04.011 Jahresbericht 2002/2003 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte vom 23. Januar 2004

«Le sénat, dont l'approbation tenait lieu de récompense, savait louer et blâmer quand il fallait.» Jacques Bénigne Bossuet, Discours sur l'histoire universelle 1681, Teil III, Kapitel 6 Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir beehren uns, Ihnen den Bericht über die Tätigkeit der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation von Mai 2002 bis Dezember 2003 zu unterbreiten und bitten Sie, davon Kenntnis zu nehmen.

Dieser Bericht gibt insbesondere Auskunft über die während der Berichtsperiode vorgenommenen Inspektionen und Kontrollen sowie über die wichtigsten Ergebnisse und die daraus zu ziehenden Lehren. Ein besonderes Augenmerk gilt auch den Folgen, die den Empfehlungen der Kommissionen gegeben wurden.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

23. Januar 2004

Im Namen der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Die Präsidenten: Hugo Fasel, Nationalrat Hans Hofmann, Ständerat

2004-0248

1673

Inhaltsverzeichnis Abkürzungen

1677

I Einleitung

1681

II Auftrag und Organisation

1684

1 Auftrag, Instrumente und Aufsichtsbereich

1684

2 Organisation

1684

3 Informationsrechte der Geschäftsprüfungskommissionen, Amtsgeheimnis

1690

4 Einige Zahlen und Angaben zur allgemeinen Prüfungstätigkeit

1691

5 Zusammenarbeit mit anderen parlamentarischen Kommissionen und Ratsgeschäfte

1694

III Ausgewählte Themen

1698

6 Wirtschafts- und Finanzpolitik 6.1 Kurzarbeitsentschädigung 6.2 Kriegsmaterialausfuhr 6.3 Rolle der Schweiz in den Bretton-Woods-Institutionen 6.4 Umsetzung des Gesetzes über die Geldwäscherei 6.5 Eidgenössische Bankenkommission

1698 1698 1699 1700 1701 1703

7 Justizwesen 7.1 Oberaufsicht über die Justiz 7.2 Inspektion am Kassationshof des Bundesgerichts 7.3 Aufbau der neuen unterinstanzlichen Bundesgerichte 7.4 Effizienzvorlage 7.5 Praxis des Bundesgerichts bei der intertemporalrechtlichen Regelung zur neuen Beschwerdefrist der Nichtigkeitsbeschwerde

1703 1703 1705 1708 1710

8 Staat und Verwaltung 8.1 Oberaufsicht über den 3. und 4. Kreis 8.2 Staatshaftung 8.3 Evaluation und Weiterentwicklung des Projekts FLAG 8.4 Stiftungsaufsicht: Beispiel der Stiftungen des Dr. Rau 8.5 Berichterstattung zum Bundespersonalgesetz (Art. 5 Abs. 1 BPG) 8.6 Nebenbeschäftigungen von Beamten 8.7 Personalpolitik in den Karrierediensten und Organisation des Aussendienstes des EDA 8.8 Organisation des Datenschutzes in der Bundesverwaltung 8.9 Informationspolitik des EDA 8.10 Archivierung von diplomatischen Depeschen

1713 1713 1714 1714 1717 1719 1720

9 Soziale Sicherheit und Gesundheit 9.1 Kostendämpfung in der Krankenversicherung

1728 1728

1674

1712

1722 1724 1726 1727

9.2 Entscheidpraxis des Bundesrats im Falle von Tarifentscheiden der Kantone 9.3 Stiftung «Wohnheim Rabenfluh» 9.4 Swissmedic 9.5 Lebensmittelsicherheit 10 Sicherheitspolitik 10.1 Staatsschutz und Nachrichtendienste 10.1.1 Kontakte des Schweizer Nachrichtendienstes zu Südafrika zur Zeit des Apartheidregimes 10.1.2 Satellitenaufklärungssystem des VBS (Projekt «Onyx») 10.1.3 Weitere von der GPDel untersuchte Themen 10.1.3.1 Abgrenzung der Untersuchungen der GPDel von internen Administrativuntersuchungen 10.1.3.2 Fernhaltemassnahmen gegen Ausländer, welche für die Sicherheit der Schweiz eine Gefahr darstellen 10.1.3.3 Legendierung der Nachrichtenbeschaffer des Strategischen Nachrichtendienstes (SND) 10.1.3.4 Themen im Bereich innere Sicherheit 10.1.3.5 Themen im Bereich äussere Sicherheit

1730 1731 1732 1734 1735 1735 1736 1738 1739 1739 1740 1743 1743 1745

11 Verkehrspolitik 11.1 Untersuchung der Swissair-Krise 11.2 Sicherheit in der Zivilluftfahrt 11.3 Angliederung des Büros für Flugunfalluntersuchung

1746 1746 1748 1748

12 Ausländer- und Asylpolitik 12.1 Rückführungspraxis im Asylbereich 12.2 Schweizerische Asylrekurskommission

1749 1749 1750

13 Kulturpolitik 13.1 Schweizerisches Landesmuseum

1751 1751

14 Umweltpolitik 14.1 Landschaftsschutz

1752 1752

15 Gesellschaftspolitik 15.1 Koordination der Tätigkeiten des Bundes im Bereich «Sekten»

1753 1753

16 Weitere Schwerpunkte 16.1 Geschäftsbericht 2002 des Bundesrats 16.2 Geschäftsberichte 2002 des Bundesgerichts und des Versicherungsgerichts 16.2.1 Geschäftsbericht 2002 des Bundesgerichts 16.2.2 Geschäftsbericht 2002 des Versicherungsgerichts

1754 1754

IV Rückblick und Ausblick

1761

17 Bilanz der Legislatur 1999­2003

1761

18 Zukunftsperspektiven, Strategie für die neue Legislatur

1762

1759 1759 1760

1675

Anhang 1 Jahresbericht 2002/2003 der Parlamentarischen Verwaltungskontrollstelle

1764

Anhang 2 Handlungsgrundsätze der GPK

1784

Anhang 3 Einige Zahlen und Angaben zur allgemeinen Prüfungstätigkeit

1787

Anhang 4 Tabelle der parlamentarischen Vorstösse der GPK

1789

1676

Abkürzungen AB Abs.

AG al.

ANAG APK-N APK-N ARK Art.

AS AsylG ATSG AVIG BAG BAKOM BAP BAZL BBL BFF BFU BLN BPG BPV BStP BSV Buchst.

BüG BUWAL BV BVE BVG BWI BWIS bzw.

ca.

DAP

Amtliches Bulletin Absatz Aktiengesellschaft alinea Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer Aussenpolitische Kommission des Nationalrates Aussenpolitische Kommission des Ständerates Asylrekurskommission Artikel Amtliche Sammlung Asylgesetz Allgemeiner Teils des Sozialversicherungsgesetzes Bundesgesetz über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung Bundesamt für Gesundheit Bundesamt für Kommunikation Bundesamt für Polizei Bundesamt für Zivilluftfahrt Bundesblatt Bundesamt für Flüchtlinge Büro für Flugunfalluntersuchungen Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung Bundespersonalgesetz Bundespersonalverordnung Bundesgesetz über die Bundesstrafrechtspflege vom 15. Juni 1934 Bundesamt für Sozialversicherung Buchstabe Bürgerrechtsgesetz Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft Bundesgesetz über die verdeckte Ermittlung Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge Bretton-Woods-Institutionen Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit beziehungsweise circa Dienst für Analyse und Prävention 1677

d.h.

DEZA Dr.

DSG DUFis EBK EDA EDI EFD EffVor EFK EICS EKF ENHK ETH EJPD EU EVD EVG FD FE HM FHG FK FKG FLAG Fr.

GPDel GPK GPK-N GPK-N/S GPK-S GS EDI GSK GVG GWG Hg.

HMG HUMINT ICMPD Idekowi IKS IKV 1678

das heisst Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit Doktor Datenschutzgesetz Direkt unterstellte Finanzintermediäre Eidgenössische Bankenkommission Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten Eidgenössisches Departement des Innern Eidgenössisches Finanzdepartement Effizienzvorlage Eidgenössische Finanzkontrolle Euro Info Center Schweiz Elektronische Kriegführung Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission Eidgenössiche Technische Hochschulen Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement Europäische Union Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement Eidgenössisches Versicherungsgericht Finanzdelegation Facheinheit Heilmittel Bundesgesetz über den eidgenössischen Finanzhaushalt Finanzkommission Bundesgesetz über die Eigenössische Finanzkontrolle Führen mit Leistungsauftrag und Globalbudget Franken Delegation der Geschäftsprüfungskommissionen Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates Geschäftsprüfungskommissionen des National- und Ständerates Geschäftsprüfungskommissionen des Ständerates Generalsekretariat des Eidgenössischen Departements des Innern Generalsekretärenkonferenz Geschäftsverkehrsgesetz Geldwäschereigesetz Herausgeber Heilmittelgesetz Human intelligence Internationales Zentrum für Migrationspolitik in Wien Interdepartementale Kontaktgruppe «Wirkungsüberprüfungen» Interkantonale Kontrollstelle Interkantonale Vereinbarung über die Kontrolle der Heilmittel

IV IVV IWF KMU KPA KVG MG Mio.

Mo NAD NEAT NHG NLR NLS NPM NPP NR NZZ OG Osec OSINT OV-EDI ParlG ParlVV PRS PSPV PUK PVK resp.

RIPOL RPG RVOG SARS SAV SBB SchKG SDK seco SIGINT SiK-N

Invalidenversicherung Verordnung über die Invalidenversicherung Internationaler Währungsfonds Klein- und Mittelunternehmungen Konferenz der Präsidien der Aufsichtskommissionen und ­ delegationen Bundesgesetz über die Krankenversicherung Militärgesetz Millionen Motion NEAT-Aufsichtsdelegation Neue Eisenbahn Alpentransversale Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz Niederländisches Luft- und Raumfahrtsinstitut Neues Lohnsystem New Public Management Neue Personalpolitik des Bundes Nationalrat Neue Zürcher Zeitung Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege Osec Business Network Switzerland Open source intelligence Organisationsverordnung für das Eidgenössische Departement des Innern Parlamentsgesetz Parlamentsverwaltungsverordnung Präsenz Schweiz Verordnung über die Personensicherheitsprüfungen Parlamentarische Untersuchungskommission Parlamentarische Verwaltungskontrollstelle Respektiv Automatisches Fahndungssystem der Polizei Bundesgesetz über die Raumplanung Verwaltungsorganisationsgesetz schweres akutes respiratorisches Syndrom Schweizerischer Anwaltsverband Schweizerische Bundesbahnen Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz Schweizerische Sanitätsdirektorenkonferenz Staatssekretariat für Wirtschaft Signals intelligence Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates 1679

SJZ SLM SNB SND Sofi SP SR SRO SRO's StGB SVP TarMed u. a.

UVEK VBS VEA VEKF vgl.

VKL VND VWIS WAK-S WB WBK-S WMD WP z.B.

ZBJV ZGB

1680

Schweizerische Juristen Zeitung Schweizerisches Landesmuseum Schweizerische Nationalbank Strategischer Nachrichtendienst Swiss Organisation for Facilitating Investments Sozialdemokratische Partei Systematische Rechtssammlung Selbstregulierungsorganisation Selbstregulierungsorganisationen Strafgesetzbuch Schweizerische Volkspartei Neue Arzttarifstruktur unter anderem Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport Verordnung über Einreise und Anmeldung von Ausländerinnen und Ausländern Verordnung über die elektronische Kriegsführung vergleiche Verordnung über die Kostenermittlung und die Leistungserfassung durch Spitäler und Pflegeheime in der Krankenversicherung Verordnung über die Nachrichtendienste im Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport Verordnung über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates Weltbankgruppe Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates Massenvernichtungswaffen Wirksamkeitsüberprüfung zum Beispiel Zeitschrift des bernischen Juristenvereins Schweizerisches Zivilgesetzbuch

Bericht I.

Einleitung

Gemäss Artikel 55 des Parlamentsgesetzes (ParlG; SR 171.10) unterbreiten die Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) und die Delegation der Geschäftsprüfungskommissionen (GPDel) dem Parlament einmal jährlich einen öffentlichen Bericht, in welchem sie in groben Zügen ihre Tätigkeiten und die erzielten Hauptergebnisse umreissen.

Der vorliegende Bericht vermittelt einen repräsentativen Überblick über wichtige Themen, über die das Parlament und die Öffentlichkeit informiert werden, um entweder Unzulänglichkeiten oder Missstände aufzuzeigen, aus Kritiken Lehren zu ziehen oder um den Vollzug bestimmter öffentlicher Politiken beurteilen zu können.

Die Fülle der im vorliegenden Bericht behandelten Themen belegt das Ausmass und die Vielfalt der Sachbereiche, welche der parlamentarischen Oberaufsicht unterstellt sind.

Im Berichtszeitraum führten die GPK mehrere Inspektionen durch, vor allem betreffend die Fluggesellschaft Swissair (GPK-S), die Rolle der Schweiz in den Bretton Woods-Institutionen (GPK-S), die Nahrungsmittelsicherheit (GPK-N), die Organisation des Datenschutzes in der Bundesverwaltung (GPK-N), das schweizerische Landesmuseum (GPK-N), die diplomatischen und konsularischen Dienste (GPK-N), den Landschaftsschutz (GPK-N), die Beziehungen der Schweiz zu Südafrika während der Apartheid (GPDel) sowie das System zur Aufklärung von Satellitenkommunikation (GPDel). Zu all diesen Arbeiten wurden öffentliche Berichte erstattet.

Der vorliegende Jahresbericht enthält eine kurze Zusammenfassung dieser Berichte.

Weitere Arbeiten sind derzeit im Gange und sollen 2004 abgeschlossen werden. Sie betreffen die Informationspolitik des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (GPK-N), den E-Commerce (GPK-N), die Eidgenössische Stiftungsaufsicht (GPK-S), das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic (GPK-S) sowie den Mindestzinssatz im Bereich der beruflichen Vorsorge (GPK-N).

Ausserdem führten die GPK Nachkontrollen zu verschiedenen Arbeiten durch. Bei der Nachkontrolle geht es darum, einige Jahre nach einer Inspektion die Umsetzung der Empfehlungen der GPK zu überprüfen und die Fortschritte der Verwaltung bei der Führung der untersuchten Politik zu messen. Die GPK führten Nachkontrollen zu folgenden Themen durch: Kurzarbeitsentschädigungen (GPK-N), Umsetzung des Geldwäschereigesetzes (GPK-N),
Politik des Bundes betreffend «Sekten» und andere vereinnahmende Bewegungen (GPK-N), Nebenbeschäftigungen von Angestellten des Bundes (GPK-N), Kostendämpfungsmassnahmen in der Krankenversicherung (GPK-S).

Schliesslich führten die GPK mehrere Besuche bei Bundesämtern durch und prüften die Geschäftsberichte des Bundesrates und anderer Institutionen (Eidgenössische Bankenkommission, Rat der Eidgenössischen Technischen Hochschulen, RUAG usw.).

1681

Ausserdem sei daran erinnert, dass die GPK sich während des Berichtszeitraumes 28 Mal im Plenum und 110 Mal in Sitzungen der Subkommissionen versammelten.

Die GPDel ihrerseits führte 32 Sitzungen durch. Das entspricht insgesamt 170 Sitzungen.

Die Kontrolle durch das Parlament beschränkt sich indessen nicht auf die Tätigkeit des Bundesrates und der Bundesverwaltung. Artikel 169 der Bundesverfassung (BV, SR 101) geht noch weiter und sieht insbesondere die parlamentarische Aufsicht über die eidgenössischen Gerichte vor. In einem 2002 veröffentlichten Bericht stellte die GPK-S verschiedene Überlegungen und Schlussfolgerungen zu den Modalitäten der parlamentarischen Aufsicht über die Justiz vor. In der Tat erfordert die Unabhängigkeit der Richter eine Durchführung der Aufsicht in engeren Grenzen, als sie für die Exekutive gelten. Die Oberaufsicht über die Gerichte erschöpft sich im Wesentlichen in der Kontrolle der nicht-rechtsprechenden Tätigkeit der Gerichte sowie in der Achtung der grundlegenden Verfahrensgarantien.

Trotzdem bereitet die klare Trennung der rechtsprechenden und der nicht-rechtsprechenden Tätigkeiten in bestimmten Fällen Probleme. Das haben im Übrigen die Ereignisse von 2003 am Kassationshof des Bundesgerichts gezeigt. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte führten die GPK eine Inspektion beim Bundesgericht durch.

Mangels klarer und detaillierter Gesetzesgrundlagen mussten die GPK in Zusammenarbeit mit dem Gericht und den verschiedenen betroffenen Personen zuerst zahlreiche Verfahrensfragen klären. Das erschwerte die Arbeit der GPK. Die Durchführung der Inspektion verlangte ausserdem von den Kommissionsmitgliedern und dem Sekretariat ein hohes Mass an Engagement und Verfügbarkeit, welches bisweilen schwer mit dem Milizcharakter des Parlaments vereinbar war.

Dieses und andere Beispiele zeigen, dass sich die Instrumente der parlamentarischen Oberaufsicht angesichts der wachsenden Komplexität der staatlichen Aufgaben wenig entwickelt haben und an ihre Grenzen stossen. Deswegen muss dringend geklärt werden, mit welchen Finanz- und Personalressourcen sich das Parlament für die Ausübung der Kontrollaufgabe ausstatten möchte. Es muss über eine mögliche Professionalisierung in diesem Bereich nachgedacht werden.

Im Laufe der Berichtsperiode führten die GPK ausserdem vertiefte Überlegungen zu
ihrer Arbeitsweise und zur Art der Zielerreichung in der nächsten Legislatur durch.

Die Kommissionen verabschiedeten Handlungsgrundsätze, nach denen sie ihre Tätigkeiten in den kommenden Jahren ausrichten werden (vgl. Anhang 2).

Gemäss diesen Grundsätzen verfolgen die GPK folgende Ziele: ­

«die demokratische Verantwortlichkeit von Bundesrat und Bundesverwaltung, der eidgenössischen Gerichte und anderer Träger von Bundesaufgaben zu stärken;

­

das Wirken dieser Institutionen zu begleiten, umfassend zu bewerten und dadurch auch den politischen Handlungsbedarf in den beaufsichtigten Bereichen frühzeitig zu erkennen;

­

zur Behebung festgestellter Mängel und Missstände oder zur Nutzung von Optimierungsspielräumen in der Geschäftsführung beizutragen;

­

den Dialog mit allen Trägern von Bundesaufgaben herzustellen. Damit soll ein Lernprozess eingeleitet werden, der die Problemlösungskapazität der Behörden steigert;

1682

­

mehr Transparenz und Vertrauen in das Handeln dieser Institutionen zu schaffen;

­

Lehren für einen kohärenten Gesetzesvollzug wie auch für die zukünftige Gesetzgebung zu ziehen».

Gleichzeitig beschlossen die GPK, die Information des Parlaments und der Öffentlichkeit über ihre Arbeitsinhalte, ihre Funktionsmechanismen und die Folgemassnahmen zu ihren Berichten zu verbessern. Als konkrete Massnahme beschlossen sie, den Zeitpunkt der Veröffentlichung der GPK- Tätigkeitsberichte so zu ändern, dass er mit dem Kalenderjahr zusammenfällt. Ausserdem ist vorgesehen, dass der Jahresbericht ­ wie auch die anderen Berichte der GPK ­ künftig auf die Tagesordnung des National- und Ständerates gesetzt und in einer öffentlichen Sitzung erörtert werden.

Diese Neuausrichtung soll dazu beitragen, den Untersuchungsresultaten grössere Wirkung zu verleihen. Für die GPK geht es auch darum, ihre Arbeiten vorzustellen und sich vor dem Parlament für ihre Handlung zu verantworten ­ getreu dem Grundsatz, dass diejenigen, die selbst überwacht werden, die besten Wächter sind1.

Schliesslich soll diese Massnahme die Transparenz und die Information der Bürgerinnen und Bürger über die Funktionsweise des Staates verbessern und zu einer besseren demokratischen Diskussion beitragen.

Die Rolle des vorliegenden Berichts besteht darin, verschiedene Probleme und Missstände in der Verwaltungsführung aufzuzeigen. Daneben werden weitgehend auch die Erfolge und die erzielten Fortschritte erwähnt. Trotz der oft kritischen Bewertung ist unbestritten, dass der Bundesrat, die eidgenössischen Gerichte und ihre Verwaltungen insgesamt Arbeit von sehr hoher Qualität leisten. All denjenigen, die zur ordentlichen Arbeitsweise des Bundes beitragen, sei dafür gedankt. Dank gilt auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sekretariats der GPK für ihre Unterstützung und wertvolle Beratung.

Die GPK haben den vorliegenden Bericht an der Plenarsitzung vom 23. Januar 2004 gutgeheissen und beschlossen, ihn zu veröffentlichen.

1

In diesem Zusammenhang sei an die Frage von Juvenal erinnert: «Sed quis custodiet ipsos custodes?», «Aber wer überwacht die Wächter?» (Juvenal, Satiren, VI, 347).

1683

II

Auftrag und Organisation

1

Auftrag, Instrumente und Aufsichtsbereich

Die in Artikel 169 der Bundesverfassung (BV, SR 101) vorgesehene parlamentarische Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Bundesrats und der eidgenössischen Gerichte wird durch die GPK-N und GPK-S und im spezifischen Bereich des Staatsschutzes und der Nachrichtendienste durch ihre Delegation ausgeübt.

Bis Ende November 2003 waren ihre Rechte und Pflichten in den Artikeln 47ter ff.

des Geschäftsverkehrsgesetzes festgelegt (GVG, SR 171.11). Seit dem 1. Dezember 2003 bilden die Artikel 26 f., 52­55, 150 und insbesondere 153­158 des Parlamentsgesetzes (ParlG, SR 171.10) die entsprechenden Rechtsgrundlagen.

Die Kommissionen erfüllen ihre Aufgaben, indem sie ­

Inspektionen durchführen, d.h. vertiefte Abklärungen, welche die Kommissionen selber mit der Unterstützung des Sekretariats realisieren,

­

die Parlamentarische Verwaltungskontrollstelle (PVK) mit Evaluationen beauftragen,

­

den Geschäftsbericht des Bundesrats, den Tätigkeitsbericht des Bundesgerichts und des Eidgenössischen Versicherungsgerichts prüfen, sowie die Jahresberichte anderer mit Bundesaufgaben betrauter Organe (Eidgenössische Alkoholverwaltung, Eidgenössische Bankenkommission, Bereich der Eidgenössischen Technischen Hochschulen [ETH], usw.),

­

Amtsstellen der Verwaltung besuchen (Dienststellenbesuche),

­

von Dritten zugestellte Aufsichtseingaben behandeln,

­

die Umsetzung ihrer an den Bundesrat gerichteten Empfehlungen und ihre weiteren parlamentarischen Vorstösse verfolgen. (Nachkontrollen)

Anfangs 2003 setzten sich die Präsidenten der Subkommissionen der GPK-N kritisch mit dem Instrument des Dienststellenbesuchs auseinander. Es wurde festgestellt, dass Dienststellenbesuche in erster Linie der Information der GPK dienen und sie für die Kontrolle der Verwaltung nur beschränkt geeignet sind. Solche Besuche erlauben es der Verwaltung aber auch, ihre Anliegen den Aufsichtskommissionen vorzubringen. Die Dienststellenbesuche müssen durch die jeweilige Subkommission vor- und nachbereitet werden, um ihren optimalen Nutzen zu entfalten. In Kombination mit weiteren Oberaufsichtsinstrumenten tragen sie zur Wahrnehmung der Oberaufsicht durch die GPK bei.

2

Organisation

Die GPK-N setzt sich aus 25 Mitgliedern des Nationalrats zusammen, die GPK-S aus 13 Mitgliedern des Ständerats. Sie sind jeweils in Subkommissionen eingeteilt, welchen die sieben eidgenössischen Departemente, die Bundeskanzlei und die eidgenössischen Gerichte zugeteilt sind. Jede Kommission wählt ausserdem aus ihrer Mitte drei Mitglieder, welche zusammen die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) bilden. Diese befasst sich mit den Tätigkeiten im Bereich des Staatsschut1684

zes und der zivilen und militärischen Nachrichtendienste. Die Delegation verfügt über besonders weit reichende Rechte auf Information, welche in Artikel 154 und 155 ParlG festgelegt sind.

Im Berichtszeitraum wurde die Organisation der GPK zweimal geändert (vgl. Abbildung 1). Anlässlich der Sitzung vom 17. Januar 2003 beschlossen die GPK, auf provisorischer Basis eine Subkommission «Gerichte» einzusetzen, die mit der Oberaufsicht über die eidgenössischen Gerichte beauftragt ist. In dieser Entwicklung zeigt sich der Wille der GPK, die Aufsicht über die Gerichte besonders im Rahmen der Schaffung von unterinstanzlichen eidgenössischen Gerichten zu klären und zu stärken. Ausserdem werden damit die Beratungen in den eidgenössischen Räten über die Kompetenzzuweisung für die Oberaufsicht über die eidgenössischen Gerichte (AB 2002 S 1062) aufgegriffen. Im Laufe des Jahres 2003 zeigte die Untersuchung der GPK über die besonderen Vorkommnisse am Bundesgericht (vgl. Kap. 7.2), dass die GPK in der Lage sind, eine klare und wirksame Oberaufsicht über die eidgenössischen Gerichte auszuüben, und führte gleichzeitig dazu, dass die Subkommission «Gerichte» ab Anfang der Legislatur 2003­2007, d.h. am 1. Dezember 2003, definitiv eingesetzt wurde. Dieser Beschluss wurde für die GPK-S am 14. Oktober 2003 und für die GPK-N am 17. Oktober 2003 gefasst.

Daneben beschlossen die GPK, die für «Allgemeine Fragen» zuständigen Subkommissionen aufzulösen. Diese Subkommissionen hatten departementsübergreifende Themen zu behandeln, wie etwa Personal- und Infrastrukturfragen, Informationsverarbeitung, öffentliche Bauten und Einführung des New Public Management in der Verwaltung (das Führen mit Leistungsauftrag und Globalbudget FLAG). Anlässlich der Sitzung vom 17. Januar 2003 beschlossen die GPK, die Aufsichtskompetenz über die FLAG-Ämter an die für die jeweiligen Departemente zuständigen Subkommissionen abzutreten. So wurde z.B. der Leistungsauftrag 2004­2005 des Bundesamtes für Kommunikation (BAKOM) im Jahr 2003 nicht mehr von den Subkommissionen «Allgemeine Fragen», sondern von den Subkommissionen EDI/UVEK behandelt. Damit fiel das Gros der Geschäfte der Subkommissionen «Allgemeine Fragen» weg. Deswegen und aus Gründen der Wirtschaftlichkeit beschlossen die GPK, die Subkommissionen «Allgemeine Fragen» ab Anfang der Legislatur
2003­2007, d.h. am 1. Dezember 2003, definitiv aufzulösen. Diesen Beschluss hat die GPK-S am 14. Oktober 2003 und die GPK-N am 17. Oktober 2003 gefällt.

Die Bundeskanzlei (BK), die zum Aufsichtsbereich der Subkommissionen «Allgemeine Fragen» gehörte, wird neu den für das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) zuständigen Subkommissionen unterstellt, welche zuvor auch mit der Oberaufsicht über die Gerichte beauftragt waren. Der Vorteil der Umorganisation besteht darin, dass sie keine zusätzlichen Ressourcen erfordert und ausserdem eine ausgewogene Aufteilung der Geschäfte auf die verschiedenen Subkommissionen ermöglicht.

Die namentliche Zusammensetzung der GPK, der Subkommissionen und der Delegation im Zeitraum vom 17. Mai 2002 bis Ende der Legislatur 1999­2003, d.h. bis zum 30. November 2003, ist auf Abbildung 2 ersichtlich, die Zusammensetzung ab Beginn der Legislatur 2003­2007, d.h. ab dem 1. Dezember 2003, auf Abbildung 3.

1685

Struktur der GPK

Abbildung 1

GPK-N

GPK-S

GPDel Subkommission EDA / VBS

Subkommission EDA / VBS

Subkommission EFD / EVD

Subkommission EFD / EVD

Subkommission EDI / UVEK

Subkommission EDI / UVEK

Subkommission EJPD / BK

Ab dem 1.12.2003

Subkommission Gerichte

Subkommission Gerichte

Subkommission EJPD

Subkommission EJPD

Subkommission Gerichte

17.1.2003 30.11.2003

Subkommission Allgemeine Fragen

Subkommission EJPD / Gerichte Subkommission Allgemeine Fragen

1686

Subkommission EJPD / BK

Subkommission Gerichte Subkommission Allgemeine Fragen

17.5.2002 16.1.2003

Subkommission EJPD / Gerichte Subkommission Allgemeine Fragen

Abbildung 2 Zusammensetzung der GPK, der Subkommissionen und der Delegation vom 17. Mai 2002 bis am 30. November 2003 GPK-N

GPK-S

Gadient Brigitta M. (Präsidentin), Jossen Peter (Vizepräsident), Baumann Stephanie, Beck Serge, Binder Max, Bosshard Walter, Brunner Toni, Chevrier Maurice, Decurtins Walter, Fasel Hugo, Freund Jakob, Glasson Jean-Paul, Imhof Rudolf, Janiak Claude, Laubacher Otto, Lauper Hubert, Schmid Odilo, Schmied Walter, Schwaab Jean Jacques, Tillmanns Pierre, Tschäppät Alexander, Vaudroz René, Waber Christian, Wasserfallen Kurt, Wittenwiler Milli

Béguelin Michel (Präsident), Hofmann Hans (Vizepräsident), Bieri Peter, Briner Peter, Hess Hans, Langenberger Christiane (am 19.3.2003 durch Dettling Toni ersetzt), Lauri Hans (am 4.10.2002 durch Germann Hannes ersetzt), Leumann-Würsch Helen, Lombardi Filippo, Saudan Françoise, Stadler Hansruedi, Studer Jean, Wicki Franz

Delegation der GPK (GPDel) Tschäppät Alexander (Präsident), Leumann-Würsch Helen (Vizepräsidentin), Fasel Hugo, Hofmann Hans, Vaudroz René, Wicki Franz Subkommission EDA/VBS Tschäppät Alexander (Präsident bis am 22.8.2002, ersetzt als Präsident durch Glasson Jean-Paul), Freund Jakob, Glasson Jean-Paul, Janiak Claude, Laubacher Otto, Lauper Hubert, Schmid Odilo, Schmied Walter, Schwaab Jean Jacques, Tillmanns Pierre, Vaudroz René, Waber Christian

Langenberger Christiane (Präsidentin bis am 19.3.2003, ersetzt durch Dettling Toni), Briner Peter, Hofmann Hans, Leumann-Würsch Helen (Präsidentin ab dem 19.3.2003), Lombardi Filippo, Studer Jean

Subkommission EFD/EVD Imhof Rudolf (Präsident), Baumann Stephanie, Beck Serge, Bosshard Walter, Chevrier Maurice, Decurtins Walter, Fasel Hugo, Gadient Brigitta M., Jossen Peter, Laubacher Otto, Vaudroz René

Briner Peter (Präsident), Béguelin Michel, Hess Hans, Lauri Hans (am 4.10.2002 durch Germann Hannes ersetzt), Saudan Françoise

Subkommission EDI/UVEK Wittenwiler Milli (Präsidentin), Binder Max, Brunner Toni, Chevrier Maurice, Fasel Hugo, Freund Jakob, Schmid Odilo, Tillmanns Pierre, Waber Christian

Stadler Hansruedi (Präsident), Béguelin Michel, Hofmann Hans, Langenberger Christiane (am 19.3.2003 durch Dettling Toni ersetzt), Lombardi Filippo, Saudan Françoise 1687

Vom 17. Januar 2003 bis 30. November 2003 Subkommission EJPD Lauper Hubert (Präsident), Bosshard Walter, Chevrier Maurice, Gadient Brigitta M., Glasson Jean-Paul, Janiak Claude, Schwaab Jean Jacques, Wasserfallen Kurt, Wittenwiler Milli

Hess Hans (Präsident), Germann Hannes, Leumann-Würsch Helen, Studer Jean, Wicki Franz

Subkommission Gerichte Janiak Claude (Präsident), Bosshard Walter, Chevrier Maurice, Gadient Brigitta M., Glasson Jean-Paul, Lauper Hubert, Schwaab Jean Jacques, Wasserfallen Kurt, Wittenwiler Milli

Hess Hans (Präsident), Germann Hannes, Leumann-Würsch Helen, Studer Jean, Wicki Franz

Subkommission «Allgemeine Fragen» Baumann Stephanie (Präsidentin), Beck Serge, Binder Max, Brunner Toni, Decurtins Walter, Imhof Rudolf, Jossen Peter, Schmied Walter, Tillmanns Pierre

Bieri Peter (Präsident), Béguelin Michel, Briner Peter, Germann Hannes, Langenberger Christiane (am 19.3.2003 durch Dettling Toni ersetzt), Stadler Hansruedi

Vom 17. Mai 2002 bis 16. Januar 2003 Subkommission EJPD/Gerichte Lauper Hubert (Präsident), Bosshard Walter, Chevrier Maurice, Gadient Brigitta M., Glasson Jean-Paul, Janiak Claude, Schwaab Jean Jacques, Wasserfallen Kurt, Wittenwiler Milli

Hess Hans (Präsident), Lauri Hans (am 4.10.2002 durch Germann Hannes ersetzt), Leumann-Würsch Helen, Studer Jean, Wicki Franz

Subkommission «Allgemeine Fragen» Baumann Stephanie (Präsidentin), Beck Serge, Binder Max, Brunner Toni, Decurtins Walter, Imhof Rudolf, Jossen Peter, Schmied Walter, Tillmanns Pierre

1688

Lauri Hans (Präsident bis am 4.10.2002, ersetzt durch Germann Hannes), Béguelin Michel, Bieri Peter (Präsident ab dem 4.10.2002), Briner Peter, Langenberger Christiane, Stadler Hansruedi

Abbildung 3 Zusammensetzung der GPK, der Subkommissionen und der Delegation seit Beginn der Legislatur 2003­2007, bzw. seit dem 1. Dezember 2003 GPK-N

GPK-S

Fasel Hugo (Präsident), Wasserfallen Kurt (Vizepräsident), Beck Serge, Binder Max, Brunner Toni, Cina JeanMichel, Daguet André, de Buman Dominique, Gadient Brigitta M., Galladé Chantal, Glasson Jean-Paul, Glur Walter, Gutzwiller Felix, GyrSteiner Josy, Heim Beatrice, Janiak Claude, Kunz Josef, Meier-Schatz Lucrezia, Müller Geri, Oehrli Fritz Abraham, Pedrina Fabio, Riklin Kathy, Rossini Stéphane, Veillon PierreFrançois, Waber Christian

Hofmann Hans (Präsident), Stadler Hansruedi (Vizepräsident), Amgwerd Madeleine, Béguelin Michel, Berset Alain, Briner Peter, Escher Rolf, Hess Hans, Kuprecht Alex, LeumannWürsch Helen, Ory Gisèle, Saudan Françoise, Wicki Franz

Delegation der GPK (GPDel) Leumann-Würsch Helen (Präsidentin), Hofmann Hans (Vizepräsident), Janiak Claude, Glasson Jean-Paul, Fasel Hugo, Wicki Franz Subkommission EDA/VBS Glasson Jean-Paul (Präsident), Beck Serge, Daguet André, Gyr-Steiner Josy, Kunz Josef, Meier-Schatz Lucrezia, Müller Geri, Oehrli Fritz Abraham, Rossini Stéphane, Veillon PierreFrançois, Waber Christian

Béguelin Michel (Präsident), Amgwerd Madeleine, Briner Peter, Escher Rolf, Kuprecht Alex, Ory Gisèle

Subkommission EJPD/BK Meier-Schatz Lucrezia (Präsidentin), Binder Max, Brunner Toni, Daguet André, de Buman Dominique, Glasson Jean-Paul, Glur Walter, Gyr-Steiner Josy, Janiak Claude, Müller Geri, Wasserfallen Kurt

Hess Hans (Präsident), Amgwerd Madeleine, Berset Alain, Escher Rolf, Leumann-Würsch Helen, Ory Gisèle

Subkommission EFD/EVD Gadient Brigitta M. (Präsidentin), Fasel Hugo, Galladé Chantal, Glur Walter, Gutzwiller Felix, Heim Beatrice, Oehrli Fritz Abraham, Pedrina Fabio, Riklin Kathy, Waber Christian, Wasserfallen Kurt

Briner Peter (Präsident), Amgwerd Madeleine, Béguelin Michel, Berset Alain, Kuprecht Alex, Saudan Françoise

1689

Subkommission EDI/UVEK Binder Max (Präsident), Beck Serge, de Buman Dominique, Fasel Hugo, Galladé Chantal, Gutzwiller Felix, Heim Beatrice, Kunz Josef, Riklin Kathy, Rossini Stéphane, Veillon Pierre-François, Waber Christian

Stadler Hansruedi (Präsident), Béguelin Michel, Escher Rolf, Hofmann Hans, Kuprecht Alex, Saudan Françoise

Subkommission Gerichte Janiak Claude (Präsident), Brunner Toni, Cina Jean-Michel, Daguet André, Gadient Brigitta M., Glasson Jean-Paul, Gyr-Steiner Josy, Kunz Josef, Müller Geri

3

Wicki Franz (Präsident), Berset Alain, Briner Peter, Hess Hans, Ory Gisèle

Informationsrechte der Geschäftsprüfungskommissionen, Amtsgeheimnis

Die GPK besitzen für die Wahrnehmung ihrer Oberaufsichtsaufgabe weitgehende Informationsrechte. Diese Informationsrechte begründen gleichzeitig umfassende Auskunftspflichten seitens der beaufsichtigten Instanzen. Die GPK machen trotz dieser Rechtslage immer wieder die Erfahrung, dass sich durch die GPK angehörte Personen der Bundesverwaltung oder weiterer Träger von Bundesaufgaben an das Amtsgeheimnis gebunden fühlen oder sich zumindest nicht ganz im Klaren sind, wie weit sie den GPK Auskunft erteilen dürfen. In Einzelfällen vernahmen die GPK auch, dass angehörte Personen wegen ihrer Anhörung durch die GPK durch vorgesetzte Stellen unter Druck gekommen seien. Die GPK wiesen deshalb den Bundesrat als oberstes Organ der Bundesverwaltung auf die Informationsrechte der GPK sowie auf die mit ihnen einhergehenden Auskunftspflichten hin. Nachfolgend wird die aktuelle Rechtslage nochmals kurz dargelegt.

Die Informationsrechte der GPK sowie ihr Umfang ergeben sich aus der Oberaufsichtsfunktion der GPK. Seit dem Inkrafttreten des Parlamentsgesetzes (ParlG, SR 171.10) am 1. Dezember 2003 finden sie ihre rechtliche Grundlage einerseits im für alle parlamentarischen Kommissionen geltenden Artikel 150 ParlG, aber insbesondere auch in den für die GPK spezifischen Artikeln 153 ff. ParlG. Die GPK können im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung sowohl Bundesräte zur Auskunftserteilung an ihre Sitzungen einladen und Berichte vom Bundesrat verlangen als auch direkt mit allen Behörden, Amtsstellen und übrigen Trägern von Bundesaufgaben auf allen Hierarchiestufen verkehren. Die GPK haben das Recht, von diesen Stellen und Funktionsträgern alle zweckdienlichen Auskünfte und Unterlagen zu erhalten (Art. 153 Abs. 1 ParlG). Der Bundesrat wird vorgängig über Befragungen von Personen informiert, die ihm unterstellt sind. Er kann verlangen, dass er sich vor der Anhörung gegenüber den GPK äussern kann (Art. 153 Abs. 3 ParlG).

Im Gegenzug sind diese Stellen und Funktionsträger im Dienst des Bundes verpflichtet, den GPK vollständig und wahrheitsgemäss Auskunft zu erteilen, sowie ihnen alle zweckdienlichen Unterlagen von sich aus zu nennen (Art. 156 Abs. 1 1690

ParlG). Das Zeugnisverweigerungsrecht (Art. 156 Abs. 2 ParlG) kann nur gegenüber der GPDel (bei einer Zeugeneinvernahme) geltend gemacht werden, so dass die betroffenen Personen den GPK keine Informationen verweigern können, ausser sie dienten der unmittelbaren Entscheidfindung des Bundesratskollegiums oder seien im Interesse des Staatsschutzes oder der Nachrichtendienste geheim zu halten (Art. 150 Abs. 2 ParlG). Auch das Amtsgeheimnis findet im Verhältnis zwischen den Oberaufsichtsbehörden und den Beaufsichtigten naturgemäss keine Anwendung. Um ihre Aufgabe überhaupt wahrnehmen zu können, benötigen die GPK zwingend Zugang zu allen zweckdienlichen Informationen. Die Beziehung zwischen den GPK und dem Bundesrat ist im Grundsatz nicht kontradiktorisch sondern komplementär und untersteht den übergeordneten Interessen der Eidgenossenschaft. Die GPK haben letztlich das gleiche Ziel wie die Vollzugsstellen, nämlich einen optimalen Vollzug der rechtlichen Bestimmungen zu gewährleisten. Konsequenterweise müssen die GPK die erhaltene Information vertraulich behandeln. Sie sind ihrerseits an das Amtsgeheimnis gebunden (Art. 8 ParlG) und Verstösse gegen das Amtsgeheimnis sind strafrechtlich zu ahnden (Art. 320 StGB, SR 311.0).

Je nach konkreter Situation könnte die erhaltene Information ­ falls sie über den Kreis der GPK hinaus bekannt würde ­ die auskunftsgebende Person gegenüber ihrer vorgesetzten Stelle, Arbeitskollegen und -kolleginnen oder anderen Dienststellen in Verlegenheit bringen. Deshalb werden die Aussagen vor den GPK vertraulich behandelt. Der jeweilige Departementsvorsteher erhält nur eine Kopie der Sitzungseinladung und erfährt somit nur die Namen der angehörten Personen sowie die Traktanden der Sitzung. Weder der Departmentsvorsteher noch sonst eine vorgesetzte Stelle des Departements erhält das Sitzungsprotokoll. Die angehörten Personen erhalten den Protokollauszug zu ihrer Anhörung. Nur die Mitglieder sowie das Sekretariat der GPK erhalten das ganze Protokoll. Sowohl die Auszüge wie auch die ganzen Protokolle sind vertraulich zu behandeln und dürfen nicht weitergegeben werden. Insbesondere haben auch die vorgesetzten Stellen der angehörten Personen kein Recht, die Protokollauszüge von ihnen zu verlangen.

Die auskunftsgebenden Personen im Dienst des Bundes haben einen Rechtsanspruch darauf,
dass ihnen aus ihren wahrheitsgemässen Aussagen vor den GPK keinerlei Nachteil erwächst (Art. 156 Abs. 3 ParlG). Diese Bestimmung richtet sich in erster Linie an die Vorgesetzten dieser Personen, aber auch an die Departementsspitze, die für die faktische Umsetzung letztlich verantwortlich ist und der Bestimmung Nachdruck verleihen muss. Die diesbezüglichen Mittel der GPK sind sehr beschränkt. Die vorgängige Information des Departementsvorstehers über die angehörten Personen und sein Recht auf vorgängige Anhörung durch die GPK sind auch in diesem Licht zu sehen.

4

Einige Zahlen und Angaben zur allgemeinen Prüfungstätigkeit

Die GPK definieren jährlich im Rahmen ihres Jahresprogramms die hauptsächlichen Themen, zu denen sie vertiefte Untersuchungen durchführen möchten. Gemäss den von den GPK im Jahr 2003 verabschiedeten Handlungsgrundsätzen (vgl. Anhang 2) streben sie mittelfristig eine ausgewogene Verteilung ihrer Aufsichtstätigkeit auf die verschiedenen Zweige der Bundestätigkeit und die Politikfelder an.

1691

Zur Verwirklichung dieses Ziels erstellten die GPK eine Statistik über ihre Tätigkeiten in der Legislatur 1999­2003, und zwar in thematischer (behandelte Politikfelder, betroffene Departemente) wie methodologischer Hinsicht (eingesetzte Instrumente, Unterstützung der PVK). Die ­ wenn auch etwas rudimentäre ­ Statistik soll jedes Jahr aktualisiert werden und kann als Anhaltspunkt für die Erstellung des Jahresprogramms der Kommissionen verwendet werden.

Die Abbildungen 4 und 5 enthalten zwei thematische Zusammenfassungen, die sich aus der Statistik ableiten lassen. Alle von den GPK behandelten Geschäfte werden darin erfasst. Einzig die Inspektionen werden speziell gewichtet. So sind ein Dienststellenbesuch, die Prüfung eines Tätigkeitsberichts, eine Aufsichtseingabe, eine Nachkontrolle usw. ein Geschäft. Eine Inspektion dagegen entspricht zwei Geschäften. Damit soll das Verhältnis der investierten Ressourcen besser abgebildet werden.

So zeigt Abbildung 4, dass die GPK sich in der laufenden Legislatur prioritär mit dem Politikfeld Staat und Verwaltung befasst haben. Diese Kategorie umfasst unter anderem Fragen zur Personalpolitik des Bundes, zu den Verwaltungsstrukturen (z.B.

Thematik des Vier-Kreise-Modells), zur Kommunikations- und Informationsstrategie der Verwaltung, zur Stabsfunktion bestimmter Einheiten oder zu besonderen Ereignissen, die in den der Oberaufsicht der GPK unterliegenden Stellen verzeichnet wurden. Die Fragen Sicherheitspolitik und Staatsschutz stehen aufgrund des Kernmandats der GPDel auch im Mittelpunkt der Tätigkeiten der GPK. Weitere Bereiche spielten für die GPK in der laufenden Legislatur eine wichtige Rolle: Soziale Sicherheit und Gesundheit (besonders die Sozial- und Privatversicherungen), Justiz (die besonderen Vorkommnisse am Bundesgericht, die Fragen der Tragweite der Oberaufsicht über die Gerichte usw.) sowie die Wirtschaftspolitik (Konsumentenschutz, Exportförderung, Binnenmarktgesetz, Kartellrecht usw.).

Abbildung 4 Geschäfte der GPK pro Politikbereich während der Legislaturperiode 1999­2003 Staat und Verwaltung Sicherheitspolitik, Staatsschutz Wirtschaftspolitik Soziale Sicherheit und Gesundheit Justizwesen Aussenbeziehungen Verkehrspolitik Finanzpolitik Ausländer- und Asylpolitik, Migration Agrarpolitik Kulturpolitik Umwelt- und Energiepolitik Wissenschaft und Bildung Gesellschaftspolitik Kommunikation & Fernmeldewesen Raumplanung Sport Querschnitt

0

1692

5

10

15

20

25

30

35

40

Aus der Perspektive der Departemente (Abb. 5) konzentrierten sich die Tätigkeiten der GPK insbesondere auf das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (EVD) (Expo.01, Direktzahlungen an die Landwirtschaft), das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) (Projekt Onyx, Kontakte der Nachrichtendienste zu Südafrika usw.), das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) (Swissair-Krise, Flugverkehrssicherheit, Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung usw.), das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) (Kostenkontrolle im KVG-Bereich, Schweizerisches Landesmuseum, Swissmedic usw.) sowie auf das EJPD (BVG-Mindestzinssatz, Praxis im Bereich der Rückführung von Asylbewerbern usw.).

Abbildung 5 Geschäfte der GPK pro Behörde während der Legislaturperiode 1999­2003 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 EVD

VBS

UVEK

EDI

EJPD

EFD

EDA

Gerichte

BK

Querschnitt

Bestimmte Bereiche und Departemente waren in der laufenden Legislatur von den Tätigkeiten der GPK stärker betroffen als andere; was nicht ausserordentlich ist. Die GPK sollen mittelfristig eine ausgewogene Verteilung ihrer Aufsichtstätigkeiten anstreben; angesichts der vorhandenen Ressourcen reichen vier Jahre für eine gleichmässig verteilte Kontrolle über die Verwaltung nicht aus. Im Übrigen gibt nicht nur das Kriterium der ausgewogenen Verteilung der Tätigkeiten den Ausschlag für die Themenwahl der GPK. Diese hängt in gewissem Masse auch von in der Verwaltung existierenden Problemen, vom Risikograd der Staatstätigkeiten, von der politischen Aktualität oder von unvorhergesehenen Ereignissen ab.

1693

5

Zusammenarbeit mit anderen parlamentarischen Kommissionen und Ratsgeschäfte

Wie in den Vorjahren pflegten die GPK und die GPDel eine enge Zusammenarbeit mit den übrigen parlamentarischen Kommissionen.

Aus offensichtlichen Gründen fanden sehr enge Kontakte mit den Aufsichtskommissionen und -delegationen statt, insbesondere mit den Finanzkommissionen (FK), der Finanzdelegation (FD) sowie mit der NEAT-Aufsichtsdelegation (NAD). Die Koordination erfolgte zum einen auf der Ebene der Sekretariate, zum anderen unter den jeweiligen Präsidentinnen und Präsidenten. Die Sekretariate der GPK und der FK führten zudem ab dem 1. Dezember 2003 ein spezifisches Informatikprogramm zur Koordination der Kontrollprogramme der Kommissionen ein, dessen erste Ergebnisse ermutigend aussehen.

Unter den Themen, zu denen die Aufsichtskommissionen eng zusammen arbeiteten, sind die Untersuchung zu Swissair, die Landesausstellung (EXPO.01/.02) sowie das Projekt «Effizienzvorlage» (Effizienzsteigerung in der Strafverfolgung des Bundes) zu nennen. Diese Themen bilden Gegenstand verschiedener Passagen des vorliegenden Berichts.

Ausserdem wurden von den Subkommissionen der GPK und der FK mehrere Punkte in gemeinsamen Sitzungen behandelt, insbesondere die Geschäftsberichte und Jahresrechnungen der RUAG, des ETH-Rats, der Post, der SBB und der Swisscom.

Der Jahresbericht des Eidgenössischen Personalamts über die Umsetzung des Bundespersonalgesetzes (vgl. Art. 5 Abs. 1 des Bundespersonalgesetzes, BPG, SR 172.220.1) wurde von den GPK und den FK ebenfalls gemeinsam bearbeitet.

Für die NAD wird die Koordination mit den GPK durch die Berichterstattung der NAD-Mitglieder anlässlich der Plenarsitzungen der GPK sichergestellt. Die GPK befassen sich ebenfalls mit dem Jahresbericht der NAD.

Seit dem 1. Dezember 2003 verfügen die Aufsichtskommissionen über eine mit Artikel 54 ParlG formell eingerichtete Koordinationsplattform: die Konferenz der Präsidien der Aufsichtskommissionen und -delegationen (KPA). Die Konferenz umfasst die Präsidenten der GPK, der FK, der GPDel, der FD und der NAD. Das Gremium tritt mindestens zweimal jährlich sowie nach Bedarf zusammen. Es übernimmt die materielle Koordination der Prüfungs- und Besuchsprogramme der Aufsichtskommissionen und entscheidet über Kompetenzkonflikte. Ausserdem nimmt die KPA eine Aufgabe bei der Überprüfung der Wirksamkeit der Massnahmen des Bundes wahr (Art. 170
BV). So kann sie insbesondere der Parlamentarischen Verwaltungskontrollstelle (PVK), der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) oder Dritten Evaluationsmandate erteilen. Zudem stellt die KPA in Zusammenarbeit mit dem Bundesrat die Kohärenz der im Auftrag des Parlaments durchgeführten Wirksamkeitsüberprüfungen sicher.

Die GPK unterhielten ausserdem bezüglich folgender Geschäfte umfassende Kontakte zu anderen parlamentarischen Kommissionen: Swissair-Krise: Die hohe politische Aktualität der Swissair-Krise veranlasste die GPK-S zur intensiven Koordination ihrer Untersuchung (vgl. Kap. 11.1) mit den Aktivitäten von anderen parlamentarischen Gremien. Sie nahm eine Abgrenzung zu den Abklärungen der Finanzdelegation im Bereich Sozialpläne vor und sorgte dafür, dass Informationen zu ihrer Untersuchung auch im Nationalrat zur Kenntnis ge1694

nommen wurden. Der Nationalrat wollte die Swissair-Krise ursprünglich mit einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) aufarbeiten. Einer entsprechenden Parlamentarischen Initiative der Christlichdemokratischen Fraktion hat er am 14. März 2002 Folge gegeben. In der Sommersession 2002 ist der Nationalrat allerdings auf die Initiative in der zweiten Phase nicht eingetreten und hat damit eine PUK abgelehnt. Massgebend für diesen Entscheid waren die bereits weit fortgeschrittenen Untersuchungen der GPK-S, die die Ergebnisse ihrer Abklärungen auf September 2002 ankündigte. Mit einem hohen Arbeitseinsatz gelang es der GPK-S, den in Aussicht gestellten Termin einzuhalten und die aufwändige Untersuchung vor Jahresfrist abzuschliessen.

Mindestzinssatz in der beruflichen Vorsorge: Die Problematik des Mindestzinssatzes in der beruflichen Vorsorge wurde ebenfalls in mehreren parlamentarischen Kommissionen und in den Räten erörtert. Bei der GPK-S war die Anpassung des Mindestzinssatzes bereits im Jahre 1995, anlässlich einer Inspektion zur beruflichen Vorsorge, ein Thema. In einer Empfehlung hat die GPK-S damals den Bundesrat aufgefordert, bei der nächsten BVG-Revision darzustellen, wie er seine Kompetenz in Zukunft wahrnehmen will, um sicherzustellen, dass der Mindestzinssatz für Altersguthaben einer periodischen Prüfung unterzogen wird. Die Ereignisse im Jahre 2002 zeigen, dass der Bundesrat von der schlechten Zinsentwicklung eingeholt wurde. Die GPK haben im Januar 2003 beschlossen, eine Untersuchung zur Problematik im Zusammenhang mit den Ereignissen betreffend den Mindestzinssatz durchzuführen. Damit tragen sie auch zwei parlamentarischen Vorstössen2 Rechnung, in welchen der Nationalrat in der Wintersession 2002 entsprechende Abklärungen der GPK forderte. Die GPK-N setzt sich in ihrer Untersuchung vor allem mit der Frage der im BVG-Geschäft erfolgten Gewinnverteilung auseinander. Zwecks Koordination mit der Revision des Versicherungsaufsichtsgesetzes hat die GPK-N im November 2003 erste Zwischenresultate ihrer Untersuchungen an die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates weitergeleitet.

Schweizerisches Landesmuseum (SLM): Die GPK-N hat im Rahmen einer Umfrage sowie eines Dienststellenbesuchs einige Abklärungen betreffend SLM vorgenommen. Es ging vor allem darum, das Umfeld des
derzeitigen Veränderungsprozesses des SLM und die damit zusammenhängenden Probleme und Herausforderungen zu analysieren (vgl. Kap. 13.1). Die GPK-N hat im Oktober 2003 die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates (WBK-S) über ihre Feststellungen und Schlussfolgerungen orientiert. Die Informationen dienten der WBK-S als Hintergrund bei der Vorberatung des neuen Landesmuseumsgesetzes, mit welchem der Bundesrat das SLM in eine öffentlich-rechtliche Stiftung überführen möchte.

EXPO.01/.02 und die Forderungen nach einer PUK: Ende 2002/anfangs 2003 waren durch das Büro des Nationalrates die beiden Parlamentarischen Initiativen der Grünen und der SVP-Fraktion (02.451/02.455) zu prüfen, welche die Einsetzung einer Parlamentarischen Untersuchungskommission zwecks Abklärung der Überschreitungen der gewährten Bundeskredite forderten. Die GPK arbeitete bei der Erstellung des Berichts des Nationalratsbüros mit, indem sie im konkreten Fall die Möglichkeiten und Grenzen der parlamentarischen Oberaufsicht durch die Aufsichtskommissionen wie auch einer PUK aufzeigte und auf die umfangreichen 2

Die Motion 02.3456 der Kommission für Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates sowie die Motion 02.3417 der Sozialdemokratischen Fraktion wurden als Postulate überwiesen.

1695

Arbeiten der GPK-S zur Expo.01 hinwies, welche für die Expo.02 in mehreren Forderungen mündeten. Die Parlamentarischen Initiativen wurden am 23. September 2003 abgelehnt. Die GPK-S befasste sich in der zweiten Jahreshälfte 2003 im Rahmen der Nachkontrolle zu ihrer Inspektion aus dem Jahr 2001 mit den vom Bundesrat getroffenen Massnahmen.

Euro Info Centers: Im Auftrag der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) hat sich die GPK-S mit dem von der Eidgenossenschaft wesentlich mitfinanzierten Euro Info Center Schweiz (EICS) auseinandergesetzt und dem Auftraggeber im Frühling 2003 vor der Beschlussfassung über die erneute Kreditvergabe Bericht erstattet. Die GPK-S stellte fest, dass die Osec als Betreiberin des EICS diesen Bereich reorganisiert und dadurch eine wesentliche Entwicklung hin zur Professionalität stattgefunden hat. Auch die Nachfrage nach Informationen zur Europäischen Union hat im betrachteten Zeitraum (1999­2001) zugenommen.

Die Kommission informierte sich auch über die Zusammenarbeit mit den kantonalen Handelskammern. Im Bereich der Zusammenarbeit mit Verbänden scheint es noch ein beidseitiges Verbesserungspotential zu geben.

Die Osec hat richtigerweise die Synergien zwischen ihrem EICS-Mandat und ihren weiteren Mandaten genutzt. Es erwies sich für die GPK-S dementsprechend als schwierig zu beurteilen, inwieweit seit der Aufdeckung von Mängeln beim EICS im Jahr 1999 Wirkungsverbesserungen erzielt wurden. Die Osec und das seco haben jedoch die Voraussetzungen geschaffen, um die gewünschte Wirkung zu ermöglichen. Die vorhandenen Informationen bestätigen, dass das EICS auf gutem Weg ist.

Die GPK-S ist auch überzeugt, dass die Schweiz ein EICS benötigt, um insbesondere den KMU einen privilegierten Zugang zu EU-Informationen zu ermöglichen. Mit Beschluss der Bundesversammlung vom 25. September 2003 wurde die noch weitere Mandate beinhaltende Finanzierung der Exportförderung bis 2005 sichergestellt.

Parlamentarische Kontrolle über die Nachrichtendienste: Am 4. März 2002 reichte Nationalrätin Lalive d'Epinay eine Parlamentarische Initiative ein (02.403), welche die Schaffung einer mit der Oberaufsicht über den Nachrichtendienst beauftragten parlamentarischen Instanz forderte. Die für die Vorprüfung der Initiative zuständige Sicherheitspolitische Kommission des
Nationalrates (SiK-N) ersuchte die GPDel um eine Stellungnahme, zumal die GPDel für die Aufsicht über den Nachrichtendienst zuständig ist.

Der Präsident der GPDel schilderte der SiK-N und dem Nationalrat (AB 2003 N 1449) die Probleme, die bei der Ausübung der Oberaufsicht über die Nachrichtendienste konkret auftreten. Gemäss dem Präsidenten der GPDel geht es bei der Kontrolle über die Geheimdiensttätigkeiten weniger um Strukturen oder Gesetze, sondern um Zeit und Ressourcen. Um die Aufsicht über die Nachrichtendienste zu verbessern, muss sie zunächst mit mehr personellen und finanziellen Mitteln ausgestattet werden.

Der Nationalrat beschloss am 23. September 2003, der Initiative Folge zu geben.

Das Büro des Nationalrates beauftragte die SiK-N, bis Herbst 2005 einen entsprechenden Gesetzestext auszuarbeiten. Die GPDel wird sich an den Detailarbeiten beteiligen.

Organisation des diplomatischen Dienstes und des Aussennetzes: Am 22. August 2002 veröffentlichte die GPK-N einen massgeblichen Bericht über die Organisation des diplomatischen Dienstes und des Aussennetzes (vgl. Kap. 8.7). Die Veröffentlichung stiess bei den Aussenpolitischen Kommissionen des Nationalrates (APK-N) 1696

und des Ständerates (APK-S) auf grosses Interesse. Mehrere GPK-Mitglieder stellten den APK die Ergebnisse ihrer Arbeiten vor. Insgesamt äusserten sich die Mitglieder der APK positiv und schlossen sich in zahlreichen Punkten der Analyse der GPK-N an.

Der Bericht der GPK-N bildete ausserdem im Zusammenhang mit der Untersuchung zweier Interpellationen mit dem Titel «Das diplomatische Korps. Die Visitenkarte der Schweiz im Ausland» (02.3447 und 02.3516) Gegenstand von Diskussionen im Ständerat (AB 2002 S 1160) und im Nationalrat (AB 2002 N 2162).

Koordinationsschwierigkeiten: Die ­ gute und notwendige ­ Koordination zwischen den parlamentarischen Kommissionen bleibt (abgesehen von den Aufsichtskommissionen) weitgehend empirisch. Nicht selten befassen sich mehrere Kommissionen mit den gleichen Fragen. Mehrmals kam es vor, dass Bundesräte und andere Vertreter der Bundesverwaltung vor unterschiedliche Kommissionen geladen wurden und die gleichen Fragen beantworten mussten, ohne genau zu wissen, wer wofür zuständig war.

Ausserdem war mehrmals festzustellen, dass Legislativkommissionen Themen behandelten, für welche die GPK zuständig waren.

Solche Doppelspurigkeiten beeinträchtigen die Glaubwürdigkeit, die Seriosität und die Effizienz der Parlamentsarbeit und führen in der Verwaltung zu Verwirrung. Die Situation erweckt den Eindruck, dass das Parlament nicht mit einer Stimme spricht.

Ausserdem entsteht dadurch Mehrarbeit für die Verwaltung und für das Parlament.

Am 17. April 2003 sprach die GPK-N im Büro des Nationalrates vor. Am 3. Juni 2003 forderte das Büro die Präsidenten und Vizepräsidenten der Legislativkommissionen des Nationalrates in einem Schreiben auf, die Zuständigkeiten ihrer Kommissionen sorgfältig zu beachten und die Synergien mit anderen Kommissionen zu verbessern.

1697

III

Ausgewählte Themen

6

Wirtschafts- und Finanzpolitik

6.1

Kurzarbeitsentschädigung

Im Jahr 2002 führte die GPK-N eine Nachkontrolle zu ihrer Inspektion «Wirksamkeit der Kurzarbeitsentschädigung» aus dem Jahr 1998 durch. Dabei klärte sie beim Bundesrat und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) den Umsetzungsstand ihrer fünf Empfehlungen ab. Der schlechte Wirtschaftsgang im Jahr 2002/2003 und der dadurch bewirkte Anstieg der Kurzarbeit trugen zusätzlich zur Aktualität der Nachkontrolle bei.

Im Rahmen der Nachkontrolle konnte festgestellt werden, dass bei der Vereinheitlichung der Bewilligungsverfahren in den Kantonen durch eine verbesserte Information, insbesondere in Form eines allen Vollzugsstellen zugänglichen Intranetzes, grosse Fortschritte erzielt worden sind. Des Weiteren begrüsst die GPK-N die Einführung zweier neuer Instrumente, welche die Effizienzsteigerung der Kurzarbeitsregelung bezwecken. Beim ersten Instrument handelt es sich um das KAE-FlexModell, das der zunehmenden Flexibilisierung der betrieblichen Arbeitszeit verbunden mit der Abkehr von der wöchentlichen Normalarbeitszeit zur Jahresarbeitszeit als Bezugsgrösse Rechnung tragen soll. Die zweite Neuerung ist die Anrechenbarkeit konjunktureller Arbeitsausfälle in Zeiten mit saisonalen Beschäftigungsschwankungen. Inwieweit diese Neuerungen Wirkungen zeigen, konnte aufgrund der erst seit relativ kurzer Zeit wieder im grösserem Umfang in Anspruch genommenen Kurzarbeitsentschädigung noch nicht evaluiert werden. Die GPK-N konnte sich jedoch vergewissern, dass das seco eine Evaluation dieser Neuerungen plant. Das Resultat dieser Wirkungsüberprüfung sollte 2004 vorliegen und wird dann auch durch die GPK-N behandelt werden. Die GPK-N hat deshalb beschlossen, die Nachkontrolle noch nicht abzuschliessen und die Entwicklungen in diesem Bereich weiterzuverfolgen.

Das Parlament hat im Rahmen der 3. Revision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes zwei neue Massnahmen zur Bekämpfung des Missbrauchs der Kurzarbeitsentschädigung beschlossen (Art. 88 Abs. 2, 2bis, 2ter und Art. 105 AVIG), doch sind diese erst seit dem 1. Juli 2003 in Kraft. Das Inspektorat des seco wurde seit der Inspektion auch personell leicht aufgestockt. Soweit dies die Kommission beurteilen konnte, hält sich der Missbrauch in Grenzen.

Im aktuell schwierigen wirtschaftlichen Umfeld erscheint es der GPK-N äusserst wichtig, dass das EVD dem Instrument der
Kurzarbeitsentschädigung eine grosse Bedeutung beimisst und dafür sorgt, dass es dem vom Gesetz vorgesehenen Zweck optimal dient. Aus Sicht der Kommission ist der faktischen Benachteiligung kleiner Unternehmen besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Sie sind aufgrund ihrer beschränkten Ressourcen über die Möglichkeit des Bezugs der Kurzarbeitsentschädigung schlecht informiert und scheuen auch den damit verbundenen administrativen Aufwand. Hier sind das EVD und die kantonalen Vollzugsstellen im Bereich der Information besonders gefordert.

1698

6.2

Kriegsmaterialausfuhr

Alljährlich prüfen die beiden Geschäftsprüfungskommissionen gemäss Artikel 32 Kriegsmaterialgesetz (SR 514.51) den Bericht des Bundesrates über die Einzelheiten der Kriegsmaterialausfuhr des Vorjahres. Die im Frühling 2003 erfolgte Prüfung des Berichts für das Jahr 2002 wurde auf Wunsch der GPK zum ersten Mal um einen Bericht des VBS zum Potenzial der Abrüstungstechnologien ergänzt.

Die Kommissionen stellten fest, dass der Anteil der Kriegsmaterialexporte an den Gesamtexporten der Schweiz seit Jahren sehr gering ist und sich hier auch keine Trendwende abzeichnet. Die Globalisierung führt dazu, dass nicht mehr ganze Waffensysteme sondern immer mehr Einzelbestandteile wie auch Know-how durch das Ausland nachgefragt werden. Im Trend liegt auch die in der Schweiz stattfindende Veredelung gewisser Kriegsmaterialbestandteile. Allgemein ist festzustellen, dass wesentlich mehr Bewilligungen erteilt werden, als dann tatsächlich Exporte erfolgen. Die GPK konnten sich vergewissern, dass der Kontrolle der Kriegsmaterialexporte durch die zuständigen Stellen der Bundesverwaltung das notwendige Gewicht beigemessen wird, die Bewilligungspraxis zurückhaltend ist und auch die Koordination zwischen dem seco, dem EDA und dem EJPD funktioniert. Die Kommissionen hatten zum Berichtsjahr 2002 keine Beanstandungen. Gewisse Teile des Berichts können in Zukunft aber noch verbessert werden. Es stellte sich auch die Frage, ob nicht noch breiter über die schweizerische Bewilligungspraxis öffentlich informiert und so die Glaubwürdigkeit in der Öffentlichkeit weiter erhöht werden könnte.

Vor dem aktuellen Hintergrund des Irak-Kriegs wurden auch die schweizerischen Kriegsmaterialexporte 2003 an die Kriegsparteien mit der Bundesverwaltung erörtert. Die GPK liessen sich über den Bundesratsbeschluss vom 20. März 2003 und die daraus resultierende, nach Lieferantenkategorien unterschiedlich gehandhabte Exportpraxis und die neu geschaffene Kontrollstelle informieren. Ziel war, kein Kriegsmaterial zu exportieren, das im Irak-Konflikt verwendet werden könnte. Diese Praxis unterband die Kriegsmaterialexporte an die kriegsführenden Parteien nicht vollständig, da beispielsweise Flugzeugbestandteile, die sicher nicht mehr in diesem Konflikt zum Einsatz kommen würden, in die USA geliefert werden durften. Das resultierende Spannungsfeld
zwischen der Neutralitätspolitik, den volkswirtschaftlichen Interessen und der an den Bedürfnissen der Landesverteidigung angepassten industriellen Kapazität wurde mit den Vertretern der Bundesverwaltung diskutiert.

Die Kommissionen beschlossen diese letztlich auch politische Frage bei der Behandlung des Geschäftsberichts des Bundesrats mit den zuständigen Bundesratsmitgliedern zu vertiefen (vgl. hiezu Kap. 16.1).

Die beiden Kommissionen hatten sich in der Vergangenheit bereits mehrmals schon mit der Frage beschäftigt, ob das rüstungstechnologische Know-how in der Schweiz nicht vermehrt im Bereich der Abrüstungstechnologie Anwendung finden könnte und dadurch auch Arbeitsplätze erhalten werden könnten. Die Präsentation des vom VBS zu diesem Thema erstellten Berichts ergab, dass in der Schweiz kein flächendeckendes Know-how vorhanden ist. In verschiedenen Nischen der Abrüstungstechnologie ist die Schweiz jedoch schon mit Erfolg aktiv (z.B. bei der Minenräumung).

Es gilt vorhandenes Know-how zu erhalten und weitere Nischen in diesem Bereich zu besetzen.

1699

6.3

Rolle der Schweiz in den Bretton-Woods-Institutionen

Die GPK-S nahm das 10jährige Jubiläum des Beitritts der Schweiz zu den Institutionen von Bretton Woods (BWI) zum Anlass, insbesondere die Anzahl der involvierten Bundesbehörden, deren Schnittstellen und Koordination sowie ganz allgemein die Kohärenz des sich aus der Mitgliedschaft ergebenden Vollzugs zu untersuchen. Im Weiteren stand auch der aus der Mitgliedschaft resultierende Nutzen für die Schweiz im Zentrum des Interesses der GPK-S. Die von der Parlamentarischen Verwaltungskontrollstelle im Auftrag der GPK-S erarbeitete Studie wie auch der Bericht der beigezogenen Experten dienten der Kommission als Grundlage für die Feststellungen, die in ihrem veröffentlichten Bericht vom 14. Oktober 2003 ihren Niederschlag fanden.

Die GPK-S stellte fest, dass der Vollzug auf relativ allgemein gehaltenen Zielen der Mitgliedschaft basiert, die zwar Kohärenzbemühungen erkennen lassen, jedoch einzelne Zielkonflikte im konkreten Fall nicht ausschliessen können. Den für den Vollzug hauptverantwortlichen Stellen ­ die Eidgenössische Finanzverwaltung (EFV) und die Schweizerische Nationalbank (SNB) für den Internationalen Währungsfonds (IWF), das seco und die DEZA für die Weltbankgruppe (WB) ­ kommt bei der Umsetzung dieser Ziele ein wesentlicher Spielraum zu. Dementsprechend sind für die Politik der Schweiz in den BWI die Zuständigkeits- und Verfahrensregeln innerhalb der Bundesverwaltung und der SNB von grosser Bedeutung.

Im Bereich des IWF konnte durch eine Vereinbarung zwischen der EFV und der SNB von Anfang an eine klare Aufgaben- und Kompetenzteilung geschaffen werden, die sich bewährt hat. Im WB-Bereich musste die GPK-S feststellen, dass eine relativ komplexe Aufgaben- und Kompetenzteilung vorherrscht insbesondere zwischen dem seco und der DEZA. Diese wurde nach und nach erarbeitet, vermag jedoch nicht in allen Fällen zu befriedigen. Es verbleiben Grauzonen, welche die verschiedenen Koordinationsinstrumente nicht immer lösen können. Die GPK-S erachtet die komplizierten Zuständigkeitsstrukturen als zuwenig durchschaubar und ortet hier ­ wie sie auch dem Bundesrat mitteilte ­ Optimierungsbedarf.

Bei den sich vermehrt überschneidenden Tätigkeiten des IWF und der WB forderte die GPK-S organisatorische Vorkehrungen wie auch die Festlegung strategischer Ziele durch den Bundesrat, damit ausgewogene Positionen
der Schweiz resultieren.

Im IWF-Bereich ist den entwicklungspolitischen Grundsätzen der Schweiz gebührend Rechnung zu tragen.

Die Untersuchung der GPK-S ergab, dass insbesondere durch die Führung einer Stimmrechtsgruppe und den damit verbundenen Einsitz in den Exekutivdirektorien der BWI die Schweiz durchaus Einfluss auf die Geschäfte der BWI ausübt. Als Erfolgsfaktoren wurden das Vertreten einer klaren und glaubwürdigen Position, die langjährige Erfahrung innerhalb des betroffenen Fachgebiets, die Fähigkeit zur Bildung von Allianzen sowie das Timing identifiziert. Der Führung einer Stimmrechtsgruppe durch die Schweiz, wie auch diesen Erfolgsfaktoren, ist aus Sicht der GPK-S auch in Zukunft besondere Bedeutung beizumessen und die Einflussmöglichkeiten sind weiter zu optimieren.

Die der Kommission zur Verfügung gestellten Angaben betreffend die Zahlungen der Schweiz an die BWI vermochten nicht zu befriedigen. Es fehlt der institutionelle Blickwinkel, welcher alle Zahlungen an diese Institutionen unter sich vereint und 1700

entsprechend ausweist. Hier sollten die involvierten Stellen insbesondere im WB-Bereich die Angaben laufend zusammentragen und ausweisen können. Auch im Bereich der Information beziehungsweise des Reportings zu den Aktivitäten der Schweiz im Allgemeinen, aber auch der einzelnen Dienststellen im Besonderen, vermisst die GPK-S den institutionellen Ansatz. Es sollten Massnahmen zur Verbesserung der Transparenz getroffen werden, so dass sich das Parlament wie auch die interessierte Öffentlichkeit einfach und schnell über die Tätigkeiten, die involvierten Stellen und die getätigten Zahlungen im Rahmen der BWI-Mitgliedschaft informieren können.

Abschliessend kann jedoch festgehalten werden, dass der Vollzug in diesem Bereich gut verläuft, auch wenn noch gewisse Optimierungen angestrebt werden sollten. Die beim Beitritt durch den Bundesrat geäusserten Erwartungen an die Mitgliedschaft der Schweiz sind grösstenteils eingetroffen. Obwohl der Nutzen der Mitgliedschaft für die Schweiz nicht genau quantifizierbar ist, ist er unzweifelhaft vorhanden. Die Bilanz der 10 Jahre Mitgliedschaft ist aus Sicht der GPK-S positiv zu bewerten.

6.4

Umsetzung des Gesetzes über die Geldwäscherei

Im Juni 2001 konnte die GPK-N nach intensiven Untersuchungen ihre Inspektion zu den Umsetzungsproblemen beim Vollzug des Geldwäschereigesetzes mit einem Bericht abschliessen (BBl 2001 6346). Ihre Feststellungen mündeten in 11 Empfehlungen an den Bundesrat, die u.a. auch die grossen Probleme der damaligen Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei (Kontrollstelle) betrafen. Im Jahr 2003 führte die GPK-N die übliche Nachkontrolle zum Umsetzungsstand ihrer damaligen Empfehlungen durch. Sie stattete dazu der Kontrollstelle einen Dienststellenbesuch ab, hörte den Generalsekretär des Eidgenössischen Finanzdepartementes (EFD) sowie Vertreter des Forums der Selbstregulierungsorganisationen (SROS) an und teilte ihre Feststellungen dem Departementsvorsteher des EFD mit.

Die GPK-N hat festgestellt, dass seit dem Abschluss der Inspektion grosse Anstrengungen in der Bundesverwaltung unternommen wurden und dadurch einiges erreicht werden konnte. Die Umsetzung des Geldwäschereigesetzes (GwG) ist weit fortgeschritten und zeigt auch in der Praxis eine grosse Breitenwirkung. Die grossen Probleme rund um die Kontrollstelle gehören der Vergangenheit an; Sie ist ein funktionierendes Vollzugsorgan geworden. Die Abklärungen der GPK-N haben aber auch gezeigt, dass in gewissen Bereichen noch Handlungsbedarf besteht. Nachfolgend die Feststellungen der Nachkontrolle: ­

Personalfluktuation und Know-how der Kontrollstelle: Die Inspektion stellte im Jahr 2001 fest, dass der Schaffung und dem Erhalt eines Vollzugs-Knowhows innerhalb der Kontrollstelle eine zentrale Bedeutung zukomme (Empfehlung 1 der Inspektion 2001). In der Folge wurde die Kontrollstelle zur Abteilung aufgewertet, der Personaletat erhöht und auch ein mittleres Kader geschaffen. Durch die Besetzung dieser Stellen vor gut zwei Jahren ist auch ein wertvolles Know-how in der Kontrollstelle entstanden. Mit grosser Besorgnis stellte nun die Kommission während der Nachkontrolle fest, dass die Kontrollstelle eine hohe Fluktuation aufweist. Eine hohe Fluktuation führt mit der Zeit zu einem Know-how-Verlust und zeitigt dadurch auch einen negativen Einfluss auf das Verhältnis zu den anderen Akteuren des GwG-Vollzugs. Die GPK-N forderte deshalb das EFD auf, den Ursachen 1701

dieser hohen Fluktuation auf den Grund zu gehen und geeignete Massnahmen zu treffen, um diese zu vermindern.

­

Informationsaustausch: Sowohl die Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei wie auch die SROs leisten in ihrem Aufgabenbereich wichtige Beiträge zur Umsetzung des Geldwäschereigesetzes. Die Wirkung ihrer Tätigkeiten hängt aus Sicht der Kommission auch stark von einem gut funktionierenden Informationsaustausch zwischen der Kontrollstelle und den SROs ab. Unter Wahrung der Unabhängigkeit der Kontrollstelle sollten hier möglichst alle Synergien genutzt werden. Aufgrund der aktuellen Rechtslage ist der Informationsaustausch jedoch nur beschränkt möglich. Diesem Aspekt ist bei der anstehenden Revision des Geldwäschereigesetzes durch die zuständigen Departemente besondere Beachtung zu schenken.

­

Risikoorientierte Marktaufsicht/Unterstellungsbereich: Der GPK-N erscheint es wichtig, dass beim Ressourceneinsatz der Kontrollstelle ein genügendes Gewicht auf die Kontrolltätigkeit und auf ihre Risikoorientierung gelegt wird. Im weiteren Zusammenhang der risikogerechten Bekämpfung der Geldwäscherei stellt sich für die Kommission auch die Frage, ob der Anwendungsbereich des Geldwäschereigesetzes genügend breit gefasst ist. Die GPK-N forderte dementsprechend das Departement auf, im Rahmen der Revision des Geldwäschereigesetzes die Unterstellung der Rohwarenhändler, des Kunsthandels und allfälliger weiterer Risikobranchen zu prüfen.

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Sanktionsinstrumentarium der Kontrollstelle: Die GPK-N nahm bei ihrem Dienststellenbesuch zur Kenntnis, dass die aktuellen Sanktionsmöglichkeiten der Kontrollstelle nicht sehr differenziert sind und deshalb längerfristig nicht zu befriedigen vermögen. Dieser Mangel wird ebenfalls im Rahmen der anstehenden Revision des Geldwäschereigesetzes zu diskutieren sein.

­

Doppelfunktion der Kontrollstelle: Im Verlauf der Nachkontrolle wurde auch die Doppelfunktion der Kontrollstelle thematisiert ­ die Kontrollstelle ist einerseits «SRO» gegenüber den ihr direkt unterstellten Finanzintermediären (DUFis), andererseits ist sie die Aufsichtsbehörde der SROs. Die GPK-N ist der Ansicht, dass dadurch potenziell schwierige Situationen entstehen können, insbesondere in der Fremdwahrnehmung der Kontrollstelle beispielsweise durch die SROs oder die Finanzintermediäre. Aus ihrer Sicht ist deshalb diese Doppelrolle durch das Departement zu hinterfragen. Die Gleichbehandlung der DUFIs und der den SRO unterstellten Finanzintermediäre muss gewährleistet sein.

­

Unabhängige Beschwerdeinstanz: Die Kommission konnte feststellen, dass sich die Situation betreffend Beschwerden gegen Entscheide der Kontrollstelle seit der Inspektion beruhigt hat. Auch das Verhältnis zwischen dem Rechtsdienst EFD/EFV und der Kontrollstelle hat sich normalisiert. In Anbetracht dessen und der Schaffung des Bundesverwaltungsgerichts erachtet die Kommission die Schaffung einer unabhängigen Beschwerdeinstanz nicht mehr als dringend notwendig, so dass die Tätigkeitsaufnahme des Bundesverwaltungsgerichts auf den geplanten Zeitpunkt abgewartet werden kann.

1702

Die GPK-N wird den weiteren Vollzug im Rahmen ihrer regulären Oberaufsichtstätigkeit weiterverfolgen und gegebenenfalls ihre Erkenntnisse im Rahmen eines Mitberichts bei der anstehenden Revision des Geldwäschereigesetzes zuhanden der zuständigen Legislativkommission einbringen.

6.5

Eidgenössische Bankenkommission

Zusätzlich zur jährlichen Prüfung des Geschäftsberichts der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK) durch die beiden Geschäftsprüfungskommissionen liess sich die GPK-N im November 2002 aufgrund verschiedener aktueller Vorkommnisse im Banken- und Börsenbereich (Börsenbaisse, schwierige Situation gewisser Banken in diesem Zeitraum) durch Vertreter der EBK und ihres Sekretariats über das durch die EBK durchgeführte Monitoring, die von ihr georteten Probleme und Risiken sowie ihr Risikomanagement informieren. Ein besonderes Augenmerk galt dem vierstufigen Kontroll- und Verantwortlichkeitssystem im Bankensektor (interne Revision, externe Revision, Verwaltungsrat, EBK). Anhand von Beispielen wie der Waadtländer Kantonalbank wurden die möglichen Probleme dieses Kontrollsystems erläutert und auch konkret aufgezeigt, wie Banken, die sich in schwierigen Situationen befinden, durch die EBK eng begleitet und beaufsichtigt werden. Wieder einmal zeigte sich, dass die externe Revision eine Schlüsselrolle in diesem System einnimmt. Die Anzahl der Bankrevisionsgesellschaften auf dem schweizerischen Markt ist jedoch sehr klein und somit spielt auch der Wettbewerb nur beschränkt. Die EBK hat aufgrund der negativen Vorfälle beschlossen, in ihrem Sekretariat eine Einheit zu schaffen, welche die Arbeit der externen Revision systematisch kontrollieren soll.

Sie befolgt damit eine Empfehlung des Internationalen Währungsfonds. Die EBK kündigte auch ihre Absicht an, die Regeln über die Revisionstätigkeit zu verstärken und regelmässige Zweitrevisionen einzuführen. Die Revisionsberichte sind jedoch nur ein Teil des Früherkennungssystems der EBK. Es wird durch verschiedene weitere Instrumente wie Meldepflichten der Banken bei gewissen Vorfällen oder Gespräche mit dem Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung der Banken ergänzt.

Ein wichtiger Teil dieser Sitzung war auch den Informationsflüssen im Allgemeinen und bei bedeutenden Ereignissen gewidmet. Der Präsident der EBK informiert regelmässig den Departementsvorsteher des EFD, der gegebenenfalls seinerseits den Bundesrat informiert. Auch dem Informationsaustausch mit der Schweizerischen Nationalbank kommt eine wichtige Bedeutung zu.

7

Justizwesen

7.1

Oberaufsicht über die Justiz

Im Hinblick auf die Totalrevision der Bundesrechtspflege und vor dem Hintergrund verschiedener Reorganisationen von Justizbehörden im In- und Ausland haben die GPK im Januar 2001 beschlossen, wichtige Fragen zur parlamentarischen Oberaufsicht über die Justiz zu untersuchen. Auf der Grundlage von Abklärungen der Parlamentarischen Verwaltungskontrollstelle, Expertenanhörungen und Diskussionen mit Vertretern der eidgenössischen Gerichte haben die GPK ihre eigene Aufsichtstätigkeit aufgearbeitet, um Lücken, Verbesserungsmöglichkeiten und Handlungsbe-

1703

darf in der Aufsichtsfrage zu eruieren. Die Ergebnisse dieser Abklärungen sind im Bericht der GPK-S vom 28. Juni 2002 (BBl 2002 7625) festgehalten.

Die Praxis der GPK in der Justizaufsicht hat sich im Verlaufe der Jahre entwickelt und gut eingespielt. Zwischen Bundesgericht und GPK hat es dabei gelegentlich unterschiedliche Auffassungen zur Tragweite der Oberaufsicht gegeben. Die Praxis der GPK deckt sich heute mit der in der Lehre beschriebenen erweiterten Tragweite der Oberaufsicht. Allerdings haben die GPK in dieser Zeit auch die Erfahrung gemacht, dass sich diese Tragweite nicht ein für allemal definieren lässt, sondern dass sie oft von Fall zu Fall festgelegt werden muss. Über die Kontrolltätigkeit im Bereich der eidgenössischen Gerichte berichten die GPK u.a. im Rahmen ihrer im Bundesblatt veröffentlichten Jahresberichte.

Die GPK haben bisher einmal jährlich die Geschäftsberichte am Gerichtsort geprüft und dabei auch andere, das jeweilige Gericht betreffende Traktanden auf die Tagesordnung gesetzt. Die GPK analysierten die diesbezüglichen Protokolle der letzten 12 Jahre. Die Prüfung des Geschäftsberichts weist verschiedene Dimensionen auf und ist oft auch mit Empfehlungen und Forderungen der GPK verbunden. Fragen zum Geschäftsbericht betreffen in der Regel die Erledigungsstatistik, die öffentlichen Beratungen, die Prozessdauer oder die Pendenzen. Anfangs der 1980er wie auch Mitte der 1990er Jahre haben die GPK wiederholt den Ausbau des Geschäftberichts oder die Führung besonderer Statistiken gefordert (Anzahl erledigte Fälle nach Richter; Entwicklung der durchschnittlichen Leistung der juristischen Mitarbeiter, Erledigungsstatistik der Ersatzrichter u.ä.). Die Gerichtsorganisation und ihre Effizienz, die ungenügenden Leistungen der Ersatzrichter, die Informatik und die Beschleunigung der Urteilsveröffentlichungen waren weitere Diskussionspunkte im Rahmen der Geschäftsberichte. Beschlüsse der GPK betrafen ferner sehr unterschiedliche Bereiche der Gerichtsadministration: So haben sie 1991 beispielsweise eine Richtlinie für die Gebührenpraxis und einen Bericht über die Informatik im Rechnungswesen gefordert und 1992 einen Zusatzbericht zu Erfahrungen mit persönlichen Mitarbeitern oder den Erlass von kammerinternen Gebührenrichtlinien verlangt. Auch aktuelle Probleme der Rechtsprechung werden
mit den Gerichten besprochen (z.B. 1999 Urteil betreffend Kostenentschädigung von 100 000 Franken) oder es wurde der gesetzgeberische Handlungsbedarf aufgrund verschiedener Urteile eruiert (z.B. 1999 Härtefälle betreffend Führerausweisentzug und Ergänzung des Bürgerrechtsgesetzes durch eine Strafnorm). Aus Gründen der Gewaltenteilung kommentieren die GPK keine Einzelurteile der eidgenössischen Gerichte. Sie beobachten jedoch die Tendenzen der Rechtsprechung und erörtern sie gelegentlich mit dem Bundesgericht im Hinblick auf allfällige Mängel oder Lücken in der Gesetzgebung. Hinweise auf Mängel im Gesetzesvollzug können zu vertieften Überprüfungen durch die GPK führen.

In ihrem Bemühen, ein möglichst vollständiges Bild über die Arbeit der Gerichte zu erhalten, sind die GPK stets auch Hinweisen nachgegangen, die ganz unterschiedliche Probleme betrafen: so etwa die Archivierung der Urteile, deren Veröffentlichung im Internet, die Akkreditierung von Journalisten, das Rücktrittsalter der Bundesrichter oder die Zusammenarbeit zwischen dem Bundesgericht in Lausanne und dem Versicherungsgericht in Luzern. Die GPK behandeln überdies regelmässig gegen die Gerichte des Bundes gerichtete Aufsichtseingaben wegen formeller Rechtsverweigerung, Rechtsverzögerung oder Verletzung fundamentaler Verfahrensgrundsätze. Auf diese Weise erhalten sie weitere Informationen zur Arbeit der Gerichte, insbesondere zu problematischen Punkten in der Verfahrensgesetzgebung.

1704

Insgesamt hat die Analyse der Oberaufsichtspraxis über Bundesgericht und Eidgenössisches Versicherungsgericht aufgezeigt, dass die GPK ein breites Oberaufsichtsspektrum abdecken, ihre Befugnisse im Rahmen der Prüfung der Geschäftsberichte der Gerichte ausschöpfen und die verfassungsrechtlich verankerte Unabhängigkeit der richterlichen Behörden respektieren.

Die GPK haben aufgrund ihrer Analyse ein «gewisses Ausbaupotential» bei der Wahrnehmung der Oberaufsicht erkannt, strichen aber gleichzeitig hervor, dass das bisherige System sich grundsätzlich bewährt hat. Die bisherige Form der Oberaufsicht erlaubt es, auf wesentliche Probleme im Justizbereich aufmerksam zu werden und bei Bedarf Massnahmen zu ergreifen. Die Kommissionen sind sich aber bewusst, dass die Aufsicht intensiviert werden kann. In gewissen Bereichen (Organisation, Personalwesen, Informatik, Kundenorientierung usw.) müssen in Zukunft vertiefte Überprüfungen erfolgen. Deshalb werden die GPK künftig vermehrt Justizthemen in ihre Jahresprogramme aufnehmen. Die Kommissionen haben sich ausserdem kontinuierlich für mehr Transparenz über die Arbeit der Gerichte eingesetzt, insbesondere durch zusätzliche Angaben in deren Geschäftsberichten. Einem modernen Gerichtsmanagement, einer gut eingerichteten gerichtsinternen Aufsicht und einer hohen Transparenz über den Geschäftsgang messen sie hohe Priorität zu. Diese Elemente sind Grundvoraussetzung für eine wirksame Oberaufsicht.

Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung und der Ergebnisse ihrer Untersuchung vertrat die GPK-S auch während der Wintersession 2002 im Ständerat die dezidierte Meinung, dass kein neues Organ zur Wahrnehmung der Oberaufsicht über die eidgenössischen Gerichte geschaffen werden muss. Ein in dieser Richtung weisender Antrag der Rechtskommission des Ständerates, welcher die Oberaufsicht in Zukunft der für die Richterwahlvorbereitung zuständigen Gerichtskommission übertragen wollte, fand im Ständerat keine Mehrheit. Dieser Entscheid ist konsequent. Denn nur im Bereich der Wahlvorbereitung der Richter braucht es neue Strukturen. Die nötigen Reformen sind nun geschaffen worden, um eine sorgfältige Wahlvorbereitung vorzunehmen. Eine Änderung des Oberaufsichtssystems ist wegen der Schaffung des neuen Bundesstraf- und Bundesverwaltungsgerichts hingegen nicht erforderlich.

Die Bündelung
der Oberaufsicht über Bundesrat, Bundesverwaltung und Bundesgerichte auf eine Kommission ist eine Stärke des bisherigen Systems. Sie gewährt die Unabhängigkeit, Einheit und Kohärenz der parlamentarischen Kontrolle und ist mit Synergiegewinnen verbunden. Die Stärken des bisherigen Systems werden sich auch bei der Oberaufsicht über die unterinstanzlichen Gerichte des Bundes entfalten.

7.2

Inspektion am Kassationshof des Bundesgerichts

Am 11. Februar 2003 ereignete sich am Bundesgericht in Lausanne ein Vorfall, der in den folgenden Tagen grosses Aufsehen in der Öffentlichkeit erregte. Gemäss Darstellung in den Medien soll Bundesrichter Martin Schubarth in der Eingangshalle des Gerichtsgebäudes auf Mon-Repos in Richtung von NZZ-Journalist Markus Felber gespuckt und dabei einen Gerichtsschreiber, der mit Felber ein Gespräch führte, getroffen haben. In den Tagen nach diesem Ereignis wurden Anschuldigungen laut, wonach es am Kassationshof in Strafsachen, einer Abteilung des Bundesgerichts, unter dem Präsidium von Martin Schubarth Unregelmässigkeiten im Verfahren und mithin auch Manipulationen an Urteilen gegeben haben soll.

1705

Am 19. Februar 2003 bestätigte das Bundesgericht in einer Medienmitteilung den von Bundesrichter Martin Schubarth verursachten «Spuck-Vorfall» und missbilligte ihn in aller Form. Das Bundesgericht beschloss zudem mit sofortiger Wirkung, Bundesrichter Martin Schubarth in der Rechtsprechung nicht mehr einzusetzen, und erklärte, seiner Auffassung nach solle Bundesrichter Martin Schubarth den Rücktritt erklären. Bundesrichter Martin Schubarth folgte dieser Aufforderung jedoch nicht.

Er machte geltend, das Ereignis sei mit seiner damaligen Krankheit und einer teilweise verändernden medikamentösen Behandlung, aber auch mit einer gegen ihn geführten Intrige vor seiner Wiederwahl im Dezember 2002 in Zusammenhang gestanden.

Am 5. März 2003 beschlossen die beiden GPK, den Spuck-Vorfall, die behaupteten Unregelmässigkeiten und das Arbeitsklima am Kassationshof abzuklären, und setzten für die Untersuchung die gemeinsame Arbeitsgruppe «Bundesgericht» ein.

Am Samstag, 4. Oktober 2003, reichte Bundesrichter Martin Schubarth in Kenntnis des Berichtsentwurfs der Arbeitsgruppe «Bundesgericht» und zwei Tage vor dessen Verabschiedung durch die beiden GPK seinen Rücktritt auf den 30. Juni 2004 ein.

Er gab Teile des Inhalts des vertraulichen Berichtsentwurfs bekannt und beschuldigte die Arbeitsgruppe «Bundesgericht», ihn nicht gebührend angehört, politisch unter Druck gesetzt und ein Verfahren durchgeführt zu haben, das eines Rechtsstaates unwürdig sei. Diese Anschuldigungen wiesen die GPK als unbegründet zurück. Da die der Oberaufsicht unterstehenden Behörden und Funktionsträger dem Amtsgeheimnis unterstehen, sahen sich die GPK zur Feststellung veranlasst, dass Bundesrichter Martin Schubarth mit seinem beispiellosen Vorgehen nicht nur das Amtsgeheimnis verletzt, sondern auch die Kompetenz des Parlamentes als oberste Gewalt des Bundes und als Oberaufsichtsbehörde missachtet hat.

Aufgrund der Untersuchung gelangten die GPK in ihrem Bericht vom 6. Oktober 2003 zu folgenden Feststellungen und Schlussfolgerungen: Die Untersuchung des Spuck-Vorfalls führte zum Ergebnis, dass Bundesrichter Martin Schubarth am Morgen des 11. Februar 2003 in der Eingangshalle des Bundesgerichts die Beherrschung verlor, auf einen ihm verhassten Journalisten spuckte, dabei versehentlich einen Gerichtsschreiber traf und sich anschliessend
wortlos entfernte. Die kritische Presse und die Vorfälle vor Schubarths Wiederwahl im Dezember 2002 haben Bundesrichter Martin Schubarth persönlich stark getroffen; sie vermögen aber eine Spuck-Attacke nicht zu rechtfertigen. Bundesrichter Martin Schubarth litt an jenem Morgen an gesundheitlichen Problemen, die zu seiner Überreaktion beigetragen haben mögen; eine verminderte Zurechnungsfähigkeit und damit ein Entschuldigungsgrund ist jedoch auszuschliessen.

Die GPK kamen zum Schluss, dass sich Bundesrichter Schubarth mit dem SpuckVorfall eine grobe Anstandsverletzung hat zu Schulden kommen lassen, die sich mit der Stellung eines Bundesrichters nicht verträgt. Das Vertrauen der Rechtsuchenden in ihn ist damit nachhaltig gestört. Das gilt selbst dann, wenn man für die persönliche Krisensituation, in der Bundesrichter Schubarth gestanden haben mag, ein gewisses Verständnis aufbringt. Eine Rückkehr Schubarths in das Gericht hätte zu einer schweren Belastung der Akzeptanz des obersten Gerichts geführt, was dem Rechtsfrieden im Lande abträglich gewesen wäre. Ein solches Risiko hätte aus rechtsstaatlicher Sicht nicht eingegangen werden können. Die GPK waren deshalb der Meinung, dass es keine Alternative zu einem Rücktritt von Bundesrichter Martin Schubarth gab.

1706

Unter den gegebenen Umständen erachteten es die GPK als nicht tragbar, dass Bundesrichter Martin Schubarth von seinem Amt erst auf den 30. Juni 2004 zurückzutreten gedachte. Sie waren entschieden der Meinung, Bundesrichter Martin Schubarth solle im Interesse und zugunsten des Ansehens der Justiz ohne Verzug zurücktreten und damit die längst fällige Konsequenz aus dem Spuck-Vorfall vom 11. Februar 2003 ziehen.

Für den Fall, dass Bundesrichter Martin Schubarth der Aufforderung zum Rücktritt bis spätestens Ende Jahr nicht Folge leisten würde, regten die GPK an, die Gerichtskommission der eidgenössischen Räte solle die rechtliche Möglichkeit prüfen, damit die in der Wintersession zu wählende Nachfolge ihre Tätigkeit bereits vor dem Ausscheiden Schubarths aus dem Amt aufnehmen könnte. Als ultima ratio käme allenfalls eine Amtsenthebung von Martin Schubarth in der Form eines referendumspflichtigen Bundesbeschlusses in Frage.

Bei der Untersuchung von behaupteten Unregelmässigkeiten am Kassationshof stellten die GPK fest, dass Bundesrichter Martin Schubarth als Präsident des Kassationshofes in einem Fall die Meinung eines Richterkollegen klar übergangen und in Verletzung der Bestimmungen über das Zirkulationsverfahren und die öffentliche Beratung das Urteil auf dem Zirkulationsbogen als einstimmig gefällt deklariert hat, obwohl nur eine Mehrheit, aber keine Einstimmigkeit vorlag. Am Ergebnis des Entscheides hätte jedoch eine korrekte Abwicklung des Verfahrens nichts geändert.

Nach Auffassung der GPK hat Bundesrichter Martin Schubarth damit eine Amtspflicht verletzt. Als Magistratsperson unterliegt er jedoch keiner Disziplinargewalt.

Insofern bleiben die Feststellungen der GPK für ihn ohne weitere Folge. Für eine Beurteilung, ob die Amtspflichtverletzung Schubarths allenfalls strafrechtlich relevant ist, ist die Bundesanwaltschaft zuständig.

In mehreren Beispielen haben die GPK festgestellt, dass Bundesrichter Schubarth als Abteilungspräsident manchmal eigenmächtig und unkollegial vorgegangen ist. Er hat seine präsidialen Kompetenzen sehr weitgehend ausgeschöpft und zuweilen die Grenzen des korrekten Vorgehens überschritten. Nicht selten ging es dabei um Bemühungen Schubarths, seiner Meinung zum Durchbruch zu verhelfen. Diese Charaktereigenschaften Schubarths haben unter anderem zu grossen Spannungen
innerhalb des Richterkollegiums am Kassationshof geführt. Sie geben jedoch keinen Grund zur Annahme, dass deswegen Urteile des Bundesgerichts fragwürdig oder gar unhaltbar ausgefallen wären.

Die GPK haben in keinem Fall eine Urteilsmanipulation in dem Sinne festgestellt, dass ein Entscheid (Dispositiv) den Parteien anders eröffnet worden wäre, als das Richterkollegium beschlossen hat. Aufgrund der Analyse der Verfahrensabläufe am Kassationshof kann festgehalten werden, dass es in der Praxis kaum Raum für echte Urteilsmanipulationen im Sinne von Verfälschungen des Dispositivs gibt. Ganz auszuschliessen ist eine solche Manipulation für einen Mitrichter. Der Abteilungspräsident kann zwar wesentlich mehr Einfluss auf das Verfahren jedes Einzelfalles nehmen; mit einer Urteilsmanipulation würde er jedoch ein sehr hohes Risiko eingehen, entdeckt zu werden.

Insgesamt kamen die GPK zum Schluss, dass kein Anlass besteht, an der hohen Qualität der Rechtsprechung und an der Zuverlässigkeit und Richtigkeit der Urteile des Kassationshofes während der Zeit der Präsidentschaft von Bundesrichter Martin Schubarth zu zweifeln.

1707

Die Untersuchung des Arbeitsklimas am Kassationshof unter dem Präsidium von Bundesrichter Martin Schubarth hat gezeigt, dass dieses einerseits durch die eigenmächtige Abteilungsführung Schubarths belastet wurde und andererseits stark durch seine Persönlichkeit geprägt war. Bundesrichter Martin Schubarth wurde als intelligente, sehr gebildete Person mit teilweise autoritären, elitären und egozentrischen Zügen beschrieben. Das Klima am Kassationshof verschlechterte sich insbesondere auch durch ein Zerwürfnis zwischen Bundesrichter Martin Schubarth und einem Richterkollegen am Kassationshof.

Die Probleme am Kassationshof entstanden über längere Zeit und waren komplex.

Mit der Zeit war die Situation so verfahren, dass die Richter am Kassationshof die Konflikte nicht mehr selbst bewältigen konnten. Der Bundesgerichtspräsident griff relativ spät ein, er war aber von den Konfliktparteien auch nicht beigezogen worden.

Als dann schliesslich die Gespräche unter seiner Leitung in Gang kamen, hatte er nur sehr beschränkte Handlungsmöglichkeiten. Die am Ende getroffene Lösung führte zwar zu einer äusserlichen Beruhigung, doch war der Konflikt zwischen Bundesrichter Schubarth und seinem Amtskollegen, der durch dessen Kontaktnahme mit einem SP-Parlamentarier vor den Gesamterneuerungwahlen der Bundesrichter im Dezember 2002 noch wesentlich verkompliziert worden war, nicht gelöst.

Die Bewältigung der Konflikte am Kassationshof hat sich als problematisch erwiesen. Dies ist einerseits auf die schwierigen Charakterzüge von Bundesrichter Martin Schubarth zurückzuführen. Andererseits kann auch die institutionelle Struktur des Bundesgerichts, das aus 30 grundsätzlich gleichgestellten Bundesrichtern besteht, zur Entstehung von persönlichen Konflikten unter den Richtern beitragen. Es ist deshalb zu prüfen, ob gerichtsintern die Führungsstrukturen verstärkt und gewisse Aufsichtsmechanismen sowie interne Möglichkeiten zur Konfliktbewältigung geschaffen werden könnten.

Im Weiteren haben die GPK im Rahmen ihrer Abklärungen Feststellungen in Bezug auf gerichtsinterne Verfahren wie das Zirkulationsverfahren, die Praxis bei mündlichen Beratungen sowie die Zuteilung der Referenten und die Bildung der Spruchkörper gemacht, welche die GPK veranlassten, Empfehlungen an das Bundesgericht zu richten.

Nach der Veröffentlichung
des Berichts der beiden GPK und nach Gesprächen mit dem Präsidenten der Gerichtskommission der eidgenössischen Räte erklärte sich Bundesrichter Martin Schubarth schliesslich bereit, im Interesse der Justiz seine Demission bereits auf spätestens Ende Januar 2004 einzureichen.

Das Bundesgericht wird zu den Empfehlungen der GPK bis Ende Februar 2004 Stellung nehmen.

7.3

Aufbau der neuen unterinstanzlichen Bundesgerichte

Im Rahmen der laufenden Totalrevision der Bundesrechtspflege werden zwei neue Bundesgerichte, das Bundesstrafgericht und das Bundesverwaltungsgericht, aufgebaut. In seiner Botschaft zu den Standorten der Gerichte schlug der Bundesrat Freiburg als Sitz des Bundesstrafgerichts und Aarau als Sitz des Bundesverwaltungsgerichts vor. Das Parlament entschied am 21. Juni 2002, das Bundesstrafgericht Bellinzona und das Bundesverwaltungsgericht St. Gallen zuzuweisen. Gleichzeitig ermächtigte das Parlament den Bundesrat, mit den Standortkantonen Tessin und 1708

St. Gallen einen Vertrag über deren finanzielle Beteiligung an den Kosten der Errichtung der Gerichte abzuschliessen. Bei der Aussprache mit der Vorsteherin des EJPD zum Geschäftsbericht des Bundesrats im Mai 2003 (vgl. auch Kap. 16.1) stellten die Geschäftsprüfungskommissionen fest, dass es unterschiedliche Auffassungen zwischen dem Bund und den beiden Standortkantonen betreffend die finanzielle Beteiligung dieser beiden Kantone gab. Insbesondere machten die Standortkantone in den Verhandlungen geltend, es bestehe kein Anspruch der Eidgenossenschaft auf einen Beitrag von ihnen bei der Errichtung der Gerichtsgebäude.

Anlässlich der Behandlung des Geschäftsberichts im Nationalrat im Juni 2003 machte die Präsidentin der GPK, Brigitta M. Gadient, deutlich, dass von den vom Parlament berücksichtigten Standortkantonen Tessin und St. Gallen die Einhaltung der gleichen Verpflichtungen verlangt werden müsse, wie sie zuvor vom Bundesrat mit den Kantonen Freiburg und Aargau ausgehandelt worden waren. Es bestehe zwar mit den neuen Standortkantonen keine entsprechende schriftliche Vereinbarung, aber Bundesrätin Ruth Metzler habe in der Parlamentsdebatte immer wieder darauf hingewiesen, der Bundesrat gehe davon aus, dass diese Beteiligungen gegeben seien. Dagegen sei weder in der Ratsdebatte noch seitens der betroffenen Regierungen je opponiert worden. Das Parlament sei deshalb beim Standortentscheid in Treu und Glauben immer davon ausgegangen, dass die gleiche Beteiligung an den Kosten gewährleistet sei unabhängig vom Resultat des Standortentscheids. Es gebe keinen Grund, nun von diesem Grundsatz abzurücken. Die GPK werden dieses Geschäft deshalb weiterverfolgen und falls nötig wieder an den Rat gelangen.

Der Aussprache zum Geschäftsbericht folgte ein Briefwechsel zwischen der Vorsteherin des EJPD, den GPK, dem Justiz- und Polizeidepartement des Kantons St. Gallen und der Gerichtskommission der beiden Räte. Auch die Gerichtskommission drängte auf eine möglichst rasche Einigung mit den Standortkantonen über ihre Kostenbeteiligung, damit in der Bundesversammlung anlässlich der Wahl der Mitglieder des Bundesstrafgerichts in der Herbstsession 2003 hinreichend Klarheit bestehe. Die Vorsteherin des Justiz- und Polizeidepartements St. Gallen, Regierungsrätin Karin Keller-Sutter, versicherte in einem Schreiben vom
9. September 2003 die Bereitschaft ihres Kantons, sich an den Errichtungskosten des Bundesverwaltungsgerichts angemessen zu beteiligen. Der Grund, warum bislang noch keine Vereinbarung abgeschlossen werden konnte, liege einzig darin, dass vor der definitiven Festlegung der Standortparzelle und dem Vorliegen einer Projektdefinition von Seiten des Kantons St. Gallen keine Zusage auf eine anteilsmässige finanzielle Beteiligung möglich gewesen sei, weil mit einer blossen Prozentangabe bei den damaligen Ungewissheiten die Kostenfolgen für den Kanton nicht absehbar gewesen wären. St. Gallen werde für den Bund ein fairer Verhandlungspartner sein, sicherte die Regierungsrätin zu.

Die Verhandlungen zwischen dem Bund und den Standortkantonen im Spätherbst 2003 führten noch zu keiner definitiven Vereinbarung, jedoch zu einer Annäherung der Standpunkte. Als Standorte wurden inzwischen die Liegenschaften Chrüzacker in St. Gallen und Viale Stefano Franscini in Bellinzona bestimmt. In Bellinzona werden zwei bestehende Liegenschaften ausgebaut, während in St. Gallen ein Neubau erstellt werden soll. Mit dem Kanton Tessin hat der Bund am 23. Juni 2003 eine Vereinbarung über die Kostenverteilung im Zusammenhang mit der provisorischen Unterbringung des Bundesstrafgerichts, das am 1. April 2004 seinen Betrieb aufnehmen wird, unterzeichnet. Das Bundesverwaltungsgericht wird voraussichtlich erst 2007 seine Funktion aufnehmen.

1709

7.4

Effizienzvorlage

Die GPK-N begleitet in Zusammenarbeit mit der Finanzdelegation die Arbeiten zur Umsetzung der so genannten «Effizienzvorlage» und prüft insbesondere die halbjährlichen Berichte des EJPD über den Stand des Projekts.

Die Effizienzvorlage geht zurück auf den Beschluss der eidgenössischen Räte vom 22. Dezember 1999 (BBl 2000 70). Mit einer Änderung des Strafgesetzbuches führte das Parlament in den Bereichen Organisierte Kriminalität, Geldwäscherei und Korruption für die komplexen Fälle von interkantonaler und internationaler Bedeutung eine zwingende Verfahrensleitung durch die eidgenössischen Behörden ein (Art. 340bis Abs. 1 StGB). In diesen Fällen von Schwerstkriminalität ist seit 1. Januar 2002 der Bund (anstelle der Kantone) zuständig. Bei Fällen von schwerer Wirtschaftskriminalität erhielt der Bund eine subsidiäre Ermittlungskompetenz (Art. 340bis Abs. 2 StGB).

Bei ihrer begleitenden Oberaufsicht misst die GPK-N einer raschen, aber kontrollierten und verhältnismässigen Umsetzung der Effizienzvorlage hohe Bedeutung bei.

Die Kommission konnte sich in den letzten Jahren vergewissern, dass das Projekt bisher weitgehend erfolgreich verlaufen ist. Einige Ergebnisse der begleitenden Kontrolle finden sich in den vergangenen Tätigkeitsberichten (BBl 2001 5601, BBl 2002 5994).

Die GPK-N musste aufgrund einer Aussprache mit den Projektverantwortlichen im Januar 2003 nun aber feststellen, dass das Projekt aufgrund finanzieller Probleme nicht mehr wie geplant weitergeführt werden kann. Mit der Einführung der Schuldenbremse und den Budgetvorgaben für 2003 (Kürzung des Finanzmittelbedarfes von 31 auf 18 Mio. Fr.) sowie mit den im Finanzplan 2004­2006 vorgesehenen zusätzlichen Kürzungen ist die gesetzeskonforme Umsetzung der Effizienzvorlage gefährdet. Aufgrund der knappen Personalressourcen zeichneten sich bereits im Jahre 2003 Rückstände in der Fallbearbeitung ab, was aus rechtsstaatlicher Sicht bedenklich ist. Rechtsstaatlich inakzeptabel wäre, wenn der Bund infolge von Ressourcenproblemen mittel- oder langfristig Strafverfahren verjähren lassen müsste.

Ein grosses Problem ortete die GPK-N auch darin, dass wegen der Unmöglichkeit, mit verbindlichen Budgetvorgaben zu planen, keine geordnete Projektführung und -planung mehr besteht. Diese Unsicherheiten in der Projektplanung und finanzierung könnten ihrerseits
rasch zu Problemen im Personalbereich führen. Die Bundesstellen würden im Vergleich zu jenen in den Kantonen als unsicher gelten, was die Rekrutierung zusätzlich erschweren würde.

Aus Sorge um den gesetzmässigen Vollzug des Projekts wandte sich die GPK-N im März 2003 in einem Schreiben an den Bundesrat. Sie erinnerte daran, dass die bereits vorgenommenen und im Finanzplan vorgesehenen Ressourcenkürzungen nicht irgendein Projekt des Bundes berühren, sondern die Umsetzung des gesetzlichen Auftrags an den Bund, bei der Strafverfolgung im Bereich Schwerstkriminalität eine aktive Rolle wahrzunehmen. Eine Reduktion der Aktivitäten des Bundes in diesem Bereich oder gar eine «Rückdelegation» an die Kantone wäre ein falsches Zeichen, das sowohl im In- wie auch im Ausland nicht verstanden würde. Eine wirksamere Strafverfolgung in Fällen von Schwerstkriminalität ist nach Meinung der GPK-N weiterhin dringend erforderlich.

1710

Die massiven Budgetkürzungen berühren nicht nur die Umsetzung der Effizienzvorlage in einer heiklen Phase. Auch ein weiteres Projekt des Bundes, der Aufbau des Bundesstrafgerichts in Bellinzona, das ab April 2004 mit elf Richterinnen und Richtern tätig sein wird, hängt von der erfolgreichen Umsetzung der Effizienzvorlage ab. Falls die Strafverfolgungsorgane des Bundes die gesetzlich an die Hand zu nehmenden Fälle nicht beförderlich erledigen können, wird sich die Arbeit am Bundesstrafgericht verzögern und in der wichtigen Aufbauphase womöglich nur in geringem Ausmass einstellen.

Die GPK-N forderte den Bundesrat aufgrund dieser Feststellungen auf, die nötigen Massnahmen zur planmässigen Umsetzung des Projekts «Effizienzvorlage» zu treffen. Im Bewusstsein um die grossen Probleme des Bundesfinanzhaushalts erinnerte die GPK-N daran, dass Bundesrat und Parlament für die Erfüllung der gesetzlichen Strafverfolgungspflicht des Bundes eine grosse politische Verantwortung tragen eine Verantwortung, die der Bund gegenüber den Kantonen wie auch dem Ausland wahrzunehmen hat. Entsprechend gilt es, eine weitsichtige Prioritätensetzung vorzunehmen.

In seiner Stellungnahme vom 14. März 2003 versicherte der Bundesrat, er nehme den ihm in der Effizienzvorlage erteilten Gesetzesauftrag ernst und sei gewillt, ihn bis zum Ende durchzusetzen. Er habe die Effizienzvorlage-Budgets nicht gekürzt, sondern im Gegenteil beim Parlament mehrfach zusätzliche Mittel beantragt. Der erhöhte Mittelbedarf sei die Folge der höher als ursprünglich angenommenen Fallzahlen und der längeren Verfahrensdauer. Der Bundesrat habe in Kenntnis der Bedeutung dieser Vorlage darauf verzichtet, dem Parlament die Rückkehr zur doppelten Kann-Bestimmung als mögliche Entlastungsmassnahme vorzuschlagen (was eine vermehrte «Rückdelegation» von Fällen an die Kantone zur Folge hätte). Er beabsichtige auch nicht eine Situation herbeizuführen, in der Verfahren verschleppt werden oder Straftaten nicht abgeklärt werden können. Er werde sich im Rahmen der finanzpolitischen Möglichkeiten deshalb dafür einsetzen, dass die planmässige Umsetzung des Projektes gemäss der aktuellen Finanzplanung gewährleistet werden könne.

Im Gegensatz zur Stellungnahme des Bundesrates zeichnete der Standbericht der Projektoberleitung «Effizienzvorlage» vom 30. Juni 2003 für die
Zukunft ein düsteres Bild. Nach den Budgetbeschlüssen in diesem Jahr sollen die Budgets 2005 und 2006 auf dem Stand von 2004 plafoniert werden. Damit kann der Personalaufwuchs im Jahr 2003 voraussichtlich noch planmässig weitergehen, aber bereits im Jahr 2004 können weniger als die Hälfte der nach dem Konzept 2000 geplanten Neuanstellungen erfolgen. Gleichzeitig erhärtete sich die im letzten Standbericht geäusserte Vermutung, dass die Prognosen der Verfahrenszahlen nach oben korrigiert werden müssen. Die Diskrepanz zwischen den Ressourcen und den Aufgaben werde zu einem stets wachsenden Pendenzenberg führen, der ohne gewichtige Änderung der Vorgaben zur Verunmöglichung der Verfolgung der Schwerstkriminalität im Sinne der Effizienzvorlage führen werde.

Die GPK-N nahm den Standbericht vom 30. Juni 2003 mit Besorgnis zur Kenntnis und beschloss, die Umsetzung der Effizienzvorlage im Laufe des Jahres 2004 eng zu begleiten.

1711

7.5

Praxis des Bundesgerichts bei der intertemporalrechtlichen Regelung zur neuen Beschwerdefrist der Nichtigkeitsbeschwerde

Aufgrund der Teilrevision des Organisationsgesetzes (OG) vom 23. Juni 2000, in Kraft seit 1. Januar 2001, die die beiden GPK seinerzeit zur Entlastung des Bundesgerichts mit einer Parlamentarischen Initiative initiiert hatten, ergab sich wegen einer fehlenden Übergangsregelung zur neuen Beschwerdefrist der Nichtigkeitsbeschwerde in Strafsachen (Art. 272 Bundesstrafprozess) ein übergangs-rechtliches Problem. Unklar war, ob die neue Frist von 30 Tagen (vorher 20 Tage) nach Zustellung der Urteilsbegründung für Gerichtsurteile, die noch vor Inkrafttreten der neuen Regelung gefällt, aber erst nach Inkrafttreten schriftlich begründet wurden, bereits gelten soll.

Ein Anwalt beschwerte sich in einer Aufsichtseingabe bei den GPK, der Kassationshof des Bundesgerichts habe mit seiner Praxis zur intertemporalrechtlichen Regelung betreffend die neue Beschwerdefrist von 30 Tagen das Parlament als Bundesgesetzgeber missachtet und das Prinzip der Gewaltenteilung verletzt. Seine Nichtigkeitsbeschwerde war vom Bundesgericht zurückgewiesen worden, weil er die alte Frist von 20 Tagen verpasst hatte. Er war der Meinung gewesen, dass die Zustellung der Begründung das massgebende fristauslösende Ereignis sei. Da diese nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung erfolgte, betrug die Frist seiner Meinung nach gemäss neuem Recht 30 Tage.

Die Abklärungen der zuständigen Subkommissionen der beiden GPK beim Bundesgericht ergaben folgenden Sachverhalt: Das Bundesgericht hat sich intern unmittelbar nach der Veröffentlichung der neuen Regelung am 4. Juli 2000 mit der Frage der Umsetzung dieser Bestimmung befasst und kam zum Schluss, dass es an einer intertemporalrechtlichen Regelung fehle. Der Kassationshof entschied, diese Lücke durch eine analoge Anwendung von Ziffer 3 Absatz 1 der Schlussbestimmungen der Änderung des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 4. Oktober 1991 (SR 173.110) zu schliessen. Danach ist das neue Recht auf ein Beschwerdeverfahren nur dann anwendbar, wenn der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten des Gesetzes ergangen ist. Die zur Diskussion stehende Gesetzesänderung wurde vom Bundesrat am 22. November 2000 auf den 1. Januar 2001 in Kraft gesetzt. In einer bereits vorher in drei Sprachen vorbereiteten Mitteilung des Kassationshofes wurde daraufhin auf die Konsequenzen der
Gesetzesänderung in Bezug auf das intertemporale Recht und die Rechtsmittelbelehrung hingewiesen.

Diese Mitteilung wurde am 5. Dezember 2000 den Kantons- bzw. Obergerichten der Kantone, dem Schweizerischen Anwaltsverband (SAV), den akkreditierten Journalisten und den wichtigsten Fachzeitschriften zugestellt.

Die Mitteilung des Bundesgerichts wurde vom SAV in der Anwaltsrevue veröffentlicht (Revue 1/2001 46). Sie wurde überdies in drei weiteren Fachzeitschriften publiziert (SJZ 2001 20, JT 2000 IV 96 und ZBJV 2001 160). Im Übrigen beschloss der Kassationshof, allfällige Wiederherstellungsgesuche gemäss Artikel 35 OG grosszügig zu gewähren. Insgesamt wurde die Frist in vier Fällen verpasst, wobei in einem Fall ein Wiederherstellungsgesuch verlangt und auch gewährt wurde.

Insgesamt kamen die GPK zum Schluss, dass der Kassationshof in dieser Sache einen frühzeitigen Entscheid darüber getroffen hat, wie er die intertemporalrechtliche Situation im Zusammenhang mit der neuen Frist im Hinblick auf die Rechtsänderung auszulegen gedachte. Das Bundesgericht hat seinen Entscheid zum frü1712

hestmöglichen Zeitpunkt in einer Weise veröffentlicht, die es der Anwaltschaft ermöglichte, davon Kenntnis zu nehmen. Aus der Sicht der Geschäftsführung ist somit das Vorgehen des Bundesgerichts nicht zu beanstanden.

8

Staat und Verwaltung

8.1

Oberaufsicht über den 3. und 4. Kreis

Nach dem in den letzten Jahren in der Bundesverwaltung entwickelten vier-KreiseModell werden die Träger von Aufgaben des Bundes nach dem Grad ihrer Autonomie dargestellt.

Im Vergleich zu den Ämtern der zentralen Bundesverwaltung (1. und 2. Kreis) stellen sich bei der parlamentarischen Oberaufsicht über ausgelagerte Einheiten im 3. Kreis (z.B. ETH, Skyguide, Swissmedic) oder über verselbständigte Unternehmen (z.B. Post, SBB AG, Swisscom, RUAG) besondere Fragen und Anforderungen.

Zum einen setzt die Ausrichtung der Tätigkeit dieser Einrichtungen an den strategischen Zielen des Bundesrats eine enge Zusammenarbeit der Geschäftsprüfungskommissionen und Finanzkommissionen voraus. Zum Andern muss den Schnittstellen zwischen der Tätigkeit der Aufsichts- und Legislativkommissionen besonders Rechnung getragen werden (etwa bei der Verabschiedung und bei der Vollzugskontrolle des Leistungsauftrags). Bereits in den vergangenen Jahren haben die Aufsichtskommissionen für die ETH, die Post, die SBB AG und die Swisscom deshalb Konzepte erarbeitet, welche die Zuständigkeiten der Oberaufsicht und das Reportingsystem regeln. Diese Konzepte tragen der vom Parlament gewünschten Autonomie der Unternehmungen Rechnung und sprechen in erster Linie die politische Verantwortlichkeit des Bundesrats an.

Die damals erarbeiteten Konzepte wurden in der Praxis in der Zwischenzeit verfeinert. Über die Erreichung der strategischen Ziele betreffend die Post, SBB und Swisscom hat der Bundesrat beispielsweise jährlich einen schriftlichen Bericht vorzulegen. Ausserdem haben die Aufsichtskommissionen in den letzten beiden Jahren wieder direkte Kontrollgespräche mit den Unternehmensverantwortlichen geführt. Letzteres stellte sich als notwendig heraus, um substantielle Antworten auf politisch wichtige Fragen der Aufsichtskommissionen zu erhalten. Mangels solcher Informationen konnte wie bereits im vorhergehenden Jahr auch der Geschäftsbericht des Bundesrats für das Jahr 2001 nur unter Vorbehalt genehmigt werden (vorbehalten wurde die Geschäftsführung des Bundesrates bezüglich SBB und Post, BBl 2002 4466). Dank der zeitlich und inhaltlich optimierten Berichterstattung konnte dann der bundesrätliche Geschäftsbericht 2002 ohne Vorbehalt genehmigt werden (BBl 2003 4811).

Die Erfahrung zeigt, dass es wenig Sinn macht, für die Oberaufsicht
in diesem Bereich statische Strukturen festzulegen. Lösungsansätze für eine weitere Optimierung der Oberaufsicht im 3. und 4. Kreis sind deshalb innerhalb der bestehenden Strukturen der Geschäftsprüfungs- und Finanzkommissionen zu suchen. Neben allfälligen organisatorischen Massnahmen werden die Kontrollkommissionen aber auch vermehrt Schwerpunkte setzen und gezielt einzelne Bereiche und Fragen aus der Geschäftsführung im 3. und 4. Kreis einer vertieften Untersuchung unterziehen (vgl. zu diesem Kapitel auch den Tätigkeitsbericht der Finanzdelegation, BBl 2003 6936).

1713

8.2

Staatshaftung

In einem weiteren Zusammenhang mit dem 3. und 4. Kreis setzte sich die GPK-N Ende 2002 auseinander, als am Beispiel der Einsitznahme von Bundesangestellten in Verwaltungsräten (z.B. der Swiss) der Problemkreis der Staatshaftung aufgeworfen wurde. Die Kommission beschloss, aufgrund der beim EFD laufenden Arbeiten zwecks Erstellung einer umfassenden Analyse der Risiken beim Bund sowie der Abgrenzung der Haftung des Bundes für Dritte, deren Ergebnisse abzuwarten. Als Mitte Jahr die Zwischenergebnisse dieser Untersuchungen vorlagen, wurden diese der GPK-N durch das EFD vorgestellt. Die mit der Untersuchung beauftragten Stellen haben ein Risikoinventar des Bundes zusammen getragen, das einzelne Risiken nach ihrer Eintretenswahrscheinlichkeit und Schadenhöhe methodisch verdichtet und bewertet. So konnten die Kernrisiken des Bundes eruiert werden. Im Vordergrund der Untersuchung standen einerseits Risiken, welche Vermögenswerte des Bundes betreffen, und andererseits Haftungsrisiken. Bei Letzteren wählten die Verantwortlichen richtigerweise einen breiten Ansatz: Er umfasst auch finanzielle Risiken, für die der Bund rein rechtlich gesehen nicht aufkommen muss, die jedoch allenfalls aufgrund einer politischen Verpflichtung getragen würden. Dieser Ansatz deckt sich auch mit Feststellungen diverser durch die GPK durchgeführten Inspektionen. Bei den Haftungsrisiken gemäss Artikel 19 Verantwortlichkeitsgesetz (SR 170.32) wurden im Rahmen der Arbeiten die Organisationen aufgelistet, für welche diese Bestimmung Anwendung finden könnte. Diese waren bisher nur zum Teil bekannt.

Durch die bisherigen Arbeiten wurde nun die Grundlage geschaffen, um ein umfassendes Risikomanagement des Bundes zu definieren. Entsprechende Aufträge wurden durch den Bundesrat erteilt. Insbesondere werden dabei die Fragen zu beantworten sein, ob ein Risiko durch den Bund oder durch eine externe Versicherungslösung abzudecken ist, oder ob es überhaupt abgesichert werden soll (bei kleinen Risiken).

Es liegt nun aber auch eine Grundlage vor, die es erlauben wird, diverse Risiken zu vermindern. Eine zentrale Rolle wird auch die Definition der verantwortlichen Stellen (risk owners) spielen.

Die GPK-N stellte fest, dass der Problemkreis durch den Bundesrat umfassend erkannt wurde und er dem Projekt die notwendige Bedeutung beimisst. Die Kommission wird die weiteren Arbeiten verfolgen und sich zum gegebenen Zeitpunkt mit den Schlussergebnissen befassen.

8.3

Evaluation und Weiterentwicklung des Projekts FLAG

Der Bundesrat hat 1996 das EFD beauftragt, in gewissen Bereichen der Bundesverwaltung die Verwaltungsführung gemäss dem Konzept FLAG Führen mit Leistungsauftrag und Globalbudget einzuführen. FLAG ist ein Verwaltungsführungsmodell nach den Grundsätzen des New Public Management (NPM). Während der nun abgeschlossenen vierjährigen FLAG-Pilotphase von 1998 bis Ende 2001 hat der Bundesrat schrittweise 11 Verwaltungsstellen auf FLAG umgestellt. Diese repräsentieren ca. 7 Prozent der Stellen und 5 Prozent der Funktionsausgaben der Bundesverwaltung.

1714

Während der Pilotphase von FLAG haben die Kontrollkommissionen der beiden Räte das Projekt intensiv begleitet und sich insbesondere mit den Steuerungsinstrumenten von FLAG näher befasst. Gemäss den Richtlinien der Büros der beiden Räte vom 28. August bzw. 3. September 1998 haben je eine Subkommission der Finanzkommission und der GPK zusammen die FLAG-Subkommissionen der beiden Räte gebildet, die jährlich den Voranschlag, die Rechnung und den Geschäftsbericht der FLAG-Ämter geprüft haben. Im Rahmen dieser Tätigkeiten haben die FLAGSubkommissionen laufend die Zielerreichung überprüft und im Dialog mit der Verwaltung die Entwicklung und Verbesserung der zur Überprüfung der Zielerreichung erforderlichen Indikatoren unterstützt.

Der Bundesrat hat in seinem Bericht vom 19. Dezember 2001 über das Führen mit Leistungsaufträgen und Globalbudget ­ Evaluation und weiteres Vorgehen (Evaluationsbericht FLAG, BBl 2002 3535) an das Parlament eine umfassende Bewertung des Pilotprojekts FLAG vorgenommen. Der Bundesrat kommt darin zum Schluss, dass Konzept und Instrumentarium von FLAG grundsätzlich tauglich sind, die Funktionsfähigkeit des Modells FLAG gegeben ist und sich auf allen Ebenen positive Veränderungen in Richtung der gesetzten Ziele und Wirkungszusammenhänge feststellen lassen, sofern das Modell konsequent umgesetzt wird. Aufgrund dieser Ergebnisse hat der Bundesrat beschlossen, FLAG schrittweise auszubauen. Dabei soll die Reichweite von FLAG (bzw. die Anzahl der FLAG-Ämter) verdoppelt bis verdreifacht werden. Der Ausbau soll auf freiwilliger Basis durch die Departemente erfolgen. Der Aufwand für die Umstellung auf FLAG soll dabei auf allen Stufen reduziert und die Instrumente sollen vereinfacht werden. Diese Änderungen will der Bundesrat ohne Änderung der heutigen gesetzlichen Grundlagen vornehmen. Der Bundesrat betrachtet die Pilotphase von FLAG mit dem vorliegenden Evaluationsbericht als abgeschlossen und will das Projekt FLAG in ein dauerndes Programm überführen.

Die Aufsichtskommissionen (Geschäftsprüfungskommission und Finanzkommission) beider Räte prüften den Evaluationsbericht FLAG des Bundesrats und nahmen je in einem gemeinsamen Bericht an ihren Rat Stellung zum Stand des Projekts FLAG und zu dessen Weiterentwicklung3. Darin halten die Aufsichtskommissionen fest, dass sie aufgrund der engen
Begleitung des FLAG-Pilotprojekts und der intensiven Befassung mit der FLAG-Kultur durch ihre gemeinsamen FLAG-Subkommissionen der Führung mit Leistungsauftrag und Globalbudget grundsätzlich positiv gegenüber stehen. Das Modell FLAG bringt wesentliche Vorteile in der Amtsführung und ermöglicht einen positiven Kulturwandel in der Verwaltung durch vermehrte Leistungsorientierung und grössere Kostentransparenz. Deshalb stimmen die Aufsichtskommissionen der Absicht des Bundesrats zu, FLAG schrittweise auf weitere Ämter auszudehnen. Allerdings erachten es die Aufsichtskommissionen bei einer Erweiterung als notwendig, dass das Parlament vertiefte Überlegungen zur Kompetenzverteilung zwischen Bundesrat und Parlament im Bereich FLAG, zur Wahrnehmung ihrer Oberaufsichtsfunktion und zu einer Verankerung des Modells im Finanzhaushaltrecht anstellt.

3

Bericht der Geschäftsprüfungskommission und der Finanzkommission des Ständerates vom 28. Juni und vom 29. August 2002 zum Bericht des Bundesrates über das Führen mit Leistungsauftrag und Globalbudget, BBl 2002 6583 ff.; Bericht der Geschäftsprüfungskommission und der Finanzkommission des Nationalrates vom 21. und 22. August 2002 zum Bericht des Bundesrates über das Führen mit Leistungsauftrag und Globalbudget, BBl 2002 7810 ff.

1715

Die beiden Räte nahmen in der Herbstsession 2002 vom Evaluationsbericht FLAG des Bundesrats formell Kenntnis und überwiesen gleichzeitig eine Motion der GPK-S zur Weiterentwicklung von FLAG (Mo 02.3381). Mit der Motion wird der Bundesrat beauftragt, die Bestimmungen des Konzepts Führen mit Leistungsauftrag und Globalbudget (FLAG) namentlich Artikel 38a Finanzhaushaltgesetz (FHG) und Artikel 44 Absatz 1 Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz (RVOG) in dem Sinne zu ändern, dass die Steuerungs- und Kontrollfunktion des Parlaments auch im FLAG-Bereich umfassend gewährleistet wird. Zu diesem Zweck soll der Bundesrat ein Modell vorlegen, das die Steuerung über Produktegruppen ermöglicht.

Zudem soll er abklären, welche Möglichkeiten einer besseren Integration der Finanz- und Aufgabenplanung im FLAG-Bereich bestehen. Ferner soll der Bundesrat darlegen, welche Gesamtstrategie er in Bezug auf die zeitliche, umfangmässige und inhaltliche Weiterentwicklung des FLAG-Bereichs verfolgt. Namentlich soll er prüfen, ob Dienststellen der Bundesverwaltung, die bestimmte objektive Kriterien erfüllen, nicht zwingend mit FLAG geführt werden sollen.

Die Aufsichtskommissionen beschlossen zudem, ihre Oberaufsicht über die FLAGÄmter mit deren Überführung in ein definitives Programm in ihre ordentlichen Strukturen zurückzuführen. Die beiden GPK unterbreiteten den Büros einen Antrag zur Änderung der Richtlinien der Büros zur parlamentarischen Behandlung von Leistungsaufträgen und Globalbudgets vom 28. August bzw. 3. September 1998.

Die revidierten Richtlinien wurden von den Büros am 2. Juni bzw. am 27. August 2003 genehmigt. Gemäss diesen Richtlinien wurden die bisherigen FLAG-Subkommissionen bestehend aus Mitgliedern der GPK und der Finanzkommission aufgehoben. Mit dem Voranschlag bzw. den Globalbudgets der FLAG-Ämter, dem Finanzplan und der Rechnung befasst sich die Finanzkommission. Die Geschäftsprüfungskommission behandelt den Geschäftsbericht des Bundesrats, der auch die Berichterstattung über die FLAG-Ämter enthält. Sie kann jederzeit Zusatzberichte verlangen oder Untersuchungen im FLAG-Bereich durchführen. Nach Artikel 49 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes können GPK und Finanzkommission Geschäftsbericht und Rechnung gemeinsam vorberaten, was für die FLAG-Ämter zweckmässig sein kann. Die Aufsichtskommissionen
können ihre Tätigkeit in diesen Bereichen selbst koordinieren. Die Konsultation der Leistungsaufträge erfolgt weiterhin in den Fachkommissionen. Die Finanzkommission und die Geschäftsprüfungskommission können zu den Leistungsaufträgen Mitberichte in Bezug auf finanzielle Auswirkungen bzw. Fragen der Geschäftsführung verfassen.

Die Weiterentwicklung von FLAG gemäss den Vorstellungen des Bundesrats werden die Aufsichtskommissionen weiterhin überprüfen. Sie haben dem Bundesrat vorgeschlagen, nach weiteren vier Jahren des definitiven FLAG-Programms dem Parlament erneut Bericht zu erstatten und seine Überlegungen zur Weiterentwicklung der neuen Verwaltungsführung darzulegen. Diese Überlegungen sollten auch eine Analyse von New Public Management im internationalen Umfeld enthalten und die konkrete Entwicklung in den Kantonen und Gemeinden darstellen.

1716

8.4

Stiftungsaufsicht: Beispiel der Stiftungen des Dr. Rau

Im Jahr 2001 befasste sich die GPK-N mit verschiedenen Schreiben und Eingaben, welche die Rolle des Bundes im Zusammenhang mit der Kunstsammlung von Dr. Gustav Rau zum Inhalt haben4. Die Kommission hatte diesen Fall zum Anlass genommen, um die Funktionsweise der eidgenössischen Stiftungsaufsicht zu überprüfen. In Bezug auf die Kunstsammlung von Dr. Rau hatte sie verschiedene Mitglieder des Bundesrats sowie mehrere ranghohe Verwaltungsbeamte angehört. Sie gelangte zur Auffassung, dass der Bund seine Rolle in der Stiftungsaufsicht korrekt ausgeübt hatte und dass die Gerichte für diese Angelegenheit zuständig seien. Die GPK-N hielt sich jedoch weiterhin über die Entwicklung des Themas auf dem Laufenden.

Ende 2002 wurden die GPK erneut auf den Fall angesprochen. In einem Schreiben an die Präsidenten der GPK teilte Nationalrat J. Alexander Baumann seine Besorgnis über diese Angelegenheit mit. Auch weitere Mitglieder der GPK wurden individuell kontaktiert. Nachdem die GPK-N das Schreiben von Nationalrat Baumann aufmerksam geprüft hatte, beschloss sie, den Fall nicht erneut aufzurollen, da sie nach wie vor davon ausging, dass die Angelegenheit Sache der Gerichte war. Die GPK-S dagegen beauftragte die zuständige Subkommission, sich mit der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht zu befassen: Die Sache der schweizerischen Stiftungen des Dr. Rau sollte nur insofern untersucht werden, als sie auf ein allgemeines Problem verwies.

Zunächst erteilte die Subkommission Nationalrat Baumann die Gelegenheit, seine im oben erwähnten Schreiben enthaltenen Vorwürfe an das EDI, genauer gesagt an die Eidgenössische Stiftungsaufsicht, näher zu erläutern. Allerdings gab die Subkommission unverzüglich zu verstehen, dass es weder ihre Aufgabe sein werde, die Eigentumsverhältnisse an den Kunstwerken des Dr. Rau zu klären noch die Urteilsfähigkeit von Gustav Rau zu ermessen. Die Beantwortung dieser Fragen liegt ausschliesslich im Zuständigkeitsbereich der betroffenen Gerichte. Ausserdem hat die GPK-S ­ unabhängig von den zu erwartenden Untersuchungsergebnissen ­ keine Kompetenz, Entscheide aufzuheben oder zu ändern (Art. 47quater Abs. 4 GVG, bzw.

Art. 16 Abs. 4 ParlG).

In der Folge hörte die Subkommission den Chef der Dienststelle «Recht und Stiftungsaufsicht» des Generalsekretariats des EDI (GS EDI) sowie dessen Stellvertreter
an. Die Subkommission informierte sich über die Gliederung und Zuständigkeiten der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht (Tätigkeiten, Ressourcen, Funktionsweise, Gesetzesgrundlagen usw.), über die Probleme und über die Interventionsmöglichkeiten. Daneben untersuchte die Subkommission, wie das EDI die Aufsicht über die schweizerischen Stiftungen des Dr. Rau ausgeübt hatte.

Das GS EDI übt die eidgenössische Aufsicht über die Stiftungen gemäss Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe a der Organisationsverordnung vom 28. Juni 2000 für das EDI (OV-EDI; SR 172.212.1) aus. Es beaufsichtigt über 2200 der rund 10 000 zur Zeit in

4

Siehe Jahresbericht 2001/2002 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte vom 17.5.2002, BBl 2002 5965 ff.

1717

der Schweiz existierenden Stiftungen5. Bei der überwiegenden Mehrheit handelt es sich um Stiftungen mit geringem Kapital. Gemäss einer vom EDI beauftragten Schätzung macht das Gesamtkapital der zehn grössten Stiftungen 80 % des Gesamtkapitals der auf Bundesebene beaufsichtigten Stiftungen aus. Rund 40 Stiftungen besitzen ein Kapital von über 50 Millionen Franken. In den meisten Fällen beschränkt sich das EDI auf punktuelle Kontrollen auf der Basis des Revisionsstellenberichts. Finanzkräftigere Stiftungen werden enger beaufsichtigt. Problemfälle, die eine rasche Intervention erfordern und/oder komplexer geartet sind, kommen selten vor. Zum Zeitpunkt der Anhörung befasste sich die eidgenössische Stiftungsaufsicht mit 10 solchen Fällen.

Die eidgenössische Stiftungsaufsicht stützt sich auf Artikel 80 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs vom 10. Dezember 1907 (ZGB; SR 210). Die Aufsichtstätigkeiten beruhen vorwiegend auf der Rechtsprechung des Bundesgerichts betreffend Artikel 84 Absatz 2 ZGB, wonach die Aufsichtsbehörde dafür zu sorgen hat, dass das Stiftungsvermögen seinen Zwecken gemäss verwendet wird. Häufige Probleme, auf welche die Stiftungsaufsicht stösst, betreffen die Überprüfung der Rechenschaftsablage, die Zusammensetzung des Stiftungsrats und die Entschädigung der Stiftungsräte, Fälle von Zweckentfremdung von Mitteln der Stiftung, die Aufsicht über ausschliesslich im Ausland tätige Stiftungen, oder finanzielle Probleme.

Im Bereich des Stiftungsrechts ist der von der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) am 24. Oktober 2003 verabschiedete Gesetzesentwurf (00.461) zu erwähnen, der Bestimmungen des Stiftungsrechts und des Steuerrechts so ändern soll, dass es für Personen attraktiver wird, einen Teil ihres Vermögens den Stiftungen für gemeinnützige Aufgaben zu vermachen.

Im Fall der Kunstsammlung des Dr. Rau hat die Kommission die Rechtmässigkeit und die Zweckmässigkeit des Vorgehens des EDI bei folgenden Ereignissen untersucht:

5

­

Bewilligung des EDI vom 24. September 1999, einen Grossteil der Kunstsammlung von Dr. Rau für eine Wanderausstellung in Japan auszuleihen;

­

Anerkennung der Urteilsfähigkeit von Dr. Rau durch das EDI nach dem Entscheid des Amtsgerichts Baden-Baden vom 20. September 2000;

­

als Folge der Anerkennung die Aufhebung des Beistands für die Kunststiftung des Dr. Rau (Verordnung vom 22. Dezember 2000), für die Dr.-Rau'sche Medizinalstiftung und für die Stiftung für die Dritte Welt (Verordnung vom 26. Februar 2001) sowie Neubildung der Stiftungsräte in den gleichen Verordnungen;

­

Vereinbarung von Ende August 2001 auf Grund des Rückschaffungsgesuchs von Dr. Rau für noch in der Schweiz befindliche Werke der Kunstsammlung, Transport der Kunstwerke nach Deutschland;

­

Ereignisse im Zusammenhang mit der Erbfolge von Dr. Rau (im Januar 2002 verstorben).

Stiftungen stehen unter der Aufsicht der Kantone oder Gemeinden, sofern es sich nicht um Stiftungen der beruflichen Vorsorge, Familienstiftungen oder religiöse Stiftungen handelt, welche anderen Kontrollsystemen unterliegen.

1718

Die GPK-S konnte die Inspektion bis Ende der Legislatur 1999­2003 nicht abschliessen. Damit werden die Mitglieder der neuen GPK-S die Frage der weiteren Behandlung des Dossiers entscheiden müssen.

8.5

Berichterstattung zum Bundespersonalgesetz (Art. 5 Abs. 1 BPG)

Im Rahmen des neuen Bundespersonalgesetzes (BPG, SR 172.220.1), das seit Anfang 2002 in Kraft ist, hat das Parlament dem Bundesrat wichtige Kompetenzen im Bereich des Personalrechts des Bundes übertragen, im Gegenzug aber die periodische Orientierung der Bundesversammlung durch den Bundesrat über die Koordination und die Steuerung der Umsetzung der Personalpolitik sowie über die Zielerreichung des Gesetzes (Art. 5 BPG) beschlossen. Gemäss gesetzlichem Auftrag haben sich die Präsidien der vier Aufsichtskommissionen mit dem Bundesrat im Jahr 2002 über Form und Inhalt der ersten Berichterstattung geeinigt.

Im Verlauf des Jahres 2003 behandelten die GPK und die FK der eidgenössischen Räte die entsprechende Berichterstattung des Bundesrats zur Bundesverwaltung inkl.

Parlamentsdienste und eidgenössische Gerichte sowie zur SBB und Post.

Grundsätzlich wurde seitens der Aufsichtskommissionen festgestellt, dass es sich um eine umfassende Berichterstattung handelte, welche die Anforderungen der Aufsichtskommissionen berücksichtigt, Transparenz bezüglich der wichtigsten Kennzahlen der Neuen Personalpolitik des Bundes (NPP) wie auch des Neuen Lohnsystems (NLS) schafft und es dem Parlament grundsätzlich erlaubt, sich ein Situationsbild über die Personalpolitik zu verschaffen.

Die Aufsichtskommissionen orten jedoch in gewissen Bereichen der Berichterstattung Verbesserungspotentiale: Die Aufsichtskommissionen haben festgestellt, dass die Berichterstattung in der aktuellen Form zwar Transparenz schafft, jedoch kein Steuerungsinstrument darstellt. Obwohl es nicht Aufgabe der Aufsichtskommissionen ist, die Personalpolitik des Bundes zu steuern, müssen sie trotzdem in der Lage sein, die Steuerung der Personalpolitik durch den Bundesrat zu beurteilen. Sie forderten den Bundesrat deshalb auf, in Zukunft bei der Berichterstattung vermehrt Aussagen über die Steuerung und über seine langfristige Strategie betreffend die Umsetzung der Personalpolitik aufzuführen.

Bezüglich der Erreichung der Ziele des BPG und der ausführenden Bestimmungen haben die Kommissionen festgestellt, dass aus Sicht der befragten Bundesangestellten eine Erhöhung der Ergebnis- und Wirkungsorientierung der Mitarbeitenden sowie eine Intensivierung des Dialogs zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften resultiert haben. Die Berichterstattung äussert
sich jedoch nicht zum Zielerreichungsgrad aller Ziele des Artikels 4 BPG. Hier sollte die Berichterstattung verbessert werden, wobei dies teilweise erst mit mehrjährigen Daten möglich sein wird.

Die in der Berichterstattung des Bundesrats enthaltenen Angaben zu den vorzeitigen Pensionierungen entsprechen in weiten Teilen der Empfehlung 2 der GPK-N (Bericht «Praxis des Bundes bei vorzeitigen Pensionierungen aus betriebsorganisatorischen und medizinischen Gründen» vom 18. November 1999; BBl 2000 1197).

Zu einzelnen Kriterien wie auch zu den erzielten Einsparungen sind in Zukunft weitere Angaben notwendig.

1719

Das Bundespersonalgesetz weist einen weiten Geltungsbereich auf (Art. 2 BPG), der nicht nur die zentrale Bundesverwaltung umfasst. Die Aufsichtskommissionen erhielten im Jahr 2002 jedoch zu einzelnen Institutionen keine Angaben (wie z.B.

zum ETH-Bereich). In Zukunft sollte die Berichterstattung den Geltungsbereich des Gesetzes abdecken.

Die in der Berichterstattung zum Jahr 2002 enthaltenen Angaben lassen die positive Feststellung zu, dass die Einführung der Neuen Personalpolitik (NPP) grundsätzlich auf dem richtigen Weg ist. Gleichzeitig ­ wie auch im Reporting festgehalten ­ gilt es, die bisher erzielten Erfolge bei der Einführung fortzusetzen und auf die Bereiche zu erweitern, die noch Handlungsbedarf aufweisen. Auch die Einführung des Neuen Lohnsystems (NLS) scheint gemäss den Informationen des ersten Berichtjahrs gut gestartet zu sein. Aus Sicht der Aufsichtskommissionen ist der Einführung aber weiterhin grosse Beachtung zu schenken.

Die Berichterstattung zum ersten Geltungsjahr des neuen Bundespersonalgesetzes ist naturgemäss zum grössten Teil eine Momentaufnahme des aktuellen Einführungsstands. Da es sich bei der Einführung der NPP um einen dynamischen und über einen längeren Zeitraum andauernden Prozess handelt, wird erst der Vergleich der personalpolitischen Kennzahlen 2002 mit den Kennzahlen der kommenden Jahre eine vertiefte Beurteilung ermöglichen. Die GPK wie auch die FK warten deshalb mit dem Abschluss einer definitiven Vereinbarung über die Art und Weise des Personalreportings und ­controllings noch ein Jahr zu, um so zumindest zwei Berichtsjahre berücksichtigen zu können.

8.6

Nebenbeschäftigungen von Beamten

1999 hatte die GPK-N einen Bericht über die Nebenbeschäftigungen von Beamten und die beruflichen Aktivitäten ehemaliger Beamter veröffentlicht (BBl 1999 9734).

Die Kommission bemerkte seinerzeit, dass die Gesetzesbestimmungen über die Nebenbeschäftigungen von Beamten in der Bundesverwaltung korrekt angewendet würden, zwischen den Departementen allerdings grosse Unterschiede im Vollzug bestünden und der Gefahr von Missbräuchen kaum Beachtung geschenkt werde.

In Bezug auf die in der Privatwirtschaft tätigen ehemaligen Beamten hatte die Kommission in bestimmten Fällen Interessenskonflikte festgestellt, wenn ehemalige Beamte in Unternehmen arbeiteten, mit denen sie zuvor offiziell verkehrten.

Die Kommission hatte in ihrem Bericht mehrere Empfehlungen abgegeben, die zusammengefasst Folgendes forderten: ­

Schaffung eines obligatorischen Systems mit Meldepflicht für alle erwerbsorientierten Nebenbeschäftigungen,

­

strikte Kontrolle über die von Beamten während der ordentlichen Arbeitszeit ausgeübte Lehrtätigkeit,

­

Erlass rechtlicher und ethischer Bestimmungen, die es ermöglichen, die Nutzung vertraulicher Informationen oder des in der Verwaltung erworbenen Einflusses durch ehemalige Beamte zu begrenzen,

­

Entwicklung einer Unternehmenskultur der Verwaltung, die ethisches Verhalten fördert.

1720

Im Rahmen der Nachkontrolle zur Inspektion ersuchte die GPK-N das EFD Ende 2002, über die auf Grund des erwähnten Berichts getroffenen konkreten Massnahmen Bericht zu erstatten.

Das EFD beschrieb in seiner Stellungnahme vom 31. Januar 2003 die mit dem neuen, am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Personalrecht eingeführten Neuerungen.

Gemäss Artikel 91 der Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001 (BPV, SR 172.220.111.3) bedürfen Angestellte für die Ausübung öffentlicher Ämter und anderer Tätigkeiten ausserhalb ihres Arbeitsverhältnisses mit dem Bund einer Bewilligung, wenn die Tätigkeit gegen Entgelt ausgeübt wird und sie in einem Umfang beansprucht, der ihre Leistungsfähigkeit im Arbeitsverhältnis mit dem Bund vermindern kann oder wenn auf Grund der Art der Tätigkeit die Gefahr eines Konflikts mit den dienstlichen Interessen besteht. Ausserdem schreibt Artikel 91 BPV den Angestellten vor, ihre Vorgesetzten über Tatsachen zu informieren, welche die Bewilligungspflicht begründen können.

Betreffend die Lehrtätigkeiten hat der Bundesrat die Verordnung vom 2. Dezember 1974 über die Lehrtätigkeit von Bediensteten der allgemeinen Bundesverwaltung aufgehoben. Die Aufhebung erfolgte in der Verordnung vom 3. Juli 2001 über die Inkraftsetzung des Bundespersonalgesetzes für die Bundesverwaltung (SR 172.220.111.2). Damit unterstehen die Lehrtätigkeiten seit dem 1. Januar 2002 nicht mehr einer Sonderregelung, sondern den gleichen Vorschriften wie die übrigen Nebenbeschäftigungen.

Das EFD erwähnte in seinem Bericht auch die vom Bund ergriffenen Massnahmen zur Förderung von ethischem Verhalten unter den Angestellten. Der Verhaltenskodex der allgemeinen Bundesverwaltung wurde am 19. April 2000 vom Bundesrat gutgeheissen und im April 2001 allen Mitarbeitenden der Bundesverwaltung zugestellt. Ab Herbst 2002 ist er auch im Intranet-Netz der Bundesverwaltung einsehbar.

Ausserdem wird er bei jeder Neueinstellung abgegeben.

Der Verhaltenskodex umfasst Ziele und Verhaltensregeln für die Umsetzung der Berufsethik, an welche sich das Bundespersonal halten soll. Ziffern 3 und 5 beziehen sich direkt auf die von der GPK-N angesprochene Problematik: «3. Die Beschäftigten achten bei den beruflichen und persönlichen Handlungen und Bindungen auf Glaubwürdigkeit und Integrität. Sie führen weder gegen Entschädigung noch
unentgeltlich Tätigkeiten aus, die mit ihren Aufgaben in der allgemeinen Bundesverwaltung im Widerspruch stehen. Sie nutzen ihre berufliche Stellung in keinem Fall für private Zwecke aus. (...)

5. Die Beschäftigten informieren ihre Vorgesetzten über jeden persönlichen Interessenskonflikt im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer Aufgaben. (...)» Auf der Grundlage der Informationen des EFD kam die GPK-N zum Schluss, dass ihre Empfehlungen mehrheitlich umgesetzt wurden und dass der Bundesrat die Kritiken der Kommission bei der Ausarbeitung des neuen Personalrechts zum grossen Teil berücksichtigt hatte.

Die GPK-N forderte indessen den Bundesrat auf, den Nebenbeschäftigungen angesichts der Probleme in der Bundesverwaltung im Jahr 2002 weiterhin grosse Aufmerksamkeit zu schenken. So wurde der ehemalige Botschafter der Schweiz in Luxemburg im August 2002 wegen Nebentätigkeiten, die mit dem Amt eines Mis1721

sionsleiters als unvereinbar erachtet wurden, abberufen (vgl. zu dieser Frage auch die von der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates am 27. August 2002 eingereichte Motion 02.3388 «Nebenbeschäftigung von Mitgliedern des diplomatischen Corps»).

Die GPK-N forderte den Bundesrat im Weiteren auf, die Lehrtätigkeit, welcher bestimmte Bundesbedienstete während der Arbeitszeit nachgehen, strenger zu regeln. Nach Auffassung der GPK-N ist es für einen Vollzeitbeschäftigten praktisch unmöglich, sein Amt mit einem Lehrauftrag zu vereinbaren, ohne dass die dienstliche Leistung darunter leidet. Nach Auffassung der Kommission sollten deshalb Lehrtätigkeiten während der Arbeitszeit die Ausnahme bleiben.

Abschliessend ist festzuhalten, dass der Bundesrat im Juni 2003 einen Bericht über Korruptionsprävention in der öffentlichen Verwaltung veröffentlicht hat (BBl 2003 5144). In diesem Bericht geht der Bundesrat genauer auf die verschiedenen Massnahmen ein, mit denen die Beschäftigten für die Problematik der Interessenskonflikte und für die Möglichkeit der Korruptionsprävention sensibilisiert werden sollen.

8.7

Personalpolitik in den Karrierediensten und Organisation des Aussendienstes des EDA

Die GPK-N führte im Berichtszeitraum eine Inspektion der Schweizer Diplomatie durch.

Die Kommission richtete ihre Arbeit auf zwei thematische Achsen aus. Einerseits ging es darum, die Rekrutierung, den Einsatz und die Führung des diplomatischen und konsularischen Personals zu prüfen. Andererseits war zu beurteilen, ob das Vertretungsnetz der politischen Präsenz und dem Einfluss der Schweiz in der Welt noch gerecht wird. Schliesslich sollten auch die Organisationsstrukturen der Vertretungen im Ausland evaluiert werden.

Das EDA zählt ungefähr 2500 Bedienstete, wovon etwa die Hälfte in die schweizerischen Aussenvertretungen abgeordnet werden können (versetzbares Personal). Für diese Bediensten gilt das sogenannte «Karrieresystem». Sie werden über ein Wettbewerbsverfahren aufgenommen und sind Mitglied eines hierarchisierten Korps (diplomatisches Korps, konsularisches Korps), in welchem sie verschiedene Posten in der Schweiz und im Ausland besetzen.

Die GPK-N vertrat in ihrem Bericht vom 22. August 2002 (BBl 2003 2995) die Auffassung, dass sich das Wettbewerbs- und das Karriereprinzip bewährt haben.

Dieses System hat den Vorteil, den ständigen und dauerhaften Betrieb der Vertretungen sicherzustellen. Dagegen sollte nach Ansicht der Kommission das Karrieresystem flexibler gestaltet und die Einstiegsmöglichkeiten in die Karrieredienste diversifiziert werden. Das EDA sollte ausserdem für gewisse Posten häufiger Personen einstellen, die nicht dem Departement angehören. Die Kommission befürwortete in der Tat, dass Nicht-Berufsdiplomaten zeitlich befristet bestimmte Funktionen ausüben können. Dadurch würden die Erfahrungen diversifiziert und die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt berücksichtigt; den Dienststellen des EDA kämen besondere Kompetenzen zugute.

Ausserdem müsste nach Meinung der GPK-N die heutige Zweiteilung zwischen diplomatischem und konsularischem Korps überprüft und eine eventuelle Zusammenlegung der beiden Karrieren erwogen werden. Die Kommission stellte eine 1722

zunehmende Verflechtung zwischen diplomatischen und konsularischen Aufgaben fest, so dass eine klare Trennung zwischen den beiden Tätigkeitsgebieten nicht mehr so wie früher möglich ist. Im Übrigen ist nach Ansicht der Kommission die Hierarchisierung der Posten im EDA überholt und sollte geändert werden; dabei ist es wichtig, die Funktionen gemäss ihrer tatsächlichen Bedeutung neu zu bewerten und nicht nur die Titel, zu denen sie berechtigen, zu berücksichtigen. Zudem schlug die Kommission vor, alle diplomatischen und konsularischen Titel für Bedienstete, die nicht im Ausland eingesetzt sind, abzuschaffen.

Die Mitglieder des diplomatischen und konsularischen Korps müssen während ihrer gesamten Laufbahn regelmässig ihren Einsatzort wechseln. Diese Versetzungen bringen grossen Einschränkungen mit sich; der Attraktivität eines Auslandspostens stehen zahlreiche Nachteile gegenüber, wie zum Beispiel schwierige Lebensbedingungen, Klima, Umweltverschmutzung usw. Dazu kommen Probleme bei der Einschulung der Kinder und die praktische Unmöglichkeit für die Ehegatten und Lebenspartner der diplomatischen und konsularischen Bediensteten, im Ausland einer Berufstätigkeit nachzugehen.

Die GPK-N bat den Bundesrat, die Bemühungen des EDA um eine bessere Berücksichtigung der Probleme der Ehegatten und Lebenspartner bei den Versetzungen zu unterstützen. Sie schlug dem EDA überdies vor, Versetzungen nur noch einmal im Jahr vorzunehmen und die Vorhersehbarkeit der Transfers durch die Schaffung von klaren Regeln grundsätzlich zu verbessern. Ferner muss eine grössere Ausgewogenheit zwischen Einsätzen an schwierigen (60 %) und weniger schwierigen Posten garantiert werden.

Mit 151 Auslandsvertretungen verfügt die Schweiz über ein ausgedehntes diplomatisches und konsularisches Netz. Im internationalen Vergleich ist sie bezüglich des Umfangs mit den Niederlanden vergleichbar und rangiert hinter Frankreich, Grossbritannien, Deutschland und Italien, aber vor Belgien, allen skandinavischen Ländern und Irland. Das Netz hat in den letzten zwölf Jahren bedeutende Veränderungen erfahren, vor allem wegen der Auflösung des Ostblocks und der Entstehung der daraus hervorgehenden neuen Staaten.

Nach Meinung der GPK-N hat das Vertretungsnetz heute bei gleich bleibenden Budgets seine maximale Ausdehnung erreicht. In diesem Zusammenhang
ist es interessant zu bemerken, dass die finanziellen Mittel und das Personal in den letzten zwölf Jahren stabil geblieben sind, obwohl die Aufgaben komplizierter wurden und die geopolitischen Veränderungen beträchtlich waren. Bisher war es dem EDA dank administrativen und technischen Massnahmen möglich, die Auswirkungen dieser Entwicklung aufzufangen. Bei näherer Betrachtung des Vertretungsnetzes zeigt sich allerdings, dass die meisten schweizerischen Auslandvertretungen eher klein sind: Etwa 90 % der Vertretungen zählen weniger als drei Diplomaten. Die Kommission hält es für offensichtlich, dass heute gewisse Vertretungen nicht die nötige kritische Grösse haben und sich an der Grenze der Funktionsfähigkeit befinden. Deshalb wäre es nach Auffassung der Kommission vorteilhafter, die entsprechenden Mittel in grössere Vertretungen zu stecken und kleinere Posten zu schliessen.

Für den konsularischen Bereich geht aus der Inspektion der GPK-N hervor, dass die Schweiz im internationalen Vergleich beträchtliche konsularische Dienstleistungen erbringt. Einige davon, zum Beispiel die obligatorische Meldepflicht, sind heute nicht mehr gerechtfertigt, vor allem für die in der Europäischen Union (EU) wohnhaften Schweizer. Die Kommission forderte den Bundesrat auf, eine Verzichtpla1723

nung für die den Schweizern im Ausland angebotenen Dienstleistungen zu erstellen.

Sie verlangte auch eine stärkere Konzentration der konsularischen Mittel in den europäischen Ländern.

Die GPK-N stellte ferner fest, dass die Zusammenarbeit mit anderen im Ausland tätigen Departementen verbessert und entsprechende Synergien genutzt werden könnten. In gewissen Ländern entstehen durch die Vielzahl der Aussendienste des Bundes manchmal Doppelspurigkeiten, die der Einheit und Kohärenz der Aussenpolitik der Schweiz abträglich sind.

Schliesslich liess die Inspektion der GPK-N Koordinationsprobleme zwischen den diplomatischen und konsularischen Vertretungen einerseits und den Dienststellen der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) andererseits ersehen obwohl sie zum gleichen Departement gehören. Die Kommission forderte das EDA auf, in seinen Niederlassungen im Ausland die Synergien zwischen den diplomatischen und konsularischen Vertretungen und den Strukturen der DEZA besser zu nutzen. Ausserdem sollte nach Dafürhalten der GPK-N die Arbeit der DEZA vermehrt in die Tätigkeit der Vertretungen eingebunden werden.

In seiner Stellungnahme vom 9. Dezember 2002 (BBl 2003 3103) nahm der Bundesrat die Vorschläge der Kommissionen sehr positiv auf. Das EDA seinerseits teilte in der Stellungnahme vom 26. November 2003 mit, dass im Departement bereits eine Modernisierung der Personalpolitik ­ namentlich betreffend den Verlauf der Karrieren und der Versetzungen, das Besoldungssystem und die Unterstützung der Begleitpersonen ­ im Gange sei. Anlässlich eines Gesprächs mit dem Vorsteher des EDA stellte die GPK-N fest, dass verschiedene Massnahmen ergriffen worden waren, besonders betreffend die Öffnung des diplomatischen Karrieresystems sowie die Neuorganisation des konsularischen Netzes. Weitere Massnahmen werden derzeit durchgeführt bzw. geprüft.

Die Kommission wird im Laufe des Jahres 2004 untersuchen, wie ihre einzelnen Empfehlungen konkret umgesetzt worden sind.

8.8

Organisation des Datenschutzes in der Bundesverwaltung

Rund zehn Jahre nach dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG; SR 235.1) hat die GPK-N beschlossen, die Fragen des Datenschutzes und genauer die Organisation des Datenschutzes des Bundes im Rahmen von grossen Projekten in der Bundesverwaltung, welche Bearbeitungen von Personendaten voraussetzen, näher zu untersuchen. Ziel war es, ohne Anspruch auf eine erschöpfende Behandlung bestimmte Entwicklungen in diesem Bereich aufzuzeigen und so zur Früherkennung und zur Sensibilisierung für Fragen des Datenschutzes beizutragen.

Die Kommission setzte sich zunächst mit der Rolle des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten auseinander (nachstehend Datenschutzbeauftragter). Der Datenschutzbeauftragte ist weitgehend für die Aufsicht im Datenschutzbereich zuständig; er beaufsichtigt die Bundesorgane und private Personen. Ausserdem nimmt der Datenschutzbeauftragte eine Beratungsaufgabe wahr, welche bei weitem den Hauptteil seiner Arbeitslast ausmacht. Auf dieser Grundlage wird der Datenschutzbeauftragte namentlich herangezogen, um Verwaltungsprojekte, welche die Bearbeitung 1724

von Personendaten beinhalten, zu begleiten. In diesem Rahmen wird von ihm häufig erwartet, dass er von der Ausgestaltung bis zur Verwirklichung aktiv zu den Projekten beiträgt. Nach Auffassung des Datenschutzbeauftragten besteht jedoch seine Rolle vielmehr darin, Empfehlungen abzugeben. Die betreffende Dienststelle hat sich anschliessend selbst mit dem für die Umsetzung der Empfehlungen erforderlichen Fachwissen auszustatten.

Seit vielen Jahren weist der Datenschutzbeauftragte nachdrücklich auf die unzureichenden Ressourcen, insbesondere beim Personal, hin, die ihm nicht erlauben, alle gesetzlichen Aufgaben zufriedenstellend zu erfüllen. Die GPK haben sich bereits mehrmals mit dieser Problematik beschäftigt. Insbesondere die Aufsichtsfunktion des Datenschutzbeauftragten wurde nicht ausreichend entwickelt; im Juni 2003 teilte deshalb der Datenschutzbeauftragte seine Absicht mit, die Aufsichtsaufgaben auf Kosten der Beratungstätigkeiten zu verstärken. Die GPK-N vertrat ebenfalls die Auffassung, dass der Datenschutzbeauftragte nicht über ausreichende Ressourcen verfügte. So unterstützte sie die vom Datenschutzbeauftragten verlangte Aufstockung des Personalkredits im Rahmen des Voranschlags 2004.

Bei den Bundesorganen bewirkt die Neuausrichtung der Tätigkeiten des Datenschutzbeauftragten, dass er künftig nur noch diejenigen Verwaltungsprojekte aktiv begleiten wird, welche besondere Kenntnisse verlangen oder besonders sensibel erscheinen. Daneben wird er nur noch die Anfragen der Verwaltung beantworten, die von den Datenschutzberatern stammen. Mit diesen beiden Massnahmen gewinnt die Aufgabe der Datenschutzberater (nachstehend Berater) an Bedeutung. Die Beratungsaufgaben sowie die Projektbegleitung werden somit zum grossen Teil an die Datenschutzberater weitergegeben.

Die Berater sind vom Datenschutzbeauftragten unabhängig. Die Departemente und die Bundeskanzlei (BK) bezeichnen jeweils mindestens einen dem Generalsekretär unterstellten Berater für den Datenschutz (Departementsberater). Ein Grossteil der Bundesämter haben auch mindestens einen Berater eingesetzt, obwohl dies nicht zwingend vorgeschrieben wurde. Konkret unterscheiden sich die Verhältnisse der Datenschutzberater sehr stark nach Ressourcen, spezifischen Aufgaben, nach Dienststellen, denen sie zugeordnet sind, sowie nach Ausbildung und
Einstellung.

Die Aufgabe als Berater kann zwischen 5 und 100 % ihrer Arbeitszeit ausmachen; für die überwiegende Mehrheit handelt es sich jedoch um eine Nebenbeschäftigung (unter 50 %) bzw. sogar um eine marginale Tätigkeit (10 % oder weniger). In der Regel sind diese Personen bei Amtsantritt nicht Spezialisten für Datenschutz und werden auch nicht spezifisch geschult, sondern bilden sich «vor Ort» im Umgang mit konkreten Fällen weiter. Die Departemente und die BK sind dezentral organisiert; die einzelnen Berater sind für die Beratung, die Ausbildung und die Information auf der entsprechenden Ebene zuständig, die Berater der Departemente für die interne und externe Koordination. Ausser im EJPD ist die interne Koordination in den Departementen nicht institutionalisiert. Die interdepartementale Koordination ist Aufgabe der interdepartementalen Arbeitsgruppe Datenschutz (in welcher der Datenschutzbeauftragte auch vertreten ist). Die Arbeitsgruppe kann unverbindliche Empfehlungen formulieren, darf aber keine Weisungen erlassen. Die interdepartementale Arbeitsgruppe Datenschutz besitzt keine formelle Grundlage.

Im Rahmen der Neuorientierung der Tätigkeiten des Datenschutzbeauftragten vertrat die GPK-N die Auffassung, dass die Rolle der Berater gefestigt werden müsse, und legte verschiedene diesbezügliche Empfehlungen vor. Die Kommission war sich zwar bewusst, dass die Departemente und die BK einen breiten Handlungsspielraum 1725

besitzen müssten, um sich entsprechend ihren Besonderheiten zu organisieren, äusserte aber die Meinung, dass dies die einheitliche Umsetzung eines hohen Standards des Datenschutzes in der gesamten Bundesverwaltung nicht beeinträchtigen dürfe. Die Kompetenzen und die Aufgaben der Datenschutzberater müssen auf Bundesebene einheitlicher und detaillierter geregelt werden. Die direkte hierarchische Unterstellung der Datenschutzberater unter die Leitung des Departements bzw.

die Leitung der Verwaltungseinheit ist zu gewährleisten. Ausserdem sollen die Ressourcen der Berater in jedem Einzelfall neu bewertet werden. Daneben soll ein Ausbildungsangebot entwickelt werden; im Rahmen des Möglichen sollte der Datenschutzbeauftragte mit dieser Aufgabe betraut werden. Schliesslich gilt es, die inter- und innerdepartementalen Koordinationsinstrumente zu verbessern und zu stärken.

Die GPK-N untersuchte die Frage des Datenschutzes in den Projekten der Bundesverwaltung am Beispiel von drei aktuellen Projekten: Eidgenössischer Personenidentifikator, Gesundheitskarte und TarMed. Die Kommission stellte fest, dass dem Datenschutz in den beiden ersten Projekten ein zentraler Stellenwert eingeräumt wird. Zahlreiche Fragen bleiben indessen noch offen. Aus diesem Grund forderte die GPK-N den Bundesrat auf, möglichst bald und vollständig über seine Absichten hinsichtlich der weiteren Arbeiten zu informieren. Dagegen fällt es schwerer, die Lösungen für die Datenschutzfragen im Rahmen der Einführung des Tarifsystems TarMed einzuschätzen. Diese Fragen betreffen insbesondere die Bekanntgabe von Diagnosecodes auf Rechnungen von Leistungserbringern. Da sehr sensible Daten im Spiel sind, forderte die GPK-N das BSV und den Datenschutzbeauftragten auf, ihren ganzen Einfluss geltend zu machen, um die Achtung der Persönlichkeitsrechte der Versicherten zu gewährleisten.

Die GPK-N hat die Untersuchung auch zum Anlass genommen, um die Kompetenzverteilung in der Federführung der Datenschutzgesetzgebung zu untersuchen.

Gegenwärtig liegt die Federführung in der Gesetzgebung über den Datenschutz beim Bundesamt für Justiz. Der Datenschutzbeauftragte plädierte indessen dafür, die Gesetzgebungskompetenz im Datenschutzbereich vom Bundesamt für Justiz zu der auf den Datenschutz spezialisierten Einheit, d.h. zu ihm selbst, zu transferieren.
Nach Anhörung der Argumente beider Seiten sprach sich die GPK-N gegen einen solchen Transfer aus. Die heutige Situation entspricht sinnvollen institutionellen Grundsätzen. Dank der sehr zufriedenstellenden Zusammenarbeit zwischen dem Bundesamt für Justiz und dem Datenschutzbeauftragten wird das Fachwissen des Datenschutzbeauftragten berücksichtigt. Um den Zugang des Datenschutzbeauftragten zu den politischen Entscheidungsträgern zu verbessern, forderte die GPK-N die Bundesorgane auf, die parlamentarischen Kommissionen gegebenenfalls über den Nutzen einer Anhörung des Datenschutzbeauftragten zu informieren. Daneben empfahl die Kommission dem Bundesrat, die Positionen des Datenschutzbeauftragten in seinen Botschaften an das Parlament klar darzulegen.

8.9

Informationspolitik des EDA

Im Laufe des Sommers 2002 wurde die GPK-N von der Schweizerischen Volkspartei (SVP) ersucht, eine Untersuchung zu den Ereignissen zu eröffnen, welche ­ nachdem eine Boulevardzeitung über ein angebliches aussereheliches Verhältnis des

1726

Schweizer Botschafters in Berlin berichtet hatte ­ zu dessen Abberufung und anschliessend zu dessen Rücktritt geführt hatten.

Die Kommission beschloss namentlich aus Opportunitätsgründen auf das Gesuch der SVP nicht einzutreten. Die GPK-N stellte fest, dass die APK-N bereits Gelegenheit gehabt hatte, sich mit der Frage zu befassen, und die Abberufung des Botschafters öffentlich als gerechtfertigt erklärt hatte. Unter diesen Umständen hielt die GPK-N es weder für sinnvoll noch für notwendig, die Frage erneut aufzugreifen.

Unabhängig vom konkreten Fall gelangte die GPK-N zum Schluss, dass die fraglichen Ereignisse mit Blick auf die Informationspolitik und die Beziehungen der Behörden zur sogenannten «Boulevardpresse» von Interesse sind. Aus diesem Grund beauftragte sie eine Subkommission, zu prüfen, wie das EDA hinsichtlich der Informationspolitik mit den Ereignissen umgegangen war.

Die zuständige Subkommission hatte zum Zeitpunkt der Vorkommnisse bereits mehrere Experten und Journalisten sowie verschiedene Verantwortliche des EDA und den ehemaligen Departementsvorsteher befragt. Anlässlich dieser Unterredungen wurden insbesondere folgende Themen erörtert: ­

Informationsmanagement des EDA in Krisensituationen, Beurteilung der Auswirkungen auf das Image der Schweiz im Ausland,

­

Gliederung und Funktionsweise des Informationsdienstes des EDA generell, Rollenaufteilung im Informationsbereich zwischen dem EDA-Vorsteher, dem Staatssekretär, dem Informationschef und den Vertretungen der Schweiz im Ausland,

­

Früherkennungsmassnahmen für Themen, die möglicherweise Polemik auslösen.

Die Subkommission wird ihre Erwägungen und Schlussfolgerungen der GPK-N im Laufe des Jahres 2004 unterbreiten.

8.10

Archivierung von diplomatischen Depeschen

Im Laufe des Jahres 2002 veröffentlichte ein ehemaliger Botschafter der Schweiz in Washington D.C. ein Buch, in dem er von seinen Erfahrungen als Missionschef in den Vereinigten Staaten zwischen 1995 und 1997 berichtet. Darin erwähnte der Verfasser, er habe das EDA ab August 1995 laufend und regelmässig auf die Kritik der amerikanischen Medien gegen die Schweiz im Zusammenhang mit den während des Zweiten Weltkrieges auf Schweizer Banken hinterlegten jüdischen Vermögenswerten hingewiesen. Diese Kritik spitzte sich später zur sogenannten Krise um die «herrenlosen Vermögen» zu.

Der frühere Botschafter hob in seinem Buch hervor, dass bestimmte diesbezügliche Berichte der Botschaft in Washington, die er zwischen August 1995 und Oktober 1996 nach Bern geschickt hatte, im Jahr 1998 nicht mehr in den Unterlagen der Task-Force «Schweiz ­ Zweiter Weltkrieg» zu finden waren.

1727

Diese Passage des Buches führte verschiedene Journalisten zum Schluss, die fraglichen Depeschen seien aus den Archiven des EDA verschwunden oder vernichtet worden. Drei parlamentarische Vorstösse wurden zu diesem Thema eingereicht6.

Sobald die GPK-S von der Angelegenheit Kenntnis hatte, ging sie der Sache nach.

Sie führte beim EDA verschiedene Recherchen durch und hörte auch den früheren Botschafter an. Die Arbeiten zeigten bald, dass der Verdacht gegen das EDA gegenstandslos war und die Depeschen vollständig in den Archiven des Departements vorhanden waren. Die Kommission erhielt im Übrigen die gesamten fraglichen Unterlagen.

Nach Auffassung der GPK-S hätte sich diese Kontroverse vermeiden lassen, wenn das Departement und der Autor vor der Veröffentlichung des Buches enger zusammengearbeitet hätten.

9

Soziale Sicherheit und Gesundheit

9.1

Kostendämpfung in der Krankenversicherung

Über den Bericht der GPK-S vom 5. April 2002 in Sachen Kostendämpfung im Bereich des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) wurde im letzten Tätigkeitsbericht ausführlich informiert (BBl 2002 5971). Im September 2002 hat der Bundesrat zum Bericht Stellung genommen (BBl 2003 399).

Die GPK-S hat die Stellungnahme des Bundesrates im Februar 2003 geprüft. Der Bundesrat würdigte die Arbeit der GPK-S grundsätzlich positiv. Insbesondere begrüsste die Kommission die Antworten des Bundesrates auf die drei Postulate. In verschiedenen Bereichen skizzierte der Bundesrat aber keine Lösungen oder relativierte allzu leicht seine Rolle beim Vollzug des KVG. Der Bundesrat blieb im Allgemeinen unverbindlich und hinterliess damit bei der GPK-N den Eindruck, dass er seine Führungsverantwortung bei wichtigen Gesetzgebungs- und Vollzugsfragen (z.B. Statistik, Evaluation, Bereitstellung von Planungs- und Vollzugsgrundlagen) nicht wirklich wahrnehmen will.

In drei Bereichen, die für eine Steuerung und auch für die Vorbereitung sowie den Vollzug der Gesetzgebung wichtig sind, sieht die GPK-S nach wie vor einen dringenden Handlungsbedarf: ­

6

Die Gesundheitsstatistik befindet sich in einem eigentlichen Vollzugsnotstand. Es fehlen heute grundlegende Daten, die für den Vollzug des KVG und die Beurteilung seiner Wirkungen notwendig sind. Wichtige Vorhaben des Bundesamtes für Statistik (BFS) können nicht realisiert werden (erwähnt seien etwa die Anpassung der Spitalstatistik an das KVG, die Ausdehnung der Fallkostenstatistik, der Aufbau der Statistik im ambulanten Bereich). Der Bundesrat skizzierte in seiner Stellungnahme keine Lösungen für dieses ernst zu nehmende Vollzugsproblem. Die GPK-S vertrat die Meinung, dass angesichts der Kostenentwicklung in der Krankenversicherung die statistischen Grundlagen dringend geschaffen und ausgebaut werden müssen.

02.3593 ­ Interpellation. Fehlende Depeschen im EDA, 3. Oktober 2002; Interpellation02.3596. Verarbeitung von Gefahrenmeldungen im EDA, 4. Oktober 2002; 02.1127 ­ Einfache Anfrage. Verschwundene Berichte des früheren Botschafters Jagmetti, 4. Oktober 2002.

1728

­

Der Bundesrat relativierte den vermehrten Einsatz von prospektiven Evaluationen. Gemäss seinen Ausführungen verhindert der Datenschutz einen Zugang zu Daten, die für die Evaluation wichtig sind. Die GPK-S vertrat die Ansicht, dass für eine Verbesserung der bestehenden Gesetzgebung die notwendigen Daten so anonymisiert werden können, dass sie für die Zwecke der Evaluation genutzt werden können. Für den Fall, dass dies nicht zutrifft, hat die Kommission den Bundesrat gebeten angesichts der Kostenentwicklung in der Krankenversicherung dem Gesetzgeber Vorschläge für die Anpassung des Datenschutzrechts zu unterbreiten. Ebenso erstaunte die GPK-S die Feststellung des Bundesrates, dass es auch an unabhängigen Experten fehlt, die solche Evaluationen vornehmen können. Die gross angelegte Wirkungsanalyse des KVG seitens des Bundesamtes für Sozialversicherung zeigt das Gegenteil. Ausserdem sind prospektive Evaluationen nicht zwangsläufig an externe Experten auszulagern, sondern gehören ­ im Sinne der Gesetzesfolgenabschätzung nach Artikel 43 Absatz 3 GVG (neu: Art. 141 Abs. 2 ParlG) ­ zur Kernkompetenz der für die Vorbereitung von Gesetzeserlassen zuständigen Bundesstellen.

­

Der Bundesrat lenkte von seinen ­ wenn auch beschränkten ­ Handlungsmöglichkeiten ab. Die GPK-S hat in ihrer Untersuchung festgestellt, dass der Bundesrat bei der Bereitstellung von Planungs- und Vollzugsgrundlagen im KVG-Bereich zurückhaltend war. Verschiedene Bemerkungen in der Stellungnahme des Bundesrats lassen darauf schliessen, dass er auch in Zukunft keine stärkere Koordination und Steuerung der Kostenentwicklung vornehmen möchte. So begrüsste der Bundesrat in seiner Stellungnahme zwar die Übertragung seiner Rechtsprechungsfunktion an das künftige Bundesverwaltungsgericht, bezweifelte aber, dass er dadurch mehr Potential zur politischen Führung erhält. Auch der Hinweis, der bundesrätliche Erlass von Grundsätzen für eine wirtschaftliche Tarifstruktur und -anpassung nach Artikel 43 Absatz 5 KVG «nehme Zeit in Anspruch», war nicht geeignet, das Vertrauen in die erforderliche Führungsverantwortung des Bundesrates in der Kostenfrage zu stärken. Angesichts der vielen Vollzugsakteure und der heterogenen Interessen wäre ein deutliches Signal wünschenswert, dass der Bundesrat künftig vermehrt eine Führungsverantwortung im Bereich der Kostendämpfung wahrnehmen will.

Die GPK-S sieht auch im Bereich der Spitalplanung nach wie vor einen Bedarf nach Richtlinien und Planungsgrundlagen. Einige Kantone beklagen weiterhin ungenügende Vorgaben und teilweise Widersprüche des Bundes betreffend die Spitalplanung (z.B. betreffend die Zulassung von Privatspitälern).

Bei der Umsetzung der neuen Arzttarifstruktur TarMed gehen gemäss Antwort des Bundesrates mögliche Richtlinien zur wirtschaftlichen Tarifbemessung nach Artikel 43 Absatz 7 KVG bereits aus dem KVG bzw. aus der bundesrätlichen Rechtsprechung hervor. Die GPK-S vertrat die Auffassung, dass auch nach der Verabschiedung der Tarifstruktur im Hinblick auf die kostenneutrale Umsetzung des Tarifwerks rechtliche und administrative Vorgaben des Bundes zur Festlegung und Anpassung der Taxpunktwerte gefragt sind.

1729

Festgehalten hat die GPK-S auch an der Forderung nach Durchführung einer umfassenden Wirkungsanalyse der Spitalplanung (in Zusammenarbeit mit den Kantonen).

Aufgrund der unbefriedigenden Stellungnahme des Bundesrates hat die GPK-S eine zweite Stellungnahme des Bundesrates verlangt und diese im Juni 2003 geprüft.

Zusammengefasst stellte die Kommission fest, dass der Bundesrat bei der Kostendämpfung im KVG-Bereich die Verantwortung der Kantone in den Vordergrund rückte und seine Steuerungsmöglichkeiten stark ­ nach Ansicht der GPK-S zu stark ­ relativierte. Die GPK-S hat aber auch zur Kenntnis genommen, dass im Bereich der Gesundheitsstatistik markante Fortschritte gemacht werden sollen. In ca. zwei Jahren wird die GPK-S im Rahmen einer Nachkontrolle prüfen, wie ihre Empfehlungen gemäss Bericht vom April 2002 umgesetzt worden sind.

9.2

Entscheidpraxis des Bundesrats im Falle von Tarifentscheiden der Kantone

Der Kanton Schaffhausen und die Schweizerische Sanitätsdirektorenkonferenz (SDK) hatten sich im Jahre 2001 in Aufsichtseingaben an die Bundesversammlung über die Entscheidpraxis des Bundesrats bei Beschwerden gegen Tarifentscheide der Kantonsregierungen in der Krankenversicherung beschwert. Der Kanton Schaffhausen machte geltend, die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen im Bereich der Tarifgestaltung nach Krankenversicherungsgesetz (KVG) sei in hohem Masse konfliktträchtig geregelt. Der Bundesrat habe seit Inkrafttreten des KVG im Jahr 1996 in über 200 Urteilen die vorinstanzlichen Entscheide von Kantonsregierungen nur in wenigen Fällen geschützt. Konkret wollte die Eingabe auf eine Veränderung der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen in Richtung einer vermehrten Respektierung des Föderalismus hinwirken. Die SDK kritisierte, dass der Bundesrat in seiner Rechtsprechung automatisch den Empfehlungen der Preisüberwachung folge und eine Auseinandersetzung mit den Argumenten der Kantone kaum erfolge.

Nach Anhörung der Kantone, des Bundesamts für Justiz, des Bundesamts für Sozialversicherung und der Preisüberwachung erteilte die GPK-S dem Bundesrat in ihrem Bericht vom 5. April 2002 (BBl 2003 307) insgesamt acht Empfehlungen zum Abbau der Konflikte zwischen Bund und Kantonen, zur Mehrfachrolle des Bundesrates im Tarifbereich des KVG, zur Klärung einzelner Rechtsfragen, zur Rolle der Preisüberwachung und zur Einführung des Ärztetarifs TarMed (vgl. auch Jahresbericht 2001/2002, BBl 2002 5973).

Der Bundesrat nahm am 30. September 2002 (BBl 2003 334) zum Bericht der GPKS Stellung. Die GPK-S ihrerseits erklärte sich in ihrem Schreiben vom 10. Februar 2003 an den Bundesrat von der Stellungnahme nicht befriedigt und verlangte eine zweite Stellungnahme. Die Kommission bemängelte, die Antwort des Bundesrats gehe auf einzelne Empfehlungen überhaupt nicht ein und zeige wenig Bereitschaft, die wunden Punkte aufzunehmen, auf welche die GPK-S in ihrem Bericht hinwies.

Insbesondere scheine er das Hauptanliegen der Kommission - der Bundesrat solle im Umgang mit den Kantonen im heiklen Bereich des Gesundheitswesens mehr Gesprächsbereitschaft zeigen und die gegenseitige Rücksichtnahme und Beachtung der Zuständigkeiten von Bund und Kantonen fördern - nicht ernst zu nehmen (Empfehlung 1 des Berichts). Weiter kritisierte die Kommission, der Bundesrat habe ihre Empfehlung 4 die Mitwirkung der Kantone beim Erlass der Kostenermittlungs- und 1730

Leistungserfassungsverordnung vom 3. Juli 2002 (VKL, SR 832.104) angemessen zu berücksichtigen missachtet, indem er Begehren von Kantonen, die Definitionen betreffend stationäre Behandlung, teilstationäre Behandlung und ambulante Behandlung (Art. 3 ­ 5 VKL) nicht ohne angemessene Übergangsfrist in Kraft zu setzen, nicht berücksichtigt habe. Die Kommission fand es zudem stossend, dass der Bundesrat diese Definitionen in eigener Kompetenz per 1. Januar 2003 in Kraft setzte, während gleichzeitig dieselben Definitionen im Rahmen der KVG-Revision in den beiden Räten noch diskutiert wurden. In seiner zweiten Stellungnahme vom 9. April 2003 nahm der Bundesrat detaillierter zu den einzelnen Empfehlungen Stellung und signalisierte teilweise eine gewisse Bereitschaft, die Anliegen der Kommission zu berücksichtigen. Die Kommission teilte daraufhin dem Bundesrat mit Schreiben vom 13. August 2003 mit, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt in einer Nachkontrolle die Umsetzung ihrer Empfehlungen durch den Bundesrat überprüfen werde.

9.3

Stiftung «Wohnheim Rabenfluh»

Die GPK-S hat dem Bundesrat im Februar 2001 in einem Kurzbericht zu einer Aufsichtseingabe empfohlen, die Invalidenversicherungsverordnung IVV in dem Sinne zu ändern, dass eine Institution, die grundsätzlich zu IV-Beiträgen berechtigt ist, jedoch ihr Gesuch um einen Betriebsbeitrag beim BSV zu spät einreicht, nicht zum Nachteil der von ihr betreuten Personen ganz leer ausgeht, sondern lediglich angemessen für das säumige Verhalten sanktioniert wird (vgl. auch Tätigkeitsbericht 2000/2001, BBl 2001 5609). Mit einer Verordnungsänderung vom 24. April 2002 ist der Bundesrat dieser Empfehlung nachgekommen. Artikel 107 IVV sieht neu vor, dass wenn die ordentliche oder die erstreckte Frist ohne triftigen Grund nicht eingehalten wird, der auszurichtende Beitrag bei einer Verspätung bis zu einem Monat um einen Fünftel und für jeden weiteren Monat um einen weiteren Fünftel gekürzt wird.

Nach der früheren Fassung von Artikel 107 IVV entfiel der Anspruch auf einen Beitrag, wenn die Frist für die Einreichung eines Gesuchs ohne triftigen Grund nicht eingehalten wurde. Diese Norm machte der Stiftung «Wohnheim Rabenfluh» in Neuhausen (SH), die rund 50 schwer- und schwerstbehinderte Heimbewohnerinnen und -bewohner betreut, 1996 schwer zu schaffen, weil sie ihr Gesuch um einen Betriebsbeitrag für 1997 zu spät einreichte. Das Eidgenössische Versicherungsgericht befand letztinstanzlich, bei der Frist gemäss Artikel 107 Absatz 1 IVV handle es sich um eine Verwirkungsfrist, bei deren Nichteinhaltung ohne triftigen Grund der Beitrag entfalle. Durch den Wegfall des Betriebsbeitrags entstanden dem Wohnheim Einnahmenausfälle von ca. 1,7 Millionen Franken, was zur Folge hatte, dass der Weiterbestand des Heims nicht mehr gesichert war.

Der Anwalt eines Stiftungsratsmitgliedes unterbreitete den Fall im Rahmen einer Aufsichtseingabe der Geschäftsprüfungskommission zur Prüfung, weil ihm das Ergebnis, das in formaljuristischer Hinsicht nicht zu beanstanden war, vom Gerechtigkeitsgedanken her derart stossend erschien, dass es gegebenenfalls einer politischen Korrektur bedurfte.

Die GPK-S prüfte die Frage, ob die in Artikel 107 Absatz 1 IVV enthaltene Verwirkungsfrist mit der strikten Folge, dass bei Nichteinhaltung der Frist der Anspruch auf einen Betriebsbeitrag entfällt, verhältnismässig war. Sie kam zum Schluss, dass die Verwaltung zwar ein legitimes Interesse an einer effizienten und ordnungsge1731

mässen Abwicklung der Gesuche um Betriebsbeiträge aus der Invalidenversicherung hatte und dass insofern die Verwirkungsfrist geeignet war, Druck auf die Institutionen auszuüben, ihre Gesuche rechtzeitig einzureichen. Hingegen waren den Stellungnahmen und Entscheiden des EDI und des BSV keine sachlichen Argumente zu entnehmen, welche die Setzung einer in Einzelfällen derart folgenschweren, strikten Verwirkungsfrist als unbedingt erforderlich oder auch nur als geboten erscheinen liessen. Die GPK-S kam deshalb zum Schluss, dass die absolute Verwirkungsfrist eine unverhältnismässig strenge Rechtsfolge habe und dass den berechtigten Anliegen der Verwaltung nach einem beförderlichen Ablauf des Bewilligungsverfahrens mit weniger einschneidenden Massnahmen Rechnung getragen werden müsse.

9.4

Swissmedic

Das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic wurde im Rahmen des neuen Heilmittelgesetzes (HMG; SR 812.21) ins Leben gerufen. Das Institut nahm seine Tätigkeit am 1. Januar 2002 auf; Swissmedic übernahm die Aufgaben, die vorher die Interkantonale Kontrollstelle (IKS) und die Facheinheit Heilmittel (FE HM) des Bundesamts für Gesundheit (BAG) wahrgenommen haben.

Die IKS war seit 1971 für die Kontrolle und die Zulassung der meisten Arzneimittel zuständig. Sie hatte keine Rechtspersönlichkeit und unterstand der Oberaufsicht der Interkantonalen Vereinigung für die Kontrolle der Heilmittel (IKV). Dabei handelte es sich um eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, die auf Grund der Interkantonalen Vereinbarung über die Kontrolle der Heilmittel errichtet wurde (SR 812.101) und der alle Kantone sowie das Fürstentum Liechtenstein angehörten. Auf Bundesebene war die FE HM zuständig «für den Erlass der Pharmakopöe (Arzneibuch), für die Kontrolle immunbiologischer Erzeugnisse (beispielsweise Impfstoffe oder In-vitro-Diagnostika), für die Kontrolle von Blut, Blutprodukten und Transplantaten sowie für die Kontrolle von Betäubungsmitteln und die Überwachung der Medizinprodukte» (BBl 1999 3462).

Mit der Schaffung des HMG und damit Swissmedic sollte in erster Linie das schweizerische Arzneimittelrecht mit dem europäischen Recht vereinbar gemacht werden. Nach europäischem Recht muss die Registrierung eines Arzneimittels von einer staatlichen Behörde beschlossen werden. Eine 1988 ausgearbeitete neue interkantonale Vereinbarung sollte diese Lücke beheben. Doch nicht alle Kantone wollten sich dieser Vereinbarung anschliessen, so dass das Projekt schliesslich fallen gelassen wurde. Die IKV sicherte dem Bundesrat ihre Mitwirkung bei der Erarbeitung eines eidgenössischen Heilmittelgesetzes zu.

So wurde die Errichtung von Swissmedic in Form eines gemeinsamen Projekts des Bundes und der Kantone vorangetrieben. Die Projektorganisation, welche die Errichtung des Instituts vorbereitete, wurde 1996 von der Vorsteherin des EDI eingesetzt. Der Grundsatz der Parität zwischen Kantonen und Bund galt auf allen Organisationsebenen. Das strategische Projektorgan, die «paritätische Delegation», bestand aus Vertretern der IKV und des EDI. Für die operationelle Einsetzung von Swissmedic war zunächst der von einem unabhängigen
Sachverständigen geleitete paritätische Projektausschuss und anschliessend die 1999 ernannte SwissmedicDirektion zuständig. Da es sich beim Institut um ein Bundesorgan handelt, entschied letztlich der Bund.

1732

Im Oktober 2002 erstellte die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) ­ die vom Bundesrat gemäss Artikel 74 des HMG eingesetzte Revisionsstelle und gleichzeitig das Finanzaufsichtsorgan laut dem Bundesgesetz über die Eidgenössische Finanzkontrolle (FKG, SR 614.0) ­ einen Zwischenbericht, in dem sie die beträchtlichen Schwierigkeiten des neuen Instituts aufführte. Probleme bereiten insbesondere folgende Punkte7: Vermögensübertragung der ehemaligen IKS, Aufstellung einer Eröffnungsbilanz für Swissmedic, Fehlen einer verlässlichen Analyse der Aufgaben von Swissmedic und der Ressourcen, die zur Aufgabenerfüllung notwendig sind, Defizit bei der Erfüllung bestimmter gesetzlicher Aufgaben, insbesondere im Bereich der Überwachung der medizinischen Erzeugnisse, Fehlen einer Risikoanalyse, Rückstand bei der Realisierung der Informatikprojekte, Verzettelung des Personals auf verschiedene Räumlichkeiten sowie Schwierigkeiten beim Aufbau der Controlling-Instrumente.

Wegen Indiskretionen gelangten die Schlussfolgerungen des Berichts Anfang Dezember 2002 und erneut Anfang Januar 2003 über die Presse an die Öffentlichkeit. Diese Bekanntgaben und die öffentlichen Erklärungen bestimmter Personen führten zum Rücktritt des Swissmedic-Direktors sowie zur Ernennung des derzeitigen Direktors Klaus-Jörg Dogwiler.

Am 17. Januar 2003 beschloss die GPK-S, eine Inspektion über die Probleme bei Swissmedic durchzuführen. Nach einer ersten Reihe von Anhörungen zum oben erwähnten Bericht der EFK beschloss die GPK-S, sich genauer mit der Projektphase von Swissmedic zu beschäftigen. Ziel ist es, die Probleme zu klären, die vor der Betriebsaufnahme von Swissmedic auftraten, und daraus Konsequenzen für künftige ähnliche Projekte zu ziehen. Ausserdem möchte die GPK-S mit ihren Arbeiten die Transparenz in dieser Angelegenheit fördern und dazu beitragen, das Vertrauen in das schweizerische Arzneimittelkontrollsystem zu stärken.

Die zuständige Subkommission hat eine Reihe von Anhörungen durchgeführt und um Einsicht in zahlreiche Dokumente gebeten. Ausserdem befragte sie ­ in bestimmten Fällen zwei Mal ­ den ehemaligen Direktor von Swissmedic, den aktuellen Direktor von Swissmedic, den Präsidenten des Institutsrats, mehrere Vertreter des EDI und des BAG, den Präsidenten der IKV sowie einen Vertreter der EFK.

Auch der Vorsteher des EDI,
Bundesrat Pascal Couchepin, äusserte sich im Rahmen der Prüfung des Geschäftsberichts 2002 des Bundesrates zu diesem Thema.

Die Subkommission befasste sich insbesondere mit folgenden Elementen: Struktur und Kompetenzen in der Projektorganisation, Wechselwirkung zwischen dem Swissmedic-Projekt und dem Entwurf zum neuen Heilmittelgesetz, Rolle des Institutsrates und Bedingungen bei Aufnahme der Tätigkeiten von Swissmedic am 1. Januar 2002. Daneben wurden das Verhältnis und die Kompetenzaufteilung zwischen Swissmedic und dem EDI behandelt. Die GPK-S nahm die Inspektion zum Anlass, um die Formen der Institutionen, die zum 3. Kreis der Bundesverwaltung gehören, vertieft zu prüfen, insbesondere was die Organisation der Beziehungen mit den jeweils zuständigen Departementen angeht.

Die Kommission stellte fest, dass sich die Situation von Swissmedic seit der Veröffentlichung des Berichts der EFK im Oktober 2002 deutlich verbessert hatte. Die 7

Siehe den Jahresbericht 2002 der Eidgenössischen Finanzkontrolle über ihre Tätigkeit an die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte und an den Bundesrat vom 14. März 2003, BBl 2003 6993.

1733

Probleme wurden erkannt, entsprechende Abhilfemassnahmen ergriffen und eine Risikoanalyse durchgeführt. Ausserdem wurde eine Koordinationsplattform eingeführt, um bestimmte Fragen zusammen mit den Kantonen zu klären. Die Eröffnungsbilanz wurde erstellt. Daneben wurde ein Gebäude gekauft, und die Ausbauarbeiten sollen demnächst beginnen. Die Informatikprojekte wurden einem Projektleiter anvertraut. Ein Informatikverantwortlicher ist noch zu ernennen. Schrittweise werden auch Controlling-Instrumente eingeführt.

Die GPK-S konnte indessen die Inspektion bis Ende der Legislatur 1999­2003 nicht abschliessen. Deshalb werden die Mitglieder der neuen GPK-S die weitere Behandlung dieses Themas in der Legislatur 2003­2007 beschliessen müssen.

9.5

Lebensmittelsicherheit

Die GPK-N hat ihre mit Unterstützung der Parlamentarischen Verwaltungskontrollstelle (PVK) (vgl. Anhang 1) und externen Experten durchgeführte Untersuchung zum Vollzug der Gesetzgebung im Bereich der Lebensmittelsicherheit am 17. Oktober 2003 abgeschlossen. Sie liess sich bei ihrer Untersuchung vom Prinzip leiten, dass die Lebensmittelsicherheit in allen Phasen der Produktion, des Vertriebs sowie des Verkaufs eines Lebensmittels gewährleistet sein sollte. Grundsätzlich stellte sie fest, dass der Selbstkontrolle durch die Unternehmen des Lebensmittelbereichs eine grosse Bedeutung zukommt. Die Selbstkontrolle ist eine wichtige Voraussetzung für die Wirksamkeit des Lebensmittelgesetzes. Schwierigkeiten bereitet sie aber vor allem bei kleineren Betrieben wie Metzgereien und Restaurants. Bei solchen Betrieben ist die Sensibilisierung für die Risiken im Lebensmittelbereich und das notwendige Fachwissen zum Teil wenig ausgeprägt. Hier besteht aus Sicht der Kommission Handlungsbedarf. Sie forderte deshalb den Bundesrat auf, die Einführung von Minimalanforderungen an die Selbstkontrolle für solche Betriebe zu prüfen.

In Bezug auf die Lebensmittelsicherheit finden nebst dem Lebensmittelgesetz und seinen Vollzugsverordnungen auch diverse Erlasse im Bereich der Agrarpolitik Anwendung. Aufgrund unterschiedlicher Ansätze und Schwerpunkte ergeben sich in der Praxis Probleme beim Vollzug dieser Erlasse. Für die Kommission drängte es sich deshalb auf, dass der Bundesrat sein operatives Gesamtkonzept konkretisiert und auch Verfahren schafft, die auftretende Konflikte zwischen dem Konsumentenschutz und der Multifunktionalität der Landwirtschaft zu lösen helfen. Die Untersuchung bestätigte, dass die aktuelle Organisationsstruktur auf Stufe der Bundesverwaltung ­ mehrere Dienststellen aus verschiedenen Departementen nehmen Aufgaben im Bereich der Lebensmittelsicherheit wahr ­ zu Koordinationsproblemen und zu einer suboptimalen Ressourcennutzung führen. Die GPK-N unterstützt deshalb die vom Bundesrat eingeleitete Überprüfung der Organisationsstruktur. Des Weiteren legte sie dem Bundesrat nahe, dem kohärenten Auftreten der Bundesbehörden gegenüber den vollziehenden Kantonen grosse Bedeutung bei zu messen.

Die Kantone spielen im Vollzug eine wichtige Rolle für die Lebensmittelsicherheit.

Die Untersuchung zeigte jedoch
auf, dass die Kontrollen in den Kantonen unterschiedlich gehandhabt werden. Diese unterschiedliche Kontrolldichte und -qualität vermag aus Sicht der Kommission nicht zu befriedigen. Die GPK-N forderte den Bundesrat deshalb auf, die Zweckmässigkeit verpflichtender Minimalvorgaben für

1734

die kantonalen Kontrollen zu prüfen, um so eine gewisse Vereinheitlichung des Vollzugs zu erzielen.

Im Bereich der importierten Nahrungsmittel stellte die GPK-N fest, dass die Eidgenössische Zollverwaltung aufgrund der Ressourcenausstattung an der Grenze nur sehr beschränkt Kontrollen durchführen kann. Wegen Fehlen entsprechender Statistiken liess es sich im Weitern nicht überprüfen, ob bei den regulären Lebensmittelkontrollen der Kantone den importierten Produkten ein besonderes Augenmerk geschenkt wird. Wichtig erscheint es der GPK-N, dass inländische Produkte im Vergleich zu importierten Lebensmitteln durch die unterschiedlichen Kontrollen im Verlaufe der Produktion, der Weiterverarbeitung und des Vertriebs nicht benachteiligt werden und dadurch das hohe Niveau der Lebensmittelsicherheit in der Schweiz nicht unterwandert wird. Die Kontrolle von importierten Lebensmitteln im Rahmen von so genannten Schwerpunktprogrammen ist zu begrüssen. Diesem Aspekt der Lebensmittelsicherheit sollte aus Sicht der Kommission auch in Zukunft Beachtung geschenkt werden.

Der Schlussbericht der PVK beinhaltet aus Sicht der GPK-N weitere Erkenntnisse, die mittel- und langfristig für die Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit von Belang sein können. Die GPK-N forderte den Bundesrat entsprechend auf, auch diesen Feststellungen die ihnen gebührende Beachtung zu schenken.

10

Sicherheitspolitik

10.1

Staatsschutz und Nachrichtendienste

Die Delegation der Geschäftsprüfungskommissionen (GPDel) hat den Auftrag, die Tätigkeiten im Bereich des Staatsschutzes und der Nachrichtendienste näher zu prüfen (Art. 53 Abs. 2 ParlG).

Die GPDel untersucht laufend und vertieft die geheimen Tätigkeiten des Bundes, um Bereiche, die eine politische Intervention erfordern, rechtzeitig zu erkennen. Dabei bemüht sich die GPDel, Probleme frühzeitig aufzudecken, und trägt zur Behebung der festgestellten Unzulänglichkeiten und Missstände bei.

Die GPDel verfügt über weitgehende Informationsrechte. So ist sie berechtigt, alle für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben zweckdienlichen Informationen einzuverlangen, einschliesslich Unterlagen, die der unmittelbaren Entscheidfindung des Bundesrates dienen oder die im Interesse des Staatsschutzes oder der Nachrichtendienste geheim gehalten werden (Art. 154 Abs. 2 Bst. a ParlG). Die GPDel kann ausserdem alle Dienststellen, Behörden oder Personen, die im Auftrag des Bundes Aufgaben erfüllen, befragen. Sie kann auch Personen als Zeuginnen oder Zeugen einvernehmen (Art. 154 Abs. 2 Bst. b ParlG).

Während der Berichtsperiode befasste sich die GPDel in 32 Sitzungen (durchschnittliche Dauer jeweils ein voller Arbeitstag) mit zahlreichen Sachfragen.

Zwei Themen standen im Mittelpunkt der Tätigkeit der GPDel: ­

Die Kontakte der Schweizer Nachrichtendienste zu Südafrika zur Zeit der Apartheid (Kap. 10.1.1);

­

das Satellitenaufklärungssystem des VBS («Projekt Onyx») (Kap. 10.1.2).

1735

Kapitel 10.1.3 vermittelt einen kurzen Überblick über die anderen wichtigen Geschäfte. Es ist zu erwähnen, dass in bestimmten Fällen die Geheimhaltung eine detaillierte Information verunmöglicht.

10.1.1

Kontakte des Schweizer Nachrichtendienstes zu Südafrika zur Zeit des Apartheidregimes

Im Jahr 2003 konnte die GPDel die im Herbst 2001 eingeleitete Untersuchung über die Beziehungen des Schweizer Nachrichtendienstes zum südafrikanischen Apartheidregime (vgl. Kap. 9.1 des Jahresberichts 2001/2002 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte vom 17. Mai 2002, BBl 2002 5945) abschliessen. Diese Untersuchung baut auf den Arbeiten auf, welche die GPDel bereits 1999 zu diesem Thema durchgeführt hatte (BBl 2000 563).

Die Untersuchung der GPDel wurde aufgrund neuer Anhaltspunkte notwendig, die im Laufe des Jahres 2001 auftauchten und darauf hindeuteten, dass Mitarbeiter des VBS mit der südafrikanischen Armee am Programm zur Entwicklung biologischer oder chemischer Waffen (Projekt «Coast») zusammengearbeitet hätten. Zu den belasteten Personen zählte insbesondere der ehemalige Chef der Untergruppe Nachrichtendienst, Divisionär Peter Regli. Überdies wurde behauptet, es bestehe eine geheime Vereinbarung zwischen der Schweiz und Südafrika im biologischen und chemischen Bereich.

Die Delegation führte in der Folge während fast zwei Jahren Abklärungen durch.

Dabei schöpfte sie alle ihr in der Schweiz verfügbaren Informationsquellen aus.

Dagegen wurde sie von der südafrikanischen Regierung nicht ermächtigt, Nachforschungen in Südafrika durchzuführen.

Die GPDel analysiert in ihrem Bericht vom 18. August 2003 die Rolle der schweizerischen Nachrichtendienste im Zusammenhang mit Südafrika.

Die ersten regelmässigen Kontakte zwischen dem Schweizer Nachrichtendienst und Südafrika gehen auf das Jahr 1977 zurück. Zwischen 1977 und Ende 2001 gab es mehr als 100 Treffen, die abwechselnd in der Schweiz und in Südafrika stattfanden.

Rund die Hälfte der Treffen fanden zwischen 1977 und 1991 statt, als in Südafrika das rassendiskriminierende Apartheidregime herrschte. Wie aus der Untersuchung der GPDel ausserdem hervorging, unterhielt der Nachrichtendienst auch Beziehungen zu Vertretern der angolanischen UNITA zu einer Zeit, in der diese von Südafrika unterstütze Rebellenbewegung sich im offenen Kampf mit der offiziellen Regierung Angolas befand.

Es kann heute nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob die Kontakte des Nachrichtendienstes mit der Regierung in Pretoria die Zustimmung des zuständigen Departementsvorstehers oder des Bundesrates erhalten hatten. Die
Delegation stellte in zwei Fällen (aus den Jahren 1986 und 1987) fest, dass das EDA offiziell beim Vorsteher des VBS dahingehend interveniert hatte, das Departement sollte sich gegenüber Südafrika grösserer Zurückhaltung üben sollte. Diese Vorstösse blieben allerdings ohne Folgen, was darauf hindeutet, dass der Nachrichtendienst des VBS sich faktisch jeder politischen Kontrolle entzog.

1736

Nach Auffassung der GPDel zeigte der Nachrichtendienst gegenüber dem Regime von Pretoria eine wenig kritische Haltung, die überdies in völligem Gegensatz zur offiziellen Politik des Bundesrates stand, welcher das Rassentrennungssystem Südafrikas verurteilte. Südafrika war aber, auf militärischer Ebene, eine wichtige Nachrichtenquelle für die Schweiz. Durch sein Engagement in Angola, Namibia und Mosambik gegen durch die Sowjetunion ausgerüstete Streitkräfte verfügte Südafrika über Informationen zu den Waffen und dem Vorgehen des Ostblocks. Im Kontext des Kalten Krieges erachtete der Nachrichtendienst diese Informationen als unverzichtbar für die Bereitschaft der schweizerischen Armee.

Die Kontakte des Schweizer Nachrichtendienstes zu Südafrika waren unter Berücksichtigung der damaligen Umstände zu würdigen. Sie waren dabei vielleicht in der Logik des Kalten Krieges nachvollziehbar, aber aus neutralitäts- und aussenpolitischer Sicht höchst kritisierbar. Im Übrigen wurden sie vom Bundesrat nicht gutgeheissen.

Die Delegation fand in ihrer Untersuchung keinen Hinweis auf die Existenz einer geheimen Vereinbarung zwischen dem Schweizer Nachrichtendienst und Südafrika im biologischen und chemischen Bereich. Die einzige geheime Vereinbarung zwischen der Schweiz und Südafrika besteht in einem Informationsschutzabkommen, wie es mit vielen anderen Staaten existiert. Dieses Abkommen aus dem Jahr 1983 erlaubte es der Schweiz, mit Südafrika Informationen zu Flugzeugen des Typs Mirage auszutauschen; es war der Delegation seit langem bekannt.

Die Delegation fand keinen Hinweis dafür, dass Divisionär Regli oder Dienststellen des Bundes beim Aufbau des südafrikanischen Biologie­ und Chemiewaffenprogrammes («Coast»-Projekt) in irgendeiner Weise beteiligt gewesen wären. Zwar steht fest, dass Divisionär Regli mindestens einmal Besuch von General Wouter Basson ­ dem ehemaligen Leiter des «Coast»-Projekts ­ erhalten hatte, aber für andere Kontakte fand die Delegation keine Beweise. Im Übrigen gelangte die Delegation unabhängig von der Anzahl möglicher Treffen zur festen Überzeugung, dass Divisionär Regli nie von den geheimen Aktivitäten Bassons im Zusammenhang mit dem «Coast»-Projekt wusste.

Dagegen ist die GPDel der Ansicht, dass Divisionär Regli zu grosses Vertrauen in seinen früheren Dienstkameraden Jürg Jacomet
(1998 verstorben) setzte. Dieser Geschäftsmann und Waffenhändler verfügte offenbar über Kontakte im südlichen Afrika, im Balkan und in gewissen Oststaaten, die er Divisionär Peter Regli zugänglich machte. Obwohl Divisionär Regli mehrmals von verschiedenen Personen auf die zweifelhaften Machenschaften von Jürg Jacomet aufmerksam gemacht wurde, unterhielt er bis 1993 weiterhin regelmässige Beziehungen zu ihm. Es ist auch belegt, dass Jürg Jacomet zahlreiche Kontakte mit General Basson hatte und dass Jacomet im Übrigen das Treffen von Divisionär Regli mit Wouter Basson initiiert hatte.

In den Augen der Delegation waren die Beziehungen von Divisionär Regli zu Jürg Jacomet nicht mit seiner Funktion als Chef eines Nachrichtendienstes vereinbar.

Diese nachsichtige Haltung trug auch weitgehend zum Entstehen des Gerüchts bei, der Schweizer Nachrichtendienst könnte in ihm eigentlich völlig sachfremde Angelegenheiten verwickelt sein.

Die Delegation stellte auch fest, dass Divisionär Regli zahlreichen Fragen ausgewichen war oder bei früheren Untersuchungen der Delegation Tatsachen unerwähnt liess. Dies betrifft namentlich die Beschaffung von zwei aus sowjetischer Produktion 1737

stammenden SA-18 Fliegerabwehrlenkwaffen durch die Untergruppe Nachrichtendienst. Divisionär Regli unterliess es 1993, die Delegation auf diesen problematischen Erwerb hinzuweisen, obwohl er den ausdrücklichen Auftrag dazu vom Departementsvorsteher und vom Generalstabschef erhalten hatte. In dieser Angelegenheit nahm Divisionär Regli eine wichtige Rolle wahr, die er in der Folge herunterzuspielen versuchte. Überdies verheimlichte er der Delegation die Beziehungen des Nachrichtendienstes zur angolanischen UNITA.

Die GPDel formulierte in ihrem Bericht mehrere Empfehlungen, in denen sie den Bundesrat und das VBS aufforderte, die politische Führung der Nachrichtendienste zu verbessern. Die Umsetzung dieser Empfehlungen soll im Laufe des Jahres 2004 geprüft werden.

10.1.2

Satellitenaufklärungssystem des VBS (Projekt «Onyx»)

Die GPDel hat das Projekt Onyx (ehemals SATOS-3), das vom Bundesrat 1997 beschlossen wurde und 1999 angelaufen ist, von Anfang an mit verfolgt.

Ziel des Projektes ist es, ein System für den Empfang internationaler ziviler und militärischer Kommunikationen, die über Satelliten abgewickelt werden, zu ermöglichen. Die Tätigkeit von Onyx stützt sich hauptsächlich auf Artikel 99 des Bundesgesetzes vom 3. Februar 1995 über die Armee und die Militärverwaltung (MG, SR 510.10), welcher die Aufgaben des Nachrichtendienstes im Ausland regelt.

Onyx wird von der Abteilung Elektronische Kriegführung (EKF), einer Abteilung des Generalstabs, betrieben.

Das System wurde im April 2000 in Betrieb genommen und durchläuft zur Zeit eine Probephase. Der operationelle Betrieb wird im Laufe des Jahres 2004 aufgenommen, der Vollbetrieb Ende 2005/Anfang 2006.

In ihrem Bericht vom 10. November 2003 beschreibt die GPDel die verschiedenen Funktionen und Möglichkeiten von Onyx bei der Beschaffung von Informationen, insbesondere im Bereich der Bekämpfung der Proliferation von Massenvernichtungswaffen (WMD) oder des internationalen Terrorismus. Die wichtigsten Benutzer sind der strategische Nachrichtendienst (SND) des VBS sowie der Dienst für Analyse und Prävention (DAP) des EJPD.

Die GPDel stellte fest, dass das System Onyx nur im nachrichtendienstlichen Bereich verwendet werden darf. Die beschafften Informationen können demnach nicht in einem Strafverfahren als Beweismaterial benutzt werden. Überdies dürfen nur Informationen über Kommunikationsteilnehmer ausserhalb des Landesgrenzen erfasst werden. Die Abhörung von Kommunikationen von Teilnehmern in der Schweiz ist streng verboten.

Mit Blick auf die Rechtmässigkeit vertritt die GPDel die Auffassung, dass die vom SND im Bereich der äusseren Sicherheit der Schweiz angeordneten Abhörmassnahmen eine ausreichende formelle Rechtsgrundlage besitzen. Anders verhält es sich mit den vom DAP angeordneten Abhörungen, deren Rechsgrundlage als nicht ausreichend erachtet wird. Die GPDel stellte ausserdem fest, dass die Aufklärung von Kommunikationen im Ausland heikle Probleme im Hinblick auf das Völkerrecht aufwirft.

1738

Die GPDel hält das mit der Verordnung über die elektronische Kriegsführung vom 15. Oktober 2003 (VEKF, AS 2003 3971) eingeführte Kontrollsystem für angemessen. Dieses System, an dem mehrere Instanzen der Verwaltung beteiligt sind, erlaubt allen verantwortlichen operationellen und politischen Stufen, die Aufklärungstätigkeiten zu überwachen und die Missbrauchsrisiken zu begrenzen.

Das System Onyx ist ein Instrument streng nationalen Charakters und stützt sich ausschliesslich auf Infrastrukturen, die sich auf schweizerischem Territorium befinden; es gibt keine Schnittstellen mit anderen ausländischen Systemen. Ausserdem lässt nach den Feststellungen der GPDel kein Hinweis auf eine mögliche Integration des Systems Onyx in irgendein internationales Abhörnetz, wie das amerikanische Netz Echelon, schliessen.

Die GPDel richtete in ihren Schlussfolgerungen mehrere Empfehlungen an den Bundesrat. So forderte sie ihn insbesondere auf, die formellen Gesetzesgrundlagen, auf welchen die Kommunikationsaufklärung mit Onyx beruhen, zu ergänzen. Dabei geht es in erster Linie um das Bundesgesetz vom 21. März 1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS, SR 120) und eher zweitrangig um das MG. Ausserdem empfahl die GPDel dem Bundesrat, zu prüfen, ob die schweizerische Gesetzgebung über die Kommunikationsaufklärung im Ausland mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vom 4. November 1950 vereinbar ist (EMRK, SR 0.101).

Angesichts der erheblichen Investitionen forderte die GPDel den Bundesrat auf, eine Analyse der die Realisierung des Projekts Onyx beeinträchtigenden technologischen und finanziellen Risiken durchzuführen. Wegen der Dauer und der gestaffelten Durchführung des Projekts droht die Gefahr, dass das Budget überschritten wird. Es ist heute festzustellen, dass sich die Projektkosten gegenüber den ursprünglichen Prognosen verdreifacht haben.

Schliesslich stellte die GPDel fest, dass umfassende Überlegungen zur Informationsbeschaffung durch die Nachrichtendienste des Bundes angestellt werden müssen. Onyx stellt nur eines von mehreren Mitteln zur Beschaffung von sicherheitspolitisch relevanten Informationen dar. Die GPDel forderte den Bundesrat deshalb auf, für die Nachrichtendienste eine Strategie auszuarbeiten, welche die vom Bund im Bereich Informationsbeschaffung geplanten Massnahmen
und Ressourcen in materieller und personeller Hinsicht aufzeigt. Diese Strategie soll sowohl elektronische Nachrichten (signals intelligence, SIGINT) ­ wie Onyx ­ wie auch die anderen Informationsquellen (offene Quellen [open source intelligence, OSINT], Nachrichtenbeschaffung durch menschliche Quellen [human intelligence, HUMINT], Informationsaustausch mit Partnerdiensten usw.) umfassen.

Die GPDel bat den Bundesrat, bis im Frühling 2004 Stellung zu nehmen.

10.1.3

Weitere von der GPDel untersuchte Themen

10.1.3.1

Abgrenzung der Untersuchungen der GPDel von internen Administrativuntersuchungen

Die Untersuchung der GPDel zu den Beziehungen des Schweizer Nachrichtendienstes mit dem südafrikanischen Apartheidregime (vgl. Kap. 10.1.1) wurde parallel zu einer vom VBS-Vorsteher angeordneten Administrativuntersuchung sowie einen 1739

von der Bundesanwaltschaft geführten gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahren durchgeführt.

Die Untersuchung der Bundesanwaltschaft bereitete der GPDel keine besonderen Probleme ­ im Gegensatz zur Administrativuntersuchung des VBS. Die Parallelität der Untersuchungen der GPDel und des VBS führte zu zahlreichen Verzögerungen und Doppelspurigkeiten und warf hinsichtlich der Abgrenzung der Verfahren heikle Probleme auf. Diese Probleme nahmen während der Arbeiten der GPDel zu und beeinträchtigten den Ablauf der parlamentarischen Untersuchung.

In ihrem Bericht vom 30. September 2003 beschreibt die GPDel im Detail die Beeinträchtigungen, welche auf die Administrativuntersuchung des VBS zurück zu führen sind. Die GPDel vertrat in ihren Schlussfolgerungen die Auffassung, dass die internen Administrativuntersuchungen den parlamentarischen Untersuchungen den Vortritt lassen müssen.

Aus diesem Grund beantragte die GPDel in ihrem Bericht, eine Regelung in das Parlamentsgesetz aufzunehmen, welche ­ wie es den parlamentarischen Untersuchungskommissionen bereits heute möglich ist (vgl. Art. 171 ParlG) ­ die GPDel ermächtigen würde, Administrativuntersuchungen zu verhindern oder zu unterbrechen, falls ein Zusammenhang zwischen diesen Untersuchungen und den Abklärungen der Delegation besteht.

Am 21. November 2003 beschloss die GPK-S, dem Antrag der GPDel Folge zu leisten. Die Kommission unterbreitete einen entsprechenden Entwurf einer Parlamentarischen Initiative (03.460), welche das Parlament einlädt, Artikel 154bis ParlG zu ändern. Die Beratungen dazu sind für die Sommerssession 2004 des Ständerates geplant.

10.1.3.2

Fernhaltemassnahmen gegen Ausländer, welche für die Sicherheit der Schweiz eine Gefahr darstellen

Während des Berichtszeitraums befasste sich die GPDel mit den verschiedenen politischen und verwaltungsrechtlichen Massnahmen, die dem Bund erlauben, den Aufenthalt von Personen oder Organisationen, welche die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz gefährden könnten, einzuschränken oder zu verhindern.

Unter den politischen Massnahmen sind die sich ummittelbar auf die Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101) stützenden Befugnisse des Bundesrates zu nennen. Unter Berufung auf Artikel 184 Absatz 3 und 185 Absatz 3 BV kann der Bundesrat Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit und zur Aufrechterhaltung der Aussenbeziehungen des Landes treffen.

Diese Massnahmen weisen zwei mögliche Formen auf: ­

allgemeine und abstrakte, auf dem Verordnungsweg erlassene Vorschriften (vgl. z.B. die Verordnung vom 7. November 2001 über das Verbot der Gruppierung «Al-Qaida» und verwandter Organisationen; SR 122),

­

konkrete Verfügungen (vgl. z.B. die Verfügung des Bundesrates aus dem Jahre 2001, mit welcher die Einreise von Ali Ahmeti und Xhavit Haliti ­ zwei für ihre Verbindungen zu extremistischen albanischen Gruppierungen bekannte Personen ­ in die Schweiz verboten wurde).

1740

Ausserdem kann der Bundesrat auf der Grundlage von Artikel 121 Absatz 2 BV Ausländerinnen und Ausländer aus der Schweiz ausweisen, wenn sie die Sicherheit des Landes gefährden. Solche Ausweisungen ­ sogenannte «politische Ausweisungen» ­ sind selten. Die beiden letzten Fälle gehen auf das Ende der 90-er Jahre zurück (Ausweisung von Ahmed Zaoui nach Burkina Faso, Ausweisung von Maurice Papon nach Frankreich).

Gegen Massnahmen, die der Bundesrat auf der Grundlage der Verfassung ergreift, kann keine Beschwerde erhoben werden; sie stellen eine Ultima ratio dar. Diese Massnahmen sind verfassungsmässig, wenn sie notwendig und dringend sind, sich wegen überwiegender öffentlicher Interessen rechtfertigen und dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit entsprechen.

Neben den politischen und den strafrechtlichen Massnahmen gibt es mehrere verwaltungsrechtliche Möglichkeiten, um Personen, die die Sicherheit der Schweiz gefährden könnten, von der Schweiz fernzuhalten: Bundesgesetz vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) Ausweisung

Art. 10 und 11 ANAG

Wegweisung (mit oder ohne Einreisesperre)

Art. 12 ANAG

Einreisesperre in die Schweiz

Art. 13 Abs. 1 ANAG

Erlöschen oder Widerruf der Aufenthaltsbewilligung

Art. 9 ANAG

Verordnung vom 14. Januar 1998 über Einreise und Anmeldung von Ausländerinnen und Ausländern (VEA; SR 142.211) Einreiseverweigerung

Art. 1, 14 und 15 VEA

Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG; SR 142.31) Asylunwürdigkeit

Art. 53 AsylG

Widerruf des Asyls

Art. 63 AsylG

Erlöschen des Asyls

Art. 64 AsylG

Ausweisung

Art. 65 AsylG

Bundesgesetz vom 29. September 1952 über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts (Bürgerrechtsgesetz, BüG; SR 141.0) Verweigerung der Einbürgerung

Art. 14 BüG

Nichtigerklärung der Einbürgerung

Art. 41 BüG

Bundesgesetz vom 21. März 1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS, SR 120) Meldungen und Auskünfte von Amtsstellen

Art. 13 BWIS

Informationsbeschaffung

Art. 14 BWIS

1741

Für ausländische Staatsangehörige, die Mitglieder des diplomatischen oder konsularischen Korps sind, gelten andere, auf den Wiener Übereinkommen beruhende Massnahmen (Art. 9 des Wiener Übereinkommens vom 18. April 1961 über diplomatische Beziehungen, SR 0.191.01; Artikel 23 des Wiener Übereinkommens vom 24. April 1963 über konsularische Beziehungen, SR 0.191.02). Diese Übereinkommen ermächtigen den Bund, dem Entsendestaat jederzeit ohne Angabe von Gründen mitzuteilen, dass ein Mitglied einer diplomatischen oder konsularischen Mission persona non grata ist oder ein anderes Mitglied des Personals der Mission ihm nicht genehm ist. Diese Erklärung kann vor dem Eintreffen des Bediensteten oder während des Aufenthalts in der Schweiz abgegeben werden.

Mit der Prüfung der Gesuche wird das EDA in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Polizei (BAP) beauftragt. In rund 1% der Fälle werden die von Diplomaten und internationalen Beamten in der Schweiz eingereichten Gesuche abgelehnt, beispielsweise wenn der diplomatische oder konsularische Vertreter verdächtigt wird, Spionagediensten anzugehören.

Zur Ausweisung eines amtierenden diplomatischen Vertreters kommt es seltener.

Die letzte Ausweisung geht auf das Jahr 1999 zurück.

Die GPDel hat die Probleme untersucht, die sich beim Vollzug der verschiedenen Massnahmen konkret stellen. Allgemein stellte sie fest, dass die Gesetzesgrundlagen ausreichen, um Personen, welche eine Gefahr für die Sicherheit der Schweiz darstellen, fernzuhalten. Ausserdem hat die GPDel Statistiken zu den laufenden Verfahren sowie detaillierte Informationen zu den Staaten und Organisationen erhalten, welche von den Staatsschutzbehörden aufmerksam beobachtet werden.

Weg- oder Ausweisungsmassnahmen sind in der Praxis nicht immer umsetzbar, insbesondere wenn die Weg- oder Ausweisungsverfügung wegen der Gefahr, die damit für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit des Betroffenen verbunden wäre, nicht vollzogen werden kann (Prinzip des Non-refoulement; Art. 25 Abs. 2 und 3 BV). Ist der Vollzug der Wegweisung nicht möglich, so gewährt das ANAG den fraglichen Personen den Sonderstatus der vorläufigen Aufnahme (Art. 14a­14c ANAG).

Die Einreisesperre (Art. 13 ANAG) stellt ein effizientes Mittel dar, um unerwünschte Personen an der Einreise in das Hoheitsgebiet der Eidgenossenschaft
zu hindern.

Die entsprechenden Einreisesperren werden vom Dienst für Analyse und Prävention (DAP) des BAP verhängt.

Eine Einreisesperre kann aus verschiedenen Gründen beschlossen werden: Mitgliedschaft in einer gewalttätigen Extremistenorganisation, Beteiligung in einer terroristischen Organisation oder Zugehörigkeit zu einem Nachrichtendienst. Die Einreisesperren sind grundsätzlich befristet. Für das Weltwirtschaftsforum von 2003 in Davos zum Beispiel verhängte das BAP für die Frist zwischen dem 15. und dem 29. Januar 2003 knapp 600 Einreisesperren. Sie werden im automatisierten Fahndungssystem der Polizei RIPOL registriert. Die Einreisesperren können angefochten werden.

Ausserdem haben die Polizei- und die Grenzkontrollstellen diejenigen Ausländer, deren Aufenthalt in der Schweiz die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden würde, an der Grenze zurückzuweisen (vgl. Art. 1 Abs. 2 Bst. a VEA).

Die Einreisesperre bietet insofern keine absolute Garantie, als die illegale Einreise in die Schweiz trotzdem nach wie vor möglich ist. Stellt z.B. eine mit Einreisesperren 1742

belegte Person, die unbemerkt in die Schweiz gelangen konnte, ein Asylgesuch, so kann sie bis Abschluss des Verfahrens in der Schweiz bleiben.

Nach Auffassung der GPDel reichen die derzeitigen Gesetzesgrundlagen aus und bieten eine angemessene Lösung, um die Sicherheit der Eidgenossenschaft zu gewährleisten.

10.1.3.3

Legendierung der Nachrichtenbeschaffer des Strategischen Nachrichtendienstes (SND)

Im Rahmen der Oberaufsicht über die Nachrichtendienste untersuchte die GPDel die Rechtsgrundlage und die Verfahren, nach denen den Nachrichtenbeschaffern des Strategischen Nachrichtendienstes (SND) eine Legende verliehen werden kann.

Durch die Gewährung einer Legende sollen die wahre Identität und die Funktion der Vertreter des SND in den Kontakten mit dem Ausland geheimgehalten werden.

Dabei handelt es sich auch um eine Schutzmassnahme für den Betroffenen selbst und seine Angehörigen.

Die Möglichkeit, SND-Vertreter mit Legenden auszustatten, besteht seit 1998. Die klare und präzise Rechtslage beruht auf Artikel 99 des Bundesgesetzes vom 3. Februar 1995 über die Armee und die Militärverwaltung (MG, SR 510.10), welcher die Aufgaben des Auslandnachrichtendienstes des Bundes festlegt.

Faktisch stellte die GPDel fest, dass der SND die Möglichkeit, Legenden zu verleihen, äusserst zurückhaltend nutzte. Mit einer Legende umzugehen erweist sich als äusserst komplex und setzt erhebliche Mittel voraus, z.B. um die verschiedenen Ausweise auszustellen, die für die Schaffung einer neuen Identität erforderlich sind (Pass, Führerschein, Kreditkarte usw.).

Der Vorsteher des VBS wird vom Direktor des SND jährlich über die Operationen, die mit Hilfe von Legenden durchgeführt werden, informiert. Der Vorsteher des VBS hat dem Sicherheitsausschuss des Bundesrates einmal jährlich Bericht zu erstatten.

Die GPDel stellte fest, dass der Sicherheitsausschuss des Bundesrates in fünf Jahren nie informiert worden war. Die GPDel forderte den Sicherheitsausschuss des Bundesrates auf, diesen Mangel so bald wie möglich zu beheben, was Anfang 2003 geschah.

10.1.3.4

Themen im Bereich innere Sicherheit

Wie jedes Jahr prüfte die GPDel den Jahresbericht Innere Sicherheit des Bundesamtes für Polizei (BAP). Ausserdem führte sie mit der Vorsteherin des EJPD Gespräche über die verschiedenen Probleme der inneren Sicherheit. Dabei kamen insbesondere der Menschenhandel, die Eskalation der Jugendgewalt, der Kampf gegen Gewaltpropaganda und die Risiken bestimmter ausländischer politischer Organisationen mit Aktivitäten in der Schweiz zur Sprache.

Die GPDel wurde des Weiteren vom Bundesanwalt und vom Chef der Bundeskriminalpolizei regelmässig über laufende Ermittlungen informiert. Sie führte auch einen Meinungsaustausch mit der gemäss Artikel des Bundesgesetzes vom 21. März 1997 1743

über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS, SR 120) eingesetzten konsultativen Sicherheitskommission durch.

Unter den von der GPDel untersuchten Themen im Bereich der inneren Sicherheit sind folgende zu erwähnen: ­

Bekämpfung der Internetkriminalität;

­

Zwischenbilanz der Operation GENESIS zur Bekämpfung der Kinderpornographie;

­

Aufgaben und Funktionen des Bundessicherheitsdienstes;

­

Massnahmen des Bundes zur Bekämpfung der Wirtschaftsspionage und ausländischer Extremistengruppen;

­

Legenden der verdeckten Ermittler (Art. 6 des Bundesgesetzes vom 20. Juni 2003 über die verdeckte Ermittlung, BVE, BBl 2003 4465, noch nicht in Kraft);

­

Stand der Arbeiten zu den beiden BWIS-Revisionen: 1. Bereich: Kampf gegen Rassismus, Hooliganismus und Gewaltpropaganda, 2. Bereich: Massnahmen betreffend Extremismus und Terrorismus;

­

Verkehr des DAP mit den ausländischen Sicherheitsbehörden (vgl. Art. 6 der Verordnung vom 27. Juni 2001 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit, VWIS; SR 120.2);

­

Beurteilung der Operationen und Fahndungsprogramme im Bereich Staatsschutz (Art. 14 Abs. 4 VWIS);

­

Überprüfung der Listen der Organisationen und Gruppierungen, deren Tätigkeiten von präventiven Massnahmen gemäss BWIS betroffen sind (Beobachtungslisten, siehe Art. 11 BWIS und Art. 17 VWIS);

­

Archivierung von klassifizierten Daten aus dem direkten Verkehr des DAP mit dem Ausland (vgl. Art. 21 VWIS);

­

Umsetzung der Personensicherheitsprüfungen (vgl. Verordnung vom 19. Dezember 2001 über die Personensicherheitsprüfungen, PSPV, SR 120.4);

­

Wirksamkeit der Verordnung vom 7. November 2001 betreffend die Ausdehnung der Auskunftspflichten und des Melderechts von Behörden, Amtsstellen und Organisationen zur Gewährleistung der inneren und äusseren Sicherheit (SR 120.1);

­

mutmassliche Tätigkeiten der türkischen Nachrichtendienste in der Schweiz;

­

Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten im Kampf gegen den Terrorismus;

­

Bewilligungsmodalitäten, nach welchen ein ausländischer Nachrichtendienst im Hoheitsgebiet der Eidgenossenschaft Operationen durchführen kann.

Daneben behandelte die GPDel die folgenden Berichte: ­

Inspektionsberichte und Jahresberichte des Inspektorates des EJPD-Generalsekretariats,

­

verschiedene Analyseberichte der Lenkungsgruppe Sicherheit,

1744

­

Jahresbericht der Bundesanwaltschaft an die Anklagekammer des Bundesgerichtes,

­

Revisionsberichte der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) über die Ausgaben des BAP im Bereich Staatsschutz.

10.1.3.5

Themen im Bereich äussere Sicherheit

Wie bereits in den Vorjahren führte die GPDel mit dem Vorsteher des VBS regelmässige Gespräche über die äussere Sicherheitslage. Dabei ging es insbesondere um die Organisation des G-8-Gipfels in Evian sowie um die Lage auf dem Balkan, im Nahen und im Mittleren Osten.

Daneben unterhielt sich die GPDel mit dem Präsidenten der Lenkungsgruppe Sicherheit und dem Nachrichtenkoordinator mehrmals über die Prioritäten des Bundes im Nachrichtenwesen. Diese Unterredungen drehten sich um die Massnahmen des Bundes vor der amerikanischen Militärintervention im Irak und um die Probleme mit der Nachrichtenkoordination. Die GPDel stellt fest, dass die Koordination der Nachrichtendienste Probleme bereitet; sie bleibt weitgehend zufällig und erfolgt dann vorwiegend auf einer informellen Stufe zwischen den einzelnen Mitarbeitern der verschidenen Dienste.

Unter anderem wurden folgende Themen behandelt: ­

Massnahmen des Bundes für die Bekämpfung der Proliferation von Massenvernichtungswaffen;

­

Überprüfung der zivilen Führungsinfrastrukturen des Bundesrates (einschliesslich eines Besuchs des Bunkers des Bundesrates);

­

Totalrevision der Verordnung über die Nachrichtendienste im Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VND; AS 2003 4001);

­

Zusammenarbeit des SND mit ausländischen Nachrichtendiensten (Art. 7 VND);

­

Archivierung von klassifizierten Unterlagen im SND (Art. 11 VND);

­

Bearbeitung von Personendaten und Datenschutz im SND (Art. 9 VND);

­

Überprüfung der vom SND zur Verbesserung der Analysequalität getroffenen Massnahmen;

­

Revision der Regelung über die finanziellen Kompetenzen des SND;

­

Informatiksicherheit und Schutz von Informationen in der Bundesverwaltung und im VBS;

­

Umsetzung des Berichts der GPDel über die Bellasi-Affäre;

­

Massnahmen des Bundes im Zusammenhang mit der Entführung von Schweizer Bürgern in Algerien.

1745

11

Verkehrspolitik

11.1

Untersuchung der Swissair-Krise

Die Folgen der Krise bei der Schweizerischen Fluggesellschaft Swissair für den Bund und insbesondere die vorübergehende Stilllegung des Flugbetriebs der Swissair am 2./3. Oktober 2001 veranlassten die GPK-S, eine Untersuchung zu eröffnen.

Die GPK-S richtete ihre Untersuchung auf mögliche Verantwortlichkeiten des Bundes aus und klärte die Wahrnehmung der Bundesaufsicht im Bereich der Zivilluftfahrt, die Rolle des Bundes als Aktionär und Mitglied des Verwaltungsrats der SAirGroup sowie das Verhalten von Bundesrat und Bundesverwaltung in der Swissair-Krise ab. Die GPK-S hat mit ihrer Untersuchung einen Beitrag geleistet zu einer kritischen Reflexion der Swissair-Krise, die zu einem finanziellen Engagement des Bundes von 2050 Millionen Franken führte. Bei ihren Abklärungen zog die GPK-S eine klare Grenze zu jenen Verfahren, die auf privatrechtliche oder strafrechtliche Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit der Swissair-Krise ausgerichtet waren.

Am 19. September 2002, also noch vor Ablauf eines Jahres seit dem Grounding der Swissair, konnte die GPK-S ihre Untersuchungsergebnisse präsentieren (BBl 2003 5403).

Betreffend die Aufsicht über die Zivilluftfahrt haben die Abklärungen der GPK-S ergeben, dass das schweizerische Recht bezüglich der Überprüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Inhabern einer Betriebsbewilligung unklar ist. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) ist einer restriktiven Auslegung gefolgt und hat der Überprüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nur sekundäre Bedeutung beigemessen. Die gesetzliche Regelung und die Umstände hätten es jedoch dem BAZL nicht erlaubt, der Swissair die Erneuerung der Betriebsbewilligung im Dezember 2000 zu verweigern oder die Betriebsbewilligung im Laufe des Jahres 2001 zu entziehen.

Zur Rolle des Bundes als Aktionär und Mitglied des Verwaltungsrats der SAirGroup konnte die GPK-S festhalten, dass die zuständigen Bundesorgane die Generalversammlung der SAirGroup vom 25. April 2001 sorgfältig und professionell vorbereitet haben. Mit der Einleitung der Sonderprüfung hat der Bund die notwendigen Massnahmen getroffen, um die Abklärung der Verantwortlichkeiten der Organe der SAirGroup in die Wege zu leiten. Davon abgesehen war der Einfluss des Bundes als Aktionär und Mitglied des Verwaltungsrats der SAirGroup gering. Eine mögliche
aktienrechtliche Verantwortlichkeit des Bundes sah die GPK-S im Zusammenhang mit den Entscheiden und der Umsetzung der Hunter-Strategie der SAirGroup. Eine Beurteilung dieser Frage hat sich auf die Ergebnisse der Untersuchung des Sachwalters zu stützen, welcher das Beratungsunternehmen Ernst&Young mit der Abklärung der Verantwortlichkeiten der Gesellschaftsorgane beauftragt hat. Ernst & Young hat seine Untersuchung am 20. Januar 2003 abgeschlossen.

Das Verhalten der Bundesorgane während der Swissair-Krise zeigte, dass der Bund es verpasst hat, bereits im Frühjahr 2001 Szenarien zu entwerfen für den Fall, dass die geplante Restrukturierung der SAirGroup scheitert. Denn bereits im Frühjahr 2001 hat der Bund die dramatische Lage der SAirGroup erkannt und einer nationalen Fluggesellschaft grosse volkswirtschaftliche sowie verkehrspolitische Bedeutung attestiert. In der sich dramatisch zuspitzenden Krise der SAirGroup im September 2001 wurde der Bund zunehmend in die Rolle eines nur noch reagierenden und nicht mehr agierenden Akteurs gedrängt. Trotzdem haben sich die Bundesorgane um 1746

verschiedene Lösungen bemüht, um eine Stilllegung des Flugbetriebs der Swissair zu verhindern. Eine Verantwortlichkeit des Bundes für die Stilllegung der SwissairFlotte ist nicht ersichtlich. Nach der Stilllegung des Flugbetriebs vom 2. Oktober 2001 hat sich der Bund professionell und mit ausserordentlichem Einsatz für den Aufbau einer neuen nationalen Airline eingesetzt.

Die Lehren für den Bund aus dem Fall Swissair sind nach Ansicht der GPK-S hauptsächlich auf der Ebene der Aufsicht und der Früherkennung zu ziehen. Im Bereich der Aufsicht über die Zivilluftfahrt sind die Voraussetzungen zu schaffen für eine qualifizierte Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Fluggesellschaften im Sinne der seit 1. Juni 2002 auch in der Schweiz anwendbaren EG-Regelung. Diese Regelung stellt erhöhte Anforderungen an die Überwachung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Bewilligungsinhabern. Der Bundesrat muss auch die Kriterien und Verfahrensschritte für den Entzug einer Betriebsbewilligung präzisieren. Im Bereich der Früherkennung von politisch wichtigen Ereignissen muss der Bund sodann seine Entscheidfindung rechtzeitig auf Szenarien von zukünftigen Entwicklungen ausrichten. Ausserdem sind die Bundesverwaltung und der Bundesrat noch vermehrt für die Früherkennung von potentiellen politischen Herausforderungen und Krisen zu sensibilisieren. Insbesondere im Bereich der Unternehmen von grosser oder systemischer Bedeutung für die Volkswirtschaft der Schweiz ist eine Früherkennung zu etablieren. Da rechtzeitiges und adäquates Handeln ebenso wichtig ist wie die Früherkennung, muss der Bund im Rahmen seiner Kompetenzen darauf hinwirken, dass die verantwortlichen Organe in der Privatwirtschaft rechtzeitig auf negative Entwicklungen hinweisen. Seinen Beitrag dazu kann der Bund leisten, indem er die Bestimmungen zur Rechnungslegung und Unternehmenskontrolle verschärft. Im Bereich der Zivilluftfahrt sollen Fluggesellschaften verpflichtet werden, finanzielle Schwierigkeiten der Aufsichtsbehörde zu melden.

Gestützt auf weitere Feststellungen, welche sie im Rahmen ihrer Untersuchung gemacht hat, forderte die GPK-S den Bundesrat auf, einzelne Fragestellungen im Luftrecht (Zuständigkeit für Streckenkonzessionen, Befristung der Betriebsbewilligungen) sowie im Sanierungsrecht (gesetzliche Interessenvertretung
im Sanierungsprozess, sanierungsfreundlichere Ausgestaltung des SchKG) zu prüfen. Ausserdem verlangte die Kommission, dass der Bundesrat eine neue Luftverkehrspolitik formuliert. Schliesslich empfahl die GPK-S dem Bundesrat, die internationalen Bemühungen der Flugindustrie zu unterstützen, die Flugpassagiere gegen die überraschende Stilllegung des Flugbetriebs einer Fluggesellschaft zu schützen.

Zur Verantwortung der privaten Akteure bemerkte die GPK-S, dass die SAirGroup ihre Probleme nur durch die Einleitung von radikalen Sanierungsmassnahmen ­ spätestens im Frühjahr 2001 ­ hätte lösen können.

Die parlamentarischen Vorstösse und Empfehlungen wurden vom Bundesrat in der Wintersession 2002 wohlwollend entgegen genommen. In seiner Stellungnahme vom 30. April 2003 (BBl 2003 4293) orientierte der Bundesrat über den Stand der Umsetzung der von der GPK-S vorgeschlagenen Massnahmen. Die GPK-S wird die weitere Umsetzung auch in Zukunft begleiten.

1747

11.2

Sicherheit in der Zivilluftfahrt

Die schweren Flugunfälle der vergangenen Jahre (Halifax, Nassenwil, Bassersdorf, Überlingen) haben die Sicherheit der schweizerischen Zivilluftfahrt in Frage gestellt.

Die GPK-S hat sich am Rande ihrer Untersuchung zur Swissair-Krise (vgl.

Kap. 11.1) mit Fragen der Sicherheitsaufsicht befasst. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema setzte Mitte 2003 ein, nachdem die Studie des niederländischen Luft- und Raumfahrtinstituts (NLR) vorlag. Das UVEK hatte diese externe Überprüfung veranlasst, um die Rollen und Verantwortlichkeiten aller an der Organisation der Luftfahrtsicherheit Beteiligten zu klären und die Schwachstellen in der Sicherheit der schweizerischen Zivilluftfahrt aufzuzeigen.

Die umfangreiche Analyse der NLR wies auf verschiedene Mängel in der Organisation und im Management der Sicherheit im Luftverkehr hin. Betroffen ist nicht nur die Bundesaufsicht, ein Teil der Empfehlungen des NLR-Berichts wendet sich auch an Skyguide, die Swiss und andere Fluggesellschaften sowie an die Landesflughäfen. Das UVEK leitete aufgrund der kritischen Ergebnisse der Studie umgehend Massnahmen zur Verbesserung der Sicherheit ein. Unter anderem setzte es einen Sicherheitsdelegierten ein, beschloss einen Aktionsplan und verstärkte die Aufsicht des Bundesamts für Zivilluftfahrt (BAZL). Die Sicherheit soll künftig nicht mehr nur punktuell beaufsichtigt, sondern als Gesamtsystem verstanden werden.

Die GPK-S stellte anlässlich von Anhörungen im September 2003 fest, dass wichtige Schritte zur Verbesserung der Sicherheitsorganisation in der Schweizer Luftfahrt eingeleitet wurden. Insbesondere begrüsste die Kommission, dass das UVEK seine Aufsicht über das BAZL verstärkte. Bereits im Bericht zur Swissair-Krise hat die GPK-S bemängelt, dass das UVEK seine Aufsichtsfunktion vorwiegend in reaktivem Sinne und zu zurückhaltend wahrnimmt (BBl 2003 5442 f.). Eine entscheidende Lücke in dieser Aufsicht wurde durch die Ernennung des LuftfahrtSicherheitsbeauftragten geschlossen. Die Entwicklung einer eigentlichen Sicherheitskultur auf allen Ebenen und bei allen Verantwortlichen ist Ziel verschiedener eingeleiteter Projekte, die im Jahre 2004 realisiert werden sollen. Die GPK-S wird die Umsetzung der Massnahmen zur Verbesserung der Sicherheit im Luftverkehr eng begleiten. In Quartalsberichten legt das UVEK gegenüber
der GPK-S bis auf weiteres Rechenschaft ab über die Fortschritte, Probleme bzw. allfällige Zwischenfälle bei der Modernisierung des Sicherheitsmanagements. Die GPK-S bezeichnete es als vordringlich, dass die Schweiz in diesem Bereich international wieder vorbildlich wird.

11.3

Angliederung des Büros für Flugunfalluntersuchung

Die GPK-N hat eine von Nationalrat Jacques Neirynck am 26. September 2002 eingereichte Parlamentarische Initiative (02.448) vorgeprüft. In ihrem Bericht vom 3. September 2003 beantragt die GPK-N, der Initiative keine Folge zu geben, reichte jedoch zur vertieften Abklärung der Problematik ein Postulat ein.

Die Initiative verlangt, die entsprechenden Gesetzesänderungen vorzunehmen, damit das Büro für Flugunfalluntersuchungen (BFU) aus dem UVEK ausgegliedert wird.

Als Begründung machte der Initiant vor allem Interessenkonflikte zwischen dem BFU und dem UVEK geltend.

1748

Die GPK-N verwies in ihrem Bericht auf frühere Abklärungen Ende der neunziger Jahre sowie auf die Untersuchung zur Swissair-Krise, bei welchen keine Anhaltspunkte für problematische Interessenkonflikte gefunden wurden. Die Kommission wies ferner auf die Ergebnisse der Gesamtüberprüfung der Sicherheitsaufsicht im Luftverkehr durch den NLR-Bericht (vgl. Kap. 11.2) hin. Diese schrieb dem BFU eine hohe Kompetenz bei der Untersuchung und Analyse von Unfallursachen und Vorfällen zu. Der NLR-Bericht bestätigte an mehreren Stellen die Unabhängigkeit des BFU. Die GPK-N erinnerte im Weiteren daran, dass die Angliederung des BFU an das Generalsekretariat des UVEK lediglich administrativer Natur ist und das BFU in seiner fachlichen Arbeit unabhängig ist. Weltweit gesehen sind Pendants zum schweizerischen BFU in den meisten Staaten dem Verkehrsministerium zugeordnet.

Allerdings besteht ein Problem in der schwachen Stellung des BFU, welche jedoch nicht von seiner administrativen Zuordnung herrührt, sondern sich aus der Regelung des Verfahrens und der Berichterstattung ergab. Das UVEK hat bereits die nötigen Massnahmen getroffen, um den bisher mässigen Einfluss des BFU auf die Sicherheit in der Zivilluftfahrt zu verbessern.

Weil die Organisation und das Management der Luftfahrtsicherheit grundsätzlich überprüft werden, ersuchte die GPK-N den Bundesrat in Form des Postulats, in diesem Rahmen auch die Angliederung des BFU kritisch zu überprüfen. Die Initiative und das Postulat werden voraussichtlich in der Frühjahrssession 2004 im Nationalrat behandelt.

12

Ausländer- und Asylpolitik

12.1

Rückführungspraxis im Asylbereich

Im vergangenen Tätigkeitsbericht (BBl 2002 5993) wurde darüber informiert, dass die GPK-N eine vergleichende internationale Studie zur Rückführungspraxis angeregt hat. Auf Ende 2002 überwies das EJPD der GPK-N die internationale Vergleichsstudie «study on return ­ a Swiss perspecitve» des Internationalen Zentrums für Migrationspolitik in Wien (ICMPD). Ebenso stellte das Bundesamt für Flüchtlinge (BFF) der GPK-N den Bericht 2002 zur aktuellen Situation im Bereich Rückkehr zu.

Die GPK-N befasste sich Ende März 2003 mit den genannten Berichten zur Situation im Bereich Rückkehr.

Die GPK-N konnte feststellen, dass es keineswegs nur in der Schweiz schwierig ist, Asylbewerber nach Ablehnung ihres Gesuchs zur Ausreise zu bewegen. Die Studie über das Vorgehen von elf europäischen Staaten (Schweiz, Italien, Deutschland, Österreich, Frankreich, Spanien, Grossbritannien, Belgien, die Niederlande, Dänemark und Schweden) zeigte, dass die Schweiz über ein gut entwickeltes Instrumentarium verfügt, dass es aber auch andere taugliche Mittel gibt.

Fast durchwegs lässt sich feststellen, dass deutlich weniger Personen ausreisen, als dazu verpflichtet wären. Es liess sich auch feststellen, dass kaum klare Daten zur Gesamtdauer der Asylverfahren vorliegen. Die Studie vermerkt kritisch, dass die Schweiz mit der Differenzierung der Aufenthaltskategorien die Übersichtlichkeit und somit die Rückkehrpolitik beeinträchtigt.

1749

Die Konzepte der Rückkehrpolitik bestehen in positiven oder negativen Anreizen, aber auch mit Druck und Zwangsmitteln werden die Ausreiseverfügungen vollzogen. Die Inhaftierung mit Blick auf eine Rückschiebung ist dabei besonders verbreitet. Je nach Land unterschiedlich sind die registrierten Rückführungen bzw. die unkontrollierten Ausreisen (Untertauchen im Land inbegriffen).

Auch das Problem, dass Weggewiesene durch Verschweigen oder Verfälschen ihrer Personalien die Rückschiebung stark erschweren, ist nicht auf die Schweiz beschränkt. Die Studie zieht die Wirksamkeit der meisten Methoden, um unkooperative Weggewiesene zur Rückkehr zu bewegen, in Zweifel. Mit dem Beizug von Experten aus den Herkunftsländern, Sprachanalysen, Heimatkundetests usw. werden allerdings gute Erfahrungen gemacht, auch in der Schweiz.

Die Programme der Schweiz, welche die Rückkehr und Wiedereingliederung unterstützen, erhalten im Bericht des ICMPD viel Lob. Der Erfolg dieser Programme hängt aber stark von der Lage der Emigranten und den Verhältnissen in ihrem Land ab.

Zusammenfassend wird der Schweiz eine differenzierte Organisation des ganzen Vollzugs attestiert, doch besteht ein Spielraum zu weiterer Effizienzsteigerung.

In diesem Zusammenhang informierte die Vorsteherin des EJPD die GPK-N anlässlich der Beratung des Geschäftsberichts des Bundesrates für das Jahr 2002 auch über die Probleme, die sich beim Abschluss der Rückübernahme- und Transitabkommen stellen.

12.2

Schweizerische Asylrekurskommission

Die zuständige Subkommission der GPK-N hat am 3. Juli 2002 die Schweizerische Asylrekurskommission (ARK) besucht und verschiedene Themen diskutiert. Sie befasste sich u. a. mit dem Arbeitsklima innerhalb der ARK, das von verschiedenen Richtern der ARK gegenüber Mitgliedern der GPK-N als schlecht bezeichnet wurde.

Die Subkommission unterhielt sich anlässlich des Dienststellenbesuchs auch mit einer Vertretung des Personals. Der GPK-N wurde dabei versichert, dass keinerlei ausserordentliche Probleme bestehen, die nicht innerhalb der ARK gelöst werden können. Thematisiert wurden auch die Übergangsprobleme bis zur Inbetriebnahme des Bundesverwaltungsgerichts. Die ARK betonte, dass die Anstellungsbedingungen für das neue Gericht frühzeitig Konturen annehmen und dass das Wahl- und Ernennungsverfahren frühzeitig durchgeführt werden muss, um grössere Fluktuationen zu verhindern und das Funktionieren der Rechtsprechung im Asylbereich zu gewährleisten. Die GPK-N erkannte in diesem Bereich ein grosses Risiko für Verunsicherungen innerhalb der ARK, die auch die Geschäftsführung und das Ziel der beförderlichen Erledigung der Pendenzen beeinträchtigen könnten.

Die GPK-N gab ihrer Sorge über die hohe Anzahl der Pendenzen bei der ARK gegenüber der Vorsteherin des EJPD Ausdruck. Sie gab zu Bedenken, dass im herrschenden Umfeld (Schaffung eines Bundesverwaltungsgerichts, Zunahme der Asylgesuche, Entscheidkompetenzen der Empfangsstellen im Rahmen des Projekts «Duo», Asylinitiative der SVP usw.) sich die Lage betreffend die Pendenzen rasch verschlechtern kann. Sie teilte der Vorsteherin des EJPD mit, dass aus politischen und humanitären Gründen die heutige Lage und die möglichen Szenarien ernst

1750

genommen werden müssen und forderte sie auf, entsprechende Massnahmen zu treffen.

In ihrer Antwort vom November 2002 signalisierte die Vorsteherin des EJPD der GPK-N, dass sie einer Personalaufstockung von 20 Stellen zugestimmt habe, nachdem seit Juli 2002 die Eingänge bei der ARK deutlich zugenommen hatten und mittelfristig aufgrund der Prognosen des BFF auf hohem Niveau verbleiben werden.

Im Rahmen dieser Personalaufstockung hatte die Vorsteherin des EJPD berücksichtigt, dass mit der Übertragung der Aktivitäten der ARK an das Bundesverwaltungsgericht auch die Personalfluktuation ansteigen dürfte. Gleichzeitig zur personellen Aufstockung prüft die ARK Massnahmen, um die Verfahren schneller zu erledigen.

Die gesetzlichen und anderen Rahmenbedingungen engen indessen den Handlungsspielraum ein und Massnahmen können lediglich prozessunterstützenden Charakter haben.

Die GPK-N verfolgt die Entwicklungen innerhalb der ARK, insbesondere unter dem Blickwinkel der Realisierung des Bundesverwaltungsgerichts, weiter.

13

Kulturpolitik

13.1

Schweizerisches Landesmuseum

Das Schweizerische Landesmuseum (SLM) wurde 1898 in Zürich eröffnet. Hundert Jahre später wurde eine Westschweizer Zweigstelle im Schloss Prangins (Kanton Waadt) in Betrieb genommen. Zudem besitzt das SLM sechs Aussenstellen. Zurzeit liegt beim Parlament eine Gesetzesvorlage, die das SLM in eine öffentlich-rechtliche Stiftung umwandeln will. Die Stiftung soll vom Bund mittels Leistungsauftrag gesteuert werden. Von der neuen Rechtspersönlichkeit und der strategischen Führung verspricht sich der Bundesrat eine vermehrte Ausrichtung auf die Besucher und eine Steigerung des Geschäftspotentials und der finanziellen Mittel. Im Zuge dieser rechtlichen und organisatorischen Neuorientierung will sich das SLM auch inhaltlich neu orientieren. Das neue Museumskonzept baut vermehrt auf Sonderausstellungen, Events und Rahmenveranstaltungen.

Im Umfeld dieser Veränderungsprozesse gab es kritische Stimmen, die sich auch bei den GPK bemerkbar machten. Die GPK-N hat deshalb in einer Umfrage bei der jeweiligen Leitung der verschiedenen Museen des SLM erhoben, wie Fragen der Führung, der Kommunikation, des Personals, der finanziellen Ressourcen sowie des Museumskonzepts beurteilt werden. Ausserdem hat sie in Prangins einen Dienststellenbesuch vorgenommen. Die GPK-N erkannte, dass die Kommunikation zwischen den Aussenstellen und dem Hauptsitz des SLM nicht in allen Fällen optimal spielte.

Im Weiteren stellte sie fest, dass der administrative Aufwand in den letzten Jahren markant zugenommen hat. Nach Ansicht der GPK-N darf dies nicht dazu führen, dass der fachliche Auftrag des SLM vernachlässigt wird. Auch die Autonomie der einzelnen Museen wird unterschiedlich wahrgenommen. Die mittel- und langfristige Planung wird unter der Verselbständigung des SLM eine grosse Herausforderung sein.

Für die GPK-N steht fest, dass sich das SLM den neuen Herausforderungen stellen und das Museumskonzept den heutigen Anforderungen anpassen muss. Der Bundesrat zeigt in seiner Botschaft zum Bundesgesetz über die Stiftung Schweizerisches Landesmuseum auf, dass die Anziehungskraft der Dauerausstellungen im Lan1751

desmuseum langfristig abnimmt (BBl 2002 547). Wie die Chancen des neuen Museumskonzepts bedürfen auch die Risiken einer differenzierten Betrachtung. Die neuere gesellschaftliche Entwicklung führt dazu, dass viele Sammlungen gefährdet sind (BBl 2002 548). Die notwendige Neuausrichtung des SLM darf nicht zur Folge haben, dass die Kernaufgaben des Museums (Sammlung, Konservierung, Restaurierung, Ausstellung) vernachlässigt werden. Es geht darum, ein Gleichgewicht zu finden zwischen diesen Aufgaben und der Ausrichtung eines Museums als Attraktionspunkt für das breite Publikum.

Angesichts der grossen Veränderungsprozesse ist besonders wichtig, dass der internen Kommunikation hohe Aufmerksamkeit geschenkt wird. Die GPK-N ist sodann der Auffassung, dass der Stellung von Prangins als Standort des Landesmuseums in der Westschweiz besonders Rechnung zu tragen ist.

Die GPK-N hat ihre Eindrücke und Schlussfolgerungen in einem Bericht zuhanden des Vorstehers des EDI zusammengefasst, der seinerseits anfangs 2004 dazu Stellung nehmen wird.

14

Umweltpolitik

14.1

Landschaftsschutz

Die GPK-N hat im Rahmen einer Evaluation der Parlamentarischen Verwaltungskontrollstelle (PVK) eine Erfolgskontrolle des Bundesinventars der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN) vorgenommen.

Das 1977 in Kraft getretene BLN ist ein wichtiges Instrument der Landschaftsschutzpolitik, das als erstes Bundesinventar in das Natur- und Heimatschutzgesetz vom 1. Juli 1966 Eingang gefunden hat. Das Ziel des BLN besteht in der ungeschmälerten Erhaltung oder doch grösstmöglichen Schonung der 162 inventarisierten Objekte. Das BLN hat somit nicht zum Ziel, jeglichen menschlichen Eingriff zu verhindern, sondern vielmehr allfällige Eingriffe mit besonderer Sorgfalt zu prüfen.

Die Ergebnisse der Evaluation der PVK (vgl. auch Anhang 1) hinterlassen eine eher bescheidene Erfolgsbilanz des BLN. Vor allem im Zeitraum der achtziger Jahre lassen die Fallstudien unerwünschte Eingriffe im Sinne der Schutzziele des BLN erkennen. Die Entwicklung in den neunziger Jahren erwies sich gemäss PVK weiterhin als problematisch. In knapp ? der analysierten Fälle wurde das Schutzziel nicht erreicht. Das Ausmass der Wertverminderung war aber im Vergleich zu den achtziger Jahren tendenziell reduziert. Allerdings lässt sich eine solche Trendwende gemäss den Studien der PVK namentlich bei den Einzelgebäuden und den flächendeckenden Siedlungen nicht ausmachen. Bei der Umsetzung der BLN-spezifischen Schutzbestimmungen im Rahmen der Erfüllung von Bundesaufgaben stellt die PVK gegenüber den achtziger Jahren eine Verbesserung fest. Die inhaltliche Qualität der Behördenentscheide ist mehrheitlich zufrieden stellend. Dass die PVK trotz der festgestellten Verfahrensverbesserungen auf der Stufe Bund zu kritischen Ergebnissen der Erfolgskontrolle des BLN kam, erklärt der Bericht der PVK durch die nach wie vor bestehenden Schwächen der Verfahren auf Bundesebene und vor allem durch den Einfluss kantonaler und kommunaler Entscheide auf das BLN.

1752

Die GPK-N präsentierte in ihrem Bericht vom 3. September 2003 Vorschläge, um das Instrument des BLN auf Bundesebene zu optimieren, wobei der föderalistischen Ausrichtung des Natur- und Heimatschutzes Rechnung zu tragen ist. Der Vollzug des BLN soll in erster Linie durch eine Überprüfung und Präzisierung der gebietsspezifischen Schutzziele erleichtert werden. Um Akzeptanz bei den Vollzugsbehörden zu schaffen, müssen die Kantone und Gemeinden sich am Prozess der Zielfestlegung und -präzisierung ausreichend beteiligen können. Zweitens muss das BLN besser in die übrigen raumwirksamen Politikbereiche eingebunden werden. Dies bedingt eine verstärkte Koordination der Instrumente sowie eine intensivere Zusammenarbeit der zuständigen Vollzugsbehörden. Drittens kann die Integration des BLN auch durch eine adäquate Information und Öffentlichkeitsarbeit gefördert werden. Noch vermehrt ist auf die Bedeutung des BLN für die regionale Raumentwicklung, die lokale Wirtschaft und den naturnahen Tourismus hinzuweisen.

Die GPK-N hat ihren Bericht samt Empfehlungen dem Bundesrat überwiesen.

Dieser hat Ende 2003 dazu Stellung genommen.

15

Gesellschaftspolitik

15.1

Koordination der Tätigkeiten des Bundes im Bereich «Sekten»

Die GPK-N hat bereits in den Tätigkeitsberichten 2000/2001 und 2001/2002 über ihre Arbeiten betreffend «Sekten» berichtet (BBl 2001 5586 und BBl 2002 5967).

Im Nachgang zu einem Inspektionsbericht der GPK-N vom 1. Juli 1999 zum Thema «Sekten» und vereinnahmende Bewegungen in der Schweiz (BBl 1999 9884) forderte die GPK-N den Bundesrat mit Schreiben vom 19. Oktober 2001 im Zusammenhang mit «Sekten» oder vereinnahmenden Bewegungen auf, ­

die Koordination unter den Bundesstellen zu verbessern und zu den kantonalen Stellen zu institutionalisieren,

­

im Bereich der Information eine gemeinsame Plattform mitzugestalten, die bestehende (und künftige) regionale Informationsstellen berücksichtigt, und

­

im Rahmen allfälliger Nationaler Forschungsprogramme Forschungsprojekte zu allgemeinen Religionsfragen zu lancieren.

Gemäss der zweiten Stellungnahme des Bundesrats vom 30. September 2002, beauftragte der Bundesrat die Bundeskanzlei, die Koordination unter den Bundesstellen sicherzustellen. Zu diesem Zweck ist sie gegenwärtig daran, ein verwaltungsinternes Netzwerk aufzubauen, über welches hängige Fragen bearbeitet und die nötigen Kontakte vermittelt werden. Im Übrigen ist geplant, dass die an diesem Netzwerk Beteiligten sich regelmässig treffen, um mögliche Probleme und Themenbereiche zu besprechen. Die zuständige Stelle in der Bundeskanzlei wird auch die Koordination zu den Kantonen institutionalisieren. Betreffend eine gemeinsame Plattform im Bereich der Information ist der Bundesrat bereit, auch hier koordinierend zu wirken, ist aber auf die Mitarbeit der Kantone, Städte und Agglomerationen angewiesen. Die Koordinationsstelle in der Bundeskanzlei beabsichtigt, ein Inventar der Beratungsund Auskunftsstellen zu führen und auf Internet abrufbar zu machen. In Bezug auf mögliche Forschungsprojekte erklärte der Bundesrat, es seien zurzeit keine solchen zum Thema Sekten geplant.

1753

Die GPK-N wird sich über die Umsetzung der in die Wege geleiteten Massnahmen in der Bundeskanzlei weiterhin informieren lassen.

16

Weitere Schwerpunkte

16.1

Geschäftsbericht 2002 des Bundesrats

Wie jedes Jahr üblich, haben die GPK auch im Mai 2003 mit allen Mitgliedern des Bundesrats und mit der Bundeskanzlerin die Geschäftsführung des vergangenen Jahres eingehend diskutiert. Anlässlich dieser Prüfung des Geschäftsberichts des Bundesrats kontrollierten die GPK ebenfalls den Stand der Erledigungen der Motionen, Aufträge und Postulate, welche die Räte vor mehr als vier Jahren überwiesen hatten. Ebenso prüften die GPK die Anträge des Bundesrats zur Abschreibung von erfüllten oder seit über vier Jahren hängigen Vorstössen.8 Das Inkrafttreten des neuen Bundesgesetzes vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (ParlG) bringt Änderungen im bisherigen Kontrollverfahren und die GPK haben somit dieses Jahr zum letzten Mal den Umsetzungsstand der Vorstösse geprüft. Die GPK stimmten allen im Bericht des Bundesrats gemachten Abschreibungsvorschlägen zu und schlugen den eidgenössischen Räten vor, sämtliche Vorstösse abzuschreiben, die vor der letzten Legislaturperiode, d.h. vor der Wintersession 1999, überwiesen wurden. Die Räte stimmten in der Sommersession 2003 diesem Vorschlag der GPK zu. Für die GPK ist dieses Vorgehen einmalig und diente hauptsächlich dazu, für die Umsetzung des neuen Parlamentsgesetzes günstige Rahmenbedingungen zu schaffen. Auch sollten damit der Bundesrat und seine Verwaltung von gewissen parlamentarischen Aufträgen, die keine Priorität mehr haben, entlastet werden.

Betreffend die Prüfung des Geschäftsberichts befassten sich die GPK mit einer ganzen Bandbreite von Themen. Um sich eine Vorstellung dieser Vielfalt machen zu können, sei hier eine Auswahl dieser Themenbereiche erwähnt: Im Gebiet der Aussenpolitik wurde unter anderem Folgendes besprochen: Europapolitik, genauer die Auswertung der ersten Erfahrungen mit den bilateralen Abkommen, die transatlantischen Beziehungen und der internationale Kampf gegen den Terrorismus. Der Vorsteher des VBS wurde zu friedensfördernden Auslandeinsätzen der Armee befragt und der Vorsteher des UVEK nahm zu Fragen betreffend Sicherheit der Zivilluftfahrt im Zusammenhang mit den verschärften Flugbeschränkungen Deutschlands von und nach Zürich Stellung. Im Falle des EJPD haben sich die GPK für folgende Themen interessiert: Rückführungen von abgewiesenen Asylbewerbern, Pendenzen und Verfahrungsdauer in der Asylrekurskommission und der
Stand der Vorbereitungen zur Schaffung des Bundesstrafgerichts in Bellinzona sowie des Bundesverwaltungsgerichts in St. Gallen. Im Bereich der Finanzpolitik gab u.a. die Optimierung des Vollzugs des Geldwäschereigesetzes und die «integrierte Finanzmarktaufsicht» Anlass zu Fragen. Der Vorsteher des EVD wurde zur Kriegsmaterialausfuhr und zur offiziellen Einfrierung von Guthaben des irakischen Staates und irakischer Firmen befragt. In der Innenpolitik interessierten das Krisenmanagement betreffend SARS (schweres akutes respiratorisches Syndrom) und die Vollzugsprob8

Geschäftsbericht 2002. Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahre 2002.

Zusatzbericht der Geschäftsprüfungskommissionen zuhanden der eidgenössischen Räte, vom 23. Mai 2003 (BBl 2003 6845).

1754

leme bei der Gesundheitsstatistik. Die Bundeskanzlerin wurde zum Datenschutz und zum «Agenda-Setting» bei Volksabstimmungen befragt.

Zusätzlich zu diesen departementsabhängigen Fragen, haben die GPK Querschnittsthemen diskutiert wie die Beurteilung des Nutzens des Nachrichtendienstes, das interne Controlling beim öffentlichen Beschaffungswesen und die Wirksamkeit des Exportförderungssystems.

Aus der Vielzahl der besprochenen Themen seien nachfolgend einige herausgegriffen und näher dargestellt.

­

Kriegsmaterialausfuhr: Die Kriegsmaterialausfuhr erlangte Anfang 2003 mit Beginn des Krieges im Irak besondere Brisanz und wurde eingehend mit dem Vorsteher des EVD sowie auch mit dem Bundespräsidenten besprochen. Im Vorfeld hatten sich auch die zuständigen Subkommissionen beider GPK damit beschäftigt.

Die GPK interessierten sich für die Überlegungen des Bundesrats bei der Interessenabwägung in seiner Bewilligungspolitik im Bereich der Kriegsmaterialausfuhr. Gemäss Artikel 1 des Kriegsmaterialgesetzes sind die internationalen Verpflichtungen der Schweiz, die aussenpolitischen Grundsätze und die Aufrechterhaltung einer der Landesverteidigung angepassten industriellen Kapazität zu berücksichtigen. Des Weiteren spielen auch volkswirtschaftliche Überlegungen eine Rolle.

Auch im Plenum des National- und Ständerats wurde diese Frage aufgenommen und einige Parlamentsmitglieder wiesen auf die, in diesem Falle, problematische Vereinbarung der Neutralitätspolitik und der Kriegsmaterialausfuhr hin.

Im Gespräch mit dem Vorsteher des EVD zeigte sich, dass der Bundesrat eine ähnliche Interessenabwägung vollzogen hatte, wie er dies im Fall des Kosovokrieges getan hatte. Auch dort hatte eine Partei ohne Mandat des UNO-Sicherheitsrats gehandelt und die Schweiz wandte das Neutralitätsrecht an. Dieses Neutralitätsrecht verbietet Waffenlieferungen nicht grundsätzlich, aber es verlangt eine Gleichbehandlung der Kriegsparteien. Im Falle von Irak war dies in dem Sinne hinfällig, als dass ein Waffenembargo gegenüber dem Irak bestand. Abzuwägen war also, ob man auch auf Waffenlieferungen in die Vereinigten Staaten verzichten sollte oder nicht.

Es stellte sich heraus, dass der Bundesrat bei dieser Entscheidung vor allem die einer Aufrechterhaltung der Landesverteidigung angepasste industrielle Kapazität und die volkswirtschaftlichen Überlegungen stark gewichtet hatte.

Der Bundesrat fällte seine Entscheidungen auf drei verschiedenen Ebenen; Waffenexporte des Bundes, Waffenexporte von privaten Firmen, wo der Bund als Hauptaktionär agiert (zum Beispiel RUAG) und Waffenexporte von privaten Firmen.

Was die Waffenexporte des Bundes (Altmaterial der Schweizer Armee) angeht, hat der Bundesrat alle Exporte ausnahmslos gestoppt. Die Firma RUAG und andere private Firmen jedoch ­ und hier kommen die Interessen einer der
Aufrechterhaltung der Landesverteidigung angepassten industriellen Kapazität und die volkswirtschaftlichen Interessen zum Zuge ­ konnten unter strikten Auflagen gewisse Objekte weiterhin exportieren. Bei diesen Objekten handelte es sich um Flugzeugteile, die man für Militärflugzeuge 1755

verwendet, die vor 2 bis 3 Jahren nicht einsatzfähig sein werden. Es bestand also keine Gefahr, dass die Vereinigten Staaten dieses Material direkt in einer Kampfzone einsetzen würden.

­

Die GPK äusserten ihre Bedenken, denn genau evaluieren wie lange ein Krieg dauern und wann das Material genau eingesetzt wird, könne man nie.

Es wurde also die Frage gestellt, ob es nicht sinnvoller wäre, die Kriegsmaterialausfuhr ganz zu stoppen. Ebenso empfanden es die GPK als wichtig, darauf hinzuweisen, dass grosse Teile der Schweizer Bevölkerung Schwierigkeiten hatten, zu verstehen, weshalb der Bundesrat Flugzeugteile exportieren liess, aber gleichzeitig das Überfliegen des Schweizerischen Luftraums verboten war. An diesem Punkt hakte auch der Nationalrat während der Sommersession 2003 ein und beanstandete das Handeln des Bundesrats.

Der Nationalrat kritisierte einerseits die Lieferung dieser Flugzeugteile während des Krieges und verwies auf die Abhängigkeit der Schweiz gegenüber ihrem Vertragspartner, den Vereinigten Staaten. Andererseits stellte der Nationalrat auch die sofortige Wiederaufnahme von Kriegsmaterialexporten nach Ende der Kriegshandlungen in Frage.

Der Vorsteher des EVD erklärte das Verhalten des Bundesrats durch das Interesse an einer der Aufrechterhaltung der Landesverteidigung angepassten industriellen Kapazität und durch volkswirtschaftliche Überlegungen.

Auch wenn das Exportvolumen volkswirtschaftlich kein sehr wichtiger Faktor sei, handle es sich um ein beschäftigungspolitisch brisantes Segment, da ziemlich viele Firmen davon betroffen seien. Die schweizerische Waffenindustrie sei in den letzten Jahren bedeutend zurückgegangen. Wenn die Schweiz jedoch eine gewisse Unabhängigkeit in Sachen Kriegsmaterial behalten wolle, müsse die Regierung dafür sorgen, dass diese Firmen Überlebenschancen haben. Der Bundesrat sei der Meinung, dass wer neutral sein will, seine Unabhängigkeit unbedingt wahren müsse und eine Unterbindung der Kriegsmaterialausfuhr unrealistisch sei.

Die GPK stimmten mit dem Vorsteher des EVD überein, dass die Neutralitätspolitik in Bezug auf Kriegsmaterialausfuhr auch in Zukunft überdenkt werden muss (vgl. auch Kap. 6.2).

­

Schaffung des Bundesstrafgerichts in Bellinzona und des Bundesverwaltungsgerichts in St.Gallen: Die GPK hatten die Möglichkeit, sich mit der Vorsteherin des EJPD eingehend über die Schaffung der unterinstanzlichen Bundesgerichte zu unterhalten. Die Kommissionsmitglieder interessierten sich für organisatorische Fragen und vor allem auch für die finanziellen Aspekte. Dieser Diskussion vorausgegangen war der Entscheid des Parlaments, entgegen dem Antrag des Bundesrats, der auf die Standorte Freiburg und Aarau gesetzt hatte, die neuen Gerichte in Bellinzona resp. in St. Gallen anzusiedeln.

Was organisatorische Fragen betreffe, versicherte die Bundesrätin den GPK ein gutes Voranschreiten der Arbeiten. Die Gerichtskommission tage bereits und auch die Stellenausschreibung für neue Mitarbeiter habe bereits stattgefunden. Im Gespräch mit der Vorsteherin des EJPD, sowie auch später in den Diskussionen des Nationalrats, überwiegten die finanziellen Fragen.

1756

Es interessierte die GPK, ob die Kantone Tessin und St. Gallen die Zusicherungen, die sie bei der Standortfrage gemacht hatten, auch einhalten würden.

Das Parlament und auch der Bundesrat waren gemäss dem Prinzip von «Treu und Glaube» davon ausgegangen, dass die neu gewählten Standortkantone die mit den Kantonen Freiburg und Aarau abgemachten Bedingungen einhalten würden.

Die Bundesrätin berichtete von einem Treffen mit den neuen Standortkantonen, an dem sich die Kantone Tessin und St. Gallen bereit erklärt hatten, einen angemessenen finanziellen Beitrag zu leisten. Sie betonten dennoch klar, dass dies auf freiwilliger Basis geschehe und kein gesetzlicher Anspruch bestehe. Zudem existiere im Kanton St. Gallen ein Finanzreferendum bei 15 Millionen, was eine nicht zu unterschätzende politische Hürde repräsentiere. Über eine konkrete Beteiligung werde schliesslich erst diskutiert, wenn das EJPD die konkreten Bauvorhaben und Kosten kennt. Die Bundesrätin äusserte sich enttäuscht über diese Zusammenkunft und forderte das Parlament auf, den betroffenen Kantonen nahe zu legen, dass man immer davon ausgegangen sei, dass die Beteiligung an den Kosten gewährleistet sei. Sie verwies auch auf das Bundesgesetz über den Sitz des Bundesstrafgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts, in welchem der Bundesrat per Gesetz ermächtigt wurde, mit den Kantonen Tessin und St. Gallen einen Vertrag über die finanzielle Beteiligung der neuen Gerichte abzuschliessen.

In diesem Sinne gehe es nicht an, dass die Kantone Tessin und St. Gallen auf die Freiwilligkeit ihrer Beiträge verwiesen.

Die GPK hoben an diesem Punkt ihre wichtige Rolle der parlamentarischen Oberaufsicht hervor. Sie entschieden, dieses Geschäft weiterzuverfolgen und ermunterten die Bundesrätin, hart zu bleiben und dafür zu sorgen, dass die mit den nichtberücksichtigten Kantonen Freiburg und Aargau abgemachten Bedingungen und somit auch der Wille des Parlaments durchgesetzt werden.

Der Aussprache zum Geschäftsbericht folgte ein Briefwechsel zwischen der Vorsteherin des EJPD, den GPK, dem Justiz- und Polizeidepartement des Kantons St. Gallen und der Gerichtkommission. Die Vorsteherin des Justizund Polizeidepartements des Kantons St. Gallen verdeutlichte in ihrem Schreiben, dass der Kanton St. Gallen bereit sei, an den Bau des neuen Bundesverwaltungsgerichts
einen angemessenen Standortbeitrag zu leisten. Der Kanton St. Gallen sei gewillt, das Bundesverwaltungsgericht in gutem Einvernehmen mit den Bundesbehörden zu realisieren. Auch die Gerichtskommission drängte in ihrem Schreiben auf einen möglichst schnellen Abschluss der Verhandlungen mit den Kantonen Tessin und St. Gallen, damit den Wahlen in die Bundesgerichte nichts mehr im Wege steht (vgl.

auch Kap. 7.3).

­

Wirksamkeit des neuen Exportförderungssystems: Die GPK behandelten dieses Thema der Exportförderung mit der Vorsteherin des EDA sowie mit dem Vorsteher des EVD. Anlass zu dieser Befragung gab einerseits die Botschaft des EVD über den «Finanzierungsbeschluss Exportförderung 2004­2007», in welchem dem Parlament zum ersten Mal eine Gesamtübersicht über sämtliche Bundesinstrumente im Bereich Aussenhandelsförderung vorgelegt worden war. Andererseits hatte sich auch die zuständige Subkommission der GPK-S mit diesem Thema beschäftigt. Beide Bundesräte wurden darauf hingewiesen, dass sich die heutige Organisation der Export- und Standort1757

förderung sehr unübersichtlich zeigt. Aus der Sicht der exportwilligen Firmen und Investoren erweckt die Vielzahl von staatlichen sowie auch privaten Akteuren Unsicherheiten darüber, wer nun der richtige Ansprechpartner ist und was die konkret zur Verfügung stehenden Förderungsmassnahmen sind. Nach Aussen hin fehlen Transparenz und ein gutes Marketing. Nach Innen hin verlangt diese Art von Organisation einen grossen Koordinationsaufwand, was zu Effizienzverlusten führen kann.

Die GPK wollten wissen, ob ein Projekt bestehe, diesen Bereich neu zu konzipieren und damit die Schwachstellen der heutigen Organisation zu beseitigen. In diesem Sinne hat auch der Ständerat das Thema aufgenommen und auf die immense Bedeutung des Exports als Wachstumspotenzial für die Schweiz hingewiesen.

Auch der Bundesrat beteuerte die Wichtigkeit des Schweizer Exportmarkts und zeigte sich überzeugt, dass die verschiedenen Exportförderungsinstrumente [Exportförderung (Osec), Investititionsförderung (Sofi) und andere] vor allem den KMUs einen Einstieg ins Exportgeschäft wesentlich erleichtern.

Auf die Frage der Organisation angesprochen, war es dem Bundesrat ein Anliegen zu betonen, dass die Vielfalt der Instrumente die verschiedenen Bedürfnisse im Exportmarkt widerspiegle. Man könne in diesem umfangreichen System der Exportförderung auch den Willen des Gesetzgebers erkennen, der für jedes Ziel ein anderes Instrument wünschte. Es solle aber nicht der Eindruck entstehen, dass im jetzigen Zeitpunkt drei, vier Mal dasselbe getan werde. Bereits heute, wo die Koordination nach Aussen nicht ersichtlich sein möge, fände im Innern eine Aufgabenteilung statt, um Leerläufe zu verhindern.

Um das Exportförderungssystem nun aber für Kunden übersichtlicher zu gestalten, hat der Bundesrat folgende Massnahmen getroffen: Die Qualität des Aussennetzes, d.h. die Unterstützung schweizerischer Unternehmen durch die Handelsdienste von Botschaften und Konsulaten, wurde durch die Schaffung von den «Swiss Business Hubs» verbessert. Dies ermöglichte eine Konzentration der Ressourcen. Das Netz des «Swiss Business Hubs» soll bis Ende 2007 weiter ausgebaut werden und langfristig 20 Standorte umfassen.

Was das Innennetz angeht, wurde ein «elektronisches Orientierungstableau» erstellt. Dies hilft den KMUs, sich auf der Internetseite des EVD besser
zurechtzufinden. Auch hat das EVD eine neue «Dachmarke» erstellt: Sämtliche seco- Instrumente sind nun unter dem Label «Business Network Switzerland» vereinigt. Ziel ist die Schaffung eines einfachen Leitsystems für Schweizer Firmen. «Business Network Switzerland» dient als Ansprechplattform und auch als «First-Stop-Shop». Ein «First-Stop-Shop» profiliert sich als Koordinator und vermittelt die richtigen Ansprechpartner und Informationskanäle. Man kann von einer «Triage-Funktion» sprechen. Diese Massnahmen gewährleisten, dass Kundenanliegen unbürokratisch an die richtige Adresse gelangen.

1758

Die GPK begrüssten die Massnahmen zur Vereinfachung des komplizierten Systems der Exportförderung und nahmen zur Kenntnis, dass auch die Vorsteherin des EDA die Förderung des Wirtschafts- und Finanzplatzes Schweiz als Priorität gesetzt hat. Die GPK werden die Entwicklungen in diesem Bereich weiterverfolgen.

16.2

Geschäftsberichte 2002 des Bundesgerichts und des Versicherungsgerichts

16.2.1

Geschäftsbericht 2002 des Bundesgerichts

Die GPK stellten bei der Prüfung des Geschäftsberichts des Bundesgerichts fest, dass im Jahr 2002 die Eingänge mit 4554 um 399 Fälle gegenüber 2001 zurückgegangen sind. Die Geschäftslast hat damit zum dritten Mal in Folge etwas abgenommen. Das Bundesgericht erledigte im Berichtsjahr 4648 Fälle und konnte damit die Pendenzen leicht abbauen (1223 Fälle wurden auf das Jahr 2003 übertragen). Die Arbeitsreserven erlaubten es dem Bundesgericht, die Fälle in der Regel speditiv zu erledigen (die mittlere Prozessdauer betrug 83 Tage). Allerdings ist nach Meinung des Bundesgerichts die Geschäftslast immer noch zu hoch. Die Fälle können zwar mit der nötigen Qualität erledigt werden, doch bleibt für die Reflexion über die wirklich wesentlichen Rechtsfragen zu wenig Zeit. Das Bundesgericht hat in seiner Organisation Vorkehrungen getroffen, um bei Grossprojekten rasch handeln und die nötigen Kapazitäten bereitstellen zu können. Das Bundesgericht sieht sich insbesondere durch neue und immer komplexere Gesetze mit schwierigen sich stellenden Rechtsfragen, durch den wachsenden Einfluss des Europarechts auf das schweizerische Recht, aber mittelfristig auch durch die vorgesehene Vereinheitlichung des Straf- und Zivilprozessrechts herausgefordert und mit grösseren Belastungen konfrontiert. Die zur Zeit etwas sinkenden Fallzahlen stellen deshalb für das Bundesgericht keinen Grund zur Entwarnung dar. Es verfolgt aus diesem Grund die im Parlament hängige Totalrevision der Bundesrechtspflege, die gemäss der Botschaft des Bundesrats insbesondere eine Entlastung des Bundesgerichts zum Ziel hat, mit grossem Interesse. Aus Sicht des Bundesgerichts sollte die Revision nicht eine neue Flut von Beschwerden an das Bundesgericht mit sich bringen.

Die GPK nahmen mit Befriedigung zur Kenntnis, dass das Bundesgericht mit den Höchstgerichten der Nachbarländer sowie mit dem Europäischen Gerichtshof in Strassburg rege Kontakte pflegt und international einen guten Ruf geniesst.

Die zuständigen Subkommissionen der GPK erörterten anlässlich ihres Besuchs in Lausanne mit dem Bundesgericht weitere Themen wie die neue Praxis des Bundesgerichts bei der öffentlichen Auflage der Urteile am Bundesgericht, die Publikations- und Anonymisierungspraxis der Urteile, die elektronischen Entscheidsammlungen auf Internet sowie die Umsetzung der
Effizienzvorlage (Erweiterung der Bundesstrafgerichtsbarkeit und der Kompetenzen der Anklagekammer bis zur Ablösung der Tätigkeit der Anklagekammer durch das neue Bundesstrafgericht per 1. April 2004). Anlässlich des Besuchs nahmen die Subkommissionen und das Bundesgericht zudem den Bericht der GPK des Ständerates vom 28. Juni 2002 über die Parlamentarische Oberaufsicht über die eidgenössischen Gerichte (vgl. auch Kap. 7.1 hiervor) zum Anlass, ihre teilweise unterschiedlichen Sichtweisen zur Oberaufsicht über die Justiz darzulegen.

1759

16.2.2

Geschäftsbericht 2002 des Versicherungsgerichts

Die Zahl der beim Eidgenössischen Versicherungsgericht (EVG) 2002 eingegangenen Beschwerden ist wie bereits im Jahr zuvor leicht zurückgegangen (von 2386 auf 2269 Fälle, was einer Abnahme von ­4,9 % entspricht). Die Pendenzen konnten im Berichtsjahr nur leicht, um ­1,3 %, abgebaut werden. Dass insgesamt etwas weniger Fälle erledigt werden konnten als im Vorjahr, führt das EVG darauf zurück, dass das Gericht im Berichtsjahr durch die Einführung eines neuen Bürokommunikationssystems, den Umzug in das Gotthardgebäude sowie durch längere Zeit dauernde Vakanzen im Redaktorenstab belastet war. Das Verhältnis der pendenten Geschäfte zu den Eingängen stieg damit von 86 % auf 89 % und gibt nach Meinung des EVG Anlass zur Sorge. Die mittlere Erledigungsdauer betrug 10,4 Monate. Gewisse strukturelle Probleme sieht das EVG darin, dass es mit 11 Richtern (rund ein Drittel der Anzahl Richter am Bundesgericht) und mit 47 Gerichtsschreibern (rund die Hälfte der Anzahl beim Bundesgericht) mehr als halb so viele Fälle zu erledigen hat wie das Bundesgericht. Das EVG hat eine interne Arbeitsgruppe eingesetzt, die die Struktur und die Arbeitsorganisation, die der heutigen Grösse des Gerichts nicht mehr genügen, analysieren und Verbesserungsvorschläge erarbeiten soll.

Das EVG hat sich intern intensiv auf die Inkraftsetzung des neuen Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts (ATSG) per 1. Januar 2003 vorbereitet, da dieses praktisch bei jeder Verfügung im Sozialversicherungsbereich, die ab diesem Datum ergeht, eine Rolle spielt. Das Gericht hat ein internes Meldesystem errichtet, um alle eingehenden Fragen zum ATSG sofort diskutieren und koordinieren zu können. Zur Handhabung des neuen Einspracheverfahrens, das mit dem ATSG eingeführt wurde, verschickte das EVG ein Kreisschreiben an die Kantonsregierungen. Darin wurde mangels einer gesetzlichen Regelung insbesondere festgelegt, dass kantonale Gerichte Beschwerden, die bei ihnen nach dem 31. Dezember 2002 eingingen, zur Nachholung des Einspracheverfahrens zurückgeschickt werden sollten.

Das EVG schätzte, dass dieses intertemporalrechtliche Problem von kurzer Dauer sein werde.

Die zuständigen Subkommissionen der GPK erörterten anlässlich ihres Besuchs in Luzern mit dem EVG weitere Themen wie die Zusammenarbeit mit dem Bundesgericht, die vom EVG als sehr gut
bezeichnet wurde, den Umgang mit internen Konfliktsituationen, sei es zwischen Richtern, zwischen Richtern und Mitarbeitenden oder unter Mitarbeitenden, die Publikations- und Anonymisierungspraxis des EVG sowie den Stand der Totalrevision der Bundesrechtspflege, von der sich das EVG nach wie vor eine Entlastung hinsichtlich der Geschäftslast und die Teilintegration des Eidgenössischen Versicherungsgerichts in das Bundesgericht in Lausanne erhofft. Die Subkommissionen nahmen anlässlich einer Besichtigung der neuen Räumlichkeiten des EVG im Gotthardgebäude in Luzern mit Befriedigung davon Kenntnis, dass sich der Umzug bereits in einer erhöhten Produktivität und in einem guten Arbeitsklima niedergeschlagen hat und insgesamt vom Gericht als sehr positiv gewertet wird.

1760

IV

Rückblick und Ausblick

17

Bilanz der Legislatur 1999­2003

Die GPK versammelten sich im Januar 2003 in Lausanne zu ihrem traditionellen Jahresseminar. Die GPK nutzten das Seminar kurz vor Ende der Legislatur 1999­ 2003 für eine kritische Bilanz der Tätigkeiten der GPK und der GPDel während der zurückliegenden drei Jahre.

Die Aktivitäten der GPK sollten mit dem Ziel bilanziert werden, die Qualität der zukünftigen Arbeit zu verbessern, Probleme besser zu antizipieren und dieses Wissen den künftigen neuen Mitgliedern zur Verfügung zu stellen. Die Überlegungen wurden bei der Ausarbeitung der «Handlungsgrundsätze der GPK» (vgs. Beilage 2) teilweise einbezogen. Das Seminar sollte also der Nachhaltigkeit und Kontinuität der durch die GPK ausgeübten Oberaufsicht dienen. In einem zweiten Schritt wurde die selbstkritische Betrachtung mit einem Blick von aussen abgerundet. In einer Podiumsdiskussion wurde die Wahrnehmung der GPK- und GPDel-Tätigkeiten von aussen mit GPK-externen Teilnehmenden thematisiert.

Zuerst fand die Arbeit in Workshops statt. Die Schlussfolgerungen wurden allen Teilnehmenden vorgestellt und erörtert. Zwei Arbeitsgruppen widmeten sich der systematischen Beurteilung der Instrumente der GPK (Inspektionen, Evaluationen, Dienststellenbesuche, Nachkontrollen, Aufsichtseingaben, Prüfung der Geschäftsberichte), und zwar sowohl bezüglich der angewandten Methoden als auch bezüglich der erzielten Resultate. Die Inspektionen und Evaluationen wurden als sehr effizient beurteilt, während die Dienststellenbesuche (vgl. Kap. 1) und die Prüfung der Geschäftsberichte noch ein Verbesserungspotential aufweisen. Ein stärkerer Überraschungseffekt könnte die Qualität der Ergebnisse verbessern. Auf Grund dieser Feststellungen bemühten sich die beiden Arbeitsgruppen, eine Synthese der während der Legislaturperiode angewandten Methoden und aufgeworfenen Themen zu erarbeiten, künftige Herausforderungen auszumachen und die Prioritäten der GPK und der GPDel bezüglich der künftigen Nutzung ihrer Ressourcen festzulegen. Nach Auffassung der GPK fallen die Genauigkeit und Qualität der Untersuchungen stärker ins Gewicht als die Anzahl der gleichzeitig durchgeführten Untersuchungen.

Insofern spielt die Themenwahl eine wichtige Rolle. Sie muss der Früherkennung der Probleme sowie der ausgewogenen Verteilung auf alle Politikbereiche Priorität verleihen. Dazu müssen sich die
GPK insbesondere auf Statistiken ihrer Aktivitäten abstützen. Gleichzeitig sollen die GPK Flexibilität bewahren, um bei unvorhergesehenen Ereignissen rasch eingreifen zu können. Schliesslich müssen sie sich mit den Legislativkommissionen wirksam koordinieren.

Zwei weitere Arbeitsgruppen behandelten die internen Verfahren der GPK. Dabei sollten Handlungsspielräume und Stellenwert der verschiedenen Organe der GPK untersucht werden. So ging es beispielsweise um die Beteiligung der Plenarkommissionen an den Inspektionen sowie um die Zusammenarbeit zwischen der GPK-N und der GPK-S. Die beiden Arbeitsgruppen setzten sich anschliessend mit der Sichtbarkeit und Präsenz der GPK und der GPDel im Parlament, in den anderen Kommissionen und in den Medien auseinander. Die GPK stellten fest, dass bestimmte Berichte im Parlament und in der öffentlichen Meinung grosses Interesse hervorgerufen hatten. Generell wird jedoch ihre Arbeit nach wie vor nur schwach wahrgenommen. Um dies zu verbessern, wurde vorgeschlagen, die Inspektionsberichte der 1761

GPK den eidgenössischen Räten vorzulegen sowie die Weitergabe der Schlussfolgerungen der GPK an die Legislativkommissionen zu verbessern.

Das letzte Thema führt zum zweiten Teil des Seminars über, nämlich zur Podiumsdiskussion mit externen Teilnehmenden, welche die verschiedenen Ansprechpartner der GPK vertraten. Die Referenten wurden gebeten, sich dazu zu äussern, wie sie die GPK und die GPDel wahrnehmen: Wirkung auf Politik und Medien, Glaubwürdigkeitsgrad, Image der GPK und GPDel, Kenntnisse ihrer Arbeitsweise usw. Die folgenden Personen beteiligten sich am Rundtischgespräch: Nationalrat Franz Steinegger, Ständerat Simon Epiney, Alain Wurzburger, Präsident der zweiten öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts, Stéphane Zindel, Bundeshauskorrespondent für «Le Temps», Daniel Ammann, Journalist für die «Weltwoche», sowie Bundeskanzlerin Annemarie Huber-Hotz. Moderatorin war Mariangela WallimannBornatico, Generalsekretärin der Bundesversammlung. Die Wortmeldungen lösten eine lebhafte Diskussion mit den Mitgliedern der GPK aus. Die Wirkung der GPK innerhalb der Bundesverwaltung wurde von den meisten Referenten positiv beurteilt. Die Bundesverwaltung nimmt die GPK sehr ernst. Ausserdem wurde in den letzten Jahren eine spürbare Verbesserung der Arbeitsqualität der GPK festgestellt.

Alain Wurzburger betonte, dass die Kontrolle der GPK über das Bundesgericht präziser geworden war und dass sich eine gewisse Zusammenarbeit etabliert hatte.

Für Daniel Ammann ist die GPDel heute in seinem Bereich eine Referenz für die Journalisten. Annemarie Huber-Hotz wies indessen darauf hin, dass die Oberaufsicht im Wesentlichen departemental ausgeübt und wahrgenommen werde und im Bundesrat selbst kaum ein Thema sei. Skeptischer äusserten sich die Teilnehmer zur Sichtbarkeit der GPK im Parlament und in den Medien. Die Komplexität und Vielfalt der Aufgaben der GPK liessen sie nach Stéphane Zindel etwas «mysteriös» erscheinen; er vertritt die Auffassung, dass die GPK ihre höchst politische Rolle wahrnehmen und ihre Inspektionsergebnisse vermehrt kommunizieren sollten.

Ständerat Epiney schlug vor, kurze Presseorientierungen im Anschluss an die Sitzungen durchzuführen, um über die Fortschritte der Arbeit zu berichten. Nationalrat Steinegger sah in der Tatsache, dass die Arbeit der Kommission sich im Wesentlichen innerhalb der Verwaltung auswirkt, keinen Mangel, sondern Ausdruck der Hauptaufgabe der GPK.

18

Zukunftsperspektiven, Strategie für die neue Legislatur

Aufgrund der im Herbst 2003 auslaufenden Legislatur waren die GPK wie auch die GPDel bemüht, möglichst alle hängigen Geschäfte abzuschliessen. Dadurch soll den neu zusammengesetzten GPK und der GPDel auch ermöglicht werden, eigene Schwerpunkte im Jahresprogramm 2004 zu setzen. Das neue Jahresprogramm wurde dementsprechend Ende Januar 2004 nach einem Einführungsseminar, das sich insbesondere an die neuen Mitglieder der GPK wendet, beraten und verabschiedet.

Nebst den jährlich wiederkehrenden Geschäften wurden insbesondere fünf neue Inspektionen beschlossen: 1.

Die Rolle des Bundes in der Invalidenversicherung,

2.

Die «KMU-Tests» des Bundes,

3.

Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht,

1762

4.

Ressourcen- und Umweltmanagement der Bundesverwaltung (RUMBA) und

5.

Das Netz der Verteidigungsattachés.

Die ersten drei Themen werden auf der Basis von Evaluationen der PVK durch die GPK vertieft werden. Den GPK stehen bei der Festlegung ihres Jahresprogramms alljährlich auch Statistiken über die in den letzten Jahren durchgeführten Untersuchungen zur Verfügung, um so ihr Jahresprogramm in einen längerfristigen Rahmen einordnen zu können. Dadurch soll auch im Sinn der neuen Handlungsgrundsätze der GPK (vgl. Anhang 2) eine ausgewogene Oberaufsicht über die gesamte Bundesverwaltung und die weiteren Träger von Aufgaben des Bundes erzielt und auch Kontinuität und Nachhaltigkeit der Kontrolltätigkeit erreicht werden.

Neben den neuen Geschäften werden sich die beiden GPK im 2004 noch mit einzelnen in der vorangegangenen Legislatur begonnenen Geschäften beschäftigen. So stehen diverse Nachkontrollen zu früheren Inspektionen an. Eine Evaluation der PVK zum elektronischen Handel wird in der GPK-N zu beraten sein. Auch die Arbeitsgruppe zum Problemkreis des BVG-Mindestzinssatzes wird ihre Arbeit fortführen. In der GPK-N wird die Inspektion zur Informationspraxis des EDA abzuschliessen sein. Seitens der GPK-S läuft noch die Inspektion zu den Problemen bei Swissmedic. Als letzter Punkt dieser nicht abschliessenden Aufzählung sei hier auch noch die laufende Information der beiden GPK durch ihre Mitglieder in der NEAT-Aufsichtsdelegation aufgeführt. Dieses Grossprojekt wird die GPK auch im 2004 beschäftigen.

1763

Jahresbericht 2002/2003 der Parlamentarischen Verwaltungskontrollstelle

Anhang 1

Anhang zum Jahresbericht 2002/2003 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte vom 23. Januar 2004

1764

Bericht 1

Die PVK ­ Der Evaluationsdienst der Bundesversammlung

Die Parlamentarische Verwaltungskontrollstelle (PVK) ist das Kompetenzzentrum der Bundesversammlung für Evaluationen. Sie unterstützt die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (GPK) mit Expertisen im Rahmen der parlamentarischen Oberaufsicht und führt auf Antrag aller parlamentarischer Kommissionen Wirksamkeitsüberprüfungen der Massnahmen des Bundes durch.

1.1

Evaluation

Staatliches Handeln legitimiert sich nicht allein durch rechtsstaatlich-demokratische Verfahren, sondern auch durch seine Wirksamkeit und einen effizienten Mitteleinsatz. Das Wachstum öffentlicher Aufgaben im modernen Leistungsstaat und die Knappheit öffentlicher Mittel unterstreichen die Notwendigkeit einer wirkungsorientierten Staatsführung. Evaluationen stellen in diesem Zusammenhang ein wichtiges Informations- und Steuerungsinstrument dar: Sie untersuchen mit wissenschaftlichen Methoden die Konzeption, die Umsetzung und die Wirkungen staatlicher Massnahmen. Evaluationen dienen zum einen der Rechenschaftslegung staatlichen Handelns: Sie machen transparent, wie politische Vorgaben durch die vollziehenden Behörden umgesetzt werden und prüfen, ob die angestrebten Effekte einer Massnahme auch tatsächlich eintreten. Andererseits haben Evaluationen eine Informationsfunktion: Sie decken Schwachstellen in der Konzeption und im Vollzugsprozess einer Massnahme auf und geben Hinweise, wie diese verbessert werden können.

1.2

Evaluation im parlamentarischen Kontext

Innerhalb der Bundesverwaltung, des Parlaments und der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) hat sich die Evaluation inzwischen in verschiedenen institutionellen Formen etabliert. Sie wird teils ex-ante zur Folgenabschätzung geplanter Massnahmen, teils begleitend im Sinne einer Vollzugshilfe, teils ex-post zur Wirkungskontrolle implementierter Massnahmen eingesetzt.

Im parlamentarischen Rahmen werden Evaluationen bisher vor allem seitens der GPK verwendet, denen die Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Bundesrats und der Bundesverwaltung, der eidgenössischen Gerichte und weiterer Träger von Bundesaufgaben obliegt. Die GPK nehmen ihren Auftrag unter anderem mittels Inspektionen, Dienststellenbesuchen und mit der Prüfung der Geschäftsberichte der zu kontrollierenden Organe wahr. Angesichts der wachsenden Komplexität staatlicher Aufgaben haben sich in Ergänzung dazu Evaluationen in der vergangenen Dekade als zunehmend wichtige Instrumente der parlamentarischen Oberaufsicht etabliert.

Mit Inkrafttreten des neuen Parlamentsgesetzes kann die Bundesversammlung darüber hinaus künftig auch Wirksamkeitsüberprüfungen nach Artikel 170 der Bundesverfassung (BV) durchführen (vgl. Näheres dazu Kap. 5.1). Der Auftrag der 1765

Wirkungsüberprüfung nach Artikel 170 BV überschneidet sich mit dem der parlamentarischen Oberaufsicht, geht aber über diesen hinaus. Im Gegensatz zur Oberaufsicht fokussiert die Wirkungsüberprüfung nach Artikel 170 BV nicht nur die Umsetzung von Gesetzeserlassen durch die ausführenden Organe, sondern auch die Konzeption dieser Erlasse selbst.

1.3

Auftrag und Produktpalette der PVK

Evaluationen sind zeitaufwändig und in methodischer Hinsicht anspruchsvoll. Ihre Planung und Durchführung übersteigt die vergleichsweise bescheidenen Ressourcen des Milizparlaments. Mit der Schaffung der PVK im Jahr 1991 hat die Bundesversammlung deshalb einen professionellen Fachdienst eingerichtet, der Evaluationen in ihrem Auftrag durchführt und weitere evaluationsbezogene Dienstleistungen erbringt.

Die PVK ­

führt im Auftrag der GPK Evaluationen im Rahmen der parlamentarischen Oberaufsicht durch;

­

überprüft im Auftrag der GPK die Qualität von verwaltungsinternen Evaluationen und deren Verwendung in Entscheidungsprozessen;

­

weist die GPK auf Themen hin, die unter dem Aspekt der parlamentarischen Oberaufsicht einer vertieften Abklärung bedürfen;

­

überprüft auf Antrag aller parlamentarischer Kommissionen die Wirksamkeit der Massnahmen des Bundes, wobei den Kontrollkommissionen eine Koordinationsfunktion zukommt;

­

unterstützt die parlamentarischen Kommissionen bei der Formulierung von Evaluationsmandaten und berät sie bei der politischen Verarbeitung von Evaluationsergebnissen.

Die Evaluationsberichte der PVK finden in den Entscheidungsprozessen von Parlament und Exekutive vielerlei Verwendung. Sie sind Grundlage von Handlungsempfehlungen der GPK zuhanden der kontrollierten Organe und von parlamentarischen Vorstössen. Sie fliessen in die Revision von Gesetzen und Verordnungen ein und lösen Lernprozesse im Verwaltungshandeln aus. Die Berichte der PVK werden in der Regel veröffentlicht. Sie können bei der PVK bestellt oder von ihrer Homepage unter www.parlament.ch (siehe Kommissionen/PVK) herunter geladen werden.

1.4

Institutionelles Umfeld und Ressourcen der PVK

Die PVK arbeitet auf der Basis von Einzelaufträgen der parlamentarischen Kommissionen. Sie ist Teil der Parlamentsdienste und in administrativer Hinsicht dem Sekretariat der GPK unterstellt. In wissenschaftlicher Hinsicht ist die PVK selbständig und orientiert sich an den einschlägigen Standards der Evaluationsforschung. Die PVK koordiniert ihre Aktivitäten mit den anderen Kontrollorganen des Bundes und pflegt den fachlichen Austausch mit Hochschulen, privaten Forschungsinstituten und staatlichen Evaluationsorganen im In- und Ausland.

1766

Zur Erfüllung seines Auftrags steht dem Dienst ein interdisziplinär zusammengesetztes Forschungsteam mit 360 Stellenprozenten und ein administratives Sekretariat zur Verfügung. Die PVK verfügt über weitreichende Informationsrechte. Sie verkehrt mit allen Behörden, Amtsstellen und übrigen Trägern von Bundesaufgaben direkt und kann von ihnen zweckdienliche Auskünfte und Unterlagen einholen. Die Auskunftspflicht wird nicht durch das Amtsgeheimnis beschränkt. Die PVK sorgt für den Schutz ihrer Informationsquellen und behandelt ihre Evaluationsergebnisse bis zum formellen Publikationsbeschluss der Kommissionen vertraulich. Sie kann externe Sachverständige beiziehen und ihnen die notwendigen Rechte zuweisen.

1.5

Aufbau des vorliegenden Jahresberichts

Der vorliegende Bericht gibt einen Überblick über die im Geschäftsjahr 2002/2003 abgeschlossenen Evaluationen (Kap. 2), über die laufenden Evaluationen (Kap. 3), über die Publikationen von PVK-Mitarbeitern ausserhalb der dienstinternen Schriftenreihe (Kap. 4) sowie über weitere Aktivitäten der PVK, wobei hier namentlich auf die Umsetzung von Artikel 170 BV im parlamentarischen Rahmen näher einzugehen ist.

2 2.1

Abgeschlossene Evaluationen im Berichtsjahr Lebensmittelsicherheit: Evaluation der Praxis in der Schweiz

Am 27. Mai 2002 beauftragte die Subkommission EFD/EVD der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) die PVK mit einer Studie zur Lebensmittelsicherheit in der Schweiz. Dabei sollten hauptsächlich Probleme im Zusammenhang mit dem Vollzug der Gesetzgebung untersucht werden. Die Hauptfragen betrafen die Evaluation der vorgesehenen Normen zum Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten vor potentiell gesundheitsschädlichen Lebensmitteln, die Rolle der Bundesorgane bei der Aufsicht und beim Gesetzesvollzug und die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren dieses Vollzugs.

Für die Beantwortung dieser Fragen stützte sich die PVK auf Fachliteratur und Statistiken und führte Interviews mit rund 30 Verantwortlichen der betroffenen Bundesämter, Praktikern des kantonalen Vollzugs sowie Akteuren des Privatsektors durch. Zur Vervollständigung und Veranschaulichung der Studie gab sie dem Büro Vatter, Politikforschung & -beratung, den Auftrag, anhand von vier ausgewählten Lebensmitteln «de la fourche à la fourchette» zu prüfen, wie die Bestimmungen zur Gewährleistung der Sicherheit konkret zur Anwendung kommen.

Der im Juni 2003 vorgelegte Bericht zeigt auf, dass in der Schweiz die Lebensmittelsicherheit Gegenstand zahlreicher Gesetze ist und dieses Thema die Interessen des Konsumentenschutzes und diejenigen der Agrarpolitik konfrontiert. Nach Ansicht der Experten sollten die politischen Behörden den Ausgleich zwischen Gesundheit und Produktion klarer bestimmen.

Das Hauptinstrument zur Gewährleistung einer hohen Lebensmittelsicherheit ist die Selbstkontrolle, die den in der Nahrungskette tätigen Unternehmen obliegt. Die Behörden haben vor allem den gesetzlichen Rahmen zu definieren und amtliche Kontrollen durchzuführen. Hinzu kommen Massnahmen wie Zulassung von 1767

Lebensmitteln, Information der Konsumentinnen und Konsumenten, Rückverfolgbarkeit der Produkte und Sanktionen. Die Experten erachten dieses System als umfassend genug und sind der Ansicht, die wichtigsten Probleme seien in der Umsetzung der Gesetzgebung festzustellen.

Der Bund ist für die Zulassung neuer Lebensmittel zuständig und führt Futtermittelund Importkontrollen durch. Während die ersteren heute wesentlich häufiger erfolgen, sind die letzteren unerheblich, weil die Zollbehörden weder über die nötigen Ressourcen noch über die erforderlichen Kenntnisse verfügen. Der Bund ist weiter am Aufbau einer Tierverkehrsdatenbank beteiligt, die jedoch noch mit grossen Problemen zu kämpfen hat. Im Bereich der Produktionsbedingungen (genetisch veränderte Organismen, Biobetriebe) ist er ebenfalls aktiv. Schliesslich spielt der Bund bei der Konsumenteninformation eine vorrangige Rolle, die allerdings umstritten ist.

In erster Linie sind die Kantone für die Kontrollen verantwortlich. Der Bund hat eine Aufsichtsfunktion, durch die er einige Angaben über die Kontrollen und Analysen erhält, nicht aber über die Anzahl und die Art der verhängten Sanktionen. Er weiss ausserdem nicht, wie viele Ressourcen die Kantone für die Umsetzung zur Verfügung haben. Zudem bestehen je nach Vollzugsbereich (Landwirtschaft, Tiere, Milchprodukte, Gesundheitswesen) grosse Unterschiede in der Dichte, in der Qualität und im Harmonisierungsgrad der amtlichen Kontrollen. Auf Bundesebene beschlossene, zusätzliche Massnahmen (neue Normen, neue Kontrollen) lösen nicht in allen Kantonen die Bereitstellung entsprechender Ressourcen aus.

Angesichts der Vielzahl betroffener Akteure sind Koordinationsmassnahmen unerlässlich, um eine optimale Umsetzung zu gewährleisten. Die Zusammenarbeit zwischen den drei hauptsächlich involvierten Bundesämtern, die in verschiedenen Departementen angesiedelt sind, wird indessen durch unterschiedliche Strategien erschwert; sie verursacht Mehrausgaben und ist für Präventionsmassnahmen nicht förderlich. Problematisch ist auch die Zusammenarbeit mit den Kantonen: Die Koordination ist je nach Bereich verschieden und besteht aus rechtlich unverbindlichen Steuerungskanälen. Die gesetzliche Basis der interkantonalen Koordination durch den Verband der Kantonschemiker ist nicht verpflichtend genug, um koordinierte und harmonisierte Lösungen in den Kantonen durchzusetzen.

1768

Abbildung 1 Beanstandungsquote (in %) bei den zehn meist kontrollierten Produktekategorien im Jahr 2001.9

35 30

Trinkwasser Speisen genussfertig zubereitet

Beanstandungsquote (in %)

Hühnereier

25

Gemüse

20

Milcharten

15

Brühwurstwaren

10 5 0

Quelle:

2.2

Speiseöle

Obst Speisen (aufgewärmt genussfertig) Fisch

Bundesamt für Gesundheit, 2002: Vollzug der Lebensmittelgesetzgebung in der Schweiz im Jahre 2001, S. 368 ff.

Evaluation des Bundesinventars der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung

«Die schweizerischen Landschaften sind bedroht», so lautet die Schlussfolgerung einer kürzlich vom Bundesamt für Raumentwicklung und vom Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) veröffentlichten Studie, in der festgehalten wird, dass jede Sekunde ein Landfleck von 3,75 m2 des Schweizer Gebietes ein neues Gesicht bekomme. Die Hälfte dieser Umgestaltungen wird als irreversible Veränderung betrachtet. Damit stellt sich die Frage nach der Rolle des Bundesinventars der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN), einem zentralen Instrument des Landschaftsschutzes in der Schweiz. Das 1977 in Kraft gesetzte Inventar deckt 19 Prozent des schweizerischen Territoriums ab und bezweckt die ungeschmälerte Erhaltung oder wenigstens die grösstmögliche Schonung der 162 inventarisierten Objekte. Das BLN stellt jedoch kein absolutes Eingriffsverbot dar. Eine Entwicklung im Einklang mit den objektspezifischen Schutz9

Die fette horizontale Linie bezeichnet den Mittelwert der Beanstandungsquoten im 2001.

1769

inhalten ist durchaus möglich. In diesem Zusammenhang beauftragte die Subkommission EDI/UVEK der GPK-N am 24. Juni 2002 die PVK mit einer Evaluation des BLN. Diese hat zu folgenden Ergebnissen geführt: Aus der Erfolgskontrolle geht hervor, dass das übergeordnete Ziel des BLN nach Artikel 6 des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz (NHG) bisher insgesamt nicht erreicht wurde. So war zwischen 1979/85 und 1992/97 das prozentuale Wachstum der Siedlungs- und Infrastrukturflächen innerhalb der BLN-Gebiete annähernd so gross wie ausserhalb, wie die PVK anhand der schweizerischen Arealstatistik feststellte.

Abbildung 2 Entwicklung der Bodennutzung 1979/85­1992/97, ausserhalb und innerhalb der BLN-Objekte Entwicklung der Bodennutzung 1979/85-1992/97, ausserhalb und innerhalb der BLN-Objekte Veränderungsrate in Prozent ausserhalb BLN: 15%

innerhalb BLN:

+13.4% +10.8%

10%

5% +1.3%

+1.6% +0.1%

-0.0%

0% -0.2% -5%

-3.1% -3.2%

Siedlungsflächen Alpwirtschaft Gewä sser © BFS, Raumnutzung, Neuchâtel 2002

Quelle:

1

-0.1% -1.8%

-3.2%

Landwirtschaft (Dauersiedlungszone) Wald und Gehölze Fels, Sand, Geröll, unprodu ktive Ve getation Quellen: BFS GEOSTAT / BUWAL; BFS, Arealstatistik 1979/85, 1992/97

Bundesamt für Statistik, 2002

Fallstudien der Firma Hintermann & Weber zu 40 BLN-Objekten zeigen, dass das Schutzziel gemäss Artikel 6 NHG in den achtziger Jahren in 3/4 der untersuchten Objekte nicht erreicht wurde. Anlässlich einer Aktualisierung dieser Fallstudien im Auftrag der PVK hat die gleiche Firma untersucht, ob diese problematischen Trends in den neunziger Jahren anhielten. In ? der Fälle wurde das Schutzziel gemäss Artikel 6 NHG auch in dieser Periode nicht erreicht. Bei einigen Eingriffstypen wurde der Trend der Werteinbussen jedoch abgeschwächt und es waren einzelne Aufwertungen zu verzeichnen. Landschaftsveränderungen durch Gebäude ausserhalb geschlossener Siedlungen und der Rückgang des Feldobstbaus setzten sich hingegen im selben Mass fort wie in den achtziger Jahren. Die Landschaftsentwicklung in BLN-Objekten, die in den neunziger Jahren eine Wertminderung erfuhren, unterscheidet sich nicht wesentlich vom Trend in Referenzlandschaften ausserhalb des BLN.

1770

Aus konzeptueller Sicht stellt die PVK einen deutlichen Widerspruch zwischen den sehr hochgesteckten Schutzzielen des BLN-Inventars und dem schwachen Instrumentarium zur Umsetzung dieser Ziele fest. Die grösste Inkohärenz des BLNProgramms liegt darin, dass das Inventar infolge der föderalistischen Kompetenzaufteilung (Art. 78 BV) bei der kantonalen und kommunalen Aufgabenerfüllung keine eindeutige Verbindlichkeit hat, obwohl auf dieser Ebene die meisten Eingriffe erfolgen. Da ihnen eine nationale Bedeutung zuerkannt ist, fallen die BLN-Objekte implizit in den Geltungsbereich des Bundesgesetzes über die Raumplanung (RPG).

Zwar geniesst das Inventar dadurch einen gewissen Schutz, der allerdings durch den grossen Handlungsspielraum der Kantone und Gemeinden bei der Berücksichtigung der BLN-Belange im Vollzug des RPG relativiert wird. Zudem empfinden die lokalen Behörden das BLN oft als eine vom Bund unkoordiniert auferlegte Massnahme, was seine Akzeptanz nicht erhöht. Problematisch ist auch die mangelnde Klarheit der Schutzziele für die einzelnen BLN-Objekte, welche die Vollzugsbehörden zu einer kostspieligen und schwierigen Konkretisierung zwingt. Angesichts der meist vielfältigen und gegensätzlichen Interessen ist die Beurteilung der Annehmbarkeit eines Eingriffs eine äusserst anspruchsvolle Aufgabe. Trotz entsprechender Unterstützung der Fachbehörden ­ BUWAL, Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK), kantonale Fachstellen ­ sind die Entscheidbehörden durch die Interessenabwägung mitunter überfordert. Erschwerend wirkt, dass bestimmte geringfügige Eingriffe in ein BLN-Objekt zulässig sind, selbst wenn kein nationales Interesse besteht; dafür braucht lediglich das Interesse des Eingriffs höher eingestuft zu sein als dasjenige an der Erhaltung. Die Summe solch kleinerer Eingriffe kann allerdings im Endeffekt zu einer beträchtlichen Veränderung führen.

Schliesslich stellte die PVK fest, dass die BLN-Belange nicht optimal in die raumwirksamen Sachpolitiken eingebunden sind.

Abschliessend analysierten die von der PVK beigezogenen Experten die Negativbilanz des BLN unter dem Blickwinkel seines Vollzugs bei der Erfüllung von Bundesaufgaben. Dabei wurden Genehmigungsverfahren aus dem Zeitraum 2000 bis 2002 untersucht. Gemäss Analyse wurden 90 Prozent dieser Verfahren vollständig und korrekt
durchgeführt. Die Gutachten der ENHK, die in den neunziger Jahren beträchtliche Mängel aufwiesen, entsprechen nun den gesetzlichen Anforderungen.

Sie sind umfassend und enthalten klare, logische Schlussfolgerungen und Auflagen.

Diese Gutachten, wie auch diejenigen der kantonalen Fachstellen, wirken sich denn auch stärker auf die Verfügungen der Entscheidbehörden aus als in den neunziger Jahren. Die Qualität dieser Verfügungen ist ebenfalls mehrheitlich zufriedenstellend.

In 40 Prozent der untersuchten Fälle scheinen sie jedoch die ungeschmälerte Erhaltung der landschaftlichen Werte in den BLN-Objekten bei der Realisierung der bewilligten Projekte nicht zu gewährleisten. In diesem Punkt ist das Ergebnis also unbefriedigend.

Die insgesamt negativen Ergebnisse der Erfolgskontrolle des BLN trotz eines verbesserten Vollzugs im Rahmen der Erfüllung von Bundesaufgaben lassen sich dadurch erklären, dass der Grossteil der Eingriffe in BLN-Objekte auf dezentraler Ebene erfolgt und sich somit der Kontrolle durch die Bundesbehörden entzieht.

1771

2.3

Die Schweiz in den Bretton-Woods-Institutionen: Evaluation der Ziele, des Einflusses und des Nutzens

Die Schweiz ist 1992 den Bretton-Woods-Institutionen (BWI) beigetreten. Als Anführerin einer Stimmrechtsgruppe, welcher Aserbaidschan, die Kirgisische Republik, Polen, Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan und seit 2000 auch das ehemalige Jugoslawien angehören, hat sie Einsitz im Exekutivdirektorium des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank und spielt somit eine wichtige Rolle in diesen Organisationen. Sie beteiligt sich an den Diskussionen über die Globalisierung, die Krisenverhütung, die Armutsbekämpfung oder über die Stimmrechtsreform innerhalb der BWI. Zehn Jahre nach diesem Beitritt stellt sich die Frage, wie die Schweiz ihre Zugehörigkeit zu diesen zwei bedeutenden internationalen Organisationen nutzt, um ihre Ziele zu erreichen und ihre Interessen im Bereich der internationalen Wirtschafts- und Entwicklungshilfepolitik zu vertreten.

Die Subkommission EFD/EVD der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) hat der PVK am 28. August 2002 den Auftrag erteilt, eine Evaluation zu dieser Thematik durchzuführen. Insbesondere waren folgende fünf Aspekte zu untersuchen: 1. Ziele und Interessen der Schweiz an der Mitgliedschaft in den BWI; 2. Akteure der Bundesverwaltung und der Schweizerischen Nationalbank (SNB), Kompetenzaufteilung und Koordination; 3. Einflussnahme nichtstaatlicher Akteure; 4. Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten der Schweiz in den verschiedenen Arenen der BWI und 5. Nutzen der Mitgliedschaft für die Schweiz. In der Studie der PVK werden also nicht die BWI selber und deren Politik untersucht, sondern allein Fragen zur schweizerischen Mitgliedschaft.

Zur Beantwortung der Untersuchungsfragen wurden Experteninterviews durchgeführt, Dokumente analysiert, Fallstudien erarbeitet und weitere politikwissenschaftliche Methoden angewandt. Die Fragen zu den Punkten 2 bis 4 wurden im Rahmen eines Expertenmandates (Prof. Cédric Dupont, Prof. Pascal Sciarini) beantwortet.

Welche Ergebnisse hat die am 6. Juni 2003 abgeschlossene Untersuchung nun erbracht? ­ Auf der Ebene der Gesetze, Verordnungen und Bundesbeschlüsse sind nur wenige konkrete substantielle Ziele für die Mitgliedschaft der Eidgenossenschaft in den BWI formuliert. Die Konkretisierung und Operationalisierung wird damit in weiten Teilen implizit auf die Umsetzung verlagert und an die zuständigen
Verwaltungsstellen delegiert. Die Aufteilung der Kompetenzen ist in den Rechtsgrundlagen nur sehr allgemein festgehalten. Bei den IWF-Aufgabenbereichen sind neben dem Schweizer Exekutivbüro in Washington das EFD, insbesondere die Eidgenössische Finanzverwaltung und die SNB die Hauptakteure. Durch eine noch im Beitrittsjahr abgeschlossene Vereinbarung zwischen dem EFD und der SNB wurde eine weitgehend klare Kompetenzverteilung vorgenommen. Im Weltbankbereich wurde die Aufteilung der Zuständigkeit zwischen den beiden Hauptakteuren, DEZA und seco, 1992 nicht genau bestimmt, was in der Folge zu Konflikten geführt hat. Im Rahmen von Verwaltungsreformen wurde die Kompetenzzuteilung Ende der neunziger Jahre genauer geregelt. Grauzonen bestehen aber weiterhin.

Die Analyse des Netzwerks der staatlichen und nichtstaatlichen BWI-Akteure hat eine starke Machtkonzentration auf der Verwaltungsebene und eine klare Trennung zwischen den beiden Gruppen aufgezeigt. Die nichtstaatlichen Akteure spielen eine marginale Rolle. Dies wird zum einen darauf zurückgeführt, dass für die Einflussnahme zwar günstige Bedingungen herrschen, diese aber nicht von allen nichtstaatli1772

chen Akteuren genügend wahrgenommen werden, zum anderen auf die mangelnde Transparenz seitens der Verwaltung und eine sowohl quantitativ als auch qualitativ ungenügende Informationsvermittlung.

Wichtigster Einflusskanal der Eidgenossenschaft ist der Einsitz in den 24-köpfigen Exekutivdirektorien des IWF und der Weltbank. Hauptinstrument sind dabei die schriftlichen und mündlichen Stellungnahmen, in denen die Schweiz ihre Position bzw. die ihrer Stimmrechtsgruppe vertritt. Mehrere Faktoren können für einen Erfolg der Schweiz in den BWI verantwortlich sein, darunter die Vorbereitung klarer und glaubwürdiger Stellungnahmen, langjährige Erfahrung in der spezifischen Thematik und frühzeitige Besetzung dieses Themas. Mangelnder Erfolg wird auf die Unfähigkeit zurückgeführt, Allianzen zu bilden und auf das Vertreten von Positionen, die die «grossen» Länder nicht teilen. Eine qualitative und quantitative Steigerung der Stellungnahmen für die Sitzungen der Exekutivdirektorien sowie ein verstärktes Engagement in den Administrationen der BWI können den Einfluss der Schweiz günstig beeinflussen. Der Nutzen, den die Schweiz aus ihrer Mitgliedschaft zieht, ist mehrdimensional. Er wird vor allem bei den Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten, in der Kommunikationsmöglichkeit, im Reputations- und damit Imagegewinn und im aussenpolitischen Beitrag der Eidgenossenschaft an die internationale Solidarität gesehen (vgl. Abb. 3).

Abbildung 3 Die meistgenannten Nutzensarten der Mitgliedschaft in den BWI für die Schweiz (N = 233)

35

Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeit

27

Kommunikation des CH-Standpunktes

24

Reputation

23

CH-Wirtschaft

22

Öffentliches Gut

21

Synergie mul./bil.

14

Know-How-Transfer

13

Netzwerk/Allianzen

11

Zugang zu Informationen

11

0

10

grössere Autorität 20

30

40

Anzahl Nennungen

Quelle:

Erhebung der PVK

1773

3

Laufende Projekte im Jahr 2003

Die PVK verfolgt die verschiedenen Bereiche der Bundespolitik und unterbreitet den GPK jeweils Ende des Jahres eine Liste mit Themenvorschlägen, die aus ihrer Sicht einer Evaluation im Rahmen der parlamentarischen Oberaufsicht bedürfen.

Gestützt auf diese Liste und aufgrund ihrer eigenen Prioritäten und Ressourcen beschliessen die GPK dann ihr jährliches Evaluationsprogramm.

Ende 2002 legte die PVK den GPK eine Liste mit Evaluationsanträgen zu folgenden Themen vor: ­

Problematik des Mindestzinssatzes in der beruflichen Vorsorge

­

Koordination EDA-DEZA in der Entwicklungszusammenarbeit

­

Subsidiäre Armeeeinsätze: Zweckmässigkeit und Effizienz

­

Präsenz Schweiz: Strategisches Konzept, Behördenarrangement und Erfolgsbilanz

­

Schutz vor Naturgefahren: Zweckmässigkeit und Effizienz der Bundessubventionen an die Kantone

­

Bildung-Forschung-Technologie: Evaluationsstrategie des Bundes

­

Patentrecht: Vergabepraxis und Wirkungen der Patentvergabe durch das Institut für geistiges Eigentum im internationalen Vergleich

­

Konsumentenschutzpolitik: Fortsetzung der Arbeiten des Jahres 2002: Wirksamkeit des Preisüberwachers, Konsumentenschutz im elektronischen Handel.

­

Bundespersonalgesetz: Erste Erfahrungen mit der Umsetzung

­

Reformbedarf im Steuerstrafrecht

Die GPK beauftragten daraufhin die PVK mit der Ausführung der folgenden drei Evaluationsmandate: Überschussverteilung im Bereich der beruflichen Vorsorge,10 Konsumentenschutz im elektronischen Handel sowie Tätigkeiten von Präsenz Schweiz.

In den folgenden Abschnitten werden die Ausgangslage und der Stand der Arbeiten dieser drei Projekte kurz skizziert.

3.1

Überschussverteilung im Bereich der beruflichen Vorsorge

Im Rahmen der Sondersession zum Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) wurden im Herbst 2002 im Parlament zahlreiche Vorstösse eingereicht. Zwei Vorstösse laden die GPK ein, sich mit den noch offenen Fragen zu befassen, welche sich im BVG-Bereich stellen. Die GPK der beiden Räte haben zu diesem Zweck die gemeinsame Arbeitsgruppe «BVGMindestzinssatz» ins Leben gerufen. Die Arbeitsgruppe hat an ihrer konstituieren10

Bei diesem Mandat handelt es sich nicht um eine Evaluation im engen Sinne, sondern um eine Untersuchung, deren Ergebnisse eine Beurteilung der Wirksamkeit der behördlichen Aufsicht erlauben soll.

1774

den Sitzung vom 16. Mai 2003 entschieden, sich vertieft mit der Thematik der BVGÜberschüsse und deren Verteilung zu befassen.11 Dazu hat sie die PVK mit der Ausschreibung eines entsprechenden Expertenmandats beauftragt, welches an Professor Heinz Schmid und die AON Chuard AG vergeben wurde. Das Expertenmandat umfasst zwei zusammenhängende Module: 1.

Es stellt sich die Frage, aufgrund welcher Kriterien allfällige Überschüsse an die Vorsorgeeinrichtungen und die Versicherten verteilt wurden. Dabei gilt es zu prüfen, ob die Gleichbehandlung sowie die Parität beachtet wurden und ob die Gelder gemäss Stiftungszweck verwendet wurden.

2.

Zudem stellen sich Fragen in Zusammenhang mit Anlagerenditen und Reserven, welche die Lebensversicherungsgesellschaften zwischen 1985 und 2001 mit BVG-Geldern erwirtschafteten. Es soll deshalb untersucht werden, ­ welche Zahlen zu dieser Frage bei den Behörden und den Privatversicherern vorliegen. Auf dieser Basis soll dann abgeklärt werden, ­ ob und auf welche Weise sich aufgrund der vorliegenden Zahlen die Höhe der erzielten Überschüsse abschätzen lassen (Machbarkeitsstudie) und ­ ob die vorhandenen Zahlen eine ausreichende Grundlage für die gesetzlich verlangte Aufsicht über die Anwendung der Überschusspläne der Versicherer und den Missbrauchsschutz der Versicherten darstellen.

Die Beantwortung dieser Fragen soll eine Beurteilung der Wirksamkeit der bisherigen behördlichen Aufsicht erlauben und Hinweise auf allfälligen Reformbedarf geben. Die beauftragten Experten haben im November einen internen Zwischenbericht erstellt, der vor allem den zweiten der oben angeführten Fragenkomplexe behandelt. Zudem haben die Experten der Arbeitsgruppe am 13. November 2003 auch über erste, noch provisorische Ergebnisse zum ersten Fragenkomplex orientiert. Grundlage dieser Arbeiten bilden Versichertendaten von fünf Lebensversicherungsgesellschaften, welche zusammen rund drei Viertel des entsprechenden Marktes abdecken. Für die im vorliegenden Zusammenhang besonders interessierende Zeitspanne 1997­2002 liegen den Experten detaillierte Daten von rund 1,3 Millionen bei Sammelstiftungen Versicherten vor, d.h. pro Jahr von über 200 000 Versicherten. Zu Vergleichszwecken ist geplant, auch Daten von Versicherten andersartiger Vorsorgeeinrichtungen (autonome Kassen, Verbandseinrichtungen) in die Analyse einzubeziehen.

Der Schlussbericht wird der Arbeitsgruppe «BVG-Mindestzinssatz» voraussichtlich im zweiten Quartal 2004 vorgelegt.

11

Hingegen verzichtet die Arbeitsgruppe auf eine vertiefende Untersuchung der konkreten Abläufe bezüglich der Überprüfung des Mindestzinses. Ebenso will sie angesichts der noch laufenden Abklärungen anderer Organe, insbesondere der vom Eidgenössischen Departement des Innern im Sommer 2003 eingesetzten Expertengruppe zur Optimierung der Aufsicht im Bereich der beruflichen Vorsorge, vorderhand auf eine eigene Untersuchung zur Aufsichtspraxis im Bereich des BVG verzichten.

1775

Abbildung 4 Vereinfachte Darstellung des Expertenmandats am Beispiel der Sammeleinrichtungen von Versicherungsgesellschaften

Versicherungsgesellschaft Modul 2: Realisierte Überschüsse Æ

Bestandesaufnahme : verfügbare Daten

Æ Æ

Machbarkeitsstudie genügende Grundlage für Schutz der Versicherten vor Missbrauch?

Sammelstiftung Modul 1: Verteilung der Überschüsse Æ

Modelle zur Verteilung der Überschüsse

Æ

effektive Verteilung der Überschüsse (konkrete Einzelfälle)

Versicherte Quelle:

3.2

PVK

Elektronischer Handel: Evaluation des Konsumentenschutzes in der Schweiz

Im Anschluss an die Evaluation der PVK zur Lebensmittelsicherheit (s. Kap. 2.1) wünschten die GPK eine Fortsetzung der Untersuchungen zum Thema Konsumentenschutz. In diesem Sinn beauftragte die Subkommission EFD/EVD der GPK-N die PVK am 8. Mai 2003 mit einer Evaluation des elektronischen Handels.

Am 16. Oktober legte die PVK einen Zwischenbericht zum genannten Thema vor.

Darin wird auf vier Aspekte des elektronischen Handels eingegangen: vertragliche Fragen, Datenschutz, Besteuerung und Haftung für rechtswidrige Inhalte.

Auf Verlangen der Subkommission konzentriert sich die PVK nun vor allem auf vertragliche Fragen und das Thema Datenschutz. Sie prüft insbesondere, ob die bestehende Gesetzgebung auf eine Weise umgesetzt wird, die den Konsumentenschutz im Bereich des elektronischen Handels gewährleistet. Zu diesem Zweck zieht die PVK Fachliteratur und einschlägige Statistiken bei und führt Interviews mit Bundesverantwortlichen, Konsumentenschutzorganisationen, Betreibern von Webseiten und ausgewiesenen Kennern dieses Bereichs.

Diejenigen Teile des Zwischenberichts der PVK, welche die Besteuerung und die Haftung für rechtswidrige Inhalte betreffen, hat die Subkommission dem Bundesrat

1776

unterbreitet. Die GPK-N hat die verantwortlichen Departemente auf die problematischen Punkte hingewiesen und beantragt, allfällige Korrekturmassnahmen zu prüfen.

Der Schlussbericht zum Konsumentenschutz im Bereich des elektronischen Handels soll der Subkommission im Mai 2004 vorgelegt werden.

3.3

Zwischenbilanz zur Tätigkeit von Präsenz Schweiz

Die GPK haben die PVK im Jahresprogramm 2003 mit der Erstellung einer Projektskizze zur Evaluation von Präsenz Schweiz (PRS) beauftragt. Der Start dieses Projekts musste infolge von Kapazitätsengpässen bei der GPK-S jedoch auf 2004 verschoben werden. Die PVK erstellt derzeit die Projektskizze. Die definitive Auftragserteilung wird im Rahmen der Jahresplanung 2004 der GPK neu überprüft werden.

Nach der Verabschiedung des Bundesgesetzes vom 24. März 2000 über die Pflege des schweizerischen Erscheinungsbildes im Ausland durch das Parlament nahm PRS vor knapp drei Jahren ihre Tätigkeit auf. Die Organisation ist als dezentrale Verwaltungseinheit administrativ der politischen Direktion im EDA zugewiesen. Die Geschäftsstelle von PRS beschäftigt gegenwärtig 13 fest- und 9 im Auftragsverhältnis angestellte MitarbeiterInnen und verfügt über ein Jahresbudget von gut zwölf Millionen Franken. PRS hat die Aufgabe, in einem kontinuierlichen Austausch zwischen der Schweiz und dem Ausland eine glaubwürdige, attraktive und moderne Kommunikationspolitik zu pflegen. Damit soll der Wissensstand des ausländischen Zielpublikums merklich vertieft und Sympathie für unser Land geschaffen werden.

Konkret führt PRS eine «Visitors Agency», welche ausländische Delegationen in die Schweiz einladen und internationale Netzwerke schaffen soll. Weiter werden im Rahmen einer so genannten Informationsplattform landeskundliche Informationsmittel für Schulen und weitere Interessierte bereitgestellt. Darüber hinaus übt PRS eine Radarfunktion aus und betreibt in Zusammenarbeit mit den EDA-Vertretungen ein Frühwarnsystem für potenzielle Problemfelder im Imagebereich. Schliesslich werden geeignete Aktivitäten vor Ort unterstützt. PRS führt bezüglich ihrer Schlüsselaktivitäten eine interne Erfolgskontrolle durch, die auf verschiedenen Indikatoren aufbaut. Zwei Grossprojekte werden momentan extern evaluiert; die Evaluationen sollen anfangs 2004 abgeschlossen sein.

Schon bei der Behandlung in den Räten war PRS nicht unumstritten. Im Oktober 2001 verlangte eine Motion im Nationalrat sogar die Aufhebung der Organisation.

Auch in der Presse wurde über PRS zuweilen kritisch berichtet. Dabei wurde der Organisation neben mangelnder Präsenz bei wirklich relevanten und imagewirksamen Ereignissen (z.B. Swissair-Grounding) auch das angeblich fehlende
Profil ihrer Aktivitäten vorgeworfen.

Vor diesem Hintergrund soll die vorgeschlagene Studie eine Auswahl der folgenden Fragen beantworten: Stimmt das strategische Konzept von PRS mit den Zielsetzungen des Bundesgesetzes überein? Wie ist das Profil der bisher im In- und Ausland ergriffenen Massnahmen zu beurteilen? Können aufgrund der internen Erfolgskontrolle und weiteren Abklärungen Aussagen zur Zielereichung gemacht werden?

Funktioniert die Koordination mit anderen Organisationen (Schweiz Tourismus, Pro Helvetia, Osec, EDA-Vertretungen, DEZA) oder bestehen Doppelspurigkeiten?

1777

Werden von PRS Aktivitäten im In- und Ausland unterstützt, die ohnehin durchgeführt würden?

4

Publikationen ausserhalb der Schriftenreihe der PVK

Ausserhalb der Schriftenreihe der PVK erschienen im Berichtsjahr folgende Publikationen von PVK-Mitarbeitern: Serge Zogg & Jérôme Duperrut: Das öffentliche Beschaffungswesen in der Schweiz in juristischer und ökonomischer Hinsicht, in: Die Volkswirtschaft. Das Magazin für Wirtschaftspolitik, Nummer 10-2002, S. 4­9.12 Fünf Jahre nach Inkrafttreten der neuen Gesetzgebung über das öffentliche Beschaffungswesen beauftragte die GPK-N die PVK, die Öffnung des öffentlichen Beschaffungswesens in der Schweiz zu analysieren. Im Artikel werden die Ergebnisse dieser Studie zusammengefasst: Obwohl das geltende Recht eine Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens bezweckt, wird die erwartete Marktöffnung eher behindert als gefördert. Hauptgründe dafür sind die Komplexität der Regelungen und die Kompetenzenteilung zwischen dem Bund und den Kantonen. Zur Behebung dieser Schwächen wären eine grössere Transparenz, eine bessere Information und eine Vereinheitlichung des Rechts über das öffentliche Beschaffungswesen erforderlich. Die Evaluation der wirtschaftlichen Auswirkungen der Gesetzgebung in diesem Bereich wurde durch den Mangel an verlässlichen Statistiken erschwert. Daher hat die GPK-N dem Bundesrat empfohlen, künftig für eine koordinierte und systematische Datenerfassung zu sorgen.

Andreas Tobler: Die parlamentarische Oberaufsicht über die eidgenössischen Gerichte: Eine aktuelle Untersuchung der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates, in: Parlament ­ Parlement ­ Parlamento. Mitteilungsblatt der Schweizerischen Gesellschaft für Parlamentsfragen, Nr. 3, November 2002, S. 13­15.13 Im Vorfeld der parlamentarischen Beratung der Totalrevision der Bundesrechtspflege hat die GPK-S die PVK mit der Realisierung zweier Studien zu den Themen modernes Gerichtsmanagement und Tragweite der parlamentarischen Oberaufsicht über die Justiz beauftragt. Im Artikel werden zunächst die wichtigsten Ergebnisse dieser Analysen präsentiert. Festgestellt wird insbesondere, dass die Kennzahlen, die heute in den Geschäftsberichten eidgenössischer Gerichte ausgewiesen werden, der parlamentarischen Oberaufsicht zweckmässige Informationen liefern. Eine Erweiterung dieser Berichte mit präziseren Statistiken und die Aufnahme von Indikatoren zur Leistungserbringung würden indessen einer Optimierung der Aufsicht dienen.
Anschliessend wird der Bericht der GPK-S vom 28. Juni 2002 zur parlamentarischen Oberaufsicht über die Justiz in den Hauptlinien vorgestellt und die im Zusammenhang mit der Totalrevision der Bundesrechtspflege angestrebte Intensivierung der parlamentarischen Oberaufsicht thematisiert. Insbesondere strebt die GPK-S an, die Kontakte mit den Bundesgerichten künftig zu verstärken, sich für 12 13

Der Artikel kann von der Webseite der PVK herunter geladen werden (www.parlament.ch).

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1778

mehr Transparenz über deren Arbeit einzusetzen und vertiefte Überprüfungen in Bereichen der Administration durchzuführen. Abschliessend befasst sich der Artikel mit der im Jahr 2002 aktuellen Diskussion zur Ansiedlung der parlamentarischen Oberaufsicht bei einer speziellen Gerichtskommission und den Vorteilen, die eine Beibehaltung der Aufsicht bei den GPK mit sich bringt.

Daniel Janett: L'éthique professionnelle dans l'administration fédérale suisse, in: éthique publique, revue internationale d'éthique sociétale et gouvernementale, printemps 2002 ­ vol. 4, no 1, S. 127­134.14 Zwar erteilt der periodisch erscheinende Korruptionsindex von Transparency International der Schweiz im internationalen Vergleich nach wie vor gute Noten, und doch ist die politische Sensibilisierung für Fragen der Korruption und der Ethik im öffentlichen Dienst in den vergangenen Jahren sichtbar grösser geworden. Der Artikel zeichnet die Entwicklungsstadien der Ethikförderung in der schweizerischen Bundesverwaltung seit Mitte der 1990er Jahre nach und unterscheidet dabei drei Phasen: Beunruhigt von verschiedenen Unregelmässigkeiten in der Bundesverwaltung, leiteten Parlament und Bundesrat Mitte der 1990er Jahre eine Problemanalyse ein: Verschiedene Untersuchungen kamen zum Schluss, dass Unregelmässigkeiten in der Bundesverwaltung zwar kein alarmierendes Phänomen darstellen, dass aber sowohl im präventiven als auch im repressiven Bereich durchaus Handlungsbedarf besteht, namentlich in korruptionsgefährdeten Bereichen wie etwa dem öffentlichen Beschaffungswesen. Auf der Grundlage dieser Analyse wurden sodann verschiedene Massnahmen zur Förderung der Verwaltungsethik formuliert: Das Spektrum ist breit und reicht von der Revision des Korruptionsstrafrechts bis hin zur Einführung eines Verhaltenskodex für Bundesangestellte. Diese Massnahmen befinden sich gegenwärtig im Umsetzungsstadium. Wohl wissend, dass es für eine umfassende Erfolgsbilanz zu früh ist, verweist der letzte Abschnitt des Artikels auf einige Vollzugsprobleme der getroffenen Massnahmen (etwa im Bereich des Korruptionsstrafrechts) und zeigt auf, dass auch auf der gesetzgeberischen Ebene Handlungsbedarf bestehen bleibt, beispielsweise was die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips in der Verwaltung oder die Regelung der Parteienfinanzierung betrifft.

Daniel Janett:
Erfolgskontrolle staatlichen Handelns durch das Parlament: Zu den Aktivitäten und Erfolgsbedingungen der Parlamentarischen Verwaltungskontrollstelle der Bundesversammlung, in: Rainer J. Schweizer et al. (Hg.), 2003: Verwaltung im 21. Jahrhundert. Herausforderungen, Probleme, Lösungswege. 20. Kolloquium (2001) der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften.

Universitätsverlag Freiburg Schweiz, S. 97­109.15 Dieser im Rahmen eines verwaltungswissenschaftlichen Kolloquiums entstandene Artikel diskutiert die Möglichkeiten und Grenzen der parlamentarischen Kontrolle über das Verwaltungshandeln. Am Beispiel der PVK präsentiert der Beitrag die Evaluation als ein Instrument der parlamentarischen Aufsicht. Evaluationen sind nicht nur ein wichtiges Mittel der Transparenz und der staatlichen Rechenschaftslegung, sie liefern auch Feedback-Informationen über den Vollzug und die Wirkungen staatlicher Massnahmen und geben Hinweise, wie diese verbessert werden können.

An Fallbeispielen zeigt der Artikel auf, dass PVK-Evaluationen materielle Wirkun14 15

Der Artikel liegt nur in französischer Sprache vor.

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1779

gen auf die untersuchten Politikbereiche haben, er zeigt aber auch, dass Evaluationen die strukturelle Informationsasymmetrie zwischen Exekutive und Legislative nur punktuell ausgleichen können. Schliesslich werden einige Faktoren diskutiert, die die Verwendung der Evaluationsergebnisse im politischen Entscheidungsprozess steuern.

5 5.1

Weitere Aktivitäten der PVK Umsetzung von Artikel 170 BV im neuen Parlamentsrecht

Die PVK hat im Berichtsjahr strategische und operative Vorarbeiten für die Umsetzung des Verfassungsauftrags der Wirksamkeitsüberprüfung (WP) gemäss Artikel 170 der BV im Rahmen des Parlaments geleistet. Sie hat namentlich einen Entwurf ihrer neuen Rechtsgrundlage im Rahmen der Parlamentsverwaltungsverordnung (ParlVV) und einen Geschäftsplan zur Umsetzung ihres erweiterten Auftrags für den Zeithorizont 2004­2007 entworfen.

5.1.1

Artikel 170 BV und seine Konkretisierung im Parlamentsgesetz

Artikel 170 der BV verlangt vom Parlament, für die Überprüfung der Wirksamkeit der Massnahmen des Bundes zu sorgen. Staatliches Handeln legitimiert sich nicht nur durch demokratische und rechtsstaatliche Legalität, sondern auch durch Effektivität und einen effizienten Mitteleinsatz. Der Begriff der Wirksamkeit ist breit zu verstehen und schliesst insbesondere die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit staatlicher Massnahmen mit ein.16 Während einzelne Verfassungskommentare unter den Begriff der WP auch Methoden wie das Controlling oder das Monitoring subsummieren,17 verwenden wir den Begriff im engeren Sinne der Evaluation gemäss der Definition in Abschnitt 1.1.18 Die WP nach Artikel 170 BV überschneidet sich mit der parlamentarischen Oberaufsicht, geht aber über diese hinaus. Sie erfasst nicht nur das Handeln von der parlamentarischen Oberaufsicht unterstehenden Behörden, sondern auch der Bundesversammlung selber (vgl. dazu auch Abschnitt 1.2).

Die WP ist nichts grundsätzlich Neues; die Kontrollorgane des Bundes setzen dieses Instrument teilweise seit längerem ein. Artikel 170 BV wertet die WP indessen zu einer zentralen Staatsaufgabe auf und weist dem Parlament dabei eine umfassende Verantwortung zu: Die Bundesversammlung bestimmt «den Gegenstand, den Umfang und den Inhalt der Evaluation im Bund».19 Andererseits muss sie die Aufgabe der WP nicht im Alleingang erfüllen, sondern kann geeignete Institutionen schaffen und Aufträge delegieren. Der Verfassungsauftrag der WP ist in diesem 16

17 18 19

Sägesser, Thomas, 2000: Die Bundesbehörden, Bundesversammlung-Bundesrat-Bundesgericht; Kommentar, Beiträge und Materialien zum 5. Titel der schweizerischen Bundesverfassung, Bern, Ziffer 632, S. 350.

Vgl. ebenda, Ziffer 638, S. 351.

Vgl. sinngemäss Mastronardi in Ehrenzeller, Bernhard et. al. (Hg.), 2002: Die Schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, Lachen/Zürich, Ziffer 3, S. 1678.

Mastronardi, ebd., Ziffer 11, S.1680.

1780

Sinne eine Gemeinschaftsaufgabe der verschiedenen Kontrollorgane des Parlaments, der Exekutive und der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK).

Das Parlamentsgesetz (ParlG) konkretisiert die Umsetzung von 170 BV für den Kontext der Bundesversammlung. Gemäss Artikel 27 ParlG können die Kommissionen20 ­

die Durchführung einer WP vom Bundesrat verlangen;

­

die im Auftrag des Bundesrates durchgeführten WP prüfen;

­

selbst Wirksamkeitsüberprüfungen in Auftrag geben.

Im dritten Fall ist das designierte Ausführungsorgan in erster Linie die PVK.

Gestützt auf Artikel 27 ParlG können künftig somit neben den GPK auch die Legislativkommissionen Evaluationsmandate durch die PVK ausführen lassen. Die Legislativkommissionen können allerdings nicht beliebig auf die PVK zugreifen. Um die Kohärenz der parlamentarischen Evaluationsfunktion sicher zu stellen und um genügend Forschungskapazitäten der PVK zugunsten der parlamentarischen Oberaufsicht sicher zu stellen, müssen die Legislativkommissionen Antrag an die Konferenz der Präsidien der Aufsichtskommissionen und -delegationen stellen, wenn sie die Ausführung einer WP durch die PVK wünschen (Art. 44 Abs. 1 Buchstabe e und Art. 54 Abs. 4 ParlG).

5.1.2

Eine neue Rechtsgrundlage für die PVK

Mit dem Auftrag der WP erweitert sich der gesetzliche Auftrag der PVK. Das am 1. Dezember 2003 in Kraft getretene ParlG verzichtet im Gegensatz zum früheren Geschäftsverkehrsgesetz (GVG) auf eine explizite Erwähnung der PVK. Gestützt auf einen Entwurf der PVK wurde deshalb in Artikel 10 der ParlVV eine neue Rechtsgrundlage für den parlamentarischen Evaluationsdienst geschaffen.

Artikel 10 ParlVV definiert den erweiterten Auftrag der PVK, ihre Informationsrechte und ihre institutionelle Einbettung. Der neue PVK-Artikel geht in zwei Punkten über die bisherige Rechtsgrundlage des Dienstes gemäss Artikel 47sexies GVG hinaus: Er räumt der PVK mehr Selbständigkeit bei der Bewirtschaftung ihres Expertenkredits ein und hält fest, dass die Berichte der PVK im Grundsatz veröffentlicht werden.

5.1.3

Geschäftsplan 2004­2007

Gestützt auf ihre neue Rechtsgrundlage entwickelte die PVK im Jahr 2003 einen internen Geschäftsplan 2004­2007 für die Umsetzung von Artikel 170 BV.

Der Geschäftsplan diskutiert zunächst die Chancen und die Risiken des erweiterten Auftrags der PVK: Diese kann ihre Resonanz und ihre Reputation als parlamentarisches Kompetenzzentrum vergrössern, in dem sie künftig neben den GPK auch die Legislativkommissionen mit wissenschaftlicher Expertise bedient. Sie kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass dem Verfassungsauftrag der WP in der Praxis 20

Das Gesetz spricht von den «bezeichneten Organen der Bundesversammlung», wobei in der Praxis in erster Linie die Kommissionen gemeint sind.

1781

nachgelebt wird. Dem steht das doppelte Risiko entgegen, dass die PVK infolge mangelnder Ressourcen die Nachfrage der Legislativkommissionen nach WP nicht befriedigen kann oder dass umgekehrt die Legislativkommissionen kaum WP bei der PVK in Auftrag geben.

Vor diesem Hintergrund skizziert der Geschäftsplan eine Reihe von internen und externen Erfolgsfaktoren für die Umsetzung des erweiterten gesetzlichen Auftrags der PVK. Eine erfolgreiche Erfüllung des neuen Auftrags setzt insbesondere voraus, dass ­

die Legislativkommissionen das Instrument der WP kennen und für wichtig befinden;

­

die PVK als parlamentarisches Kompetenzzentrum gut sichtbar ist und über die Unterstützung von Entscheidungsträgern in der Bundesversammlung und in den Parlamentsdiensten verfügt;

­

die Rollen und Verantwortlichkeiten der Legislativkommissionen als Auftraggeber und der PVK als Auftragnehmerin von WP klar definiert sind;

­

die Legislativkommissionen und ihre Sekretariate über die notwendige Kompetenzen und Ressourcen zur Planung, Begleitung und Verwertung komplexer WP verfügen;

­

die PVK ihre Mandate kundengerecht und professionell ausführt;

­

die PVK in Abhängigkeit der Nachfrage nach WP mit genügend Ressourcen ausgestattet wird, um ihre Mandate schnell und flexibel ausführen zu können.

Die Umsetzung des Geschäftsplans erfolgt in drei Phasen. In der Pilotphase (2004­ 2005) geht es darum, den Auftrag der WP bei den Legislativkommissionen und ihren Sekretariaten bekannt zu machen, gegenseitige Erwartungen und Verantwortlichkeiten zu klären und konkrete Erfahrungen mit WP zu sammeln. In der Evaluationsphase (2006) werden diese Erfahrungen bilanziert; die Produktpalette, die Strukturen und Verfahren werden nötigenfalls angepasst und entsprechende Ressourcen mobilisiert. Auf dieser Grundlage sollte die PVK in der Konsolidierungsphase (ab 2007) schliesslich in der Lage sein, ihren erweiterten Auftrag gesetzeskonform und zur Zufriedenheit ihrer Auftraggeber zu erfüllen.

5.2

Verwaltungsinterne Umsetzung von Artikel 170 BV

Neben den parlamentarischen Arbeiten wurden auch seitens der Exekutive Umsetzungsschritte von Artikel 170 BV eingeleitet. Die Generalsekretärenkonferenz (GSK) hat eine interdepartementale Kontaktgruppe «Wirkungsüberprüfungen» (Idekowi) eingesetzt und diese mit der Ausarbeitung von konkreten Umsetzungsoptionen von Artikel 170 BV innerhalb der Bundesverwaltung beauftragt. Prioritäre Themen der Idekowi sind unter anderem die Förderung der Evaluationskultur beim Bund, die Arbeitsteilung der verschiedenen mit WP befassten Kontrollorgane von Parlament, Verwaltung und EFK sowie institutionelle Rahmenbedingungen (z.B.

Evaluationsklauseln) der Evaluationsfunktion beim Bund. Die PVK ist in der Idekowi vertreten und arbeitet an deren Bericht mit, der im 2. Quartal 2004 zuhanden der GSK abgeschlossen werden soll.

1782

6

Prioritäten der PVK für das Jahr 2004

Was das Kerngeschäft der Evaluation betrifft, wird die PVK im Jahr 2004 ihre in Abschnitt 3 präsentierten Projekte abschliessen. Auf der Grundlage der im Januar 2004 beschlossenen Jahresplanung der GPK wird die PVK sodann mehrere neue Evaluationsprojekte im Rahmen der parlamentarischen Oberaufsicht starten (vgl.

dazu Kap. 18 des Tätigkeitsberichts 2002/2003 der GPK).

Mittels parlamentsinterner Öffentlichkeitsarbeit wird die PVK im Jahr 2004 ihre erweiterte Produktpalette bekannt machen und die Legislativkommissionen und ihre Sekretariate für den Verfassungsauftrag der Wirksamkeitsüberprüfung sensibilisieren. Im Rahmen von Workshops sollen die gegenseitigen Erwartungen und Verantwortlichkeiten bei der Abwicklung von WP geklärt werden. Eine entsprechende Nachfrage vorausgesetzt, wird die PVK bereits im Jahr 2004 eine WP zuhanden einer Legislativkommission ausführen. Die PVK wird ausserdem ihre Mitarbeit an der interdepartementalen Arbeitsgruppe Idekowi fortsetzen und sich am Umsetzungskonzept von Artikel 170 BV innerhalb der Bundesverwaltung in konsultativer Form beteiligen.

Schliesslich wird die PVK weiterhin ihre Forschungsergebnisse mittels Fachpublikationen, Vorträgen und universitären Lehrveranstaltungen einem weiteren Publikum zugänglich machen und den fachlichen Austausch mit vergleichbaren Organen pflegen.

1783

Anhang 2

Handlungsgrundsätze der Geschäftprüfungskommissionen Von den Geschäftsprüfungskommissionen am 29. August 2003 und am 4. September 2003 verabschiedet.

Die Geschäftsprüfungskommissionen Die Geschäftsprüfungskommissionen sind ständige Aufsichtskommissionen der Eidgenössischen Räte.

Sie handeln nach folgenden Grundsätzen: Auftrag und Ziele Die Geschäftsprüfungskommissionen üben im Auftrag der eidgenössischen Räte die Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Bundesrates und der Bundesverwaltung, der eidgenössischen Gerichte und der anderen Träger von Bundesaufgaben (Art. 169 Bundesverfassung) aus. Die Oberaufsicht legt bei ihrer Tätigkeit den Schwerpunkt auf die Kriterien der Rechtmässigkeit, Zweckmässigkeit und Wirksamkeit (Art. 52 Abs. 2 Parlamentsgesetz). Sie überprüft auch die Leistungsfähigkeit und Angemessenheit des Regierungs- und Verwaltungshandelns. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten untersuchen die Geschäftsprüfungskommissionen ausserordentliche Ereignisse in ihrem Kompetenzbereich schnell und umfassend.

Ziele der Geschäftsprüfungskommissionen sind: ­

die demokratische Verantwortlichkeit von Bundesrat und Bundesverwaltung, der eidgenössischen Gerichte und anderer Träger von Bundesaufgaben zu stärken;

­

das Wirken dieser Institutionen zu begleiten, umfassend zu bewerten und dadurch auch den politischen Handlungsbedarf in den beaufsichtigten Bereichen frühzeitig zu erkennen;

­

zur Behebung festgestellter Mängel und Missstände oder zur Nutzung von Optimierungsspielräumen in der Geschäftsführung beizutragen;

­

den Dialog mit allen Trägern von Bundesaufgaben herzustellen. Damit soll ein Lernprozess eingeleitet werden, der die Problemlösungskapazität der Behörden steigert;

­

mehr Transparenz und Vertrauen in das Handeln dieser Institutionen zu schaffen;

­

Lehren für einen kohärenten Gesetzesvollzug wie auch für die zukünftige Gesetzgebung zu ziehen.

Die Geschäftsprüfungskommissionen ­

1784

erstatten den eidgenössischen Räten und der Öffentlichkeit umfassend Bericht über die Geschäftsführung des Bundesrates und der Bundesverwaltung, der eidgenössischen Gerichte und anderer Träger von Bundesaufgaben;

­

arbeiten eng mit den Organen der Finanzaufsicht zusammen (Finanzkommissionen, Finanzdelegation und Eidgenössische Finanzkontrolle). Erhalten die Geschäftsprüfungskommissionen Hinweise, die für die Aufgabenwahrnehmung dieser Organe von Bedeutung sind, so leiten sie diese unverzüglich an sie weiter;

­

koordinieren ihre Tätigkeit mit den parlamentarischen Legislativkommissionen. Sie sorgen dafür, dass ihre Erkenntnisse bei der Gesetzgebung berücksichtigt werden;

­

prüfen Hinweise aus der Bevölkerung auf ihre Relevanz für die Oberaufsicht;

­

stellen die Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Bundesrates sicher.

Sie üben die Oberaufsicht im direkten Kontakt mit dem Bundesrat aus. Die Geschäftsprüfungskommissionen erkennen Vollzugsprobleme in der Regierung und Verwaltung des Bundes und sorgen im Rahmen ihrer Kompetenzen für deren Behebung;

­

beurteilen bei der Oberaufsicht über die Bundesgerichte die allgemeine Geschäftsführung sowie die Entwicklung einer modernen Gerichtsverwaltung. Sie respektieren dabei die Unabhängigkeit der Rechtssprechung;

­

erfüllen ihre Aufgabe auch im direkten Kontakt mit Dienststellen des Bundes. Die Geschäftsprüfungskommissionen sind für Anliegen der Dienststellen beziehungsweise ihrer Mitarbeitenden betreffend die Geschäftsführung offen, falls wichtige Probleme nicht durch die übergeordneten Stellen behoben werden;

­

tragen bei der Kontrolle über die weiteren Träger von Bundesaufgaben (z.B.

die Unternehmen des Bundes oder die Kantone) der jeweiligen Rechts- und Organisationsform Rechnung, indem sie sich auf die Aufsicht des Bundesrates über diese Träger konzentrieren.

Vorgehensgrundsätze Die Geschäftsprüfungskommissionen ­

überprüfen die Geschäftsführung nicht nur rückwirkend sondern auch begleitend. Sie messen der Früherkennung von Problemen eine grosse Bedeutung zu;

­

setzen jedes Jahr Schwerpunkte, in denen sie vertiefte Untersuchungen durchführen. Mittelfristig streben sie eine ausgewogene Verteilung ihrer Aufsichtstätigkeiten auf die verschiedenen Zweige der Bundestätigkeit und die Politikfelder an. Eine rollende Planung, erlaubt es den Geschäftsprüfungskommissionen, auf unvorhergesehene Ereignisse zu reagieren;

­

koordinieren ihre Tätigkeiten untereinander und arbeiten ­ soweit möglich und sinnvoll ­ zusammen;

­

sind offen für Hinweise auf Mängel und Verbesserungsmöglichkeiten in den kontrollierten Institutionen. Die Geschäftsprüfungskommissionen nehmen auf Gesetzesbestimmungen zurückzuführende Mängel auf und bringen ihre Beseitigung in den Gesetzgebungsprozess ein;

­

befassen sich mit Einzelfällen, soweit diese eine systematische Bedeutung aufweisen; 1785

­

erarbeiten mit den verantwortlichen Stellen eine gemeinsame Problemlösung. Ist die Zusammenarbeit nicht ausreichend, so nutzen die Geschäftsprüfungskommissionen ihre weitgehenden Informationsrechte und können die ihnen zur Verfügung stehenden weiteren Mittel einsetzen, um ihren Auftrag zu erfüllen;

­

streben in ihrer Tätigkeit eine breite Informationsbasis inner- und ausserhalb der Bundesverwaltung an und wahren damit die Unabhängigkeit von zu verwaltungsspezifischen Sichtweisen;

­

arbeiten parteiunabhängig und folgen bei ihren Beratungen dem Konsensprinzip, wobei die Geschäftsprüfungskommissionen auch eine bedeutende Minderheitsauffassung bekannt geben können;

­

gewährleisten die Vertraulichkeit ihrer Arbeit bis zu ihrer offiziellen Publikation durch die jeweilige Gechäftsprüfungskommission. Ein besonderes Gewicht messen sie dem Schutz ihrer Informationsquellen bei;

­

veröffentlichen rasch ihre Untersuchungsergebnisse und informieren jährlich die eidgenössischen Räte und die Öffentlichkeit über ihre Aktivitäten.

Bei bedeutenden Themen können die Geschäftsprüfungskommissionen auch über Zwischenergebnisse orientieren;

­

verfolgen die Umsetzung ihrer Empfehlungen und ihrer politischen Forderungen;

­

orientieren sich bei ihrer Aufgabenwahrnehmung an den neusten Entwicklungen der Verwaltungswissenschaften und der Evaluationsforschung.

Mittel Die Geschäftsprüfungskommissionen ­

besitzen zur Erfüllung ihres Auftrags weitgehende Informationsrechte (Art. 150 und 153 Parlamentsgesetz). Sie können mit allen Behörden, Amtsstellen und übrigen Trägern von Aufgaben des Bundes jederzeit direkt verkehren und von ihnen zweckdienliche Auskünfte und Unterlagen einfordern.

Sie können Personen dieser Institutionen anhören. Die Auswahl der angehörten Personen liegt in der Kompetenz der Geschäftsprüfungskommissionen. Die Auskunftspflicht wird nicht durch das Amtsgeheimnis beschränkt. Im Rahmen ihres Auftrags können die Geschäftsprüfungskommissionen auch von Personen und Amtsstellen ausserhalb der Bundesverwaltung Auskünfte einholen und Unterlagen verlangen;

­

führen zur Zielerreichung Inspektionen, Evaluationen, Nachkontrollen und Dienststellenbesuche sowie weitere Untersuchungen durch und prüfen die Geschäftsberichte der Bundesbehörden;

­

fassen ihre Untersuchungsergebnisse in der Regel in die Form eines Berichts und richten Empfehlungen an die verantwortliche Behörde. Sie können des Weiteren die Möglichkeit nutzen, parlamentarische Vorstösse einzureichen.

Die verantwortliche Behörde muss zu den Ergebnissen Stellung nehmen.

Die Arbeit der Geschäftsprüfungskommissionen schafft auf diese Weise Begründungspflichten der betroffenen Behörden;

­

werden von einem Fachsekretariat und einem wissenschaftlichen Evaluationsstab, der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle, unterstützt.

1786

Anhang 3

Einige Zahlen und Angaben zur allgemeinen Prüfungstätigkeit der Kommission Die GPK tagten im Berichtszeitraum (von Mai 2002 bis Januar 2004) 28 Mal im Plenum und 110 Mal in Sitzungen der Subkommissionen. 14 Sitzungen wurden den Dienststellenbesuchen gewidmet. Die GPDel ihrerseits führte 32 Sitzungen durch.

Das entspricht insgesamt 170 Sitzungen. Diese Zahlen sind während der Legislatur 1999­2003 ähnlich geblieben. Nur die Anzahl der Dienststellenbesuche ist zurückgegangen. Wegen der begrenzten Ressourcen der GPK erhielten die vertieften Untersuchungen Priorität (siehe Kap. II.1 oben).

Abbildung 1 Anzahl der Sitzungen Anzal der Plenarsitzungen der GPK

Anzahl der Subkommissionssitzungen, Arbeitsgruppen und sonstige Gruppen

... davon Dienststellenbesuche

Anzal der Sitzungen der GPDel

Total

2002 (ab dem 17.5)

9

36

7

15

60

2003

19

74

7

17

110

Berichtsperiode

28

110

14

32

170

Die GPK und die GPDel haben folgende Dienststellenbesuche abgestattet: Abbildung 2 Dienststellenbesuche durch die GPK EFD

­ Generalsekretariat ­ Kontrollstelle zur Bekämpfung der Geldwäscherei

EDI

­ Bundesamt für Kultur und Schweizerische Landesbibliothek ­ Schweizerisches Landesmuseum in Prangins ­ Forschungsinstitut WSL

EVD

­ Institut für Virologie und Immunprophylaxe ­ Preisüberwachung ­ OSEC / Euro Info Centers

EJPD

­ Asylrekurskommission ­ Kommission für Ausländerfragen

UVEK

­ Bundesamt für Raumentwicklung

VBS

­ Abteilung elektronischer Kriegsführung (unangemeldeter Besuch) 1787

BK

­ Eidg. Datenschutzbeauftragter

Gerichte

­ Bundesgericht ­ Versicherungsgericht

Im Laufe des Geschäftsjahres erhielten die GPK in ihrer Stellung als Aufsichtsbehörde 56 Gesuche von Einzelpersonen oder Behörden, von denen 48 erledigt werden konnten. Im gleichen Zeitraum befassten sich die Kommissionen noch mit 10 Gesuchen, die im Vorjahr an sie gestellt worden waren.

Abbildung 3 Durch die GPK behandelte Aufsichtseingaben Anzahl der erhaltenen Aufsichtseingaben in der Berichtsperiode

...davon erledigte Aufsichtseingaben

Anhal der erhaltenen Aufsichtseingaben der vorherigen Periode, die in der Berichtsperiode erledigt werden konnten

2002 (ab dem 17.5)

39

38

10

2003

17

10

0

Berichtsperiode

56

48

10

1788

SR

SR

SR

SR

SR

SR

SR

SR

02.3176 Po.

02.3177 Po.

02.3381 Mo.

02.3459 Emp.

02.3460 Emp.

02.3461 Emp.

02.3462 Emp.

02.3463 Emp.

1789

SR

02.3175 Po.

NR/SR

Neue Vorstösse der GPK

Überprüfung der personellen Ressourcen des BAZL

Regelmässige Überprüfung möglicher Interessenkonflikte durch das UVEK

Präzisierungen für den Entzug einer Betriebsbewilligung

Verstärkung der Aufsicht über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Fluggesellschaften

Verstärkung der Aufsicht des UVEK über das BAZL

Verankerung der finanziellen Steuerung mit FLAG im Finanzhaushaltrecht. Weiterentwicklung des FLAG-Bereichs der Verwaltung

Prüfung der Wirkungen von TarMed

Vorbereitung des Überganges zur Leistungsplanung

Verstärkung der interkantonalen Spitalplanung

Titel

Tabelle der Parlamentarischen Vorstösse der GPK

19.9.2002

19.9.2002

19.9.2002

19.9.2002

19.9.2002

28.6.2002

5.4.2002

5.4.2002

5.4.2002

Eingereicht am

am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

am 19.9.2002 (SR)/ 24.9.2002 (NR) an Bundesrat überwiesen

am 18.6.2002 an Bundesrat überwiesen

am 18.6.2002 an Bundesrat überwiesen

am 18.6.2002 an Bundesrat überwiesen

Stand

Anhang 4

SR

SR

SR

SR

SR

SR

SR

SR

SR

SR

02.3465 Emp.

02.3466 Emp.

02.3467 Emp.

02.3468 Emp.

02.3469 Mo.

02.3470 Mo.

02.3471 Po.

02.3472 Po.

02.3473 Po.

02.3474 Po.

1790

SR

02.3464 Emp.

NR/SR

Bündelung der verschiedenen Interessen im Sanierungsprozess

Früherkennung der Lage in der Volkswirtschaft

Überprüfung der Befristung von Betriebsbewilligungen

Überprüfung der Zuständigkeit bei der Streckenkonzession

Verschärfung der gesetzlichen Bestimmungen zur Rechnungslegung und Unternehmenskontrolle

Verweis des Luftfahrtgesetzes auf das EG-Recht

Unterstützung von Massnahmen gegen die Folgen einer plötzlichen Stilllegung des Flugbetriebes

Neuformulierung der Luftverkehrspolitik

Koordination und Weiterentwicklung der Früherkennung durch den Bund

Frühzeitige Entwicklung von möglichen Szenarien

Überprüfung der Beteiligungen des Bundes an privatwirtschaftlichen Unternehmen

Titel

19.9.2002

19.9.2002

19.9.2002

19.9.2002

19.9.2002

19.9.2002

19.9.2002

19.9.2002

19.9.2002

19.9.2002

19.9.2002

Eingereicht am

am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

am 11.12.2002 an Bundesrat überwiesen

am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

am 12.12.2002 (SR)/ 4.6.2003 (NR) an Bundesrat überwiesen

am 12.12.2002 in Form eines Postulates an Bundesrat überwiesen

am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

am 11.12.2002 an Bundesrat überwiesen

am 11.12.2002 an Bundesrat überwiesen

am 11.12.2002 an Bundesrat überwiesen

Stand

NR

NR

02.444 Pa. Iv.

03.3439 Po.

Zweckmässigkeit der Angliederung des BFU an das UVEK

Geschäftsberichterstattung des Bundesrates 2001 betreffend SBB und Post

Ausrichtung des SchKG auf das Sanierungsziel

Titel

NR

SR

SR

NR

NR/SR

00.3409 Po.

01.3207 Po.

98.3529 Mo.

99.3573 Mo.

99.3578/ 99.3579 Mo.

1791

NR

00.3407 Po.

NR/SR

Eingereicht am

3.9.2003

30.8.2002

19.9.2002

Eingereicht am

Strategischer Nachrichtendienst und RVOG

Vollzug des Bürgerrechtsgesetzes. Dauer des Einbürgerungsverfahrens

Erhöhter Schutz für Personendaten bei Online-Verbindungen

30.11.1999

19.11.1999

17.11.1998

am 13.6.2000 an Bundesrat überwiesen

Antrag Bundesrat: als erfüllt abzuschreiben (BBl 2002 1911)

am 21.12.1999 an Bundesrat überwiesen

am 20.6.2001 an Bundesrat überwiesen

29.3.2001

Unterstützung von Grossanlässen durch den Bund. Schaffung eines Rahmengesetzes

am 15.12.2000 an Bundesrat überwiesen

am 14.3.2002 an Bundesrat überwiesen

Stand

Im Plenum noch nicht behandelt

Zustimmung NR am 1.10.2002

am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

Stand

Umsetzung des Bundesgesetzes über den Binnenmarkt. Beschwerderecht 27.6.2000 der Konsumentenorganisationen

Umsetzung des Bundesgesetzes über den Binnenmarkt. Beschwerderecht 27.6.2000 der Wettbewerbskommission

Titel

Pendente Vorstösse der GPK

SR

02.3475 Po.

NR/SR

SR

NR

PUK PKB Massnahmen im Informatikbereich

PUK PKB Massnahmen im Finanzbereich

PUK PKB Massnahmen im Bereich Führung und Organisation

93.3524 Po.

95.3555 Po.

96.3547/ 96.3539 Po.

96.3548/ 96.3540 Po.

96.3549/ 96.3541 Po.

1792

SR

01.3421 Po.

3.7.2001

Eingereicht am

Übertragung der gesamten Durchführung der Such- und Rettungsmassnahmen für zivile Luftfahrzeuge an eine private Organisation

Tierschutz. Vollzugskonzept

Analyse der indirekten Effekte der agrarpolitischen Massnahmen

7.10.1996

7.10.1996

7.10.1996

21.11.1995

30.9.1993

3.7.2001

Agrarzahlungen des Bundes. Weiterverfolgung des empfängerorientierten 3.7.2001 Ansatzes

SR

01.3420 Po.

Agrarzahlungen des Bundes. Datenverfügbarkeit für die Überprüfung der Empfangsberechtigung

SR

Titel

01.3419 Po.

NR/SR

Erledigte Vorstösse der GPK

Abschreibung am 4.6.2002 (NR)/ 11.6.2002 (SR)

Abschreibung am 4.6.2002 (NR)/ 11.6.2002 (SR)

Abschreibung am 4.6.2002 (NR)/ 11.6.2002 (SR)

Abschreibung am 4.6.2002 (NR)/ 11.6.2002 (SR)

Abschreibung am 5.6.2003 (NR)/ 4.6.2003 (SR)

Abschreibung am 5.6.2003 (NR)/ 4.6.2003 (SR)

Abschreibung am 5.6.2003 (NR)/ 4.6.2003 (SR)

Abschreibung am 5.6.2003 (NR)/ 4.6.2003 (SR)

Stand

SR

NR

NR

NR

NR

NR

97.3232 Po.

97.3234 Po.

97.3235 Po.

97.3240 Po.

97.3241 Po.

97.3242 Po.

1793

NR/SR

96.3555/ 96.3556 Mo.

Institutionalisierte Optimierung im Bereich des Nationalstrassenbaus

Vereinheitlichung der Normen im Bereich des Nationalstrassenbaus

Fristenfestsetzung im Rahmen des Nationalstrassenbaus

Aufwertung des generellen Projektes im Nationalstrassenbau

Finanzierung des Nationalstrassenbaus

Auflösung der Vorsorgeordnung C 25 der PTT-Betriebe und Integration derer Versicherten in die Pensionskasse des Bundes (PKB)

Entflechtung der Verantwortlichkeiten

PUK PKB Oberaufsicht , Aufsicht und Kontrollstelle im BVG-Bereich. Punkt 1

Titel

96.3553/ 96.3545 Mo.

NR/SR

14.5.1997

14.5.1997

14.5.1997

14.5.1997

14.5.1997

6.5.1997

15.11.1996

7.10.1996

Eingereicht am

Abschreibung am 4.6.2002 (NR)/ 11.6.2002 (SR)

Abschreibung am 4.6.2002 (NR)/ 11.6.2002 (SR)

Abschreibung am 4.6.2002 (NR)/ 11.6.2002 (SR)

Abschreibung am 4.6.2002 (NR)/ 11.6.2002 (SR)

Abschreibung am 5.6.2003 (NR)/ 4.6.2003 (SR)

Abschreibung am 4.6.2002 (NR)/ 11.6.2002 (SR)

Abschreibung am 4.6.2002 (NR)/ 11.6.2002 (SR)

Abschreibung am 5.6.2003 (NR)/ 4.6.2003 (SR)

Stand

NR

NR

NR

NR

97.3384 Po.

97.3386 Po.

97.3387 Po.

97.3388 Po.

1794

NR

97.3243 Po.

NR/SR

Verbesserung der Informationspolitik der Strafverfolgungsbehörden des Bundes

Überprüfung der Informationsstrukturen in der Bundesverwaltung

Transparente Entscheidfindung des Bundesrates

Öffentlichkeitsprinzip in der Bundesverwaltung

Ausarbeitung eines Kostenindexes im Nationalstrassenbau

Titel

29.5.1997

29.5.1997

29.5.1997

29.5.1997

14.5.1997

Eingereicht am

Abschreibung am 4.6.2002 (NR)/ 11.6.2002 (SR)

Abschreibung am 4.6.2002 (NR)/ 11.6.2002 (SR)

Abschreibung am 4.6.2002 (NR)/ 11.6.2002 (SR)

Abschreibung am 5.6.2003 (NR)/ 4.6.2003 (SR)

Abschreibung am 4.6.2002 (NR)/ 11.6.2002 (SR)

Stand