBB abgeschlossene Leistungsvereinbarung beruht. Darin sind die Ziele des Bundes für den Erhalt und den Ausbau des SBB-Netzes festgehalten und es werden die Abgeltung für folgende Leistungen festgelegt: die ungedeckten Betriebskosten der Infrastruktur, Beiträge für die Substanzerhaltung des bestehenden Netzes und Mittel für die Weiterentwicklung des Netzes sowie für Angebotsverbesserungen. Mit den übrigen Bahnen werden vom Bund meist zusammen mit den betreffenden Kantonen jährliche Abgeltungsvereinbarungen für die Infrastruktur abgeschlossen. Mit der Bahnreform 2 soll die Infrastrukturfinanzierung harmonisiert werden und für alle Eisenbahninfrastrukturen die Finanzierung mittels mehrjähriger Leistungsvereinbarungen erfolgen.

Exkurs zum Güterverkehr Es besteht kein Verfassungs- oder Gesetzesauftrag für eine flächendeckende Versorgung mit Schienengüterverkehr in der Schweiz. Der Güterverkehr ist deshalb nicht Bestandteil der Grundversorgung, auch wenn im schweizerischen Wagenladungsverkehr dessen Prinzipien sinngemäss zum Tragen kommen.

So hat das Parlament beim Güterverkehr in zwei Bereichen Vorgaben gemacht.

Erstens beim alpenquerenden Güterverkehr, für den auf Basis des Verlagerungsgesetzes befristete Beiträge vorgesehen sind (Trassenpreisverbilligung bis 2008, Bestellungen). Diese Förderung ist primär umwelt- und verkehrspolitisch motiviert.

Alle Anbieter können davon profitieren. Zweitens ist in der Leistungsvereinbarung des Bundes mit den SBB festgehalten, dass die SBB AG beim inländischen Wagenladungsverkehr ein flächendeckendes und wirtschaftliches Angebot erbringen muss.

Falls das Geschäft des flächendeckenden innerschweizerischen Wagenladungsverkehrs nicht mehr eigenwirtschaftlich betrieben werden kann, haben die SBB die Möglichkeit, beim Bund den Antrag für eine finanzielle Unterstützung zu stellen.

3.2.5

Strassen

Definition, Rechtsgrundlagen und Umfang der Grundversorgung Service public und Grundversorgung sind bisher wenig verwendete Begriffe im Bereich des Strassenverkehrs. Strassenbau und -unterhalt gehören jedoch zu den klassischen Aufgaben im Infrastrukturbereich.

Zur Grundversorgung im Strassenverkehr auf Bundesebene zählen: ­

Nationalstrassen und Hauptstrassen von nationaler Bedeutung Dieses Gesamtnetz dient dem Güter- wie dem Personenverkehr, dem privaten wie dem öffentlichen Verkehr, dem motorisierten wie dem Langsamverkehr. Es orientiert sich primär an den Verkehrsbedürfnissen und an den Erfordernissen einer ausgeglichenen regionalen Entwicklung. Das Netz ist 4595

flächendeckend konzipiert und der Abstand der Anschlüsse dicht, so dass der Zugang des regionalen Verkehrs gut gewährleistet ist.

­

Verkehrssicherheit Im System Strassenverkehr will der Bundesrat Schritte einleiten, welche die Zahl der durch Strassenverkehrsunfälle Getöteten bis im Jahr 2010 um mindestens 50 % von 600 auf 300 reduzieren. Dazu wird bis Ende 2004 eine neue Strassen-Verkehrssicherheitspolitik erarbeitet, welche in einem ganzheitlichen Ansatz die Infrastruktur, den Betrieb, die Fahrzeuge und den Menschen mit einbezieht. Das System Strassenverkehr soll so ausgestaltet werden, dass möglichst wenige menschliche Fehler begangen werden und unvermeidbare Fehler nicht zu fatalen Folgen führen. Letzteres soll insbesondere durch technische und bauliche Massnahmen sowie durch ein optimiertes Rettungswesen verhindert werden.

Marktordnung Die Strassen sind im Eigentum der Kantone und der Gemeinden, abgesehen von wenigen Ausnahmen. Der Bund besitzt keine Strassen und er ist auch nicht Bauherr von Strassen. Er beteiligt sich in hohem Masse am Gemeinschaftswerk Nationalstrassen von Bund und Kantonen und unterstützt zudem den Ausbau eines Netzes von ausgewählten schweizerischen Hauptstrassen. Der Bund ist also zuständig für Nationalstrassen und bestimmt durch Parlamentsbeschluss, welche Strassen von «nationaler Bedeutung» sind und damit subventioniert werden. Für die Bereitstellung eines sicheren und leistungsfähigen Strassennetzes führt der Bund neben der Subventionierung des Ausbaus des Hauptstrassennetzes die Oberaufsicht über Planung, Bau, Unterhalt und Betrieb des Nationalstrassennetzes.

Finanzierung Die Finanzierung erfolgt im Wesentlichen über die Mineralölsteuern und kantonalen Motorfahrzeugsteuern. Das Gesetz hält zur Finanzierung fest, dass die Erstellungskosten von Bund und Standortkanton zu tragen sind. Der Anteil des Kantons bemisst sich nach seiner Belastung durch die Nationalstrassen, seinem Interesse und der Finanzkraft. Somit wird auf die regionalen Gegebenheiten Rücksicht genommen und das Grundangebot nicht von generellen Kosten-Nutzenverhältnissen abhängig gemacht. So werden unter dem Titel Grundversorgung auch unterdurchschnittlich benutzte oder überdurchschnittlich teure Teilstücke verstanden. In der Tat ist die Verkehrsnachfrage auf Nationalstrassen gleichen Baustandards recht unterschiedlich, die tieferen Werte sind meist auf Verbindungen zu Randgebieten zu finden, die hoch belasteten in den zentralen Lagen.

Ausserdem subventioniert der Bund Neu- und Ausbauten von ausgewählten Kantonsstrassen. Diese bilden ein die Nationalstrassen ergänzendes Netz von nationaler und internationaler Bedeutung. Mittels abgestuften Beitragssätzen, die auf den Kriterien Eigeninteresse, Finanzkraft und Strassenlasten des Kantons beruhen, wird die Finanzierung des Angebotes auf die Eigenheiten des Kantons abgestimmt.

4596

3.2.6

Exkurs: Leitungsgebundene Energien Strom und Gas

Stromversorgung Die flächendeckende Versorgung aller Haushalte und Betriebe zu angemessenen Preisen ist ein wichtiges Anliegen der Grundversorgung im Strombereich. Konkret umfasst die Grundversorgung das Anschlussrecht, sichere und leistungsfähige Netze, ausreichende und regelmässige Lieferungen in angemessener Qualität und zu kostenorientierten Preisen sowie die Preissolidarität bei den Durchleitungs- und Anschlusspreisen.

Nach heutigem Bundesrecht stellt die Stromversorgung keine Aufgabe des Bundes dar3.

In sehr vielen Fällen könne die Stimmberechtigten der Gemeinde auf die Höhe der Tarife oder Konditionen direkt Einfluss nehmen, häufig gibt es eine indirekte Kontrolle der Preise und Bedingungen der Elektrizitätsunternehmen durch die gewählten politischen Entscheidungsträger in den Aufsichtsorganen. Die Preise sind in der Westschweiz in allen Kundensegmenten (Privathaushalte, Landwirtschaft, Gewerbe und Industrie) im Durchschnitt deutlich höher als in der Deutschschweiz. Im gesamteuropäischen Vergleich schneidet die Schweiz bei den Strompreisen für die industriellen Kunden eher ungünstig ab, einzig Italien weist höhere Preise auf. Die Finanzierung der Grundversorgung erfolgt in der gesamten Schweiz ausschliesslich über Stromtarife, Gebühren und allenfalls über Netzbeiträge. Die Qualität der Dienstleistung der einzelnen Elektrizitätsunternehmen ist gemessen an den statistisch erfassten Stromunterbrüchen sehr hoch.

Das Elektrizitätsmarktgesetz, welches am 22. September 2002 vom Stimmvolk mit 52,6 % abgelehnt wurde, hätte die Grundversorgung auf Bundesebene geregelt. Eine Expertenkommission in der alle interessierten Kreise vertreten sind, hat einen Entwurf für eine neue Elektrizitätswirtschaftsordnung erarbeitet. Der Bundesrat wird den Entwurf im Sommer in ein Vernehmlassungsverfahren geben. Gestützt auf die Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens soll noch in dieser Legislatur dem Parlament eine Botschaft unterbreitet werden Gasversorgung Wirtschaftlich und politisch ist der Stellenwert der Gasversorgung in der Schweiz im Vergleich zur Stromversorgung viel geringer. Gegen 100 Gesellschaften sind in der Schweiz im Bereich der Gaslieferung und -verteilung tätig. Die Swissgas AG importiert ca. drei Viertel des Schweizer Bedarfs und ist mehrheitlich an der Transitgas AG beteiligt, welche das
schweizerische Teilstück der internationalen Erdgasleitung Holland ­ Italien betreibt. Drei regionale Gesellschaften ­ Gasverbund Mittelland AG, Erdgas Ostschweiz AG und Gaznat AG ­ importieren das restliche Viertel des Gasbedarfs. Zusammen mit der vierten Regionalgesellschaft ­ Erdgas Zentralschweiz ­ bedienen sie 93 lokale Verteilgesellschaften, die ihrerseits rund 700 Gemeinden versorgen, in welchen zwei Drittel der schweizerischen Gesamtbevölkerung wohnhaft sind. Die Struktur der Gasversorgung ist sehr dezentral und föderalistisch organisiert. Die Endversorgung liegt in den Händen der Gemeindewerke, welche die Preise und Konditionen des Gasbezugs aufgrund wettbewerb3

Vgl. Art. 4 Abs. 2 EnG sowie dazu BBl 1996 IV 1005, 1090 f.

4597

licher ­ gegebenenfalls auch politischer ­ Überlegungen festsetzen. Ein vorgesehenes Gasmarktgesetz wurde nach Ablehnung des Elektrizitätsmarktgesetztes zurückgestellt. Die Gaswirtschaft hat eine Branchenvereinbarung ausgearbeitet. Basierend auf Artikel 13 des Rohrleitungsgesetzes soll sie den Zugang zum Hochdruckgasnetz koordinieren, vereinheitlichen und somit vereinfachen.

3.2.7

Exkurs: Luftverkehr

Der Luftverkehr zählt nicht zur Grundversorgung in dem Sinne, dass der Staat für alle Bevölkerungsgruppen und alle Regionen bestimmte Flugangebote zu angemessenen Preisen gewährleisten und für die Finanzierung dieses Angebotes sorgen muss. Auf der andern Seite sind attraktive Luftverkehrsverbindungen in die wichtigen europäischen und globalen Zentren ohne Zweifel von grosser Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Schweiz wie auch für die verschiedenen Regionen des Landes.

Es ist Aufgabe des Staates, die Voraussetzungen für eine möglichst gute Anbindung der Schweiz an das europäische und globale Luftverkehrsnetz zu schaffen. Die Bereitstellung der entsprechenden Verkehrsangebote überlässt der Staat aber grundsätzlich dem Markt.

Der Handlungsspielraum des Bundes ist zudem in der Luftfahrtpolitik wesentlich kleiner als beispielsweise im öffentlichen Landverkehr. Die Luftverkehrsinfrastruktur wird nicht durch den Bund erstellt und finanziert, sondern durch die Kantone oder Private. Der Bund ist Konzessions- und Bewilligungsbehörde. Zudem ist die Luftfahrt wie kaum ein anderer Infrastruktursektor international organisiert und durch überstaatliche Vorschriften reguliert. Für die Schweiz besonders relevant ist das Luftverkehrsabkommen mit der Europäischen Union, welches die vollständige Übernahme des heutigen und des zukünftigen Luftfahrtrechts der EU vorsieht. Bei der Gestaltung der nationalen Luftfahrtpolitik muss sich also der Bund an die Grundsätze und Richtlinien der EU halten.

Die heutige Anbindung der Schweiz an das europäische und globale Luftverkehrsnetz darf als gut bezeichnet werden. Die international rasch voranschreitende Marktöffnung führt allerdings zu einem Konsolidierungsprozess der Flugverkehrsgesellschaften. Es zeichnet sich klar ab, dass die ehemaligen nationalen Fluggesellschaften der kleineren und mittleren europäischen Länder nur durch den Anschluss an eine der grossen Allianzen überleben können. Zudem ist eine Entwicklung dieser Allianzen von einem losen Zusammenschluss zu einer sehr engen Zusammenarbeit bis hin zur Fusion im Gange. Gleichzeitig treten mit den Billigfluglinien neue Anbieter auf dem Markt an, welche aber keine Netzwerke anbieten, sondern sich auf attraktive Punkt-Punkt-Verbindungen konzentrieren.

Die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf das Luftverkehrsangebot
aus der Schweiz wie auch auf die Infrastruktur der Luftfahrt (Flughäfen, Flugsicherung usw.) sowie die sich daraus ergebenden Konsequenzen werden gegenwärtig im Rahmen des «Berichtes des Bundesrates über die schweizerische Luftverkehrspolitik» aufbereitet. Dieser Bericht, welcher Ende 2004 dem Parlament vorgelegt werden soll, wird auch die Leitlinien für die zukünftige Luftverkehrspolitik des Bundes enthalten.

4598

4

Leistungsbilanz der Grundversorgung

Die Bahn fährt, die Energie fliesst, die Post kommt an. Die solide und sichere Versorgung mit Verkehrs-, Energie- und Kommunikationsdiensten ist ein Markenzeichen der Schweiz, eine Voraussetzung für die hohe Lebensqualität und für die Prosperität der Wirtschaft. Ist die Qualität dieser Dienste ungenügend, so wird der Alltag mühsam. Rund fünf Jahre nach der (teilweisen) Öffnung von Wirtschaftssektoren, die auch Leistungen der Grundversorgung erbringen, wird in diesem Kapitel Bilanz über die Leistungen der Grundversorgung in der Infrastruktur gezogen.

4.1

Leistungsbilanz der postalischen Grundversorgung

Leistungen Die Post muss gemäss Postgesetz einen ausreichenden Universaldienst, bestehend aus Dienstleistungen des Post- und Zahlungsverkehr erbringen. Die Dienstleistungen des Postverkehrs umfassen die Annahme, die Abholung, den Transport und die Zustellung von Briefen und Paketen bis 20 kg in der Regel an allen Werktagen, mindestens aber an fünf Tagen pro Woche. Diese Dienstleistungen erbringt die Post in allen Landesteilen nach gleichen Grundsätzen, in guter Qualität und zu angemessenen Preisen. Ferner muss die Post ein flächendeckendes Poststellennetz betreiben.

Wesentliche Kriterien für eine Leistungsbilanz sind demnach die Qualität, angemessene Preise und die flächendeckende Versorgung.

In der Gesamtschau Post zogen Bundesrat und Parlament 2002 erstmals ein Fazit zur Postreform bzw. zur Leistungsbilanz der Post in der Grundversorgung: Die Postreform 1998 war insgesamt erfolgreich. Sie führte zu erhöhter Transparenz hinsichtlich Kundenzufriedenheit und Qualität. Die Grundversorgung wurde zu angemessenen Preisen und flächendeckend erbracht.

Qualität und Preise Bei der Einhaltung der Zustellungsfristen erzielte die Briefpost 2002 im internationalen Vergleich internationale Spitzenwerte. Erneut verbessern konnte die Post die Laufzeiten beim Paketversand.

4599

Laufzeitkontrolle Geschäftsbereich

PostMail1

Produkt/ Dienstleistung

Einhaltung Laufzeit 2002

2001

2000

1999

A-Post (E+1)

97,3 %

97,6 %

97,1 %

96,6 %

B-Post (E+3)

98,1 %

98,4 %

97,9 %

98,2 %

Swiss Post International1

Internationale Briefpost (Import; J+1)3

94,7 %

94,1 %

93,4 %

93,1 %

PaketPost2, 4

PostPac Priority 93,9 % (E+1)

92,6 %

­

­

PostPac 94,5 % Economy (E+2)

93,4 %

­

­

1 2 3 4

Messung durch postexterne Organisation Messung postintern Qualitätsziel REIMS: 93 % (Basis für Abgeltung) Auf den 1.1.2001 wurde das neue Leistungsangebot (PostPac Priority und Economy) eingeführt.

Bei den Brieflaufzeiten liegt die Schweizerische Post im europäischen Vergleich ganz vorne. Dies geht aus der unabhängigen externen Studie hervor, die regelmässig im Auftrag der International Post Corporation (IPC), einer Vereinigung von 21 weltweit führenden Postunternehmen, durchgeführt wird. Swiss Post International hat die Zustellqualität kontinuierlich gesteigert und übertrifft das Qualitätsziel REIMS (93 %).

Die Preise für die inländische Briefpost sind angemessen, die gängigsten Produkte (A- und B-Post) liegen kaufkraftbereinigt auch nach einer Erhöhung per 2004 je nach Gewichtsstufe im Mittelfeld oder gar bei den europäisch günstigsten Angeboten. Die Preise für die internationale Briefpost lagen 2002 im europäischen Mittel.

Die unabhängige Kundenbefragung ergab im Bereich der Leistungen der Grundversorgung der Post gute Resultate: Kundenzufriedenheit Geschäftsbereich

Kundengruppe

Index 2002

2001

2000

1999

PostMail

Geschäftskunden

74

71

71

71

Briefmarken und Philatelie

Privatkunden

84

80

83

80

PaketPost

Geschäftskunden

71

67

65

61

Poststellen und Verkauf

KMU

78

79

81

78

Privatkunden

86

85

87

85

PostFinance

Geschäftskunden

76

74

80

79

Privatkunden

80

78

81

81

4600

Die Kundenzufriedenheit wird mit einem Index auf der Skala von 0­100 gemessen; 0­50 bedeutet unzufrieden, 50­80 zufrieden und 80­100 sehr zufrieden.

Flächendeckende Versorgung Zur Sicherstellung des Zugangs zu den Dienstleistungen des Universaldienstes unterhält die Post ein flächendeckendes Poststellennetz, wozu sie das Postgesetz neu auch gesetzlich verpflichtet. Im Rahmen der Behandlung der Gesamtschau Post und der parlamentarischen Initiative flächendeckendes Poststellennetz waren sich Bundesrat und Parlament einig, dass die Schweiz über eines der dichtesten Poststellennetze Europas zur Sicherstellung des Zugangs zu den Dienstleistungen des Universaldienstes für alle Bürgerinnen und Bürger in allen Regionen verfügt. Mit einer durchschnittlichen Erreichbarkeit der nächsten Poststelle innerhalb von weniger als 2,5 km ist das Poststellennetz dichter als jenes aller Nachbarländer. Der Vergleichswert liegt beispielsweise in Deutschland, Österreich und Frankreich deutlich über 3 Kilometer.

Die Post konnte den Universaldienst ­ mit Ausnahme der verbilligten Zeitungsbeförderung im Interesse der Presseförderung ­ bisher eigenwirtschaftlich erbringen.

Die Kosten des Poststellennetzes werden einerseits über Leistungsvereinbarungen zwischen Poststellen und Verkauf mit den übrigen Geschäftsbereichen finanziert und anderseits mit Infrastrukturbeiträgen, die vom reservierten Bereich bezahlt werden. Im Geschäftsjahr 2003 bezahlte das Monopol einen Infrastrukturbeitrag von CHF 460 Mio. an das Poststellennetz. Die reservierten Dienste (heute Briefsektor) wiesen deshalb im Geschäftsjahr 2003 gemäss den Angaben der Post ein negatives Ergebnis aus, das aber mit den Ergebnissen aus den nicht reservierten Diensten mehr als nur kompensiert werden konnte. Für das Geschäftsjahr 2004 erwartet die Post aufgrund der Mehrerträge durch die erfolgten Tarifanpassungen auch im Monopol wieder schwarze Zahlen. In den Wettbewerbsdiensten konnte die Post im Geschäftsjahr 2003 erstmals ein positives Gesamtergebnis präsentieren, ein Jahr früher als vom Bundesrat verlangt.

4.2

Leistungsbilanz Telekommunikation

Leistungen Die Dienstleistungen und die Angebotsbedingungen (Preise und Qualität) der Grundversorgung im Fernmeldebereich sind in den gesetzlichen Bestimmungen genau definiert. Nach einer öffentlichen Ausschreibung der Grundversorgungskonzession ist vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Dezember 2007 die Swisscom Fixnet AG, eine 100-prozentige Tochter der Swisscom AG, für die Erbringung der Grundversorgung verantwortlich.

4601

Die Dienste der Grundversorgung für 2003 Anzahl Festnetzanschlüsse ­ davon analoge Anschlüsse ­ davon digitale Anschlüsse (ISDN)

ca. 4,0 Millionen ca. 3,1 Millionen ca. 0,9 Millionen

Verkehrsminuten (nationale Verbindungen ohne Mehrwertdienste)

8,4 Milliarden

Anzahl Internetverbindungen1

> 630 Millionen

Anzahl öffentliche Sprechstellen

8500 (davon ca. 4900 für die Grundversorgung)

Anzahl Anrufe auf Auskunftsdienst

37,5 Millionen

Anzahl Notrufe 2

ca. 2 Millionen

Anzahl Anrufe auf Sehbehindertendienst

400 000

Anzahl Anrufe auf Transkriptionsdienst für ca. 90 000 Hörbehinderte 1 2

Anzahl Dial-up-Verbindungen zu Internet-Dienstanbietern.

Nummern 112, 117, 118, 143, 144, 147 (inkl. vom Swisscom-Mobile-Netz ausgehende Anrufe).

Die Grundversorgungskonzession verlangt, dass mindestens eine öffentliche Sprechstelle an 5259 Standorten, verteilt auf die meisten Schweizer Gemeinden, eingerichtet wird. Die Verteilung der Standorte auf die Gemeinden ist das Ergebnis einer geschichtlichen Entwicklung, die auf zahlreiche und vielfältige Faktoren zurückgeht.

Grundsätzlich hat aber jede politische Gemeinde Anrecht auf mindestens eine Sprechstelle. Swisscom kann zusätzliche Sprechstellen an den Orten einrichten, in denen sie die Nachfrage als genügend lukrativ betrachtet.

Die Zahl der Anrufe auf den Vermittlungsdienst für Sehbehinderte hat seit 1998 beträchtlich zugenommen und ist von 130 000 Anrufen im Jahr 1998 auf 422 073 im Jahr 2001 gestiegen. Die Anzahl Verbindungen, die von Hörgeschädigten und für Hörgeschädigte hergestellt wurden, nimmt seit 1999 (121 198 Anrufe) ab und betrug im Jahr 2002 ungefähr 100 000 Anrufe. Diese Entwicklung ist wahrscheinlich auf den vermehrten Einsatz von Textnachrichten (SMS) in der Kommunikation zurückzuführen.

Qualität und Preise Auf dem für die Grundversorgung relevanten Markt für Schmalbandanschlüsse (analoge oder ISDN-Anschlüsse) hat die Swisscom Fixnet AG de facto das Monopol; die Konsumentinnen und Konsumenten haben hier keine Wahlmöglichkeit. Der Preis (rund 25 Fr. pro Monat) für analoge Anschlüsse blieb seit 1995 praktisch unverändert. Nach Angaben von Swisscom betragen die ungedeckten Nettokosten der Grundversorgung über CHF 100 Mio. pro Jahr. Da Swisscom die Grundversorgung ohne finanzielle Entschädigung erbringt, ist sie nicht zur Offenlegung ihrer Rechnungslegung bei der Erbringung der Grundversorgungsdienste verpflichtet.

Bezüglich Verbindungen besteht schon seit einigen Jahren die Möglichkeit, zwischen mehreren Dienstanbieterinnen zu wählen. Der Wettbewerb führte zu Preissenkungen für die Kundinnen und Kunden: So ging der Preisindex für Festnetzdienste 4602

(durch ansässige Teilnehmer hergestellte Verbindungen in der Schweiz) zwischen Februar 1998 und August 2003 um 31 % zurück4. Den Nutzern stehen auch auf dem Markt der telefonischen Auskunftsdienste verschiedene Optionen zur Wahl. Bei den Preisen der Grundversorgungsdienste ist zwischen den Regionen kein Unterschied festzustellen5.

Die Qualität der Grundversorgungsdienste für 2002 Qualitätskriterien

Messwerte

Zielwerte

Anteil der fristgerecht in Betrieb gesetzten Anschlüsse

97,8 %

95,00 %

Jährliche Anzahl Störungen pro 100 Anschlüsse

10,06

20,00

Anteil der Störungen, die innerhalb von 24 Stunden 93,27 % behoben wurden (Werktage)

90,00 %

Jährliche durchschnittliche Reaktionszeit des Auskunftsdienstes

9,6 Sekunden 20 Sekunden

Anteil der funktionierenden Publifone

97,30 %

95,00 %

Die Dienste der Grundversorgung werden in einer sehr guten Qualität erbracht und die Qualitätskriterien, die der Regulator jährlich auf die Zielerreichung überprüft, werden erfüllt.

4.3

Leistungsbilanz elektronische Medien (Radio und Fernsehen)

4.3.1

Einsatz von Gebühren

Die Service-public-Leistungen bei den elektronischen Medien werden mit Mitteln aus den Radio- und Fernsehempfangsgebühren mitfinanziert. Aus der nachfolgenden Tabelle geht hervor, welche Mittel der Bundesrat der SRG sowie den lokalenregionalen Medien aus den Gebühreneinnahmen zur Verfügung stellt.

4 5

BAKOM, Analyse der Preisentwicklung im schweizerischen Telekommunikationsmarkt seit 1998, August 2003.

Dies würde theoretisch möglich bleiben, da die Grundversorgungskonzessionärin tun kann, was sie für richtig hält, solange sie sich an die Preisobergrenzen hält.

4603

Radio- und Fernsehempfangsgebühren: Verteilung 1992­2002 (Zuteilung der fakturierten Empfangsgebühren, Beträge in Millionen Franken (ohne MWSt.), Stand April 2003) Jahr

SRG1

Private2

1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 20037

698 777 792 809 826 820 1021 1012 1066 10586 10436 1103

6 7 7 8 8 10 10 11 11 12 13

1 2 3 4 5 6 7

PTT3

Billag4

BAKOM5

Total

10 7 8 10 12 12

906 1039 1059 1083 1097 1099 1086 1072 1126 1123 1113 1177

208 256 260 267 263 271 45 43 41 44 46 48

ohne die von der SRG vorgenommenen Wertberichtigungen für ausstehenden Forderungen ausbezahlter Anteil für das Gebührensplitting Gebühreninkasso; Frequenzverwaltung und -überwachung; Verfolgung der Schwarzhörer-/ -seher Gebühreninkasso (exkl. Mehrwertsteuer) Aufwand für Frequenzverwaltung und -überwachung und die Verfolgung der Schwarzhörer-/-seher Entschädigung des Ausfalles der Empfangsgebühren der Ergänzungsleistungs-Bezügern von 8,1 Mio. (2001) bzw. 34,3 Mio. Franken (2002) nicht enthalten Abrechnung noch nicht geprüft

Seit 1992 ist die Belastung der Gebührenzahlenden von 350.40 Franken jährlich (118.80 Franken Radio- und 231.60 Franken Fernsehempfangsgebühr) um rund 28,5 % auf 450.40 Franken (169 Franken Radio- und 281.40 Franken Fernsehgebühr) angestiegen.

4.3.2

Leistungen der SRG

Programminhalte Die Inhaltspalette der SRG-Angebote reicht von Nachrichten, Reportagen und Hintergrundberichten aus Politik, Kultur, Gesellschaft und Sport bis hin zur Unterhaltung mit Spielfilmen, Sitcoms, Hörspielen, Shows, Talks und Musik.

Mit der unterschiedlichen Ausrichtung der einzelnen sprachregionalen Radioprogramme versucht die SRG, den verschiedenen Bedürfnissen des Publikums entsprechen zu können. Eine SRG-Analyse aller Programme im Jahr 2001 ergab, dass 72 % des Radioangebotes aus Musik, 11 % aus Unterhaltung, 10 % aus Information, 6 % aus Kultur und 1 % aus Sportbeiträgen bestand. Im Mehrjahresvergleich zeigt sich eine konstante Zusammensetzung der Inhalte, wenn auch eine leichte Zunahme bei Musik sowie eine Abnahme bei Information und Sport festzustellen ist.

4604

Beim Fernsehen zeichnen sich die Programminhalte ebenfalls durch eine konstante Verteilung der Themen seit 1995 aus. Die Unterhaltung ist mit 25 % sehr stabil, hingegen hat sich der Informationsanteil von 15 % im Jahr 1995 auf 29 % im 2001 praktisch verdoppelt. Die SRG trägt damit auch der Tatsache Rechnung, dass es vor allem die Informationen aus und über die Schweiz sind, welche ihre Programme gegenüber der ausländischen Konkurrenz unverzichtbar machen. Der Kulturanteil ist konstant bei 11 bzw. 10 % verblieben, der Anteil des Sports bewegte sich zwischen 8 und 10 %, wohingegen der Anteil «Diverse» von 38 auf 18 % zurückging. Kinderund Jugendsendungen machen 7 % aus, was einer Verdoppelung gegenüber 1995 entspricht.

Im Jahr 2001 wurden insgesamt 2357 TV-Programmstunden oder 4 % des Gesamtvolumens untertitelt, um Hörbehinderten den Zugang zum Fernsehen zu erleichtern oder zu ermöglichen.

Marktanteile Beim Radio ist die SRG in allen vier Sprachregionen marktführend. Eine dominante Position hat die SRG in der Svizzera italiana mit einem Marktanteil von gut 80 % (2002), in der Romandie sind es 62 % und in der deutschsprachigen Schweiz 64 %.

Im Gegensatz zum Fernsehen werden die SRG-Radioprogramme ­ insbesondere in der deutschsprachigen Schweiz ­ in erster Linie durch inländische Angebote konkurrenziert.

Beim Fernsehen besteht eine sehr grosse Konkurrenz mit den ausländischen TVStationen aus dem gleichsprachigen Ausland. Im 24-Stunden-Vergleich erreichen die SRG-Programme Marktanteile von 35,5 % in der deutschsprachigen Schweiz, 30,3 % in der Romandie und 29,5 % der italienischsprachigen Schweiz. In der Hauptsendezeit am Abend liegen die Anteile der SRG um 6­8 % höher. Da die andern TV-Stationen Anteile von höchstens 16,8 % in der Romandie (TF1), 13,8 % in der Svizzera italiana (Canale 5) und 8 % in der deutschsprachigen Schweiz (RTL) erreichen, kann auch im Fernsehen von einer klaren Marktführerschaft der SRG gesprochen werden.

Finanzierung Die Gebührenerträge von CHF 1.1 Mrd. im Jahr 2003, welche die SRG vom Bundesrat zugewiesen erhält, machen rund 70% der Erträge der SRG aus. Diese Mittel werden zusammen mit den Werbeeinnahmen im Rahmen eines internen Verteilschlüssels an die verschiedenen Sprachregionen aufgeteilt. Die französisch-, italienisch- und die rätoromanischsprachigen Landesteile
erhalten von den Gesamteinnahmen der SRG einen überproportional grossen Teil der Mittel, damit dort ähnlich viele Sendungen produziert und empfangen können wie in der Deutschschweiz.

4605

Finanzausgleich 2003

Deutschschweiz (inkl. Svizra rum.)

Suisse Romande

Anteil an der schweizerischen Gesamtbevölkerung

72,3 %

24,0 %

3,7 %

Anteil an den Gesamteinnahmen 71,7 % der SRG (Gebühren und Werbung)

24,4 %

3,9 %

Anteil Mittel, den die SRG den einzelnen Regionen zuweist (Sockelbetrag)

32,3 %

22,9 %

44,8 %

Svizzera italiana

Qualität Eine von Medienwissenschaftern durchgeführte Qualitätskontrolle bei mehreren Redaktionen von schweizerischen Medien6 kam zum Schluss, dass gerade bei der SRG und insbesondere bei deren Radio viel mehr Anstrengungen im Hinblick auf die Qualitätskriterien unternommen werden als bei andern Medien. Zudem werde bei der SRG die Relevanz der Aus- und Weiterbildung im Vergleich zu andern Medien «überdurchschnittlich hoch» eingestuft7.

Spezielle Kulturleistungen Die überwiegend gebührenfinanzierte SRG trägt zur schweizerischen Kultur bei, indem sie nicht nur über die unterschiedlichsten kulturellen Ereignissen und Veranstaltungen informiert, sondern auch selbst Kultur produziert (Hörspiele, eigene Serien). Sie ermöglicht den Konsumentinnen und Konsumenten mit ihren Angeboten den Zugang zu kulturellen Werken und damit die Teilnahme am kulturellen Leben in der Schweiz. Der Anteil der informierenden und vermittelnden Kulturangebote wird von der SRG auf über 25 % beziffert, der engere Anteil im Bereich Kultur, Wissenschaft und Religion beläuft sich auf 10 %.

Die SRG ist insbesondere für die schweizerische Filmbranche eine unverzichtbare Institution. Die unabhängige und professionelle Filmproduktion sowie auch einzelne Fernsehfilmprojekte werden von der SRG auf der Basis eines Rahmenvertrages mit der Branche (Pacte de l'audiovisuel8) gefördert. In den Jahren 2003­2005 belaufen sich die entsprechenden Beiträge auf jährlich 16,8 Millionen Franken. Damit sind die finanziellen Unterstützungen der Schweizer Films durch die SRG jenen des Bundes (ab 2001: 17 Mio. Fr.) ebenbürtig.

6

7 8

Die Untersuchung wurde vom Medienwissenschafter Vinzenz Wyss anhand eines Massstabes vorgenommen, wie ihn das «Total Quality Management» vorgibt. Es geht um die Führungsmethode einer Organisation, die Qualität in den Mittelpunkt stellt und durch Zufriedenheit der Kunden auf langfristigen Erfolg abzielt). Wyss Vinzenz: Qualitätsmanagement im Journalismus: Das Konzept TQM auf Redaktionsstufe, in Medienwissenschaft Schweiz 1/2000. S. 21­30 Wyss Vinzenz: Redaktionelles Qualitätsmanagement. Ziele, Normen, Ressourcen, Konstanz 2001 Im Rahmen des ersten Pacte (1997­1999) zahlte die SRG jährlich 9,3 Mio. Mit dem zweiten Rahmenvertrag (2000­2002) wurden die jährlichen Beiträge auf 16,5 Mio.

erhöht.

4606

Die Beiträge der SRG im Bereich der Musik sind stets Gegenstand intensiv geführter Diskussionen. Bemängelt wird in der Musikbranche der zu geringe Anteil an Schweizer Musik in den Radioprogrammen der SRG. Nach den Angaben der SRG sind in der deutschsprachigen Schweiz 19 % der ausgestrahlten Titel schweizerisch, in der Romandie beträgt dieser Anteil 8 und in der italienischsprachigen Schweiz 5 %. Die SRG engagiert sich jährlich mit 6,2 Millionen Franken bei den Schweizer Orchestern9. Beiträge der SRG an Verwertungsgesellschaften für Nutzung von künstlerischen Werken und Darbietungen belaufen sich auf jährlich 30­40 Millionen Franken.

Produktionen Die SRG als Gesamtunternehmen hat im Jahr 2002 mit einem Betriebsaufwand von rund 1,5 Milliarden Franken während insgesamt 120 718 Stunden Radio- und während 57 600 Stunden TV-Programme gesendet. 1992 hatte der Gesamtaufwand (ohne techn. Verbreitungskosten) noch 931,3 MillionenFranken betragen; das Sendevolumen belief sich damals beim Radio auf 80 518 und beim Fernsehen auf 23 524 Sendestunden. Neue Technologie und auch ein striktes Kostenmanagement haben dazu geführt, dass gerade beim Fernsehen die Aufwendungen pro Sendeminute in den letzten 10 Jahren um fast die Hälfte reduziert werden konnten. Rechnete die SRG im Jahr 1992 mit durchschnittlichen Sendekosten von 560 Franken pro Minute, so waren es 2002 noch 306 Franken pro Minute. Beim Radio sanken die durchschnittlichen Minutekosten in derselben Zeitspanne hingegen von 58 auf 56 Franken.

Kundenzufriedenheit Wie eine Befragung von 2650 Schweizerinnen und Schweizern sowie 60 Opinion Leaders zum Image der SRG im Jahr 2001 ergeben hat, sind der Stellenwert und der Service-public-Auftrag der SRG unbestritten, die Leistungen der Medienschaffenden gelten als seriös und kompetent. Im Bereich Information sind die Sender der SRG führend. Die Opinion-Leader-Befragung ergab zudem, dass Image und Akzeptanz des Unternehmens heute deutlich besser sind als 1996. Heute wird der Servicepublic-Auftrag als weitgehend erfüllt erachtet, die Positionierung im Konkurrenzumfeld wird positiv bewertet. Die Opinion Leaders stellen jedoch ein Manko bei den Wirtschaftsinformationen fest. Die Unterhaltung im Fernsehen kommt im Vergleich mit den privaten Anbietern weniger gut an.

4.3.3

Leistungen der lokal-regionalen Veranstalter

Insgesamt leisten auch die lokal-regionalen Veranstalter einen wichtigen Beitrag zur Grundversorgung im lokalen und regionalen Raum und füllen auf diese Weise die Lücke, welche die SRG aufgrund der gesetzlichen Vorgaben offen lässt. Die Branche beschäftigte im Jahr 2002 rund 2000 Personen Während die Marktanteile der lokal-regionalen TV-Veranstalter eher unbedeutend sind, erreichen die Radios in der

9

Die SRG übernimmt 50 Prozent der Kosten des Orchestra della Svizzera italiana, DRS2 bezahlt diverse Senderechtskosten von Konzerten, in der Romandie finanziert die SRG Kosten des Orchestre de la Suisse Romande und des Orchestre de Chambre de Lausanne mit 2,54 Mio. jährlich.

4607

deutschen und der französischen Schweiz beachtliche Anteile von 27 bzw. 23 % sowie in der italienischsprachigen Schweiz 6 %.

Die Studie des Institutes für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Uni Zürich10 attestiert diesen Medien insofern die Erfüllung eines Service public, als sie Bedürfnisse nach Information, Unterhaltung, Identifikation und Integration im Lokalraum abdecken und zur externen Medienvielfalt beitragen. Das Potenzial aber auch der aktuelle Beitrag zur Meinungs- und Perspektivenvielfalt wird aufgrund der Rahmenbedingungen (knappe finanzielle und personelle Ressourcen) jedoch als «nicht ausgeschöpft» bezeichnet. Die Leistungen ­ speziell des Fernsehens ­ sind gemäss der Studie vor allem für ländliche Rand- und Berggebiete als «eher unbefriedigend» einzuschätzen.

Im Hinblick auf die Grundversorgung ist zu schliessen, dass die kleinräumigen Strukturen der lokal-regionalen elektronischen Medien trotz Beiträgen aus den Gebühren dazu führen, dass ein grosser Teil der Veranstalter nicht über die notwendige Leistungsfähigkeit verfügt, um einen qualitativ hoch stehenden Service public auf lokaler Ebene zu erbringen. Mit schwierigen wirtschaftlichen Voraussetzungen haben insbesondere die lokal-regionalen TV-Veranstalter zu kämpfen, da ihre Fixkosten wesentlich grösser sind als jene der Radios.

4.4

Leistungsbilanz öffentlicher Verkehr

Leistungen Personenverkehr Im Jahr 2001 umfasste das Fahrplanangebot 144 Millionen Reisezugskilometer, 58 % mehr als 1975 bzw. 7 % mehr als 1995. Im Busbereich wurden im Jahr 2001 rund 146 Millionen Kilometer angeboten, davon entfielen 84 Millionen auf Postauto. 1997 waren es noch ca. 144 Millionen Buskilometer, davon 88 Millionen von Postauto.

Das Personenverkehrsangebot wurde im Jahr 2001 von 1.8 Milliarden Passagieren genutzt. Kombiniert mit den gefahrenen Kilometern ergibt dies 21 Milliarden Personenkilometer, 15.3 Milliarden davon auf der Schiene. Inbegriffen sind hier die Bahnen, Trambahnen, Trolleybusse, Autobusse (Stadt- und Überlandbetriebe), Schiffsbetriebe sowie Zahnrad, Standseil- und Luftseilbahnen. Der öffentliche Personenverkehr hat einen Anteil am Gesamtverkehrsaufkommen in der Schweiz von rund 22 % (Anteil an den Reisenden) bzw. 21 % (Anteil an Personenkilometern).11 Diese Anteile sind seit Mitte der 90er Jahre relativ konstant.

Das Verhältnis von Personenkilometern (= beförderte Personen mal gefahrene Kilometer) zu Reisezugkilometern (= Leistungen der Reisezüge) hat sich von 94 Pkm je Zkm im Jahr 1990 auf 106 Pkm je Zkm im 2001 verbessert. Im Jahr der Expo 2002 konnte das Verhältnis weiter auf 112 Pkm je Zkm gesteigert werden.

10 11

Bonfadelli, Heinz/Schwarb, Ursula; Publizistische Vielfalt im Lokalbereich, Schlussbericht, Zürich 2003 Quelle: Litra

4608

Verhältnis Reisezugkm ­ Personenkilometer Reisezugkm

Pkm Schiene

Verhältnis

1990

134 916

12 678 000

94

1991

137 668

13 834 000

100

1992

136 786

13 209 000

97

1993

135 569

13 384 000

99

1994

132 902

13 836 021

104

1995

131 949

13 408 279

102

1996

130 171

13 326 274

102

1997

131 847

14 104 473

107

1998

136 432

14 256 752

104

1999

136 662

14 367 943

105

2000

140 692

14 664 606

104

2001

144 278

15 255 774

106

2002*

144 234

16 200 000

112

*

Zahlen 2002 provisorisch, noch nicht vom BfS geprüft. Besseres Verhältnis vor allem aufgrund der Expo.

Quelle: 1990­2001 BfS, 2002 BAV; Angaben in Tausend

Im Regionalverkehr ist seit der Revision des Eisenbahngesetzes 1996 die Leistung gemessen in angebotenen Zugskilometern und den gefahrenen Personenkilometern gestiegen, bei tendenziell sinkenden Abgeltungen durch Bund und Kantone. Beispielsweise reduzierten sich die an die SBB gezahlten Abgeltungen pro Kilometer im Regionalverkehr zwischen 1999 und 2002 um rund 15 % (1999: 11.32 CHF pro km; 2002 8.64 CHF pro km). Die öffentliche Hand erhält pro eingesetzten Steuerfranken mehr Leistung.

Leistungen Infrastruktur Das Schienennetz der Schweiz ist eines der sichersten, dichtesten und leistungsfähigsten in Europa. Es wird gemeinsam vom Personen- und Güterverkehr genutzt.

Das Netz hat eine Gesamtlänge von rund 5063 km und bedient 1842 Haltestellen.

Das Normalspurnetz ist 3652 km lang, das Schmalspurnetz misst 1383 km. 3007 Streckenkilometer gehören der SBB, 382 km der RhB, 245 km der BLS, und den Rest teilen sich die anderen Bahnunternehmungen.

Im Jahr 2002 hat die SBB als grösste Infrastrukturbetreiberin 135,5 Millionen Trassenkilometer verkauft. Im Vergleich zu 1999 ist das eine Steigerung von gut 6 %. Im gleichen Zeitraum hat sich die Ankunftspünktlichkeit der Reisezüge von 92 % auf 95 % gesteigert12. Die SBB-Infrastruktur hat die Produktionskosten der Infrastruktur 12

Die Angaben beziehen sich auf den Zeitraum 1997­2002. Im 2003 haben sich insbesondere im Grossraum Zürich mehrere Betriebsstörungen ereignet. Die entsprechenden Auswertungen für 2003 liegen erst im Frühjahr 2004 vor.

4609

zwischen 1998 und 2002 von 11.10 Franken Betriebsaufwand je Trassenkilometer auf 8.74 CHF reduzieren können. Die Vorgabe des Bundes von einer jährlichen Produktivitätssteigerung um 5 % wurde damit übertroffen. Bezüglich der Sicherheit des Schienenverkehrs kann festgehalten werden, dass die Anzahl der Verletzten im Schienenverkehr von 1990­1998 kontinuierlich zurückgegangen ist. Die Anzahl der Toten ist bis 1995 zurückgegangen und ist seitdem stabil.

Kundenzufriedenheit und Erreichbarkeit Die Kundenzufriedenheit im öffentlichen Verkehr befindet sich auf hohem Niveau, wenn auch Aspekte wie die Verfügbarkeit von Sitzplätzen in den Spitzenzeiten, die Sauberkeit oder Sicherheitsaspekte vermehrt kritisch beurteilt werden. Bei der SBB AG hat sich die Kundenzufriedenheit seit der Verselbständigung wie folgt entwickelt: 1999 waren 83,3 % der SBB-Kunden sehr zufrieden, im Jahr 2000 waren es 84,7 %, 2001 und 2002 jeweils 81 %. Damit wurde das vom Bundesrat vorgegebene Ziel erreicht. Gewährleistet ist die flächendeckende Grundversorgung gemäss den Kriterien der ADFV, und die Erreichbarkeit der Standorte in der Schweiz hat sich durch den öffentlichen Verkehr massiv verbessert.13 So lag beispielsweise die Anzahl der Haltestellen des Busnetzes im Jahr 2000 bei rund 19.900 und hat im Vergleich zu 1975 um 61 %, zu 1995 um knapp 13 % zugenommen.

Kosten/Leistungsverhältnis Die Gesamtausgaben von Bund, Kantonen und Gemeinden für den ÖV betrugen 2001 rund 5,8 Milliarden Franken. Der Bund gab für den ÖV im Jahr 2002 rund 4,8 Milliarden Franken aus. Davon entfielen 1,93 Milliarden Franken oder 40 % auf die über den FinöV-Fonds finanzierten Grossprojekte, rund 37 % auf Infrastrukturabgeltungen über das ordentliche Budget und 23 % auf Abgeltungen für den Personen- und Güterverkehr. Die Abgeltungen für den Regionalverkehr auf Schiene und Strasse wurden ungefähr zu zwei Drittel durch den Bund und zu einem Drittel durch die Kantone bezahlt.

Seit der Bahnreform 1 im Jahr 1999 haben sich die realen Leistungen des Bundes für den öffentlichen Verkehr stabilisiert. Die parallel erfolgte Leistungssteigerung bei den angebotenen Zugskilometern und den verkauften Trassenkilometern bewirkt, dass sich das Abgeltungs-/Leistungsverhältnis deutlich verbessert hat. Dank den Bestellverfahren sind die ungedeckten Kosten transparent und im Voraus bekannt, so dass der öffentliche Verkehr im Gegensatz zur Zeit vor der Bahnreform für den Bund kein Haushaltsrisiko mehr darstellt.

13

Keller P. und Steinmetz R. (2003): Verkehr und Erreichbarkeit von Stadtland Schweiz, Arbeitsberichte Verkehrs- und Raumplanung, 175, Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme (IVT), ETH, Zürich.

4610

Ausgabenentwicklung Infrastruktur und Personenverkehr 1997-2002 (indexiert, real)

500.0

Infrastruktur SBB (LV)

450.0

Index: 1999 =100

400.0 350.0

weitere Investitionen Infrastruktur (ohne LV SBB)

300.0 250.0

Abgeltungen Personenverkehr und Infrastruktur (ohne LV SBB) Alptransit, BAHN2000 und Fondsspeisung

200.0 150.0 100.0 50.0 0.0 1997

1998

1999

2000

2001

2002

Quelle: BAV, Staatsrechnung

4.5

Leistungsbilanz Strassen

Leistungen und Qualität Die Infrastruktur der Nationalstrassen mit einem Netz von rund 1800 km ist insgesamt in einem guten Zustand. Diese Bewertung ergibt sich aus Umfragen und auch aus der Gegenüberstellung mit den Strassen in vergleichbaren Ländern. Die Vollendung des beschlossenen Netzes der Nationalstrassen hat Priorität: damit wird die Herstellung eines Grundangebotes verwirklicht. Von den insgesamt 1892 km Nationalstrassen sind gegenwärtig 1706 km erstellt und von den noch fehlenden rund 186 km sind rund 76 km im Bau.

Die Wirksamkeit zeigt sich in der Verlagerung des Verkehrs von den Kantons- und Gemeindestrassen auf die Nationalstrassen. Der Verkehr und die Verkehrszunahme konzentrieren sich seit den 60er-Jahren mehr und mehr auf die Autobahnen und Autostrassen. Im Jahre 1980 entfielen rund ein Viertel aller Fahrleistungen auf Schweizer Strassen auf die Autobahnen und Autostrassen. Inzwischen wurde das Nationalstrassennetz weitgehend realisiert. 1990 ergab sich für jede der drei Strassenkategorien (Autobahnen und Autostrassen, übrige Ausserorts- und Innerortsstrassen) ein Anteil von rund einem Drittel. In den letzten Jahren erreichte der Anteil der Autobahnen und Autostrassen am motorisierten Strassenverkehr beinahe 40 Prozent.

Der Anteil des Strassenverkehrs, der auf den Autobahnen und Autostrassen fährt, wird sich mit Fertigstellung des Netzes weiter erhöhen. Damit kann ein wesentlicher Teil des Strassenverkehrs von den Ortschaften ferngehalten werden, und es ergibt sich eine markante Verringerung der Unfallgefahren.

4611

Damit das Nationalstrassennetz einwandfrei funktionieren kann, sind diverse Nebenanlagen notwendig. Dazu gehören Autobahnraststätten, Rastplätze und Tankstellen. Die Verkehrsteilnehmer qualifizieren in der Regel diese Anlagen als gut und im internationalen Vergleich als gut platziert. Polizeistützpunkte und Werkhöfe dienen dem sicheren und wirtschaftlichen Betrieb und Unterhalt der Infrastruktur.

Sämtliche dieser Anlagen beruhen auf dem Konzept eines gleichmässigen Angebotes in allen Teilen des Netzes über die Regionen.

Finanzierung Die zweckgebundenen Einnahmen für Strassenaufgaben von insgesamt CHF 3682 Millionen im Jahr 2003 resultieren aus ­

dem Reinertrag aus der Mineralölsteuer (CHF 1448 Mio.)

­

dem Mineralölsteuerzuschlag auf Treibstoffen (CHF 1961 Mio.)

­

der Autobahnvignette (CHF 273 Mio.)

Diese Mittel werden eingesetzt für Aufwendungen bei den ­

Nationalstrassen (CHF 2071 Mio., davon CHF 645 Mio. für Unterhalt und Betrieb)

­

Hauptstrassen (CHF 201 Mio.)

­

übrige werkgebundene Beiträge (CHF 785 Mio.)

­

nicht werkgebundene Beiträge (CHF 480 Mio.)

­

Spezialfinanzierung Strassenverkehr (CHF 110 Mio.)

Der Stand der Spezialfinanzierung beträgt Ende 2003 CHF 3566 Mio. Zudem führt die LSVA zu Nettoeinnahmen von rund CHF 700 Mio., die zu 2/3 in den FINÖV und zu 1/3 an die Kantone fliessen.

Kostenmanagement im Unterhalt Seit 1983 leistet der Bund Beiträge an die Kantone für den betrieblichen Unterhalt der Nationalstrassen. 1995 wurde als Leistungsvorgabe die Richtlinie «Standard und Massnahmen zur Kostenreduktion bzw. Kostenminderung» herausgegeben. Die gesetzten Ziele umfassen die Steigerung der Effektivität in der Leistungserbringung, die Steigerung der betrieblichen Effizienz sowie die Substanzerhaltung. Gleichzeitig waren mit diesem Instrument die erkannten Schwachstellen in den folgenden Bereichen zu beseitigen: ­

Überwachung der Leistungsvorgabe

­

Beurteilung der Effizienz

­

Fehlen einer Wettbewerbsituation

Die Einführung des Benchmarking wurde von den Kantonen unterstützt. Das Potenzial zur Verbesserung wurde erkannt. Eine zuverlässige Aussage zur erreichten Kostenreduktion wird erst nach einigen Jahren möglich sein.

Strassenverkehrssicherheit Die Schweiz gehört bezüglich Strassenverkehrssicherheit zu den führenden Nationen, in denen jährlich weniger als 8 Personen pro 100 000 Einwohner im Strassenverkehr sterben. Weniger Getötete als die Schweiz (7,6 Getötete auf 100 000 Ein4612

wohner) weisen Grossbritannien (6,0), Schweden (6,2), Norwegen (6,1) und die Niederlande (6,2) auf. Bezogen auf die Anzahl immatrikulierter Fahrzeuge bzw. auf die Fahrleistungen von Motorfahrzeugen ergibt sich etwa das gleiche Bild. Hinsichtlich der Fahrleistungen rangieren zusätzlich Finnland und Dänemark vor der Schweiz. Das gleiche gilt für die Autobahnen und Autostrassen im länderübergreifenden Vergleich.

Staustunden Mit der anhaltenden Zunahme des Verkehrsaufkommens sind die Staustunden infolge von Verkehrsüberlastungen in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen.

Bei weiterhin zunehmendem Verkehr ist sogar mit einer überproportionalen Zunahme der Verkehrsstaus zu rechnen, da das Verkehrsaufkommen an mehr und mehr Orten an die Leistungsgrenze stösst. Die Zahl der Staustunden in einzelnen städtischen Agglomerationen und auf den Transitachsen während der Hauptreisezeiten ist bereits recht hoch. Mehrstündige Verkehrsüberlastungen wie sie in diversen europäischen Grossstädten tagtäglich auftreten, sind jedoch noch nicht festzustellen. Dass die wirtschaftlichen Auswirkungen der Staus dennoch nicht unerheblich sind, haben schon diverse Untersuchungen und Studien gezeigt. Erste Massnahmen von Bund und Kantonen zur Staureduktion und zur Verbesserung der Verkehrssicherheit sind in Vorbereitung. Im Jahr 2002 wurden 11 563 Staustunden auf Nationalstrassen registriert, wovon 71 % auf Verkehrsüberlastung, 16 % auf Verkehrsunfälle, 11 % auf Baustellen zurückzuführen sind und 2 % andere Ursachen haben. Die Staus infolge von Baustellen sind nach Massnahmen und Vorgaben an die Kantone rückläufig.

5

Herausforderungen und Leitlinien der künftigen Grundversorgungspolitik

Die Leistungen der Grundversorgung unterliegen je nach Sektor verschiedenen Einflussfaktoren, welche die künftige Entwicklung der Grundversorgungspolitik prägen.

Von Bedeutung für alle Sektoren sind insbesondere: ­

Technologische Entwicklung: Der technologische Fortschritt führt zur Existenz neuer Dienstleistungen und ermöglicht, traditionelle Dienstleistungen auf neue Weise zu erbringen (z.B. elektronischer Postverkehr, telefonieren über das Internet, Radio und Fernsehen via Internet usw.)

­

Gesellschaftliche Veränderungen: Gesellschaftliche Veränderungen bewirken, dass sich die Bedürfnisse hinsichtlich Ausmass und Leistungen der Grundversorgung verändern.

­

Finanzen der öffentlichen Hand: Menge und Qualität der Grundversorgung können massgeblich von der Finanzkraft der öffentlichen Hand abhängen.

­

Marktöffnungen: Die weltweite Liberalisierung und Globalisierung setzt die bisher weitgehend geschützten inländischen Märkte dem Wettbewerb aus.

Dies führt tendenziell zu mehr Kostendruck, was die bisherigen Quersubventionierungen erschwert. Hingegen zielen Marktöffnungen auch auf ein besseres Preis/Leistungsverhältnis.

4613

Für die Sicherstellung einer flächendeckenden und effizienten Grundversorgung muss die Grundversorgungspolitik diese Einflussfaktoren rechtzeitig aufgreifen und mit geeigneten Massnahmen auf die neuen Bedingungen reagieren. Die Grundversorgung muss sich laufend verändern, um auch in Zukunft bedürfnisgerecht und leistungsfähig zu bleiben. Die dynamischen Entwicklungen in den Infrastruktursektoren verlangen nach klaren Eckwerten für die künftige Grundversorgungspolitik. In diesem Kapitel werden zuerst die wesentlichen Herausforderungen für die einzelnen Sektoren der Grundversorgung aufgrund der wichtigsten Einflussfaktoren geschildert und darauf die weitere Stossrichtung des Bundesrates zur Sicherstellung einer flächendeckenden und effizienten Grundversorgung in der Infrastruktur für die Zukunft dargestellt.

5.1

Postalische Grundversorgung

5.1.1

Herausforderungen

Der Postsektor befindet sich europaweit in einem raschen Wandel und steht vor grossen Herausforderungen: Technologische Entwicklung Neue Technologien führen zur Substitution zum Beispiel im Bereich der Briefpost (E-Mail, SMS). Sie ermöglichen aber auch neue Anwendungen zum Beispiel im Zahlungsverkehr (E-billing, elektronische Kontenführung) und lassen Produktinnovationen zu. Die klassischen Abgrenzungen des Postsektors verwischen sich, Logistik- und Finanzdienstleistungen erhalten eine immer grössere Bedeutung. Die technologische Entwicklung ermöglicht Produktivitätssteigerungen. Die eingetretenen Marktanteilsverluste erhöhen den Druck auf die Personalkosten.

Marktentwicklung Aufgrund der Marktentwicklungen entstehen internationale Post- und Logistikkonzerne, die sich besser auf die Bedürfnisse der Geschäftskunden ausrichten können.

Geschäftskunden gewinnen auch für das Gedeihen der Schweizerischen Post an Bedeutung, da sie über 80 % des Umsatzes generieren. Die Briefmärkte in den Ländern Europas mit dichter Internet- und Mobiltelefondichte sind schrumpfend.

Dies ist auch in der Schweiz der Fall. Viele der betroffenen Postgesellschaften haben internationale Wachstumsstrategien entwickelt, um die verlorenen Volumina zu kompensieren.

Konsolidierung der Postunternehmen in Europa Die Konsolidierung der Postunternehmen in Europa hin zu internationalen Post- und Logistikkonzernen setzt mittlere und kleinere Postunternehmen bezüglich Selbständigkeit und Wirtschaftlichkeit zunehmend unter Druck. Selbst für mittelgrosse Unternehmen wie die Schweizerische Post gibt es keine Garantie für eine dauerhafte Weiterexistenz als selbständiges und unabhängiges Unternehmen.

Entwicklung der Kundenbedürfnisse Die Veränderung der Kundenbedürfnisse und das sich verändernde Kundenverhalten verlangen flexiblere und individuellere Angebote der Postunternehmen.

4614

Marktöffnung in der EU Weitere Öffnungen der Postmärkte in der EU stehen an: Seit 1. Januar 2003 liegt die Gewichtslimite neu bei 100 g, ab 2006 bei 50 g, und allenfalls erfolgt die vollständige Öffnung der Briefpost per 2009. Eine im Auftrag der EU durchgeführte Studie zur Umsetzung der ersten europäischen Postrichtlinie vom November 2002 untersuchte die Auswirkungen der Liberalisierung auf den Arbeitsmarkt im Postbereich.

Wenig überraschend zeigte sich, dass in der EU zwischen 1995 und 2000 die Zahl der Arbeitsplätze bei den Grundversorgungsanbietern leicht rückläufig war, während die privaten Anbieter eine markante Zunahme an Arbeitsplätzen verzeichneten.

Insgesamt ergab sich ein Arbeitsplatzwachstum von knapp 5 %. Gestützt auf die revidierte Postverordnung werden für die Schweiz erstmals im Jahr 2005 gesicherte Zahlen zur Beschäftigung im schweizerischen Postsektor vorliegen.

Politisch-unternehmerisches Spannungsfeld Die schweizerische Postpolitik ist in den vergangenen Jahren immer wieder Gegenstand heftiger Kontroversen gewesen. An den Bundesrat und an die Post als Erbringerin der postalischen Grundversorgung wurden teilweise divergierende Forderungen gestellt. Die politischen Vorgaben tendieren dazu, sich nicht nur auf Vorgaben zur Sicherstellung des Universaldienstes zu beschränken, sondern auch arbeitsmarktpolitische oder regionalpolitische Forderungen aufzunehmen.

Finanzen der öffentlichen Hand Der Druck auf die Bundesfinanzen führt tendenziell zu einer Verschärfung der Forderung nach Eigenwirtschaftlichkeit der Post auch im Bereich des Universaldienstes.

Dies geschieht in einer Phase, in der die Verkehrsmengen im postalischen Kerngeschäft (Briefpost) durch Substitution abnehmen.

5.1.2

Leitlinien der künftigen Grundversorgungspolitik

Mit ihren Beschlüssen im Rahmen der Gesamtschau Post haben Bundesrat und Parlament die Leitlinien zum Postwesen und zur Sicherstellung der postalischen Grundversorgung festgesetzt: ­

Der Bundesrat sorgt auf der Grundlage des Postgesetzes von 1997 für einen flächendeckenden, frei zugänglichen und qualitativ guten Universaldienst mit Post- und Zahlungsverkehrsdienstleistungen zu angemessenen Preisen.

­

Zur Sicherstellung eines flächendeckenden, frei zugänglichen und qualitativ guten Universaldienstes betreibt die Post landesweit ein flächendeckendes Poststellennetz und passt ihre Universaldienste laufend den Kundenbedürfnissen und der technologischen Entwicklung an. Der Bundesrat wird die Qualität des Universaldienstes (reservierter und nicht reservierter Bereich) sowie die Zufriedenheit der Kundinnen und Kunden mit dem Zugang zum Universaldienst jährlich durch eine unabhängige Stelle evaluieren lassen.

­

Zur Sicherstellung eines effizienten und preislich angemessenen Universaldienstes sorgt der Bundesrat dafür, dass die Post die Universaldienste zugunsten der Bevölkerung und der Wirtschaft nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen erbringt und Rationalisierungspotenziale ausschöpft.

4615

­

Der Bundesrat wird die Öffnung des Postmarktes kontrollieren. Er hat dazu das Konzessionswesen eingeführt. Der Paketmarkt ist ab dem Jahr 2004 vollständig geöffnet, und die Monopolgrenze für Briefe soll auf das Jahr 2006 auf 100 Gramm gesenkt werden. Dieser zweite Schritt wird vollzogen, sobald die Auswirkungen der Marktöffnung evaluiert sind und sofern die Finanzierung der Grundversorgung sichergestellt ist. Zeitgleich mit der Öffnung des Schweizer Paketmarktes schaffte der Bundesrat die Rechtsgrundlagen für die Einführung einer Konzessionspflicht gemäss Artikel 6 PG.

Ausserdem wird er die Erfahrungen mit der schrittweisen Marktöffnung und deren Auswirkungen auf die Qualität des Universaldienstes, die Regionen und die Arbeitsplätze auswerten und im Hinblick auf allfällige weitere Öffnungsschritte dem Parlament unter Berücksichtigung der Entwicklung in der EU die nötigen Anträge unterbreiten.

­

Die Finanzierung des Universaldienstes erfolgt auf der Grundlage des geltenden Postgesetzes nach folgenden Grundsätzen: a. Die Post passt ihre Infrastrukturen (namentlich Verteilzentren und Logistik) laufend veränderten Bedürfnissen an und sorgt damit für eine eigenwirtschaftliche, rationale und effiziente Betriebsführung.

b. Die Erträge aus dem reservierten und dem nicht reservierten Bereich dienen der Finanzierung des flächendeckenden Universaldienstes und des hierfür erforderlichen flächendeckenden Poststellennetzes.

c. Die Post erschliesst im Rahmen des geltenden Postgesetzes und unter Wahrung der Wettbewerbsneutralität neue Geschäftsfelder zur Finanzierung des Universaldienstes und des hierfür erforderlichen flächendeckenden Poststellennetzes.

d. Der Bundesrat wird, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind, zur Finanzierung des Universaldienstes Gebühren auf den Umsätzen privater Anbieter von konzessionierten, nicht reservierten Postdiensten erheben.

Sollte es sich abzeichnen, dass die Kosten des Universaldienstes (einschliesslich des Poststellennetzes) mit den genannten Finanzierungsinstrumenten nicht gedeckt werden können, so unterbreitet der Bundesrat dem Parlament eine Vorlage zur Abgeltung gemeinwirtschaftlicher Leistungen der Post.

­

Konzessionierte private Anbieter sind seit dem 1. Januar 2004 gesetzlich verpflichtet, branchenübliche Arbeitsbedingungen zu garantieren. Das Parlament wählte dazu eine Formulierung, wie sie bereits im Fernmeldegesetz steht.

­

Die Regulation des Postmarktes wurde per 2004 verstärkt und neu ausgestaltet. Mit einer schlanken Regulationsinstanz soll künftig die Grundversorgung mit postalischen Leistungen beaufsichtigt und der Postmarkt reguliert werden.

­

Das Parlament hat die nötigen Rechtsgrundlagen für eine Rekapitalisierung der Post gutgeheissen. Der Bund erhält damit die Möglichkeit, der Post die aufgrund der erstmaligen Bewertung ihrer Vorsorgeverpflichtungen nötigen Rückstellungen zu finanzieren. Der Bundesrat bestimmt die Modalitäten, den Zeitpunkt und den Umfang der Rekapitalisierung, sobald die Auswirkungen der geplanten Teilrevision des PKB-Gesetzes auf den Rückstel-

4616

lungsbedarf verlässlich beziffert werden können. Eine allenfalls notwendige Rekapitalisierung wird er dem Parlament im Rahmen des Budgetverfahrens unterbreiten.

Im Zuge der erwähnten Evaluation wird der Bundesrat ebenfalls die vorliegenden Leitlinien prüfen sowie die Marktentwicklung in der Schweiz und in der EU analysieren. Gestützt auf diese Evaluation wird der Bundesrat gegebenenfalls dem Parlament Vorschläge zur Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen des schweizerischen Postwesens unterbreiten.

5.2

Telekommunikation

5.2.1

Herausforderungen

Die Grundversorgung in der Telekommunikation hat sich bewährt. Swisscom Fixnet AG ist bis zum 31. Dezember 2007 Konzessionsinhaberin. Die nächste Konzession sollte von der Kommunikationskommission (ComCom) spätestens bis zum 30. Juni 2007 erteilt werden. Selbst wenn das eingeführte System der Grundversorgung gut funktioniert, ist die weitere Entwicklung aufmerksam zu verfolgen. Der Inhalt der Grundversorgung und die Art, wie sie in Zukunft sichergestellt werden soll, können sich im zeitlichen Verlauf verändern. Daher sind die wichtigsten Einflussfaktoren für die künftige Entwicklung der Grundversorgung im Auge zu behalten: Technologische Entwicklung Der technologische Fortschritt spielt im Fernmeldebereich eine besonders wichtige Rolle. Erstens steht dadurch eine grössere Auswahl an Zugangsmöglichkeiten zu einem gegebenen Dienst zur Verfügung. So gibt es heute verschiedene Varianten für den Internetanschluss über einen analogen oder digitalen Festnetzanschluss, einen Fernsehanschluss, ein Mobiltelefon usw. Zweitens bietet der technologische Fortschritt andere Möglichkeiten, um ein vorhandenes Bedürfnis zu befriedigen. So verschicken Hörgeschädigte immer mehr Textnachrichten (SMS), da dies ein praktischeres und vertraulicheres Kommunikationsmittel als der Transkriptionsdienst ist.

Drittens schafft und verbreitet technologischer Fortschritt neue Bedürfnisse. Ein Beispiel dafür ist das Herunterladen von Filmen, das durch Anschlusstechnologien mit hohen Übertragungskapazitäten ermöglicht wird.

Entwicklung der Kundenbedürfnisse Neue Angebote und tiefe Preise ändern das Konsumverhalten von Bevölkerung und Wirtschaft. Beispiele für bedeutende gesellschaftliche Entwicklungen in den letzten Jahren sind die allgemeine Verbreitung der Mobiltelefonie und der Internetnutzung.

Marktöffnung in der EU Die Marktöffnung in der EU hat die weitere Liberalisierung in der Schweiz beschleunigt. Vor allem durch die Öffnung der letzten Meile und durch die Stärkung der Regulierungsbehörde hat die EU einen grossen Einfluss auf die künftige Entwicklung in der Schweiz.

4617

5.2.2

Leitlinien der künftigen Grundversorgungspolitik

Aus heutiger Sicht und unter Berücksichtigung der absehbaren Entwicklungen im Telekomsektor besteht keine Notwendigkeit, zusätzliche Massnahmen zur Sicherstellung der Grundversorgung für die Zukunft zu ergreifen. Die Elemente, welche eine flächendeckende und effiziente Grundversorgung gewährleisten, sind ausreichend geregelt und haben sich in der Praxis bewährt: ­

die Rechtsgrundlagen sind vorhanden,

­

die Ziele der Grundversorgung sind definiert,

­

die Rollenteilung zwischen den Akteuren ist klar geregelt,

­

die Grundversorgungsdienste sind identifiziert und genau beschrieben,

­

die Mechanismen für die Anpassung des Umfangs der Grundversorgung bestehen,

­

die Angebotsbedingungen (Preise und Qualität) sind klar festgelegt,

­

der Mechanismus für die Erteilung der Grundversorgungskonzession besteht,

­

die Finanzierungsmodalitäten sind geregelt.

Das Fernmeldegesetz wird gegenwärtig überarbeitet. Der Bundesrat will mit der Revision im Wesentlichen die bereits auf dem Verordnungsweg eingeführte Entbündelung des Teilnehmeranschlusses auf der letzten Meile auf Gesetzesstufe regeln, das Fernmelderecht an die EU-Normen anpassen sowie den Daten- und Konsumentenschutz verstärken. Mit der Revision wird das System der Grundversorgung keine wesentlichen Veränderungen erfahren. Die wichtigste Neuerung besteht darin, dass die ComCom die Erbringung der verschiedenen Grundversorgungsdienste auf mehrere Konzessionärinnen verteilen kann, was den Wettbewerb bei den öffentlichen Ausschreibungen verstärken sollte. Zudem wird die ComCom die Möglichkeit haben, keine öffentliche Ausschreibung durchzuführen, sondern von Amtes wegen eine oder mehrere Anbieterinnen mit der Gewährleistung der Grundversorgung zu beauftragen, falls sich herausstellt, dass bei der Ausschreibung kein Wettbewerb entsteht. Über die derzeitige Revision des Fernmeldegesetzes hinaus besteht im Moment kein weiterer Handlungsbedarf Für die langfristige Sicherstellung der Grundversorgung sind folgende Leitlinien zu berücksichtigen: ­

Aufgrund der Internationalisierung der Wirtschaft ist die Schweizer Regelung soweit angebracht mit den ausländischen Regelungen zu harmonisieren.

Heute ist die Grundversorgung mit den Grundsätzen im EU-Recht kompatibel. Dennoch sind die internationalen Entwicklungen aufmerksam zu verfolgen.

­

Es sind Rahmenbedingungen zu schaffen, welche den Wettbewerb fördern.

Mit der Öffnung der Teilnehmeranschlüsse (letzte Meile) hat sich der Bundesrat für eine Verstärkung des Wettbewerbs ausgesprochen. Dadurch können Fernmeldediensteanbieterinnen eine direkte Beziehung zu ihrer Kundschaft aufbauen und das Dienstleistungsangebot inklusive der Preise frei bestimmen.

4618

­

Die Grundversorgung ist weiterzuentwickeln, indem ihr Umfang regelmässig und nach gründlicher Prüfung an die sich verändernden Bedürfnisse angepasst wird. Dieser Prozess kann sowohl zur Aufnahme neuer Dienste wie auch zum Verzicht auf überholte Dienste führen.

­

Die Finanzierung der Grundversorgung ist langfristig sicherzustellen, indem die Kosten und damit der Leistungskatalog der Grundversorgung erschwinglich bleiben und indem mehr Kostentransparenz angestrebt wird.

­

Die Folgen der Entbündelung der letzten Meile auf die Grundversorgung müssen regelmässig analysiert werden.

5.3

Elektronische Medien (Radio und Fernsehen)

5.3.1

Herausforderungen

Seit Inkrafttreten des Radio- und Fernsehgesetzes im Jahre 1991 haben sich erhebliche technologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen eingestellt bzw. verstärkt. Die bedeutendsten Einflussfaktoren sind: Beschränkte Finanzierungsressourcen Im Vergleich mit den meisten anderen europäischen Staaten ist die Schweiz ein kleines Land mit beschränkten Ressourcen, welche für die Finanzierung der Grundversorgung zur Verfügung stehen. Vor dem Hintergrund hoher Fixkosten ist der Aufwand für die Herstellung eines Radio- oder Fernsehprogramms grundsätzlich nicht abhängig von der Grösse seines Verbreitungsgebiets. Sehr wohl abhängig vom Verbreitungsgebiet ist hingegen der kommerzielle Ertrag eines Programms aus Werbung und Sponsoring. Die relativ geringe Bevölkerungszahl beschränkt auch das Ausmass einer öffentlichen Finanzierung der Grundversorgung, sei es aus Steuergeld oder wie im Fall der Schweiz aus zwangsweise erhobenen Empfangsgebühren. Im europäischen Vergleich ist die Empfangsgebühr in der Schweiz heute sehr hoch.

Mehrsprachigkeit erhöht Aufwand Dass sich die Mehrsprachigkeit der Schweiz auch in der Grundversorgung des Rundfunks spiegeln muss, ist unbestritten. Der Anspruch von gleichwertigen Programmangeboten für alle Sprachregionen des Landes und die Tatsache, dass Radio und Fernsehprogramme praktisch ausschliesslich in der eigenen Sprache genutzt werden, führen notwendigerweise zu einem hohen Aufwand. Das Angebot muss somit gleichzeitig in dreifacher Ausführung bereitgestellt werden, Synergieeffekte lassen sich dabei kaum erzielen.

Auslandeinfluss schmälert kommerzielle Erträge Dank einer hohen Kabelnetzdichte und des Satellitenempfangs sind zahlreiche Programme aus den gleichsprachigen, wesentlich grösseren Nachbarstaaten Deutschland, Frankreich und Italien in den entsprechenden Sprachregionen der Schweiz gut empfangbar. Diese öffentlich-rechtlichen und privaten Programme verfügen über wesentlich mehr Mittel als schweizerische Veranstalter. Den ausländischen Programmen widmet das Fernsehpublikum in allen Landesteilen mehr als die Hälfte der Fernsehzeit. Kein anderes vergleichbares Land in Europa weist eine 4619

derart hohe Nutzung der Auslandprogramme auf. Direkt in Konkurrenz um Werbeaufträge treten die ausländischen Privatprogramme mit ihren Werbefenstern für die Schweiz. Auf diese Werbefenster in der deutschen und französischen Schweiz entfällt heute ein Drittel des Brutto-Werbeaufwands im Fernsehen. Umgekehrt vermögen schweizerische Programme kaum Aufmerksamkeit beim Publikum im Ausland zu erregen.

Wirtschaftliches Handeln verdrängt publizistische Ziele Die Liberalisierung des elektronischen Mediensystems und die vermehrte Zulassung privater Veranstalter haben dazu geführt, dass wirtschaftliche Faktoren entscheidend an Bedeutung gewannen. Die Veranstaltung von Fernseh-Vollprogrammen ist trotz einer teilweisen Verbilligung der technischen Produktions- und Verbreitungsmittel mit steigendem Investitions- und Betriebsaufwand verbunden. Dafür verantwortlich sind neben den erhöhten Ansprüchen des Publikums an professionell gemachte Programme die explodierenden Kosten für Film- und Sportrechte. Diese hohen Fixkosten zwingen die Veranstalter dazu, ihre Programme an ein Mehrheitspublikum in grossen Märkten zu richten, um auf diesem Weg betriebswirtschaftlich sinnvolle Skaleneffekte zu erreichen. Unter Druck geraten dadurch insbesondere Sendungen, welche hohe Produktionskosten verursachen und sich an ein Minderheitspublikum richten. Auch solche Sendungen zählen in einem gewissen Umfang zumKernbereich der Grundversorgung.

Technologische Entwicklung Obwohl in der öffentlichen Diskussion eher im Hintergrund, stellen die technologischen Entwicklungen die bisherigen Regulierungsgrundsätze und damit die Sicherstellung der Grundversorgung im Rundfunk wohl am meisten in Frage. Charakterisiert wird diese Entwicklung durch die Digitalisierung und das darauf beruhende Phänomen der Konvergenz. Dieser Begriff bezeichnet die zunehmende Verschmelzung der vormals getrennten Bereiche Rundfunk und Telekommunikation. Indem bei der digitalen Verbreitung Rundfunkprogramme und Fernmeldedienste auf denselben Frequenzen verbreitet werden können, geraten Programmveranstalter in Konkurrenz um Verbreitungsplätze mit international tätigen Anbietern von teils hoch kommerziellen Fernmeldediensten. Am wenigsten konkurrenzfähig sind dabei naturgemäss die Veranstalter von kleinen, lokal begrenzten Programmen sowie von Grundversorgungs-Programmen, die ihre Angebote nicht nur auf Massenattraktivität ausrichten.

5.3.2

Leitlinien der künftigen Grundversorgungspolitik

Der Bundesrat hat seine Vorstellungen von der künftigen Gestaltung des Rundfunks in der Schweiz in der Botschaft zur Totalrevision des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen vom 18. Dezember 2002 präsentiert. Im Zusammenhang mit der Grundversorgung enthält der Gesetzesentwurf insbesondere folgende wichtige Leitlinien: ­

4620

Im Zentrum der neuen Rundfunkregulierung steht die Sicherung einer starken und eigenständigen Grundversorgung, die in erster Linie von der SRG erbracht wird. Die Grundversorgung soll in allen Sprachregionen gleichwertige Programme anbieten, inhaltlich umfassend sein, geographisch flächen-

deckend empfangen werden und sich in der Schweiz gegen internationale Konkurrenz behaupten können. Der Leistungsauftrag der SRG beschränkt sich wegen der Konzentration der Mittel auf die national-sprachregionale Versorgung.

­

Eine reine Marktfinanzierung der Grundversorgung ist wegen den herrschenden Bedingungen auf dem Rundfunkmarkt nicht geeignet und eine Finanzierung über das Bundesbudget könnte die Unabhängigkeit der Grundversorgungsanbieter gefährden. Um die verfassungsmässigen Ziele in diesem Bereich zu erreichen, ist deshalb die Finanzierung über Empfangsgebühren weiterzuführen. Der Hauptanteil des Gebührenertrags kommt nach wie vor der SRG zu, welche sich daneben zu einem kleineren Teil aus kommerziellen Erträgen (Werbung und Sponsoring) finanziert.

­

Mit der Ausrichtung von Gebührenanteilen an lokal-regionale Radio- und Fernsehprogramme, die bestimmte programmliche Leistungen für die Regionen erbringen, wird dem Bedürfnis nach einer regionalen Versorgung mit Service-public-Programmen Rechnung getragen.

­

Das neue Gesetz soll für eine Balance zwischen der SRG und den privaten Veranstaltern sorgen, damit den kommerziellen Programmanbietern ein Entfaltungsspielraum im Markt verbleibt. Dazu gehört namentlich eine Werbeordnung, die zugunsten der privaten Veranstalter moderat asymmetrisch ausgestaltet ist, die SRG also stärker einschränkt als die Privaten.

5.4

Öffentlicher Verkehr

5.4.1

Herausforderungen

Wachstum der Verkehrsströme Die Prognosen für die Schweiz gehen bis 2020 bezogen auf Strasse und Schiene von einem weiteren Wachstum der Personenkilometer zwischen +18 % und +48 % aus (alle Zahlen für den Zeitraum 1997­2020; Prognosen werden gegenwärtig neu bearbeitet). Der Güterverkehr soll bei beiden Verkehrsträgern gemessen in Tonnenkilometern zwischen ca. 45 % und 95 % wachsen. Unter der Voraussetzung, dass die vom Volk beschlossenen FinöV­Investitionen fertig gestellt werden, wird das prozentuale Wachstum beim Personenverkehr auf der Schiene deutlich höher liegen als auf der Strasse. Auch beim Güterverkehr soll entsprechend der Verlagerungspolitik das Wachstum auf der Schiene grösser ausfallen. Herausgefordert ist der öffentliche Verkehr durch die weiterhin steigende Attraktivität des Strassen- und Luftverkehrs.

Andererseits wird es beim Strassenverkehr in Zukunft vermehrt zu regelmässigen Kapazitätsengpässen kommen, was die Zuverlässigkeit und die Geschwindigkeit der Strassenbeförderung beeinträchtigen könnte.

Öffnung der Märkte Die EU will den Aufbau eines integrierten europäischen Eisenbahnraums beschleunigen und dazu die Liberalisierung weiter vorantreiben. Vorrangige Themen sind der Güterverkehr, bei dem die EU die in der Schweiz seit 1999 geltende vollständige Marktöffnung bis 2006/2008 umsetzen will, der diskriminierungsfreie Netzzugang und die Standards für die Infrastruktur. Dazu ist im März 2003 das erste EU-Bahnpaket in Kraft getreten. Die Richtlinien regeln die weitere Öffnung des 4621

Marktes bzw. des Netzzugangs im Güterverkehr und die Gewährleistung der Diskriminierungsfreiheit bei der Trassenvergabe. Voraussichtlich 2004 soll ein zweites Bahnpaket verabschiedet werden. Hierbei geht es insbesondere um die Verbesserung der Sicherheit und der Interoperabilität sowie allenfalls um die Beschleunigung der Marktöffnung für den Schienengüterverkehr. Derzeit noch in Diskussion ist ein weiterer Liberalisierungsschritt für den Personenverkehr, in dem es hauptsächlich um die Ausschreibungsregelungen im Regional- und Ortsverkehr, den Marktzugang im internationalen und nationalen Personenverkehr und Grundregeln für Subventionen und Abgeltungen geht.

Wettbewerbsdruck und -anforderungen Die erfolgte und noch zunehmende Marktöffnung wird den Wettbewerbsdruck steigern und die Anforderungen an die Unternehmen erhöhen. Abzusehen ist deshalb eine Konsolidierung der Unternehmensstrukturen. Für die mittelfristige Überlebensfähigkeit im Markt werden eine gewisse Unternehmensgrösse und fokussierte Geschäftsmodelle notwendig sein. Insbesondere kleinere Bahn- und Busunternehmen sind derzeit nur beschränkt für einen Ausschreibungswettbewerb gerüstet. Es liegt deshalb im Interesse der Kunden, aber vor allem auch von Bund und Kantonen, die Marktkonsolidierung in der Branche zu fördern, ohne gleichzeitig Monopole zu schaffen und damit Wettbewerb, Effizienzsteigerung und Innovation zu behindern.

Bisher verzögern jedoch institutionelle und politische Faktoren Effizienz fördernde Kooperationen oder Fusionen.

Finanzen der öffentlichen Hand Die schwierige finanzielle Situation der öffentlichen Haushalte, die Schuldenbremse und Entlastungsprogramme des Bundes bewirken, dass die Beiträge an den öffentlichen Verkehr knapp werden. Angesichts der erwarteten Verkehrsströme und der Kapazitätsengpässe hat deshalb eine in die Zukunft gerichtete Finanzierungspolitik die nachhaltige Entwicklung des öffentlichen Verkehrs abzusichern. Im Zentrum stehen dabei zwingend der Substanzerhalt und die Sicherheit der gebauten Infrastruktur sowie der Betrieb des Regionalverkehrs mittels stabiler und für die Unternehmen kalkulierbarer Rahmenbedingungen. Dies gilt ebenso für die weiteren Realisierungsschritte der FinöV-Projekte. Andernfalls sind die Langlebigkeit der Infrastruktur und die auf eine nachhaltige Entwicklung angelegte
schweizerische Verkehrspolitik in der Substanz gefährdet und die öffentliche Erschliessung der Randregionen in Frage gestellt.

Kundenansprüche und -potenziale Die gestiegene Mobilität und der hohe Komfort von Auto und Flugverkehr führen auch zu veränderten Kundenansprüchen an die Qualität des öffentlichen Verkehrs.

Der Bedarf an flexiblen, «allzeit und allerorts» verfügbaren Verkehrsangeboten ist gestiegen. Dies stellt eine besondere Herausforderung für den öffentlichen Verkehr dar, der von der Bündelung der Verkehre, der Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit und seinem hervorragendem Sicherheitsniveau lebt. Wie im neuen Behindertengesetz verankert, sind die Bedürfnisse behinderter Menschen im öffentlichen Verkehr angemessen zu berücksichtigen. Marktpotenziale hat der öffentliche Verkehr überall dort, wo grössere Verkehrsströme bestehen. Dies dürfte zukünftig noch vermehrt im Agglomerationsverkehr, beim Verkehr zwischen Zentren, beim Freizeitverkehr und im grenzüberschreitenden Bereich der Fall sein.

4622

Technologische Entwicklung Bedeutsam sind hier insbesondere die neue Telematikanwendungen wie Leit- und Sicherungssysteme für die Infrastruktur, die Zugsicherung, ETCS oder Bahnfunk (GSM-R). Zusätzliche Möglichkeiten bestehen überdies bei der Verkehrs- und Kundeninformation sowie beim Ticketing. Im Zusammenhang mit der Grundversorgung relevant sind vor allem der Bilettverkauf, das Tarifwesen und die Kundeninformation.

5.4.2

Leitlinien der künftigen Grundversorgungspolitik

Der Bund will sich in den nächsten Jahren an folgenden übergeordneten Leitlinien für die Grundversorgungspolitik im öffentlichen Verkehr orientieren.

Grundversorgung gewährleisten Ziel ist es, weiterhin alle Regionen und Bevölkerungsschichten mit einer Grundausstattung der «Dienstleistung öffentlicher Verkehr» zu angemessenen Preisen zu bedienen und die Grundversorgung sicher und auf einem guten qualitativen Niveau im bisherigen Ausmass zu gewährleisten. Nach der Ablehnung des Gegenvorschlags zu Avanti wird abgeklärt, wie die unbestrittenen Probleme im Agglomerationsverkehr gelöst werden können. Darauf basierend wird allenfalls eine neue Vorlage ausgearbeitet.

Finanzierung der Infrastruktur und des Regionalverkehrs langfristig sichern Die Finanzierung der Infrastruktur ­ und zwar die Substanzerhaltung, der Betrieb und die Netzausbauten ­ wird auch in Zukunft weitgehend durch den Bund finanziert werden müssen. Via Leistungsvereinbarungen, die in Zukunft mit allen Unternehmen abgeschlossen werden sollen, hat der Bund sicherzustellen, dass kontinuierlich Produktivitätsfortschritte erzielt werden. Für den Substanzerhalt, die Sicherheit, den Betrieb des bestehenden Netzes und die zukünftigen Netzausbauten ist eine angesichts der langen Investitionsplanung berechenbare Finanzierungsperspektive auszugestalten. Dabei sind auch die Folgekosten der Infrastruktur sowie diejenigen des zukünftigen Bahnbetriebes in die Beurteilung einzubeziehen. Bei der Priorisierung der Netzausbauten ist der zukünftige Nutzen der Investition für das Gesamtsystem das ausschlaggebende Kriterium.

Auch beim Regionalverkehr wird es für die Grundversorgung weiterhin ein starkes finanzielles Engagement des Bundes brauchen. Das bewährte Instrument der Bestellungen und der Abgeltung der resultierenden ungedeckten Kosten durch die öffentliche Hand ist weiterzuführen und wo nötig zu verfeinern (Bahnreform 2). Auch hier müssen klare, berechenbare finanzielle Perspektiven geschaffen werden. Falls das bisherige Finanzierungsniveau nicht gehalten oder ausgebaut werden kann, muss die Art und Weise der Kürzung (flächendeckend, in bestimmten Regionen oder bei bestimmten Angeboten) benannt werden. Gezielt und vermehrt einzusetzen ist die bereits heute bestehende Möglichkeit, bestimmte regionale Liniennetze im Wettbewerb auszuschreiben.

4623

Effizienz und Kosten-Nutzen-Verhältnis für die öffentliche Hand verbessern Der Bund will die Effizienz im öffentlichen Verkehr weiter steigern und das KostenNutzen-Verhältnis für die öffentliche Hand verbessern. Pro eingesetztem Steuerfranken soll in der Infrastruktur und beim Regionalverkehr kontinuierlich mehr Leistung und Qualität resultieren. Damit soll auch die Wettbewerbsposition der Schiene gegenüber der Strasse verbessert werden. Dies gelingt nur dann, wenn die Unternehmen Spielräume haben, um unternehmerisch handeln zu können, und wenn sie ihre Effizienz weiter erhöhen. Der verstärkte Wettbewerb kann hierfür ein Instrument sein.

Beschleunigte Konsolidierung der Bahnlandschaft im regionalen Personenverkehr Die SBB AG als grösste Leistungserbringerin im Schienenverkehr (gut 80 % der Personenkilometer) wird auch zukünftig die zentrale Rolle bei der Erfüllung des Grundversorgungsauftrages spielen, insbesondere beim Fernverkehr, den sie ohne Abgeltungen der öffentlichen Hand erbringt. Die SBB AG ist eine spezialgesetzliche Aktiengesellschaft und zu 100 % im Besitz des Bundes. Darüber hinaus ist der Bund an rund 40 weiteren Bahn- und Busgesellschaften in unterschiedlichem Ausmass beteiligt (der grösste Teil der Beteiligungen streut zwischen 20 % und 40 %). Angesichts der zunehmenden Marktöffnung im Regionalverkehr, der steigenden Anforderungen an die Unternehmen und des Ziels, die Effizienz und das Leistungs-/ Kostenverhältnis für die öffentliche Hand zu verbessern, wird der Bund sein (Mit-) Eigentum zugunsten einer beschleunigten Konsolidierung der schweizerischen Bahn- und Buslandschaft einsetzen. Selbstverständlich ist dabei eine enge Abstimmung mit den Kantonen erforderlich. Anzustreben sind konsolidierte Unternehmen, die bezüglich Kompetenzen, Geschäftsmodell und Organisations- und Finanzstrukturen für den Ausschreibungswettbewerb gerüstet sind. Mit der Bahnreform 2, die im Jahr 2004 dem Parlament zur Beratung übermittelt wird, sollen die bestehenden gesetzlichen Grundlagen für Ausschreibungen im Regionalverkehr präzisiert und einzelne Regelungen zum diskriminierungsfreien Netzzugang angepasst werden.

5.5

Strassen

5.5.1

Herausforderungen

Der Strassenbereich steht im Bereich der Grundversorgung vor folgenden wichtigen Herausforderungen: Der neue Finanzausgleich Die bisherige föderalistische Aufgabenteilung im Strassenwesen genügt den zukünftigen Anforderungen nicht mehr und muss grundlegend geändert werden. Der Bundesrat hat im Rahmen des neuen Finanzausgleichs dem Parlament konkrete Änderungen beantragt, die in den nächsten Jahren umgesetzt werden müssen.

Technologische Entwicklung Der technologische Fortschritt ist vor allem für die Verkehrstelematik von grosser Bedeutung, wo rasante Fortschritte erzielt wurden und weitere zu erwarten sind.

4624

Finanzen der öffentlichen Hand Die Finanzknappheit der öffentlichen Hand führt immer wieder zum Hinausschieben von Bauprojekten.

Weitere Verkehrszunahme Der Verkehr auf den Schweizer Strassen hat in den vergangenen Jahrzehnten sehr stark zugenommen. Der Personenverkehr hat sich von 1960­1998 um den Wachstumsfaktor 4.4 vervielfacht, die Güterverkehrsleistung auf der Strasse im gleichen Zeitraum sogar um den Faktor 9. In den Szenarien über die zukünftige Entwicklung des Verkehrs werden starke Verlagerungsimpulse vom motorisierten Individualverkehr hin zum öffentlichen Verkehr und zum Langsamverkehr erwartet. Trotzdem ist ein weiteres starkes Wachstum des Strassenverkehrs absehbar. Die Bewältigung dieses Verkehrs verlangt grosse Anstrengungen, weil die Kapazitäten nicht mehr ausreichen und damit negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit, Wirtschaft und Gesellschaft absehbar sind. Verschiedene Agglomerationen und wichtige Verkehrsbeziehungen würden ohne Massnahmen gegen die Verknappung des Angebotes ungenügende Verkehrsqualitäten erhalten. Im Gegenvorschlag des Bundesrates zur AVANTI-Intitiative sind die Problemstrecken und die Gegenmassnahmen, aufgeteilt nach drei Prioritäten, dargestellt.

Substanzerhaltung Strassen Um die Gebrauchstauglichkeit und Verfügbarkeit insbesondere der Nationalstrassen aufrechterhalten zu können, müssen in Anbetracht des zunehmenden Alters und der wachsenden Länge des Netzes sowie der grösser werdenden Verkehrsbelastung genügend Mittel zur Verfügung gestellt werden.

Verbesserung der Sicherheit im Strassenverkehr Die Zahl der getöteten und schwer verletzten Unfallopfer im Strassenverkehr ist weiterhin hoch. Eine markante Verbesserung der Sicherheit im Strassenverkehr ist nicht mehr mit einzelnen Massnahmen zu erreichen, sondern nur mit einer umfassenden Strassenverkehrspolitik Der neue Finanzausgleich sieht für den Bereich Strasse wesentliche Neuerungen vor: a.

Nationalstrassen Bau, Unterhalt und Betrieb der Nationalstrassen sind heute Verbundaufgaben von Bund und Kantonen. Die Kompetenzen der beiden Gemeinwesen ­ von der Planung über Projektierung, Bau und Unterhalt bis zur Nutzung ­ sind im Bundesgesetz und in der Verordnung über die Nationalstrassen festgeschrieben. Für die Finanzierung ist das Bundesgesetz über die Verwendung der zweckgebundenen Treibstoffsteuer (MinVG) massgebend. Der Bundesanteil zur Finanzierung der einzelnen Teilaufgaben ist abgestuft, je nach der Belastung der Kantone durch die Nationalstrassen, ihrem Interesse an diesen Strassen und ihrer Finanzkraft. Die neue Lösung sieht folgendermassen aus: ­ Der Bau bleibt im Hinblick auf den fortgeschrittenen Stand eine Gemeinschaftsaufgabe. Das gilt für die Fertigstellung des beschlossenen Netzes.

4625

­

­

b.

Der Ausbau am beschlossenen Netz sowie die Erweiterung des Netzes durch Aufnahme neuer Strecken gehen vollständig auf den Bund über, und zwar sowohl für die Finanzierung wie auch für die Aufgabenerfüllung.

Unterhalt und Betrieb der Nationalstrassen werden ebenfalls eine integrale Zuständigkeit des Bundes, d.h. der Bund finanziert diese Teilaufgaben zu 100 Prozent und er übernimmt die Ausführungskompetenz. Er kann diese selbst wahrnehmen oder auf Dritte übertragen, wobei sowohl staatliche, gemischte oder private Trägerschaften möglich sind.

Hauptstrassen Ausgewählte Kantonsstrassen bilden ein Netz von nationaler und zum Teil internationaler Bedeutung. Die Mittelzuteilung erfolgt in Mehrjahresprogrammen, wobei für jedes einzelne Projekt im Stadium der Baureife eine finanzielle Zusicherung notwendig ist. Die Subventionierung dieser Verbundlösung beschränkt sich auf Neu- und Ausbauten; Unterhalt und Betrieb sind Sache der Kantone. Die Subventionssätze sind abgestuft nach dem Interesse der Kantone, der Finanzkraft, den Strassenlasten sowie den Kosten des Bauvorhabens. Die neue Lösung will eine Teilentflechtung einführen: Kantonszuständigkeit für normale Bauvorhaben, Aufgabenverbund für Grossprojekte.

­ Normale Bauvorhaben: Die Aufgabe wird den Kantonen übertragen.

Diese erhalten die erforderlichen Mittel in Form von Globalbeiträgen, die nach einem gewichteten, strukturellen Indikator «Hauptstrassenlängen» bemessen werden.

­ Grossprojekte: Darunter werden schwer finanzierbare Einzelprojekte verstanden, welche die Kantone mit den ihnen global zugeteilten Mitteln nicht realisieren könnten. Grossprojekte bleiben daher eine Verbundaufgabe. Die Mittelsteuerung erfolgt durch den Bund anhand von Programmen.

Im Rahmen der Vertiefungsarbeiten wurden verschiedene Lösungsansätze geprüft und schliesslich ein an sich gangbares Modell entwickelt. Dieses weist indessen grosse Schwächen auf, so dass die Idee der schwer finanzierbaren Einzelprojekte verlassen wurde. Das Problem wirklicher Grossprojekte soll jetzt im Rahmen der Sachplanung (Netzgestaltung) angegangen werden.

Das Projekt NFA-Strasse befasst sich mit allen Aufgaben, die mit den Mitteln der zweckgebundenen Treibstoffsteuern, des Zuschlags zur Treibstoffsteuer und der Autobahnvignette finanziert werden. Das MinVG bildet dafür die gesetzliche Grundlage. Zum Projekt gehören folgende Aufgaben: ­ Bau, Unterhalt und Betrieb der Nationalstrassen ­ Neu- und Ausbau von Hauptstrassen ­ Aufhebung von Niveauübergängen sowie andere Verkehrstrennungsmassnahmen ­ strassenverkehrsbedingte Umwelt- und Landschaftsschutzmassnahmen ­ Schutzbauten gegen Naturgewalten längs Strassen ­ nicht werkgebundene Beiträge.

4626

5.5.2

Leitlinien der künftigen Grundversorgungspolitik

Im Bereich Strassen lauten die Leitlinien der künftigen Grundversorgungspolitik wie folgt: ­

Der neue Finanzausgleich zwischen Bund und Kantonen hat in Bezug auf die National- und Hauptstrassen eine Neuregelung der Aufgabenteilung zum Ziel. Mit einer Kompetenzverschiebung soll eine Entflechtung und somit eine effizientere Aufgabenteilung und Finanzierung zwischen Bund und Kantonen erreicht werden. Der Bericht NFA-Strasse als Teil des gesamten NFA-Paketes wird im Jahr 2004 in die Vernehmlassung gehen und anschliessend findet eine Volksabstimmung statt. Mit einer Inkraftsetzung der neuen Lösung ist nicht vor dem Jahr 2007 zu rechnen.

­

Der Sachplan Verkehr (Strasse) definiert mit funktionalen Kriterien ein neues Bundesstrassennetz, das sich aus einem Grund- und einem Ergänzungsnetz zusammensetzen soll. Die funktionalen Kriterien sind die gleichen wie im Sachplan Verkehr (Schiene) und verträglich mit den in der EU für die Bildung des europäischen Strassennetzes TERN verwendeten Kriterien. Die Vernehmlassung 2002­2003 ergab einen weitgehenden Konsens zu diesen Kriterien.

­

Das schweizerische Nationalstrassennetz soll auch in Zukunft funktionsfähig bleiben. Die weitere Zunahme des Strassenverkehrs soll durch Kapazitätsbewirtschaftung, lokale Ausgleichsmassnahmen und durch gezielte Ausbauten gewährleistet werden.

­

Im Bereich der Substanzerhaltung Strassen soll mit der Unterhaltsplanung der Nationalstrassen (UPlaNS) eine langfristige vorsorgliche Instandsetzung der Nationalstrassen erfolgen. Diese berücksichtigt die volkswirtschaftlichen Kosten und ermöglicht die integrale Planung und die zentrale Steuerung.

­

Mit der neuen Strassen-Verkehrssicherheitspolitik soll das Risiko von schweren Unfällen verringert werden, ohne dass die Mobilität eingeschränkt wird. Die langfristig ausgerichtete und das ganze Strassenverkehrssystem (Mensch, Fahrzeug, Strasse und Betrieb) umfassende Politik beruht auf einer neuen Sicherheitsphilosophie. In einem partizipativen Prozess werden bis Ende 2004 Ziele, Strategie und Massnahmen dieser neuen Politik formuliert.

Anschliessend wird ein erstes Verkehrssicherheitsprogramm umzusetzen sein.

­

Die Bedeutung des Langsamverkehrs (Fuss- und Veloverkehr) wird heute noch vielerorts unterschätzt. Rund die Hälfte der zur Deckung der Mobilitätsbedürfnisse notwendigen Weg-Etappen erfolgt durch den Langsamverkehr. Zu Recht bildet somit der Langsamverkehr neben dem öffentlichen Verkehr und dem motorisierten Individualverkehr das dritte Standbein unserer Mobilitäts-Politik. Eine besonders grosse Bedeutung kommt dem Langsamverkehr in den Agglomerationen zu, wäre doch die Bewältigung der Mobilitätsprobleme ohne namhaften Beitrag des Langsamverkehrs dort kaum möglich. Entsprechend hat der Bundesrat diesen Sachverhalt im Rahmen seines Gegenvorschlages zur Avanti-Initiative gewürdigt und die Förderung des Langsamverkehrs im Zusammenhang mit Agglomerationspro-

4627

grammen unterstützt. Nach der Ablehnung des Gegenvorschlags wird gegenwärtig abgeklärt, wie die Probleme des Agglomerationsverkehrs gelöst werden können.

6

Die künftige Grundversorgungspolitik des Bundesrates

6.1

Bilanz der bisherigen Reformen

Die vor einigen Jahren durchgeführten Reformen im Infrastruktursektor haben sich nach Auffassung des Bundesrates bewährt: ­

Die Schweiz verfügt im Infrastrukturbereich nach wie vor über eine flächendeckende und sichere Grundversorgung. Die Qualität der Leistungen ist auch im europäischen Vergleich sehr gut.

­

Die Effizienz der Grundversorgung konnte in den letzten Jahren erheblich verbessert werden. Die Produktivität der öffentlichen Infrastrukturunternehmen wurde gesteigert.

­

Die öffentlichen und gemischtwirtschaftlichen Unternehmungen des Infrastruktursektors sind heute auch im internationalen Vergleich generell gut positioniert, stehen aber vor grossen Herausforderungen. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zum Wirtschaftsstandort Schweiz und zur längerfristigen Sicherung qualifizierter Arbeitsplätze.

Da die technologische und wirtschaftliche Entwicklung weiter geht, sich das Kundenverhalten laufend verändert und der Grad der Marktöffnung in der Schweiz gegenüber dem EU-Raum teilweise zurückliegt (die wechselseitige wirtschaftliche Verflechtung gerade auch bei den infrastrukturgebundenen Dienstleistungen aber zunimmt), sind weitere Reformen im Infrastruktursektor notwendig.

6.2

Generelle Leitlinien für die künftige Grundversorgungspolitik des Bundesrates

Der Bundesrat setzt sich die folgenden sektorübergreifenden Leitlinien für die künftige Grundversorgungspolitik: ­

Bei der Gestaltung der Grundversorgungspolitik kommen ganz bestimmte allgemeine Grundsätze in jedem Infrastruktursektor zur Anwendung (Prinzip der Zugänglichkeit usw., vgl. Kap. 2.1). Diese ermöglichen aber gleichzeitig auch individuelle, sektorspezifische Lösungen.

­

Oberste Zielsetzung ist auch in Zukunft eine flächendeckende, finanzierbare und sichere Grundversorgung in guter Qualität. Mit dieser Grundversorgung leistet der Bund einen Beitrag an die Lebensqualität der Bevölkerung, an die nationale Kohäsion und an die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Schweiz.

­

Die Dienstleistungen der Grundversorgung sollen so effizient wie möglich erbracht werden, was dauernde Verbesserungen der Produktivität voraussetzt. Damit können die Preise und Tarife für die Kundinnen und Kunden

4628

erschwinglich gehalten werden. Überdies können die finanziellen Belastungen des Bundes ­ und damit der Steuerzahler ­ in Grenzen gehalten werden.

­

Grundsätzlich strebt der Bundesrat an, dass die Dienstleistungen der Grundversorgung aus dem jeweiligen Sektor heraus finanziert werden. Im Bedarfsfalle sollen auch diejenigen Unternehmungen, welche keinen Beitrag an die Grundversorgung leisten, zur Finanzierung herangezogen werden. Nur dort, wo die Dienstleistungen nicht vollumfänglich vom Sektor selber finanziert werden können ­ insbesondere im öffentlichen Verkehr ­ sind staatliche Beiträge vorzusehen. Diese sind grundsätzlich nach dem Bestellprinzip auszurichten (Bestellung und Abgeltung gemeinwirtschaftlicher Leistungen).

­

Die Grundversorgung muss dauernd an neue Anforderungen und Bedürfnisse angepasst werden, wenn sie längerfristig ihre Aufgaben erfüllen soll.

Dabei geht es einerseits darum, die Dienstleistungen an veränderte Bedürfnisse der Kunden anzupassen. Andererseits müssen die teilweise rasanten Veränderungen in der Technologie, in der Wirtschaft und auf internationaler Ebene berücksichtigt werden. Eine Grundversorgung, welche einen bestimmten Stand der Dienstleistungen oder der Produktionsweise ein für alle Mal festschreiben will, ist nicht überlebensfähig und gefährdet längerfristig die Qualität der Dienstleistungen und die Sicherheit der Arbeitsplätze.

­

Eine wichtige Rahmenbedingung für die Grundversorgung in der Schweiz sind die Entwicklungen in der Europäischen Union. Auch wenn die Schweiz nicht Mitglied der EU ist, ist sie in den europäischen Binnenmarkt eingebunden und kann sich den wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen in Europa nicht entziehen. Der Bundesrat strebt ­ wo sachlich sinnvoll ­ Kompatibilität mit der EU an, behält sich aber vor, aus wichtigen Gründen von der EU abweichende Regelungen zu treffen.

­

Wettbewerbselemente sind nebst anderen ein wichtiges Instrument, um die Effizienz der Grundversorgung zu verbessern und um die Qualität der Dienstleistungen zu steigern. Der Einsatz von Wettbewerbselementen muss vielmehr im konkreten Einzelfall sorgfältig geprüft werden. Dabei steht immer die Frage im Vordergrund, ob und welche Wettbewerbselemente Effizienz, Qualität und Sicherheit der Dienstleistungen verbessern. Zudem müssen die Rollen des Marktregulators und der Marktteilnehmer funktional getrennt werden.

­

Das Eigentum an den Unternehmungen im Infrastrukturbereich kann öffentlich, gemischtwirtschaftlich oder privat sein. Für jeden Sektor sind die richtigen Lösungen zu finden. Massgebende Kriterien sind dabei die Sicherstellung der Grundversorgung, die Effizienz der Leistungserbringung sowie die volkswirtschaftlichen Interessen der Schweiz.

­

Weitere Reformen im Bereich der Grundversorgung sind zu erwarten. Dabei will der Bundesrat bewusst schrittweise vorgehen. Verschiedene Beispiele im Ausland haben deutlich gezeigt, dass durch unüberlegte und zu hastige Reformschritte die Qualität der Grundversorgung gefährdet werden kann.

Eine verzögerte Öffnung beinhaltet umgekehrt das Risiko, dass im neuen, europaweiten Markt die Positionen schon bezogen sind und die schweizerischen Firmen nicht mehr die kritische Unternehmsgrösse und eine bedeu-

4629

tende Marktstellung erreichen können. Ein schrittweises Vorgehen ist folglich nur dann möglich, wenn die Reformen frühzeitig an die Hand genommen werden.

6.3

Sektorspezifische Leitlinien für die künftige Grundversorgungspolitik des Bundesrates

Mit den Leitlinien gemäss Kapitel 5 legt der Bundesrat die künftige Grundversorgungspolitik für die einzelnen Sektoren fest. Stand und Entwicklung der Grundversorgungspolitik des Bundesrates können für die einzelnen Sektoren wie folgt zusammengefasst werden: Post Der Bund sorgt für einen flächendeckenden, frei zugänglichen und qualitativ guten Universaldienst zu angemessenen Preisen. Zur Sicherstellung des Universaldienstes betreibt die Post im Auftrag des Bundes landesweit ein flächendeckendes Poststellennetz, passt ihre Universaldienste laufend dem Kundenverhalten sowie der technologischen Entwicklung an und erbringt diese Dienstleistungen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen. Der postalische Universaldienst wird in finanzieller Hinsicht sichergestellt über weitere Kostenoptimierungen, mit den Erträgen aus dem Universaldienst, über die Erschliessung neuer Geschäftsfelder sowie über Konzessionsgebühren, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Im Bedarfsfall wird der Bundesrat dem Parlament eine Vorlage zur Abgeltung gemeinwirtschaftlicher Leistungen der Post unterbreiten. Der Paketmarkt wird ab dem Jahr 2004 vollständig geöffnet, und die Monopolgrenze für Briefe soll auf das Jahr 2006 auf 100 Gramm gesenkt werden. Der zweite Schritt wird umgesetzt, sobald die Auswirkungen der Marktöffnung ausgewertet sind und sofern die Finanzierung der Grundversorgung sichergestellt ist. Die schrittweise und kontrollierte Öffnung des Postmarktes bedingt eine Verstärkung und Neugestaltung der Regulation. Mit einer schlanken Regulationsinstanz wird künftig der Universaldienst beaufsichtigt und der Postmarkt reguliert werden. Der Bundesrat wird in den kommenden Jahren unter Berücksichtigung der Marktentwicklung in der Schweiz und in Europa über die nötigen Weiterentwicklungen der Gesetzgebung im Postbereich entscheiden.

Telekommunikation Die Grundversorgung in der Telekommunikation hat sich bewährt. Inhaberin der Grundversorgungskonzession, die in einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren von der Eidgenössischen Kommunikationskommission (ComCom) erteilt wird, ist bis Ende 2007 Swisscom Fixnet. Mit der vom Bundesrat dem Parlament beantragten Revision des Fernmeldegesetzes soll die Grundversorgung keine wesentlichen Änderungen erfahren. Als wichtigste Neuerung kann die ComCom die Erbringung der
verschiedenen Grundversorgungsdienste auf mehrere Konzessionärinnen verteilen, was den Wettbewerb bei den öffentlichen Ausschreibungen verstärken sollte.

Mit Blick auf die absehbaren Entwicklungen im Telekommunikationssektor besteht aus Sicht des Bundesrats keine Notwendigkeit, zusätzliche Massnahmen zur Sicherstellung der Grundversorgung zu ergreifen. Wie bis anhin ist die Grundversorgung weiterzuentwickeln, indem der Umfang der Grundversorgung regelmässig und nach gründlicher Prüfung an die sich verändernden Bedürfnisse angepasst wird.

4630

Elektronische Medien (Radio und Fernsehen) Der Bundesrat hat seine Vorstellungen von der künftigen Grundversorgungspolitik in der Botschaft zur Totalrevision des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen vom 18. Dezember 2002 festgelegt. Im Zentrum steht die Sicherung einer starken und eigenständigen Grundversorgung, die in erster Linie von der SRG erbracht wird.

Die Grundversorgung soll in allen Sprachregionen gleichwertige Programme anbieten, inhaltlich umfassend sein, geographisch flächendeckend empfangen werden und sich in der Schweiz gegen internationale Konkurrenz behaupten können. Die Finanzierung der Grundversorgung soll weiterhin über Empfangsgebühren erfolgen. Der Hauptanteil des Gebührenertrags soll der SRG zukommen, die sich daneben zu einem kleineren Teil aus kommerziellen Erträgen finanzieren soll. Die Veranstalter von lokal-regionalen Radio- und Fernsehprogrammen, die bestimmte programmliche Leistungen für die Regionen erbringen, sollen auch Anteile des Gebührenertrags erhalten. Damit soll dem Bedürfnis nach einer regionalen Versorgung mit Servicepublic-Programmen Rechnung getragen werden. Mit dem neuen Gesetz will der Bundesrat für eine Balance zwischen der SRG und den privaten Veranstaltern sorgen, damit den kommerziellen Programmanbietern ein Entfaltungsspielraum im Markt verbleibt.

Öffentlicher Verkehr Der Bund will die Grundversorgung im öffentlichen Verkehr gewährleisten und die Finanzierung der Infrastruktur langfristig sichern. Die Effizienz und das KostenNutzen-Verhältnis für die öffentliche Hand sind weiter zu verbessern, um die Beanspruchung öffentlicher Mittel zu begrenzen. Wettbewerbselemente sind hierzu ein wichtiges Instrument. Ebenfalls braucht es Rahmenbedingungen, in denen sich die Unternehmen im Markt behaupten und entwickeln können. Die vorhandenen Instrumente (Konzession, Bestellverfahren als Verbundaufgabe Bund/Kantone, Möglichkeit zum Ausschreibungswettbewerb, Leistungsvereinbarungen, Eignerstrategie) sind vorderhand ausreichend, sollen aber im Rahmen der Bahnreform 2 und mit der EU abgestimmt und weiter entwickelt werden. Der Bund setzt sich dafür ein, dass sich die Unternehmenslandschaft beschleunigt konsolidieren kann Nach der Ablehnung des Gegenvorschlags zu Avanti wird abgeklärt, wie die unbestrittenen Probleme im Aglomerationsverkehr gelöst werden
können. Darauf basierend wird allenfalls eine neue Vorlage ausgearbeitet.

Strassen Der neue Finanzausgleich zwischen Bund und Kantonen wird in Bezug auf die National- und Hauptstrassen zu einer Neuregelung der Aufgabenteilung führen. Mit der Inkraftsetzung ist nicht vor dem Jahr 2007 zu rechnen. Der Sachplan Verkehr definiert mit funktionalen Kriterien ein neues Bundesstrassennetz, das sich aus Grund- und Ergänzungsnetz zusammensetzen soll. Durch Kapazitätsbewirtschaftung, kurzfristig realisierbare lokale Ausgleichsmassnahmen und durch gezielte Beseitigung von Engpässen sowie Ergänzungen im Netz soll ein landesweit ausgeglichenes Mass an Verkehrsqualität, Erschliessungsgüte und Verkehrssicherheit aufrechterhalten werden. Mit der neuen Strassen-Verkehrssicherheitspolitik will der Bundesrat die Zahl schwerer Unfälle ohne Einschränkung der Mobilität verringern.

4631

6.4

Überblick über den Stand der wichtigsten Geschäfte

Telekom Fernmeldegesetz Radio/TV RTV-Gesetz POST Postverordnung

ÖV Sachplan Verkehr (Schiene) Bahnreform 2 Strasse Sachplan Verkehr (Strasse) Verkehrssicherheitspolitik Neuer Finanzausgleich Strasse Elektrizität Neue Elektrizitätswirtschaftsordnung (ELWO)

Kleinere Revision in der GV Regionale GV, Aufsicht Umsetzung Gesamtschau Post und Umsetzung der Änderung Postgesetz Netz, Ausbauten Finanzierung Infrastruktur Netz, Ausbauten Erhöhung Verkehrssicherheit Neue Aufgabenteilung

BR-Entscheid weiteres Vorgehen, Projekt ELWO, Expertenkommission

Luftverkehr Bericht Luftverkehr

Legende bis Ende 2003 erfolgt für 2004 vorgesehen voraussichtlich 2005

4632

Vollzug/Umsetzung/Verordnung

Referendum/Abstimmung

Parlament

BR-Entscheid/Botschaft

Relevanz Grundversorgung

Vernehmlassung

Bereich/Vorlage

Konzept/Exp-Bericht

Die folgende Tabelle zeigt in vereinfachter Form den Stand der wichtigsten Geschäfte in den einzelnen Grundversorgungssektoren.

Anhang

I.

Rechtsgrundlagen in der Grundversorgung

A Post ­

Postgesetz (PG), SR 783.0

­

Postverordnung (VPG), SR 783.01

­

Bundesgesetz über die Organisation der Postunternehmung des Bundes (Postorganisationsgesetz, POG), SR 783.1

B Telekommunikation ­

Fernmeldegesetz (FMG), SR 784.10

­

Verordnung über Fernmeldedienste (FDV), SR 784.101.1

­

Verordnung über Fernmeldeanschlüsse ausserhalb des Siedlungsgebietes, SR 784.101.12

C Radio und Fernsehen ­

Schweizerische Bundesverfassung (BV), SR 101

­

Bundesgesetz über Radio und Fernsehen (RTVG), SR 784.40

­

Radio- und Fernsehverordnung (RTVV), SR 784.401

­

Konzession SRG SSR vom 18. November 1992

­

Konzession swissinfo/SRI vom 14. Juni 1993

­

Diverse Konzessionen für lokale und regionale Radio- und Fernsehveranstalter

D Öffentlicher Verkehr ­

Eisenbahngesetz (EBG), SR 742.101

­

Verordnung über Abgeltungen, Darlehen und Finanzhilfen nach Eisenbahngesetz (Abgeltungsverordnung, ADFV), SR 742.101.1

­

Bundesgesetz über die Schweizerischen Bundesbahnen (SBBG), SR 742.31

­

Bundesgesetz über die Personenbeförderung und die Zulassung als Strassentransportunternehmung (Personenbeförderungsgesetz, PBG), SR 744.10

E Strassen ­

Bundesverfassung, SR 101

­

Bundesbeschluss über das Nationalstrassennetz, SR 725.113.11

­

Bundesgesetz über die Nationalstrassen (NSG), SR 725.11

­

Strassenverkehrsgesetz (SVG), SR 741.01

­

Bundesgesetz über die Verwendung der zweckgebundenen Mineralölsteuer (MinVG), SR 725.116.2

­

Verordnung über die Nationalstrassen (NSV), SR 725.111

­

Verordnung über die Hauptstrassen, SR 725.116.23 4633

II.

Entwicklung der Beschäftigung in den Sektoren öffentlicher Verkehr, Post, Telekommunikation und Flugsicherung (inkl. SBB, Post, Swisscom und Skyguide)

A1

Gesamtsektor öffentlicher Verkehr

Nach Angaben des Informationsdienstes für den öffentlichen Verkehr LITRA (siehe Tabelle) nahm die Anzahl Beschäftigte im öffentlichen Verkehr zwischen 1995 und 2001 von 61 659 auf 56 935 ab. Im gleichen Zeitraum sank die Anzahl Arbeitsplätze bei den SBB um rund 5000 Stellen.

1995

2001*

SBB Privatbahnen Spezialbahnen Nahverkehrsmittel Postautodienst Konzessionierte Automobilunternehmungen Schiffahrt

33 529 7 970 6 955 8 204 2 182 2 103 716

28 339 7 430 7 459 7 924 2 621 2 486 676

Total

61 659

56 935

* Teilweise provisorische Angaben

A2

SBB

1. Entwicklung des Personalbestandes 1998­2002 Die Tabelle zeigt die Entwicklung des Personalbestandes der SBB AG (inkl. SBB Cargo AG) von 1998­2002 jeweils per Jahresende.

SBB

1998

1999

2000

2001

2002

30 037

28 704

28 116

28 551

27 632

Die SBB waren bis 1998 ein Regiebetrieb des Bundes, seit 1999 sind sie eine spezialgesetzliche Aktiengesellschaft. Zwischen 1999 und 2002 wurden über 1000 Arbeitsplätze von den SBB zu anderen Arbeitgebern transferiert, z.B. Alp-Transit, Stiftung Krankenkasse atupri, Securitrans AG, Ausbildungsverbund login.

2. Bestehende Personalabbaupläne Die folgenden Ausführungen basieren auf Angaben, über welche die SBB bereits öffentlich informiert haben.

Das Schlüsselprojekt mit der grössten Auswirkung auf den Personalbestand stellt «ATR/RCC» dar. Bei ATR (Automatisation Télécommande Réseau) geht es um die Automatisierung der Betriebsführung (u.a. Ersatz alter Stellwerke, Aufbau von Fernsteuerungszentren), RCC (Rail Control Center) fasst wesentliche Funktionen 4634

der Disposition und der Betriebsführung in einem Kontrollzentrum und mehreren regionalen Zentren zusammen. Die beiden Projekte haben eine Laufzeit von über 10 Jahren und betreffen Mitarbeitende im ganzen SBB-Netz. Für die Etappen 2004­2006 wird in Abhängigkeit vom Investitionsvolumen mit einem Abbau von 390 Vollzeitstellen gerechnet.

Bei den übrigen Reorganisationsprojekten ist das Ausmass des Stellenabbaus geringer. Nur beim Projekt «Neuer Wagenladungsverkehr» (Cargo) übersteigt der für die Jahre 2004­2006 geplante Abbau 200 Stellen. Auch hier sind Stellen in allen Landesteilen betroffen.

Beispiele für kleinere Projekte sind die Reorganisation der Gepäcklogistik sowie die Auslagerung der Hauswartung an Bahnhöfen. Im Bereich der Gepäcklogistik reduzieren die SBB als Folge des Rückgangs des Reisegepäckvolumens die Zahl der Gepäcklogistik-Standorte. Dadurch werden statt der bisher 580 künftig noch 400­450 Mitarbeitende benötigt. Zudem lagern die SBB die Hauswartfunktionen an rund 600 Bahnhöfen in der ganzen Schweiz an zwei Privatfirmen aus. Nicht betroffen sind die grossen Rail-City-Bahnhöfe.

Die SBB haben die notwendigen Reorganisationen bis heute sozialverträglich durchgeführt und auf Entlassungen aus betrieblichen oder wirtschaftlichen Gründen verzichtet. Sie geben den Mitarbeitenden, die ihre Stelle verlieren, die Chance, ihre berufliche Neuorientierung mit professioneller Unterstützung an die Hand zu nehmen und bieten den Betroffenen zumutbare Stellen innerhalb oder ausserhalb der SBB an. Bis 31. Dezember 2000 kam der mit den Sozialpartnern vereinbarte «Contract social» zur Anwendung, seit 1. Januar 2001 gilt der Gesamtarbeitvertrag SBB.

3. Ausblick Für die kommenden Jahre gehen die SBB davon aus, dass der Personalbestand insgesamt etwas langsamer sinken wird als in den Jahren 1999­2002.

B1

Gesamtsektor Post

Bislang erfolgte keine systematische Auswertung der Beschäftigungsentwicklungen auf dem Postmarkt, bei der auch private Anbieter einbezogen worden sind. Die revidierte Postverordnung, die 2004 in Kraft getreten ist, wird diesen Mangel beheben. Die Schweizerische Post hat gemäss Geschäftsbericht 2002 in der Gruppe praktisch gleich viele Vollzeitstellen angeboten wie 1999. Seit der Postreform sind eine Reihe kleinerer Anbieter und wenige grössere Anbieter von Postdienstleistungen in den Markt eingetreten und haben neue Stellen geschaffen. Es lassen sich aber bislang keine erhärteten quantitativen Angaben zur Arbeitsplatzentwicklung neuer Anbieter machen.

4635

B2

Die Post

1. Entwicklung des Personalbestandes 1998­2002 Die Tabelle zeigt die Entwicklung des Personalbestandes von 1998­2002 (Jahresdurchschnittswerte ohne Lernpersonal) für den Gesamtkonzern (inkl. ausländische Töchter) und den Konzern Schweiz (Stammhaus inkl. inländische Tochtergesellschaften).

Konzern Schweiz Konzern

1998

1999

2000

2001

2002

42 447 42 480

43 819 43 853

44 528 44 590

43 864 44 019

43 301 43 764

2. Bestehende Personalabbaupläne Die folgenden Ausführungen basieren auf Angaben, über welche die Post bereits öffentlich informiert hat.

Die nachstehende Tabelle gibt einen Überblick die neu initiierten grösseren Projekte der Post: Projektumschreibung

Zeitpunkt der Realisierung

Wirkung auf Personalbestände und periphere Regionen

Aufhebung Geld- und Werttrans- April 2003 portkanal: Der heutige stark defizitäre Wertkanal (Transport von Wert- und Einschreibesendungen) soll durch ein kundengerechtes und gewinnbringendes Nachfolgeprodukt ersetzt werden.

Einzelne Stellen oder Teilfunktionen in den Briefzentren in den peripheren Regionen: Bellinzona, Chiasso, Biel, Brig, Sion, Olten, St. Gallen, Chur.

(Ganze CH: Abbau von rund 40 Stellen)

Optimierung Garagennetz: 2003­2006 Durch den Rückgang der Instandhaltungsvolumen, bedingt durch längere Wartungszyklen einer verjüngten Fahrzeugflotte, drängt sich eine Neuorganisation der zum Teil sehr kleinen Garagen auf. Zur Diskussion stehen je Standort die Varianten Schliessung, Management buy outs und Partnerlösungen.

Einzelne Stellen in Garagen der peripheren Regionen: Biel, Brig, Delémont, Sion, Yverdon, Meiringen, Chur, Heiden, Gossau, St. Moritz, Lugano.

(Ganze CH: Abbau von rund 90 Stellen).

Reengineering Mail Processing 2006­2008 (REMA): Briefverarbeitungsprozess an Erfordernisse der Zukunft anpassen. Verarbeitung in 3 Zentren entlang der Jura-Südfussachse und in 6 Subzentren in den Regionen Genf, Basel, Bern, Luzern, Bellinzona und St Gallen.

Bei der im Projekt angenommenen Mengenentwicklung Abbau von 2390 Vollzeitstellen in den derzeit 18 Briefzentren.

Details siehe Bericht REMA.

4636

Projektumschreibung

Zeitpunkt der Realisierung

Wirkung auf Personalbestände und periphere Regionen

Poststellennetz: 2001­2005 Die Post hat eines der dichtesten Poststellennetze weltweit. Das Kundenverhalten ändert sich. Die Postmärkte werden liberalisiert.

Konkurrenz und Kostendruck steigen. Drei Gründe, die den Umbau des schweizerischen Poststellennetzes nötig machen.

Die Grundversorgung bleibt ­ wie vom Gesetzgeber verlangt ­ auch künftig landesweit und in guter Qualität gewährleistet.

Gesamter Personalabbau: 950 PE Bereits realisiert (8.03): 280 PE Noch zu realisieren: 670 PE.

Der Problematik des Stellenabbaus in den Randregionen wird bei der Umsetzung der Typisierung sowie bei der per 2004 geplanten Arbeitszeitreduktion im Bereich Poststellen ein besonderes Gewicht beigemessen und in der Umsetzung berücksichtigt.

Zustellung: 2004 Der Verkehrsrückgang und das veränderte Kundenverhalten haben auch Auswirkungen auf die Zustellung, wo 2004 rund 300 Personaleinheiten reduziert werden.

Gemäss Übereinkunft mit den Gewerkschaften von Mitte Dezember 2003 werden für die von dieser Massnahme betroffenen Mitarbeitenden neue Einsatzmöglichkeiten innerhalb der Post gesucht. Zusätzlich wird die Post mit den Gewerkschaften Abfederungsmassnahmen verhandeln.

Ganze Schweiz Reduktion von rund 300 PE.

Zusammenführung von 2004 Postsachentransport und PaketPost: Das Projekt hat zum Ziel die Overheadkosten in der Führung zu optimieren und den sinkenden Verkehrsmengen Rechnung zu tragen. Die PaketPost und der Postsachentransport werden auf den Januar 2004 in eine Organisationseinheit PaketPost zusammengeführt.

Die regionalen Führungseinheiten von Postsachentransport und Paketpost werden zusammengelegt und optimiert. Welche konkreten Auswirkungen für periphere Regionen entstehen kann zurzeit noch nicht abschliessend beurteilt werden.

Bei betriebsorganisatorischen und strukturellen Veränderung gilt Anhang 5 des GAV Post «Sozialvereinbarung». Wenn die Massnahmen der Sozialvereinbarung nicht genügen, insbesondere bei einem Ereignis, das einen grösseren Personalbestand betrifft, werden mit den Gewerkschaften Verhandlungen über den Abschluss eines Sozialplanes aufgenommen. Im Jahr 2002 wurden drei Sozialpläne ausgehandelt und von den Entscheidinstanzen genehmigt: Betroffene Personen Sozialverträgliche Lösungen gefunden Lösung zeichnet sich ab Entlassungen ausgesprochen

624 618 6 ­

4637

Im Jahr 2003 wurden bisher 3 Sozialpläne ausgehandelt (Garagenpersonal, REMA und Arbeitszeitreduktion im Poststellennetz). Sie befinden sich zurzeit in Umsetzung, wobei REMA voraussichtlich erst 2009 abgeschlossen werden kann. Bis heute hat die Post wegen Reorganisationsvorhaben keine Entlassungen aussprechen müssen.

3. Ausblick Für das Jahr 2004 rechnet der Konzern mit einem durchschnittlichen Bestand von rund 43 000 Personaleinheiten (ohne Lernpersonal). Die Gesamtplanung sieht bis 2008 eine Verringerung dieses Wertes um rund 3500 Einheiten vor. Alle vorhin genannten Projekte, insbesondere REMA mit 2400 Einheiten, sind dabei eingeschlossen.

C1

Gesamtsektor Telekommunikation

Nach Schätzungen des Bundesamtes für Kommunikation nahm die Anzahl Vollzeitbeschäftigte bei den grössten Fernmeldediensteanbieterinnen in der Schweiz seit der Marktöffnung zwischen 1998 und 2002 von rund 22 900 auf 23 500 zu. Im gleichen Zeitraum sank die Anzahl Arbeitsplätze beim ehemaligen Monopolbetrieb Swisscom bzw. Telecom PTT von 20 600 auf 17 300 Vollzeitstellen (Diese Statistik erfasst nur jene Mitarbeiter von Swisscom, die dem Fernmeldebereich zugerechnet werden).

C2

Swisscom

1. Entwicklung des Personalbestandes 1998­2002 Die Tabelle stellt die Entwicklung des Personalbestandes von 1998­2002 (jeweils per 31. Dezember) für den Gesamtkonzern (inkl. ausländische Töchter) und den Konzern Schweiz dar.

1998

1999

2000

2001

2002

Konzern Schweiz 21 946 Ausländische Töchter 0

19 254 2 523

17 459 3 145

17 784 3 544

17 171 3 299

Konzern

21 777

20 604

21 328

20 470

21 946

2. Bestehende Personalabbaupläne Die folgenden Ausführungen basieren auf Angaben, über welche die Swisscom bereits öffentlich informiert hat.

Im Januar 2003 hat Swisscom über den Abbau von 1190 Vollzeitstellen für das Jahr 2003 informiert. Vom Abbau betroffen sind Fixnet mit 120, Cablex mit 80, Enterprise Solutions mit 380, Systems mit 470, IT Services mit 80 und Corporate mit 60 Arbeitsstellen. Diesem Abbau steht bei der Tochtergesellschaft Mobile ein Aufbau von 140 FTE gegenüber. Dies entspricht einem Netto-Abbau von 5,1 % der Swisscom Belegschaft gegenüber dem Jahr 2002. Von den Abbaumassnahmen am stärksten betroffen sind die Kantone Fribourg mit 33 % (­121 Vollzeitstellen), Genf

4638

mit 14 % (­81 Vollzeitstellen), Luzern mit 9 % (­64 Vollzeitstellen) und Zürich mit 7 % (­213 Vollzeitstellen).

Im Oktober 2003 hat Swisscom über die Reduktion von weiteren 655 Vollzeitstellen im Jahr 2004 informiert. Dies entspricht 4 Prozent des Stellenbestands. Vom Abbau betroffen sind Fixnet mit 260, Bluewin mit 40, IT-Services mit 300 und Swisscom Immobilien mit 55 Arbeitsstellen. Die regionalen Auswirkungen der Massnahmen können in ihrer Gesamtheit erst im ersten Quartal 2004 beziffert werden. Ende 2004 wird Swisscom in der Schweiz gemäss Plan rund 15 300 Vollzeitstellen anbieten.

Über natürliche Fluktuation, interne Besetzung von freien Stellen und über alternative Arbeitszeitmodelle setzt Swisscom alles daran, die Zahl der vom Abbau betroffenen Personen so gering wie möglich zu halten. Für die Betroffenen kommt der gut ausgebaute Sozialplan zu tragen. Swisscom hat seit 1998 rund zwei Milliarden Franken in Sozialpläne investiert. Die betroffenen Mitarbeitenden werden in der beruflichen Neuausrichtung begleitet und erhalten während 12­18 Monaten den vollen Lohn. Von den bisher rund 1900 Personen, die dieses Programm absolviert haben, fanden rund 90 % wieder eine Stelle. Ältere Mitarbeitende, welche gewisse Voraussetzungen erfüllen, haben Anspruch auf die Leistungen der WORK_LINK AG. Dieses Unternehmen bietet temporäre Beschäftigung bis Alter 60, danach erfolgt die vorzeitige Pensionierung. Zum Sozialplan gehört im Weiteren das Gründerprogramm Co-Motion, welches Interessierten Wege in die Selbständigkeit aufzeigt.

3. Ausblick Bei eingeschränkten Wachstumsaussichten im Inland, dem steigenden Konkurrenzdruck und der Tendenz zu zunehmender Regulierung ist davon auszugehen, dass Swisscom in der Schweiz in den nächsten Jahren den Personalbestand noch weiter wird senken müssen.

D1

Skyguide

1. Entwicklung des Personalbestandes 1998­2002 Bei Skyguide entwickelte sich der Personalbestand von 1998­2002 (jeweils per 31. Dezember) wie folgt:

Skyguide

1998

1999

2000

2001

2002

848

859

919

966

1088

2. Bestehende Personalabbaupläne und Ausblick Es bestehen keine Abbaupläne. Im Gegenteil: Skyguide wird in den kommenden Jahren den Personalbestand weiter erhöhen und rechnet im Jahr 2007 mit einer Sollbestand von 1264 Vollzeitstellen.

4639

III.

Stand der Marktöffnung in der Schweiz und EU

A

Post

Monopolgrenze im Postsektor: Jahr

EU

CH

2004

Briefpost 100g

Briefpost 1 kg

Paketpost frei

Paketpost frei

2006

Briefpost 50 g

Briefpost 100 g, nach Evaluation und sofern die Finanzierung der Grundversorgung sichergestellt ist

Die EU plant die vollständige Öffnung des Postmarktes per 2009; der definitive Entscheid soll 2007 gefällt werden.

B

Telekommunikation EU

CH

Wettbewerb Wettbewerb in den Retailmärkten, Wie EU, aber im Anschlussmarkt im Anschlussmarkt und in den und in einigen VorleistungsmärkVorleistungsmärkten ten keine Öffnung (Gegenstand der FMG-Öffnung) Regulation

C

Ex-ante-Regulierung: Bei Marktbeherrschung greift der Regulator von Amtes wegen ein, und legt Preise und Bedingungen für Vorleistungen fest

Ex-post-Regulierung: Bei Marktbeherrschung greift der Regulator erst ein, wenn sich die Marktteilnehmer nicht einigen können

Radio und Fernsehen

Im Bereich Radio und Fernsehen sind die Märkte in der Schweiz für private Interessenten geöffnet und entsprechen hinsichtlich der Regulierung den Medienordnungen anderer europäischer Länder. Beim Fernsehen hat sich die Schweiz mit der Ratifizierung des Übereinkommens des Europarates über das grenzüberschreitende Fernsehen im Jahr 1991 zur Einhaltung der europäischen Vorgaben verpflichtet. Auch das in der parlamentarischen Beratung befindliche neue Radio- und Fernsehgesetz ist mit dem europäischen Recht vollumfänglich kompatibel. Mit dem geplanten Beitritt zum EU-Projekt Media im Rahmen der Bilateralen II wird die Schweiz die wesentlichen Teile der EU-Fernsehrichtlinie (Richtlinie 89/552/EWG) übernehmen.

4640

D

Öffentlicher Verkehr

Im öffentlichen Verkehr ist im Bereich Liberalisierung für die Schweiz hauptsächlich das erste Eisenbahnpaket der EU mit der Öffnung des Schienenmarktes im Güterverkehr sowie einzelnen weiteren Regelungen relevant. Die Schweiz liegt hier nicht hinter den Vorgaben der EU zurück, sondern hat diese bereits umgesetzt.

Einzig strittiger Punkt mit der EU bezüglich der Übernahme des Eisenbahnpaketes ist die Frage, wie die Trassenvergabestelle ausgestaltet werden soll. Wie eine mit den EU-Vorgaben kompatible Regelung ausgestaltet werden sollte, wird derzeit geklärt und im Rahmen der Bahnreform 2 geregelt werden.

Bei der Frage der Ausschreibungen im Personenverkehr existiert keine eindeutige EU-Vorgabe, die Auslegung der entsprechenden Verordnung ist innerhalb der EU umstritten. Als Konsens auf EU-Ebene zeichnet sich ab, dass Leistungen im gemeinwirtschaftlichen Bereich (abgeltungsberechtigte Verkehre) nach einem transparenten Verfahren zu vergeben sind. Transparenz heisst, es soll nachvollziehbar sein, dass der günstigste Anbieter den Zuschlag erhalten hat. Ein solch transparentes Verfahren ist in der Schweiz noch nicht gewährleistet. Mit der Bahnreform 2 soll mittels Benchmarking und Ausschreibungsregeln eine transparentere Vergabe eingeführt werden.

E

Strassen

Im Bereich der Strassen bestehen keine Punkte, in denen die Schweiz gegenüber den EU-Vorgaben zurück liegt.

F

Strom und Gas

Das Elektrizitätsmarktgesetz, welches im September 2002 vom Stimmvolk abgelehnt wurde, hätte eine EU-kompatible Marktöffnung gebracht. Daher besteht eine Differenz zur EU sowohl beim Strom wie auch beim Gas.

Strommarkt: Richtlinie 2003/54/EG vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG: Art. 10 Unabhängiger Übertragungsnetzbetreiber hinsichtlich Rechtsform, Organisation und Entscheidungsgewalt.

CH: Keine Rechtsgrundlage für die Durchsetzung der Aufgaben des Übertragungsnetzbetreibers.

Art. 20 Gewährleistung des Netzzugangs für Dritte auf der Grundlage veröffentlichter Tarife.

4641

CH: Netzzugang nur fallweise über das Kartellgesetz (KG) möglich. Keine Gesetzesgrundlage vorhanden, veröffentlichte, nicht diskriminierende Tarife durchzusetzen.

Art. 21 Nicht-Haushalte ab 1.7.2004 und alle Kunden ab 1.7.2007 zugelassen.

CH: Zulassung nur fallweise über das KG möglich.

Art. 23 Sicherstellung der Nichtdiskriminierung, effizientes Funktionieren und echten Wettbewerb im Strommarkt durch eine von den Interessen der Elektrizitätswirtschaft unabhängigen Regulierungsbehörde.

CH: Keine Rechtsgrundlage für die Durchsetzung der Aufgaben der Regulierungsbehörde.

Gasmarkt: Richtlinie 2003/55/EG vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Gasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG: Art. 9 Unabhängige Fernleitungsnetzbetreiber hinsichtlich Rechtsform, Organisation und Entscheidungsgewalt.

CH: Keine ähnlichen Bestimmungen.

Art. 18 Gewährleistung des Netzzugangs für Dritte auf der Grundlage veröffentlichter Tarife.

CH: Art. 13 des Bundesgesetzes über Rohrleitungsanlagen (SR 746.1) ermöglicht den Netzzugang Dritter nur beim Hochdruckleitungsnetz (HD), basierend auf die verhandelten Tarife. Im Falle von Streitigkeiten entscheidet das Bundesamt für Energie über Durchleitungsrecht und löst die vertraglichen Bestimmungen auf.

Art. 23 Nicht-Haushalte ab 1.7.2004 und alle Kunden ab 1.7.2007 zugelassen.

CH: Zugang bereits jetzt möglich, aber nur für Hochdruckleitungsnetz.

Art. 25 Sicherstellung der Nichtdiskriminierung, effizientes Funktionieren und echten Wettbewerb im Gasmarkt durch eine von den Interessen der Gaswirtschaft unabhängigen Regulierungsbehörde.

CH: Rechtsgrundlagen vorhanden für die Durchsetzung des Netzzugangs und den Entscheid in Streitfällen zum Netznutzungsentgelt.

4642

Um den Zugang Dritter zum Hochdruckleitungsnetz zu vereinfachen, hat die Schweizer Gaswirtschaft eine Branchenvereinbarung unterzeichnet, welche die allgemeinen Bedingungen für den Netzzugang und das Berechnungen der Transportkosten regelt. Sie stellt auch eine Koordinationsstelle für das regionale Hochdruckleitungsnetz zur Verfügung. Die Benutzung der Transitgasleitung wird privatrechtlich geregelt.

G

Luftverkehr

Mit dem bilateralen Luftverkehrsabkommen hat die Schweiz integral EU-Recht bzw. Marktöffnung übernommen.

Beziehungen zu EG und EFTA: Das bilaterale Luftverkehrsabkommen, dessen Inhalt im Bereich der Verkehrsrechte durch die revidierte Stockholmer Konvention übernommen worden ist, sieht eine sukzessive Marktöffnung vor. Von dieser Öffnung vorerst ausgenommen ist die achte Freiheit (Kabotage); die Verhandlungen über die Aufnahme von Kabotagerechten in das Luftverkehrsabkommen sollen erst fünf Jahre nach dessen Inkrafttreten, mithin am 1. Juni 2007, aufgenommen werden. Die schweizerischen Unternehmen haben somit im Gegensatz zu ihren europäischen Konkurrenten nicht die Möglichkeit, Luftverkehrslinien innerhalb eines Mitgliedstaats der EU aufzunehmen. Allerdings hat diese Einschränkung, die gleichermassen für europäische Fluggesellschaften innerhalb der Schweiz gilt, keine grosse wirtschaftliche Auswirkung, ist es doch für ausländische Unternehmen äusserst schwierig, auf den Inlandstrecken Fuss zu fassen.

4643

4644