04.060 Botschaft zum Bundesbeschluss über den Einsatz der Armee im Assistenzdienst zur Unterstützung des Kantons Graubünden bei den Sicherheitsmassnahmen im Rahmen des World Economic Forum 2005 (WEF 05) und des World Economic Forum 2006 (WEF 06) in Davos vom 15. September 2004

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen die Botschaft zum einfachen Bundesbeschluss über den Einsatz der Armee im Assistenzdienst zur Unterstützung des Kantons Graubünden bei den Sicherheitsmassnahmen im Rahmen des World Economic Forum 2005 (WEF 05) und des World Economic Forum 2006 (WEF 06) in Davos mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

15. September 2004

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Joseph Deiss Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2004-1628

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Übersicht Vom 26.­30. Januar 2005 findet in Davos das World Economic Forum 2005 (WEF 05) statt. Am Wirtschaftsforum werden rund 2000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der ganzen Welt erwartet. Die Bündner Regierung ersuchte mit Schreiben vom 1. Juli 2004 den Bund um materielle und personelle Unterstützung für die sichere Durchführung des WEF 05 in Davos am Boden und in der Luft.

Der Bundesrat hat mit Beschluss vom 28. Juni 2000 das WEF aufgrund seiner Bedeutung für die internationalen Interessen der Schweiz als ausserordentliches Ereignis qualifiziert. An dieser Einschätzung hat sich für den Bundesrat nichts geändert. Das Postulat der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerates vom 25. Mai 2004 fordert bei Assistenzdiensten der Armee die Prüfung einer Anpassung respektive einer Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens: Politisch eher unumstrittene Einsätze sollen in einer Botschaft der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitet werden. Deshalb und aufgrund der unverändert geltenden bundesrätlichen Qualifikation beantragt der Bundesrat mit der vorliegenden Botschaft, die Assistenzdiensteinsätze der Armee zum Schutz der WEF 05 und 06 im gleichen Rahmen und Umfang wie anlässlich des WEF 04 von der Bundesversammlung genehmigen zu lassen.

Für das WEF 05 und 06 besteht grundsätzlich das Risiko der Beeinträchtigung der inneren Sicherheit in Form von gewalttätigen Demonstrationen verbunden mit Plünderungen, von Angriffen auf Personen, von Sabotageaktionen (auch dezentraler Aktionen) oder Terroranschlägen. Das Risiko eines Terroranschlages oder eines gezielten Angriffs am Boden oder aus der Luft wird indes als gering beurteilt. Eine abschliessende Beurteilung der Sicherheitslage ist zum Zeitpunkt der Botschaftsredaktion (Mitte August 2004) jedoch nicht möglich.

Die im Kanton Graubünden vorhandenen Polizeikräfte reichen ­ selbst bei einer Verstärkung durch andere Polizeikorps (IKAPOL-Einsatz) ­ nicht aus, die Sicherheit des WEF 05 und 06 zu garantieren. Deshalb sind die rechtlichen Voraussetzungen für einen Einsatz der Armee im Assistenzdienst zur Unterstützung des Kantons Graubünden erfüllt.

Zur Unterstützung der zivilen Behörden werden Berufs- und Milizformationen bis zu einem Maximalbestand von 6500 Angehörigen der Armee im Assistenzdienst eingesetzt. Weil mehr als 2000 Angehörige der Armee
zum Einsatz kommen, muss die Bundesversammlung über die Einsätze entscheiden. Der Assistenzdiensteinsatz dauert längstens vom 17.­31. Januar 2005. Das genaue Datum für das WEF 06 kann noch nicht festgelegt werden. Der Assistenzdiensteinsatz erfolgt nach dem Subsidiaritätsprinzip, demzufolge liegt die Einsatzverantwortung bei den zivilen Behörden. Kommandant des subsidiären Sicherungseinsatzes ist der Chef der Armee.

Die Armee wird beauftragt, den Kanton Graubünden im Rahmen eines Assistenzdiensteinsatzes anlässlich des WEF 05 und des WEF 06 zu unterstützen und zugunsten der zivilen Behörden auf Stufe Kanton und Bund den Schutz des Luftraumes

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sicherzustellen. Darüber hinaus muss die Armee jederzeit in der Lage sein, auf eine Krise oder ein ausserordentliches Ereignis in der Schweiz ­ auch ausserhalb des WEF-Einsatzraumes oder in den Grenzregionen ­ reagieren zu können. Für die Dauer des WEF 05 und des WEF 06 soll die Benützung des schweizerischen Luftraumes über der Region Davos eingeschränkt werden. Die Anordnung des Waffeneinsatzes zur Durchsetzung luftpolizeilicher Massnahmen über schweizerischem Hoheitsgebiet wird durch den Chef des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport als Mitglied der Landesregierung angeordnet.

Die Beteiligung des Bundes an den Kosten für die Sicherheitsmassnahmen anlässlich des WEF 05 und 06 ist wie folgt festgelegt: Der Bund beteiligt sich wie bis anhin mit 80 % an den Kosten des Zusatzdispositivs zugunsten völkerrechtlich geschützter Personen. Der Anteil des Bundes begrenzt sich dabei auf 3/8 der kreditwirksamen Kosten des Kantons Graubünden. Er beläuft sich für die Jahre 2004­2006 auf maximal 3 Millionen Franken pro Jahr. Mit Beschluss vom 21. Mai 2003 legte der Bundesrat ausserdem ein Kostendach von 8 Millionen Franken fest.

Das Kostendach konnte anlässlich des WEF 04 aus verschiedenen Gründen nicht eingehalten werden und die Kostenüberschreitung in der Höhe von 1 Million Franken musste durch den Bund gedeckt werden. Das war aufgrund eines zusätzlichen, mit den WEF-Partnern ausgehandelten, Finanzierungsmodells zur Sicherung der Durchführung des WEF 04­06 möglich.

Im Rahmen des geplanten Assistenzdiensteinsatzes der Armee fallen für das Gros der eingesetzten Truppen im Vergleich zu einem ordentlichen Ausbildungs- bzw.

Flugdienst nur gering höhere Ausgaben an. Die Ausgaben der vom VBS zu erbringenden subsidiären Leistungen können aufgrund von Erhebungen anlässlich des WEF 04 auf rund 19,5 Millionen Franken beziffert werden. Die effektiven Mehrausgaben ­ das heisst die Mehrausgaben im Vergleich zu einem «normalen» Ausbildungs-Wiederholungskurs, welche die zugunsten des WEF 05 und WEF 06 eingesetzten Formationen im Jahr 2005/2006 leisten müssten ­ können mit knapp 2,5 Millionen Franken beziffert werden. Das VBS geht davon aus, dass seine Aufwendungen im Rahmen der bewilligten Kredite voraussichtlich aufgefangen werden können.

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Botschaft 1

Allgemeiner Teil

1.1

Ausgangslage

Vom 26.­30. Januar 2005 findet das Annual Meeting des World Economic Forum 2005 (WEF 05) in Davos statt. Wie in den vergangenen Jahren werden wieder rund 2000 Teilnehmer und Teilnehmerinnen und rund 500 Medienvertreter aus der ganzen Welt erwartet.

Mit Schreiben vom 1. Juli 2004 ersuchte die Bündner Regierung den Bundesrat um materielle und personelle Unterstützung durch den Bund, um die Sicherheit der Veranstaltung gewährleisten zu können.

1.2

Bisherige Haltung des Bundesrates zum WEF

Das WEF ist eine privatrechtliche Stiftung, die seit mehr als 30 Jahren das Annual Meeting in Davos als private Veranstaltung durchführt. Der Bundesrat hat mit Beschluss vom 28. Juni 2000 den privatrechtlich organisierten Anlass WEF aufgrund seiner Bedeutung und Auswirkungen für die internationalen Interessen der Schweiz als ausserordentliches Ereignis im Sinne von Artikel 4 der BWISAbgeltungsverordnung (SR 120.6) qualifiziert. An dieser Einschätzung hat sich für den Bundesrat nichts geändert. Aufgrund dieser Qualifizierung hat der Bundesrat die für die Sicherheit des Anlasses zuständige Kantonspolizei Graubünden seit Jahren mit personellen und materiellen Mitteln des Bundes, hauptsächlich in Form eines Assistenzdiensteinsatzes der Armee, unterstützt. Für das WEF 04 wurden erstmals mehr als 2000 Angehörige der Armee aufgeboten, so dass die Bundesversammlung den Einsatz genehmigen musste (BBl 2003 7415, 2004 27).

1.3

Finanzielle Abgeltung des Bundes zugunsten des WEF 04­06

Mit Beschluss vom 21. Mai 2003 bezüglich der finanziellen Abgeltung für die Sicherheitskosten der Jahrestreffen des WEF 2004­2006 hat der Bundesrat ein Kostendach von 8 Millionen festgelegt. Am Kostendach beteiligen sich die WEFPartner anteilsmässig wie folgt: Partner

Anteil [Fr.]

Kanton Graubünden Landschaft Davos Bund WEF

2 Mio.

1 Mio.

3 Mio.

2 Mio.

Kostendach

8 Mio.

5300

Es hat sich bestätigt, dass das Ziel eines Kostendachs von 8 Millionen Franken zwar von allen Partnern angestrebt, jedoch für das Jahr 2004 nicht umgesetzt werden konnte. Gründe hierfür sind exogene Kostenfaktoren für den Kanton Graubünden, wie beispielsweise die unterschiedlichen Verrechnungsansätze der Kantone bezüglich ihrer Polizeikräfte im Interkantonalen Polizeieinsatz (IKAPOL-Einsatz) oder das WEF-Tagungskonzept mit Blick auf kurzfristige Zusagen und Teilnahmen völkerrechtlich geschützter Personen.

Vor diesem Hintergrund wurde mit den WEF-Partnern unter Federführung des EVD/seco ein Finanzierungsmodell zur Sicherung der Durchführung des WEF in Davos in den Jahren 2004­2006 erarbeitet. Am 20. August 2003 hat der Bundesrat das dreistufige Finanzierungskonzept verabschiedet. Es präsentiert sich wie folgt: Stufe 1:

Der Bund beteiligt sich wie bis anhin mit 80 Prozent an den Kosten des Zusatzdispositivs zugunsten völkerrechtlich geschützter Personen. Der Anteil des Bundes wird dabei auf 3/8 der kreditwirksamen Kosten des Kantons Graubünden begrenzt und beläuft sich für die Jahre 2004­2006 auf maximal 3 Millionen pro Jahr.

Stufe 2:

Für den Fall, dass das Kostendach der Sicherheitskosten von 8 Millionen überschritten wird, verpflichtet sich der Bundesrat ferner, dem Parlament zusätzliche Mittel von insgesamt maximal 2 Millionen für die Jahrestreffen 2004­2006 zu beantragen.

Stufe 3:

Im Falle ausserordentlicher Ereignisse (zum Beispiel Terroranschläge, Attentate auf Politiker und Wirtschaftsführer, massive Drohungen, solche Handlungen zu verüben usw.) beteiligt sich der Bund schliesslich mit 80 Prozent an den zusätzlich anfallenden Kosten für das Zusatzdispositiv zugunsten völkerrechtlich geschützter Personen. Auch hier wird der Anteil des Bundes bei 3/8 der kreditwirksamen Kosten des Kantons Graubünden fixiert.

Für das Jahr 2004 belaufen sich die kreditwirksamen Sicherheitskosten des Kantons Graubünden auf insgesamt 8,99 Millionen Franken. Davon übernimmt der Bund gemäss Finanzierungskonzept 3,99 Millionen Franken. Dieser Anteil setzt sich aus dem Kostendachbeitrag von 3 Millionen Franken (Stufe 1) sowie der Kostendeckung für die Überschreitung des Kostendaches von 0,99 Millionen Franken (Stufe 2). Für die Jahre 2005 und 2006 verbleiben somit zusätzliche Mittel für Kostendachüberschreitungen aus der Stufe 2 von maximal 1 Million Franken.

Das Finanzierungskonzept hat sich für das Jahr 2004 bewährt, da die Sicherheitskosten markant gesenkt werden konnten. Gegenüber dem Vorjahr reduzierten sich die Ausgaben für die Gewährleistung der Sicherheit ­ bei gleichem Sicherheitsumfang ­ um 4,1 Millionen Franken bzw. einen Drittel der Ausgaben von 2003.

2

Aspekte der Sicherheit

Für das WEF 05 und 06 besteht analog zu den Veranstaltungen der Jahre 2001, 2003 und 2004 grundsätzlich das Risiko der Beeinträchtigung der inneren Sicherheit in Form von gewalttätigen, mit Plünderungen verbundenen Demonstrationen, sowie in Form von Angriffen auf Personen, von Sabotageaktionen oder von Terroranschlägen.

5301

2.1

Gewaltbereitschaft extremistischer Veranstaltungsgegner

Aufgrund des grossen symbolischen Stellenwertes des WEF und der hohen medialen Aufmerksamkeit muss auch anlässlich des WEF 05 und des WEF 06 mit Verhinderungsstrategien gewaltbereiter extremistischer Veranstaltungsgegner gerechnet werden. Zu diesem Zweck können erfahrungsgemäss Sabotageakte, gezielte Sachbeschädigungen im Vorfeld des Forums gegen Symbolträger (von Staaten, Unternehmen, Behörden) und Blockadeaktionen geplant und durchgeführt werden. Während des WEF 04 konnten dank präventiver polizeilicher Massnahmen Ausschreitungen wie in den Vorjahren verhindert werden.

Es besteht zudem die Möglichkeit, dass zweitrangige Ziele wie etwa von der Armee bewachte Objekte und Einrichtungen für gewaltbereite Manifestanten an Bedeutung gewinnen (Beschädigungen von Fahrzeugen, Übermittlungseinrichtungen oder Einrichtungen der Luftwaffe, Blockaden im Einsatzraum usw.). Die Aktionen könnten darauf abzielen, die Armee und den zugunsten des WEF geleisteten Assistenzdiensteinsatz zu diskreditieren.

Die Protestaktionen gegen das WEF 04 haben gezeigt, dass die Gewaltbereitschaft der extremistischen Szene anhält. Gleichzeitig distanziert sich die grosse Mehrheit friedlicher und gesprächsbereiter Globalisierungskritiker zunehmend von dieser gewaltbereiten Minderheit. Dies führt zu einer Isolation der gewaltbereiten Gruppen.

Als Folge davon sinkt zwar das Risiko, dass sich während Massenveranstaltungen auch friedfertige Protestierende an Ausschreitungen beteiligen. Hingegen steigt die Gefahr von (auch dezentralen) Sabotageaktionen und von kleineren, gezielten und gewalttätigen Kundgebungen extremistischer Gruppen, auch im Vorfeld des Anlasses.

Aus diesem Grund muss gesamtschweizerisch mit Aktionen vor und nach Beginn des WEF 05 und des WEF 06 sowie mit einer Hauptkundgebung der Globalisierungskritiker und -gegner während des WEF 05 bzw. des WEF 06 vor Ort oder an einem Ersatzort gerechnet werden.

2.2

Risiko von Terroranschlägen

Durch die anhaltend angespannte Sicherheitslage im Irak und im Nahen Osten muss unvermindert von einer erhöhten Gefährdung ausgegangen werden, insbesondere für Einrichtungen und Personen der USA und den mit ihnen verbündeten Staaten wie Grossbritannien, Italien, die Niederlande und Polen, aber auch Israel sowie ­ aufgrund ihrer grossen muslimischen Minderheit ­ Deutschland und Frankreich.

Für das WEF 03, den G8-Gipfel in Evian 2003 und das WEF 04 war über dem Tagungsort eine Zone mit eingeschränktem Luftverkehr verfügt worden, um der Gefahr möglicher Anschläge aus der Luft (Flugzeuge, ferngesteuerte Flugobjekte, Helikopter, Gleitschirme, Deltasegler u.ä.) und ­ im Falle von Davos ­ auch allfälligen Aktionen extremistischer Globalisierungsgegner präventiv zu begegnen.

Aufgrund der aktuellen Lagebeurteilung (Stand: Mitte August 2004) kann das Risiko eines terroristischen Anschlages oder eines gezielten Angriffs auf die Kongressteilnehmer in Davos indes als gering beurteilt werden. Es liegen auch keine Hinweise auf mögliche Terroranschläge aus der Luft vor.

5302

2.3

Bedrohungsanalyse

Eine abschliessende Beurteilung der Sicherheitslage ist zum Zeitpunkt der Redaktion der Botschaft jedoch nicht möglich. Die Bedrohungsanalyse wird in enger interkantonaler und interdepartementaler Zusammenarbeit der Nachrichtenorgane und Sicherheitskräfte im Vorfeld und während des WEF 05 und des WEF 06 im Rahmen des üblichen Nachrichtenverbundes laufend fortgeführt.

3

Auftrag der Armee und geplante Massnahmen

Im Rahmen des geplanten Assistenzdiensteinsatzes der Armee wird grundsätzlich zwischen dem Einsatz am Boden und dem Einsatz in der Luft unterschieden. Für die Dauer des WEF 05 und des WEF 06 wird die Benützung des schweizerischen Luftraumes über der Region Davos eingeschränkt.

Die Armee wird beauftragt, ­

den Kanton Graubünden anlässlich des WEF 05 und des WEF 06 im Rahmen eines Assistenzdiensteinsatzes im Aufgabenspektrum für den Schutz internationaler Konferenzen zu unterstützen;

­

die Kantonspolizei Graubünden bei den Vorbereitungs- und Abbauarbeiten anlässlich des WEF 05 und des WEF 06 zu unterstützen;

­

im Auftrag der Kantonspolizei Graubünden Überwachungsflüge und Lufttransporte zugunsten terrestrischer Polizeieinsätze durchzuführen;

­

zugunsten der zivilen Behörden auf Stufe Kanton und Bund den Schutz des Luftraumes sicherzustellen und die zivilen Behörden beim Lufttransport völkerrechtlich geschützter Teilnehmer zu unterstützen;

­

den Kanton Graubünden in den koordinierten Bereichen zu unterstützen;

­

jederzeit in der Lage zu sein, auf eine Krise oder ein ausserordentliches Ereignis in der Schweiz (das heisst auch ausserhalb des WEF-Einsatzraumes) oder in den Grenzregionen reagieren zu können und auf Ersuchen der zivilen Behörden, diese subsidiär zu unterstützen.

4

Rechtliche Aspekte

4.1

Verfassungsmässigkeit

Die Bundesverfassung weist die Verantwortung für die Wahrung der inneren Sicherheit und damit auch die Sorge für die Sicherheit der sich in der Schweiz aufhaltenden völkerrechtlich geschützter Personen in erster Linie den Kantonen zu.

Der Bund ist demgegenüber im Rahmen von Artikel 57 der Bundesverfassung (BV; SR 101) gehalten, das jeweilige völkerrechtlich gebotene Schutzniveau festzulegen und, sofern dieses die faktischen Möglichkeiten der Kantone überfordert, diese im Rahmen seiner Möglichkeiten zu unterstützen.

5303

4.2

Subsidiarität

Gestützt auf Artikel 67 des Militärgesetzes vom 3. Februar 1995 (MG; SR 510.10) können auf Verlangen ziviler Behörden Truppen im Assistenzdienst zum Schutz von Personen und besonders schutzwürdiger Sachen bzw. zur Erfüllung anderer Aufgaben von nationaler Bedeutung zur Verfügung gestellt werden. Die Aufgabe muss im öffentlichen Interesse liegen und die Mittel der zivilen Behörden müssen in personeller, materieller oder zeitlicher Hinsicht ausgeschöpft sein.

Die im Kanton Graubünden vorhandenen Polizeikräfte reichen ­ selbst bei einer Verstärkung durch andere Polizeikräfte ­ nicht aus, die Sicherheit des mehrtägigen Anlasses zu garantieren. Die Kantone können insgesamt nicht mehr als die, im Rahmen eines interkantonalen Polizeieinsatzes zur Verfügung stehenden 1335 Polizeikräfte, stellen, da noch Polizeikräfte für die Bewältigung von Sicherheitsaufgaben im Zusammenhang mit dem WEF ausserhalb des Kantons Graubünden, im Sinne dezentraler Aktionen, erforderlich sein werden. Die Situation präsentiert sich gleich wie anlässlich der letztjährigen WEF-Veranstaltung.

Aus diesen Gründen sind die rechtlichen Voraussetzungen für einen Einsatz von Armeeformationen im Assistenzdienst für die Unterstützung der Kantonspolizei Graubünden erfüllt.

4.3

Polizeibefugnisse und Schusswaffengebrauch

Die eingesetzten Truppen nehmen gestützt auf Artikel 92 MG die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Polizeibefugnisse wahr. Die Polizeibefugnisse und der Schusswaffengebrauch richten sich im Rahmen der Bestimmungen der Verordnung vom 26. Oktober 1994 über die Polizeibefugnisse der Armee (VPA; SR 510.32) nach dem schriftlichen Auftrag der zuständigen zivilen Behörden.

Die Einsatzregeln (Rules of Engagement) werden vom VBS (Bereich Verteidigung) in Zusammenarbeit mit den zivilen Behörden (Kantonspolizei Graubünden) und nach Rücksprache mit dem EJPD (Bundesamt für Polizei) erarbeitet.

4.4

Genehmigung des Assistenzdiensteinsatzes der Armee

4.4.1

Bundesratsbeschluss vom 15. September 2004

Für das Aufgebot und die Zuweisung an die zivilen Behörden ist nach Artikel 70 Absatz 1 Buchstabe a MG der Bundesrat zuständig. Der Bundesratsbeschluss vom 15. September 2004 lautet den Einsatz der Armee am Boden und in der Luft betreffend wie folgt (Auszug): 1.

Der Einsatz der Armee im Assistenzdienst zur Unterstützung des Kantons Graubünden bei den Sicherheitsmassnahmen im Rahmen des WEF 05 und des WEF 06 in Davos wird gutgeheissen.

2.

Der Gesamtbestand der im Assistenzdienst eingesetzten Formationen beträgt jeweils höchstens 6500 Angehörige der Armee.

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3.

Der Assistenzdienst anlässlich des WEF 05 dauert längstens vom 17.­31. Januar 2005 (= 15 Tage).

4.

Der Assistenzdiensteinsatz der Armee zugunsten des WEF 06 wird im gleichen Rahmen und Umfang bezüglich der Aufgaben, des Kräfteansatzes und der Assistenzdienstdauer gutgeheissen.

5.

Zur Wahrung der Lufthoheit und zur Sicherheit im Luftraum wird der nachfolgend beschriebene Luftraum für die Zivilluftfahrt am Freitag, 21. Januar 2005 von 08.00­18.00 Uhr Lokalzeit und Montag, 24. Januar 2005, von 08.00­18.00 Uhr Lokalzeit sowie vom Dienstag, 25. Januar 2005, 08.00 Uhr Lokalzeit bis am Montag, 31. Januar 2005, 22.00 Uhr Lokalzeit eingeschränkt:

Horizontale Ausdehnung Zentrum Davos 46°48'44" N 009°50'59" E Radius 25 nautische Meilen (ca.

46,3 km) exklusiv über schweizerischem Hoheitsgebiet (ohne Liechtenstein).

Vertikale Ausdehnung Nordwestlich einer Trennlinie Piz Buin­Julierpass­Septimerpass von Grund bis FL 195 (ca. 5950 m.ü.M). Südöstlich einer Trennlinie Piz Buin­Julierpass­Septimerpass von 11 000 ft AMSL (ca. 3630 m.ü.M) bis FL 195.

Zur Sicherheit im Luftraum und zur Wahrung der Lufthoheit anlässlich des WEF 06 wird der Luftverkehr im gleichen Umfang und Rahmen bezüglich der räumlichen Ausdehnung und zeitlichen Dauer (inklusive Training und Überprüfung der Verfahren) eingeschränkt.

4.4.2

Notwendigkeit eines Bundesbeschlusses

Es ist beabsichtigt, für beide Anlässe mehr als 2000 Angehörige der Armee einzusetzen. Demzufolge muss der Einsatz gemäss Artikel 70 Absatz 2 MG der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitet werden.

5

Einsatz der Armee im Assistenzdienst zugunsten der Kantonspolizei Graubünden

5.1

Aufgaben der im Assistenzdienst eingesetzten Armeeformationen

Die im Assistenzdienst eingesetzten Armeeformationen nehmen gemäss Aufgabenspektrum für den Schutz internationaler Konferenzen folgende Aufgaben wahr: ­

Schutzaufgaben (Bewachen, Überwachen, Sichern, Personenkontrollen, Reserveeinsätze);

­

Vorbereitungsmassnahmen (Aufbauarbeiten, Härten);

­

Unterstützungsaufgaben im Bereich Logistik, Koordinierter Sanitätsdienst und B- respektive C-Abwehr;

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­

Überwachung des schweizerischen und, in Zusammenarbeit mit den österreichischen Luftstreitkräften, des angrenzenden österreichischen Luftraumes;

­

Überwachungsflüge, Bodenaufklärung und Luftpolizeidienst bei eingeschränktem Luftverkehr;

­

Lufttransporte völkerrechtlich geschützter Teilnehmer.

5.2

Dauer und Umfang des Assistenzdiensteinsatzes der Armee zugunsten des WEF 05 und WEF 06

Der Einsatz der Armee im Assistenzdienst zugunsten des Kantons Graubünden dauert längstens vom 17. bis 31. Januar 2005. Zur Unterstützung der zivilen Behörden im Rahmen des WEF 05 werden Berufs- und Milizformationen bis zu einem Maximalbestand von 6500 Angehörigen der Armee im Assistenzdienst eingesetzt.

Zugunsten des WEF 06 soll die Armee im gleichen Rahmen und Umfang bezüglich der Aufgaben, des Kräfteansatzes und der Assistenzdienstdauer eingesetzt werden.

5.3

Reservenbildung zur Wahrung der Handlungsfreiheit auf Stufe Bund

Zur Wahrung der Handlungsfreiheit auf Stufe Bund und Armee wird eine Reserve von Berufs- und Milizformationen geschaffen. Sie hält sich bereit, bei einem ausserordentlichen Ereignis in der Schweiz oder in den Grenzregionen die zivilen Behörden auf deren Ersuchen subsidiär zu unterstützen (siehe Ziff. 3). Die Reserve oder Teile davon werden nur im Ereignisfall in den Assistenzdienst versetzt.

5.4

Einsatzverantwortung

Der Assistenzdiensteinsatz der Armee erfolgt nach dem Subsidiaritätsprinzip. Demzufolge liegt die Einsatzverantwortung bei den zivilen Behörden.

5.5

Kommandant subsidiärer Sicherungseinsatz

Als Kommandant subsidiärer Sicherungseinsatz (KSSE) WEF 05 und WEF 06 übernimmt der Chef der Armee, Korpskommandant Christophe Keckeis, die Führung der teilstreitkräfteübergreifenden Operation.

5306

6

Massnahmen zum Schutz des Luftraumes

6.1

Kontrolle des Luftverkehrs

Die Massnahmen zur Einschränkung des Luftverkehrs über Davos richten sich nach den Bedürfnissen zur Sicherstellung des angestrebten Schutzes der Konferenz.

Angestrebt wird in erster Linie eine Kontrolle des zivilen und militärischen Luftverkehrs mit möglichst geringfügiger Einschränkung desselben.

Die Massnahmen werden unter Leitung der Luftwaffe in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) im UVEK und unter Berücksichtigung der Interessen des zivilen Luftverkehrs wie folgt festgelegt: -

Überwachung des betroffenen Luftraumes mittels boden- und luftgestützten Sensoren. Mit Österreich findet zu diesem Zweck ein Austausch der gegenseitigen Luftlage und von Verbindungsoffizieren statt;

-

Festlegung der Verfahren für Bewilligung und Kontrolle des Luftverkehrs innerhalb des betroffenen Luftraumes;

-

Schutz des Luftraumes primär über Davos und Unterstützung der zivilen Behörden im Bereich des Luftpolizeidienstes.

6.2

Eingeschränkter Luftraum

Zur Sicherheit im Luftraum und zur Wahrung der Lufthoheit wird der Bundesrat gestützt auf Artikel 7 des Luftfahrtsgesetzes (LFG; SR 748.0) vom 25.­31. Januar 2005 die Benützung des schweizerischen Luftraumes über der Region einschränken.

Zusätzlich wird der Luftraum für das Training und die Überprüfung der Verfahren am 21. und am 24. Januar 2005 für je einen Tag eingeschränkt. Der durch Massnahmen zur Einschränkung des Luftverkehrs betroffene Luftraum beschränkt sich auf rein schweizerisches Hoheitsgebiet. Anlässlich des WEF 06 soll der Luftverkehr im gleichen Umfang und Rahmen bezüglich der räumlichen Ausdehnung und der zeitlichen Dauer (inklusive Training und Überprüfung der Verfahren) eingeschränkt werden.

7

Finanzielle Auswirkungen

Im Rahmen des geplanten Assistenzdiensteinsatzes der Armee fallen für das Gros der eingesetzten Truppen im Vergleich zu einem ordentlichen Ausbildungs- bzw.

Flugdienst nicht wesentlich höhere Ausgaben an. Die Ausgaben für die vom VBS zu erbringenden subsidiären Leistungen können aufgrund der Endabrechung WEF 04 des VBS auf rund 19,5 Millionen Franken beziffert werden. Die effektiven Mehrausgaben ­ das heisst die Mehrausgaben im Vergleich zu einem «normalen» Ausbildungs-Wiederholungskurs, welche die zugunsten des WEF 05 eingesetzten Formationen im Jahr 2005 leisten müssten ­ können auf 2,5 Millionen Franken veranschlagt werden.

Das VBS geht davon aus, dass seine Ausgaben im Rahmen der bewilligten Kredite voraussichtlich aufgefangen werden können. Die gegenüber dem Kanton Graubünden und den Organisatoren im Sicherheitsbereich erbrachten Leistungen und Kosten 5307

werden wiederum erfasst. Alle Leistungen des VBS zugunsten der zivilen Behörden, die nicht im direkten Zusammenhang mit dem Assistenzdiensteinsatz der Armee stehen, werden gemäss Artikel 7 und 12 der Verordnung über den Einsatz militärischer Mittel für zivile und ausserdienstliche Tätigkeiten vom 8. Dezember 1997 (VEMZ, SR 510.212) beziehungsweise gemäss der Verordnung des VBS über die Gebühren und Dienstleistungen vom 9. Dezember 1998 (Gebührentarif VBS; SR 510.461) dem Kanton Graubünden in Rechnung gestellt (siehe Ziff. 3).

Sollten die vom VBS effektiv erbrachten Leistungen aufgrund ausserordentlicher Ereignisse wesentlich über den gegenwärtigen Annahmen liegen, behält sich das VBS vor, zu gegebener Zeit und auf dem ordentlichen Wege die Aufhebung der Kreditsperre bzw. einen Nachtragskredit ohne Kompensation zu beantragen.

8

Genehmigung des Assistenzdiensteinsatzes der Armee zugunsten des WEF 05 und WEF 06

8.1

Ausgangslage

Das privatrechtlich organisierte und jährlich stattfindende WEF stellt für die Interessen der Schweiz (Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft) eine hervorragende Plattform dar und ermöglicht dem Bundesrat zahlreiche und qualitativ hochstehende Kontakte.

Aufgrund dieser Tatsache qualifizierte der Bundesrat in seinem Beschluss vom 28. Juni 2000 das WEF als ausserordentliches Ereignis und bedeutend für die internationalen Interessen der Schweiz. Am 23. Januar 2002 bestätigte er den Ausnahmestatus des WEF, indem er entschied, dass sich der Bund weiterhin mit 80 % an den Kosten für das Zusatzdispositiv zugunsten völkerrechtlich geschützter Personen beteiligt und am 20. August 2003 verabschiedete er das Finanzierungskonzept des EVD/seco.

8.2

Genehmigung des Assistenzdiensteinsatzes der Armee zugunsten der Sicherheitsmassnahmen im gleichen Umfang bis und mit WEF 06

Aufgrund der unverändert geltenden bundesrätlichen Qualifikation betreffend der Bedeutung des WEF für die Interessen der Schweiz soll der Assistenzdiensteinsatz der Armee im gleichen Rahmen und Umfang wie anlässlich des WEF 04 für die Jahre 2005 und 2006 bewilligt werden. Damit würde die Unterstützung des WEF durch das VBS mit dem Finanzierungskonzept des EVD/seco korrelieren und die finanzielle, materielle und personelle Unterstützung des Bundes zugunsten des WEF würde in einer einheitlichen Rahmenplanung zusammengeführt.

Demzufolge wird der Bundesrat hinsichtlich des WEF 07 zuhanden der Bundesversammlung ggf. die neu erforderlichen Anträge stellen: ­

in Bezug auf das Kostendach bei den Sicherheitskosten respektive die anteilsmässige finanzielle Abgeltung durch den Bund;

­

in Bezug auf die Weiterführung der Unterstützung durch das VBS zugunsten der Sicherheitsmassnahmen (Assistenzdiensteinsatz der Armee).

5308

Sollte zwischenzeitlich eine Verschärfung der sicherheitspolitischen Situation die Verstärkung des Assistenzdiensteinsatzes der Armee über den bewilligten Umfang hinaus notwendig machen, unterbreitet der Bundesrat die Massnahmen der Bundesversammlung zur Genehmigung.

Umgekehrt wird der Bundesrat bei einer Veränderung der rechtlichen Voraussetzungen bzw. der Bedrohung den Assistenzdiensteinsatz der Armee zugunsten des WEF redimensionieren. Im Sinne der politischen Kontrolle legt das VBS zusammen mit dem EJPD den Sicherheitspolitischen Kommissionen des National- und des Ständerates bis spätestens im vierten Quartal 2005 eine Beurteilung der Sicherheitslage vor.

Das Postulat der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerates vom 25. Mai 2004 (04.3259) fordert bei Assistenzdiensten der Armee eine Anpassung respektive eine Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens: Politisch unumstrittene Einsätze könnten in einer (Sammel-)Botschaft der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitet werden. Bei den Einsätzen zu Gunsten des WEF handelt es sich um wiederkehrende Einsätze, die politisch eher unbestritten sind. Demzufolge beantragt der Bundesrat, die Assistenzdiensteinsätze der Armee zum Schutz der WEF 05 und 06 mit der vorliegenden Botschaft von der Bundesversammlung genehmigen zu lassen.

9

Bezug zur Legislaturplanung

Die Botschaft zum Einsatz der Armee im Assistenzdienst im Rahmen der Sicherheitsmassnahmen anlässlich des WEF 05 und des WEF 06 ist im Bericht des Bundesrates über die Legislaturplanung 2003­2007 angekündigt (BBl 2004 1149, Beilage 1, 1202). Der Einsatz der Armee im Rahmen der Konferenzschutzmassnahmen zugunsten des WEF in Davos entspricht dem Ziel 9 («Die Sicherheit gewährleisten») des Bundesrates, wonach die sicherheitspolitischen Instrumente der Schweiz umfassend und flexibel zusammenwirken müssen. Der Bundesrat will ­ bedingt durch die Verknappung der finanziellen Ressourcen ­ vermehrt die Armee zur Gewährleistung der inneren Sicherheit zur subsidiären Unterstützung der zivilen Behörden einsetzen (BBl 2004 1184, Ziff. 6.3).

10

Rechtsform

Der vorliegende Bundesbeschlüsse stellt ein Einzelakt der Bundesversammlung dar, der in einem Bundesgesetz ausdrücklich vorgesehen ist (Art. 173 Abs. 1 Bst. h BV in Verbindung mit Art. 70 Abs. 2 MG). Da er weder rechtsetzend ist, noch dem Referendum untersteht, hat er die Form eines einfachen Bundesbeschlusses (Art. 163 Abs. 2 BV und Art. 29 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Bundesversammlung: Parlamentsgesetz; SR 171.10).

5309

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