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3

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1

Bundesblatt

77, Jahrgang.

Bern, den 11. November 1925.

Band III.

Erscheint wöchentlich. Preis 20 Franken im Jahr, 10 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr : SO Rappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli & Cte, in Bern.

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3013

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die am 14. Oktober 1925 mit Estland abgeschlossene Handelsübereinkunft.

(Vom 2. November 1925.)

Wir beehren uns, Ihnen hiermit die am 14. Oktober 1925 unterzeichnete Handelsübereinkunft mit Estland zur Genehmigung zu unterbreiten.

I. Unterhandlungen.

Als im Jahre 1921 unser Land die estnische Republik de jure anerkannte, wurden damit Erklärungen über die gegenseitige Behandlung der Staatsangehörigen verbunden.

Gemäss seinem Antrage wurde das Politische Departement im Dezember gleichen Jahres vom Bundesrat ermächtigt, mit Estland in Unterhandlungen über den Austausch einer Gegenrechtserklärung zu treten, durch die auch für die schweizerische Ausfuhr nach Estland eine sichere Grundlage geschaffen werden sollte.

Auf die schweizerischen Eröffnungen vom Januar 1922 antwortete die -estnische Regierung im Juni 1923 mit dem Entwurf zu einem eigentlichen Handelsvertrag. Dieser Entwurf schloss in seinem Artikel 14 die Einfuhrzölle ausdrücklich von der Meistbegünstigung aus. Da dies aberdem Zwecke, der mit dem Abschlüsse eines Handelsvertrages verfolgt wird, geradezu zuwiderlief, musste unser erstes Bestreben sein, die Klausel wegzubringen, die eine différentielle Behandlung der schweizerischen Waren sanktioniert hätte. Die dahinzielenden Bemühungen sind jedoch bis vor kurzem ohne Ergebnis geblieben. Noch im Sommer 1924 wurde erklärt, dass Estland einstweilen nicht in der Lage sei, der Schweiz die Meistbegünstigung für die Zölle zuzugestehen.

Als die Handelsübereinkunft zwischen der Schweiz und Lettland vom 4. Dezember 1924 ratifiziert und in Kraft getreten war, erachteten wir den Zeitpunkt als gekommen, auch unsere Bemühungen zugunsten eines Abkommens mit Estland wieder aufzunehmen. Wir konnten uns dabei darauf berufen, dass mittlerweile Estland einer grössern Anzahl von Staaten.

Bundesblatt. 77. Jahrg. Bd. III.

22

302

die Meistbegünstigung in Zollsachen bereits gewährt hatte und dass es daher kaum verständlich erschiene, wenn diese der Schweiz noch länger vorenthalten würde. Zudem gedenken ja Estland und Lettland in absehbarer Frist eine Zollunion einzugehen, so dass auch von diesem Gesichtspunkte aus ein Beharren Estlands auf seiner ablehnenden Haltung gegenüber der Schweiz schwer zu verstehen gewesen wäre.

Diesmal blieb unsern Schritten der Erfolg nicht versagt : Die estnische Regierung ermächtigte das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, mit der Schweiz eine Handelsübereinkunft abzuschliessen, die derjenigen zwischen unserem Lande und Lettland vom 4. Dezember 1924 entsprechen würde. Im Hinblick auf die erwähnten Zollunionsbestrebungen konnten wir eine solche Lösung selbstverständlich nur begrüssen, und so wurde den» am 14. Oktober dieses Jahres zwischen der Schweiz und der estnischen Republik eine Handelsübereinkunft unterzeichnet, die inhaltlich ein getreuesAbbild derjenigen zwischen unserem Lande und Lettland ist.

II. Estnische Zölle und Handelsverträge.

Estland hat den frühern russischen Z o l l t a r i f übernommen. Wenn auch Wortlaut und Ansätze der einzelnen Tarifnummern den Bedürfnissen des neuen Staates angepasst wurden, so entspricht das Tarifgefüge doch noch jetzt ganz dem Tarif des alten Zarenreichs.

Bis Januar 1924 waren die Zölle in estnischen Mark festgesetzt.

Seither verstehen sie sich in Goldfranken, die bei der Entrichtung der Zölle zu einem von der Regierung periodisch festgesetzten Satze in estnische Mark umgerechnet werden. Die meisten Zölle sind für l kg festgesetzt und gelten zum Teil für das Netto-, zum Teil für das Bruttogewicht. Die Ansätze sind in den letzten Jahren sehr oft geändert worden.

Wir geben hiernach einige Beispiele der Zölle, die zurzeit auf verschiedene schweizerische Ausfuhrartikel zur Anwendung gelangen: ...

. . .

Warenbezeichnung

Verzollungsgrundlage

Zoll in Goldfranken per kg

Schokolade, Kakaopulver mitZucker, Bonbons Kondensierte Milch und Milchpulver mit und ohne Zucker Kindermehl u. dgl Käse jeder Art

kg br.

16. 95

Vieh

,, ,, kg n.

Käse in kleinen Fackungen bis zu 2 kg wird jedoch einschliesslich des Gewichts der Verpackung verzollt.

--

0.15« 0.23 4 1. 65

zollfrei

303

***.**-*

Schubwerk ; gewöhnliches, zollfrei oder Gf, 4,50; aus Seiden-, Halbseiden- oder Brokatstoff, Gf. 90.--; anderes. . .

Alkaloide und ihre Salze Zusammengesetzte Arzneiwaren und dosierte chemische u. pharmazeutische Präparate Riech- und Schönheitsmittel, weingeisthaltig Synthetische Riechstoffe usw., nicht weingeisthaltig Indigo, natürlicher und künstlicher, ausser Indigoauszug und Indigotin . . . .

Synthetische Farbstoffe, auch Indigotin. .

Explosionsmotoren, Dampfmaschinen und Dampfhämmer bis zu 8000 kg, Lokomobilen und Maschinen für Holzbearbeitung bis zu 3000 kg, Pumpen bis zu 800 kg, Handfeuerspritzen, Kompressoren, Eis- und Kühlmaschinen, Torfmaschinen, Nähmaschinen . . .

Dynamo - elektrische Maschinen, Elektromotoren und Transformatoren . . .

Landwirtschaftliche Maschinen (ausser Pflügen, Trieuren, Breitsämaschinen) . .

Andere Maschinen, nicht mehr als 25 % Kupfer enthaltend : meist Taschenuhren: goldene, auch mit Verzierungen aus Edelsteinen . . . . .

Taschenuhren: silberne, sowie vergoldete, versilberte usw Taschenuhren : andere Armbanduhren : wie Taschenuhren. Bei Armbanduhren mit nicht abnehmbaren Armbändern wird dazu auf dem Gesamtgewicht der Zoll nach dem Material erhoben.

Uhrwerke für Taschenuhren Uhrgehäuse : werden nach Material verzollt.

Baumwollgewebe: roh und gebleicht, je nach Schwere .

Baumwollgewebe: gefärbt, bedruckt, buntgewebt, merzerisiert, je nach Schwere

VerzollungZoll

ZO,, Banken

kg n.

kg br.

15.- bis 30.12.22

,, ,,

6.11 121.94

kg n.

5.85

,, ,,

0.61 1 1.43

0.234 0.364 bis 1.82

,, "

0.02

"

0.05 2

Stück "

.

"

19. 50 4.94 2.99

1. 95 kg n.

3. -- bis 14. 70 4. 50 bis 22. 50

304 Warenbezeichnung

Verzollungsgrundlage

Zoll in Goldfranken per kg

Seidene Foulards, als fertige Gewebe bekg n.

67. 50 druckt 135.-- Seidene Bänder uud Borten, bis 20 cm breit Andere seidene Gewebe, Bänder und Borten, 101. 25 einschliesslich Müllergaze Halbseidene Bänder und Borten, bis zu 67.50 20 cm breit Andere halbseidene Bänder und Borten 50. 70 sowie halbseidene Gewebe . . . .

Gewebe und Tüll, nicht unter 75 cm breit, i 30 % Zuschlag lediglich an einer Kante in der Breite l zum Gewebezoll von nicht über 5 cm mit gewöhnlichem | Material bestickt ' Andere Stickereien, bestickte Stoffe und Tüll (ausser seidenen und halbseidenen), mit 67.50 Stickereien aus gewöhnlichen Stoffen , kg n.

(kg n. = l kg netto; kg br. = l kg brutto.)

Ausser mit der Schweiz hat die estnische Republik bis jetzt ungefähr mit einem Dutzend Staaten H a n d e l s a b k o m m e n abgeschlossen. Die Mehrzahl dieser Verträge sehen die gegenseitige Gewährung der Meistbegünstigung vor.

Zwei Ländern --- Frankreich für eine grössere Anzahl von Tarifnummern, Ungarn für einige wenige Positionen -- hat jedoch. Estland nicht unerhebliche Zollermässigurigen zugestanden. Kraft der Meistbegünstigung, die die Grundlage unserer Handelsübereinkunft mit Estland bildet, werden diese Vergünstigungen vom Tage des Inkrafttretens der Übereinkunft an auch auf die schweizerische Einfuhr zur Anwendung gelangen. Wie die nachstehende summarische Aufstellung der wichtigsten vertraglichen Zollreduktionen dartut, darf von der Anwendung der Ermässigungen auf schweizerische Erzeugnisse eine schätzenswerte Erhöhung der Konkurrenzfähigkeit unserer Exportindustrien auf dem estnischen Markte erwartet werden.

Die vertraglichen Ermässigungen, die sich in Prozenten der jeweilen in Kraft stehenden Ansätze verstehen, betragen u.a. für: Bonbons, Schokolade, Kakaopulver mit Zucker .

Schuhwerk aus Seiden- und Halbseidenstoff . .

Zusammengesetzte Arzneien sowie alle chemischen pharmazeutischen Produkte in dosierter Form Parfümerien .

. .

. .

und . .

50°/o 33 1 /a°/o 50°/o 50 %

305

Naphtamotoren, Dampfmaschinen und Dampfhämmer bis zu 8000 kg., Lokomobilen und Holzbearbeitungsmaschinen bis zu 3000 kg., Pumpen bis zu 800 kg., Handfeuerspritzen, Kompressoren, Eis- und Kühlmaschinen, Torfmaschinen, Nähmaschinen . . .

20% Dynamo - elektrische Maschinen, Elektromotoren und Transformatoren 20% Landwirtschaftliche Maschinen . . . . . . . . 30 bis 33 1/3% Lastautomobile .

50% Seidene Gewebe, Foulards, Bänder, Müllergaze usw. .

30% Halbseidene Gewebe, Bänder usw. . . . . . . . .

20% Wollgewebe 25% Wirkwaren 15 bis 25% Seidene und halbseidene Stickereien 20% Wäsche und Kleider 10 bis 30%

III. Handelsverkehr zwischen der Schweiz und Estland.

Über den Handelsverkehr zwischen der Schweiz und der estnischen Republik ist zurzeit ein abschliessendes Urteil noch nicht möglich.

Bis Ende 1923 wurde in der schweizerischen Handelsstatistik der Warenverkehr mit Lettland, Estland, Litauen und Finnland zusammengefaßt. Seit 1. Januar 1924 bilden Litauen und Finnland eigene Rubriken.

Dagegen wurden Estland und Lettland in der statistischen Erfassung des Warenaustausches nicht getrennt. Es schien in der Tat nicht zweckmässig, den Verkehr mit jedem dieser beiden Länder noch besonders auszuscheiden, da sie wie gesagt beabsichtigen, eine Zollunion einzugehen.

Bei der Betrachtung der nachstehenden Aufstellungen über das Jahr 1924 und die ersten 9 Monate von 1925 muss daher berücksichtigt werden, dass die Zahlen auch den Verkehr mit Lettland enthalten und dass sie sich über einen zu kurzen Zeitraum erstrecken, als dass daraus sichere Schlüsse aber die künftige Gestaltung der Handelsbeziehungen abgeleitet werden könnten.

Spezialhandel der Schweiz mit Estland und Lettland, a. Gesamteahlen.

Wert in 1000 Franken

1924

1925

(li Monate) (9 Monate)

Einfuhr aus Estland und Lettland Ausfuhr nach Estland und Lettland Ausfuhrüberschuss

322 5008

358 3507

4686

3149

306 Menge in 4 1924 1925 (12 Monats) (9 Monate)

l arif-Nr.

*'

b. Einfuhr.

T

2474 891 9 Erbsen -- 147 84 Geflügel, getötet 1049 1048 165 Knochen, Knochenmehl etc. . .

161 -- 173 Felle, roh , .

23 -- 198 Schuhe aus Kautschuk . . . .

1276 2007 244 Holzdraht für Zündholzfabrikation 69 711 250 Holzwaren, vorgearbeitete etc.

.

119 104 259 u. 262 Schreinerwaren und Möbel . . .

3 113 496 Pferde- und Büffelhaare, roh . .

Aufgeführte Artikel Übrige Artikel Total o. Ausfahr.

Menge in q

1924

1926 (12 Monate) (9 Monate)

247 149 3 145 90 16 9 52 4 31 9 7

92 93 1627 1100 150 306 2

123 87

TarifNr.

64

Wert in 100« Franken 1924 1925 (12 Monate) (8Monate))

82 --- 16 84 18 45 6 18 2 271 51 322

29 48 16 -- -- 77 76 16 72 334 24 358

Wert in 100« Franken 1925 1924 (12 Monate) (9 Monate)

Schokolade .

99b/c Käse 19 359 Baumwollgarne für Detailverkauf .

Baumwollgewebe, gebleicht etc. .

130 364 114 365 -- gefärbt 44 366 -- bedruckt . . . . . . .

12 368 u. 370 Buntgewebe; Piqués, Damast etc., andere als rohe 45 384,386 Kettenstich- u. Plattstichstickereien u. 388 2 445a/b Seide, Florett- und Kunstseide für den Detailverkauf . . .

33 447a/b Seidengewebe . . . . . . .

449 Seidenbänder 10 Wollgewebe, 300 g und darunter 29 4750 per m3, andere als Zanella u. Serge Strick-, Wirk- u. Verlitschmaschinen 887 35 -- . 894/98 Dynamo-elektrische Maschinen .

MDy.

Müllereimaschinen 664 M 2 Dampfmaschinen ..- . . . , .

5 M4 Werkzeugmaschinen . .. . . . . ; 417 M 6 45 M 3, M 8/9 Andere Maschinen 3 934 Fertige Bestandteile v. Taschenuhren

105 48 5 481 303 69

57

27 28

402 370 179

30 249

36 229

27 383 112

15 371 119

22 100 47

89 43 --

280

99 11 108

344

38

64 28

13 36

307 Menge in Stick 1924 1925 <12 Monate) (9 Monate)

TarifNr.

15000 9392 931 15572 10862 933a/c 16008 9161 935» 5298 1840 9356 1835 870 935c 2926 4021 936a 1208 1212 9360 991 1283 936c

Wert in 1000 franken

1924

1925

(12Monate) (9 Monate)

Fertige Werke von Taschenuhren Fertige Uhrengehäuse . . . .

Taschenuhren aus Nickel etc. . .

-- aus Silber -- aus Gold Armbanduhren aus Nickel etc.

-- aus Silber -- aus Gold

186 155 165 109 218 31 24 68

102 73 95 43 114 37 20 35

Pflanzenalkaloide Pharmazeutische Pulver etc. . .

48

2 92 9 107

Menge in n

2 19

4 160

37 2 350 38

971 981 982/83 1053 1069

295

140

1098

17

61

134 2 Formaldehyd, Aldehyd, denaturiert Benzylchlorid, Bittermandelöl, künst27 liches; Naphtol etc 144 Anilinfarben 439 236 Aufgeführte Artikel 4519 3224 Übrige Artikel 489 283 Total 5008 3507 Parfümerien

IT. Inhalt der Handelsübereinkunft.

Wie wir schon im Abschnitt I erwähnten, entspricht die Handelsübereinkunft inhaltlich ganz derjenigen mit Lettland vom 4. Dezember 1924, die wenige Tage nachher von der Bundesversammlung genehmigt wurde, Es dürfte daher genügen, den Inhalt der einzelnen Artikel des neuen Vertrages, der ein reines Meistbegünstigungsabkommen ist, nur ganz küre zu skizzieren.

Art. l gewährt die Meistbegünstigung für die A u s ü b u n g v o n Ber u f e n , H a n d e l und G e w e r b e durch Angehörige des einen Landes, die im Gebiete des andern ansässig sind. Die Ausübung des Wandergewerbes und des Hausierhandels sowie das Aufsuchen von Bestellungen bei Privaten durch Reisende bleiben jedoch vorbehalten, Art. 2 enthält den Grundsatz der meistbegünstigten Behandlung für E r w e r b und Miete von Liegenschaften und Räumlichkeiten sowie für die Übertragung von Eigentum, Art. 3 gestattet den Angehörigen beider Länder die A u s f u h r i h r e s V e r m ö g e n s oder d e s E r l ö s e s a u s d e m V e r k a u f i h r e s B e r

308

sitzes. Sie haben dafür keine höhern Gebühren zu entrichten als die Angehörigen irgendwelchen Staates.

Laut Art. 4 sollen die Angehörigen der vertragschliessenden Parteien und deren Eigentum S c h u t z und S i c h e r h e i t gemessen. Sie haben, freien Zutritt zu den Gerichten und andern Behörden, um Beschwerden anzubringen oder Rechte zu verteidigen. In bezug auf die RechtspflegeStehen ihnen die gleichen Rechte und Vergünstigungen zu wie den Angehörigen der bestgestellten Staaten.

Art. 5 sichert Liegenschaften und Räumlichkeiten der Niedergelassenen vor D u r c h s u c h u n g e n o d e r N a c h f o r s c h u n g e n in denLandesgesetzen nicht entsprechender Weise.

Art. 6 befreit die Angehörigen des einen Vertragsteils im Gebiete des andern vom M i l i t ä r d i e n s t und entsprechenden Ersatzleistungen, von Z w a n g s a n l e i h e n und A b g a b e n sowie von der Pflicht zur Ann a h m e ö f f e n t l i c h e r Ä m t e r . Hinsichtlich der m i l i t ä r i s c h e n Req u i s i t i o n e n werden sie meistbegünstigt behandelt.

Nach Art 7 haben die Angehörigen der beiden Länder in bezug auf S t e u e r n und A b g a b e n aller Art Anspruch auf die volle Meistbegünstigung. Wie in Art. l sind jedoch Wandergewerbe, Hausierhandel und Detailreisende davon ausgenommen.

Art. 8 gewährleistet den G e s e l l s c h a f t e n des einen Landes die rechtliche Anerkennung im andern und das Recht des Erscheinens vor Gericht. In bezug auf die Steuern und in jeder andern Hinsicht sollen sie die gleichen Vergünstigungen gemessen wie die ähnlichen Gesellschaften der meistbegünstigten Staaten.

Art. 9 betrifft die Ernennung der E o n s u l a r v e r t r e t e r und ihre Vorrechte.

Art. 10 bestimmt, dass beim A b l e b e n e i n e s A n g e h ö r i g e n des a n d e r n V e r t r a g s s t a a t e s , von dem weder Erben noch ei» Testamentevollstrecker bekannt sind, die Lokalbehörden den Konsularbeamten seines Heimatstaates benachrichtigen und für die Sicherung seines Eigentums diejenigen Massnahmen treffen sollen, welche unter gleichen Umständen für Landesangehörige Geltung haben.

Art. 11 garantiert die m e i s t b e g ü n s t i g t e B e h a n d l u n g für die E i n f u h r , Ausfuhr, W i e d e r a u s f u h r und D u r c h f u h r von W a r e n sowohl in bezug auf die Zölle und übrigen Abgaben als
auch, hinsichtlich aller andern allgemeinen oder örtlichen Verpflichtungen. Einund A u s f u h r b e s c h r ä n k u n g e n sollen nur solange und soweit aufrechterhalten werden, als dies infolge der gegenwärtigen wirtschaftlichen

309 Verhältnisse unerlässlich ist. Vorbehalten bleiben natürlich die üblichen Einschränkungen (Kriegsfall, öffentliche Sicherheit, Massnabmen zum.

Schutze von Menschen, Tieren und Pflanzen, Monopolwaren).

Art. 12 ermächtigt jedes Vertragsland, U r s p r u n g s z e u g n i s s e zu.

verlangen, wenn es einen dritten Staat in Zoll- oder Einfuhrsachen ungünstiger behandelt als die andere Vertragspartei. Die Organe, die zur Auestellung der Zeugnisse befugt sind, werden vom Ausfuhrland bezeichnet.

Art. 13 regelt die Behandlung der H a n d e l s r e i s e n d e n und i h r e r Muster. Auch hierfür gilt der allgemeine Grundsatz der Meistbegünstigung. Die durch Handelsreisende eingeführten Muster werdenunter dem Vorbehalt der Wiederausfuhr zollfrei zugelassen. Was den Gewerbebetrieb im Umherziehen, den Hausierhandel und die Aufnahme von Bestellungen bei Privaten anbelangt, so behalten sich beide Staaten in jeder Beziehung die volle Freiheit der Gesetzgebung vor.

Art. 14 zählt die a l l g e m e i n e n A u s n a h m e n von der M e i s t b e g ü n s t i g u n g auf. Vergünstigungen für den Grenzverkehr oder ausZollunionen können nicht unter Berufung auf jenes Prinzip beansprucht werden. Ausserdem hat die Schweiz auf Zugeständnisse Estlands an, andere haltische Staaten (Finnland, Lettland, Litauen) oder an Russland nur dann ein Anrecht, wenn sie ganz oder zum Teil noch einem andern Staate gewährt werden.

In Art. 15 ist vereinbart, dass Streitigkeiten aus der Übereinkunft,, die nicht auf diplomatischem Wege geschlichtet werden können, einem aus zwei Mitgliedern und einem Obmann bestehenden S c h i e d s g e r i c h t unterbreitet werden sollen. Falls sieh die beiden Parteien nicht über die Wahl des Obmannes einigen können, so ist dieser durch den Präsidenten des ständigen internationalen Gerichtshofes zu bezeichnen. Der Entscheid der Schiedsrichter ist verbindlich.

Art. 16 setzt das I n k r a f t t r e t e n , die D a u e r und die K ü n d i g u n g s f r i s t fest. Die Übereinkunft wird am Tage des Austausches der Ratifikationsurkunden in Kraft treten, und zwar vorläufig für ein Jahr.

Wird sie nicht sechs Monate vor Ablauf dieser Frist gekündigt, so gilt sie für unbestimmte Zeit verlängert und kann dann jederzeit auf sechs Monate gekündigt werden, Gemäss dem S c h l u s s p r o t o k o l l findet
die Übereinkunft in jeder Hinsicht auch auf das F ü r s t e n t u m L i e c h t e n s t e i n Anwendung, solange dieses mit der Schweiz durch eine Zollunion verbunden ist.

310

Naturgemäss wird der prozentuale Anteil Estlands an der schweizerischen Gesamtausfuhr noch während längerer Zeit, wenn nicht immer, ·eine ziffernmäßig bescheidene Rolle spielen. Wie Lettland kann aber ^.uch Estland als Durchfuhrland gegen Osten wichtig werden, so dass sich dessen Bedeutung für den schweizerischen Aussenhandel nicht im direkten Warenaustausch für den Bedarf der beiden Länder erschöpft. Zudem ist ^,uf die Tatsache hinzuweisen, dass im Falle der Verwirklichung der geplanten Zollunion mit Lettland automatisch ein grösseres Wirtschaftsgebiet entsteht.

Wie wir bereits an anderer Stelle hervorgehoben haben, wird die schweizerische Ausfuhr nach Estland zurzeit durch die différentielle Behandlung, die verschiedene unserer wichtigsten Exportartikel dort erleiden, nicht unbeträchtlich gehemmt. Das vorliegende Abkommen wird diesem .Zustande ein Ende machen und damit manchem unserer Erzeugnisse den Eintritt in das Gebiet der estnischen Republik erleichtern. Es wäre demnach sehr zu begrüssen, wenn der Vertrag bald in Kraft gesetzt werden könnte.

Wir empfehlen Ihnen daher die Genehmigung dieser Übereinkunft durch den beiliegenden Beschlussentwurf.

B e r n , den 2. November 1925, Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Musy.

Der Vizekanzler: Contât.

311 (Entwurf,)

Bundesbeschluss betreffend

die Handelsübereinkunft zwischen der Schweiz und Estland.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. der zwischen der Schweiz und Estland am 14. Oktober 1925 abgegeschlossenen Handelsübereinkunft; % der betreffenden Botschaft des Bundesrats vom 2. November 1925; beschliesst: Artikel 1. Der genannten Übereinkunft wird die vorbehaltene Genehmigung erteilt.

Artikel 2, Der Bundesrat wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

312 Übersetzung.

Handelsübereinkunft zwischen

der Schweiz und Estland.

Der Bundesrat der schweizerischen Eidgenossenschaft

und Die Regierung der Estnischen Republik, vom Wunsche geleitet, die Handelsbeziehungen zwischen den beiden Ländern zu begünstigen und auszudehnen, haben beschlossen, eine Übereinkunft zu vereinbaren und für diesen Zweck zu ihren Bevollmächtigten ernannt ; Der Bundesrat der schweizerischen Eidgenossenschaft: Herrn Bundesrat Edmund Schulthess, Vorsteher des Eidgenössischen Volkswirtschaftedepartements ; Die Regierung der Estnischen Republik: Herrn Karl Henning, Geschäftsträger von Estland in der Schweiz, die nach gegenseitiger Mitteilung ihrer in guter und gehöriger Formi befundenen Vollmachten folgende Artikel vereinbart haben: Artikel 1.

Die Angehörigen eines jeden der vertragschliessenden Teile, die im Gebiete des andern Teils niedergelassen sind, sollen in beäug auf die Ausübung von Handwerken und Berufen, den Betrieb gewerblicher und industrieller Unternehmungen, den erlaubten Handel und Verkehr, in jeder Hinsicht den Angehörigen der meistbegünstigten Nation gleichgestellt sein» vorausgesetzt, dass sie die Landesgesetze befolgen. Die im letzten Absatz des Artikels 13 vorgesehenen Ausnahmen bleiben vorbehalten.

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313 Artikel 2.

Die Angehörigen eines jeden der vertragschliessenden Teile können, indem sie die Landesgesetze befolgen, unter den gleichen Bedingungen wie die Angehörigen der meistbegünstigten Nation die erforderlichen Häuser, Fabriken, Lagerräume, Läden und anderen Räumlichkeiten erwerben, besitzen, mieten und innehaben sowie Grundstücke zu erlaubtem Gebrauch pachten.

In allem was die Übertragung beweglichen Eigentums durch testamentarische oder andere Nachfolge und das Recht der wie immer gearteten Verfügung über Vermögen aller Art, das sie auf legalem Wege erwerben können, anbelangt, werden sie, indem sie die Landesgesetze befolgen, auf dem Gebiete des andern vertragschliessenden Teils dieselben Vorrechte, Freiheiten und Rechte gemessen wie die Angehörigen der meistbegünstigten Nation und in dieser Hinsicht keinen andern oder höhern wie immer benannten Gebühren, Abgaben, Steuern oder Lasten unterliegen als jetzt «der in Zukunft auf Angehörige der meistbegünstigten Nation zur Anwendung gelangen.

Artikel 3.

Die Angehörigen eines jeden der vertragschliessenden Teile können, indem sie die Landesgesetze befolgen, den Erlös aus dem Verkauf ihres Eigentums und ihr Vermögen überhaupt frei ausführen, ohne dafür andere oder höhere Abgaben entrichten zu müssen als die Angehörigen der meistbegünstigten Nation im gleichen Falle zu bezahlen hätten.

Artikel 4.

Die Angehörigen eines jeden der vertragschliessenden Teile gemessen, sofern sie die Landesgesetze befolgen, völligen Schutz und Sicherheit für sich und ihr Eigentum. Sie haben freien Zutritt zu den Gerichten aller Instanzen und zu den andern zuständigen Behörden, sei es, um eine Beschwerde anzubringen, oder um ihre Rechte zu verteidigen. In allem, was die Rechtspflege anbetrifft, haben sie allgemein Anspruch auf die gleichen Rechte und Vorrechte wie die Angehörigen der meistbegünstigten Nation, und sie können, wie diese, nach den Landesgesetzen zugelassene Advokaten oder Bevollmächtigte für die Wahrung ihrer Interessen frei wählen.

Artikel 5.

TM1 ;" Die Häuser, Lagerräume, Fabriken"und Läden von Augehörigen des einen vertragschliessenden Teils, die im Gebiete des andern niedergelassen sind, sowie alle Räumlichkeiten, die dazu gehören und zu erlaubten Zwecken gebraucht werden, sollen gemäss den Landesgesetzen geachtet werden. Es ist nicht gestattet, darin Durchsuchungen oder Nachforschungen

314

vorzunehmen oder Bücher, Papiere oder Rechnungen der Beteiligten zu prüfen oder einzusehen, ausgenommen unter den durch die Landesgrenz» vorgeschriebenen Bedingungen und Formen.

Artikel 6.

Die Angehörigen eines jeden der vertragschlieesenden Teile sollen auf dem Gebiete des andern von jeder Art Militärdienst und von jeder Geld- oder Naturalleistung als Ersatz für persönlichen Dienst befreit sein.

Sie sind der Teilnahme an Zwangsanleihen oder Zwangsabgaben enthoben.

In Friedens- und in Kriegszeiten sind sie nur denjenigen militärischen Leistungen und Requisitionen unterworfen, die den Angehörigen der meistbegünstigten Nation in gleichem Masse und nach den nämlichen Grundsätzen, und immer gegen eine gerechte Entschädigung, auferlegt werden.

Die Angehörigen eines jeden der vertragechliessenden Teile sind auch von der Übernahme und Ausübung aller richterlichen, administrativen oder kommunalen Ämter irgendwelcher Art befreit.

Artikel 7.

Die Angehörigen eines jeden der vertragschliessenden Teile werden, wenn sie die Landesgesetze befolgen, keinen andern oder höhern Lasten, Gebühren, Steuern, Abgaben oder Beiträgen irgendwelcher Art unterliegen als den Angehörigen der meistbegünstigten Nation jetzt oder in Zukunft auferlegt sind. Die Bestimmungen des letzten Absatzes des Artikels 13 über den Gewerbebetrieb im Umherziehen, den Hausierhandel und dasAufsuchen von Bestellungen bleiben jedoch vorbehalten.

Artikel 8.

Aktien- oder andere Gesellschaften, die nach den Gesetzen des einender vertragschliessenden Teile in gültiger Weise errichtet sind oder werdenund ihren Sitz in seinem Gebiete haben, werden im andern Staate gesetzlich anerkannt, sofern sie nicht einen unerlaubten oder den guten Sitten zuwiderlaufenden Zweck verfolgen. Indem sie die Gesetze und Verordnungen beachten, haben sie freien und ungehinderten Zutritt zu den Gerichten, sei es für die Anstrengung einer Klage oder für ihra Verteidigung.

Die erwähnten Gesellschaften gemessen alle Rechte und Vergünstigungen, die jetzt oder in Zukunft ähnlichen Gesellschaften der meistbegünstigten Nation zuerkannt werden. Ausserdem unterliegen sie keinen andern oder höhern Abgaben, Steuern oder fiskalischen Auflagen irgendwelcher Art als den Gesellschaften der meistbegünstigten Nation auferlegt werden.

315

Artikel 9.

Jeder der vertragschliessenden Teile kann in den Städten, Häfen und Plätzen dee andern Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsuln oder Konsularagenten ernennen, ausgenommen an Orten, wo die Zulassung dieser Beamten nicht angehen sollte. Diese Einschränkung soll jedoch gegenüber einem der vertragschliessenden Teile nicht angewandt werden, ohne: gleicherweise auf alle andern Staaten Anwendung zu finden.

Die erwähnten Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsuln und Konsularagenten, die von der Regierung des Landes, in dem sie ernannt sind,.

das Exequatur oder eine andere gültige Ermächtigung erhalten haben, werden Berechtigt sein, dieselben Amtsverrichtungen vorzunehmen wie die Konsularbeamten gleichen Grades und gleicher Kategorie der meistbegünstigten Nation und alle Vorrechte, Befreiungen und Immunitäten zu geniessen, die jetzt oder in Zukunft jenen zuerkannt werden. Die Regierung, die das Exequatur oder eine entsprechende Ermächtigung erteilt hat, ist berechtigt, sie nach eigenem Ermessen zurückzuziehen ; immerhin, soll sie die Gründe dafür angeben.

Artikel 10.

Wenn ein Angehöriger des einen der vertragschliessenden Teile im Gebiete des andern stirbt, ohne bekannte Erben oder Testamentsvollstrecker zu hinterlassen, so sollen die Behörden des Sterbeortes davon den Konsularbeamten des Heimatstaates benachrichtigen, damit dieser den Beteiligten die nötigen Aufschlüsse zugehen lassen kann.

Die zuständigen Behörden des Sterbeortes oder des Ortes, wo das Eigentum des Verstorbenen liegt, sollen in bezug auf dieses Eigentum alle Sioherungsmassnahmen treffen, die die Landesgesetze für den Nachlass Einheimischer vorschreiben.

Artikel 11.

Die Boden- und Industrieerzeugnisse der Schweiz oder Estlands, die in eines der beiden Länder eingeführt werden und für den Verbrauch, die Einlagerung, die Wiederausfuhr oder die Durchfuhr bestimmt sind, werden hinsichtlich der Einfuhr, Ausfuhr, Wiederausfuhr und Durchfuhr keinen andern oder belastenderen Zöllen, Abgaben, Zuschlägen, Steuern,; Beiträgen oder allgemeinen oder örtlichen Verpflichtungen unterliegen als die Erzeugnisse der meistbegünstigten Nation.

Keiner der vertragschliessenden Teile wird die Ausfuhr irgendeines Gegenstandes nach den Gebieten des andern Teils von andern oder hohem Zöllen oder Abgaben abhängig machen als für die Ausfuhr des gleichen Gegenstandes nach irgendwelchem andern Lande auferlegt sind oder werden sollten.

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Die vertragschliessenden Teile verpflichten sich, Einschränkungen «der Verbote betreffend die Einfuhr und Ausfuhr gewisser Waren nur solange und in dem Masse aufrechtzuerhalten, als es die gegenwärtigen wirtschaftlichen Zustünde unbedingt erfordern.

Zu jeder Zeit vorbehalten bleiben die Einfuhr- oder Ausfuhrverbote ·und -beschränkungen, die erlassen werden: 1. unter ausserordentlichen Umständen, in bezug auf Kriegebedarf; 2. aus Gründen der öffentlichen Sicherheit; 3. aus gesundheits- und viehseuchenpolizeilichen Gründen, sowie zum Schutze der Pflanzen gegen Krankheiten, Insekten, Schmarotzer und andere Schädlinge jeder Art; 4. im Falle von Staatsmonopolen.

Artikel 12.

Wenn der eine der vertragschliessenden Teile die Erzeugnisse eines dritten Landes mit höhern Zöllen belegt als sie auf die gleichen Erzeugnisse, die aus dem andern Teile stammen oder herkommen, anzuwenden sind, oder wenn er die Waren eines dritten Landes Einfuhrverboten oder Einfuhrbeschränkungen unterwirft, die auf die gleichen Waren des andern vertragschliessenden Teils keine Anwendung finden, so ist er berechtigt, sofern es die Umstände erfordern sollten, die Anwendung der niedrigsten Zölle auf die Erzeugnisse aus dem Gebiete des andern Teils oder deren .Zulassung zur Einfuhr davon abhängig zu machen, dass Ursprungszeugnisse vorgelegt werden, die von den zu diesem Zwecke durch das Ausfuhrland bezeichneten Behörden ausgefertigt sind.

Artikel 13.

Unbeschadet des Mitgenusses grösserer Vorteile, die sich aus der Meistbegünstigung ergeben können, haben Kaufleute, Fabrikanten und andere Produzenten des einen der beiden Länder sowie ihre Reisenden, die sich durch eine von den Behörden ihres Landes ausgestellte Legitimationskarte darüber ausweisen, dass sie daselbst zum Handels- und Gewerbebetrieb ermächtigt sind und die gesetzlichen Steuern und Abgaben ·entrichten, das Recht, im andern Lande, indem sie die Landesgesetze befolgen und vorbehaltlich der Bestimmungen über die Fremdenpolizei, Ankäufe für ihren Handel, ihre Fabrikation oder ihre Unternehmung zu machen und dort bei Personen oder Häusern, die die angebotenen Waren wieder verkaufen oder sie in ihrem Berufe oder Gewerbe verwenden, Bestellungen aufzusuchen. Sie dürfen Muster oder Modelle mit sich führen, aber keine Waren, ausser in den Fällen, in denen dies den einheimischen Handelsreisenden gestattet ist.

317 Die durch die erwähnten Gewerbetreibenden und Handelsreisenden eingeführten Muster oder Modelle werden beiderseitig frei von Ein- und Ausfuhrgebühren zugelassen, gemäss den Zollreglernenten und -formalitäten zur Sicherung ihrer Wiederausfuhr oder der Entrichtung der.Zölle, die far den Fall der Nichtwiederausfuhr binnen der gesetzlich vorgesehenen Frist vorgeschrieben sind.

Die Wiederausfuhr der Handelsreisendenmuster kann auch über ein anderes, als das Einfuhrzollarnt geschehen. Es besteht Einverständnis darüber, dass in diesem Falle das 'Amt, über das die Wiederausfuhr stattfindet, ermächtigt ist, dem Berechtigten von sich aus eine Hinterlage oder Kaution zurückzugeben, die zur Sicherstellung der Wiederausfuhr oder der Bezahlung der. Zölle im Falle der Nichtwiederausfuhr binnen der vorgeschriebenen Frist geleistet worden ist.

Die vorstehenden Bestimmungen finden keine Anwendung auf den Gewerbebetrieb im Umherziehen, den Hausierhandel und das Aufsuchen von Bestellungen bei Personen, die weder ein Gewerbe ausüben noch Handel treiben, und die vertragsschliessenden Teile behalten sich in dieser Hinsicht die volle Freiheit der Gesetzgebung vor.

Artikel 14.

Nicht als Abweichungen vom Prinzip der Meistbegünstigung, das die Grundlage dieser Übereinkunft bildet, werden die nachstehend erwähnten Befreiungen, Freiheiten und Vorrechte betrachtet: a. die Vorrechte, die Nachbarstaaten in bezug auf den Grenzverkehr gewährt worden sind oder in Zukunft gewährt werden könnten ; b. die Vorrechte, die einer der vertragschliessenden Teile einem dritten Staate infolge einer Zollunion zugestanden hat oder zugestehen sollte; c. die Befreiungen, Freiheiten und Vorrechte, die Estland einem der baltischen Staaten (Finnland, Lettland, Litauen) infolge besonderer Abkommen zuerkennen sollte. Das gleiche gilt für Vorrechte, die Estland Eussland gemäss besondern Zollübereinkünften oder Zollabkommen gewähren sollte.

Es versteht sich jedoch, dass die Schweiz sofort und bedingungslos in den Mitgenuss dieser Befreiungen, Freiheiten und Vorrechte treten wird, falls Estland sie ganz oder zum Teil einem dritten, hiervor nicht angeführten Staate zuerkennen sollte.

Artikel 15.

Streitfälle zwischen den vertragschliessenden Teilen in der Auslegung und der Ausführung der gegenwärtigen Übereinkunft, deren Erledigung auf diplomatischem
Wege sich als unmöglich herausgestellt hat, werden auf Gesuch eines der Teile einem aus drei Mitgliedern bestehenden Schiedsgericht unterbreitet.

Bundesblatt. 77. Jahrg. Bd. IH.

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Die vertragschliessenden Teile bezeichnen von sich aus je ein Mitglied und ernennen den Obmann gemeinsam.

Diese Ernennungen haben in möglichst kurzer Frist zu erfolgen.

Der Obmann soll weder Angehöriger der vertragschliessenden Teile sein noch seinen Wohnsitz in ihrem Gebiete haben oder in ihren Diensten stehen.

Wenn sieh die Parteien nicht binnen einem Monat, vom Tage an gerechnet, an dem eine der Parteien der andern die Absicht kundgegeben hat, den Streitfall dem Schiedsgericht zu unterbreiten, über die Wahl des Obmanns einigen können, so ist der Obmann durch den Präsidenten des Ständigen Internationalen Gerichtshofes frei zu bezeichnen.

Das Schiedsgericht tritt an dem vom Obmann bezeichneten Ort zusammen.

Der Entscheid der Schiedsrichter soll verbindliche Kraft haben.

Artikel 16.

Diese Übereinkunft ist zu ratifizieren, und es sollen die Ratifikationsurkunden sobald als möglich in Berlin ausgewechselt werden.

Die Übereinkunft tritt am Tage des Austausches der Ratifikationsurkunden in Kraft, und zwar vorläufig für die Dauer eines Jahres. Falls sie nicht sechs Monate vor Ablauf dieser Frist gekündigt wird, so gilt sie als stillschweigend für unbestimmte Zeit verlängert. Sie kann dann jederzeit gekündigt werden und wird während sechs Monaten, vom Tage der Kündigung an, vollziehbar bleiben.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten die gegenwärtige Übereinkunft unterzeichnet und sie mit ihrem Siegel versehen.

Geschehen in Bern, in doppelter Urschrift, am vierzehnten Oktober eintausendneunhundertundfünfundzwanzig.

(L. S.) (gez.) Schulthess.

(L. S.) (gez.) K. Meinung.

Schlussprotokoll.

Im Begriffe, zur Unterzeichnung der am heutigen Tage zwischen der schweizerischen Eidgenossenschaft und der Estnischen Republik abgeschlossenen Handelsübereinkunft zu schreiten, haben die unterzeichneten Bevollmächtigten vereinbart, dass diese Übereinkunft ebenfalls und in jeder Beziehung auf das Fürstentum Liechtenstein Anwendung finden soll, solange dieses mit der Eidgenossenschaft durch eine Zollunion verbunden sein wird.

Das gegenwärtige Protokoll, das ohne besondere Ratifikation, durch die blosse Tatsache des Austausches der Ratifikationsurkunden über die Übereinkunft, auf die es Bezug hat, als von den vertragschliessenden Teilen genehmigt und bestätigt angesehen werden soll, ist in doppelter Urschrift ausgefertigt worden in Born, den vierzehnten Oktober eintausendneunhundertundfünfundzwanzig.

(gez.) Schulthess,

(gez.) K. Menning,

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die am 14. Oktober 1925 mit Estland abgeschlossene Handelsübereinkunft. (Vom 2. November 1925.)

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