Verfügung betreffend das Gesuch der Nordostschweizerischen Kraftwerke (NOK) vom 17. November 2000 um Aufhebung der Befristung der Betriebsbewilligung für das KKW Beznau II vom 3. Dezember 2004

Der Schweizerische Bundesrat verfügt:

1.

Der NOK wird die atomrechtliche Bewilligung zum Betrieb des KKW Beznau II erteilt. Diese ist nicht befristet.

2.

Die gegen das Projekt erhobenen Einsprachen werden im Sinne der Erwägungen abgewiesen.

3.

Für die Bewilligung gelten die folgenden Bedingungen und Auflagen:

3.1

Die thermische Leistung des Reaktors darf im stationären Betrieb den Wert von 1130 MWth nicht überschreiten.

3.2

Bei der Abgabe radioaktiver Stoffe an die Umwelt aus beiden Blöcken des KKW Beznau müssen folgende Grenzwerte eingehalten werden: Abgaben an die Atmosphäre Nuklidgruppe

Jahresabgabelimite [Bq/a]

Kurzzeitabgabelimite

Edelgase (bezogen auf CA = 2×105 Bq/m3)

1×1015

4×1013 Bq/Tag

Iod-131

4×109

9×108 Bq/Woche

Aerosole mit T1/2 > 8 Tage (, , ohne Iod)

6×109

7×108 Bq/Woche

Nuklidgruppe

Jahresabgabelimite [Bq/a]

Kurzzeitabgabelimite

Abwässer ohne Tritium bezogen auf LE = 2×102 Bq/kg

4×1011

Iod-131

7×1013

Abgaben mit dem Abwasser

Maximale Konzentration im Abwasser bei der Abgabe 3.3

2004-2735

100 LE

Der Sicherheitsbericht ist jährlich auf seine Richtigkeit zu überprüfen und in Zeitabständen von höchstens vier Jahren zu revidieren.

7201

3.4

Die NOK hat bis Ende 2007 für die Ausbildung des Betriebspersonals einen für die Anlage Beznau-spezifischen Full-Scope-Replica-Simulator zu installieren. Bei der Auslegung und Standortwahl ist zu berücksichtigen, dass dieser Simulator im Rahmen der Möglichkeiten des Softwaremodells auch für Notfallübungen und Lizenzprüfungen eingesetzt werden kann.

3.5

Die NOK muss ihre Anstrengungen fortsetzen, um die Abgaben radioaktiver Stoffe mit dem Abwasser deutlich zu reduzieren. Als Ziel ist eine Reduktion der flüssigen Abgaben bis zum Jahr 2007 auf mindestens den Medianwert der europäischen Druckwasserreaktoren anzustreben. Dazu ist der HSK ein jährlicher Fortschrittsbericht zu liefern.

3.6

Die NOK hat bis am 31. März 2005 den Nachweis zu erbringen, dass mit den bestehenden Mitteln Leckagen von Primärkühlmittel, insbesondere im Bereich der für Borsäurekorrosion empfindlichen Komponenten, auch wesentlich unterhalb der Limite der Technischen Spezifikationen rechtzeitig erkannt, lokalisiert und bewertet werden können. Sollte dieser Nachweis nicht möglich sein, ist bis zum gleichen Zeitpunkt ein Konzept zur Ertüchtigung der Leckageüberwachung vorzulegen.

3.7

Die NOK hat rechtzeitig vor Ablauf der 40-jährigen Betriebsdauer, d.h. bis Ende 2010 die Nachweise zu erbringen, dass die Auslegungsgrenzen der sicherheitstechnisch relevanten Anlageteile auch bei einer verlängerten Betriebsdauer nicht erreicht werden. Zeichnet sich ab, dass diese Nachweise nicht erbracht werden können, hat die NOK rechtzeitig Nachrüstmassnahmen durchzuführen.

3.8

Die im Rahmen der probabilistischen Sicherheitsanalyse Stufe-1 durchgeführte Erdbebenanalyse (BERA und BESRA) ist so zu überarbeiten und zu aktualisieren, dass sie dem Stand der Technik und der aktuellen Anlagekonfiguration entspricht. Insbesondere sind: a. die Entscheide zur Auswahl der Komponenten und Bauteile (Screening) anhand eines modernen, auf einer umfassenden Anlagenbegehung beruhenden Verfahrens zu treffen.

b. die Fragilityanalysen mit einem modernen Verfahren insgesamt zu aktualisieren. Diese Überarbeitung, bei der die von der HSK akzeptierten Ergebnisse der neuen Erdbebengefährdungsstudie (Projekt PEGASOS) zu berücksichtigen sind, ist spätestens bis Ende 2007 durchzuführen. Das Vorgehen ist mit der HSK abzustimmen.

3.9

Die NOK hat das Rückstandslager bis Mitte 2005 für Erdbeben der Häufigkeit 1×10-4/a zu requalifizieren und dabei auch auf die radiologischen Folgen eines Erdbebens dieser Häufigkeit eingehen.

3.10

Die NOK hat der HSK bis Ende 2005 einen Bericht einzureichen über die Realisierbarkeit einer thermischen Behandlung der Ionenaustauscherharze und der Überführung der anfallenden Asche in eine chemisch stabile Form, mit anschliessender Konditionierung ohne Verwendung von organischen Materialien.

3.11

Im Brennelementlagerbecken eingelagerte abgebrannte Brennelemente müssen der Trockenlagerung zugeführt werden, sobald ein T/L-Behälter mit der maximal vorgesehenen Anzahl Brennelemente beladen werden kann,

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dies bei optimaler Anordnung der Brennelemente im Behälter hinsichtlich Einhaltung der für die Trockenlagerung vorgegebenen Bedingungen.

3.12

Die NOK hat der HSK bis Ende 2005 eine systematische Auswertung aller in den letzten zehn Jahren durchgeführten Notfallübungen vorzulegen. Diese Auswertung soll folgende Informationen enthalten: Ziele der Übungen, Kriterien der Beurteilung, Beurteilung pro Übung, Gesamtbeurteilung und Empfehlungen im Hinblick auf künftige Notfallübungen sowie realisierte Verbesserungsmassnahmen.

3.13

Die Auflagen der Sektion Kernenergie betreffend die Sicherung sind gemäss Stellungnahme vom 9. September 2004 zu erfüllen.

4.

Die Bewilligungsgebühr von 50 000 Franken wird der Gesuchstellerin auferlegt. Sie ist innert 60 Tagen seit der Eröffnung des Entscheides zu bezahlen.

5.

Das Verfügungsdispositiv wird im Bundesblatt veröffentlicht. Der vollständige Entscheid wird bei der Gemeindeverwaltung Döttingen, bei der Staatskanzlei des Kantons Aargau und beim Bundesamt für Energie in Ittigen, Bern, während 30 Tagen öffentlich aufgelegt.

3. Dezember 2004

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Joseph Deiss Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

Der vollständige Entscheid wird zur Einsichtnahme bei den erwähnten Stellen gemäss Ziffer 5 der Verfügung, vom 21. Dezember 2004 bis 31. Januar 2005 öffentlich aufgelegt.

21. Dezember 2004

Bundesamt für Energie

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