#ST#

y .

u

"

3

Bundesblatt 11. Jahrgang.

Bern, den 18. März 1925.

Band I.

Erscheint wöchtentlich Preis SO Franken im Jahr, 10 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr : 50 Rappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an

Stämpfli A de. in Bern.

# S T #

1943

___ _

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes betreifend die Erneuerung des Privilegiums der Nationalbank für die Ausgabe von Banknoten.

(Vom 10. März 1925.)

Am 20. Januar 1921 hat der Nationalrat den -Bundesrat durch ein Postulat eingeladen, ,,rechtzeitig Bericht und Antrag darüber zu erstatten, was vom 20. Juni 1927 au in bezug auf die Nationalbank Rechtens sein soll Wir haben die Ehre, dieser Einladung hiermit nachzukommen.

$ * * Die Generalversammlung der Schweizerischen Nationalbank hat, gestützt auf Artikel 40, Ziffer 6, des Bundesgesetzes über die Schweize- .

«sehe Nationalbank vom 7. April 1921, zu der Frage bereits am 20. Dezembe 1924 Stellung genommen, und der Bankausschuss hat mit dem nachstehend im Wortlaute abgedruckten Schreiben vom 14. Januar 1925 dem Bundesrate zuhanden der Bundesversammlung von den gefassten Beschlüssen Kenntnis gegeben : ,,In Vollziehung des Beschlusses der ausserordentlichen Generalversammlung der Schweizerischen Nationalbank vom 20. Dezember, wie .auch der Eingabe des Bankrates vom 6. September 1924 stellen wir im Namen der Nationalbank an Sie und zuhanden der Bundesversammlung den Antrag, der Sank für die Zeit, vom 31. Juni 1037 bis 20. Juni 1937 durch Bundesgesetz das ausschliessliche Recht eurAusgabee von Banknotenerneuti su übertragen in der Meinung,dassa diese Erneuerung im wesentlichen gemäss den Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes erfolge.

Wir fügen diesem Antrage das Protokoll der genannten Generalversammlung bei.

Dieser Beschluss ist von der Versammlung, in welcher 57,386 Aktien, also mehr als die Hälfte, vertreten waren, einmütig gefasst worden. (Ein Bundesblatt. 77. Jahrg.

Bd. I.

49

714 Antrag von Aktionären, die dem Schweizer Freiwirtschaftsbund angehören, dass die Nationalbank dabei die Verpflichtung übernehmen solle, den Notenumlauf künftig so zu regeln, dass die Kaufkraft des Schweizerfrankens stets die gleiche bleibe, wurde mit allen gegen wenige Aktionär- und Aktienstimmen abgelehnt und bildet weiter nicht Gegenstand des vorliegenden Antrages.)

Wir erlauben uns nun, den Antrag der Nationalbank wie folgt für die Bank zu begründen und Ihnen die Stellung darzulegen, wie sie sich nach unserm Dafürhalten für die Bank in bezug auf die Revision des Bankgesetzes in rechtlicher und sachlicher Hinsicht gestaltet.

I.

Das Schweizer Volk und die eidgenössischen Stände erteilten aro 18. Oktober 1891 dem Bunde die Befugnis, an Stelle seines blossen Aufsiehtsrechtes über die kantonale Ordnung des Banknotenwesens eine schweizerische Notenbank zu errichten, Dabei enthielt der neue Verfassungsartikel die Alternative, die Bank als Staatsbank einzurichten oder das Recht zur Notenausgabe einer zentralen Aktienbank zu übertragen, die unter Mitwirkung und Aufsicht des Bundes zu verwalten wäre. Nachdem die Absicht der Bundesversammlung, die Notenbank nach der ersten Alternative als Staatsbank zu organisieren, durch den Referendumsentscheid vom 28. Februar 1897 abgelehnt worden war, erliess sie im andern Sinne der Alternative das Bundesgesetz vom 6. Oktober 1905 über die Schweizerische Nationalbank, das sie am 24. Juni 1911 in einigen wenigen Punkten, dagegen am 6./7. April 1921 in umfassender Weise revidierte und arn 7. September 1923 zwecks Legitimierung des Silberwertes der am 28. Dezember 1920 ausser Kurs gesetzten fremden Fünffrankenstücke als Notendeckung ergänzte.

Diese Bundesgesetzgebung stellt eine vollständige Ausführung des Artikels 39 der Bundesverfassung hinsichtlich der Befugnisse des Bunde» dar; als Folge hiervon ist nach Bundesstaatsrecht einerseits der Hinfall der einschlägigen Gesetzgebung der Kantone eingetreten und anderseits die Pflicht des Bundes begründet worden, von nun an stets diesen neuen Gegenstand der Bundeszuständigkeit innerhalb des jetzigen oder eines revidierten Artikels 39 durch Bundesgesetz geordnet zu halten. An seine Aufhebung zwecks Wiederherstellung der kantonalen Souveränität denkt heute wohl niemand mehr, wie übrigens schon von einer Revision dieser verfasgungsmässigen Grundlage der Nationalbank seit dem Erlass des Bankgesetzes vom Jahre 1905 kaum jemals ernstlich die Rede gewesen ist, so dass die Aufgabe der Gesetzgebung in Ansehung der erneuten Ordnung des Notenprivilegiums gewiss in diesem Rahmen zu erledigen ist.

.Das. dem Bund im Falle der zweiten Alternative in der Verfassung vorbehaltene ,,Rückkaufsrecht" ist als die Befristung des an die National-

715

bank verliehenen Rechtes zur Notenausgabe verstanden. Dessen Erneuerung oder Nichterneuerung hat laut Artikel 76 des Bankgesetzes auf dem Wege der Bundesgesetzgebung zu erfolgen ; darum wird auf den 20. Juni 1927, als dem Zeitpunkt des Ablaufes des Rechtes der Nationalbank zur Notenausgabe, eine neue gesetzliche Ordnung notwendig.

II.

Das rechtliche Verhältnis zwischen dem Bund und der Nationalbank in bezug auf die Erneuerung des Notenprivilegiums ist zufolge der Artikel 76 und 40 des Bankgesetzes auf der Grundlage der Gleichberechtigung beider Teile geordnet. Danach ist jeder Teil frei, das Privilegium mit dem 20. Juni 1927 enden zu lassen oder seine Zustimmung zu dessen Erneuerung, und zwar für zehn Jahre, zu geben. Nur besteht daneben noch das Sonderrecht des Bundes, die gesetzliche Neuordnung erst auf den 20. Juni 1930 zu treffen; in diesem Falle ist der Ablauf der der Nationalbank aus dem Bankgesetz erwachsenden Verpflichtungen und Rechte auf diesen Zeitpunkt verlegt.

Der Bund hat also das Recht, das der Nationalbank erteilte Recht zur Notenausgabe ordentlicherweise auf den 20. Juni 1927 (ausserordentlicherweise auf den 20. Juni 1930) erlöschen zu lassen gegen die Pflicht seinerseits, auf diese Zeit an Stelle der jetzigen eine neue Notenbank, sei es eine Staatsbank, sei es eine neue Aktienbank, mittels rechtskräftigen Bundesgesetzes zu schaffen. Dabei steht es ihm frei, die Nationalbank in Aktiven und Passiven zu übernehmen oder ihre Liquidation herbeizuführen.

Anderseits hat die Generalversammlung der Nationalbank das Recht, die Bank auf die gesetzlichen Termine aufzulösen und dem Bund die ihm durch die Verfassung übertragene Obsorge für das Bestehen einer zentralen Notenbank zurückzugeben.

Die Entschliessung jeder Partei ist der Gegenseite ein Jahr vor dem 20. Juni 1927 (20. Juni 1930) als dem Termin des Erlöschens des Rechtes der Bank zur Notenausgabe anzuzeigen.

III.

Da die Neuordnung der Notenausgabe auf seilen des Bundes auf jeden Fall auf dem Wege der Bundesgesetzgebung und damit durch Abänderung des Bankgesetzes vor sich zu gehen hat, der Generalversammlung der Aktionäre aber das gesetzliche Recht der Antragstellung an den Bundesrat zuhanden der Bundesversammlung betreffend eine Abänderung des Gesetzes zusteht (Artikel 40, Ziffer 5, des Bankgesetzes), so hat die Nationalbank Veranlassung genommen, den Bundesbehörden den Antrag auf Erneuerung des Rechtes zur Notenausgabe zu stellen; und dies schon jetzt, damit der weite Weg, den die Bundesgesetzgebung je nach der Lage der

716

Dinge einzuschlagen hat, rechtzeitig zurückgelegt werden kann und damit gegebenenfalls auch Zeit zu Verhandlungen vorhanden ist, so dass der Termin vom 20. Juni 1927 innegehalten wird.

Auf letzteres legen wir grossen Wert, da ein Provisorium (für die Jahre 1927--1930) der Landeswährung schädlich, für einen sachgemässen Bankbetrieb höchst unerwünscht, aber auch für niemanden von Nutzen wäre.

IV.

Der Antrag der Nationalbank stützt sich auf den Referendumsentscheid vom 28. Februar 1897 und auf die Erfahrungen, die die Schweiz seit dem Jahre 1907 in sieben Friedeusjahreo wie in der Zeit des ihr Gebiet umbrandenden und zugleich grössten in der Geschichte bekannten Krieges, wie auch in den Nachkriegsjahren, gemacht hat. Diese Erfahrungen sind um so bedeutungsvoller, als für die schweizerische Politik seit 1874 gerade die Notwendigkeit der zentralen Notenbank in Kriegszeiten im Mittelpunkt der Rechtfertigung des gegenwärtigen Artikels 39 der Bundesverfassung gestanden hat.

Ein billiges Urteil über die Leistungen der Nationalbank seit ihrer Betriebseröffnung am 21, Juni 1907 wird anerkennen, dass sie ihren Aufgaben im grossen und ganzen genügt hat. Sie hat durch eine von Spekulation sich freihaltende Diskontopolitik den Geldumlauf des Landes geregelt jind die Schweizerwährung im Verhältnis zum Ausland auf einem achtungswerten Fusse erhalten, den Zahlungsverkehr erleichtert, die Beziehungen ·zu den übrigen Bankinstituten gefestigt und sich bei dem bescheidenen «inbezahlten Aktienkapital von 25 Millionen Franken eine nach innen wie nach aussen widerstandsfähige Lage geschaffen. Dazu hat sie die Einbussen der Kantone aus dem Übergang der Banknotengesetzgebung an den Bund an Banknotensteuern und Gewinn aus der Notenausgabe durch die ihnen angefallenen Nutzniessungsquoten, selbst unter Berücksichtigung der Geldentwertung, in reichlichstem Masse wettgeschlagon, überdies auch dem Bunde noch erhebliche Beträge aus ihrem Gewinn zuteilen können.

Wir erlauben uns, diese sachliche Rechtfertigung des Antrages der Nationalbank durch folgende Zahlen zu belegen :

717

A. Geschäftstätigkeit.

20. Juni 1907

Ende 1924

Minimum

Maximum

Durchschnitt

20. Juni 1907-- Ende 1924

in Millionen Franken l. Notenumlauf . .

44

914

am Morgen des Eröffnungstags)

2. Metallbestand . .

3. Metallbestand in "/o des Notenumlaufes . . . .

4. Portefeuille.

. .

5. Sichtguthaben im Ausland , . . .

6. Lombardvorschüsse . .

33

593

75,52 >

64,89 %

20

311

-- 1

-17 70

47 1036 (25. 6. 1907) (31.12.1910) 33

751

513 354

(20. 6. 1907) (31. 3. 1931)

69,07 91,41 45,1» (12.11.1918) (24 8. 1908) 200 594 20 (20. G. 1907) (28.11.1918) 1

99

(15. 2. 1912)

(7, 3. 1920)

1

85

20 26

(16. 8. 1907) (31.12.1923)

7. Girogelder . . , 8. Deponenten

. .

9. Clearing - Jahresumsätze . . . .

n i

103

1908 2997

1924 13,129

9

304

60

(10. 7. 1908) (23. 2. 1923) 17

1

131

28

(20. 6. 1907) (10. 1. 1919) 2997 1908

14,831 1920

--

718

B. Zinssätze.

Ende Ende 1907 1924

Minimum

ao, Juni 1907-- Ende 1924

in %

K C C B K

. . .

E

Niedrigstzahl der Änderungen im Jahr .

Vom 20. Juni 1907--Ende 1924

3V» S

Höchstzahl der Änderungen im Jahr . .

B'/» 4 41/» 5 51/* 6 7

6 7

3

35 mal

Vom 20. Juni 1907--Ende 1924 . . .

b. Änderungen des Lombardzinsfusses

H CO 7 00 00 5 3 1

8V« 4 4V» 5 5 1/2 6

in »/o

4 5

10. Offizieller Diskontosatz , , , , . 4 1/2 1 1 . Lombardzinsfuss .

. . .5 12. Bewegung der Zinssätze a. Diskontoänderungen . . . . . 3

Maxi- Durchmum schnitt

4,33 4,88

744 Tage 1001 ,, 1279 ,, 1890 n 1059 , 394 , 38 ,, 6405 Tage

G (1914) Keine Änderung 1916, 1917, 1920, 1924 1 mal 133 Tage 1234 ., 6 7 917 ,, 2412 ,, 8 7 667 ,, 4 1004 ,, 1 88- ,, 33mal

6405 Tage

6 (1914) Keine Änderung 1916, 1917, 1919, 1920, 1924

Höchtszahl der Änderungen im Jahr . .

Niedrigstzahl der Änderungen im Jahr .

Minimum

Maximum

Durchschnitt

20. J ni 1907-- Ende 1934

13. Stabilität der Zinssätze: a. Diskontsatz 1} Lombardzinsfuss

. .

4'/a 4V* 1371 Tage 1 Tag (30. VII. 14) (v. 1.1.15 bis 2.X. 18) 5 5 1/2 1 Tag 1280 Tage (80. VII. 14) (1. 1. 15 bis 3. VII. 18)

183 Tage

194 Tage

719

C. Valuta.

Minimum

Maximum

Durchschnitt

20. Juni 1907--Ende 1924 1-1. Stand der SchweizerValuta im Vergleich a. zu den Valuten der 7 für die Schweiz wichtigsten Länder 19071914 (ohne Amerika) im Jahresdurchschnitt . .

b. zu den Valuten von England, Holland und U. S. A, 1915 -- 1924, im Jahresdurchschnitt

1907 + 0,76 °/oo

1914 +

12,76 >

1915 -- 23,50

-- 6,81

°/oo

>

+

0,01

+

12,78

"/ou (1912)

°/w (1914)

-- 34,4o %o (1923)

+ 137,85 %o (1918)

1924

--

720

D. Geschäftsertrag.

!

1906/07

1923

Minimum

Maximum

Durchu Durch

schnitt

1907/08--1923 in tausend Franken 15. Bruttoertrag . .

4509

13,095

16. Reinertrag . .

17. Reinertrag in "/o des einbezahlten Aktienkapitals .

2017

7,037

5,2« "/O

28,15 %

18. Dividende . . .

1800 »)

1500

19. Dividende in °/o des einbezahlten Aktienkapitals .

4,0» °/0 ')

6

2958 (1909) 1315 (1909)

22,879 (1920) 11,420 (1920)

5,2« % 45,88 % (1907/08 (1920) & 1909) 1500 1000 (1909--1920) (1921--1923)

4 6 (1909--1920) (1921--1923)

1907/08

1923

10,514 5346

21,34

"/O

1109 !)

4,4. % ')

1907/08 bis 1923

in tausend Franken 20. Anteil des Bundes und der Kantone am Reinertrag : a. Ansprüche der Kantone aus dem NotenMonopol des Bundes b. Anteil der Kantone am übrigen Reingewinn . . . . *i.

Gesamter Anteil der Kantone, a und & zusammen .

c. Anteil des Bundes am übrigen Reinertrag Gesamter Anteil des Bundes und der Kantone, a-- c zusammen !) Mit Einschlüge dei 2 1/2 eröffnung.

*) Vorschuss des Bundes.

2441

S104

41,757

1288

13,271

2441 2426 s)

4892 645

55,028 6,636

--

5087

61,664

Zinsen von dei- Einzahlung des Aktienkapitals an bin zurGeschäfts-

721

E. Reservefonds, Bilanz und Gesamtumsatz.

Minimum Ende 1908

Ende 1923

Maximum

20. Juni 1907 bis Ende 1923

Durchschnitt 20. Juni 1907 bis Ende 1924

in Millionen Franken 2 l . Reservefonds . . . .

_ 0,2

20. Juni 1907 2 2 . Bilanzsumme . . . .

168 23. Gesamtumsatz (in einfacher Aufrechnung, ohne 1908 Clearing) 15,528

6,4

--

Ende 1924 2195

1923 68,457

1125

15,528 (1908)

84,712 (1920)

--

Diese von den Vorschriften der Verfassung und dos Bankgesetzes teils geforderten, teils erhofften Geschäftsergebnisse dürften in Würdigung der Kriege- und Krisenzeiten, in denen sie verwirklicht worden sind, auch den Beweis erbringen, dass das der Nationalbank zugrunde liegende Prinzip der Unabhängigkeit der zentralen Notenbank und ihres Kredites vom Staate und seinem Kredite geeignet gewesen ist, die Erwartungen zu erfüllen, die an die zentrale Notenbank eines Landes geknüpft werden. Die hinter uns liegende Zeit hat aber insbesondere, wie keine zuvor, erkennen lassen, wie das Prinzip der Staatsbank der grossen Gefahr ausgesetzt ist, diese in schweren Zeiten völlig im Staate aufgehen zu lassen und die Volkswirtschaft mit der ihren Rückgrat bildendenden Landeswährung in sein Schicksal hineinzuziehen, so dass der Ruin der Staatswirtschaft auch zum Ruin der Währung führt. Diese drohende Gefahr liegt in der für eine aus dem Geleise geworfene Staatswirtschaft nahen Versuchung, zu der Selbsttäuschung Zuflucht zu nehmen, dass Kreditgeld Vermögen bilde, und damit im Missbrauch der jedem Wunsche mit Leichtigkeit dienstbar zu machenden Notenpresse. Alle Welt hat das bittere Ende ausländischer Währungszerstörung durch Noteninlation miterlebt, und es ist bezeichnend, dass das Gesetz für die Bank des typischen Inflationslande nicht nur die Verlegung ihrer Metalldeckung, sondern gerade auch der Notenpresse ins Ausland vorsieht, um sie nötigenfalls dem Zugriff des Staates zu entziehen.

Gewiss sind Ereignisse, wie wir sie angeführt, nur in ausserorden liehen Zeiten zu befürchten. Da aber unsere Nationalbank gerade für solche Zeiten geschaffen wurde, ist es die Pflicht des Gesetzgebers, die künftige Ausführung des Artikels 39 der Bundesverfassung vor allem auch unter diesem Gesichtspunkte zu ordnen und deshalb die 1905 ge-

732

wählte Alternative der vom Staate unterschiedenen und unabhängigen zentralen Notenbank beizubehalten. Diese aus Anlass der Öffentlich ausgeschriebenen ausserordentlichen Generalversammlung vom 20, Dezember 1924 zur öffentlichen Diskussion gestellte Frage ist von keiner Seite, weder in der Bank noch ausserhalb derselben, im Sinne des Überganges zur Staatsbank beantwortet worden, und auch die Kantone und Kantonalbanken, die grössten Aktionäre der Bank, wollen offenbar das heutige Regime beibehalten wissen.

V.

Die Generalversammlung vom 20. Dezember 1924 hat ihren Antrag auf Erneuerung des ausschliessliehen Rechtes zur Ausgabe von Banknoten an die Bedingung geknüpft, dass diese Erneuerung im wesentlichen gemäss den Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes erfolge. Diese Bedingung ist durch die öffentlichen Zwecke, denen die Bank zu genügen hat, wie durch die Übernahme der Risiken, die mit ihnen verbunden sind, vollauf gerechtfertigt.

Einmal handelt es sich hier um diejenigen Bestimmungen des Gesetzes, die vertragsähnlicher Natur sind. Es sind das namentlich diejenigen über die Rechte der Generalversammlung, Artikel 38 bis 41 des Bankgesetzes, diejenigen über das Aktienkapital, den Reservefonds und den Gewinnanteil, Artikel 5 bis 8, 27 und 28, sowie über den Liquidationsfall, Artikel 78.

Diese Bestimmungen sieht die Nationalbank von vornherein als solche an, die ohne ihr Einverständnis von der Buudesgesetzgebung nicht zu ihren Ungunsten abgeändert werden können. Die Begründung liegt darin, dass das Kapital der Bank nicht vom Bunde eingebracht, sondern von ihr selbst bestellt worden ist und dass Artikel 39 der Bundesverfassung der Nationalbank als Entgelt hierfür und für das geschäftliche Risiko eino angemessene Dividende zugesichert hat.

Im fernerri hat die Generalversammlung mit ihrem Vorbehalt auch eine alllallige weitere, mit der Erneuerung des Rechtes zur Notenausgabe an sich nicht im Zusammenhange stehende Revision des Bankgesetzes ins Auge gefasst, die bei dieser Gelegenheit mitgenommen werden möchte, die aber je nachdem von Einfluss auf die Stellung der Bank zur Gesetzesrevision überhaupt sein kann.

In dieser Richtung besteht zunächst ein sachliches Interesse der Bank an einer Organisation, die für das eingebrachte Kapital und Dessen Ertrag zwecks Reservestellnng und Auszahlung der Dividende
Gewähr leistet.

Sodann tritt zu diesem Anspruch in ihrer Eigenschaft als Treuhänderin des Rechtes zur Notenausgabe in überragender Weise hinzu ihre grosse moralische Verantwortlichkeit für die Erhaltung eines massigen und stabilen Zinsfusses und für die Behauptung der schweizerischen Währung gegenüber dem Ausland. Die Bank trägt hieran um so schwerer, als sich in

723

Handel und Wandel des In- und Auslandes stets Interessen geltend machen, die mit ihren Organisationen und ihrer wirtschaftlichen Stärke qualitativ und quantitativ die Wirkungen der Notenemission und die Diskontopolitik ·der Nationalbank, deren Mittel so bescheidene sind, durchkreuzen und als sie, unter diesen schwierigen Verhältnissen, Jahr für Jahr zurÄufnung des Reservefonds mit Fr. 500,000 und der Verzinsung der Aktien mit Fr. 1,500,000 hinzu von vornherein noch die ordentliche Nutzniessung der Kantone herauswirtschaften soll, die zurzeit nicht weniger als rund 3 Millionen Franken oder 10 % der eigenen Mittel der Bank ausmacht.

Die jetzige Organisation der Nationalbank ist aus unsern politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen herausgewachsen. Sie ist ihren Aufgaben in ruhigen und stürmischen Zeiten nachgekommen, und es liegt kein Anlass vor, auf diese Organisation, die ja erst 1920 im einzelnen durchgesehen worden ist, schon wieder zurückzukommen.

Sollten aber die Bundesbehörden dennoch Änderungen am Bankgesetz ia Aussicht nehmen, so gilt auch hier der Vorbehalt der Generalversammlung der Aktionäre, falls die Revision nach ihrem Erachten Wesentliches beschlagen sollte, dazu Stellung zu nehmen, sowie in Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Rechte an die Behörden zu gelangen und für ihre Auffassung einzutreten. Die Zeit vor und wahrend der parlamentarischen Behandlung des zu erlassenden Bundesgesetzes und die spätestens mit dem 11, März 1926 einsetzende Referendumsfrist werden ihr Möglichkeit und Gelegenheit bieten, sowohl wegen ihrer Begehren mit den zuständigen Stellen zu verkehren als auch über ihre endgültige Stellungnahme in bezug auf die Übernahme der Notenausgabe für 1927--1937 rechtzeitig zu beschliessen.

Im Hinblick auf diese rechtliche Lage der Bank im Verhältnis zum Bankgesetz richten wir für den Fall der Absicht der Bundesbehörden zur Erneuerung des Notenprivilegiums das formelle Begehren an Sie, Sie möchten als die mit der Vollziehung der Bundesgesetze beauftragte Behörde es übernehmen, diesfalls den Kontakt zwischen den Bundesbehörden und der Bank herzustellen, wobei nach unserem Dafürhalten eine möglichst frühzeitige Aufnahme dieser Beziehungen die beiderseitigen Aufgaben unzweifelhaft erleichtern wird.

VI.

Indem wir Ihnen hiermit den Beschluss der Generalversammlung zu geneigter
Würdigung zur Kenntnis bringen, fügen wir noch den bezüglichen Bericht und Antrag des Bankrates vom 5. September 1924, sowie den Bericht an den Bankrat über die auf die Erneuerung des Notenprivilegiums Bezug habenden Vorschriften des Bankgesetzes bei, welche Aktenstücke Sie ebenfalls als Bestandteil unserer Vorlage betrachten wollen.'1

72é

-

·

Der Beschluss der Generalversammlung ist demnach unter dem ausdrücklichen Vorbehalte gefasst worden, da
Der Bundesrat kann sich der Auffassung der Bankbehörden in dieser Beziehung um so eher anschliessen, als das Gesetz über die Nationalbank erst im Jahre 1921 auf Grund langjähriger Erfahrung einer Totalrevision unterworfen worden ist und neue Erfahrungen, die heute schon wieder die Revision des Gesetzes fordern würden, nicht vorliegen.

loi Übrigen stützt sich der Antrag der Bankbehörden für Erneuerung des Privilegiums auf die guten Erfahrungen, welche die Schweiz seit dem Jahre 1907 mit dem heute gültigen System der selbständigen zentralen Notenbank gemacht habe. Wir stimmen auch in dieser Beziehung den Ausführungen in der Eingabe des Bankausschusses bei und anerkennen gerne, dass die Nationalbank ihren Aufgaben im grossen und ganzen genügt hat. Dabei ist insbesondere hervorzuheben, dass sich das Prinzip der Unabhängigkeit der zentralen Notenbank auch in den schwierigen Kriegs- und Nachkriegsjabren vorzüglich bewährt und zum Segen des Landes ausgewirkt hat.

Aus allen diesen Erwägungen heraus stehen wir nicht an, den uns von den Behörden der Schweizerischen Nationalbank zuhanden der Bundesversammlung gestellten Antrag auf Erneuerung des Privilegiums in empfehlendem Sinne an Sie weiterzuleiten, indem wir Ihnen gleichzeitig den nachstehenden Entwurf zu einem entsprechenden Bundesgesetz unterbreiten.

Genehmigen Sie die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 10. März 1925.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundeepräsident:

Musy.

Der Vizekanzler : Eaeslin.

725

(Entwurf.)

Bundesgesetz betreuend

die Erneuerung des ausschliesslichen Rechtes der Schweizerischen Nationalbank zur Ausgabe von Banknoten.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 76 des Bundesgeselzes über die Schweizerische JvTationalbank vom 7. April 1921, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 10. März 1925, beschliesst: Einziger Artikel.

Das gemäss Artikel 75 des Bundesgesetzes über die Schweizerische Nationalbank vom 7. April 1921 am 20. Juni 1927 ablaufende Privilegium der Nationalbank für die Ausgabe von Noten wird für die Dauer von zehn Jahren, also bis 20. Juni 1937, erneuert.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes betreffend die Erneuerung des Privilegiums der Nationalbank für die Ausgabe von Banknoten. (Vom 10. März 1925.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1925

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

11

Cahier Numero Geschäftsnummer

1943

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

18.03.1925

Date Data Seite

713-725

Page Pagina Ref. No

10 029 319

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.