Ablauf der Referendumsfrist: 31. März 2005

Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EG über die Zinsbesteuerung vom 17. Dezember 2004

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 54 Absatz 1 und 166 Absatz 2 der Bundesverfassung1, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 1. Oktober 20042, beschliesst: Art. 1 1

2

Es werden genehmigt: a.

das Abkommen vom 26. Oktober 20043 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über Regelungen, die den in der Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3. Juni 2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen festgelegten Regelungen gleichwertig sind;

b.

das Abkommen vom 26. Oktober 20044 in Form eines Notenwechsels zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Zeitpunkt der Anwendung des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über Regelungen, die den in der Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3. Juni 2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen festgelegten Regelungen gleichwertig sind.

Der Bundesrat wird ermächtigt, die Abkommen zu ratifizieren.

Art. 2 Das nachstehende Bundesgesetz wird angenommen:

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SR 101 BBl 2004 5965 BBl 2004 6541 BBl 2004 6561

2004-2085

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Genehmigung und die Umsetzung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EG über die Zinsbesteuerung. BB

Bundesgesetz zum Zinsbesteuerungsabkommen mit der Europäischen Gemeinschaft (Zinsbesteuerungsgesetz, ZBstG) vom 17. Dezember 2004

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 173 Absatz 2 der Bundesverfassung5, in Ausführung des Abkommens vom 26. Oktober 20046 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über Regelungen, die den in der Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3. Juni 2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen festgelegten Regelungen gleichwertig sind (Abkommen), nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 1. Oktober 20047, beschliesst:

1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen Art. 1 1

Gegenstand

Zur Umsetzung des Abkommens regelt dieses Gesetz: a.

den Steuerrückbehalt auf Zinszahlungen, die freiwillige Offenlegung von Zinszahlungen und die Strafen für Widerhandlungen gegen diese Bestimmungen;

b.

die Amtshilfe zwischen der Schweiz und den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bei Steuerbetrug im Sinne von Artikel 10 Absatz 1 des Abkommens.

Die Bestimmungen des Abkommens sind für die schweizerischen Zahlstellen direkt anwendbar.

2

5 6 7

SR 101 SR ...; AS ... (BBl 2004 6541) BBl 2004 5965

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Genehmigung und die Umsetzung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EG über die Zinsbesteuerung. BB

Art. 2

Begriffe

In diesem Gesetz werden die nachstehenden Begriffe wie folgt verwendet: a.

Zahlstelle: im Sinne von Artikel 6 des Abkommens;

b.

Zinszahlung: im Sinne von Artikel 7 des Abkommens;

c.

nutzungsberechtigte Person: im Sinne von Artikel 4 des Abkommens.

2. Kapitel: Steuerrückbehalt und freiwillige Offenlegung 1. Abschnitt: Pflichten der Zahlstellen Art. 3

Anmeldung als Zahlstelle

Die Zahlstellen haben sich unaufgefordert bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung anzumelden.

1

2

In der Anmeldung hat die Zahlstelle anzugeben: a.

ihren Namen (ihre Firma) und ihren Sitz oder Wohnsitz; handelt es sich um eine juristische Person oder um eine Gesellschaft ohne juristische Persönlichkeit mit statutarischem Sitz im Ausland oder um ein Einzelunternehmen mit Wohnsitz im Ausland: den Namen (die Firma), den Ort der Hauptniederlassung und die Adresse der inländischen Leitung;

b.

die Art der Tätigkeit;

c.

das Datum der Aufnahme der Tätigkeit.

Banken im Sinne von Artikel 1 des Bankengesetzes vom 8. November 19348 und Effektenhändler im Sinne von Artikel 10 des Börsengesetzes vom 24. März 19959 gelten als angemeldet, sofern sie ihre Geschäftstätigkeit vor dem 1. Juli 2005 aufgenommen haben.

3

Art. 4

Steuerrückbehalt

Die Zahlstellen nehmen einen Steuerrückbehalt auf Zinszahlungen nach Massgabe der Artikel 1, 3­5, 7 und 16 des Abkommens vor.

1

Ein zu Unrecht erhobener Steuerrückbehalt kann durch die Zahlstelle innerhalb von fünf Jahren berichtigt werden, sofern sichergestellt ist, dass für die entsprechende Zinszahlung im Ansässigkeitsstaat des Zinsempfängers weder eine Anrechnung noch eine Rückerstattung beansprucht worden ist oder noch beansprucht wird.

2

8 9

SR 952.0 SR 954.1

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Art. 5

Überweisung des Rückbehalts

Die Zahlstellen überweisen die Rückbehaltsbeträge jährlich spätestens bis zum 31. März des auf die Zinszahlung folgenden Jahres an die Eidgenössische Steuerverwaltung; Artikel 6 Absatz 1 bleibt vorbehalten.

1

Die Zahlstellen geben bei der Überweisung an, wie die Beträge den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zuzuordnen sind.

2

Der Steuerrückbehalt wird in Franken berechnet und abgezogen. Geht die Zinszahlung in Fremdwährung ein, so nimmt die Zahlstelle die Umrechnung zum Kurs am Tag der Kundenabrechnung vor.

3

Auf Rückbehaltsbeträgen, die nach dem 31. März des auf die Zinszahlung folgenden Jahres vergütet werden, ist ohne Mahnung ein Verzugszins ab dem 1. April bis zum Datum des Eingangs geschuldet. Das Eidgenössische Finanzdepartement bestimmt den Zinssatz.

4

Art. 6

Freiwillige Offenlegung

Liegt eine ausdrückliche Ermächtigung durch die nutzungsberechtigte Person vor, so meldet die Zahlstelle Zinszahlungen der Eidgenössischen Steuerverwaltung in Anwendung von Artikel 2 des Abkommens. Die Meldung tritt an die Stelle des Rückbehalts.

1

Eine einmal erteilte Ermächtigung bleibt bis zum Eintreffen des ausdrücklichen Widerrufs durch die nutzungsberechtigte Person oder ihren Rechtsnachfolger bei der Zahlstelle gültig. Der Widerruf ist nur gültig, wenn die nutzungsberechtigte Person oder ihr Rechtsnachfolger den an Stelle der Meldung geschuldeten Steuerrückbehalt gegenüber der Zahlstelle sicherstellt.

2

Die Zahlstellen erstatten die Zinsmeldungen jährlich spätestens bis zum 31. März des auf die Zinszahlung folgenden Jahres.

3

Die Zahlstelle kann eine bereits erfolgte Zinsmeldung spätestens bis zum 31. Mai des Jahres, in dem die Meldung erfolgt ist, widerrufen. Muss in diesem Fall ein Steuerrückbehalt vorgenommen werden, so hat die Zahlstelle diesen unverzüglich der Eidgenössischen Steuerverwaltung abzuliefern.

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Art. 7

Verjährung

Die Forderung auf Ablieferung des Steuerrückbehalts oder auf Abgabe der Meldung verjährt fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Rückbehalt abzuliefern oder die Meldung abzugeben war.

1

Die Verjährung wird unterbrochen durch jede auf die Geltendmachung des Rückbehaltsanspruchs oder die Zinsmeldung gerichtete Amtshandlung, die einer Zahlstelle zur Kenntnis gebracht wird. Mit der Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem.

2

3

Die absolute Verjährungsfrist beträgt 15 Jahre.

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Genehmigung und die Umsetzung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EG über die Zinsbesteuerung. BB

2. Abschnitt: Organisation und Verfahren Art. 8

Aufgaben und Zuständigkeiten der Eidgenössischen Steuerverwaltung

Die Eidgenössische Steuerverwaltung sorgt für die richtige Anwendung der Vorschriften des Abkommens und dieses Gesetzes über den Steuerrückbehalt und über die freiwillige Offenlegung.

1

2 Sie fällt alle Verfügungen und Entscheide, die für die Anwendung der Vorschriften notwendig sind.

Sie kann die Verwendung bestimmter Formulare auf Papier oder in elektronischer Form vorschreiben und Weisungen erlassen.

3

4

Sie kann zur Abklärung des Sachverhalts: a.

die Geschäftsbücher, die Belege und andere Urkunden der Zahlstelle an Ort und Stelle einverlangen und überprüfen;

b.

Auskünfte schriftlich und mündlich einholen;

c.

Vertreterinnen und Vertreter der Zahlstelle zur Einvernahme vorladen.

Stellt sie fest, dass die Zahlstelle ihren Pflichten nicht oder mangelhaft nachgekommen ist, so gibt sie ihr Gelegenheit, zu den festgestellten Mängeln Stellung zu nehmen.

5

Kommt es zwischen der Zahlstelle und der Eidgenössischen Steuerverwaltung nicht zu einer Einigung, so erlässt die Eidgenössische Steuerverwaltung eine Verfügung.

6

Auf Antrag erlässt die Eidgenössische Steuerverwaltung vorsorglich eine Feststellungsverfügung über die Zahlstelleneigenschaft, die Grundlagen der Rückbehaltsberechnung oder den Inhalt der Zinsmeldung.

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Art. 9

Rechtsmittel

Gegen Verfügungen der Eidgenössischen Steuerverwaltung kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung schriftlich Einsprache erhoben werden.

1

Die Einsprache hat die Anträge zu enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen anzugeben.

2

Ist gültig Einsprache erhoben worden, so überprüft die Eidgenössische Steuerverwaltung die Verfügung ohne Bindung an die gestellten Anträge.

3

Sie begründet den Einspracheentscheid und fügt ihm eine Rechtsmittelbelehrung an.

4

Einspracheentscheide der Eidgenössischen Steuerverwaltung können nach den Artikeln 44 ff. des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 196810 über das Verwal-

5

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SR 172.021

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tungsverfahren innert 30 Tagen nach Eröffnung mit Beschwerde bei der Eidgenössischen Steuerrekurskommission angefochten werden.

Beschwerdeentscheide der Eidgenössischen Steuerrekurskommission können nach den Artikeln 97 ff. des Bundesrechtspflegegesetzes vom 16. Dezember 194311 (OG) innert 30 Tagen nach Eröffnung mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten werden.

6

7 Zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist auch die Eidgenössische Steuerverwaltung berechtigt (Art. 103 Bst. b OG).

Art. 10

Schweigepflicht

Wer mit dem Vollzug der Bestimmungen des Abkommens und dieses Gesetzes über den Steuerrückbehalt und die freiwillige Offenlegung betraut ist oder zu deren Vollzug beigezogen wird, hat gegenüber andern Amtsstellen und Privaten über die in Ausübung dieser Tätigkeit gemachten Wahrnehmungen Stillschweigen zu bewahren und den Einblick in amtliche Akten zu verweigern.

1

2

Keine Geheimhaltungspflicht besteht: a.

für die Eidgenössische Steuerverwaltung bei Zinsmeldungen an Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemäss Artikel 2 des Abkommens;

b.

gegenüber Organen der Rechtspflege und der Verwaltung im Verfahren gemäss den Artikeln 8 und 9 dieses Gesetzes;

c.

bei Feststellungen über Widerhandlungen gegen eidgenössische oder kantonale Verwaltungsgesetze oder gegen das Strafgesetzbuch (StGB)12, wenn das Eidgenössische Finanzdepartement die Ermächtigung zur Anzeige erteilt.

Feststellungen über Dritte, die anlässlich einer Prüfung nach Artikel 8 Absatz 4 bei einer Zahlstelle gemacht werden, dürfen nur für die Durchführung des Steuerrückbehalts und der freiwilligen Offenlegung verwendet werden.

3

Das Bankgeheimnis und andere gesetzlich geschützte Berufsgeheimnisse sind zu wahren.

4

Art. 11

Ertrag des Steuerrückbehalts

Die Kantone sind an dem der Schweiz verbleibenden Anteil des EU-Steuerrückbehalts zu zehn Prozent beteiligt.

1

Die Verteilung auf die einzelnen Kantone erfolgt jährlich per 30. Juni nach einem vom Eidgenössischen Finanzdepartement in Zusammenarbeit mit den Kantonen festzulegenden Schlüssel.

2

11 12

SR 173.110 SR 311.0

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3. Abschnitt: Strafbestimmungen Art. 12

Hinterziehung, Verletzung der Meldepflicht

Mit Busse bis zu 250 000 Franken wird bestraft, sofern nicht die Strafbestimmungen der Artikel 14­16 des Bundesgesetzes vom 22. März 197413 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR) anwendbar sind, wer vorsätzlich zum eigenen Vorteil oder zum Vorteil einer anderen Person: 1

2

a.

eine Hinterziehung begeht, indem er oder sie: 1. der Pflicht zur Vornahme eines Steuerrückbehalts nach Artikel 4 nicht nachkommt, 2. einen Steuerrückbehalt nicht nach Artikel 5 Absatz 1 der Eidgenössischen Steuerverwaltung abliefert;

b.

die Pflicht zur Zinsmeldung nach Artikel 6 Absatz 1 verletzt.

Wird die Tat fahrlässig begangen, so ist die Strafe Busse bis zu 100 000 Franken.

Art. 13

Gefährdung des Steuerrückbehalts und der freiwilligen Offenlegung

Mit Busse bis zu 20 000 Franken wird bestraft, wer die Durchführung des Abkommens und dieses Gesetzes gefährdet, indem er oder sie vorsätzlich oder fahrlässig:

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a.

im Verfahren zur Erhebung eines Steuerrückbehalts oder zur Abgabe von Zinsmeldungen der Pflicht zur Einreichung von Aufstellungen und Abrechnungen, zur Erteilung von Auskünften und zur Vorlage von Belegen nicht nachkommt;

b.

als zum Steuerrückbehalt oder zur Abgabe von Zinsmeldungen verpflichtete Person eine unrichtige Abrechnung aufstellt oder unrichtige Auskünfte erteilt;

c.

der Pflicht zur ordnungsgemässen Führung und Aufbewahrung der Geschäftsbücher und Belege nicht nachkommt; eine Strafverfolgung nach Artikel 166 StGB14 bleibt vorbehalten;

d.

die ordnungsgemässe Durchführung einer Buchprüfung oder einer anderen amtlichen Kontrolle erschwert, behindert oder verunmöglicht; eine Strafverfolgung nach den Artikeln 285 und 286 StGB bleibt vorbehalten;

e.

den Anforderungen an die Überweisung des Steuerrückbehalts oder an die Abgabe der Zinsmeldungen nicht nachkommt.

SR 313.0 SR 311.0

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Art. 14

Ordnungswidrigkeiten

Mit Busse bis zu 5000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich oder fahrlässig: a.

dem Abkommen, diesem Gesetz, einer Ausführungsverordnung oder allgemeinen Weisungen zuwiderhandelt;

b.

gegen eine an ihn oder sie gerichtete amtliche Verfügung verstösst, welche auf die Strafandrohung dieses Artikels hinweist.

Art. 15

Verfahren

Die Eidgenössische Steuerverwaltung teilt der betroffenen Person die Einleitung eines Strafverfahrens schriftlich mit. Es wird ihr Gelegenheit gegeben, sich zu den erhobenen Anschuldigungen zu äussern.

1

Nach Abschluss der Untersuchung erlässt die Eidgenössische Steuerverwaltung eine Straf- oder Einstellungsverfügung und eröffnet diese der betroffenen Person schriftlich.

2

Auf den Rechtsmittelweg und das Verfahren ist Artikel 9 Absätze 5­7 sinngemäss anwendbar.

3

Würde die Ermittlung der strafbaren natürlichen Personen Untersuchungsmassnahmen bedingen, welche im Hinblick auf die Strafe unverhältnismässig wären, so kann von einer Verfolgung dieser Personen Abstand genommen und an ihrer Stelle die Zahlstelle zur Bezahlung der Busse verurteilt werden.

4

3. Kapitel: Amtshilfe bei Steuerbetrug gemäss Artikel 10 des Abkommens Art. 16

Vorprüfung ausländischer Ersuchen

Stellt eine zuständige ausländische Behörde ein Amtshilfeersuchen auf der Grundlage von Artikel 10 des Abkommens in einem Fall von Steuerbetrug im Sinne jenes Artikels, so unterzieht die Eidgenössische Steuerverwaltung das Ersuchen einer Vorprüfung.

1

Ergibt die Vorprüfung, dass dem Ersuchen nicht entsprochen werden kann, weil die im Ausland begangene Tat, wäre sie in der Schweiz begangen worden, keinen Steuerbetrug im Sinne von Artikel 10 Absatz 1 des Abkommens oder lediglich eine Steuerhinterziehung darstellen würde, so teilt die Eidgenössische Steuerverwaltung dies der zuständigen ausländischen Behörde mit. Diese kann ihr Ersuchen ergänzen.

2

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Art. 17

Beschaffung der Informationen

Ergibt die Vorprüfung, dass die Voraussetzungen zur Gewährung von Amtshilfe erfüllt sind, so unternimmt die Eidgenössische Steuerverwaltung gleichzeitig folgende Schritte:

1

a.

Sie benachrichtigt diejenige Person, die in der Schweiz über die einschlägigen Informationen verfügt (Informationsinhaberin), über den Eingang des Ersuchens und über die darin verlangten Informationen; der übrige Inhalt des Ersuchens darf der Informationsinhaberin nicht mitgeteilt werden.

b.

Sie ersucht die Informationsinhaberin, ihr die Informationen zuzustellen.

c.

Sie ersucht die Informationsinhaberin, die betroffene Person mit ausländischem Wohnsitz aufzufordern, in der Schweiz eine zustellungsbevollmächtigte Person zu bezeichnen.

Übergibt die Informationsinhaberin die verlangten Informationen der Eidgenössischen Steuerverwaltung, so prüft diese die Informationen und erlässt eine Schlussverfügung.

2

Stimmt die Informationsinhaberin der Übermittlung der verlangten Informationen innerhalb von 30 Tagen nach Kenntnisnahme der von der Eidgenössischen Steuerverwaltung gemäss Absatz 1 unternommenen Schritte nicht zu, so erlässt die Eidgenössische Steuerverwaltung gegenüber der Informationsinhaberin eine Verfügung, mit der sie die Herausgabe der im ausländischen Ersuchen bezeichneten Informationen verlangt.

3

4

Die nach Artikel 321 StGB15 geschützten Berufsgeheimnisse bleiben vorbehalten.

Art. 18

Rechte der betroffenen Person

Die Eidgenössische Steuerverwaltung eröffnet die an die Informationsinhaberin gerichtete Verfügung sowie eine Kopie des Ersuchens der zuständigen ausländischen Behörde auch der betroffenen Person oder der zustellungsbevollmächtigten Person, sofern im Ersuchen nicht ausdrücklich die Geheimhaltung verlangt wird.

1

Hat die betroffene Person keine zustellungsbevollmächtigte Person bezeichnet, so nimmt die zuständige ausländische Behörde nach dem Recht des ersuchenden Staates die Eröffnung der Verfügung und des Ersuchens vor.

2

Gleichzeitig setzt die Eidgenössische Steuerverwaltung der betroffenen Person eine Frist zur Zustimmung zur Informationsübergabe oder zur Bezeichnung einer zustellungsbevollmächtigten Person.

3

Die betroffene Person kann sich am Verfahren beteiligen und Einsicht in die Akten nehmen. Die Akteneinsicht und die Teilnahme am Verfahren dürfen nur verweigert werden für Aktenstücke und Verfahrenshandlungen, für die Geheimhaltungsgründe nach Artikel 80b Absatz 2 des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 198116 bestehen.

4

15 16

SR 311.0 SR 351.1

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Genehmigung und die Umsetzung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EG über die Zinsbesteuerung. BB

Gegenstände, Dokumente und Unterlagen, die der Eidgenössischen Steuerverwaltung ausgehändigt oder von ihr beschafft wurden, dürfen nicht zur Durchsetzung des schweizerischen Steuerrechts verwendet werden. Artikel 23 Absatz 4 bleibt vorbehalten.

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Art. 19

Zwangsmassnahmen

Werden die in der Verfügung verlangten Informationen nicht innerhalb der verfügten Frist der Eidgenössischen Steuerverwaltung übergeben, so können folgende Zwangsmassnahmen durchgeführt werden:

1

a.

Hausdurchsuchungen;

b.

Beschlagnahme von Gegenständen, Dokumenten und Unterlagen auf Papier oder auf andern Datenträgern.

Zwangsmassnahmen sind vom Direktor oder der Direktorin der Eidgenössischen Steuerverwaltung anzuordnen. Sie bedürfen der vorgängigen Bewilligung der Richterin oder des Richters, die oder der für Entscheide über ausländische Rechtshilfeersuchen in dem Kanton zuständig ist, in dem die Zwangsmassnahmen durchgeführt werden sollen.

2

3

Sie sind von besonders ausgebildeten Personen durchzuführen.

Ist Gefahr im Verzug und kann eine Massnahme nicht rechtzeitig angeordnet werden, so darf die besonders ausgebildete Person von sich aus eine Zwangsmassnahme durchführen. Die Massnahme bedarf der nachträglichen Genehmigung der Richterin oder des Richters nach Absatz 2.

4

Die Polizeikorps der Kantone und der Gemeinden unterstützen die Eidgenössische Steuerverwaltung bei der Durchführung der Zwangsmassnahmen.

5

Kosten, die dem Inhaber oder der Inhaberin der Räumlichkeiten, Gegenstände, Dokumente oder Unterlagen oder der Informationsinhaberin aus den Zwangsmassnahmen entstehen, sind von diesem oder dieser selber zu tragen.

6

Art. 20

Hausdurchsuchungen

Räume dürfen nur durchsucht werden, wenn es wahrscheinlich ist, dass sich darin die im Zusammenhang mit dem Amtshilfeersuchen stehenden Gegenstände, Dokumente oder Unterlagen befinden.

1

Dem Inhaber oder der Inhaberin der Gegenstände, Dokumente oder Unterlagen oder der Informationsinhaberin ist Gelegenheit zu geben, sich vor der Durchsuchung über ihren Inhalt auszusprechen.

2

Die Informationsinhaberin muss bei der Lokalisierung und Identifizierung der Gegenstände, Dokumente und Unterlagen mitwirken.

3

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Gegenstände, Dokumente oder Unterlagen sind mit grösster Schonung der Privatsphäre zu durchsuchen.

4

5

Die Durchführung richtet sich nach Artikel 49 VStrR17.

Art. 21

Beschlagnahme von Gegenständen, Dokumenten und Unterlagen

Es dürfen nur Gegenstände, Dokumente oder Unterlagen beschlagnahmt werden, die im Zusammenhang mit dem Amtshilfeersuchen von Bedeutung sein könnten.

Art. 22

Vereinfachtes Verfahren

Stimmt die betroffene Person der Aushändigung der Informationen an die zuständige ausländische Behörde zu, so informiert sie die Eidgenössische Steuerverwaltung darüber schriftlich. Die Zustimmung ist unwiderruflich.

1

Die Eidgenössische Steuerverwaltung hält die Zustimmung schriftlich fest und schliesst das Verfahren durch Übermittlung der Informationen an die zuständige ausländische Behörde ab.

2

3 Betrifft die Zustimmung nur einen Teil der Informationen, so werden die restlichen Gegenstände, Dokumente oder Unterlagen nach den Artikeln 17­21 beschafft und mittels Schlussverfügung übermittelt.

Art. 23

Abschluss des Verfahrens

Nachdem der betroffenen oder der zustellungsbevollmächtigten Person die Akteneinsicht ermöglicht worden ist, erlässt die Eidgenössische Steuerverwaltung eine begründete Schlussverfügung; darin äussert sie sich zur Frage, ob die Voraussetzungen für die Leistung von Amtshilfe erfüllt sind, und entscheidet über die Übermittlung von Gegenständen, Dokumenten oder Unterlagen an die zuständige ausländische Behörde.

1

Die Verfügung wird der betroffenen oder der zustellungsbevollmächtigten Person eröffnet. Macht die Informationsinhaberin glaubhaft, dass durch die Gewährung der Amtshilfe eigene Interessen betroffen sind, so wird die Verfügung auch ihr eröffnet.

2

Hat die betroffene Person keine zustellungsbevollmächtigte Person bezeichnet, so erfolgt die Zustellung der Schlussverfügung gemäss Artikel 36b des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 196818 über das Verwaltungsverfahren.

3

Nach Eintritt der Rechtskraft der Schlussverfügung sowie nach Abschluss des vereinfachten Verfahrens gemäss Artikel 22 können die im ausländischen Amtshilfeersuchen enthaltenen und die nach Artikel 17­21 beschafften Informationen in der Schweiz nur durch die Steuer- und die Steuerjustizbehörden verwendet werden.

4

17 18

SR 313.0 SR 172.021

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Art. 24

Rechtsmittel

Die Schlussverfügung der Eidgenössischen Steuerverwaltung über die Übermittlung von Informationen unterliegt der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht.

1

Zur Beschwerde ist auch die Informationsinhaberin befugt, soweit sie eigene Interessen geltend macht.

2

3

Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung.

Jede der Schlussverfügung vorangehende Verfügung, einschliesslich der Verfügung über Zwangsmassnahmen, ist sofort vollstreckbar und kann nur zusammen mit der Schlussverfügung angefochten werden.

4

4. Kapitel: Schlussbestimmungen Art. 25

Ausführungsbestimmungen

Der Bundesrat kann Ausführungsbestimmungen zum Abkommen und zu diesem Gesetz erlassen.

Art. 26

Aussetzung der Anwendung und Ausserkrafttreten gemäss Abkommen

Wird die Anwendung des Abkommens gemäss Artikel 18 Absatz 4 oder 5 des Abkommens ausgesetzt, so setzt der Bundesrat die Anwendung dieses Gesetzes zeitgleich aus.

1

Tritt das Abkommen gemäss Artikel 17 Absatz 4 des Abkommens ausser Kraft, so setzt der Bundesrat dieses Gesetz zeitgleich ausser Kraft.

2

Art. 3 Dieser Beschluss untersteht dem fakultativen Staatsvertragsreferendum für Verträge, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert, nach den Artikeln 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 und 141a Absatz 2 der Bundesverfassung.

1

Der Bundesrat bestimmt den Beginn der Anwendung des Abkommens nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a.

2

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Er entscheidet gemäss Artikel 18 Absatz 4 oder 5 des Abkommens nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a über eine Aussetzung der Anwendung dieses Abkommens.

3

4

Er bestimmt das Inkrafttreten des in Artikel 2 aufgeführten Bundesgesetzes.

Ständerat, 17. Dezember 2004

Nationalrat, 17. Dezember 2004

Der Präsident: Bruno Frick Der Sekretär: Christoph Lanz

Der Präsident: Jean-Philippe Maitre Der Protokollführer: Christophe Thomann

Datum der Veröffentlichung: 21. Dezember 200419 Ablauf der Referendumsfrist: 31. März 2005

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BBl 2004 7185

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