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1984

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreäend vorsorgliche Erwerbung eines an die Postliegenschaft in Lugano anstossenden Grundstückes.

(Vom 8. Juni 1925.)

Das Postgebäude in Lugano ist in den Jahren 1910 bis 1912 inir alten Stadtteil am See erstellt worden. Während es von Anfang an im Osten, Norden und Westen von Strasaen eingerahmt war, bestand die südliche Umgebung damals noch aus einem Gewirr alter Häuser. Es war zu erwarten, dass hier mit der Zeit Veränderungen eintreten und entsprechend der vorzüglichen Geschäftslage ein modernes Quartier entstehen werde. Eine Voraussetzung hiezu ist im letzten Jahr geschaffen wordenr indem die Stadt einen Teil der alten Baulichkeiten niederlegen liess, um für einen neuen Strassenzag, die Via Gerolamo Vegezzi, die Bahn frei zu machen. Das auf diese Weise entstandene Strassenviereck schliesst ausscr der Postliegenschaft noch einen unbebauten Terrainstreifen von 60 m Länge und 13 bis 17 m Breite ein, der nun auf absehbare Zeiten die einzige Erweiterungsmöglichkeit für die Bedürfnisse von Post, Telegraph und Telephon der aufblühenden Stadt bilden wird. Er zerfällt in zwei Abschnitte, wovon der östliche kleinere, den Erben Donini gehörend,.

368 ms misst und zugunsten der Postliegenschaft mit der Servitili der Unüberbaubarkeit belastet ist. Es besteht somit keine Gefahr, dass dasPostgebäude von dieser Seite durch Bauten eingeschlossen werde. Die westliche grössere Parzelle dagegen, die den Gebrüdern Torricelli gehört,, bildet mit einem Flächeninhalt von 549 m 2 an der Ecke der Via Ceresio und der Via Gerolaino Vegezzi wertvolles Bauland, und es ist verständlich, dass die Eigentümer dieses Grundstück inmitten der Stadt, für das sie anlässlich der Strassenanlage hohe Beiträge entrichten mussten, nicht lange werden brach liegen lassen. Die Eidgenossenschaft sieht sich daher heute vor die Entscheidung gestellt, es zur Abrundung ihres Besitztums und zur Vorsorge für künftige Bedürfnisse vor seiner Überbauung noch rechtzeitig zu erwerben oder den Dingen ihren Lauf zu lassen.

Wird auf der Parzelle ein Geschäfts- und Miethaus errichtet, wofür die Eigentümer bereits ein Projekt haben ausarbeiten lassen, so wird dadurch nicht nur die spätere Erwerbung dieses Grundstücks zu Postund Telegraphenzwecken praktisch verunmöglicht, sondern es würde auch

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die andere Reserve, die anstossende Parzelle Donini, nachher nur noch in beschränkter und unbefriedigender Weise zu dem gleichen Zwecke verwendbar sein, da von ihr aus kein Zugang zum Posthof geschaffen werden könnte. Übrigens müsste schon wegen der Grundrissgestaltung des Postgebäudes für Erweiterungsbauten in erster Linie an die Parzelle Torricelli gedacht werden, und es liegt daher auf der Hand, dass ihre Preisgabe zu Privatbauten ein Fehler wäre, den uns eine spätere Zeit mit Recht zum Vorwurf machen könnte.

Unter diesen Umständen hielten wir es für geboten, auf die Erwerbung der Parzelle Torricelli einzutreten, obwohl vorauszusehen war, dass ihr Preis nicht niedrig sein werde. In dieser Beziehung schicken wir voraus, dass vor zwei Jahren ein Grundstück an der Via P. Peri, gegenüber der Postremise, auf dem dann ein grosses Geschäfts- und Miethaus errichtet wurde, zum Preis von Fr. 335 für den m2 die Hand gewechselt hat, wobei der Erwerber erst noch verpflichtet wurde, auf einer Seite des Gebäudes Arkaden einzubauen. Für ein an der Via Ceresio, also ebenfalls in der Nähe der Postliegenschaft gelegenes Bauterrain, wurden schon vor 15 Jahren Fr. 200 für den m 2 bezahlt. Nach glaubwürdigen Angaben soll für die in Frage stehende Parzelle von einer Bank bereits eine Offerte von Fr. 400 für den m3 gestellt worden sein. Auch ihrem eigenen Bauprojekt, das eine angemessene Rendite verspricht, haben die Grundstuckbesitzer diesen Bodenwert zugrunde gelegt. Nach Verhandlungen mit den Eigentümern konnte die Postverwaltung schliesslich einen Kaufvertrag unter Genehmigungsvorbehalt vereinbaren, wonach die Erwerbung kosten würde : Kaufpreis Fr. 1.80,000 Handänderungs- und Fertigungskosten ^ 1,750 Zins zu 5 °/o ab 1. Juni bis 31. Oktober 1925, vorausgesetzt, dass der Kauf bis dahin vollzogen werden kann ,, 3,750 Herrichtungsarbeiten, Umzäunung a. dgl ,, 2,500 Zusammen

Fr. 188,000

Die Kaufsumme von Fr. 180,000 ergibt für die Verkäufer einen Erlös von Fr. 328 für den m ä . Auf Grund der gesamten Erwerbungskosten stellt sich der Kostenwert für den Bund auf rund Fr. 342 für den m'-. Das Grundstück der heutigen PostJiegenschaffc ist im Jahre 1901 vom Kanton Tessin allerdings bedeutend billiger gekauft worden. Es ist indessen eine allgemeine Erfahrung, dass für solche spätere Arrondierungen Verhältnismassig hohe Preise angelegt werden müssen. Solange jedoch durch die Hinzuerwerbungen der durchschnittliche Bodenpreis der ganzen Liegenschaft nicht zu sehr gesteigert wird, lassen sie sich rechtfertigen. Nach dem Kauf der Parzelle Torricelli würden sich die durchschnittlichen Erwerbungskosten des ganzen Postgrundstückes auf Fr. 170 für den m- belaufen, was immer

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noch erheblich unter dein Verkehrswert ist, der für dieses Terrain heute angenommen werden darf.

In diesem Quartier sind Räume für Verkaufsmagazine gesucht und gut bezahlt. Die Mietzinse für einzelne in der Nähe liegende Verkaufslokale bewegen sich gegenwärtig zwischen Fr. 4000 bis 8000. Um aus der Neuerwerbung ein Erträgnis herauszuwirtachaften, ist beabsichtigt, auf dem Grundstück einen eingeschossigen, ca. 5 m hohen, nicht unterkellerten Anbau an das bestehende Remisengebäude zu errichten. Der hintere, dem Posthol1 zugewendete Teil des Anbaues würde für die Materialmagazine des Telephonamtes verwendet, ' die jetzt zum Teil unzweckraässig untergebracht sind, während die au die Via Grerolarno Vegezzi anstossenden Räume als Verfcaufsläden benützt würden. Zwei weitere Verkaufsläden Hessen sich in dem hiefür besonders gut gelegenen nordwestlichen Teil der bisherigen Remise, an der Strassenecke Via P. Peri-Via Ceresio, vorsehen. Für die deswegen zu räumenden Dienstlokale des Telephonamtes würde in den neuen Hofräumlichkeiten genügender Ersatz geschaffen. Für den Anbau und die im bestehenden Remisengebäude erforderlichen Umbauarbeiten würde voraussichtlich mit rund Fr. 100,000 auszukommen sein. Angesichts der vorzüglichen Geschäftslage darf mit Mietzinseinnahmen aus der Vermietung von Verkaufsläden im Betrag von etwa Fr. 16,500 gerechnet werden, so dass sich das gesamte Anlagekapital bis zum Zeitpunkt, wo die Räumlichkeiten ausschliesslicb für Verwaltungszwecke benötigt werden, in befriedigender Weise verzinsen würde.

Sobald ausführliche Pläne für die Überbauung des Terrains Torrieelli und nähere Kostenberechnungen vorliegen, werden wir uns erlauben, auf dem Wege des Voranschlages oder in einer neuen Botschaft um den finden Bau erforderliehen Kredit nachzusuchen. Vorläufig würde es sich nur darum handeln, den Bauplatz käuflich zu erwerben.

In Zusammenfassung des Vorstehenden beehren wir uns, Ihnen den anliegenden Entwurf zu einem Bundeebeschluss zur Genehmigung zu unterbreiten und benützen den Anlass, Sie. unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

Ber]n, den S. Juni 1925.

Irn Namen des Schweiz. Bundesrates, De r B u n d e s p r ä s i d e n t :

Musy.

Der Bundeskanzler: Kacslin.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

vorsorgliche Erwerbung des an die Postliegenschaft in Lugano anstossenden Grundstückes der Herren Gebr. Torricelli.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 8. Juni 1925, b eschli esst : 1. Für die vorsorgliche Erwerbung des an die Postliegenschaft in Lugano anstossenden Grundstückes der Herren Gebr. Torricelli wird ein Kredit von Fr. 188,000 bewilligt.

2. Dieser Beschluss tritt als nicht allgemein verbindlicher Natur sofort in Kraft.

3. Der Bundesrat ist mit dessen Vollziehung beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend vorsorgliche Erwerbung eines an die Postliegenschaft in Lugano anstossenden Grundstückes. (Vom 8. Juni 1925.)

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1925

Année Anno Band

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23

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1984

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10.06.1925

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604-607

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