Wirkungen des Bundesinventars der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN) Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 3. September 2003 auf der Grundlage einer Evaluation der Parlamentarischen Verwaltungskontrollstelle Antwort des Bundesrates vom 15. Dezember 2003

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, mit dem Bericht Ihrer Kommission vom 3. September 2003 haben Sie die Wirkungen des seit 1977 bestehenden Bundesinventars der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN) untersucht und empfehlen verschiedene Massnahmen, um die Wirksamkeit des BLN bei der Umsetzung zu verbessern.

Der Bundesrat dankt Ihnen für die vertiefte Analyse und Ihr Engagement zu Gunsten der wertvollsten Landschaften und Naturdenkmäler unseres Landes. Er ist sich der Bedeutung des BLN für die Natur- und Landschaftspolitik bewusst. Er geht einig mit der Stossrichtung Ihres Berichtes, wonach das Instrument BLN in Zusammenarbeit mit Behörden aller Stufen und möglichst unter Einbezug der Bevölkerung und der direkt Betroffenen zu stärken und seine Wirkung zu verbessern sei. Dabei nimmt er mit Befriedigung zur Kenntnis, dass die Verfahren auf Bundesstufe in den letzten Jahren verbessert wurden und die Beeinträchtigungen von BLN-Objekten durch Bundestätigkeiten abgenommen haben.

Mit dem Landschaftskonzept Schweiz hat der Bundesrat im Jahr 1997 Rahmenbedingungen geschaffen, die bei der Umsetzung sämtlicher raumrelevanter Bundesaufgaben die Berücksichtigung der Anliegen des Natur- und Landschaftsschutzes sicherstellen. Die Massnahme 7.12 «Überprüfung der Schutzziele und -konzepte in BLN-Gebieten» nimmt das zentrale Anliegen Ihres Berichtes auf; die Realisierung wurde jedoch noch nicht in ausreichendem Ausmass angegangen. Der Bundesrat wird dieser Massnahme nun eine erhöhte Priorität einräumen, damit dies ab 2004 zielgerichtet der Fall ist.

Zu den fünf Empfehlungen Ihres Berichtes nimmt der Bundesrat innert der von Ihrer Kommission gewünschten Frist wie folgt Stellung:

2003-2365

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zu Empfehlung 1:

Schutzziele des BLN

Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates empfiehlt dem Bundesrat, die gebietsspezifischen Schutzziele des BLN zu überprüfen und zu präzisieren.

Die Ziele sollen unter den Gesichtspunkten einer ganzheitlichen Regionalentwicklung und einer zeitgemässen Umweltpolitik reformuliert werden. Diese Überarbeitung hat in konstruktiver Zusammenarbeit zwischen den Behörden unter Einbezug der Bevölkerung und der direkt Betroffenen zu geschehen.

Der Bundesrat ist bereit, die Empfehlung 1 umzusetzen, sofern der dafür nötige Personalaufwand aus dem Sachkredit 810.4600.201 Natur- und Landschaftschutz gedeckt werden kann: Die Schwächen des BLN sind dem Bundesrat seit einiger Zeit bekannt. Deshalb fanden bereits erste Vorabklärungen zum Vorgehen und zu möglichen Verbesserungsmassnahmen statt. Für eine räumliche Beschreibung der BLN-Objekte und ihrer schutzwürdigen Elemente und Potenziale müssen erst die unterschiedlichen, bereits vorliegenden Grundlagen zusammengetragen und analysiert sowie Geländebegehungen durchgeführt werden. Gestützt darauf können konkrete spezifische Beschreibungen sowie Schutz- und Entwicklungsziele für die Objekte bzw. ihre Teilgebiete formuliert werden. Dabei muss der Abstimmung mit den verantwortlichen Behörden auf der Ebene des Bundes und der Kantone sowie dem Anliegen des Einbezugs der Betroffenen (Gemeinden, direkt Betroffene, Bevölkerung) im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung in der betreffenden Region sachgerecht Rechnung getragen werden.

zu Empfehlung 2:

Koordination und Integration des BLN in die übrigen raumwirksamen Politikbereiche

Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates empfiehlt dem Bundesrat, das BLN besser in den raumwirksamen Politikbereichen zu verankern. Zur Verbesserung der Koordination sollte geprüft werden, ob sich das Bundesamt für Raumentwicklung als unabhängige Genehmigungsinstanz eignet. Der Bundesrat soll sich weiterhin für einen koordinierten Vollzug der Raumplanungsgesetzgebung einsetzen und die Synergien zwischen dem BLN und dem Raumplanungsrecht nutzen.

Der Bundesrat ist bereit, die Empfehlung 2 hinsichtlich der besseren Verankerung des BLN in den raumwirksamen Politikbereichen und der Nutzung von Synergien zwischen dem BLN und dem Raumplanungsrecht umzusetzen. Er ist hingegen der Meinung, dass die Konzentration bei einer einzigen Behörde der vom Natur- und Heimatschutzgesetz statuierten Absicht, wonach jede Behörde des Bundes selber für die Landschaftsverträglichkeit ihrer Entscheide verantwortlich ist, widerspricht und deshalb zu vermeiden ist:

Für eine Konzentration der Entscheide bei einer einzigen Behörde müssen bei dieser auch entsprechende technische Fachkompetenzen angesiedelt werden. Das ist mit 874

einer blossen kostenneutralen Stellenumlagerung nicht möglich, sondern erfordert zusätzliche Stellen. Bei den Vorarbeiten für das Bundesgesetz vom 18. Juni 1999 über die Koordination und Vereinfachung der Entscheidverfahren (AS 1999 3071) wurde eine so genannte Konzentrationsvariante geprüft. Der Leitungsausschuss hat damals diese Variante verworfen, weil keine bestehende Bundesbehörde über alle erforderlichen Fachkenntnisse verfügt und die bestehende Verwaltungsorganisation wesentlich umgestaltet werden müsste (vgl. Gesamtbericht «Koordination der Entscheidverfahren» der Verwaltungskontrolle des Bundesrates vom 27. September 1994, 104.823d).

zu Empfehlung 3:

Akzeptanz des BLN

Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates empfiehlt dem Bundesrat, die Akzeptanz zur Umsetzung des BLN durch geeignete Massnahmen im Bereich der Koordination, Information und Partizipation zu erhöhen.

zu Empfehlung 4:

Öffentlichkeitsarbeit

Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates empfiehlt dem Bundesrat, in seiner Öffentlichkeitsarbeit zum BLN die Synergien zwischen Schutz und Nutzung aufzuzeigen und zu fördern.

Der Bundesrat ist bereit, die Empfehlungen 3 und 4 umzusetzen: Die Bereitstellung der wünschbaren Informations- und Bildungsmaterialien auf Stufe Bund scheiterte bisher an den fehlenden personellen und finanziellen Ressourcen. Ohne Grundlagenmaterial des Bundes sahen sich auch die Kantone nicht veranlasst, für ihre BLN-Objekte eine Öffentlichkeitsarbeit aufzubauen. Diese wird im Interesse einer ganzheitlichen und nachhaltigen Landschaftsentwicklung mit den betroffenen Bundesstellen und Kantonen abgestimmt und umgesetzt.

zu Empfehlung 5:

Informationsgrundlagen zur Beurteilung der Entwicklungen innerhalb der BLN-Objekte

Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates empfiehlt dem Bundesrat, die bestehenden Raum- und Umweltinformationssysteme des Bundes stärker auf das BLN auszurichten.

Der Bundesrat ist bereit, die Empfehlung 5 umzusetzen: Diese Empfehlung kann ohne Zusatzkosten umgesetzt werden. Die Aufwendungen für konzeptionelle Anpassungen der Raum- und Umweltinformationssysteme und die Bestimmung von aussagekräftigen Kriterien, Indikatoren und Standards können im Rahmen der bestehenden finanziellen und personellen Ressourcen aufgefangen werden.

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Finanzielle und personelle Auswirkungen Für die Umsetzung der Empfehlung 1 «Schutzziele des BLN» ergeben sich nach den bisherigen Grobschätzungen durchschnittliche Kosten von 20 000 Franken pro BLN-Objekt; dabei erstreckt sich die Kostenspanne von 5000 Franken bei kleinflächigen bis 80 000 Franken bei grossflächigen, komplexen Objekten. Für die Überarbeitung der 162 Objekte fallen somit Aufwendungen von gut 3 Millionen Franken an. Für die Umsetzung der Empfehlungen 3 «Akzeptanz des BLN» und 4 «Öffentlichkeitsarbeit» ist für die entsprechenden Aktivitäten des Bundes mit einmaligen Aufbaukosten von 500 000 Franken und einem Personalbedarf von einer halben Stelle während zwei Jahren zu rechnen.

Zusammen mit den zusätzlichen Personal- und Sachkosten für allgemeine Arbeiten, die Koordination von Drittaufträgen, die Revision der BLN-Verordnung und die Vorbereitung entsprechender Vollzugshilfen ergeben sich für den Bund bei der Umsetzung aller Empfehlungen Gesamtkosten in der Höhe von 4 Mio. Franken.

Auch die Kantone benötigen ­ insbesondere für die intensive Phase der Zusammenarbeit mit der Bevölkerung ­ zusätzlich finanzielle und personelle Ressourcen von 1­2 Millionen Franken sowie insgesamt 300­500 Stellenprozente. Angesichts der angespannten Finanzlage des Bundes (und vieler Kantone) muss das Projekt auf eine Dauer von 6­8 Jahren angelegt werden.

Vor dem Hintergrund der Parlamentsbeschlüsse zum Entlastungsprogramm 2003, insbesondere der über die vom Bundesrat vorgeschlagenen Einsparungen hinausgehenden Kürzungen bei den Funktionsausgaben des BUWAL (Personal, Dienstleistungen Dritter), kann diese ausserordentliche Aufgabe nicht mit den gekürzten personellen Ressourcen bewältigt werden. Der Bundesrat ermächtigt deshalb das UVEK, zu Lasten der Rubrik 810.4600.201 Natur- und Landschaftsschutz des BUWAL für die Dauer von fünf Jahren eine Stelle zur Umsetzung der Empfehlungen der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates zu finanzieren.

15. Dezember 2003

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Pascal Couchepin Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

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