435 # S T #

z »

2019

II. Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Wintersession 1925).

(Vom 24. November 1925.)

Wir beehren una, unter Vorlage der Akten, Ihnen über nachstehende 14 Begnadigungsgesuche Bericht /u erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen.

87. Alfred Botteron, geb. 1888, Landwirt, Nods (Bern).

38. Clothilde Botteron, geb. 1893, Ehefrau des Alfred.

(Verfälschung eines Postempfangsscheines und Betrugsverauch.)

37. und 38. Die Eheleute B o t t e r o n sind am 22. April 1925 vom Gerichtspräsidenten von Neuenstadt, gestützt auf Art. 61 des Bundesstrafrechts und kantonalrechtliche Bestimmungen gegen den Betrug, wie folgt verurteilt worden: Alfred Botteron zu 5 Tagen Gefängnis und Fr. 20 Busse, Clothilde Botteron zu 3 Tagen Gefängnis und Fr, 10 Busse.

Alfred Botteron hat iu einem Postempfangschein den Poststempel verfälscht, indem er die Zahl 1921 in 1923 veränderte. Er tat dies, um einem Lieferanten vorzutäuschen, eine Forderung von Fr. 30 sei bezahlt worden. Die Ehefrau wies den Postempfangschein in der Folge dem Lieferanten vor, der sich aber anhand seiner Buchführung nicht täuschen liess. Zwei Monate später machte Frau Botteron wissentlich den verfälschten Empfangschein auch noch beim Postbureau Nods geltend, und zwar, laut Urteilserwägungen, in der Absicht, die in Wirklichkeit nicht einbezahlten Fr. 30 von der Post herauszuerhalten.

Die Eheleute Botteron ersuchen um Erlass der Freiheitsstrafen. Die Bussen und Kosten seien bezahlt, desgleichen die Rechnung des Lieferanten. Die Eheleute seien ohne Vorstrafen; die Fehltritte würden aufrichtig bereut und sich nicht wiederholen.

Der Gemeinderat von Nods befürwortet die Eingabe. Die Ebeleute Botteron seien brave, arbeitsame Leute von guter Aufführung. Die begangenen Unkorrektheiten seien unverständlich. Die Eheleute hätten die Tragweite ihrer Machenschaften nicht überblickt. Der Regierungsstatthalter

436

des Amtsbezirkes und die Polizeidirektion des Kantons Bern empfehlen die Gesuohsteller ebenfalls.

Unserseits bemerken wir, dass es sich nicht um einen harmlosen Fall bandet; insbesondere sind mit dem verfälschten Empfangschein zwei Täuschungsversuche unternommen worden ; ferner muss auffallen, dass die Eheleute in Zeitpunkten fehlerhaft handelten, die monatelang auseinanderliegen. Die gänzliche Begnadigung kann unseres Erachtens von vornherein nicht gewährt werden, und bei näherer Überprüfung der Akten drängt sich auch die bed ngte Begnadigung keineswegs auf. Nachdem die Täuschung gegenüber dem Lieferanten misslungen war, hätten die beiden Ehegatten den Mut aufbringen sollen, den begangenen Fehler einzusehen ; statt dessen erdreistete sich die Ehefrau, den Empfangschein auch noch dem Postbureau vorzuweisen, was der Ehemann zuliess.

Unter diesen Umständen b e a n t r a g e n wir Abweisung.

39. Käthe Lilienthal, geb. 1903, Krankenpflegerin, Basel.

40. Maria Hodel, geb. 1901, Krankenpflegerin, Basel.

(Missbrauch eines Ausweispapiers.)

39 und 40. Käthe L i l i e n t h a l und Maria H o d e l sind am 16. Oktober 1925 vom Strafgericht des Kantons Basel-Stadt, gestützt auf Art. 20 der Verordnung über die Kontrolle der Ausländer vom 29. November 1921, zu je einem Tag Gefängnis verurteilt worden.

Die Krankenpflegerin Lilienthal holte am Badischen Bahnhof Basel die Oberschwester des Spitales ab. Hierbei wies sie, um ungehindert durch die Passsperre auf den Bahnsteig zu gelangen, den ihr von Maria Hodel überlassenen Pass vor, da sie ihre eigenen Ausweisschriften damals beim Kontrollbureau hinterlegt hatte.

Der Verteidiger der Verurteilten ersucht um Erlass der beiden Gefängnisstrafen. Er verweist auf den besonders leichten Charakter der Übertretung und betont, dass der Strafgerichtspräsident die Empfehlung des Begnadigungsgesuches sowohl bei der mündlichen Ürteilseröffnung wie in den schrittlichen Motiven in Aussicht gestellt habe.

Das urteilende Gericht und das Polizeidepartement des Kantons BaselStadt befürworten das Gesuch.

Da es sich nach den Verumständungen des Falles um eine Verfehlung leichter Art handelt und den unbescholtenen Gesuchstellerinnen gegenüber der Vollzug einer Freiheitsstrafe vermieden werden sollte, erweist sich ein Gnadenakt als angemessen. Die gänzliche Begnadigung darf unseres Erachtens verantwortet werden.

Wir b e a n t r a g e n , die beiden Gefängnisstrafen gänzlich zu erlassen.

437

41. Wilhelm Rnsterholz, geb. 1880, Vertreter, Bern.

(Lebensmittelpolizei.)

41. Wilhelm R u s t e r h o l z ist am 23. Februar 1925 vom Gerichtspräsidenten IV von Bern, gestützt auf Art. 37 und 41 des Bundesgesetzes betreffend den Verkehr mit Lebensrnitteln und Gebrauchsgegenständen vom 8. Dezember 1905, in Verbindung mit den Art. 173, 183 und 283 der Verordnung vom 8. Mai 1914, zu Fr. 50 Busse verurteilt worden, unter Auferlegung von Fr. 140.50 Staatskosten.

. .

Rusterholz ist wegen fahrlässiger Deklaration im Verkehr mit Wein gebusst worden, weil er einen ihm gelieferten Piemontese:1 Tischwein als Stradella weiterverkaufte.

Rusterholz ersucht, Busse und Kosten um die Hälfte zu ermassigen, da er keine Irreführung bezweckt habe und gegenwärtig finanziell schlecht stehe. Im übrigen behauptet der Gesuchsteller, Stradella-Rotwein sei nicht ein Markenwein im Sinne von Art. 173 der Verordnung.

Die Polizeidirektion der Stadt Bern empfiehlt teilweise Begnadigung, weil Rusterholz unter den Kriegsjahren und ihren Nachwirkungen ausserordentlich schwor gelitten habe, keine Vorstrafe aufweiee und sich einer untadeligen Lebensführung befleisse. Der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes beantragt, die Busse um die Hälfte herabzusetzen, wogegen sich die Direktionen des Innern und der Polizei des Kantons Bern für die gänzliche Begnadigung aussprechen. Hierzu wird bemerkt, die Angelegenheit wäre im Administrativverfahren erledigt worden, wenn nicht ein Mitschuldiger (im Zusammenhang mit andern Verfehlungen) die Zuweisung an den Richter notwendig gemacht hätte. Im Administrativverfahren wäre voraussichtlich eine blosse Verwarnung ausgesprochen worden. Mit Rücksicht auf die Höhe der Kosten und um den misslichen Verhältnissen wirklich Rechnung EU tragen, sei die gänzliche Begnadigung angemessen. Das eidgenössische Gesundheitsamt bemerkt zu dea Gesuehsanbringen, zweifellos werde in Weinhandelskreisen die Bezeichnung Stradella höher bewertet als Piemonteser Tischwein ; im übrigen wird Herabsetzung der Busse um die Hälfte beantragt.

Abschliessend b e a n t r a g e n wir, die Busse aus den von den kantonalen Regierungsdirektionen geltend gemachten Erwägungen gänzlich zu erlassen. Mit dem Erlass der Kosten, die in der Tat auffällig hoch sind, so dass Rusterholz noch stark belastet bleibt, hat sich die Bundesversammlung
nicht zu befassen.

42. Gottlieb Haslebacher, geb. 1876, Landwirt, Alpmeister der Pferdezuchtgenossenschaft Unter-Emmenthal, Suraiswald (Bern).

(Forstpolizei.)

42. Gottlieb H a s l e b a c h e r ist am 10. Februar 1925 vom Obei1gericht des Kantons Lüzern als Alpmeister der PferdezuchtgenoeseDschaft

438

Unter-Emmenthal gestützt auf Art.'46, Ziffer 7, des Bundesgesetzes betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei vom 11. Oktober 1902 und den Bundesratsbeschluss betreffend Erhöhung der Bussen für verbotene Abholzungen vom 20.; April 1917 zu Fr. 700 Busse verurteilt worden.

Die Pferdezuchtgenossenschaft Unter-Emmenthal mit Alpmeister Haslebacher hat auf ihrer Seeblenalp zu Hergiswil in den Jahren 1922/23 Holzschläge ausgeführt, für die ihr die vorgeschriebene forstamtliche Bewilligung nicht erteilt worden war. Für 1922 bestand keine Bewilligung und für 1923 bloss die Bewilligung zum plenterweisen Schlag von 60 m3, worauf jedoch der in Schutzgebiet befindliche Wald kahl geschlagen wurde.

Namens der Pferdezuchtgenossenschaft ersuchen der Präsident und Haslebacher als Sekretär um Erlass der Busse. Die Schlagbewilligung für 60 m3 habe unbedingt zum Kahlschlag führen müssen. Der verantwortliche Bannwart hätte dies sehen müssen ; er habe aber keinen Augenschein vorgenommen und ebenso das Anzeichnen der Bäume unterlassen, so dass die Angestellten der Genossenschaft von den Forstorganen nicht in die Lage versetzt worden seien, die zulässige Grenze der Schlagbewilligung festzustellen. Da das Waldstück grossenteils windgeschädigtes stockrotes und verkrüppeltes Holz enthalten habe, sei es den Hirten, welche den Holzschlag bewerkstelligten, wenig bedeutsam erschienen, ob etwas mehr oder weniger geschlagen werde. Ein Schaden sei nicht entstanden, ferner habe die Genossenschaft das abgeholzte Waldstück aus eigenem Antrieb neu bepflanzt und damit dem Erfordernis einer zweckmässigen Bewirtschaftung durchaus entsprochen. Im übrigen verweisen wir für die Einzelheiten, so auch was die Beanstandung der Bussenbemessung anbetrifft, auf die Eingabe selbst, Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, das kantonale Justizdepartement und die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen einhellig Abweisung.

Wesentlich ist, dass ein qualifizierter Fall zur Erörterung steht, nämlich ein Kahlschlag in Schutzwaldgebiet, was den Schlag von 1923 anbetrifft, und ein Schlag ohne jede Bewilligung im Jahre 1922. Die kantonale Staatsanwaltschaft verweist in ihrer Vernehmlassung zutreffend auf die Verhältnisse im Napfgebiet, wo die Waldungen ganz besonderer Schonung bedürfen, und widerlegt
die Behauptung, der Waldbestand habe den Kahlschlag bedingt, mit dem Hinweis auf die gegenteilig lautende Stellungnahme des Oberförsters. Der Oberforstinspektor bemerkt u. a., trotz eines Kahlschlags in]Schutzwaldgebiet sei nur die damals geltende Mindestbusse erkannt und zudem bloss das verkaufte Holz (70 m3) angerechnet worden, während der Kahlschlag ca. 110 m3 ergeben habe. Von einer zu strengen Bestrafung könne daher nicht gesprochen werden.

Im Anschluss an diese Stellungnahmen b e a n t r a g e n wir desgleichen, das Gesuch abzuweisen. In Wirklichkeit dürfte zutreffen, dass die Alp-

439

«neister der Genossenschaft, die in den letzten Jahren wiederholt wechselten, «ich jeweils zu wenig Rechenschaft gaben, was erlaubt und nicht erlaubt *war. Koramiserationsgründe, die eine Begnadigung ernstlich nahe legen, liegen offenbar nicht vor.

43. Hans Egger, geb. 1901, Knecht, St. Stephan (Bern).

44. Fritz Siegrist, geb. 1871, Schreiner, Oftringen (Aargau), (Jagdpolizei.)

In Anwendung des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz vom 24, Juni 1904, zum Teil in Verbindung mit kantonalem Jagdrecht, sind verurteilt worden : 43. Hans E g g e r , verurteilt am 3. Oktober 1925 vom Gerichtspräsidenten von Obersimmental in Anwendung von Art. 21, Ziffer 4, lit, a, des Bandesgesetzes in Verbindung mit kantonalem Jagdrecht zu einer {resamtbusse von Fr. 70.

Egger ist an einem Augustsonntag bei der nicht erlaubten Jagd auf Adler betroffen worden.

In dem Gesuch um Erlass von Busse und Kosten wird wie im Strafverfahren behauptet, Egger sei mit der Jagdwaffe bloss zum Schutz einer Schafherde herumgestreift, ohne eigentliche Jagdabsicht. Die Busse treffe ihn äusserst schwer.

Der Gemeindepräsident von St. Stephan, der urteilende Richter und der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürworten das Gesuch.

Da Egger als armer Bursche bezeichnet wird und der Fall nicht schwerer Art ist, b e a n t r a g e n wir mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei, die Busse bi&> zu Fr. 30 zu ermässigen.

Mit dem Kostenerlass hat sich die Bundesversammlung nicht zu befassen.

44. Fritz S i e g r i s t , verurteilt am 12, September 1925 vom Bezirksgericht Zofingen in Anwendung von Art. 21, Ziffer 5, lit. «, des Bundesgesetzes zu Fr. 40 Busse.

Siegriet spazierte an einem Maisonntag mit einem Bekannten in einem Wald und nahm hierbei eine am Fliegen behinderte, offenbar verletzte Krähe wahr. Er holte nun aus einem benachbarten Haus ein Flobert, fand aber bei der Rückkehr die Krähe nicht mehr vor, so dass es nicht zum Abschuss kam. Der Tatbestand ist nicht bestritten ; das urteilende Gericht nahm an, dass es Siegrist einzig darum zu tun war, die verletzte Krähe ihrer Leiden wegen abzuschiessen.

Siegrist ersucht um Erlass der Busse.

Das urteilende Gericht empfiehlt den Gesuchsteller bereits in den Urteilserwägungen zur Begnadigung; eine Minderheit des Gerichts hätte fliegrist von Schuld und Strafe freigesprochen. Die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt Herabsetzung der Busse bis

440

zu Fr. 10; damit würde die Busse dem Mindestmass gemäss Art. 2.1, Ziffer 6 a, entsprechen, wo für das Erlegen geschützter Vögel nur eine Busse von Fr. 10--60 vorgesehen ist, während der urteilende Richter in* vorliegenden Fall an den Strafrahmen von Fr. 40--100 gebunden war, Angesichts der Staatsgebühr und .Gerichtskosten von zusammen Fr. 25.40 b e a n t r a g e n wir weitergehend, die Busse unter den obwaltenden Umständen gänzlich zu erlassen.

45. Louis Blaser, geb. 1897, Schmied, Massongex (Wallis).

(Fischereipolizei,) 45. Louis B l a s e r ist am 22. Dezember 1922 vom Gerichtspräsidenten IV von Bern in Anwendung der Art. 5, Ziff. 5 ; 9, Ziff. l ; .31, Ziff. 2, und 32, Ziffer l und 2, des Fischereigesetzes vom 21. Dezember 1888 als rückfälliger Fischfrevler zu Fr. 450 Busse und Entzug der Berechtigung zum Fischen auf die Dauer von drei Jahren verurteilt worden. Einem ersten Begnadigungsgesuch gegenüber hat die Bundesversammlung in der Junisession 1924 antragsgemäss Abweisung zurzeit beschlossen (Nr. 40 des I. Berichtes vom 13. Mai 1924, Bundesbl. II, 267).

Blaser, der inzwischen in monatlichen Zahlungen Fr. 210 aufgebracht hat, ersucht um Erlass der Restbusse von Fr. 240. Er habe in Massongex, wo er seit Neujahr als Schmied tätig sei, anfangs März einen doppelten Beinbruch erlitten und einen längeren Spitalaufenthalt hinter sich. Die Leistung weiterer Ratenzahlungen erweise sich heute bei seinen Familienlasten um so schwieriger, als er mit anderweitigen Zahlungen im Rückstand sei.

Der Gemeindepräsident von Massongex bestätigt die Richtigkeit der Gesuchsanbringen. Der Regierungsstatthalter II von Bern und die kantonale Forstdirektion befürworten die Ermässigung des Bussenrestes um die Hälfte, mithin bis zu Fr. 120; die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt Herabsetzung der ursprünglichen Busse von Fr. 450 bis zu Fr. 300, so dass Blaser noch Fr. 90 zu entrichten hätte.

Abschliessend b e a n t r a g e n wir, die Restbusse von Fr. 240 gänzlich zu erlassen. "Wie der Oberforstinspektor zutreffend bemerkt, hat sich die finanzielle Lage Blasers verschlechtert, vor allem aber ist der schwere Unglücksfall, der den Gesuchsteller betroffen hat, geeignet, vermehrte» Mitgefühl zu erwecken. Die im Jahre 1924 beschlossene Abweisung zurzeit hat zudem ihren Zweck erreicht;
denn er bestand weniger darin,, die gänzliche Bussèntilgung zu fordern als einigermassen erhebliche Ratenzahlungen in die Wege zu leiten. Schliesslich kann auch berücksichtigt werden, dass Blaser inzwischen von Zollikofen verzogen ist und in neuen Verhältnissen lebt.

.. . .

441 46.

47.

48.

49.

Ernst Reusser, geb. 1887, Zaunmacher, Köniz (Bern).

Agostino Felloni, geb. 1899, Handlanger, Biel (Bern).

Gottfried Gilgen, geb. 1897, Fabrikarbeiter, Bremgarten (Bern).

Gtottlteb Krähenbühl, geb. 1887, Zimmermann, Bümpliz (Bern).

(Militärpflichtersatz.)

Wegen schuldhafter Nichtentrichtung des Militärpflichtersatzes sind in Anwendung des Bundesgesetzes vom 29. März 1901 betreffend Ergänzung des Bundesgesetzes über den Militärpflichtersatz verurteilt worden : 46. Ernst R e u s s e r , verurteilt vom Gerichtspräsidenten V von Bern am 30. Mai 1923 zu l Tag Haft, die Militärsteuer von Fr. 27.10 für 1922, und am 5. Mai 1925 zu l Tag Haft, die Militärsteuer von Fr. 28. 60 für 1923 betreffend.

Auf zwei Gesuche Reussers hin hat zwischen der Bundesanwaltschaft und der eidgenössischen Steuerverwaltung ein Meinungsaustausch stattgefunden, der zu eingehenden Erhebungen über die in Betracht kommenden Steuerverhältnisse des Gesuchstellers führte. Als Ergebnis steht heute fest, dass Reusser seit dem Jahre 1917 entgegen Art. 6 des Bundesgesetzes vom 28. Juni 1878 zum ganzen Militärpflichtersatz statt nur zur Hälfte des für seine Altersklasse festgesetzten Ersatzes veranlagt worden ist.

Die in Wirklichkeit für die Jahre 1922/23 gesetzesgemäss geschuldeten Steuern waren im Zeitpunkte der Verurteilung jeweils bezahlt, ferner decken die entrichteten Beträge nicht nur die Steuern bis und mit 1925, sondern ist eine Restsumme von Fr. 36 an Reusser zurückzuerstatten.

Bei dieser Sachlage b e a n t r a g e n wir mit der eidgenössischen Steuerverwaltung, ohne auf die Einzelheiten der beiîen Strafsachen näher einzutreten, die zwei Haftstrafen vom 30. Mai 1923 und vom 5. Mai 1925 gänzlich zu erlassen.

47. Agostini P o l l o n i , verurteilt am 15. Dezember 1924 vom Gerichtspräsidenten von Biel zu 2 Tagen Haft und 6 Monaten Wirtshausyerbot, die Militärsteuer von Fr, 37.60 für 1924 betreffend.

Felloni ersucht um Erlass der Haftstrafe mit dem Hinweis, dass er sowohl im Kanton Tessin wie im Kanton Bern veranlagt worden sei und den Steuerbetrag im ersteren rechtzeitig entrichtet habe.

In den Akten befindet sich der in der Angelegenheit zwischen den Militärsteuerbebörden der Kantone Tessin und Bern ergangene SchriftenWechsel. Der Regierungsstatthalter von Biel, der Kantonskriegskommissär und die Polizeidirektion des
Kantons Bern beantragen einhellig die gänzliche Begnadigung.

Da Felloni nachgewiesenermassen dem Sektionschef von Piazzogna bereits am 11. November 1924 den Betrag von Fr. 30 übermittelt hat und die Steuerangelegenheit in der Folge gänzlich in Ordnung gebracht worden ist, b e a n t r a g e n wir bei den besondern Verumständungen des Falles, die Haftstrafe gänzlich zu erlassen.

442

'

48, · Gottfried G i l g e n , verurteilt am 27. Mai 1925 vom Gerichtspräsidenten IV von Bern zu l Tag Haft, die Militärsteuer von Fr, 43.60 für 1924 betreffend.

Gilgen ersucht um Erlass der Haftstrafe. Den Akten ist zu entnehmen, dass er die Militärsteuer in zwei Raten v o r dem Urteilstermin entrichtet hat. Der Gemeinderat von Bremgarten, der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes und die kantonale Polizeidirektion beantragen die Begnadigung.

Da Gilgen versäumt hat, dem urteilenden Richter von der erfolgten Steuerbegleichung Kenntnis zu geben und auf Grund eines Polizeiberichtes und der Urteilserwägungen feststeht, dass ihm die ordnungsgemässe Entrichtung der Steuerschuld vor Anhebuug des Strafverfahrens möglich gewesen wäre, b e a n t r a g e n wir, die Gefängnisstrafe lediglich bedingt BU erlassen. Übungsgemäss ist eine Probezeit von zwei Jahren aufzuerlegen und als Bedingung besonders hervorzuheben, dass Gilgen während der Probezeit kein vorsätzliches Vergehen verübe und auch nicht neuerdings ·die rechtzeitige Entrichtung der Militärsteuer schuldhaft unterlasse.

49. Gottlieb K r ä h e n b ü h l , verurteilt am 21. November 1924 von der ersten Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern zu l Tag Haft, die Militärsteuer von Fr. 37. 80 für 1922/23 betreffend.

Krähenbühl ersucht um Erlass der Haftstrafe mit dem Hinweis darauf, dass er im Verlaufe des Aktivdienstes erkrankt und wegen Rheumatismen nicht mehr voll arbeitsfähig sei.

Der Gemeinderat von Gysenstein befürwortet das Gesuch. Krähenbuhl mache Anstrengungen, sich ,,aus dem bisherigen Sumpf11 herauszuarbeiten ; der Erlass der Haftstrafe könne ihn dabei unterstützen. DeiBetreibungsbeamte von Schlosswil teilt mit, es seien gegen Krähenbühl eine Anzahl Betreibungen hängig, welche regelmässig zu Verlustscheinen führen. Der Regierungsstatthalter II von Bern hält dafür, da der GesuchSteller die in Betracht kommenden Steuern heute noch schulde, obwohl mit der Weiterleitung seines Gesuches vom 15. Dezember 1924 bis vor kurzem zugewartet worden sei, um ihm zur Ordnung der Angelegenheit Zeit einzuräumen, werde konsequenzhalber Abweisung beantragt. Die Polizeidirektion des Kantons Bern schliesst sich dieser Stellungnahme an.

Angesichts des von 1910 bis 1915 geleisteten Militärdienstes läge es nahe, dem Gesuchsteller kommiserationsweise einigermassen
entgegenzukommen. Da aber Krähenbühl in den Urteilserwägungen als Trinker bezeichnet wird und sowohl der erstinstanzliche Richter wie die Rekursinstanz feststellen, dass es ihm g u t möglich gewesen wäre, rechtzeitig zu bezahlen, erblicken wir im Vollzug der Haftstrafe von einem Tag keine besondere Härte.

Wir b e a n t r a g e n Abweisung,

443

SO. Charles Osterwalder, geb. 1892, gew. Kaufmann in St. Gallen, zurzeit in Amerika.

(Kriegswucher.)

50. Charles O s t e r w a l d e r ist am 22. Dezember 1921 vorn Gerichtspräsidenten von Bern wegen Übertretung der Noterlasse gegen die Verteuerung von Nahrungsmitteln und andern unentbehrlichen Bedarfsgegenständen zu Fr. 1500 Busse verurteilt worden. Einem ersten Begnadigungsgesuch gegenüber hat die Bundesversammlung in der Junisession abbin Abweisung zurzeit beschlossen (Nr. 68 des I. Berichtes vom 1. Mai 1925, Bundesbl. II, 377/783. Wir hatten gänzliche Abweisung beantragt, da genügende Kommiserationsgründe nicht vorhanden seien und es dabei sein Bewenden haben könne, dass dio Busse ohnehin im Laufe des Jahres 1926 verjähren werde. Die Begnadigungskommission hielt jedoch dafür, das Gesuch sei lediglich zurzeit abzuweisen, indem Osterwalder ein neues Gesuch einreichen könne, falls er die in Aussicht gestellte Teilzahlung von Fr. 500 entrichtet habe.

Dieses neue Gesuch wird nunmehr von Osterwalder gestellt, und es trifft zu, dass der Schwiegervater die Fr. 500 inzwischen den Strafvollzugsbehörden des Kantons Bern übermittelt hat.

Angesichts dieser Vorgeschichte der Angelegenheit b e a n t r a g e n wir, Osterwalder die Restbusse von Fr. 1000 zu erlassen.

Genehmigen Sie die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 24. November 1925.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Musy.

Der Bundeskanzler : Kaeslin.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

II. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Wintersession 1925). (Vom 24. November 1925.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1925

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

48

Cahier Numero Geschäftsnummer

2019

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

02.12.1925

Date Data Seite

435-443

Page Pagina Ref. No

10 029 558

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.