zu 98.407 Parlamentarische Initiative Rückerstattung der Verrechnungssteuer an Stockwerkeigentümergemeinschaften (Widrig) Bericht vom 26. Oktober 1999 der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates Stellungnahme des Bundesrates vom 1. März 2000

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen, gestützt auf Artikel 21quater Absatz 4 des Geschäftsverkehrsgesetzes, unsere Stellungnahme zu Bericht und Antrag der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) vom 26. Oktober 1999, welche mittels parlamentarischer Initiative eine Vorlage betreffend Rückerstattung der Verrechnungssteuer an Stockwerkeigentümergemeinschaften beantragt.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

1. März 2000

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates

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Der Bundespräsident: Adolf Ogi Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2000-0770

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Übersicht Die Eidgenössische Steuerverwaltung hat im Jahr 1995, im Einvernehmen mit der Konferenz staatlicher Steuerbeamter, mittels eines Kreisschreibens an die kantonalen Verrechnungssteuerämter eine Praxisvereinheitlichung vorgenommen. Danach wurde die Zuständigkeit zur Rückerstattung der Verrechnungssteuer auf Erträgen des Erneuerungsfonds neu ausschliesslich an die Kantone delegiert, soweit es sich bei den Stockwerkeigentümern um natürliche Personen handelt.

Bis dahin war die Rückerstattung der Verrechnungssteuer auf Zusehen hin vom Bund an die Stockwerkeigentümergemeinschaft erfolgt. Nebst diesem Verfahren erstatteten gewisse Kantone die Verrechnungssteuer jedoch auch den einzelnen inländischen Mitgliedern der Gemeinschaft nach Massgabe ihrer Quote. Damit konnte sich die Gemeinschaft entweder für eine globale Rückerstattung beim Bund oder für eine individuelle Rückerstattung mittels persönlicher Verrechnungssteueranträge ihrer Mitglieder (natürliche Personen) beim Kanton entscheiden. Diese parallelen Verfahren führten zu einer Rechtsunsicherheit und doppelten Rückerstattungen der Verrechnungssteuer. Aus diesen Gründen sieht die seit 1995 geltende Praxisvereinheitlichung für natürliche Personen nur noch die Rückerstattung an die Mitglieder der Stockwerkeigentümergemeinschaft durch die Kantone vor.

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben will, entsprechend dem Begehren der von Nationalrat Widrig am 17. März 1998 in der Form einer allgemeinen Anregung eingereichten Parlamentarischen Initiative, durch eine Änderung von Artikel 24 Absatz 5 des Verrechnungssteuergesetzes die ausschliessliche Rückerstattungsberechtigung von Stockwerkeigentümergemeinschaften für die auf Erträgen des Erneuerungsfonds abgezogene Verrechnungssteuer gesetzlich verankern. Diesem Antrag widersetzt sich der Bundesrat namentlich deshalb, weil die einzelnen Stockwerkeigentümer und nicht die Gemeinschaft ihren Anteil am Ertrag und Vermögen aus dem Erneuerungsfonds zu deklarieren haben. Es entspricht daher dem Sicherungszweck der Verrechnungssteuer am besten, wenn die Verrechnungssteuerrückerstattung an diese Deklaration durch die einzelnen Stockwerkeigentümer anknüpft.

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Stellungnahme 1

Geltendes Recht

Auszugehen ist von der in den Artikeln 21­33 des Bundesgesetzes vom 13. Oktober 1965 über die Verrechnungssteuer (VStG; SR 642.21) geregelten Rückerstattungsordnung. Danach haben natürliche Personen die Rückerstattung der Verrechnungssteuer ­ mit Ausnahme derjenigen auf Versicherungsleistungen (Art. 33 Abs. 2 VStG) ­ beim Kanton, in dem sich der Wohnsitz befindet, zu beantragen (Art. 30 Abs. 1 VStG). Ihr Rückerstattungsanspruch setzt voraus, dass sie bei Fälligkeit der steuerbaren Leistung im Inland Wohnsitz hatten (Art. 22 VStG), in diesem Zeitpunkt das Recht zur Nutzung des den steuerbaren Ertrag abwerfenden Vermögenswertes besassen (Art. 21 Abs. 1 Bst. a VStG) und die mit der Verrechnungssteuer belasteten Einkünfte und entsprechenden Vermögenswerte gemäss den gesetzlichen Vorschriften den zuständigen Steuerbehörden angegeben haben (Art. 23 VStG). Juristische Personen sowie Handelsgesellschaften ohne juristische Persönlichkeit haben die Rückerstattung bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) zu beantragen (Art. 30 Abs. 2 VStG). Auch für sie besteht ein Rückerstattungsanspruch nur, wenn sie bei Fälligkeit der steuerbaren Leistung ihren Sitz im Inland hatten (Art. 24 Abs. 2 VStG), in diesem Zeitpunkt das Recht zur Nutzung des den steuerbaren Ertrag abwerfenden Vermögenswertes besassen (Art. 21 Abs. 1 Bst. a VStG) und die mit der Verrechnungssteuer erfassten Einkünfte ordnungsgemäss als Ertrag verbucht haben (Art. 25 Abs. 1 VStG). Gemäss Artikel 24 Absatz 5 VStG regelt die Verordnung (Vollziehungsverordnung vom 19. Dezember 1966 zum Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer [VStV; SR 642.211]) den Rückerstattungsanspruch von Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, die das Recht der Persönlichkeit nicht erlangt haben, aber über eine eigene Organisation verfügen und im Inland tätig sind oder verwaltet werden.

Gestützt auf diese Delegationsnorm von Artikel 24 Absatz 5 VStG erliess der Bundesrat Artikel 55 VStV. Diese Bestimmung lautet wie folgt: «Gleich juristischen Personen haben Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer: a. Gemeinschaftsunternehmen (Baukonsortien u. dgl.), wenn die Verrechnungssteuer von Zinsen von Guthaben abgezogen wurde, die sie ausschliesslich für Zwecke des Gemeinschaftsunternehmens unterhalten, und sofern dem Rückerstattungsantrag ein Verzeichnis aller
Teilhaber beigelegt wird; b. Personenvereinigungen, die das Recht der Persönlichkeit nicht erlangt haben, aber über eine eigene Organisation verfügen und ausschliesslich oder vorwiegend im Inland tätig sind, wenn die Mitglieder für ihren Anteil am Einkommen und Vermögen der Vereinigung nicht steuerpflichtig sind und für ihren Anteil an den Einkünften der Vereinigung persönlich keinen Rückerstattungsanspruch geltend machen; c. im Inland verwaltete Vermögensmassen, die einem besonderen Zweck gewidmet sind, jedoch das Recht der Persönlichkeit nicht erlangt haben, wenn die Vermögenswerte und ihr Ertrag steuerlich nicht bestimmten Personen zugerechnet werden können.»

In Bezug auf die Frage, ob den Stockwerkeigentümergemeinschaften ein (eigener) Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer auf Erträgen des Erneuerungsfonds zusteht, ergibt sich daraus in Übereinstimmung mit der bundesgerichtlichen 4905

Rechtsprechung Folgendes1: Stockwerkeigentümergemeinschaften haben, da sie weder juristische Personen noch Handelsgesellschaften ohne juristische Persönlichkeit sind, keinen Rückerstattungsanspruch gemäss Artikel 24 Absatz 2 VStG. Sodann erfüllen Stockwerkeigentümergemeinschaften auch nicht die Rückerstattungsvoraussetzungen von Artikel 55 Buchstaben a­c VStV: Was zunächst die Gemeinschaftsunternehmen nach der Art von Baukonsortien gemäss Artikel 55 Buchstabe a VStV anbelangt, so sind darunter vertragliche Zusammenschlüsse einiger weniger Personen zur Verfolgung eines bestimmten wirtschaftlichen Zwecks zu verstehen (in der Regel zur Erfüllung eines Werkvertrags oder Auftrags), zeitlich begrenzt bis dieser Zweck erreicht ist und betrieblich nur insoweit, als es der Zweck erheischt2. Diese Umschreibung, die nicht ausdehnend zu interpretieren ist, passt nicht auf Stockwerkeigentümergemeinschaften. Sodann kann auch nicht gesagt werden, dass es sich bei Stockwerkeigentümern um Mitglieder einer Personenvereinigung handelt, die für ihren Anteil am Einkommen und Vermögen der Vereinigung nicht steuerpflichtig sind (Art. 55 Bst. b VStV) bzw. denen die fraglichen Vermögenswerte und ihr Ertrag steuerlich nicht zugerechnet werden können (Art. 55 Bst. c VStV). Vielmehr sind die einzelnen Stockwerkeigentümer steuerpflichtig und kann ihnen der Ertrag (aus gemeinschaftlichen Vermögenswerten) anteilsmässig ohne Schwierigkeiten zugerechnet werden.

Die Verrechnungssteuer dient in erster Linie, wenn auch nicht ausschliesslich, der Sicherung der Kantons- und Gemeindesteuern und soll die Steuerhinterziehung von im Inland domizilierten Steuerpflichtigen eindämmen. Da die einzelnen Stockwerkeigentümer und nicht die Gemeinschaft ihren Anteil am Ertrag und Vermögen aus dem Erneuerungsfonds zu deklarieren und zu versteuern haben, entspricht es dem Sicherungszweck der Verrechnungssteuer, wenn die Verrechnungssteuerrückerstattung an diese Deklaration anknüpft.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass nach geltendem Recht sowohl eine gesetzliche als auch eine verordnungsmässige Grundlage für einen Rückerstattungsanspruch von Stockwerkeigentümergemeinschaften fehlt.

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Überprüfung der Rechtsgrundlagen

Im Zuge der weiteren Kommissionsarbeiten wurde die ESTV damit beauftragt, in einem Bericht darzustellen, welche Rechtsgrundlagen für eine Rückerstattungsberechtigung von Stockwerkeigentümergemeinschaften geändert werden müssen und mit welchen Folgen diese Änderungen verbunden sind. Im Einzelnen wurden folgende Varianten geprüft: Änderung des Bundesgesetzes vom 13. Oktober 1965 über die Verrechnungssteuer (Variante 13), Änderung des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer sowie des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten

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3

Vgl. Bundesgerichtsurteil vom 26. März 1999 i.S. Stockwerkeigentümergemeinschaft K.

betreffend Rückerstattung der Verrechnungssteuer.

Im Wesentlichen geht es hier darum, dass die Verrechnungssteuer auf Zinsen von Bankkonten, über die der gemeinschaftliche Zahlungsverkehr für die Erfüllung eines Werkvertrags oder Auftrags abgewickelt wird, vom Gemeinschaftsunternehmen als solchem zurückgefordert werden kann, unter der Voraussetzung, dass die verrechnungssteuerbelasteten Zinsen brutto in der Gemeinschaftsrechnung verbucht werden.

Ausdrückliche Normierung der Rückerstattungsberechtigung im Verrechnungssteuergesetz.

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Steuern der Kantone und Gemeinden (Variante 24), Änderung der Verordnung vom 19. Dezember 1966 zum Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer (Variante 35).

In der Folge hat sich die Kommission dagegen ausgesprochen, die Stockwerkeigentümergemeinschaften durch entsprechende Änderung der Bundesgesetze über die direkte Bundessteuer und über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden zu Steuersubjekten zu erklären (Ablehnung der Variante 2). Gleichzeitig ersuchte die Kommission das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) um Abklärung der Möglichkeit, in Artikel 55 der Verrechnungssteuerverordnung eine Rückerstattung der auf Erträgen von Erneuerungsfonds erhobenen Verrechnungssteuer an Stockwerkeigentümergemeinschaften vorzusehen. Da die Rückerstattung der Verrechnungssteuer bei natürlichen Personen eng mit den kantonalen Steuererklärungen und dem kantonalen Veranlagungsverfahren verbunden ist, bat das EFD die kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren, im Rahmen einer kurzen Konsultation folgende drei Fragen zu beantworten: 1.

Bevorzugen Sie die seit 1995 geltende Neuordnung?

2.

Bevorzugen Sie die ausschliessliche Rückerstattung durch den Bund (Varianten 1 [= Änderung des VSt-Gesetzes] und 3 [= Änderung nur der VStVerordnung] des Berichtes der ESTV)?

3.

Sollen im Falle der Rückerstattung durch den Bund die Stockwerkeigentümergemeinschaften für die direkten Steuern zu Steuersubjekten erklärt werden (Variante 2 des Berichtes der ESTV)?

3

Das Ergebnis der Konsultation und ihre Beurteilung

3.1

Das Ergebnis

Die Konsultation der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren hat ergeben, dass 14 Kantone6, darunter neben dem Tessin die gesamte Westschweiz, an der Praxis gemäss Kreisschreiben der ESTV vom 16. Januar 1995 und damit an der individuellen Rückerstattung an die einzelnen Stockwerkeigentümer festhalten wollen. Fast alle diese Kantone attestieren der seit 1995 geltenden Praxis ausdrücklich, dass sie sich bei allen Beteiligten gut eingespielt hat. In den Stellungnahmen kommt zum Ausdruck, dass die geltende Praxis bei Stockwerkeigentümern, Liegenschaftsverwaltern, Stockwerkeigentümergemeinschaftsverwaltungen sowie Steuerverwaltungen gut und ohne nennenswerten Mehraufwand funktioniert. Mehrere dieser Kantone erwähnen sodann, mit der seit 1995 geltenden Ordnung sei sichergestellt, dass die Verrechnungssteuer nur auf Erträgen zurückerstattet wird, welche tatsächlich zur Besteuerung gelangen. Demgegenüber wäre die Sicherungsfunktion bei einer Änderung des VStG oder der VStV nicht gewährleistet.

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Stockwerkeigentümergemeinschaften werden in Bezug auf das ihnen gehörende Vermögen und dessen Ertrag den juristischen Personen gleichgestellt und für die direkten Steuern des Bundes und der Kantone gesetzlich zu Steuersubjekten erklärt. Gleichzeitig wird ihnen durch entsprechende Änderung des VStG ein eigener Rückerstattungsanspruch zuerkannt.

Ausdrückliche Verankerung des Rückerstattungsanspruchs von Stockwerkeigentümergemeinschaften in Art. 55 VStV.

BE, FR, GE, JU, LU, NE, NW, OW. SO, TI, UR, VD, VS, ZG

4907

12 Kantone7 sprachen sich für eine Rückerstattung der Verrechnungssteuer an die Stockwerkeigentümergemeinschaften aus. Sie halten die geltende Rückerstattungspraxis als für alle Beteiligten zu kompliziert; der administrative Aufwand für die einzelnen Stockwerkeigentümer sei in Anbetracht der auf sie entfallenden geringfügigen Beträge unverhältnismässig. Acht dieser Kantone bezeichneten die Sorge der ESTV, dass im Falle einer Rückerstattung durch den Bund die ordnungsgemässe Versteuerung durch den einzelnen Miteigentümer nicht gewährleistet wäre, als gänzlich unbegründet. Dies deshalb, weil der einzelne Stockwerkeigentümer die Erträge aus dem Erneuerungsfonds, an denen ihm kein Nutzungsrecht zustehe, nicht zu versteuern habe. Aus diesem Grund sei das Argument der Sicherungsfunktion gegenstandslos.

Eine Steuerpflicht der Stockwerkeigentümergemeinschaften für die direkten Steuern wurde von den Kantonen teils ohne Begründung abgelehnt, teils als nicht gerechtfertigt oder wegen des damit für die Steuerbehörden verbundenen unverhältnismässigen Mehraufwandes als nicht akzeptabel bezeichnet.

3.2

Beurteilung

3.2.1

Allgemeines

Die ausdrückliche gesetzliche Regelung der Rückerstattungsberechtigung von Stockwerkeigentümergemeinschaften durch entsprechende Ergänzung von Artikel 24 Absatz 5 VStG würde sich im Ergebnis mit der früheren Rückerstattungspraxis decken, wie sie letztmals für Fälligkeiten 1994 teilweise (und «auf Zusehen hin») zur Anwendung gelangte und nach welcher Stockwerkeigentümergemeinschaften verfahrensmässig ein gegenüber der ESTV geltend zu machender Rückerstattungsanspruch zustand. Wohl hätte damit die Rückerstattung durch die ESTV an Stockwerkeigentümergemeinschaften eine gesetzliche Grundlage. Auch würde es sich um das einzig zulässige Rückerstattungsverfahren handeln und wäre eine Rückerstattung durch den Kanton unstatthaft. Indessen wäre die ordnungsgemässe Versteuerung durch die einzelnen Miteigentümer nicht gewährleistet. Für den einzelnen Stockwerkeigentümer ergäbe sich auch keine Vereinfachung, hätte er doch die entsprechenden Erträge statt wie bisher im Wertschriftenverzeichnis unter der Kolonne A («der Verrechnungssteuer unterliegend») neu unter der Kolonne B («der Verrechnungssteuer nicht unterliegend») zu deklarieren.

3.2.2

Zum Aufwand für Steuerpflichtige und Steuerbehörden

Den Wertschriftenverzeichnissen liegt in der Regel eine genaue Abrechnung für die Stockwerkeigentümergemeinschaft mit den Anteilen der einzelnen Stockwerkeigen-

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AG, AI, AR, BL, BS, GL, GR, SG, SH, SZ, TG, ZH

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tümer am Erneuerungsfonds und am Ertrag dieses Fonds bei8. Die Steuerverwaltungen sehen sich deshalb kaum je zu Rückfragen oder Belegeinforderungen veranlasst.

Sie haben lediglich eine Position mehr im Wertschriftenverzeichnis zu prüfen. Die ausschliessliche Rückerstattung durch den Bund würde demgegenüber zusätzlichen Verwaltungsaufwand verursachen, ohne dass sie mit einer Vereinfachung für die Steuerpflichtigen verbunden wäre. Das Problem der Kontrolle der Deklarationen wäre nicht gelöst. Selbst blosse Stichprobenkontrollen und erst recht die Rückforderung zu Unrecht zurückerstatteter Verrechnungssteuern wären aufwendig.

3.2.3

Zur Sicherungsfunktion der Verrechnungssteuer

Die geltende Rückerstattungsordnung stellt sicher, dass die Verrechnungssteuer nur auf Erträgen zurückerstattet wird, welche auch tatsächlich zur Besteuerung gelangen. Demgegenüber wäre das Problem der Nichtversteuerung durch die einzelnen Stockwerkeigentümer bei einer Rückerstattung durch den Bund nicht gelöst.

3.2.4

Zur Steuerpflicht von Stockwerkeigentümergemeinschaften

Eine Steuerpflicht von Stockwerkeigentümergemeinschaften hätte zur Folge, dass der Bearbeitungsaufwand für diese zusätzlichen Steuerpflichtigen in keinem vernünftigen Verhältnis zum Steuerertrag stünde.

3.2.5

Zum Nutzungsrecht der einzelnen Stockwerkeigentümer

In einigen kantonalen Vernehmlassungen wurde geltend gemacht, dass die Nutzung des sich aus der Verwaltung der Stockwerkeigentümergemeinschaft ergebenden Vermögens der Gemeinschaft zustehe. Dazu ist Folgendes zu bemerken9: a.

8

9

Es sind die einzelnen Stockwerkeigentümer, denen das Recht zur Nutzung des den steuerbaren Ertrag abwerfenden Vermögenswertes zusteht und die einkommenssteuerpflichtig sind, nicht die Stockwerkeigentümergemeinschaft. Zwar bringt Artikel 712h Absatz 2 Ziffer 3 ZGB zum Ausdruck, dass Steuern auch den Stockwerkeigentümern gemeinschaftlich auferlegt werden können, doch bestimmt das kantonale Steuerrecht, ob der Miteigentumsan-

Zu den in diesem Zusammenhang häufig ins Feld geführten angeblich unüberwindbaren Schwierigkeiten ist Folgendes zu bemerken: Es trifft nicht zu, dass jeder einzelne Stockwerkeigentümer die vollständige Jahresrechnung und die Bankbelege der Gemeinschaft beilegen muss. Andererseits ist daran zu erinnern, dass die Verwaltung der vorhandenen Geldmittel (und damit auch des Erneuerungsfonds) zu den Aufgaben des Verwalters gehört (Art. 712s ZGB) und die Stockwerkeigentümergemeinschaft für die Genehmigung der Rechnung zuständig ist (Art. 712m ZGB). Es kann deshalb nicht gesagt werden, die geltende Rückerstattungsordnung behindere die Entfaltung von Stockwerkeigentum, so wenig wie das Stockwerkeigentum durch eine Rückerstattungsberechtigung von Stockwerkeigentümergemeinschaften gefördert würde.

Vgl. dazu auch das Bundesgerichtsurteil vom 26. März 1999 i.S. Stockwerkeigentümergemeinschaft K. betreffend Rückerstattung der Verrechnungssteuer.

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teil als solcher oder die ganze Liegenschaft besteuert werden soll. Miteigentumsanteile an Grundstücken und deren Ertrag werden nun aber bei den direkten Steuern vom Einkommen und Vermögen regelmässig bei den einzelnen Stockwerkeigentümern besteuert. Diesen steht daher das Recht zur Nutzung im Sinne von Artikel 21 Absatz 1 Buchstabe a VStG zu.

b.

Mit der zivilrechtlichen Regelung des Stockwerkeigentums steht dies nicht im Widerspruch. Artikel 712l Absatz 1 ZGB erklärt die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer im Bereich der gemeinschaftlichen Verwaltung für befähigt, das anfallende Vermögen und insbesondere die Mittel des Erneuerungsfonds unter eigenem Namen zu erwerben. Das bedeutet, dass die mit der Verrechnungssteuer belasteten Leistungen, wie namentlich die Erträge auf dem Erneuerungsfonds, der Gemeinschaft unter eigenem Namen zustehen. Der Gesetzgeber hat mit dieser Regelung der Stockwerkeigentümergemeinschaft beschränkte Vermögens- und Handlungsfähigkeit verliehen, um sie als geschlossene Einheit am Rechtsverkehr teilnehmen zu lassen. Diese Ordnung wird aber dadurch, dass der Rückerstattungsanspruch für die Verrechnungssteuer den einzelnen Stockwerkeigentümern und nicht der Gemeinschaft zuerkannt wird, nicht in Frage gestellt.

Die Auffassung, wonach das Nutzungsrecht der Stockwerkeigentümergemeinschaft zustehe, lässt sich mit diesen Feststellungen nicht vereinbaren.

3.2.6

Zu den finanziellen Folgen

Die finanziellen Folgen einer Rückerstattungsberechtigung von Stockwerkeigentümergemeinschaften für den Bund und die Kantone sind schwer absehbar. Einerseits kann das Verhalten der Betroffenen nicht vorausgesagt werden. Andererseits beruhen Schätzungen der möglichen Auswirkungen auf Vergangenheitsdaten und/oder verschiedenen unsicheren Annahmen. Zu diesen Vergangenheitsdaten gehört die Feststellung, dass die Verrechnungssteuer, welche die ESTV nach früherer Praxis direkt an Stockwerkeigentümergemeinschaften zurückerstattete, in den Jahren 1994 und 1995 im Durchschnitt 14,5 Millionen Franken ausmachte. Dies entspricht jährlichen Vermögenserträgen von rund 40 Millionen Franken. Dabei hatte die ESTV in den Jahren 1995 und 1996 rund 20 000 Dossiers von Stockwerkeigentümergemeinschaften zu bewirtschaften. Mit der seit 1. Januar 1996 (erstmals für Fälligkeiten ab 1995) vereinheitlichten Rückerstattungspraxis konnte mit andern Worten die ESTV den Verwaltungsaufwand für die Bearbeitung von rund 20 000 Dossiers einsparen, ohne dadurch den Stockwerkeigentümergemeinschaften bei Erstellung der Abrechnung und den Kantonen bei der Kontrolle einen wesentlichen Mehraufwand zu verursachen.

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Zusammenfassung

Die einzelnen Stockwerkeigentümer (und nicht die Gemeinschaft) haben ihren Anteil am Ertrag und Vermögen aus dem Erneuerungsfonds zu deklarieren und zu versteuern. Es ist deshalb systemkonform und sachgerecht, die Verrechnungssteuerrückerstattung an die Erfüllung dieser Deklarationspflicht anknüpfen zu lassen. Anders zu entscheiden hiesse, sich damit abzufinden, dass das entsprechende Vermö4910

gen und die daraus fliessenden Erträge unversteuert bleiben. Die Erfahrungen mit der seit dem 1. Januar 1996 (erstmals für Fälligkeiten ab 1. Jan. 1995) vereinheitlichten Rückerstattungspraxis sind alles in allem positiv: Zum einen war die Gefahr doppelter Rückerstattungen beseitigt. Zum andern hat sich gezeigt, dass die Stockwerkeigentümer problemlos in der Lage sind, ihren Verrechnungssteueranteil mit ihrem persönlichen Wertschriftenverzeichnis geltend zu machen. Der Bundesrat ist deshalb nicht bereit, dem vorliegenden Antrag der Kommission und damit einer Lösung zuzustimmen, die insbesondere dem Sicherungszweck der Verrechnungssteuer nicht Rechnung trägt.

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