9.2.1

Botschaft zu den Rückversicherungsverträgen auf dem Gebiet der Exportrisikogarantie zwischen der Schweiz und Schweden sowie zwischen der Schweiz und Tschechien vom 14. Januar 2004

9.2.1.1

Allgemeiner Teil: Übersicht

Grössere Exportaufträge schweizerischer Unternehmen enthalten zunehmend Teiloder Zulieferungen aus dem Ausland. Für die von einem ausländischen Unterlieferanten stammenden Anteile erhält der Exporteur jedoch von jenem Drittland keine Versicherung, da er dort nicht niedergelassen ist. Seine eigene Exportkreditversicherung (EKV) gewährt ihm ebenfalls keine Versicherung, sofern der zulässige Auslandanteil überschritten wird. Der Unterlieferant seinerseits erhält von seiner EKV keine Versicherung, weil er als Unterlieferant keinen Zahlungsanspruch gegen den Käufer hat.

Um die internationale Zusammenarbeit zu erleichtern, arbeiten die nationalen Exportkreditversicherer heute mit dem Instrument der Rückversicherungen. Der Erstversicherer nimmt gegenüber dem Exporteur das ganze Exportgeschäft samt ausländischen Zulieferungen in Deckung. Alsdann beschafft sich der Erstversicherer bei der EKV des Landes, aus dem die Zulieferung stammt, gegen Zahlung des entsprechenden Prämienanteils eine Rückversicherung im Umfang der ausländischen Zulieferung.

Die mit dem schwedischen Exportkreditversicherer ­ der Exportkreditnämden (EKN), Stockholm ­ und dem tschechischen Exportkreditversicherer ­ der Exportní Garancní a Pojistovací Spolecnost a.s. (EGAP; Exportgarantie- und -versicherungsgesellschaft A.G.), Prag ­ ausgehandelten Verträge bilden den Rahmen für den Abschluss einzelner Rückversicherungsgeschäfte. Nach den Verträgen kann die eine Partei der anderen für konkrete Exportgeschäfte vorschlagen, eine Rückversicherungsdeckung zu übernehmen. Die um Rückversicherung angegangene Partei prüft dann, ob sie die Deckung unter den im Vertrag festgehaltenen und allfälligen weiteren Bedingungen übernehmen will.

Gegenüber Dritten tritt ausschliesslich der Erstversicherer in Erscheinung und der Rückversicherer bleibt im Hintergrund. Unabhängig davon, ob der schweizerische Exporteur Haupt- oder Unterlieferant ist, bleiben für unsere Exportrisikogarantie (ERG) die Risiken auf den jeweiligen schweizerischen Lieferanteil begrenzt. Als Rückversicherer wird die ERG Leistungen zu vergleichbaren Konditionen wie als Erstversicherer erbringen.

Rückversicherungsverträge der Schweiz bestehen seit 2001 mit Deutschland (SR 0.946.111.36), seit Mai 2002 mit Frankreich (SR 0.946.113.9) und Österreich (SR 0.946.111.63). Im Rahmen dieser
Vereinbarungen sind inzwischen mehrere Rückversicherungsgeschäfte mit der deutschen Hermes Kreditversicherungs-AG, der französischen Coface und der Österreichischen Kontrollbank AG zustande

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gekommen; zum Teil sind diese Geschäfte recht umfangreich, zum Teil betreffen sie relativ schwierige Märkte. Die Rückversicherungsverträge mit Spanien (SR 0.946.113.32) und Italien (SR 0.946.114.54) sind seit Mai 2003 in Kraft.

9.2.1.2

Besonderer Teil: Grundzüge des Vertrages

Die vorliegenden Rückversicherungsverträge sind weitgehend identisch mit den Abkommen mit Deutschland, Österreich, Frankreich, Spanien und Italien. Die nachfolgenden Erläuterungen sind daher weniger ausführlich als jene zu den bestehenden Rückversicherungsverträgen.

9.2.1.2.1

Anwendbarkeit und Verhältnis zwischen Erst- und Rückversicherer

Nach den Verträgen mit EKN und EGAP kann die eine Partei der anderen für konkrete Exportgeschäfte vorschlagen, eine Rückversicherungsdeckung zu übernehmen (je Art. 1). Die um Rückversicherung angegangene Partei muss dann prüfen, ob sie die Deckung übernehmen kann. Aus Gründen der Rechtsgleichheit muss die ERG einen Exporteur, für dessen Geschäft sie eine Rückversicherung gewährt, behandeln wie wenn sie als Erstversicherer auftreten würde. Im Grundsatz darf sie als Rückversicherer nur jene Risiken decken, welche nach Artikel 4 und 5 des Bundesgesetzes vom 26. September 1958 über die Exportrisikogarantie (SR 946.11, ERGG) und Artikel 3 und 10 der Verordnung vom 15. Juni 1998 über die Exportrisikogarantie (SR 946.111, ERGV) versicherbar sind. Anwendung finden ferner der maximale Deckungssatz gemäss Artikel 6 ERGG und die Regeln über den schweizerischen Hersteller und Leistungsursprung nach Artikel 2 ERGV (vgl. je auch Art. 4 der Verträge).

Der Versicherungsumfang und die anderen Versicherungsbedingungen unterscheiden sich jedoch von EKV zu EKV in gewissem Mass. Würde die ERG auf die vollständige Übereinstimmung eines in Rückversicherung übernommenen Risikos mit dem ERG-Recht bestehen, könnte sie keine Rückversicherungsgeschäfte abschliessen. Sie kann aber dann eine Rückversicherung gewähren, wenn deren Konditionen jenen einer als Erstversicherer abgegebenen Garantie vergleichbar sind.

Wenn der Erstversicherer dagegen wesentlich mehr oder andere Risiken deckt, kann die ERG die Übernahme der Rückversicherung nur ablehnen, weil diesfalls der Erstversicherer in der Regel eine einheitliche Deckung für das ganze Geschäft abgibt, aus dem der Rückversicherer jene Risiken, die er decken kann, nicht auswählen kann. Konkret wird die ERG eine Rückdeckung ablehnen müssen, wenn EKN oder EGAP als Erstversicherer das private Delkredererisiko bereits abdecken. Die ERG deckt dieses Risiko nicht, ausser es handle sich um ein Infrastrukturprojekt oder es liege die Garantie einer geprüften Bank vor; sie kann es von der Rückversicherung aber auch nicht ausschliessen.

Den Grundsätzen der Rückversicherung entsprechend entscheidet im Schadenfall der Erstversicherer, ob die Voraussetzungen für eine Entschädigungsleistung erfüllt sind und er dem Exporteur Deckung leisten muss. Wenn der Erstversicherer alsdann die Rückversicherung geltend macht, prüft der Rückversicherer, ob die Voraussetzungen für die Leistung der Rückversicherungsentschädigung vorliegen. Ist das der

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Fall, muss der Rückversicherer eine Entschädigung leisten; er kann die Zahlung nur verweigern, wenn der Erstversicherer bei seinem Entscheid den Rückversicherungsvertrag oder besondere Bedingungen des einzelnen Rückversicherungsgeschäfts verletzt hat.

Auch tritt gegenüber dem Exporteur und Dritten ausschliesslich der Erstversicherer in Erscheinung und der Rückversicherer bleibt im Hintergrund; das Rückversicherungsverhältnis ist nur zwischen seinen Parteien bedeutsam. Bei wesentlichen Entscheidungen hat der Erstversicherer den Rückversicherer jedoch zu konsultieren.

Will der Erstversicherer auf Forderungen verzichten, genügt die Konsultation nicht.

Dazu benötigt er die Zustimmung des Rückversicherers (Art. 12 Ziff. 2 der Verträge); die Zustimmung ist im Innenverhältnis der Parteien von Bedeutung.

Ob eine Rückversicherung gewährt werden soll, entscheidet die Exportkreditversicherung im Land des Unterlieferanten in jedem einzelnen Fall; es besteht keine Rückversicherungspflicht, wenn die Voraussetzungen für die Anwendung des Rückversicherungsvertrags gegeben sind.

9.2.1.2.2

Versicherungsumfang und Verfahren

Die Höhe der Rückversicherung bestimmt sich nach dem Verhältnis des schwedischen oder tschechischen und des schweizerischen Lieferanteils (je Art. 7, Anhang A). Als Erstversicherer tritt in der Regel jene Exportkreditversicherung auf, aus deren Land der wertmässig grössere Anteil an Exportleistungen stammt; mit Rücksicht auf besondere Verhältnisse und Bedürfnisse im einzelnen Fall kann dieser Grundsatz flexibel gehandhabt werden (je Art. 6). Der Erstversicherer schuldet dem Rückversicherer eine Rückversicherungsprämie. Sie wird grundsätzlich als Anteil an der Gesamtprämie berechnet, welcher dem Rückversicherungsanteil entspricht (je Art. 10 Abs. 1 Bst. a); der Rückversicherer kann auch eine Prämie in anderer Höhe verlangen (je Art. 10 Abs. 1 Bst. b), so namentlich um die Vergleichbarkeit der Konditionen mit seinen Direktgarantien herzustellen.

Die Verfahrensregeln für die Abwicklung eines Rückversicherungsgeschäfts zwischen Erst- und Rückversicherer sind in Anlage 3 und den Anhängen geregelt (je Art. 13).

9.2.1.2.3

Vertragsparteien und Inkrafttreten

Parteien der Verträge sind die Schweizerische Eidgenossenschaft einerseits und die schwedische Regierung bzw. die EGAP andererseits (je Ingress). Die schwedische Regierung wird durch die Exportkreditnämden (EKN) vertreten, eine schwedische Verwaltungsbehörde mit Sitz in Stockholm. Mit Parlamentsverordnung vom 24. November 1988 wird der EKN die Zuständigkeit übertragen, Rückversicherungsverträge auf Rechnung des schwedischen Staates abzuschliessen. Die tschechische Exportní Garancní a Pojistovací Spolecnost a.s. (EGAP; Exportgarantie- und -versicherungsgesellschaft) ist eine privatrechtliche Aktiengesellschaft mit Sitz in Prag. Sämtliche ihrer Aktien befinden sich im Eigentum des tschechischen Staates.

Ihre Tätigkeit im staatlich garantierten Bereich ist durch das Gesetz Nr. 58/1995 Coll. über die Versicherung und Finanzierung von Exporten mit staatlicher Unterstützung (mit seitherigen Änderungen) geregelt. Dagegen verfügt die schweizerische 423

Geschäftsstelle für die Exportrisikogarantie als mit der Geschäftsführung der Exportrisikogarantie betraute Stelle des Bundes über keine eigene Rechtspersönlichkeit.

Die Verträge treten nach ihrer Unterzeichnung mit der Ratifikation durch die Geschäftsstelle für die ERG in Kraft (je Art. 17 Ziff. 1). Unter Beachtung einer Kündigungsfrist von drei Monaten können sie jeweils auf das Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden (je Art. 17 Ziff. 2). Die Kündigung hat selbstverständlich keine Auswirkungen auf Rückversicherungsverpflichtungen, welche die Parteien vor der Beendigung des Vertrags eingegangen sind; sie bleiben weiterhin wirksam.

9.2.1.3

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die Anwendung der Verträge hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Bundeshaushalt. Sowohl die einzelnen Rückversicherungsgeschäfte, welche im Rahmen dieser Verträge abgeschlossen werden, als auch die Personal- und anderen Verwaltungskosten der Geschäftsstelle für die ERG werden über den Fonds für die Exportrisikogarantie abgewickelt. Dieser rechtlich unselbstständige, eigenwirtschaftliche Fonds ist nicht Bestandteil der Finanzrechnung des Bundes (Art. 6a ERGG).

9.2.1.4

Regulierungsfolgeabschätzung

Die vorliegenden Verträge finden ihre Begründung in der wachsenden Internationalisierung der Wirtschaft und der damit verbundenen abnehmenden Wertschöpfungstiefe im Inland.

Nutzniesser dieser Massnahme sind jene Unternehmen (und damit ihre Beschäftigten), die gegen Entrichtung einer Prämie in den Genuss einer Exportrisikogarantie gelangen können. Sie haben es einfacher, im Wettbewerb um Exportaufträge geeignete schwedische oder tschechische Unterlieferanten beizuziehen. Nutzniesser sind auch schweizerische Zulieferer von in Schweden und Tschechien domizilierten Anbietern, weil sie nur noch mit diesen in einem Vertragsverhältnis stehen und nicht zusätzlich Verträge mit deren Kunden und der schweizerischen ERG abschliessen müssen.

Die Massnahme bewirkt tendenziell eine Steigerung der internationalen Arbeitsteilung, was positive Wohlstandseffekte erwarten lässt. Die Unterstützung in Form von Garantien ist international weitgehend harmonisiert; für risikobehaftete Geschäfte gilt die Exportkreditversicherung als notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung zur Teilnahme am Wettbewerb. In der Regel entscheidet der Markt auf Grund technischer und preislicher Faktoren über die Konkurrenzfähigkeit der Exporteure.

Schweizerische Lieferanten müssen bei fehlenden Rückversicherungsmöglichkeiten ihren Unterlieferanten aus Schweden oder Tschechien mehr Risiken überbinden als Unterlieferanten aus jenen Staaten, deren Exportkreditversicherungen durch Rückversicherungsverträge wie die vorliegenden bereits mit EKN oder EGAP zusammenarbeiten; das ist ein Wettbewerbsnachteil.

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Allfällige Vollzugsprobleme (z. B. Zuständigkeit für Anweisungen der Versicherer hinsichtlich Massnahmen zur Schadensbegrenzung) sollten dank der eingehenden Vertragsregelungen vermieden werden können.

9.2.1.5

Legislaturplanung

Die Verträge entsprechen der Absicht von Ziel 3 (Einsatz zu Gunsten einer offenen und nachhaltigen Weltwirtschaftsordnung; R7 Weiterentwicklung einer nachhaltigen Aussenwirtschaftspolitik) des Berichts über die Legislaturplanung 1999­2003 (BBl 2000 2276); danach wird der Bundesrat u.a. die Dienstleistungen der Exportrisikogarantie überprüfen. Rückversicherungsverträge erleichtern die internationale Zusammenarbeit unter Exportkreditversicherungen und Exporteuren innerhalb des bestehenden rechtlichen Handlungsrahmens unserer ERG.

9.2.1.6

Verhältnis zum europäischen Recht

1998 hat die EU eine Richtlinie zur Harmonisierung der wichtigsten EKVBestimmungen für mittel- und langfristige Geschäfte erlassen. Danach liegt die Zuständigkeit für die staatlichen Exportkreditversicherungen bei den Mitgliedstaaten. Die europäischen und aussereuropäischen Industrieländer einschliesslich der Mitgliedstaaten der EU koordinieren ihre EKV-Deckungen im Rahmen der Berner Union, einem nach schweizerischem Recht konstituierten Verein. Die vorliegenden Verträge stimmen sowohl von den Zielen als auch den Lösungsansätzen her mit den Verträgen der anderen europäischen Exportkreditversicherungen überein. Schweden und Tschechien können auch im Rahmen des Rückversicherungsvertrages als Erstoder Rückversicherer keine Leistungen erbringen, die mit den EU-Bestimmungen nicht vereinbar wären; damit sind auch der Schweiz Grenzen für Leistungen der ERG unter den Rückversicherungsverträgen gesetzt.

9.2.1.7

Verfassungsmässigkeit

Es ist verfassungsmässige Aufgabe des Bundes, die Interessen der schweizerischen Wirtschaft im Ausland zu wahren (Art. 101 BV). Auch ist der Bund zuständig, Massnahmen für eine ausgeglichene konjunkturelle Entwicklung, insbesondere zur Verhütung und Bekämpfung von Arbeitslosigkeit zu treffen (Art. 100 Abs. 1 BV).

Die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsgelegenheiten und die Förderung des Aussenhandels sind Zwecke, die bereits in Artikel 1 des Bundesgesetzes über die Exportrisikogarantie von 1958 genannt sind. Die vorliegenden Rückversicherungsabkommen tragen der seit dessen Erlass zunehmenden Beteiligung von Zulieferern aus mehreren Staaten an einem Exportgeschäft Rechnung. Garantienehmer der ERG und Deckungsnehmer von EKN und EGAP mit einer Rückversicherung der ERG werden materiell gleich behandelt; unter Beachtung der Grundsätze von Gesetz und Verordnung über die ERG kann eine Rückversicherung nur unter vergleichbaren Konditionen wie eine ERG gewährt werden (vgl. Ziff. 9.2.1.2.1). Ausserdem ist der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig (Art. 54 BV), wozu insbesondere der Abschluss von Staatsverträgen gehört. Die Rückversicherungsabkommen stützen sich damit auf eine genügende verfassungsmässige Grundlage.

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Für die Genehmigung der vorliegenden Abkommen ist die Bundesversammlung zuständig (Art. 166 Abs. 2 BV). Die Abkommen sind kündbar, sie sehen keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. Die Abkommen regeln allein die zwischen zwei Exportkreditversicherungen geltenden versicherungstechnischen Modalitäten, wenn ein Erstversicherer ausländische Zulieferer in seine Garantie einschliesst und dafür eine Rückdeckung der Exportkreditversicherung aus dem Land des Zulieferers erhält. Gewährt der Bund im Rahmen dieser Abkommen Rückdeckungen, bleibt er in allen wesentlichen Gesichtspunkten an die Gesetzgebung über die Exportrisikogarantie gebunden; die Bedeutung der Abkommen liegt bloss darin, dass sie die Exportrisikoversicherung auch gegenüber solchen schweizerischen Exporteuren ermöglichen, deren Lieferung im Rahmen eines von einem ausländischen Exporteur abgeschlossenen Exportgeschäftes erfolgt. Die Abkommen stehen somit im Einklang mit dem geltenden schweizerischen Recht; sie enthalten keine wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen noch erfordert ihre Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen. Der Ihnen unterbreitete Bundesbeschluss unterliegt somit nicht dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV.

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