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1958

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Beschlussesentwurf betreffend Aufzählung von Kompetenzen des Ver waltungsgerichts.

(Vom 27. März 1925.)

Der Gesetzesentwurf über die eidgenössische Verwaltungs- und Disziplinarrechtspflege zählt in Art. 3, lit. a und b (vgl. Art. 4--7), zwei Kategorien von Entscheiden auf, gegen die eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zulässig ist, und bestimmt sodann in lit. c des Art. 3, dass ein Bundesversammlungsbeschluss die Entscheide bezeichnet, die ausserdem mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht angefochten werden können.

Der Bundesversammlungsbeschluss, dessen Erlass diese Bestimmung in Aussicht nimmt -- der Kürze halber wird er im folgenden «Enumerationsbeschluss» genannt --, hat demnach nicht sämtliche Kompetenzen des Bundesgerichts als Verwaltungsgericht aufzuzählen, sondern nur diejenigen, die nicht schon im Gesetzesentwurf selbst dem Verwaltungsgericht zugewiesen sind. Es fallen somit ausser Betracht sowohl die in Art. 3, lit. a und b, genannten Kategorien (Abgaben und Kautionen) als auch die Kompetenzen des Bundesgerichts als Verwaltungsgericht einziger Instanz (Art. 17 und 18 des Gesetzesentwurfs: in der Bundesgesetzgebung begründete vermögensrechtliche Ansprüche des Bundes oder gegen den Bund aus öffentlichem Recht; Anstände über eine durch Bundesrecht vorgesehene Befreiung von kantonalen Abgaben oder Beschränkung kantonaler Abgaben; Anstände zwischen Kantonen über den Militärpflichtersatz, die Kriegssteuer oder den Bückgriff für Beiträge an Seuchenschäden; ferner verwaltungsrechtliche Streitigkeiten, die schon nach geltendem Eecht vom Bundesgericht zu entscheiden sind).

A. Übersicht über die bisherigen Enumerationsvorschläge.

Bei der Prüfung der Frage, für welche Materien gemäss Art. 3, lit. c, des Gesetzesentwurfs von der Möglichkeit, durch den Enumerationsbeschluss die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig zu erklären, Gebrauch gemacht werden soll, ist es von Interesse, zunächst eine

302 Übersicht über die Fälle zu erhalten, hinsichtlich welcher während der langen Vorarbeiten für die Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit die Unterstellung unter die verwaltungsgerichtliche Kognition befürwortet worden ist. Bei dieser Zusammenstellung können aber die Materien unberücksichtigt bleiben, die unter Art; 3, lit. a und b (Art. 4--7), Art. 17 oder 18 des Gesetzesentwurfs fallen und deshalb im Enumerationsbeschluss nicht zu erwähnen sind. Ebenso sind solche Vorschläge nicht zu berücksichtigen, die Streitigkeiten betreffen, die schon gegenwärtig vom Bundesgericht oder vom eidgenössischen Versieherungsgericht beurteilt werden oder die in Zukunft in die Kompetenz der eidgenössischen Zollrekurskommission gehören sollen; diese Vorschläge sind nämlich durch die seitherige Entwicklung überholt, sei es, weil die Verwaltungsgerichtsbarkeit der staatsrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts übertragen werden soll oder weil für die Zolltarifbeschwerden die Schaffung einer eidgenössischen Zollrekurskornmission in Aussicht genommen ist oder weil die Militärversicherungsrekurse dem 1917 errichteten Versieherungsgericht zugewiesen wurden.

Im Gutachten, das die Herren Bundesrichter Morel, Lienhard und Leo Weber im Jahre 1900 über die Einführung einer eidgenössischen Verwaltungsgerichtsbarkeit erstatteten, würde bemerkt, der Formulierung bestimmter Vorschläge habe eine Untersuchung des während etwa 10 Jahren in der Eundesverwaltung zur Beurteilung gelangten Verwaltungsrechtsstoffes vorauszugehen. Deshalb ersuchte das Justizdepartement im Juni 1900 sämtliche Departemente urn Angaben über die ihren Geschäftsbereich betreffenden Verwaltungsentscheidungen. Die Antworten wurden von Herrn Prof. Fleiner bei der Aufstellung des I. Vorentwurfs verwertet, der den Departementeri zur Vernehmlassung zugestellt und dann umgearbeitet wurde.

So entstand der II. Fleinersche Vorentwurf vom Mai 1907, der -- wie auch der I. -- auf der Enumerationsmethode beruhte. Im II. Vorentwurf wurden (abgesehen von einzelnen Fällen, die von Art. 8, lit. a und fc, 17 und 18 unseres Gesetzesentwurfs erfasst werden) folgende Streitsachen aufgezählt: a. aus dem Auswanderungswesen (Art. 28, Ziff. 1,8 und 4, des II. VE) : Beschwerden betreffend Erteilung, Verweigerung und . Entzug eines Patents zum . Betriebe einer Auswanderungsagentur,
betreffend Verweigerung und Entzug der Anstellung von Unteragenten, sowie betreffend Auferlegung von Bussen; b. aus dem Privatversicherungswesen (Art. 29, Ziff. 1> 2 und 4): Beschwerden gegen Entscheide des Versicherungsamtes darüber, ob eine Versicherungsunternehmung der Bundesaufsicht unter-

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stehe, ferner über die Bewilligung zum Betriebe eines Versicherungsunternehmens und über Verweigerung oder Entzug einer solchen Bewilligung, sowie über Auferlegung von Bussen; c. eine Keine von Beschwerden aus dem Gebiete des geistigen Eigentums (Art. 30); d. Beschwerden in Handelsregistersachen (Art. 82) gegen Entscheidungen der kantonalen Aufsichtsbehörden über die Verpflichtung oder Berechtigung einer Person, sich in das Handelsregister eintragen zu lassen, über Inhalt und Fassung eines Registereintrages und über Änderungen und Löschungen eines Registereintrages, sowie gegen Entscheidungen des eidgenössischen Justizdepartements in Streitigkeiten zwischen den kantonalen Aufsichtsbehörden und dem eidgenössischen Handelsregisterbureau über die Gesetzmässigkeit der im Handelsamtsblatt zu veröffentlichenden Eegisterauszüge; e. aus dem Zivilstandswesen (Art. 34) : Beschwerden gegen Entscheide der kantonalen Eekursinstanz über Eintragungen in die Zivilstandsregister (insbesondere über Inhalt und Fassung der Einträge, Verweigerung einer Eintragung, Änderungen und Löschungen von Einträgen) und über die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Zivilstandsbeauiten; /. aus dem Zollwesen (Art. 40) : Beschwerden gegen Entscheide der Oberzolldirektion über die Pflicht zur Erfüllung der bei Anlass der zollamtlichen Abfertigung zu beobachtenden Obliegenheiten (insbesondere über die Anforderungen der Handelsstatistik, der landwirtschaftlichen Gesetzgebung und der Vorschriften betreffend die Durchführung der Staatsmonopole), ferner gegen Entscheide des Zolldepartements über die Auferlegung von Zollbussen nach vorgängiger Unterziehungs^ erklärung des Angeschuldigten (Art. 12, Abs. l, des Fiskalprozessgesetzes) oder über die Auferlegung von Ordnungsbussen; g. aus dem Alkoholwesen (Art. 41) ; Beschwerden gegen Entscheide der Direktion der Alkoholverwaltung über Streitigkeiten mit Inhabern konzessionierter Brennlose, sowie gegen Entscheide des Finanzdepartements über die Auferlegung von Monopolbussen nach vorgängiger Unterziehungserklärung des Angeschuldigten oder über die Auferlegung von Ordnungsbussen.

1>. Beschwerden gegen Entscheide der mit der Bundesaufsicht über die Schwach- und Starkstromanlagen beauftragten Kontrollstellen, durch welche Privaten wegen Nichtbefolgung von Verfügungen und Weisungen Bussen auferlegt worden

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sind, sowie Beschwerden gegen Entscheide des Eisenhahndepartements, durch die einer privaten Eisenbahnunternehmung Bussen wegen verschuldeter Zugsverspätungen auferlegt werden (Art.. 42--44) ; i. endlich ist zu erwähnen, dass der Art. 55 des II. VE die Vorschriften über die Disziplinargerichtsbarkeit entsprechend anwenden wollte auf die Fälle, in denen kraft ausdrücklicher Vorschrift der Bundesgesetzgebung die zuständige Behörde des Bundes zu dem Begehren berechtigt ist, dass ein kantonaler Beamter oder Angestellter oder ein Beamter oder Angestellter einer privaten Eisenbahngesellschaft in seinem Amte eingestellt oder wegen Verletzung der Dienstpflicht aus seinem Amt entlassen werde, oder dass ein Mitglied oder Angestellter eines Kontrollamtes für Gold- und Silberwaren oder ein Probierer im Amte eingestellt oder wegen Verletzung der Dienstpflicht aus dem Amte entlassen oder dass ihm sein Diplom entzogen werde. (Diese Bestimmung, die dem Art. 29 des III. VE entspricht, wurde dann im IV. Vorentwurf fallen gelassen.)

Die bundesrätliche Botschaft vom 20. Dezember 1911 zum Verfassungsartikel über die Verwaltungsgerichtsbarkeit vertritt die Auffassung, man werde bei der Ausscheidung der Kompetenzen des Verwaltungsgerichts mit grosser Vorsicht und Zurückhaltung vorgehen und in jeder Verwaltungsabteilung untersuchen müssen, ob sich die aus ihr hervorgehenden Streitfälle zu richterlicher Prüfung eignen, oder ob man dem Kichter nicht eine Aufgabe zumutet, die ausserhalb seines Gebietes liegt. Die Verfassungsbotschaft weist auf die im II. Vorentwurf aufgezählten Kompetenzen hin in der Meinung, dass diese -- unter Vorbehalt näherer Prüfung --- für die Zuweisung an das Verwaltungsgericht in Betracht fallen können.

Bei der Beratung des Verfassungsartikels herrschte in den eidgenössischen Bäten im allgemeinen das Gefühl, dass der II. Vorentwurf in der Aufzählung zu sehr zurückhaltend sei, und man suchte nach weitern Kompetenzen für das Verwaltungsgericht. Im Ständerat (vgl. Sten, Bull. 1912, S. 53, 60 und 82) wurden folgende weitere Materien als für die Behandlung durch das Verwaltungsgericht geeignet namhaft gemacht: verschiedene Streitsachen aus dem Nationalbankgesetz, aus dem Zivilgesetzbuch, aus der Krankenund Unfallversicherung und aus der Lebensmittelpolizei ; ferner wurda auch auf das Bückkaufsgesetz
und auf den Komplex von Beziehungen zwischen Staat und Bürger, die durch einen Verleihungsakt begründet werden, hingewiesen. In einer Eingabe vom 24. April 1912 an die ständerätliche Kommission hat der Vorort des schweizerischen Han-

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dels- und Industrievereins einige Wünsche seiner Sektionen mitgeteilt : Die -Société industrielle et commerciale de Neuchâtel hatte angeregt, die Anstände der Bürger mit den eidgenössischen Verwaltungen des Zolls, der Post und des Telegraphs und der Bundesbahnen dem Verwaltungsgericht zuzuweisen, und der Industrieverein St. Gallen wünschte, dass namentlich die Entscheide des Industriedepartements in Sachen des Fabrikgesetzes an das Verwaltungsgericht weitergezogen werden können.

Der III. Fleinersche Vorentwurf vom März 1916 beruht auf der Generalklausel; er wurde im Februar und März 1917 von einer Expertenkommission durchberaten. Aus deren Verhandlungen sind in diesem Zusammenhang folgende spezielle Punkte hervorzuheben: a. Was das Zollwesen anbelangt, wurde für Tarifstreitigkeiten die Schaffung eines Zollrates (Zollrekurskonimission), für alle andern Zollstreitigkeiten (vorbehaltlich der Ermessenfragen) die Unterstellung unter das Verwaltungsgericht in Aussicht genommen.

b. Hinsichtlich der Fiskalstraffälle gelangte man zum Resultat, dass die Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht durch eine Eevision des Fiskalprozessgesetzes von 1849 belastet und daher das bisherige Verfahren nicht geändert werden solle, wonach im Nichtunterziehungsfalle die Strafgerichte zu entscheiden . haben. Im Unterziehungsfalle bleibe ebenfalls kein Eaum für einen Eekurs an das Verwaltungsgericht, weil hier der Angeschuldigte erklärt hat, den Verwaltungsentscheid anzuerkennen.

·c. Was die Ordnungsbussen anbelangt, die nach bisherigem Becht ausschliesslich von der Bundesverwaltung verhängt werden (Administrativbussen, auf die das Fiskalprozessgesetz von 1849 nicht anwendbar ist), herrschte die Ansicht vor, dass sie der verwaltungsgerichtlichen Kognition zu unterstellen seien; immerhin wurde die Prüfung der Frage vorbehalten, ob gewisse Ordnungsbussen in der endgültigen Kompetenz der Verwaltung zu belassen seien und ob ein Minimalbetrag vorzusehen sei.

d. Es wurde geltend gemacht, dass aus dem Bundesbeamtenverhältnis, abgesehen von den vermögensrechtlichen Ansprüchen und vom Disziplinarrecht, auch eine Gruppe von persönlichen Rechten und Interessen (passives Wahlrecht, Unvereinbarkeit, Koalitionsrecht, Fragen aus dem Arbeitszeitgesetz usw.) für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Betracht falle. Um die gesamte Rechtsstellung des Bundesbeamten der verwaltungs.gerichtlichen Überprüfung zu unterstellen, wurde postuliert,

306 dass der Beamte auch Streitsachen, die nicht vermögensrechtlicher Natur sind, vor Verwaltungsgericht bringen könne.

e. Man war der Meinung, dasa die Rekurse gegen die Unterstellung von Betrieben unter das Fabrikgesetz und die Eekurse aus Art.

46, Abs. 3, des Elektrizitätsgesetzes dem Verwaltungsgericht zugewiesen werden sollen.

Das Gutachten des Bundesgerichts vom 5. Juni 1918 betont, dass bei der Ausgestaltung der Verwaltungsgerichtsbarkeit die praktischen Forderungen ausschlaggebend ins Gewicht fallen; es' handle sich darum, den Bedürfnissen des Zusammenlebens im staatlichen Verbände zu dienen und die nach den gegebenen Verhältnissen zweckmässige Anordnung zu treffen, wobei die in Betracht fallenden Interessen aller Beteiligten gebührend zu berücksichtigen seien. Grundsätzlich sei der verwaltungsgerichtliche Schutz da zu. gewähren, wo die Tätigkeit der Verwaltung Interessen oder Hechte Dritter verletzt oder bedroht, die wegen ihrer Wichtigkeit im Einzelfalle oder wegen der Häufigkeit von Kollisionen einen besondern Schutz verdienen, und wo die Natur der Sache eine Nachprüfung in einem kontradiktorischen Verfahren gestattet. Hinsichtlich der Gegenstände, die danach verwaltungsgerichtlicher Nachprüfung zu unterstellen sind, betrachtet das Bundesgericht den Weg einer generellen oder Querschnitt-Enumeration als gangbar, derart, 'dass man die Anstände.in Kategorien zusammenfasst, die sich in mehreren Verwaltungszweigen vorfinden können. Als solche Kategorien werden (unter Vorbehalt einer durchgreifenden Prüfung der Tragweite) genannt: «Streitigkeiten über die Erteilung, den Inhalt und den Entzug von Konzessionen und Bewilligungen zur Anlage eines Werkes und zum Betrieb einer Unternehmung, eines Gewerbes oder Berufes; Bussenverfügungen, soweit sie nicht vor dem Strafrichter angefochten werden können.» (Die übrigen im Gutachten genannten Kategorien fallen unter Art. 8, lit. a und fe, unseres Gesetzesentwurfs.)

Ferner wurde auf die Anstände über Vergebung öffentlicher Arbeiten und Lieferungen hingewiesen, doch halte sich hier das Für und Wider die Wage. Sodann sei die freiwillige Gerichtsbarkeit (Geistiges Eigentum, Zivilstandswesen, Handels- und Güterrechtsregister, Grundbuch, Viehverschreibungen) nicht in die Verwaltungsgerichtsbarkeit einzubeziehen, sondern die Nachprüfung sei, soweit eine
Änderung des bisherigen Zustandes zweckmässig erscheine, dem Bundesgerieht als Zivilgerichtsinstanz in der Form einer zivilrechtlichen Beschwerde zu übertragen. Im weitern wird im bundesgerichtlichen Gutachten ausgeführt: «Dagegen kann es sich fragen, ob nicht allgemein die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen als

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Gegenstand der Verwaltungsrechtspflege aufgestellt werden sollte: wir denken an die Vorschriften des Fabrikgesetzes, die gesundheitspolizeilichen Vorschriften, die öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen der Eisenbahnen, die Pflichten, die sich aus der Militärorganisation ergeben, die Versicherungspflicht. Doch tritt hier das öffentliche Interesse derart in den Vordergrund, dass eine Diskussion der bezüglichen Anordnungen der zuständigen Verwaltungsbehörden und ein Abwägen gegen die in Frage stehenden Privatinteressen kaum angängig ist. Meist wird es sich übrigens dabei um technische Spezialfragen handeln, für deren Lösung die sachverständigen Organe der Verwaltung eher berufen sind als ein Verwaltungsgericht. Immerhin lässt sich für die eine oder andere dieser Kategorien auch eine abweichende Auffassung vertreten.» Der Minderheitsbericht des Herrn Bundesrichter Jaeger vorn.

23. August 1918 spricht sich gegen die von der Mehrheit des Bundesgerichts vorgeschlagene «generelle Enumeration» aus; zunächst seien die Kompetenzen des Verwaltungsgerichts limitativ zu umschreiben in einer Weise, welche die Überweisung der Streitfälle an das Bundesgericht möglich mache, wobei das Hauptgewicht auf die Streitigkeiten aus dem Steuerrecht und die sonstigen Anstände zwischen dem Bürger und dem Bunde als Fiskus und auf die Anstände aus den verschiedenen alten und neuen Eingriffen des Bundes in die Handels- und Gewerbefreiheit zu legen wiir& und es der allmählichen Entwicklung der Verhältnisse überlassen bliebe, schrittweise die Verwaltungsgerichtsbarkeit weiter auszubauen.

Der IV. Fleinersche Vorentwurf vom April 1919 beruhte, -wieder III., auf der Generalklausel und zählte eine Reihe von Ausnahmen auf, die der Beurteilung des Verwaltungsgerichts entzogen bleiben sollen (/. B. Massnahmen gemäss Art. 102, Ziff. 8--10, der Bundesverfassung, Verfügungen der militärischen Kommando- und Disziplinargewalt). In den Übergangsbestimmungen wurden folgende Abänderungen der Art. 189 und 180 des BG über die Organisation der Bundesrechtspflege vorgesehen: Anstände aus denjenigen Bestimmungen der Staatsverträge, die sich auf Handels- und Zollverhältnisse, Patentgebühren, Freizügigkeit, Niederlassung und Befreiung vom Militärpflichtersatz beziehen, sind vom Bundesrate zu behandeln, sofern nicht der Zollrat zuständig ist; gegen
die Entscheidung des Bundesrates kann der Eekurs an das Verwaltungsgericht gemäss den Bestimmungen über den verwaltungsgerichtlichen Eekurs ergriffen werden. Ein Zusatz zum Art. 180 wollte ferner dem Bundesgericht als Staatsgeriehtshof übertragen die Beurteilung von «Einsprachen von Bürgern betreffend die Gültigkeit eid-

;""' :--9r.-

308 genössischer Wahlen und Abstimmungen über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse» und von «Anständen betreffend die Gültigkeit eines Volksbegehrens (Volksinitiative) oder einer Abstimmung über die Bevision der Bundesverfassung, wenn ein Anstand von einer Abteilung der Bundesversammlung dem Bundesgericht zur Entscheidung überwiesen wird»; dabei würde sich die Prüfung des Bundesgerichts erstrecken «auf alles, was während des ganzen Verlaufs der betreffenden Wahl oder Abstimmungsverhandlung vorgefallen ist, insbesondere auch auf Beschlüsse der Ivantonsbehörden und des Bundesrates». Ferner wollte der IV. Vorentwurf (Art. 12, Ziff. 3) dem Verwaltungsgericht als einziger Instanz übertragen die Entscheidung der «Kompetenzanstände zwischen bürgerlichen und militärischen Gerichtsbehörden, wenn das Verwaltungsgericht vom Bundesrate, einer Kantonsregierung oder einer beteiligten Prozesspartei angerufen wird». Laut Art, 29, Ziff. 2, sollte das Verwaltungsgericht als einzige Instanz auch beurteilen «Ansprüche der Bundesbeamten gegen den Bund auf andere (als vermögensrechtliche) ihnen durch Gesetz oder Verordnung zugebilligte subjektive Hechte aus dem Beamtenverhältnis, insbesondere die Ansprüche auf Urlaub, Buhetage Verkürzung der Arbeitszeit u. dgl.» Unterm 26. Oktober 1920 hat der Bundesrat beschlossen, die Kompetenzen des Verwaltungsgerichts seien nach der EnumerationsmfSthode zu umschreiben, so dass ihm der letztinstanzliche und ausschliessliche Entscheid über ganz bestimmte, im Gesetz näher 2u bezeichnende Verwaltungsstreitigkeiten zugewiesen wird; als Verwaltungsstreitigkeiten in diesem Sinne seien hauptsächlich «olche über Abgaben und Steuern, mit Ausschluss der Gebühren, sowie über andere Leistungen an den Staat zu betrachten. Die Departemente wurden eingeladen, die Streitigkeiten aus ihrem Geschäftskreis zu bezeichnen, die sich im Sinne dieses Beschlusses zur Entscheidung durch das Verwaltungsgericht eignen. Das Ergebnis dieser Enquete war ein sehr dürftiges; die meisten Departemente waren in der Aufzählung sehr zurückhaltend; abgesehen von einigen Vorschlägen, die von Art. 8, lit. a und b, 17 und 18 unseres Gesetzesentwurfs erfasst werden, wurde -- mit wenigen Ausnahmen (z. B. Güterreehtsregister, Viehverschreibungen, Grundbuch) ~ ·ein viel engerer Kompetenzkreis vorgeschlagen als in der Enumeration
des II. Fleinerschen Vorentwurfs. Es erübrigt sich daher, hier eine Zusammenstellung der Antworten der Departemente auf.zunehmen.

Der Vorentwurf des Justizdepartements vom 5. März 1923 zu einem Bundesgesetz über die eidgenössische Verwaltungs- und Disziplinarrechtspflege umschrieb den Kreis der Verwaltungs-

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gerichtsbarkeit zunächst mit drei generellen Klauseln : Streitigkeiten über 1. Abgaben oder andere Leistungen an den Bund aus eidgenössischem öffentlichem Hecht, 2. vermögensreohtliche Ansprüche gegen den Bund aus eidgenössischem öffentlichem Eecht, und 3.

nichtvermögensrechtliche Ansprüche eines Bundesbeamten gegen den Bund. Sodann sah dieser Vorentwurf vor, dass ein Bundesbeschluss dem Verwaltungsgericht enumerativ weitere Kompetenzen zuweise. Um die Erstellung eines Enumerationsentwurfs zu ermöglichen, der von einheitlichen Gesichtspunkten beherrscht ist und ohne alle Voreingenommenheit die Verwaltungssachen, die ihrer Natur nach richterlicher Kognition unterstellt werden können, auswählt und dem Verwaltungsgericht zuweist, wurden 4as Justizdepartement und seine Justizabteilung vom Bundesrate ermächtigt, mit den einzelnen Abteilungen der Bundesverwaltung persönlich in Verbindung zu treten, um festzustellen, welche Geschäfte aus den verschiedenen Verwaltungen sich zur Beurteilung durch das Verwaltungsgericht eignen. Die Justizabteilung trat mit den einzelnen Verwaltungsabteilungen in Verbindung, um den Kreis der in deren Geschäftsbereich fallenden Verwaltungssachen festzustellen und daraus die zur verwaltungsgerichtlichen Beurteilung geeigneten Sachen auszuwählen. In diesen Besprechungen, die in der Zeit vom 21. März bis zum 22. Mai 1928 stattfanden, wurde die ganze für die eidgenössische Verwaltung in Betracht fallende Bundesgesetzgebung einer Durchsicht unterzogen und auf ihre Eignung zur Unterstellung unter die verwaltungsgerichtliche Kognition geprüft.

Die Ergebnisse dieser Prüfung bilden die Grundlage für den vorliegenden Entwurf znm Enumerationsbeschluss.

Das Justizdepartement unterbreitete den Vorentwurf vom 5. März 1928 zum Gesetz über die Verwaltungs- und Disziplinarrechtspflege mit Kreisschreiben vom 17. März 1923 den Kantonsregierungen und andern Interessenten. Über die Enumeration wird in diesem Kreisschreiben bemerkt: «Dabei lässt sich beispielsweise an folgende Sachen denken: Grundbuch-, Zivilstandsregister-, Handelsregister-, Güterrechtsregister- und Viehverschreibungsverwaltnngssachen; Verwaltungsstreitsachen aus dem Gebiete des geistigen Eigentums (Erfindungspatente, gewerbliche Muster und Modelle, Fabrik- und Handelsmarken); Anstände betreffend das Verbot von Spielbanken;
Streitigkeiten über Steuerfreiheit; Streitigkeiten aus dem Gebiete der militärischen Notunterstützung; Verfügungen der Alkoholverwaltung über die Monopolpflicht; Anstände aus gewerbepolizeilichen Bewilligungen und Konzessionen (Betrieb einer Auswanderungsagentur, Anstellung von Unteragenten, Patenttaxen für Handelsreisende; Wasserrecht unter bestimmten Voraussetzungen, Bundesblatt. 77. Jahrg. Bd. II.

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310 Konzession von Brennlosen); Streitigkeiten über die Unterstellung unter die obligatorische Unfallversicherung, Streitigkeiten über Weisungen der Unfallversicherungsanstalt betreffend Unfallverhütung; Bussenverfügungen usw.» Die Kantonsregierungen wurden insbesondere auch angefragt, welche kantonale Entscheide, gegen die nach bisherigem Eecht eine Beschwerde an den Bundesrat wegen Verletzung eines Bundesgesetzes zulässig ist, verwaltungsgerichtlicher Kognition unterstellt werden sollen.

Nur wenige Kantonsregierungen haben in ihren Vernehmlassungen Vorschläge über die Enumeration gemacht: Zürich schlägt vor, dem Verwaltungsgericht ausser sämtlichen im Kreisschreiben vom 17. März 1923 beispielsweise genannten Fällen auch Verwaltungsstreitsachen über die Abtretungspflicht nach dem eidgenössischen Expropriationsgesetz, über die Konzessionserteilung für Eisenbahnen (Neben- und Strassenbahnen inbegriffen), für Unternehmungen der Schiffahrt, des Automobilwesens, der Luftschiffahrt, der drahtlosen Télégraphie und Téléphonie, Verwaltungsstreitsachen aus dem Gebiete der Wasserrechtsbewilligungen und der Wasser-' baupolizei, aus dem Gebiete der Konzessionserteilung für den Handel mit Gold, Silber und Platin, sowie aus dem Gebiete des B G über Mass und Gewicht zu übertragen, ferner das Verwaltungsgericht auch zuständig zu erklären zur rechtlichen Überprüfung letztinstanzlicher kantonaler Verwaltungsentscheide im Vorinundschaftswesen, soweit solche Entscheide nicht auf dem Wege der zivilrechtlichen Beschwerde beim Bundesgericht angefochten werden können.

Baselstadt bemerkt mit Bezug auf die im Krejsschreiben aufgezählten Materien, es sei nicht klar, weshalb bei den Anständen aus erteilten Konzessionen die wichtigste, die der Eisenbahnen, weggelassen werde und weshalb Anstände aus erteilten Bewilligungen, nicht aber Anstände wegen deren Verweigerung aufgeführt werden, Wichtige Gebiete der eidgenössischen Verwaltungsgesetzgebung fehlen fast ganz, so das Heerwesen, wo ausser den auf der Kommandogewalt beruhenden Verfügungen (die zweifellos nicht unter die Kontrolle des Verwaltungsgerichts gehören) doch sehr viele Bechtsgrundsätze sowohl das Verhältnis zwischen Staat und Bürger als das Verhältnis zwischen Bund, Kanton und Gemeinde bestimmen, über deren Beobachtung ein Eichter sehr wohl wachen könnte. Auffallend
sei der beinahe durchgehende Ausschluss der Polizeigesetzgebung des Bundes.

Für den Streit über die Pflichten, die die Polizeigesetzgebung dem Bürger auferlegt, bestehe zwar schon eine richterliche Entscheidungsbefugnis, da die Gesetze regelmässig den Bürger, der sich diesen Pflichten entzieht, vor den Strafrichter weisen. Damit sei jedoch nicht alles

311 Wünschenswerte erreicht. Das Bedürfnis, über verwaltungstechnische Pflichten der Bürger ausserhalb des Strafverfahrens eine Entscheidung herbeiführen zu können, werde auf andern Gebieten (z. B. Stempelabgaben) anerkannt. Ebenso bestehe ein Bedürfnis, dass über polizeiliche Pflichten, die der Bund den Bürgern auferlegt, ein eidgenössisches Gericht angerufen werden tonne, dessen Praxis dann auch für die kantonalen Strafrichter, die Übertretungen dieser Gesetze zu beurteilen haben, massgebend werde. Die Handhabung der Polizeigesetze bestehe nicht nur darin, dass die Verwaltung Übertretungen dem Polizeirichter verzeige ; die Verwaltung könne und solle auch -- unabhängig von ihren Vorzeigungen -- die Privaten durch Verfügung direkt zur Beobachtung ihrer Pflichten anhalten und an solche Verfügungen solle sich die Beschwerde anschliessen können. Damit sich hieraus keine Konflikte zwischen dem Verwaltungs- und dem Strafrichter ergeben, sei dann festzusetzen, dass der Strafrichter an das in gleicher Sache ergangene verwaltungsgerichtliche Urteil in bezug auf das verwaltungsrechtliche Rechtsverhältnis gebunden sei.

-- Ferner begrüsst Baselstadt, dass der verwaltungsgerichtliche Eekurs gegen letztinstanzliche Entscheide kantonaler Behörden in Verwaltungssachen eidgenössischen Rechts zugelassen wird. Es müsse als eine für die Kantone wichtige Neuerung und als eine Verbesserung des gegenwärtigen Zustandes bezeichnet werden, dass die Handhabung der Bundesgesetze, soweit sie den Kantonen anvertraut ist, von einer eidgenössischen Gerichtsinstanz und nicht von der Bundesverwaltung kontrolliert werde. So gebe bei Differenzen in der Rechtsanschauung nicht von vorneherein die der Bundesverwaltung den Ausschlag, sondern es entscheide das Verwaltungsgericht. Die kantonalen Behörden sähen es gerne, wenn diese Verbesserung sich bei einem grossen Kreise von Geschäften verwirklichte.

Aargau und Sohwyz äussern sich dahin, dass mit Bezug auf die von Kantonsbehörden nach Bundesrecht zu beurteilenden Verwaltungssachen der gegenwärtige Zustand nicht abzuändern sei ; über diese Sachen solle auch in Zukunft der Bundesrat als oberste Instanz entscheiden, Glarus empfiehlt die Zuweisung der Beschwerden über das Handelsregister- und Grundbuchwesen, über die Patenttaxen der Handelsreisenden und über die militärische Notunterstützung
an das Verwaltungsgerieht; im übrigen sei der Entscheid über Beschwerden gegen kantonale Entscheide gemäss Art. 189, Abs. 2, OG beim Bundesrate zu belassen, weil er in erster Linie berufen sei, den richtigen Vollzug der Bundesgesetze zu überwachen; eventuell könne der verwaltungsgerichth'che Rekurs zugelassen werden auf den Gebieten der Lebensmittelpolizei, Viehseuchenpolizei, Jagd und Fischerei. St. Gallen bemerkt, dass es kaum praktisch sein werde, Beschwerden gegen

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kantonale Entscheide aus dem Gebiete der Fabrikgesetzgebung durch eine Gerichtsinstanz entscheiden zu lassen; ebenso seien die Rekurse gegen kantonale Entscheide in Anwendung der Verordnung über die Kontrolle der Ausländer, mit Büeksicht auf den politischen Charakter dieser Entscheidungen, auch in Zukunft von den Administrativbehörden zu beurteilen.

In den Eingaben, die aus privaten Kreisen zum Vorentwurf vom 5. März 192S eingereicht wurden, werden in bezug auf die Enumeration folgende Wünsche geäussert: Der Verband schweizerischer Sekundärbahnen hält dafür, der v^rwaltungsgerichtliehe Bekurs sei zuzulassen in «allen Streitigkeiten zwischen privaten Transportunternehmungen einerseits und den eidgenössischen oder kantonalen Behörden anderseits betreffend Bechte und Pflichten aus Konzessionen bzw. Pflichtenheften».

In der Eingabe des Vororts des schweizerischen Handels- und Industrievereins wird der Wunsch des Verbandes konzessionierter schweizerischer Versicherungsgesellschaften mitgeteilt, der Enumerationsbeschluss solle alle Verfügungen umfassen, die der Bundesrat, das Justizdepartement und das Versicherungsamt gestützt auf das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Kautionsgesetz und die Vollziehungsverordnung zu diesen Gesetzen erlassen.

Herr Begierungsrat Im Hof bezeichnet es als einen Mangel, dass der Vorentwurf «die auf öffentlichem Becht des Bundes beruhenden Ansprüche gegen Bundesanstalten mit eigener Rechtspersönlichkeit und vor allem gegen die Kantone» übergehe.

Die schweizerische Bankiervereinigung spricht sich über die Methode der Enumeration dahin aus, dass die Kompetenzen des Verwaltungsgerichts «nicht in einem besondern Bundesbeschluss auf einer endlosen Liste aufgezählt werden, sondern in möglichst umfassender Weise nach generellen Gruppen im Gesetze selbst umschrieben werden».

Der schweizerische Gewerbeverband bemerkt, dass bei der Durchführung des Fabrikgesetzes und des Lebensmittelgesetzes durch die Einschaltung der Verwaltungsgerichtsbarkeit unliebsame Komplikationen und namentlich Verzögerungen nicht zu vermeiden wären; in wirtschaftlichen Dingen (Fabrikgesetz usw.).könne das Verwaltungsgericht kaum etwas anderes werden als eine Verschleppungs- und Verknöcherungsinstanz, eine wirtschaftslähmende Institution; nach einem auf Grund des Buchstabens getroffenen Entscheide würden dann weiterhin ähnliche Fälle schablonenhaft erledigt, ohne auf die besondern Verhältnisse der wirtschaftlichen Notwendigkeit Bücksicht

313 zu nehmen, was die Verwaltung im Interesse des Allgemeinwohls zu tun in der Lage war.

Das Volkswirtschaftsdepartement hat die Herren Dr. L, Béguin und Dr. K. A. Brodtbeck, sowie den schweizerischen Gewerkschaftsbund angefragt, welche Entscheide aus dem Gebiete des Fabrikgesetzes und der Kranken- und Unfallversicherung enumeriert werden können. Herr Béguin teilt in seiner Antwort mit, dass er bei einer grossen Zahl von Industriellen eine Umfrage veranstaltet hat und dass beinahe alle der Ansicht sind, das bisherige System habe keine ernstlichen Unzukömmlichkeiten gezeitigt und deshalb liege kein ernster Grund für eine Abänderung des jetzigen Bechtszustandes vor. Aus praktischen Erwägungen sei von einer Zuweisung an das Verwaltungsgericht abzusehen; namentlich werde befürchtet, dass die Anstände aus dem Fabrikgesetz durch ein umständliches verwaltungsgerichtliches Verfahren keine rasche Erledigung finden würden. Die Antworten des Herrn Dr. Brodtbeck und des Gewerkschaftsbundes laiiten ebenfalls negativ; sie gehen jedoch von der nach Art. 50 und 58 des gegenwärtigen Gesetzesentwurfs unzutreffenden Voraussetzung aus, dass alle Entscheide, die gemäss bestehender Gesetzgebung vom Gesamtbundesrat .endgültig gefällt werden, von der Enumeration ausgeschlossen seien.

B. Grundzüge des Entwurfs zum Enumerationsbeschluss.

Unbestritten ist der Grundsatz, dass der Verwaltungsgerichtsbarkeit nur solche Streitigkeiten unterstellt werden sollen, die sich zu einer gerichtlichen Überprüfung eignen. Über die Frage, was sich dazu eignet, gehen jedoch die Ansichten weit auseinander. Allseitiges Einverständnis besteht zwar darüber, dass die eigentliche Begierungstätigkeit in den Händen des Bundesrates zu belassen ist und dass bei Streitigkeiten, für deren Beurteilung das freie Ermessen massgebend ist, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht vorzusehen ist; aber schon über die Frage, was zur eigentlichen Begierungstätigkeit gehört, kann man verschiedener Meinung sein.

Die Gesichtspunkte, aus denen wir zu einer Ausscheidung von Streitsachen gelangen, die der Verwaltungsgeriehtsbeschwerde nicht unterstellt werden dürfen (Streitigkeiten, deren Entscheid von technischen Fragen abhängt, oder die wegen ihres internationalen Einschlages oder ihrer militärischen Natur dem Bundesrate vorzubehalten sind oder wegen der Notwendigkeit einer raschen Erledigung oder, weil sie als Bagatellsachen erscheinen, von der verwaltungsgerichtlichen Kognition auszuschliessen sind), haben wir in der Botschaft

314 zum Gesctzesentwurf auseinandergesetzt. Wir können daher auf unsere dortigen Ausführungen verweisen (Abschnitt B, lit. a : Generalklausel oder Enumeratici!). Aus dem Gebiete, das nach Ausscheidung dieser Streitsachen für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde in Betracht fallen kann, ist die Auslese der zu enumerierenden Streitigkeiten zu treffen.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass der -wichtigste Anwendungsfall der Verwaltungsgerichtsbarkeit der Widerspruch von Fiskalund Individualinteressen ist. Bier macht sich am meisten ein Bedürfnis nach einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung der von der Verwaltung getroffenen Entscheide geltend; auf diesem Gebiete ist das Misstrauen des Bürgers gegen die Verwaltung am grössten, in der er nicht eine unbefangene Entscheidungsinstanz, sondern eine fiskalisch am Ausgang des Streites interessierte Partei erblickt. Da diesem Bedürfnis schon durch Art. 8, lit. a und l, und Art. 17 des Gesetzesentwurfs in weitgehendem Masse Bechnung getragen ist, handelt es sich beim Enumerationsbeschluss -- was die Streitigkeiten anbelangt, bei denen ein fiskalisches Interesse im Spiele steht '-- nur noch darum, ergänzende Bestimmungen aufzustellen, um die verwaltungsgerichtliche Kompetenz auf die mit fiskalischen Interessen zusammenhängenden Streitigkeiten auszudehnen, die nicht schon von den Klauseln des Art. 3, lit. a und & (Art. 4--7) oder des Art, 17 erfasst werden (vgl. Art. 10 und 11 des Entwurfs zum Enumerationsbeschluss) .

Schwieriger ist die Frage, was für Sachen, bei denen kein fiskalisches Interesse im Spiele steht, dem Verwaltungsgericht zu übertragen sind. Der Entwurf geht einerseits davon aus, dass nur Bechtsf ragen in Betracht fallen können; der Beschwerdeführer muss einen rechtlichen Anspruch geltend machen. Anderseits sollen nur wichtige Streitfälle enumeriert werden; es soll sich um Eechtsfragen handeln, deren Entscheidung in der Eegel von erheblicher Bedeutung ist und bei denen ein wesentlicher Eingriff in die Bechtssphäre des Bürgers in Präge kommt. Die Wichtigkeit eines Streitfalles kann infolge der Unbestimmtheit dieses Begriffes nur als eine ganz allgemeine Wegleitung dienen. Um zu einer Präzisierung zu gelangen, müssen die verschiedenen Kategorien von Entscheiden näher geprüft und dabei die für die Zulassung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde massgebenden
Gesichtspunkte angegeben werden.

Den Streitigkeiten, bei denen fiskalische Interessen im Spiele stehen, sind die Streitigkeiten über eine Monopol- oder B egalpf licht ähnlich. Nach bisherigem Becht kann der Strafrichter in den Fall kommen, über die Monopol- oder RegalpfUcht zu entscheiden,

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·wenn ein Strafverfahren wegen ihrer Übertretung hängig ist. Ebenso wie bei der Abgabepflicht (Art. 5 des Gesetzesentwurfs) erscheint es auch bei der Monopol- oder Eegalpflicht als angezeigt, dass ein Gerichtsentscheid auch ausserhalb eines Straffalles herbeigeführt werden könne. Deshalb wird gegen Verwaltungsentscheide über die Monopol- oder Eegalpflicht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zugelassen. Dabei fallen in Betracht das Alkoholmonopol, das Post-, Telegraphen- und Telephonregal und das Pulverregal (Art. 32bi", 36 und 41 BV). Beim Banknotenmonopol und Münzregal (Art. 38 und 39 BV) kommen ihrer Natur nach keine Verwaltungsentscheide über die Monopol- oder Eegalpflicht vor; bei der Unfallversicherung (Art. 84blB BV) handelt es sich nicht um die Monopolpflicht, sondern um die Unterstellung unter die obligatorische Unfallversicherung.

Eine wichtige Gruppe von öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten sind die Anstände über Konzessionen und gewerbepolizeiliche Bewilligungen; dabei kommen in Frage einerseits Streitigkeiten über die Erteilung und den Entzug einer Konzession oder Bewilligung und anderseits Streitigkeiten über den Inhalt der erteilten Konzession oder Bewilligung. Was die Erteilung anbelangt, fällt in Betracht, dass kein Anspruch auf Konzessionserteilung besteht ; diese ist eine Ermessenssache, bei der die Würdigung des allgemeinen Wohles massgebend ist; infolgedessen wäre hier ein Gericht nicht die geeignete Instanz. Im Gegensatz zu den Konzessionen besteht bei den gewerbepolizeilichen Bewilligungen (z. B. Patent zum Betriebe einer Auswanderungsagentur, Ermächtigung zum Betriebe eines privaten Versicherungsunternehmens1), Ermächtigung zum Handel mit Gold- und Silber abfallen) ein Anspruch auf Erteilung der Bewilligung, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Diese Voraussetzungen eignen sich aber wegen ihrer technischen Natur nicht für eine verwaltungsgerichtliche Überprüfung. So sind gemäss Art. 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes vom 25. Juni 1885 bei der Ermächtigung zum Betriebe eines Versicherungsunternehmens vor allem die versicherungstechnischen Grundlagen dieses Unternehmens zu prüfen; der Entscheid, ob diese Ermächtigung zu erteilen oder zu verweigern ist, muss in der Kompetenz der Aufsichtsbehörden bleiben, die die Verantwortung dafür tragen, dass nur solide
Versicherungsunternehmen zum Geschäftsbetriebe zugelassen werden.

Bei der Erteilung des Patents zum Betriebe einer Auswanderungsagentur ist namentlich zu prüfen, ob die Bewerber mit der GeschäftsJ ) Eine solche ist, trotzdem sie auch Konzession genannt wird, keine Konzession im Rechtssinne, sondern eine gewerbepolizeiliche Bewilligung; vgl. Bundesblatt 1911, I. S. 220.

316 führung der Auswanderung vertraut und imstande sind, die sichere Beförderung der Auswanderer zu besorgen; zur Beurteilung dieser Frage eignen sich die Aufsichtsbehörden besser als ein Gericht. Aus diesen Gründen haben wir gegen den Entscheid über die Erteilung oder Verweigerung von Konzessionen oder gewerbepolizeilichen Bewilligungen keine Verwaltungsgerichtsbesohwerde vorgesehen.

Dagegen lässt der Entwurf dieses Bechtsmittel gegen den Entzug erteilter Konzessionen oder Bewilligungen zu. Massgebend war dabei die Erwägung, dass der Entzug eines Rechts, das der Beteiligte schon besitzt, einen viel tiefern Eingriff bildet, als wenn ihm bloss etwas verweigert wird, das er noch gar nicht hat. Allerdings kann es auch beim Entzug auf technische Fragen ankommen; wegen der ausserordentlichen Schwere des Eingriffs erscheint hier gleichwohl die Garantie der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung des Verwaltungsentscheides als geboten. Selbstverständlich ist, dass sich diese Regelung nicht auf den Entzug einer Eisenbahnkonzession erstreckt, da hierfür die Bundesversammlung zuständig ist. Deshalb kann nicht eine generelle Klausel aufgestellt werden, wonach gegen den Entzug von Konzessionen oder Bewilligungen aller Art die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig wäre, sondern es sind die einzelnen Anwendungsfälle zu enumerieren, wobei geprüft werden kann, ob bestimmte Fälle aus besondern Gründen nicht aufzunehmen sind.

Was ferner die Anstände über den Inhalt einer erteilten Konzession oder Bewilligung anbelangt, ist zu bemerken, dass das Wasserrechtsgesetz vom 22. Dezember 1916 (Art. 71) eine gerichtliche Entscheidung von Streitigkeiten zwischen dem Beliehenen und der Verleihungsbehörde über die aus dem Verleihungsverhältnisse entspringenden Rechte und Pflichten, sowie auch von verschiedenen andern Streitigkeiten schon vorgesehen hat. Ebenso sind Streitigkeiten über Rechtsverhältnisse aus Eisenbahnkonzessionen, soweit sie sich zu einer gerichtlichen Beurteilung eignen, schon nach geltendem Recht einer Gerichtsinstanz übertragen (vgl. z. B. Art. 50, Ziff. 1--4, OG und Art. 18, lit. c, des Gesetzesentwurfs); für andere Anstände kann wegen ihrer technischen Natur eine Zuweisung an das Verwaltungsgericht nicht in Frage kommen, und deshalb kann dem Wunsche des Verbandes schweizerischer Sekundärbahnen, es seien
alle Streitigkeiten zwischen privaten Transportunternehmungen und eidgenössischen oder kantonalen Behörden über Rechte und Pflichten aus Konzessionen oder Pflichtenheften, dem Verwaltungsgericht zu übertragen, keine Folge gegeben werden; die Verwirklichung dieses Wunsches würde übrigens die ganze technische und administrative Aufsicht über die Privatbahnen in Frage stellen. Auch die Anstände aus Konzessionen, die auf Grund des Post- oder Telegraphenverkehrs-

317 gesetzes oder des Gesetzes über Mass und Gewicht erteilt werden, sind wegen ihrer technischen Natur nicht in die Enumeratici! aufzunehmen. Ferner kann mit Bezug auf Streitigkeiten über in der Bundesgesetzgebung begründete vermögensrechtliche Ansprüche des Bundes oder gegen den Bund aus erteilten Konzessionen auf Art. 17 des Gesetzesentwurfs hingewiesen werden. Von den Anständen über Rechte und Pflichten betreffend gewerbepolizeiliche Bewilligungen können einzelne Streitigkeiten aus der Versicherungsaufsicht enumeriert werden; davon, dass alle Verwaltungsverfügungen aus dem Gebiete der Versicherungsaufsicht der Verwaltungsgerichtsbarkeit unterworfen werden -- wie der Verband konzessionierter schweizerischer Versicherungsgesellschaften gewünscht hatte ---, kann jedoch keine Bede sein, weil man damit die staatliche Versicherungsaufsicht lahmlegen würde.

Im Submissionswesen (BEB betreffend die Vergebung von Arbeiten und Lieferungen durch die Bundesverwaltung vom 4. März 1924, Verordnung betreffend das Submissionswesen bei der Direktion der eidgenössischen Bauten vom 4. Januar 1921) wäre es denkbar, bei Verletzung von Verfahrensvorschriften die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zuzulassen. Da aber der Zusehlag, der bei einer Submission die Hauptsache bildet, eine Ermessensfrage ist, hätte eine gerichtliche Überprüfung der Handhabung der Verfahrensvorschriften nur geringen praktischen Wert, Deshalb sind keine Anstände aus dem Submissionswesen in die Enumeration aufgenommen worden.

Was ferner das Bundesbeamtenverhältnis anbelangt, so sind die vermögensrechtlichen Ansprüche im Art. 17 des Gesetzesentwurfs berücksichtigt und die Disziplinarrechtspflege in Art. 88 bis 44 des Gesetzesentwurfs behandelt ; für die Enumeration könnten also nur noch die nicht vermögensrechtlichen Ansprüche von Bundesbeamten in Frage kommen. Frühere Entwürfe hatten für Streitigkeiten über nicht vermögensrechtliche Ansprüche von Bundesbeamten die verwaltungsgerichtliche Kognition in Aussicht genommen; es entsprach dies dem -- von der Expertenkommission von 1917 und vom IV. Fleinerschen Vorentwurf als Grundlage genommenen -- System der Generalklausel und der Möglichkeit einer doppelten Beschwerde (in Eechtsfragen an das Verwaltungsgericht und gleichzeitig in Fjrmessensfragen an den Bundesrat). Dagegen werden im vorliegenden Entwurf
die nicht vermögensrechtlichon Ansprüche von Bundesbeamten dem Verwaltungsgericht aus folgenden Gründen nicht unterstellt: Mit Bezug auf die nicht vermögensrechtlichen Ansprüche aus dem Arbeitszeitgesetz vom 6. März 19£0 fällt in Betracht, dass dieses im Art. 18 dem Bundesrat eine paritätische begutachtende Kommission beigegeben hat, die beim

318

Vollzug des Gesetzes im allgemeinen und insbesondere auch beim Entscheid über Beschwerden mitwirkt. Es besteht kein Anlass, diese erst seit wenigen Jahren in Kraft getretene Ordnung eines Spezialgebietes wieder umzustossen, die durch die Einsetzung der paritätischen Kommission für eine sachgemässe Behandlung vorkommender Streitfälle gesorgt hat; die dabei zu entscheidenden Fragen müssen im Eahmen des ganzen zugehörigen Betriebsbildes und in fachmännischer Beherrschung desselben, namentlich auch in genauer Kenntnis der Betriebsnotwendigkeiteri im einzelnen Falle gewürdigt werden; ein Gericht, dem die Vertrautheit mit diesen Verhältnissen abgeht, wäre nicht die geeignete Instanz. Sodann ist beispielsweise auf die Erleichterungen hinzuweisen, die gemäss Art, 16 des Arbeitszeitgesetzes in Würdigung «besonderer Verhältnisse» gewährt werden können; diese Würdigung ist Ermessenssache und wäre von vornherein der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung entzogen. Aber auch bei andern, nicht vermögensrechtlichen Ansprüchen aus dem Beamtenverhältnis sind vorwiegend Ermessensfragen zu entscheiden (vgl. z. B. Art. 9, 14 und 15 des Gesetzesentwurfs über das Dienstverhältnis der Bundesbeamten); so ist bei einer Versetzung im Amte oder bei Zuweisung einer andern Tätigkeit die Frage, ob der Dienst oder die wirtschaftliche Verwendung der Arbeitskräfte eine solche Massnahme erfordert, eine Ermessensfrage; als solche stellt sich auch die Frage dar, ob die Ausübung eines öffentlichen Amtes oder eine Nebenbeschäftigung nachteilig auf die Erfüllung der dienstlichen Obliegenheiten des Beamten einwirken kann oder mit seiner amtlichen Stellung unverträglich .erscheint. Wo, wie beispielsweise bei Entscheiden über die Bekleidung öffentlicher Amter oder über Nebenbeschäftigungen, Ermessensfragen die Hauptsache sind, hätte eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde keinen praktischen Wert ; aum Schutze des Beamten ist es wichtiger, dass solche Entscheide an die höheren Verwaltungsinstanzen, denen eine Überprüfung auch der Ermessensseite zusteht, weitergezogen werden können, während die Zulassung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde -- gemäss dem System des Entwurfs (vgl. die Ausführungen in der Gesetzesbotschaft zum Art. 11) -- zur Folge hätte, dass die Instanz, gegen die die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu richten wäre, über die Ermessensfragen
endgültig entscheiden würde.

Das Bundesrecht hat eine Anzahl von polizeilichen Geboten und Verboten aufgestellt, die dem Bürger öffentlich-rechtliche Pflichten auferlegen. Von den Streitigkeiten über polizeiliche P f l i c h t e n des Bürgers aus Bundesrecht können nur einzelne Fälle dem Verwaltungsgericht zugewiesen werden. In der Eegel sind diese Gebote und Verbote durch eine Strafsanktion geschützt, so

319 dass bei Widerhandlungen die Gerichte über solche Pflichten entscheiden. Ein Bedürfnis, einen Gerichtsentscheid ausserhalb des Strafverfahrens herbeiführen zu können, mag auf einzelnen Gebieten vorhanden sein und bei der Enumeration berücksichtigt werden. Bei vielen polizeilichen Geboten und Verboten trifft die Verwaltung keinen Entscheid über das Bestehen einer Pflicht des Bürgers, sondern sie beschränkt sich darauf, bei Widerhandlungen Strafanzeige zu erstatten (z. B. Schächtverbot, Absüithverbot, Pflichten aus dem Gebiete der Lebensmittelpolizei, der Jagdpolizei, der Gesetzgebung über Mass und Gewicht usw.) ; hier liegt kein Anlass vor, einen Verwaltungsentscheid über das Besteben einer Pflicht vorzusehen, und infolgedessen bleibt hier kein Eaum für eine Verwaltungsbeschwerde.

Bei andern polizeilichen Geböten und Verboten ergeht ein Verwaltungsentscheid, der eine Pflicht des Bürgers feststellt; dies ist beispielsweise der Fall bei der Unterstellung unter das Fabrikgesetz oder unter die obligatorische Unfallversicherung, welche Fragen nach geltendem Eecht der gerichtlichen Kognition entzogen und den Verwaltungsbehörden vorbehalten sind. Ebenso ergeht ein Verwaltungsentscheid,'wenn die Verwaltung in Anwendung der Polizeigesetze des Bundes eine Anordnung trifft, durch die sie den Bürger .zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet (z. B. Verfügungen auf Grund des Tierseuchen- oder des Elektrizitätsgesetzes). Die Widerhandlung gegen eine solche Anordnung kann mit einer Ordnungsbusse, die von der Verwaltung auszufällen ist, oder mit einer Strafe, über die im Strafverfahren zu entscheiden ist, bedroht sein. Im erstem Falle fragt es sich, ob gegen die Ordnungsbusse die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zugelassen werden soll; hierzu nehmen wir weiter unten Stellung. In den Fällen, wo Widerhandlungen gegen Verwaltungsentscheide, die eine polizeiliche Pflicht des Bürgers feststellen, im Strafverfahren zu beurteilen sind, kann der Strafrichter die Gesetzmässigkeit des Verwaltungsentscheides überprüfen. Es wäre eine zu weitgehende Einschränkung der kantonalen Strafgerichtsbarkeit, wenn man allgemein gegen solche Verwaltungsentscheide die Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorsehen und den Strafrichter an das verwaltungsgerichtliche Urteil binden wollte. Ein Bedürfnis nach einer gerichtlichen Überprüfung ausserhalb
des Strafverfahrens x) *) Eine Vorschrift darüber, wie sich in diesen Fällen das Verhältnis zwischen dem Verwaltungsgericht und dem Straflichter gestaltet, halten wir nicht für notwendig. Sind Verwaltungsgeriohtsbeschwerde und Strafverfahren gleichzeitig hängig, so hat der Strafriohter die Möglichkeit, das Strafverfahren bis zur Entscheidung der Verwaltungsgeriohtsbeschwerde auszusetzen. Mit Bezug auf die verwaltungsreohtliohe Frage wird sich der Strafrichter ohnehin an die Praxis des VerwaltungBgenchts halten.

Der Strafentscheid kann in letzter Linie an den Kassationshof des Bundes-

320 kann bei der Monopol- und Regalpflicht, sowie bei der Konzessionspflicht der privaten Versicherungsunternehmungen vorhanden sein ; diese besondern Fragen eignen sich besser zu einer verwaltungsgerichtlichen Prüfung, während der Strafrichter mit den in Betracht fallenden Verhältnissen weniger vertraut ist. Im übrigen aber sind nur die Verwaltungsentsoheide über polizeiliche Pflichten zu enumerieren, die auch für die Gerichte verbindlich sind (z. B. solche über die Unterstellung unter das Fabrikgesetz oder unter die obligatorische Unfallversicherung), oder .bei denen aus besondern Gründen die Möglichkeit einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung als wünschbar erscheint; so z. B. Entscheide über die Anwendung des Spielbankverbotes, weil eine bundesrechtliche Strafsanktion fehlt, oder Entscheide über die Abgrenzung des bundesrechtlichen Lotterieverbotes, weil hier eine gerichtliche Entscheidung auch dann nötig sein kann, wenn keine Widerhandlung vorliegt.

Ordntingsbussen, die von. der Bundes Verwaltung endgültig verhängt werden, sind vorgesehen: a, im Art. 18 des Auswanderungsagentusengesetzes (Fr. 20 bis 1000), im Art. 10 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (bis Fr. 1000), im Art. 19 des Kautionsgesetzes (bis Fr, 5000), im Art. 33 des Krankenund Unfallversicherungsgesetzes (bis Fr. 100), im Art. 60 des Elektrizitätsgesetzes (bis Fr. 1000), im Art. 34 des Eisenbahngesetze.(bis Fr. 1000) und im Art, 19 des Arbeitszeitgesetzes (bis Fr. 500.

im Wiederholungsfall bis Fr. 5000); b. im Art. 28 des Alkoholgesetzes (bis Fr. 30, unter gewissen Voraussetzungen bis Fr. 60), im Art. 58 des geltenden Zollgesetzes (bis Fr, 30) und in Art. 103--107 des neuen Zollgesetzentwurfs (bis Fr. 800).

In den unter lit. a angeführten Fällen ist die Bussenkompetenz ein Ausfluss der Aufsicht über die Auswanderungsagenturen, Versicherungsgesellschaften, Krankenkassen usw.; sie ist -- abgesehen vom äussersten Mittel, dem Entzuge der Bewilligung, Anerkennung oder Konzession -- die einzige wirksame Sanktion, die den Massnahmen der Aufsichtsinstanz die Vollziehung sichert. Da der Bundesrat die Verantwortung für die Aufsichtsmassnahmen tragen muss, behält der Entwurf die endgültige Kompetenz des Bundesfätes zur Verhängung solcher Ordnungsbussen bei und lässt die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht zu. Bei den unter ]it. fe
genannten Ordnungsgerichts -weitergezogen werden, so dass auch hier das Bundeagericht entscheidet (allerdings der Kassationshof und nicht die Staats- und verwaltungs rechtliche Abteilung). Über die besondere Regelung bei den Stempelabgaben vgl. Art. 52 des Gesetzesentwurfs.

"jMTOjfeTM

321 bussen der Zoll- und Alkoholgesetzgebung handelt es sich dagegen nicht um die Aufsicht über gewisse Unternehmungen; bei diesen Bussen stehen der Zulassung der Verwaltungsgeriehtsbeschwerde keine grundsätzlichen Bedenken entgegen, jedoch ist zu beachten, dass hier meistens Bagatellfälle in Frage stehen. Um es auszuschliessen, dass die unbedeutenden Fälle vor Bundesgericht gebracht werden können, sollen Ordnungsbussen des Zollgesetzes, die einen gewissen Betrag -- nach dem Entwurf Fr. 50 -- nicht übersteigen, von der Anfechtung durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausgeschlossen sein. Stellt man auf den Betrag von Fr. 50 ab, so fallen die Ordnungsbussen des Alkoholgesetzes (infolge ihres Maximums von Fr. 30, im Verdoppelungsfalle Fr. 60) für die Enumeration ausser Betracht, hingegen werden die den Betrag von Fr. 50 übersteigenden Ordnungsbussen des Zollgesetzes in den Enumerationsbeschluss aufgenommen, weil ihr Maximum nach dem Zollgesetzentwurf Fr. 800 betragen soll. -- In gleicher Weise wie die Ordnungsbussen im Zollwesen sind auch die auf Grund des Kriegssteuerbeschlusses verhängten Ordnungsbussen zu behandeln, deshalb wird die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Entscheide der kantonalen Kriegssteuerrekurskommissionen über Ordnungsbussen, die den Betrag von Fr. 50 übersteigen, zugelassen (vgl. Art. 10).

Streitigkeiten über die Abtretungspflicht sind gemäss Art. 25 des eidgenössischen Expropriationsgesetzes vom 1. Mai 1850 vom Bundesrate zu entscheiden; dagegen werden Entschädjgungsfrageii aus der Anwendung des eidgenössischen Enteignungsrechts von den Schätzungskommissionen und in letzter Instanz vom Bundesgericht beurteilt. Die wichtigsten Anwendungsfälle des eidgenössischen Enteignungsrechts sind: Eisenbahngesetz vom 28. Dezember 1872, Art. 12; Elektrizitätsgesetz vom 24. Juni 1902, Art. 12, 42, 43 und 50; Wasserbaupolizeigesetz vom 22. Juni 1877, Art. 8; Militärorganisation vom 12. April 1907, Art. 32; Wasserrechtsgesetz vom 22. Dezember 1916, Art. 19, 48 und 46. Theoretisch Hesse sich der Standpunkt vertreten, der Entscheid über die Abtretungspflicht solle wenigstens in den Fällen, wo der Bund selbst Expropriant ist, dem Verwaltungsgericht unterstellt werden. Es darf jedoch nicht ausser acht gelassen werden, dass der Entscheid über die Abtretungspflicht namentlich bei Eisenbahnen und
elektrischen Anlagen mit der Plangenehmigung (insbesondere Trassewahl) --· die für eine verwaltungsgerichtliche Überprüfung nicht in Frage kommt -- derart zusammenhängt, dass er nicht andern Instanzen übertragen werden kann. Bei der Erteilung des Enteignungsreohts in Anwendung des Wasserrechtsgesetzes besteht ein Zusammenhang mit der Verleihung der Wasserrechte, so dass es unzweokmässig wäre, dass ein Gericht über das Enteignungs-

322 recht entscheide, während der Entscheid über die Verleihung bei den Verwaltungsbehörden bleibt. Zu einer Änderung der bisherigen Kompetenzregelung ist übrigens gegenwärtig um so weniger Anlass vorhanden, als eine Gesamtrevision des eidgenössischen Expropriationsgesetzes in Aussicht genommen ist1). Aus diesen Gründen haben wir die Entscheide über die Abtretungspflicht nach eidgenössischem Enteig-> nungsrecht nicht in die Enumeration aufgenommen. Ein besonderer Fall ist die Enteignung nach Art. 45 (vgl. Art. 21, 25, 27, 36 und 38).

des Forstpolizeigesetzes vom 11. Oktober 1902; sie findet nach Massgabe des kantonalen Eechts statt, jedoch ist gegen den kantonalen Entscheid über die Pflicht zur Abtretung oder Ablösung der Bekurs an den Bundesrat vorbehalten j hier besteht nun die Möglichkeit, diesen Bekurs durch die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu ersetzen.

Ferner bilden die Anstände über das Becht, das den Gemeinden gemäss Art. 46, Abs. 8, des Elektrizitätsgesetzes zusteht, einen mit der Expropriation in Beziehung stehenden besondern Fall, der der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung unterstellt werden kann.

Ein Gegenstück zu den Anständen über die Begalpflicht oder über andere Pflichten des Bürgers bilden Streitigkeiten über Pflichten der Verwaltung gegenüber dem Bürger, z. B. über die Leistungspflicht der Post, über das Postgeheimnis usw. Einzelne derartige Streitigkeiten können in die Enumeration aufgenommen werden.

Auf dem Gebiete der sogenannten freiwilligen Gerichtsb a r k e i t , insbesondere der Handelsregister-, Grundbuch-, Patentund Markenrekurse, bietet die Entscheidung durch eine Gerichtsinstanz dem Bürger eine grössere Garantie. Der Konsequenz halber überweist der Entwurf dem Verwaltungsgericht auch die Eekurse betreffend das neue Schiffsregister, sowie die --- allerdings ziemlich seltenen -- Bekurse über Zivilstands- und Güterrechtsregister, Viehverschreibungen, Muster und Modelle.

Fragen aus der Stiftungsaufsichtwerdenebenfallsenumeriert.

Dagegen haben wir kantonale Entscheide aus dem Vormundschaft swesen nicht aufgenommen; durch die Novelle von 1911 zum OG ist gegen gewisse Entscheide aus dem Vormundschaftswesen die zivilrechtliche Beschwerde eingeführt worden, während andere Fälle von den kantonalen Behörden endgültig zu entscheiden sind. Es scheint uns keine Notwendigkeit
einer Abänderung dieser Eegelung vorzu*) Die Expertenkommission für die Revision des Expropriationsgesetzes hat davon abgesehen, den Entscheid, über die Abtretungspflicht dem Verwaltungsgericht zu unterstellen. Vgl. auch Jaeger, Erläuternder Bericht zum Vorentwurf eines Gesetzes über die Zwangsenteignung (1914), S. 70/71.

32ä liegen. Es wäre auch nicht zweckmäßig, im Vormundschaftswesen einige Entscheide der zivilrechthchen Beschwerde und andere der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu unterstellen.

Eine weitere Gruppe bilden die Fälle, wo die Verwaltung über eine Streitigkeit zwischen zwei Parteien entscheidet, bei der die Zulassung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde als angezeigt erscheint. Dies ist insbesondere der Fall, wenn beim Entscheid eine A b w ä g u n g zwischen mehreren einander entgegenstehenden Interessen zu erfolgen hat; eine Gerichtsinstanz bietet hier eine grössere Garantie für eine objektive Prüfung "und Würdigung des Falles; immerhin sind die Streitigkeiten, die infolge ihrer technischen Natur zu einer gerichtlichen Beurteilung ungeeignet sind, nicht aufzunehmen. Die Zuweisung an das Verwaltungsgericht ist z. B. möglich bei Streitigkeiten betreffend Vorkehren zum Schutze des Fischbestandes gegen schädliche Einwirkungen durch Wasserwerke oder Fabriken, bei Anständen über Rechtsverhältnisse der im Wasserrechtsgesetz vorgesehenen Genossenschaften und bei einzelnen Streitigkeiten aus dem Forstpolizeigesetz.

Die Gruppe der vermögensrechtlichen Ansprüche gegen K a n t o n e aus ö f f e n t l i c h e m Bundesrecht x) haben wir nicht aufgenommen. Streitigkeiten über solche Ansprüche werden entweder schon nach bisherigem Eecht von einem Gericht entschieden und fallen deshalb für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausser Betracht, oder sie werden von den kantonalen Verwaltungsbehörden endgültig entschieden (z. B, der Anspruch des Tierbesitzers auf einen Beitrag an. Seuchenschaden, Art. 24 des Tierseuchengesetzes vom 18. Juni 1917), und es besteht kein Anlass, hier ein Eechtsmittel an eine eidgenössische Instanz einzuführen, oder endlich es ist der Weiterzug an eine eidgenössische Verwaltungsinstanz zulässig. Letzteres ist der Fall bei gewissen Ansprüchen aus der Militärorganisation, die sich aber für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht eignen ; sie können bei der Revision des Verwaltungsreglements für die Armee besondern ausserhalb der eidgenössischen Verwaltung stehenden Instanzen übertragen werden.

In bezug auf A n s t ä n d e aus Staatsverträgen, die nach geltendem Eecht vom Bundesrate zu beurteilen sind, tritt nur bei *) Was ferner die vermögensrechtlichen Ansprüche gegen öffentliche Anstalten des
Bundes mit eigener Rechtspersönlichkeit anbelangt, kann hinsichtlich der Alkoholverwaltung auf Art. 46 des Gesetzesentwurfs, hinsichtlich der Nationalbaiik und der Unfallversicherung auf Art, 79 des Nationalbankgesetzes und Art. 120 des Kranken- und Unfallver sicherungsgesetzes verwiesen werden. Dadurch ist schon für den Rechtsschutz gesorgt.

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bestimmten Materien eine Änderung ein, so wird z. B. die Zollrekurskommission auch Zolltarifbeschwerden, in denen eine Verletzung staatsvertraglicher Tarifbestimmungen geltend gemacht wird, zu beurteilen haben. Im übrigen lehnen wir aber eine Zuweisung der Anstände aus Staatsverträgen an das Verwaltungsgericht ab; insbesondere dürfen ihm die Niederlassungsrekurse nicht übertragen werden.

Nicht berücksichtigt haben wir den Vorschlag des IV. Fleinerschen Vorentwurfs, es seien unter bestimmten Voraussetzungen die Einsprachen gegen die Gültigkeit eidgenössischer Wahlen und Abstimmungen und die Anstände über die Gültigkeit eines Volksbegehrens dem Bundesgericht zur Beurteilung zu übertragen. Es scheint uns richtiger, dass dieser Vorschlag erst seinerzeit bei der Revision der Gesetzgebung über die Wahlen und Abstimmungen näher geprüft werde, weil man durch die Einbeziehung dieser Frage die gegenwärtige Vorlage, die ohnehin genug Schwierigkeiten bietet, übermässig komplizieren würde.

Wir sehen auch davon ab, die Kompetenzanstände zwischen bürgerlichen und militärischen Gerichtsbehörden dem Bundesgericht zu übertragen; nach den Entwürfen zum revidierten Militärstrafrecht sollen diese Anstände auch in Zukunft vom Bundesrat entschieden werden.

Zusammenfassend ergibt sich, dass folgende Gruppen von Streitigkeiten in die Enumeration aufzunehmen sind: 1. Beschwerden betreffend Register des ZGB, OR oder der Gesetze über geistiges Eigentum; 2. Beschwerden über eine Monopol- oder Eegalpflicht ; 8. Beschwerden gegen den Entzug von Konzessionen oder Bewilligungen ; ·i. einzelne Anstände über polizeiliche Pflichten der Bürger; 5. einzelne Anstände über Eechte Dritter, bei deren Beurteilung verschiedene Interessen gegeneinander abzuwägen sind; 6. dazu kommt noch eine Gruppe, die ergänzenden Charakter hat, indem durch ihre Aufzählung der für Fiskalstreitigkeiten, für Anstände aus der Regalpflicht usw. vorgesehene Rechtsschutz vervollständigt wird.

Es erscheint als gegeben, die Gruppen l--8 in je einem Artikel des Enumerationsbeschlusses zu behandeln. Die zu den Gruppen ·4--6 gehörenden Streitigkeiten werden dagegen in den Art. 4---15 aufgezählt und nach den Verwaltungszweigen, in die sie fallen, gegliedert.

325

C. Die einzelnen Bestimmungen des Entwurfs zum Enumerationsbesohluss.

Den Titel «Bundesvorsainmlungsbeschluss betreffend Aufzählung von Kompetenzen des Verwaltungsgerichts» haben wir gewählt, weil der Beschluss nicht alle Kompetenzen des Verwaltungsgerichts aufzählt, sondern nur die, welche ihm in Ausführung von Art. 3, lit. o, des Gesetzesentwurfs übertragen werden -- also nur solche, die sich nicht schon aus dem Gesetzesentwurf selbst ergeben. Hinsichtlich der Bezeichnung «Bundesversammlungsbeschluss» können wir auf unsere Bemerkungen in der Gesetzesbotschaft (Ziff. 8 zum Art. 3) verweisen.

Zu Art. 1.

Er umfasst die Beschwerden in Begistersachen; es sind das die Sachen der sogenannten freiwilligen Gerichtsbarkeit, die vielfach mit Fragen des materiellen Privatrechts zusammenhängen und die deshalb für eine Zuweisung an die Zivilabteilungen (Art. 2, Abs. l, des Gesetzesentwurfs) vor allem in Betracht fallen werden. Gegenwärtig werden diese Beschwerden vom Justizdepartement und vom Bundesrat entschieden; es handelt sich dabei um folgende Gruppen: a. Beschwerden aus dem Gebiete des geistigen Eigentums, nämlich aus dem Vollzug der Gesetzgebung über Erfindungspatente, Fabrik- und Handelsmarken, sowie gewerbliche Muster und Modelle.

In diesen Materien wird die Verwaltung ausschliesslioh durch eidgenössische Instanzen besorgt. Der Vollzug dieser Gesetze ist dem eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum übertragen (vgl. Art. 21 der Delegationsverordnung). Beschwerden gegen dieses Amt wegen ^Rechtsverletzung sollen, unter Ausschaltung der bisherigen Beschwerdeinstanzen, direkt an das Bundesgericht gehen. Nicht durch das Amt für geistiges Eigentum, sondern durch das Justizdepartement kann gemäss Art. 14, Ziff. 2, des Markenschutzgesetzes von Amtes wegen die Löschung einer irrtümlich eingetragenen Marke, die eine als Gemeingut anzusehende Figur enthält oder gegen die guten Sitten verstösst, verfügt werden; da bei einer solchen Anordnung nur Fragen zu entscheiden sind, die schon bei der Anmeldung der Marke zu prüfen sind, und die Verweigerung der Markeneintragung durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden kann, wird im Art. l, Abs. l, des Beschlussesentwurfs auch die vom Departement getroffene Anordnung der Löschung einer Marke der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterstellt.

Bundesblatt. 77. Jahrg. Bd. II.

24

326 b. Handelsregisterbeschwerden. Das Handelsregister wird von kantonalen Amtsstellen geführt; die gegen die kantonale Aufsichtsbehörde gerichteten Beschwerden gehen nach geltendem Kecht an das eidgenössische Justizdepartement und in letzter Instanz an den Bundesrat. Nach dem Entwurf sollen die Entscheide der kantonalen Aufsichtsbehörde der direkten Weiterziehung an das Bundesgericht durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterliegen.

Beim Handelsregister gibt es aber auch Entscheide, die nicht von kantonalen Amtsstellen, sondern vom eidgenössischen Amt für das Handelsregister getroffen werden; so ist dieses zur Bewilligung der Führung nationaler oder territorialer Firmenbezeichnungen zuständig (Art. 5 der revidierten Verordnung II vom 16. Dezember 1918). Die Entscheide des eidgenössischen Amtes für das Handelsregister sollen nach dem Entwurf ebenfalls direkt beim Bundesgericht durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden können; auch hier werden das Justizdepartement und der Bundesrat als Beschwerdeinstanzen ausgeschaltet.

Nach Art. 44 der Handelsregisterverordnung I vom 6. Mai 1890 prüft das eidgenössische Amt für das Handelsregister den Inhalt der Eegisterauszüge auf seine Gesetzmässigkeit und bewirkt deren Veröffentlichung durch das Handelsamtsblatt ; bei Meinungsverschiedenheit zwischen einer kantonalen Aufsichtsbehörde und dem eidgenössischen Amt hat das Justizdepartement den Gegenstand dem Bundesrate zur Entscheidung vorzulegen. In Abänderung dieser Bestimmung unterliegen solche Meinungsverschiedenheiten nach dem Entwurf der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung; da nämlich in solchen Fällen immer eine Verfügung der kantonalen Aufsichtsbehörde oder des eidgenössischen Amtes für das Handelsregister vorliegt, ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig.

c. Beschwerden in Zivilstands-, Güterrechtsregister-, Viehverschreibungs-, Grundbuch- und Schiffsregistersachen. Hier handelt es sich um Beschwerden gegen die kantonalen Aufsichtsbehörden ; sie gehen nach bisherigem Eecht an das eidgenössische Justizdepartement und an den Bundesrat, nach dem Entwurf dagegen direkt an das Bundesgericht.

Wir lassen eine Übersicht über die in den letzten Jahren beim Justizdepartement eingegangenen Beschwerden betreffend geistige» Eigentum, Handelsregister und Grundbuch folgen: Geistiges Eigentum: 1919: 5; 1920: 10; 1921: 5; 1922: 12; 1928: 6, 1924: 5.

Handelsregister 1919: 89; 1920: 40; 1921: 51; 1922:32; 1923:89; 1924: 49.

327 Grundbuch 1919: 10; 1920: 12; 1921: 17; 1922:18; 1928: 15; 1924: 5.

Beschwerden betreffend Zivilstandswesen, Güterrechtsregister und Viehverschreibung sind so selten, dass sich darüber statistische Angaben erübrigen.

Zu Art. 2.

Er betrifft die Entscheide über den Umfang des Alkoholmonopols, des Post-, Telegraphen- und Telephonregals und des Pulverregals (vgl. oben sub B.).

Zu Art. 3.

Der Entzug von Konzessionen und Bewilligungen unterliegt der Verwaltungsgerichtsbeschwerde in folgenden Fällen: 1. Entzug des Patents zum Betriebe einer Auswanderungsagentur und Entzug der Genehmigung zur Anstellung von Unteragenten (B G betreffend den Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenturen vom 22. März 1888, Art. 8, Abs. 8, Art. 5, Abs. 4, und Art. 18).

2. Entzug der Ermächtigung zum Betriebe eines privaten Versicherungsunternehmens (Versicherungsaufsichtsgesetz vom 25. Juni 1885, Art. 9, Abs. 2).

8. Entzug des Patents ale Grundbucbgeometer (Art. 24 des ^Règlements üb'er die Erteilung des eidgenössischen Patents für Grundbuchgeometer vom 80. Dezember 1919).

4. Entzug des Probiererdiploms für die Kontrolle von Goldund Silberwaren (BG betreffend Kontrollierung und Garantie des Feingehaltes der Gold- und Silberwaren vom 28. Dezember 1880, Art. 7, Abs. 2 und 3; Vollziehungsverordnung vom 15. November 1892, Art. 9, letzter Absatz).

5. Entzug der Ermächtigung zum Handel mit Gold-, Silber- und Platinabfällen oder zum Beruf als Handelsprobierer (BG betreffend den Handel mit Gold- und' Silberabfällen vom 17. Juni 1886, Art. 6, Abs. 5, Vollziehungsverordnung vom 29. Oktober 1886, Art. 8, Abs. 8).

6. Entzug eines Brennloses (Brennereikonzession) oder einer Bewilligung zur Verwendung von Industriesprit (Alkoholgesetz vom 29. Juni 1900/22. Juni 1907, Art. 14, Abs. 2; BEB über die Verwendung und den Bezug von Industriesprit vom 1. Oktober 1907, Art. 15 und 17; Brennereipflichtenheft vom 20. Juli 1908, Art. 27--80).

7. Entzug der Bewilligung zur Fabrikation von Zündhölzchen (Zündhölzchengesetz vom 2. November 1898, Art. 9, Abs. 5) ; dieser Entzug erfolgt auf Antrag des eidgenössischen Fabrikinspektorates

328 durch die Kantonsregierung; gegen deren Entscheid ist nach geltendem Recht der Rekurs an den Bundesrat gegeben, an dessen Stelle nach dem Entwurf die Verwaltungsgeriohtsbeschwerde treten soll.

8. Entzug der gestützt auf die Post- und Telegraphenverkehrsgesetze auf bestimmte Zeit erteilten Konzessionen (Postverkehrsgesetz vom 2. Oktober 1924, Art. 3, Telegraphenverkehrsgesetz vom 14. Oktober 1922, Art. 3 ; Kraft Wagenverordnung vom 8. Februar 1916, Art. 14, Abs. l, und 53, Abs. 2; VO vom 19. Dezember 1910 über die Schiffahrt konzessionierter Unternehmungen, Art. 110, Abs. 2, und vom 18. September 1906 über die Aufzüge und Luftseilbahnen, Art. 32, Abs. 2; vgl. Postordnung vom 15. November 1910, Art. 3, Ziff. 9).

Bei den Konzessionen, die auf unbestimmte Zeit erteilt werden, kann jederzeit nach freiem Ermessen der Widerfuf erfolgen, so dass hier für eine verwaltungsgeriohtliche Überprüfung kein Baum bleibt.

Dagegen soll eine solche Platz greifen, wenn eine auf bestimmte Zeit erteilte Konzession vor Ablauf dieser Zeit entzogen wird. Ferner wird die Aufhebung von Telephonanschlüssen (Art. 28 des Telegraphenverkehrsgesetzes) der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterstellt.

Der Art. 3 des Entwurfs bewirkt, dass der Entzug der darin angeführten Konzessionen und Bewilligungen, soweit er nach bisherigem Becht in die Zuständigkeit des Bundesrates fällt, an das Departement delegiert wird (vgl. Art. 50 des Gesetzesentwurfs).

Der Departementsentscheid kann durch Verwdltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden; einzig im Falle des Art. 3, Abs. 7, wird ein Entscheid der Kantonsregierung (also nicht eidgenössischer Instanzen) durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten.

In Art. 3 werden nicht aufgenommen: der Entzug einer Eisenbahnkonzession, weil hierzu die Bundesversammlung zuständig ist (Eisenbahngesetz vom 23. Dezember 1872, Art. 28), und die Verwirkung einer Wasserrechtsverleihung, weil sie im Streitfalle ohnehin der gerichtlichen Beurteilung unterliegt (Wasserrechtsgesetz vom 22. Dezember 1916, Art. 65 in Verbindung mit Art. 71). Ferner wird die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht augelassen gegen den Entzug des Patents zum Verkauf von Schiesspulver (Pulverregalgesetz Art. 4) und gegen den Entzug der Konzession zur Ausführung von Reparaturen an Militärwaffen (VO vom 20. Januar 1885 betreffend
die Waffenkontrolleure der Divisionen, Art. 16), weil sich diese Fragen nicht zu einer gerichtlichen Beurteilung eignen. Ebenso wird die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht vorgesehen gegen die Aufhebung von Prüfämtern für Wassermesser, Gasmesser oder Elektrizitätsverbrauchsmesser (Verordnung vom 29. Oktober 1918 über die

329 Wassermesser, Art. 10, vom 12. Januar 1912 über die Gasmesser, Art. 5, und vom 9. Dezember 1916 über die Elektrizitätsverbrauchsmesser, Art. 8). Auch der Entzug der Führerbewilligung für Automobile und für Luftfahrzeuge wird nicht angeführt ; es wird Sache der Bundesgesetzgebung über den Automobilverkehr und über die Luftschiffahrt *) sein, zu bestimmen, ob und in welchen Fällen die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Entscheide über diese Materien zulässig sein soll.

Zu Art. 4.

Die Frage, welchem Gemeinwesen (Bund, Kanton oder Gemeinde) eine Stiftung ihrer Bestimmung nach angehört (Art. 84, Abs. l, ZGB), ist für die Zuständigkeit zur Stiftungsaufsicht inassgebend. Sie ist eine Rechtsfrage, deren Entscheidung oft Schwierigkeiten bietet (vgl. Bundesbl. 1921, II, S. 809 ff.). Laut Art. 4 ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde allgemein gegen Entscheide des eidgenössischen Departements des Innern oder der kantonalen Behörden über die Zugehörigkeit der Stiftung zum Gemeinwesen zulässig; sie kann also, sofern eine Verletzung von Bundesrecht geltend gemacht wird, auch dann erhoben werden, wenn streitig ist, ob eine Stiftung dem Kanton oder der Gemeinde angehört.

Ferner sind in Art. 4 die Entscheide über die Umwandlung einer Stiftung (Art. 85 und 86 ZGB) aufgenommen worden, weil bei einer so einschneidenden Massnahme die Garantie einer gerichtlichen Überprüfung am Platze ist.

Zu Art. 5.

Der Abs. l betrifft die kantonalen Entscheide nach Art. 45 (vgl. Art. 21, 25, 27, 36 und 38) des Forstpolizeigesetzes über die Abtretungs- oder Ablösungspflicht. Allerdings kommen bei solchen Entscheiden forstwirtschaftliche Fragen vor (z. B. ob eine Dienstbarkeit sich mit einer guten Waldwirtschaft verträgt). Wir haben diese Entscheide gleichwohl aufgenommen, einerseits weil dabei auch Rechtsfragen auftauchen, anderseits weil wir annehmen, dass die Interessenabwägung, die bei der Beurteilung solcher Streitigkeiten Platz greifen musa, einer gerichtlichen Überprüfung unterstellt werden kann, umsomehr als diese Streitigkeiten oft mit Schadenersatzansprüchen zusammenhängen, die vom Zivilrichter beurteilt worden sind.

') Der Luftverkehr ist jetzt provisorisch durch eine bundesrätliehe Notverordnung geregelt. Wir nehmen aber keine Streitigkeiten aus Notverordnungen in die Enumeration auf; weil diese Erlasse nur provisorischen Charakter haben.

330

Der Abs. 2 erwähnt die kantonalen Entscheide über Dienstbarkeiten, andere Rechte oder Nebennutzungen in öffentlichen Waldungen und über die Teilung oder Veräusserung öffentlicher Waldungen (Art. 23, 24, SS, 84 und 35 des Forstpolizeigesetzes).

Trotzdem man sich fragen kann, ob nicht die Eekurse gegen diese Entscheide beim Bundosrat verbleiben sollen, haben wir sie aus ähnlichen Gründen, wie beim Abs. l, aufgenommen.

Zu Art. 6.

Entscheide über Massnahmen zum Schutze des Fischbestandes nach Art. 6, 7 und 21 des Fischereigesetzes vom 21. Dezember 1888 oder Art. 23 des Wasserrechtsgesetzes werden dem Verwaltungsgericht unterstellt, weil die Abwägung der bei diesen Entscheiden zu würdigenden Interessen einem Gericht zugewiesen werden kann.

Zu Art, 7.

Das Wasserrechtsgesetz vom 22. Dezember 1916 hat schon eine Kompetenzausscheidung zwischen den Verwaltungsbehörden und den Gerichten getroffen und die Beurteilung einer Eeihe von Streitfällen dem Bundesgericht als Staatsgerichtshof übertragen, so insbesondere Fragen der öffentlich-rechtlichen Entschädigung (Art. 8, Abs. 3, Art. 13, Abs. 4, Art. 14, Abs. 4, Art. 15, Abs. 4, Art. 25, Abs. 5, Art. 26, Abs. 2, Art. 28, Abs. 2, Art. 33, Abs. 2, Art. 43, Abs. 3, und Art. 44, Abs. 8, des Wasserrechtsgesetzes) und Streitigkeiten zwischen dem Beliehenen und der Verleihungsbehörde über die aus dem Verleihungsverhältnis entspringenden Rechte und Pflichten (Art. 71). Streitigkeiten zwischen dem Beliehenen und andern Nutzungsberechtigten über den Umfang ihrer Nutzungsrechte sind von den Gerichten zu entscheiden (Art. 70), ebenso die in Art. 32, Abs. 3, Art. 35, Abs. 3, und Art. 37, Abs. 5, erwähnten Streitigkeiten.

Für eine Erweiterung dieser ausgedehnten gerichtlichen Kompetenzen kommen die Entscheide über Anstände betreffend die Genossenschaften (Zwangsgenossenschaften oder freiwillige Genossenschaften) in Betracht, die nach Art. S3, Abs. 3, Art. 35, Abs. 2, Art. 36.

und Art. 37, Abs. 5, des Wasserrechtsgesetzes von den kantonalen Behörden oder vom Bundesrate (bzw. nach Art. 50 des Gesetzesentwurfs vom eidgenössischen Departement des Innern) zu treffen sind.

Zu Art. 8.

Die Auslegung des Spielbankbegriffes ist eine Rechtsfrage, die der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung um so eher unter-

331 stellt werden kann, als das Bundesrecht noch keine Strafsanktion zum Spielbankverbot des Art. 85 der Bundesverfassung aufgestellt hat und infolgedessen keine für die einheitliche Anwendung dieses Verbotes zuständige Gerichtsinstanz besteht. Deshalb sind die Entscheide des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements und der kantonalen Behörden über den Geltungsbereich des Spielbankverbotes (Art. 85 BV) in die Enumeration aufgenommen.

Aus dem Lotteriegesetz vom 8. Juni 1923 wird die Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgesehen für die Abgrenzung des bundesrechtlichen Lotterieverbotes. Es handelt sich dabei um kantonale Verwaltungsentscheide über die Auslegung des Lotteriebegriffs {Art. l, Abs. 2, des Lotteriegesetzes) und über die Abgrenzung zwischen den unter das bundesrechtliche Verbot fallenden und den hiervon ausgenommenen Lotterien (Tombola, Lotterie zu gemeinnützigen oder wohltätigen Zwecken; vgl. Art. 2, 8 und 5 des Lotteriegesetzes).

Zu Art. 9, Aus dem Gebiete der Aufsicht über das private Versicherungswesen werden im Art. 9, Abs. l, die Entscheide des eidgenössischen Versicherungsamtes über die Konzessionspflicht von Versicherungsunternehmungen angeführt. Es sind dies Entscheide darüber, ob eine Versicherungsunternehmung der Staatsaufsicht untersteht (Art. l, Abs. l und 2, des Aufsichtsgesetzes vom 25. Juni 1885). Dabei können die Fragen streitig sein, ob ein Versicherungsunternehmen vorliegt, ob dieses ein Privatunternehmen ist und ob der Geschäftsbetrieb örtlich beschränkt ist. Es liegt auf der Hand, dass sich diese Fragen für die Zuweisung an das Verwaltungsgericht eignen.

Der Umstand, dass gegen den Entzug der Konzession zum Betriebe eines privaten Versicherungsunternehmens die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zugelassen wird (Art. 2, Abs. 2, des Beschlussesentwurfs), bringt es mit sich, dass noch andere wichtige Massnahmen, zu denen gegenwärtig der Bundesrat zuständig ist, diesem Bechtsmittel zu unterstellen sind. Damit wird die Kompetenz zu diesen Massnahmen von Gesetzes wegen an das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement delegiert (Art. 50 des Gesetzesentwurfs) ; gegen den Departementsentscheid kann dann die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ergriffen werden. Der Abs. 2 des Art. 9 führt die unter Androhung des Konzessionsentzuges oder der Kautionsverwertung ergehende Aufforderung
zur Sanierung an (Art. 9, Abs. 2, des Aufsichtsgesetzes und Art. 8, Abs. l, und Art. 14, Abs. l, des Kautionsgesetzes vom 4, Februar 1919). Eine solche Massnahme stellt die Existenz der Versieherungsunternehmung in Frage; wird der Auf-

332 forderung zur Sanierung innert der angesetzten Frist nicht Folge geleistet, so wird der Konzessionsentzug oder die Kautionsverwertung verfügt Es erscheint aus praktischen Gründen als angezeigt, schon gegen eine solche Aufforderung zur Sanierung die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zuzulassen. Der Abs. 3 des Art. 9 betrifft Massnahraen auf Grund des Kautionsgesetzes, die mit dem Konzessionsentzug parallel gehen, nämlich die Verfügung darüber, ob die Kaution der ausländischen Unternehmung nach Art. 9 oder 10 des Kautionsgesetzes zu verwenden ist und ob die inländische Unternehmung zu liquidieren und ihre Kaution aus der Konkursmasse auszusondern sei (Art. 15, Abs. l, und Art. 16, Abs. 2, des Kautionsgesetzes). Bei Beschwerden gegen solche Massnahmen wird die Frage streitig sein, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der getroffenen Massnahme gegeben sind (so die Frage der Sanierungsbedürftigkeit).

In Art. 9, Abs. 4, werden die Entscheide über die Zustimmung zur freiwilligen Übertragung des Versicherungsbestandes angeführt (Art. 18, Abs. S, des Kautionsgesetzes); mit Büeksicht auf das Einspracherecht der schweizerischen Porderungsberechtigten wird die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zugelassen.

Der Abs. 5 des Art. 9 bezieht sich auf Art. 12 des Kautionsgesetzes und Art. 15 und 17 der Vollziehungsverordnung vom 16. August 1921, nämlich auf Eechtsfragen, welche die Bestellung desGeneralbevollmächtigten oder dessen Vollmacht betreffen.

Zu Art. 10.

Der Art, 104, Abs. 2, des Bundesbeschlusses über die neue ausserordentliche Kriegssteuer vom 28. September 1920 sieht gegen die von der kantonalen Bekurskommission verfügten oder bestätigten Ordnungsbussen eine Beschwerde an die eidgenössische Bekurskommission vor. Ordnungsbussen von Fr. 2--200 werden gemäss Art. 82, Abs. l, und 84, Abs. 2, des erwähnten Bundesbeschlusies über einen Steuerpflichtigen verhängt, der z. B. keine Steuererklärung einreicht oder einer Vorladung vor die Einschätzungsbehörde keine Folge leistet; ferner können die nach Art. 85, Abs. fy auskunftspflichtigen Personen und Gesellschaften, welche die Auskunft verweigern oder die Steuerbehörden durch unrichtige oder unvollständige Mitteilungen täuschen oder zu täuschen versuchen, mit einer Ordnungsbusse von Fr. 20 bis Fr. 10,000 belegt werden (Art, 85, Abs. 3). Der Entwurf lässt gegen Ordnungsbussen, die auf Grund des Kriegssteuerbeschlusses verhängt werden, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde dann zu, wenn die Busse den Betrag von Fr. 50 übersteigt. Über Bussen bis zu diesem Betrage werden also künftig die kantonalen Bekurskommissionen endgültig entscheiden.

333 Zu Art. 11.

Die «Bechtsbeschwerden» des bundesrätlichen Entwurfs zum neuen Zollgesetz fallen zum Teil unter Art. 3, lit. a und b, des Gesetzentwurfs über die Verwaltungs- und Disziplinarrechtspflege ; um aber auch solche «Bechtsbeschwerden» betreffend das Zollwesen, die von dieser Bestimmung nicht erfasst werden, dem Verwaltungsgericht zu übertragen, haben wir den Art. 11 des Beschlusses entwürfe aufgenommen. Hat jedoch die «Bechtsbeschwerde» eine Ordnungsbusse, die den Betrag von Fr. 50 nicht übersteigt, zum Gegenstand, so ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht zulässig.

Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist gegen Entscheide der Oberzolldirektion zu richten. Handelt es sich aber um einen Fall, der nicht von der Oberzolldirektion oder von untern Amtsstellen, sondern vom Zolldepartement als einziger Verwaltungsinstanz entschieden worden ist, so kann gegen den Departementsentscheid die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ergriffen werden.

Der Art. 11 geht von der Voraussetzung aus, dass das neue Zollgesetz den im bundesrätlichen Entwurf vorgesehenen Begriff der «Kechtsbeschwerae» beibehalten werde. Sollte letzteres nicht der Fall sein, so müsste der Art. 11 abgeändert werden.

Zu Art. 12.

Laut Art. 2 des Fabrikgesetzes entscheidet der Bundesrat, ob eine industrielle Anstalt als Fabrik diesem Gesetze zu unterstellen sei und ob eine ihm unterstellte Anstalt die Eigenschaft einer Fabrik nicht mehr besitze. Der Bundesrat hat in Art. l--13 der Vollziehungsverordnung zum Fabrikgesetz vom 8. Oktober 1919/7. September 1923 allgemeine Vorschriften über den Geltungsbereich erlassen. Im einzelnen Falle entscheidet die Abteilung für Industrie und Gewerbe über die Unterstellung und über deren Aufhebung; der Entscheid der Abteilung kann an den Bundesrat weitergezogen werden (Art. 19 und 21 der Vollziehungsverordnung). Der Art. 12 des Entwurfs führt die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Unterstellungsentscheide (dass darunter auch die Aufhebung der Unterstellung fällt, ist selbstverständlich) der Abteilung für Industrie und Gewerbe ein. Zum Erlass allgemeiner Vorschriften über den Geltungsbereich des Fabrikgesetzes bleibt der Bundesrat, nach wie vor, kompetent; diese Vorschriften sind --- ihre Gesetzmässigkeit vorausgesetzt -- für das Bundesgericht verbindlich, ihre Anwendung auf den einzelnen Fall soll aber der Überprüfung durch das Bundesgericht unterliegen.

334

Die gleiche Kegelung wird im Entwurf auch mit Bezug auf die Unterstellung unter das Bundesgesetz vom 31. März 1922 über die Beschäftigung der jugendlichen und weiblichen Personen in den Gewerben vorgesehen (in Abweichung von Art. 5, Abs. 4, der Vollziehungsverordnung vom 15. Juni 1928).

Zu Art. 13.

Über die Unterstellung unter die obligatorische Unfallversicherung entscheidet nach geltendem Eecht die schweizerische UnfallVersicherungsanstalt als erste Instanz; deren Entscheid kann an das Bundesamt für Sozialversicherung weitergezogen werden und gegen den Entscheid dieses Amtes steht der Eekurs an den Bundesrat offen (Art. 60 und 60ter KUVG; Art. 80, 84 und 85 der VO I über die Unfallversicherung vom 25. März 1916). Der Entwurf sieht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Entscheide des Bundesamtes für Sozialversicherung über die Unterstellung unter die Unfallversicherung vor; dadurch wird der Bundesrat als Eekursinstanz ausgeschaltet und die Art. 60 und 60ler KUVG, sowie der Art. 85 der Verordnung I abgeändert. Dagegen wird die Kompetenz des Bundesrates zürn Erlass allgemeiner Vorschriften, über die Unterstellung (vgl. Art. 60ter) durch die Neuregelung nicht berührt.

Die Zahl der beim Bundegrate gegen Entscheide des Bundesamtes für Sozialversicherung im Unterstellungsverfahren erhobenen Beschwerden betrug in den Jahren 1919: 10; 1920: 12; 1921: 10; 1922: 12; 1923: 16; 1924: 12.

Zu Art. 14.

Die Post- und Telegraphenverwaltung ist schon durch Art. 8, lit.a (vgl. Art.4, lit./), des Gesetzesentwurfs und Art. 2, Abs. 2, und Art. 3, Abs. 8, des Beschlussesentwurfs in weitem Masse der verwaltungsgerichtlichen Kognition unterstellt. Der Art. 14 dehnt diesen "Rechtsschutz noch aus, indem weitere wichtige Kategorien von Eechtsfragen aus der Gesetzgebung über den Post- und Telegraphenverkehr enumeriert werden.

a. Die Bundesverfassung (Art. 86, Abs. 4) gewährleistet die Unverletzlichkeit des Post- und Telegraphengeheimnisses. Die Gesetzgebung enthält Bestimmungen über die Ausnahmen vom Post-, Telegraphen- und Telephongeheimnis, die auf Begehren der zuständigen Justiz- oder Polizeibehörde, sowie zugunsten der elterlichen oder vormundschaftlichen Gewalt usw. gemacht werden (Art. 6 des Postverkehrsgesetzes und Art. 7 des Telegraphenverkehrsgesetzes). Gegen Entscheide, die von der Post- und Telegraphenverwaltung in Anwendung dieser Bestimmungen getroffen werden,

335

·

wird die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zugelassen. Eine gerichtliche Beurteilung ist hier deshalb am Platze, weil Ausnahmen von der verfassungsraässig gewährleisteten Unverletzlichkeit des Postund Telegraphengeheimnisses in Frage stehen.

b. Die Entscheide betreffend das Verfügungsrecht über Postsendungen, Postaufträge und Telegramme (Art. 28, 29, 36 und 87 des Postverkehrsgesetzes ; Art. 15 und 16 des Telegraphenverkehrsgesetzes) werden ebenfalls der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterstellt.

c. Abs. 8 und 4 des Art. 14 betreffen die Leistungspflicht der Post- und Telegraphenverwaltung; dies bildet das Gegenstück zu Art. 2, Abs. 2, wonach die Entscheide über die Begalpflicht der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterliegen. Was die Leistungspfh'cht der Post anbelangt, so eignet sich für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Ausschluss einer Sendung von der Postbeförderung auf Grund des Lotteriegesetzes vom 8. Juni 1923 oder des Art. 25, Abs. l, lit. b, des Postverkehrsgesetzes. Die letztere Bestimmung schliesst Sendungen aus, bei denen wahrgenommen wird, dass sie Zeichen oder Bemerkungen beschimpfender oder unsittlicher Natur enthalten oder dass darin zur Begehung von Verbrechen aufgefordert wird. Dagegen wird der Ausschluss auf Grund von Art. 25, lit. a und c, nicht enumeriert, weil er auf der Würdigung postalischer Verhältnisse beruht, für die sich ein Gericht nicht eignet. Der Abs. 4 betrifft den Art. 14 des Telegraphenverkehrsgesetzes; gegen den Ausschluss von Telegrammen beschimpfenden, unsittlichen oder gesetzwidrigen Inhalts wird die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zugelassen ; dagegen wird gegen den Ausschluss von Telegrammen, die «die öffentliche Buhe und Ordnung oder die Sicherheit des Staates gefährden», dieses Bechtsmittel nicht gegeben.

Zu Art. 15.

Gemäss Art. 46, Abs. 3, des BG über die elektrischen Schwachund Starkstromanlagen vom 24. Juni 1902 können, soweit es sich nicht um den elektrischen Betrieb von Eisenbahnen handelt, Gemeinden zum Schutze ihrer berechtigten Interessen das Hecht zur Mitbenutzung ihres öffentlichen Eigentums für Einrichtungen zur Abgabe elektrischer Energie innerhalb der Gemeinde verweigern oder an beschränkende Bestimmungen knüpfen. Gegen solche Schlussnahmen kann an die Kantonsregierung rekurriert werden; gegen deren Entscheid ist der Bekurs an den Bundesrat statthaft (Art. 46, Abs. 4). Der Entwurf ersetzt den Bekurs an den Bundesrat durch die Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

336

Zu Art. 16.

Er enthält die Schlussbestimmung, dass der Enumerationsbeschluss gleichzeitig mit dem Gesetz über die Verwaltungs- und Disziplinarrechtspflege in Kraft treten soll.

Wir empfehlen Ihnen den nachstehenden Beschlussesentwurf zur Annahme und benutzen den Anlass, Sie unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

Bern, den 27. März 1925.

im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Musy.

Der Bundeskanzler: Eaeslin.

337

(Entwurf.)

Bundesversammlungsbeschluss betreffend

Aufzählung von Kompetenzen des Verwaltungsgerichts.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Ausführung von Art. 8, lit. c, des Bundesgesetzes über die eidgenössische Verwaltungs- und Disziplinarrechtspflege vom nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 27. März 1925, beschliesst:

Art. 1.

I. RegisterDie Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist zulässig: sachen.

1 gegen Entscheide des eidgenössischen Amtes für geistiges Eigentum in Patentsachen, in Muster- und Modellsachen und in Markensachen, sowie gegen Entscheide des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements über Löschung einer Marke von Amtes wegen, 2 gegen Entscheide des eidgenössischen Amtes für das Handelsregister und der kantonalen Aufsichtsbehörden in Handelsregistersachen, 3 gegen Entscheide der kantonalen Aufsichtsbehörden in Zivilstands-, Güterrechtsregister-, Viehverschreibungs-, Grundbuch- und Schiffsregistersachen.

Art. 2.

]II. Monopol- und Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist ferner zulässig: Regalpflicht.

1 gegen Entscheide der Alkoholverwaltung über den Umfang des Alkoholmonopols, 2 gegen Entscheide der Post- und Telegraphenverwaltung über den Umfang des Post-, Telegraphen- und Telephonregals, 3 gegen Entscheide der eidgenössischen Militärverwaltung über den Umfang des Pulverregals.

338 Art. 8.

IM. Entzug von Konzessionen und Bewilligungen.

IV. Weitere Fälle.

Stiftungsaufsicht.

Forstwesen.

Fischerei.

Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist ferner zulässig: 1 gegen den Entzug des Patentes zum Betriebe einer Auswanderungsagentur oder der Genehmigung zur Anstellung von Unteragenten, 2 gegen den Entzug der Ermächtigung zum Betriebe eines privaten Versicherungsunternehmens, 3 gegen den Entzug des Grundbuchgeometerpatentes, 4 gegen den Entzug des Probiererdiploms für die Kontrolle von Gold- und Silberwaren, 5 gegen den Entzug der Ermächtigung zum Handel mit Gold-, Silber- und Platinabfällen oder zum Beruf als Handelsprobierer, 6 gegen den Entzug eines Brennloses oder einer Bewilligung zur Verwendung von Industriesprit, 7 gegen den Entzug der Bewilligung zur Fabrikation von Zündhölzchen, 8 gegen den Entzug der gestützt auf das Postverkehrsgesetz oder Telegraphen- und Telephonverkehrsgesetz auf bestimmte Zeit erteilten Konzessionen und gegen die Aufhebung von Telephonanschlüssen.

Art. 4.

Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist ferner zulässig gegen Entscheide des eidgenössischen Departements des Innern und der kantonalen Aufsichtsbehörden über die Zugehörigkeit der Stiftungen zum Gemeinwesen und über die Umwandlung von Stiftungen.

Art. 5.

Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist ferner zulässig: 1 gegen kantonale Entscheide über die Abtretungs- oder Ablösungspflicht nach Massgabe des Forstpolizeigesetzes, 2 gegen kantonale Entscheide über Dienstbarkeiten, andere Rechte oder Nebennutzungen in öffentlichen Waldungen und über die Teilung oder Veräusserung öffentlicher Waldungen.

Art. 6.

Die Verwaltungsgerichtsbesohwerde ist ferner zulässig gegen Entscheide des eidgenössischen Departements des Innern oder der kantonalen Behörden über den Schutz des Fischbestandes nach Massgabe der Art. 6, 7 und 21 des Fischereigesetzes und Art. 28 des Wasserr echtsgese tzes.

339 Art. 7.

Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist ferner zulässig gegen Wasserrecht.

Entscheide des eidgenössischen Departements des Innern oder der kantonalen Behörden über die Bildung von Genossenschaften, über den Beitritt zu Genossenschaften und über die Rechtsverhältnisse der Genossenschafter untereinander (Art. 88, Abs. 8, Art. 35, Abs. 2, Art. 86 und 87, Abs. 5, des Wasserrechtsgesetzes).

Art. 8.

Spielbanken Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist ferner zulässig: und Lotterien.

1 gegen Entscheide des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements und der kantonalen Behörden über den Geltungsbereich des Spielbankverbotes, 2 gegen kantonale Entscheide über den Geltungsbereich des bundesrechtlichen Lotterie Verbotes.

Art. 9.

Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist ferner zulässig: 1 gegen Entscheide des eidgenössischen Versicherungsamtes über die Konzessionspflicht von Versicherungsunternehmungen, 2 gegen die Aufforderung an eine Versicherungsgesellschaft zur Sanierung unter Androhung der Kautionsverwertung oder des Konzessionsentzuges, 3 gegen Entscheide des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements über die Verwendung der Kaution einer ausländischen Versicherungsgesellschaft, über die Liquidation einer inländischen Versicherungsgesellschaft oder über die Kautionsabsonderung aus der Konkursmasse, * gegen die Erteilung oder Verweigerung der Zustimmung zur freiwilligen Übertragung des Versicherungsbestandes und Verfügung über die Kaution, 5 gegen das Verlangen der Abberufung des Generalbevollmächtigten und gegen die Verweigerung der Genehmigung der Vollmacht des Generalbevollmächtigten.

Art. 10.

Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist ferner zulässig gegen Entscheide der kantonalen Eekurskommissionen über die gestützt auf den Bundesbeschluss betreffend die neue ausserordentliche Kriegssteuer verhängten Ordnungsbussen, die den Betrag vor Fr. 50 übersteigen.

PrivatVersicherung.

Ordnungsbussen betr. Kriegssteuer

340

Art. 11.

Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist ferner zulässig gegen Entscheide der Oberzolldirektion oder des Zolldepartements, die nach Massgabe des Zollgesetzes durch eine Rechtsbeschwerde angefochten werden können; ausgenommen sind Ordnungsbussen, die den Betrag von Fr. 50 nicht übersteigen.

Fabrik- und Gewerbewesen.

Sozialversicherung

Post, Telegraph und Telephon.

Elektrische Anlagen»

Art. 12.

Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist ferner zulassig gegen Entscheide der Abteilung für Industrie über die Unterstellung unter das Fabrikgesetz, sowie über die Unterstellung unter das Bundesgesetz über die Beschäftigung der jugendlichen und weiblichen Personen in den Gewerben.

Art. 13.

Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist ferner zulässig gegen Entscheide des Bundesamtes für Sozialversicherung über die Unterstellung unter die Unfallversicherung.

Art. 14.

Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist ferner zulässig gegen Entscheide der Post- und Telegraphenverwaltung über: 1 die Ausnahmen vom Post-, Telegraphen- und Telephongeheimnis, 2 das Verfügungsrecht über Postsendungen, Postaufträge und Telegramme, 3 den Ausschluss einer Sendung von der Postbeförderung auf Grund von Art. 25, Abs. l, lit. fe, des Postverkehrsgesetzes oder auf Grund des Lotteriegesetzes, 4 den Ausschluss von Telegrammen beschimpfenden, unsittlichen oder gesetzwidrigen Inhaltes.

Art. 15.

Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist ferner zulässig gegen kantonale Entscheide über Verweigerung oder Beschränkung des Hechts zur Mitbenützung von öffentlichem Gemeindeeigentum für Einrichtungen zur Abgabe elektrischer Energie (Art, 46, Abs. 8 und 4, des Elektrizitätsgesetzes).

Art. 16.

Der vorliegende Beschluss tritt gleichzeitig mit dem Bundesgesetz über die eidgenössische Verwaltungs- und Disziplinarrechtspflege in Kraft.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Beschlussesentwurf betreffend Aufzählung von Kompetenzen des Verwaltungsgerichts. (Vom 27. März 1925.)

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