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Kreisschreiben des

Bundesrates an die Kantonsregierungen betreifend die Verwendung von mehr als 10 % des Verteilungsergebnisses der Alkoholvcrwaltnng für die Bekämpfung des Alkoholismus.

(Vom 5. November 1925.}

Getreue, liebe Eidgenossen !

Bei Entgegennahme der Berichterstattung der Kantone über die Verwendung des Beitrages der Alkohol Verwaltung für das Jahr 1923 durch die gesetzgebenden Räte wurde von ihnen folgende Motion erheblich erklärt : ,,Der Bundesrat wird eingeladen, vorgängig der Revision der Gesetzgebung über das Alkoholwesen, den kantonalen Regierungen dringend zu empfehlen, zur Bekämpfung des Alkoholismus eine Summe zu verwenden, die über die 10 % des Verteilungsergebnissos der Alkohol ver waltung hinausgeht," Wie Ihnen unsere Berichterstattung über die Verwendung der für das Jahr 1923 zur Verteilung gelangten Beträge zeigt, haben sämtliche Kantone zusammen Fr. 870,470.54 zur Bekämpfung der Ursachen und Wirkungen des Alkoholismus ausgegeben. Davon wurden aber Fr. 188,511.97 als Vorschüsse für in früheren Jahren gehabte Mehrauslagen den Staatskassen gutgeschrieben und Fr. 22,981.83 zu Reserveanlagen verwendet.

Der im Jahre 1923 effektiv zur Bekämpfung des Alkoholismus ausgelegte Betrag beträgt deshalb nur Fr. 658,976. 74 statt Fr. 777,218. --. Dabei haben 3 Kantone Fr. 93,302. 54 mehr als vorgeschrieben ausgegeben.

Wir verstehen wohl, dass dio Finanzlage der meisten Kantone diese Handlungsweise verlangte. Wir anerkennen ohne weiteres, dass die Mehrzahl der Kantone ohne Beitragsleistung seitens der Alkoholverwaltung im Jahre 1922 zusammen die Summe von Fr. 549,746.-- für die Bekämpfung des Alkoholismus ausgegeben haben.

Anderseits ist aber auch die wohlgemeinte Motion, die von den eidgenössischen Räten erheblich erklärt wurde, gut zu verstehen. Die Anforderungen für Trinkerfürsorge, für Epileptiker, Taubstumme und Blindenanstalten, für die Versorgung armer schwachsinniger und verwahrloster Kinder, für Förderung der Massigkeit und Bekämpfung des Alkoholismus im allgemeinen, um nur einige Zweige der Fürsorgetätigkeit zu nennen, sind eben nicht

320 kleiner geworden. Durch die Kriegsfolgen sind dio Wohltätigkeitsanstalten wegen der -an sie gestellten vermehrten Begehren und wegen der verminderten Beitragsleistungen in Zwangslagen versetzt worden.

Die. laut Art. 23 dos Alkoholgesetzes vorgesehenen 10 % des Verteilungsergebnisses der Alkoholverwaltung genügen dea .Anforderungen leider nicht mehr. Es sollte na'ch Ansieht der gesetzgebenden Räte ein Mehreres geschehen. Wir möchten deshalb alle Kantonsregierungen, denen ca die Finanzlage irgendwie erlaubt, ersuchen, nicht bei der gesetzlichen Forderung stehen zu bleiben.

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Eine .Anzahl von Kantonen ist dem Wunsche der gesetzgebenden Räte seit, Jahren vorausgeeilt und hat das bereits erfüllt, was. die Motion empfiehlt. Wie Anhang IX, Seite 62, der Berichterstattung für das Jahr 1923 zeigt, erreichen die Mehraufwendungen seit 1889 bis heute die respektable Summe von Fr, 2,180,155.--. Wir glauben bestimmt annehmen zu dürfen, dass, was den einen möglich, mit einer gewissen Beharrlichkeit auch von den noch Zurückstehenden erreicht werden könnte, Im Sinne der von der Motion gewünschten Erhöhung, möchten wir Ihrer Prüfung unterbreiten, da und dort eine Subvention an Zwangs- und Korrektionsanstalten, an Irrenhäuser und Irrenversorgung, an die allgemeine Krankenversorgung, an Schulkinderspeisung und Ferienkolonien, an Naturalverpflegung etc. mehr aus allgemeinen Staatsmitteln als aus den Zehntelsgeldern zu bestreiten. Dadurch würden bedeutende Summen für die engere Bekämpfung des Alkoholismus frei.

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Wir wollen nicht schliessen, ohne Sie erneut zu ersuchen, bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf die Notwendigkeit der Revision der Alkoholgesetzgebung hinzuweisen. Die Annahme der angestrebten Revision der Alkoholgesetzgebung würde, indem sie vermehrte Einnahmen bringt, gleichzeitig die Ursachen und Folgen des Alkoholismus vermindert, es den Kantonen doppelt erleichtern, im Geiste der von den gesetzgebenden Räten angenommenen Motion zu handeln.

Wir benützen auch diesen Anlass, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, mit uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

B e r n , den 5.November 1925.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: '. · .

Musy. . .

Der Vizekanzler: Contat.

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Kreisschreiben des Bundesrates an die Kantonsregierungen betreffend die Verwendung von mehr als 10% des Verteilungsergebnisses der Alkoholverwaltung für die Bekämpfung des Alkoholismus. (Vom 5. November 1925.)

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1925

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11.11.1925

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