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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwürfe eines Bandesgesetzes über die Ausgabe von Pfandbriefen.

(Vom 14. Dezember 1925,}

I. Allgemeiner Teil.

Darstellung der leitenden Grandsätze.

1. Der Werdegang des Entwurfes.

Der Ruf nach dem Pfandbriefe erscholl vereinzelt schon vor dem Kriege. In den Jahren 1916 und 1917 fand er ein vielfältiges Echo in den Zeitungen, in Broschüren, wissenschaftlichen Abhandlungen, Eingaben an den Bundesrat, in Volks- und Parteiversammlungen und in den eidgenössischen Raten. Im Juni 1916 regte im Nationalrate Dr. A. Meyer bei der Behandlung des bundesrätlichen Geschäftsberichtes die Schaffung des Pfandbriefes im Sinne von Art. 918 des Zivilgesetzbuches an. Im Juni des folgenden Jahres legte die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates unserem Finanzdepartemente den Wunsch nahe und liess ihn durch ihren Berichterstatter von Arx einlässlich begründen, ,,es möchte die im Zivilgesetzbuche angerufene bundesrechtliche Ordnung des Pfandbriefwesens ins Auge fassen, damit nach der Wiederkehr normaler Finanzverhältnisse der Durchführung dieser nützlichen Einrichtung die Wege geebnet sind", und im Dezember 1917 nahm der Nationalrat unbestritten ein Postulat Hirter an, das den Bundesrat einlud, zu prüfen und darüber Bericht zu erstatten, wie die Einführung des Pfandbriefes gefördert werden könne.

Unterdessen hatte unser Finanzdepartement im September 1917 ein Expertenkollegium bestellt, bestehend aus den Herren Dr. Julius Frey, Präsident des Verwaltungsrates der Schweizerischen Kreditanstalt und der Schweizerischen Bodenkreditanetalt in Zürich, Prof. Dr, Eugen Huber in Bern, Prof. Dr. Landmann in Basel und Ferdinand Virieux, Direktor der waadtländischen Kantonalbank in Lausanne. Diese Sachverständigen hatten den Auftrag, gemeinsam ein Gutachten über die Frage der Regelung des Pfandbriefwesens auszuarbeiten.

528 Ihr ausführlicher Bericht wurde, begleitet von einem Gesetzesentwurfe, dem Finanzdepartemente im April 1919 zugestellt und hierauf veröffentlicht. Im Juni und Juli des gleichen Jahres äusserten sich das schweizerische Bauernsekretariat und der Verband schweizerischer Kantonalbanken zum Gutachten, worauf die Viererkommission vom Finanzdeparternente beauftragt wurde, zu diesen Meinungsäuaserungen Stellung zu nehmen. Dies geschah in einem Nachtragsgutachten vom April 1922, das nicht gedruckt worden ist. Darauf wurde eine Reihe von Verbänden der Banken und Sparkassen, der bäuerlichen und städtischen Hypothekarschuldner, sowie die Nationalbank eingeladen, ihre Auffassung dem Finanzdepartemente zur Kenntnis zu bringen. Gestützt auf die eingelaufenen Antworteo, die gutachtlichen Äusserungen der Viererkommission, weitere Untersuchungen und Erhebungen, arbeitete das Finanzdepartement einen neuen Vorentwurf zu einem Bundesgesetz über die Ausgabe von Pfandbriefen aus und legte ihn zunächst den hauptbeteiligten Verbänden vor. Diese sprachen ihre Bereitwilligkeit aus, auf die Vorlage des Departementes einzutreten.

Gleich den Vorschlägen der vier Experten sollten nach diesem Vorentwurf alle Kantonalbanken und die grössern Hypothekenbanken eigene Pfandbriefe ausgeben können. Während daneben nach der Meinung der Viererkommission eine, unter Mitwirkung des Bundes errichtete und verwaltete schweizerische Pfandbriefbank das auesehliessliche Recht der Ausgabe von Zentralpfandbriefen haben sollte, sah der Vorentwurf die Möglichkeit der Gründung mehrerer, rein privater Pfandbriefzentralen vor.

Unser Finanzdepartement hatte immerhin von vornherein den Banken erklärt, dass es sich für diesen Vorentwurf nur dann einsetze, wenn die Gründung privater Pfandbriefaentralen nicht nur auf dem Papier stehen bleibe, sondern auch zur Tat werde. ' Im September 1922 beschloss der Verband schweizerischer Lokalbanken, Spar- und Leihkassen in Aarau einstimmig, für den Fall der Annahme des Vorentwurfes sich an der Gründung einer privaten Pfandbriefzentrale zu beteiligen oder selbst eine solche Institution ins Leben zu rufen. Grosse und wichtige kantonale Revisionsverbände von Banken und Sparkassen stellten die Beteiligung an dieser Zentrale in angemessenem Umfange in Aussicht, desgleichen mehrere bedeutende Hypothekenbanken.
Bald darauf konnte auch das dazu nötige Kapital von mindestens 5 Millionen Franken als gesichert gelten. Im Frühjahr 1923 liefen beim Finanzdepartemente auf Veranlassung des Lokalbankenverbandes die Zusicherungen von 84 schweizerischen Kreditinstituten ein. Die Unterzeichoer erklären sich darin grundsätzlich bereit, im Sinne des Vorentwurfes eine gemeinsame Pfandbriefzentrale als private Gesellschaft zu errichten und sich daran finanziell zu beteiligen. Diese Institute weisen den ansehnlichen Bestand an Grundpfandforderungen von gegen einer Milliarde Franken aus.

Im Oktober 1922 stellten auch die Kantonalbanken in Aussicht, sich aus Gründen der Solidarität zu einer Pfandbriefzentrale zusammenzu-

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schliessen, und zwar unter Beschränkung der Mitgliedschaft auf den Kantonalbankenverbaod und unter Ausschluss privater Bodenkreditinstitute. Diese Absicht wurde im Januar und Mai 1923 neuerdings in bestimmter Form bestätigt. Die Kantonalbanken verfügten Ende 1924 über einen Hypothekenbestand von nahezu 2'/a Milliarden Franken.

Inzwischen hatte unser Finanzdepartement, kräftig unterstützt von der schweizerischen Bankiervereinigung, alle Hebel in Bewegung gesetzt, um den Kantonalbankenverband und den Lokalbankenverband zu einer Verständigung zu veranlassen. Leider scheiterten die Bemühungen am Widerstand der Kantonalbanken, die der Überzeugung sind, dass sie bei selbständigem Vorgehen auf Grund der Kantons-Garantie billigeres Geld erhalten. Man mag die Richtigkeit dieser Auffassung bezweifeln, kommt aber nicht darüber hinweg und muss sich wohl oder übel damit abfinden, dass die Kantonalbanken eine eigene Pfandbriefzentrale zu gründen beabsichtigen.

Der Vorentwurf des Finanzdepartementes, datiert vom 14. November 1922, wurde, mit Erläuterungen versehen, einer Kommission von etwa 30 Sachverständigen aus allen am Pfandbriefe interessierten Kreisen der Bevölkerung zur Begutachtung vorgelegt. Die Kommission tagte erstmals am 8. und 9. Dezember 1922. Die Beratungen drehten sich in der Hauptsache um die Frage der Zentralisierung oder Dezentralisierung der Pfandbriefausgabe. Das Ergebnis war, dass dem Vorentwurfe des Departementes im wesentlichen keine Opposition gemacht wurde. Ein Ausschuss der Kommission behandelte einige Tage darauf, am 14. Dezember, die Sondert'rage der Schätzung der Unterpfänder. Die Vorlage des Finanzdepartementes wurde in der Folge in einigen untergeordneten Punkten abgeändert und der Expertenkommission am 18. Januar 1923 als zweiter Vorentwurf (vom 12. Januar 1923) zur artikelweisen Beratung unterbreitet.

Wiederum gab die Frage nach dem Grade der Zentralisierung der Pfandbriefausgabe Anlass zu längerer Aussprache. Zur Behandlung kamen nur die ersten 13 Artikel. Neue Vorschläge, die darauf dem Departemente eingereicht wurden und welche die gesetzliche Regelung auf einen ganz andern Boden stellen wollten, trugen nicht zur Entwirrung des heiklen Problems bei. Im Verlaufe der folgenden Monate liess sich aber dennoch eine merkliche Annäherung und wertvolle Abklärung der Meinungen
feststellen. Verschiedene einflussreiche Mitglieder der Expertenkommission, die sich mit der vom Finanzdepartemente ins Auge gefassten Lösung lange Zeit nicht recht zu befreunden vermochten, sprachen nun ihre Bereitwilligkeit aus, auf der Grundlage des Vorentwurfes weiterzuarbeiten.

Lieber zwei Zentralen als gar keine und überhaupt keinen Pfandbrief, das war die Überzeugung, die sich in der Kommission nachgerade entschieden durchsetzte. Nachdem alle Versuche, die an der Ausgabe von Pfandbriefen interessierten Banken zur Gründung einer einzigen Zentrale au bewegen, gescheitert waren, blieb in der Tat nichts anderes übrig, als im Entwurfe die Möglichkeit der Errichtung mehrerer PfandbriefBundesblatt. 77. Jahrg. Bd. III.

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530 zentralen beizubehalten. Die Expertenkommission erklärte sich denn auch in ihrer Tagung vom 24. September 1924 mit diesem Grundsatze einverstanden. Dem lange Zeit nicht unwidersprochen gebliebenen Begehren der landwirtschaftlichen Vertreter in der Kommission, im Gesetze Sorge dafür zu tragen, dass die landwirtschaftlichen Unterpfänder möglichst nach dem Ertrage geschätzt würden, vermochte durch eine schliesslich einmütiggebilligte Formel Rechnung getragen zu werden. Endlich konnte auch die artikelweise Beratung des Vorentwurfes zu Ende geführt werden.

Unter dem Vorbehalt der endgültigen redaktionellen Bereinigung wurde er von der Kommission widerspruchslos angenommen.

2. Das Bedürfnis nach dem Pfandbriefe.

Es ist eine Eigentümlichkeit des schweizerischen Kapitalmarktes, dasa der Hypothekarkredit mit 3- bis 5jährigen Kassenobligationen, und kurzfristigen Spargaldern finanziert wird, Das hat zur Folge, dass jede Schwankung des Zinsfusses, zumal der Kassenscheine, sich binnen kurzem, trotz dem anerkennenswerten Sträuben mancher Banken, notgedrungen auch auf die Hypotheken überträgt. Ist der Schuldner nicht geneigt, einen Zinsaufschlag anzunehmen, so läuft er Gefahr, dass ihm die Forderung gekündigt wird. Zinsfusssteigerunge» werden von den ländlichen und städtischen Hypothekarschuldnern um so unliebsamer empfunden, als nicht selten gleichzeitig der Ertrag ihrer Liegenschaften unverändert bleibt oder gar sinkt. Es ist sehr verständlich, wenn der Schuldner den sehnlichsten Wunsch hat, sich in seinen Ertragsberechnungen wenigstens auf eine mehrere Jahre lang feste Grosse stützen ,, zu können. Der Landwirt ist derart von der Gunst oder Ungunst künftiger Ereignisse, vom Wetter, von der ausländischen Konkurrenz usw. abhängig, dass es für ihn eine Wohltat wäre, zu sehen, dass wenigstens e i n wichtiger Bestandteil seiner Produktionskosten, der Schuldzins, eine gewisse Festigkeit besitzt. Ähnliches gilt vom städtischen Hausbesitzer, namentlich .dem angehenden und baulustigeu, der ebenfalls, an Stelle zuverlässiger Berechnungen, sieh in Mutmassungen über die Zukunft ergehen muss. Dabei braucht gar nicht hervorgehoben zu werden, dass ein fester Zins-dem Schuldner nur dann am Herzen liegt, wenn er auch angemessen tief ist. Die Stetigkeit in allen Ehren, aber sie darf nicht oder nicht ausschliesslich auf meine Kosten gehen, so denkt der Schuldner.

Es ist keine leichte Aufgabe, die da gestellt ist: den Hypothekarschuldnern soll in möglichst grossem Umfange möglichst billiges Geld auf möglichst lange Frist verschafft werden. Gelingt es wohl, diese drei auseinanderstrebenden Ziele auf einmal zu erreichen? Zunächst könnte man auf den Vorschlag verfallen, zu versuchen^ auf dem schweizerischen Kapitalmarkt, statt verhältmsmässig kurzfristige Kassenobligationen, in stärkerem Masse als bisher langfristige Anleihen unterzubringen oder zum

531 mindesten an den Bankschaltero keine Obligationen unter fünf Jahren Lauffrist auszugeben. Mit unendlicher Geduld und Erziehungskunst Hesse sich vielleicht ein Teil des schweizerischen Anlagepublikums im Verlaufe langer Jahre dazu bringen, auf die liebgewonnenen Gewohnheiten zu verzichten. Demgegenüber verspricht denn doch ein anderes Mittel ungleich grössern und raschern Erfolg. Man muss auf dem schweizerischen Anlagemarkt eine neue Ware mit neuer Etikette anbieten. Dieser neue Anlagetyp heisat Pfandbrief.

3. Die Haupteigenschaften des vorgeschlagenen Pfandbriefes.

Der Pfandbrief ist für den Gläubiger unkündbar. Dagegen steht dem Schuldner, der Bank, das Kündigungsrecht nach Ablauf einer Sperrfrist von 5 bis 10 Jahren unbeschränkt zu. Der Schuldner soll, wenn auf dem Kapitalmarkt der Zins seit der Ausgabe der Pfandbriefe gesunken ist, in der Lage sein, aus den veränderten Verhältnissen Nutzen zu ziehen, indem er die alten teuren Darlehen zurückbezahlt und neue billigere aufnimmt. Steigt umgekehrt auf dem Kapitalmärkte · der Zins, so hat der Schuldner keine Kündigung durch den Gläubiger zu befürchten; er bleibt im Genuss des tiefern Zinses. Der Schuldner braucht also, von jener Sperrpflicht abgesehen, niemals einen höhern als den Marktzins zu entrichten und kann einen niedrigeren Satz unbeschränkt beibehalten. Diese Regelung bedeutet, für sich allein betrachtet, unstreitig eine einseitige Begünstigung des Schuldners im Interesse des Hypothekarkredites. Wird es trotzdem gelingen, dem so ausgestatteten Pfandbriefe einen grossen Liebhabet kreis zu verschaffen?

Um dieses Wertpapier doch für Anlagelustige begehrenswert zu machen, müssen ihm auf der andern Seite auch besondere Vorzüge zugunsten der Gläubiger verliehen werden. In der Tat wird der Pfandbriefinhaber für seinen Verzicht auf das Kündigungsrecht durch eine sozusagen vollkommene Sicherheit der Anlage entschädigt. Vermag er sich der Pfandbriefbank gegenüber nicht zu wehren, so braucht er sich wenigstens keine Sorgen um das Schicksal des ihr anvertrauten Geldes zu machen. Der Pfandbrief muss nämlich in mindestens gleichem Kapital-und Zinsbetrage durch Hypotheken ersten Ranges gedeckt sein. Dafür, dass diese Deckung stets vorhanden ist, wird besondere Vorsorge getroffen. Über diese Sicherung hinaus besteht für einen etwaigen Pfandausfall
erst noch ein Konkursvorrecht am Vermögen der Ausgabestelle und bei Pfandbriefzentralen . dazu ein solches am Vermögen der Mitgliedbanken. Dabei dürfen die Schuldverbindlichkeiten ein bestimmtes Verhältnis zum eigenen Vermögen nicht überschreiten. Gesetzliches Pfandrecht und, Kopkursvorrecht ver.bürgen dem Pfandbrief eine nicht zu überbietende Sicherheit.

Zu dieser grossen Sicherheit des Pfandbriefes gesellt sich eine weitere Eigenschaft, die in gewissen Kreisen des Anlagemarktes hoch geschätzt

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wird: der Pfandbrief ist im Unterschied zur Kassenobligation ein Börsenpapier. Kommt der Pfandbriefinhaber aus irgendeinem Grunde in den Fall, flüssige Mittel zu benötigen, so kann er den Titel an der Börse jederzeit leicht veräussern.

4. Die Absatzfähigkeit des Pfandbriefes.

Wie man sieht, ist dieser fttr die Schweiz neue Anlagetyp ein Wertpapier ganz besonderer Art, wohl geeignet, auf dem Kapitalmarkte ein gewisses Aufsehen zu erregen. In welchem Umfange er die dauernde Gunst der schweizerischen Kapitalisten, Sparer, Banken, Versicherungsgesellschaften und Vermögensverwaltungen zu erringen vermag, wird erst die Erfahrung lehren. Die Unkündbarkeit durch den Gläubiger hat der Pfandbrief mit manchen Staatsanleihen gemein. Dass diese bei uns stets wieder, trotz der zuweilen beträchtlichen darauf erlittenen Kursverluste, schlanken Absatz linden, ist ein Fingerzeig dafür, dass auch der Pfandbrief nicht unbeachtet bleiben dürfte, urn so mehr, als die Aera der grossen und häutigen Bundes- und Kantonsanleihen bereits hinter uns liegt. Vielleicht ist der Pfandbrief berufen, bis zu einem gewissen Grade in die entstandene Lücke zu treten. Es ist freilich zu bedenken, dass mit dem allmählichen Hineinwachsen unserer Volkswirtschaft in normale Friedensverhältnisse die Industrien und der Verkehr unmittelbar oder mittelbar wieder den ersten Platz als Entleiher auf dem schweizerischen Kapitalmarkte beanspruchen werden. Auf der anderen Seite wird es der Anlagesuchende begrüssen, wenn ihm Gelegenheit geboten wird, in sein WertpapierPortefeuille noch eine grössere Mannigfaltigkeit zu bringen und das Risiko der Anlage besser zu verteilen.

Obschon Vergleiche mit dem Auslande nicht immer schlüssig sind, wollen wir doch prüfen, ob es uns nicht einen einigermassen brauchbaren Massstab für die Plazierungsfähigkeit der Pfandbriefe au geben vermag. Von der Schwedischen Reichshypothekenbank, die uns als Pfandbrietzentrale der dortigen, aussohliesslich die Laudwirtschaffc bedienenden Provinzhypothekenbanken in mancher Hinsicht als Muster dient, haben wir auf unsere Anfrage hin erfahren, dass etwa ein Viertel der hypothekarischen Verschuldung der Landwirtschaft vor dem Kriege durch dieses Institut finanziert wurde. Dabei konnte diese Pfandbriefzentrale auf ein halbes Jahrhundert des Bestehens zurückblicken und war der grössere Teil der Pfandbriefe im Ausland, zumal Deutschland, untergebracht. Die Finanzierung der nicht durch Pfandbriefe gedeckten Hypotheken geschah meistens durch Sparkassen und bisweilen durch Versicherungsgesellschaften und Pensionskassen.
Sehen wir uns in zwei andern typischen Pfandbriefländern um. Vor dem Kriege betrug der Pfandbriefumlauf der deutschen Hypothekenbanken und ,,Landschaften", auf den Kopf der Bevölkerung berechnet, 230 Mk.

und der Umlauf der französischen Obligations foncières 80 Franken*.

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Dagegen hatte die Schweiz einen bei den Banken und Sparkassen liegenden Bestand erster und zweiter Hypotheken von, wiederum auf den Kopf berechnet, ziemlich genau 1000 Franken.

Mit andern Worten: Würde der inländische und auch ausländische Kapitalmarkt in dem Masse mit schweizerischen Pfandbriefen durchsetzt, dass auf den Kopf der schweizerischen Bevölkerung ebensoviele Pfandbriefe entfielen wie in Deutschland und Frankreich, so Hesse sich nur etwa der vierte oder gar der zwölfte Teil der schweizerischen Hypotheken mit Pfandbriefen finanzieren. Nach der letzten Statistik betrug der Hypotheken bestand unserer Banken und Sparkassen Ende 1924 rund 5,s Milliarden Franken, wovon nach unseren Beobachtungen etwa 4,s Milliarden auf Hypotheken ersten Ranges entfallen durften. Wir glauben daher nicht stark fehlzugreifen, wenn wir annehmen, dass an den schweizerischen und ausländischen Börsen nach Ablauf einiger Jahre höchstens l Milliarde schweizerischer Pfandbriefe kotiert sein wird. Von dem jährlichen Neubedarf an Hypotheken dürfte vielleicht ebenfalls etwa ein Viertel in Pfandbriefen unterzubringen sein. Was darüber hinaus an Mitteln zur Finanzierung des Hypothekarkredites nötig wäre, müsste nach wie vor durch Kassenobligationen und Spargelder aufgebracht werden. Jedenfalls hat die Plazierungsmöglichkeit des Pfandbriefes eine obere Grenze, die durch zielbewusste Erziehung und Gewöhnung des Publikums vielleicht noch etwas gehoben zu werden vermag.

Man hat daran gedacht, sich zur Förderung des Pfandbriefabsatzes einer Zwangsmassnahme zu bedienen. Es wurde vorgeschlagen, nach Ablauf von zehn Jahren nach Inkrafttreten des Pfandbriefgesetzes Kassenobligationen von weniger als fünf Jahren Laufzeit nicht mehr zur Finanzierung von Hypotheken zuzulassen. Dass dieses Radikalmittel durch eine gute Absicht eingegeben war, ist nicht zu leugnen, doch glauben wir, dass es nicht den wahren Interessen der Hypothekarschuldner dienen würde. Wir stellen uns nämlich vor, dass es Zeiten auf dem Kapitalmarkte gibt, wo die Unterbringung langfristiger Titel nur zu hohen Zinssätzen möglich ist.

Könnte es unter solchen Umständen eine Pfandbriefanstalt ihren Schuldnern gegenüber verantworten, wenn sie sich mindestens fünf Jahre oder gar länger an diesen hohen Zinsfuss binden wollte? Ist es nicht klug und vorsichtig, wenn die Bank
in solchen Jahren, wo der Zins das landesübliche Mass überschreitet, auf die Ausgabe von Pfandbriefen verzichtet und statt dessen kurzfristige Kassenobligationen an ihre Kundschaft verkauft? Der Pfandbrief durfte vorzugsweise in Zeiten des tiefen und ruhigen Zinsfusses Absatz finden, die althergebrachte Kassenobligation dagegen in Zeiten, wo der Zinsfuss hoch oder starken und rasch aufeinanderfolgenden Schwankungen unterworfen ist. Wir erachten die Möglichkeit, bald Pfandbriefe, bald Kassenobligationen abzusetzen, geradezu als einen grossen Vorzug. Dem Geschick und Spürsinn der Bankleitungen muss es überlassen bleiben, im richtigen Augenblicke die richtige Wahl zwischen den beiden

534 Fiaanzierungsformen zu treffen. Schliesst das Gesetz die Ausgabe von Kassenscheinen durch die Bodenkreditanstalten aus, so stockt zeitweise die Zufuhr neuen Geldes an die Landwirtschaft und das Baugewerbe, oder es verteuert sich der Hypothekarkredit sogar über die Dauer des hohen Kapitalraarktzinses hinaus. Die zumeist stossweise erfolgende Pfandbriefausgabe erheischt unbedingt eine Ergänzung der Finanzierung durch Kassenscheine und Spargelder.

5. Ein Pfandbrief mit veränderlichem Zinsfusse?

Im Bestreben, dem Pfandbriefe auf dem schweizerischen Markte leichteren Eingang zu verschaffen und den Absatz auf ein Höchstmass zu steigern, wurde in der grossen Expertenkommission der bemerkenswerte Antrag auf Einführung eines Pfandbriefes mit veränderlichem Zinssatz gestellt. Danach sollte im Gesetze die Möglichkeit vorgesehen werden, solche Pfandbriefe auszugeben, bei denen der Zinsfuss von Zeit zu Zeit den veränderten Verhältnissen auf dem Kapitalmarkte angepasst werden könnte, während das Kapital für den Gläubiger unkündbar bliebe. Eine besondere Kommission, in der unter andern der Bundesrat (durch das Pfandbriefinspektorat), die Nationalbank und die Kantonalbanken vertreten wären, hätte von Zeit zu Zeit, z. B, alle fünf Jahre, die Anpassung des Zinsfusses der Pfandbriefe an die Verzinsung erstklassiger Anlagewerte, wie Bundesanleihen, Kassenobligationen der Kantonalbanken, vorzunehmen.

Zur Begründung wurde angeführt, es könnte dadurch vermieden werden, dass die Ausgabestellen an Pfandbriefen, die zu hohen Zinssätzen ausgegeben wurden, Verluste erleiden, sobald die Zinssätze auf dem Kapitalmarkt erheblich sinken; bei steigenden Zinssätzen dagegen würde verhütet, dass der Kapitalwert der Pfandbriefe auf Kosten seiner Inhaber zurückginge. Die alle paar Jahre vorzunehmende Anpassung der Verzinsung an den jeweiligen Marktzins hätte den Erfolg, dass der Kurs der Pfandbriefe sich von ihrem Nennwerte niemals wesentlich entfernte. In der Kriegszeit hätten viele Banken grosse Verluste durch die Entwertung ihrer niederverzinslichen erstklassigen Titel erlitten. Wolle man einen marktfähigen Pfandbrief haben, so müsse er vor Entwertung geschützt werden. Es handle sich nur um einen Versuch. Die Ausgabe solcher Titel würde in das Belieben der Pfandbriefanstalten gestellt. Es würde danach im Gesetze etwa heissen;
,,Es kann in den Anleihensvertrag die Bestimmung aufgenommen werden, dass der Zinsfuss jo nach Ablauf von mindestens 5 Jahren neu festzusetzen sei.a Der Vorschlag verdient eine nähere Prüfung. Es mag den Anschein haben, als ob ein so ausgestatteter Pfandbrief eine gewisse Beliebtheit erlangte, und zwar deshalb, weil er grosse Ähnlichkeit mit der seit Jahrzehnten eingebürgerten Kassenobligation hat. Gewiss unterscheidet er sich von der Kassenobligation dadurch, dass der Gläubiger kein Kündigungs-

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recht hätte, dass er an der Börse kotiert wäre und jederzeit veräussert werden könnte. Im übrigen ist die Ähnlichkeit sehr gross, namentlich in der Veränderlichkeit des Zinsfusses. Nun ist aber der durch den Pfandbrief angestrebte Hauptzweck gerade der, nach Möglichkeit Schwankungen des Zinsfusses auszuschalten. Unsere Absicht ist doch, dem schweizerischen Kapitalmarkt einen neuen Anlagetyp zur Verfügung zu stellen, der sich von den bisherigen Papieren wesentlich unterscheidet. Der. Pfandbrief mit veränderlichem Zinsfuss ist mehr Kassenobligation als Pfandbrief im gebräuchlichen Sinne des Wortes. Diese Gründe allein schon scheinen uns gegen die Schaffung eines solchen Wertpapieres zu sprechen.

Andere Erwägungen kommen hinzu. Führen wir zwei Arten von Pfandbriefen ein, solche mit veränderlichem und solche mit festem Zinssatz, so wird eine gewisse Unsicherheit in den Kapitalmarkt getragen.

Ferner: es sei eben der Pfandbriefzins neu festgesetzt worden und einige Wochen oder Monate darauf sinke der Marktzins beträchtlich. Wird man ·es dem Pfandbriefschuldner verargen können, wenn er unter diesen Umständen von seinem Kündigungsrecht Gebrauch macht? Steigt dagegen der Marktzins bald nach der Neufestsetzung des Pfandbriefsatzes, so stellt sich der Gläubiger nicht besser, als wenn er einen gewöhnlichen Pfandbrief besässe. Jedenfalls sagt sich der Pfandbriefinhaber, dass die periodische Anpassung des Zinses an die Marktlage für ihn nur dann von Wert sei, wenn · auch dem Schuldner das Kündigungsrecht genommen werde. In der Tat scheint die Einführung des Pfandbriefes mit veränderlichem Zins au die Voraussetzung gebunden zu sein, dass der Titel weder vom Gläubiger noch vom Schuldner während einer für beide Teile gleichen Anzahl Jahre gekündigt werden kann. Um so weniger unterscheidet sich aber diese Art der Finanzierung von derjenigen mit Kassenscheinen.

Aus diesen Erwägungen heraus glaubten wir, auf die Schaffung eines Pfandbriefes mit veränderlichem Zinsfusse verzichten zu sollen.

6. Die Verbilligung des Zinses durch den Pfandbrief.

Es wird Anhänger des Pfandbriefes geben, welche die Lösung, wie $ie im vorliegenden Entwurfe gefunden worden ist, deshalb nicht gerne sehen, weil sie ihr Hauptaugenmerk auf die Schaffung eines grossen, einheitlichen Pfandbriefmarktes gerichtet haben. Dieser grosse Einheitsmarkt
ist ihnen dabei nicht Selbstzweck. Sie sagen sich vielmehr, je grösser der Markt, desto grösser sei die Absatzfähigkeit und desto günstiger die Kursentwioklung. Sehr grosse Pfandbriefanleihen seien zu günstigeren Zinsbedingungen an den Mann zu bringen als kleine. Wir geben ohne weiteres zu, dass eine allzu grosse Zersplitterung der Pfandbriefausgabe den Vorteil der Börseogängigkeit zunichte machen würde. Kommt dem Markte nicht ein gewisser Miudestumfang zu, so vermag er keinen Vorteil zu bieten.

Das ist auch der Grund, warum wir nicht einfach jeder Kreditanstalt, ob

536 gross oder klein, das Recht der Ausgabe eigener Pfandbriefe verleihen.

Wir wollen keinen Zwergpfandbrief. Wir gehen aber auf der andern Seite nicht so weit, auf dem schweizerischen Markte nur einen einzigen Pfandbrief zuzulassen. Das hat seine folgenden Gründe. Verschiedene Beobachtungen legen uns die Schlußfolgerung nahe, dass ein Markt, wenn er über eine gewisse Grosse hinausgeht, keine weitern Vorteile mehr zu bieten imstande ist. Besondere Untersuchungen, die wir anhand der Kurszettel unserer Effektenbörsen anstellten, führten zu der überraschenden Feststellung, dass, entgegen einer weitverbreiteten Anschauung, das Papier mit sehr grosaem Markte starkem Stössen und grösseren Kursschwankungen ausgesetzt ist als ein Papier mit ähnlichen /ins- und Rückzahlungsbedingungen, aber kleinerm Anleihensbetrage. Das hängt vielleicht damit zusammen, dass die Standardtitel, gerade wegen ihrer grossen Marktfähigkeit, namentlich von Banken, Finanzleuten, grossen Industriebetrieben und Handelsunternehmungen usw., die einen bedeutenden Geldumschlag haben, als jederzeit leicht in Geld umzuwandelnde liquide Mittel in ihren EffeklenPòrtefeuilles gehalten werden. Das Bedürfnis nach leicht veräusserlichen Vermögensbestandteilen ist aber nicht Überall in gleichem Masse vorhanden.

Rentner, Versicherungsgesellschaften, Sparkassen, öffentliche und private Vermögensverwaltungen usw. achten weniger auf die Marktfähigkeit als auf das Maas und die Stetigkeit des Zinsertrages. Daher vermag ein kleines Anleihen besser klassiert zu sein als ein grosses. Derart gut klassierte Anleihen zeichnen sich durch kleinere Kursverschiebungen aus. Geht der Markt über einen gewissen Umfang hinaus, so erweitert sich der Kreis derjenigen, die das Papier nicht so sehr als dauernde, denn als vorübergehende Anlage im oben beschriebenen Sinne verwenden. Standardwerte finden ihren Weg leichter ins Ausland; um so stärker ist der nationale Markt ausländischen Einflüssen ausgesetzt.

Bemerkenswert ist ferner die Beobachtung, dass unsere grossen Bundesund Bundesbahnanleihen jeweilen nicht, billiger untergebracht zu werden vermochten als Kantonsanleihen mittlerer oder bescheidener Grosse und annähernd gleicher Kreditwürdigkeit. Grosse Emissionen bringen den Eindruck hervor, dass der Markt bis an die Grenze seiner Leistungsfähigkeit oder gar
darüber hinaus beansprucht und vielleicht ganz ausgeschöpft werde. Dieser ungünstige Eindruck wird nicht verfehlen, sich in den Anleihensbedingungen auszuprägen, wobei auch Übertretungen mit im Spiele sein können. Zuguterletzt darf nicht vergessen werden, dass der Kapitalist, und zwar gerade derjenige, der sein Papier lange Jahre behält, schliesslich eine gewisse Mindestrendite haben will. Glaubt man, ganz grosse Pfandbriefemissionen mit für den Zeichner verhältnismässig schlechten Zinsbedingungen ausstatten zu können, so wird man auch auf diesem Gebiete bald die Erfahrung machen, dass alles seine Grenzen hat. Übrigens glauben wir versichern zu können, dass die Zeit der ganz grossen Emissionen, an die wir uns in der Kriegs- und Nachkriegszeit gewöhnt haben,

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bald vorüber sein wird. Kommen die grossen Ansprüche der Industrien, des Verkehrs, Gewerbes usw. wieder ira normalen Friedensumfange auf den Markt, so hört die Möglichkeit, 100-Millionen-Anleihen und noch grössere aufzulegen, von selbst auf. Unsere Pfandbriefzentralen und grösseren Bodenkreditanstalten werden zufrieden sein müssen, Anleihen von 20 bis 50 Millionen auf dem schweizerischen Markte unterbringen zu können.

Für grössere Beträge bleibt uns nur noch das Ausland offen. Da ist zu sagen, dass jede der beiden in Aussicht genommenen Zentralen imstande sein wird, Beträge für Pfandbriefemissionen von insgesamt je 50 bis 100 Millionen Franken zu sammeln und dass auch die eine oder andere der grossen Kantonalbanken und Hypothekenbanken in der Lage sein durfte, Anleihen von diesem Umfange dem Ausland anzubieten.

Während einige Befürworter des Pfandbriefes den Hypothekarkredit durch Schaffung grosser Pfandbriefmärkte zu verbilligen trachten, erwarten andere, dass die besondere Sicherheit, mit welcher der Pfandbrief ausgestattet ist, imstande sein werde, den Zins merklich zu drücken. Ob sich diese Erwartung erfüllen wird, lässt sich nicht bestimmt voraussehen.

Schon jetzt sind die Kassenobligationen mancher Banken und Kassen, zwar nicht rechtlich, aber immerhin tatsächlich, als Pfandbriefe kurzfristiger Natur anzusprechen. Solche Institute dürften durch die Ausgabe von auf Bundesgesetz beruhenden Pfandbriefen kaum wesentlich billigeres Geld erhalten. Aber auch angenommen, dass der Pfandbrief vermöge seiner besondern Sicherheit zu gunstigeren Bedingungen Unterkunft finde als die Kassenobligation, so ist der Vorteil für die Hypothekarschuldner nur scheinbar. Indem man nämlich die besten Bestandteile dos Bankvermögens ausscheidet und dem Pfandbriefe verhaftet, erscheinen die übrigen fremden Mittel der Bank, im besondern die Kassenobligationen und Sparkassenguthaben, als weniger gut gedeckt. Schätzt der Kapitalist den Pfandbrief seiner Sicherheit wegen höher ein, so wird er folgerichtig die Gute der Kassenobligation und des Sparguthabens entsprechend niedriger bewerten und der Vorteil des dem Pfandbriefe zu verdankenden niedrigen Zinses wird aufgewogen durch den Nachteil eines entsprechend höheren Zinses, der für die übrigen fremden Gelder zugestanden werden muss.

Lässt sich darüber streiten, ob die
Börsengängigkeit und die Sondersicherheit des Pfandbriefes den Hypotbekarkredit merklich verbilligen werden, so steht auf der andern Seite fest, dass der Pfandbrief die Fähigkeit hat, einen billigen Zins über die Zeit höherer Marktsätze hinaus festzuhalten. Unter diesem Gesichtswinkel betrachtet, ist der Pfandbrief zweifelsohne imstande, die Banken und Sparkassen im Durchschnitt längerer Jahre mit billigerem Gelde zu versorgen, als es mit den bisherigen Finanzierungsmitteln möglich war. Durch die Konkurrenz gezwungen, werden die den Grundkredit pflegenden Anstalten auch ihren Schuldnern langfristigeren und billigeren Kredit einräumen müssen. Daher hat vor allem der flypothekarschuldner ein Interesse an der Einführung des Pfandbriefes.

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. Um den Nutzen des PfendbriefeS'zumal für die bäuerliche SchuldnerSchaft noch augenscheinlicher zu machen, soll die Zentrale befugt sein, im eigenen Geschäfte Gült- und Meliorationskredite zu gewähren. Doch ist eine doppelte Höchstgrenze für diese Geschäftstätigkeit vorgesehen. Zunächst dürfen die Zentralen ihr eigenes Kapital zur Anlage in Gülten, Melioratiqnshypotheken und Meliorations-Baukrediten verwenden. Die Anlage in Gülten und Meliorationshypotheken kann, aber noch weiter gehen, und zwar bis zur Höhe eines Zehntels ihres Pfandbriefumlaufes. Damit von dieser Befugnis im Masse des Möglichen Gebrauch gemacht werde und der Standpunkt der Hypothekarschuldner stets zum Ausdruck komme, sollen die Hypothekarsehuldner durch einen vom Bundesrate bezeichneten Vertreter im Verwaltungsrate jeder Zentrale Sitz und Stimme haben. Diese Vorschrift scheint uns geeignet zu sein, das gute Einvernehmen zwischen den Banken und der Schuldnerschaft zu fördern, die Einsicht in dio gemeinsamen Interessen zu heben und allfälliges Misstrauen zu zerstreuen.

7. Zentralisierung oder Dezentralisierung der Pfandbriefausgabe?

Der Entwurf gibt allen Kantonalbanken, den Hypothekenbanken mit einem Eigenkapital von mindestens 8 Millionen Franken und den zu gründenden Pfandbriefzentralen mit einem Eigenkapital von mindestens 5 Millionen Franken das Recht zur Pfandbriefausgabe.

Soll mau sich bei der Einführung des Pfandbriefes in der Schweiz nicht die Erfahrungen aus der Geschichte unseres Notenbankwesens zunutze machen? Auf diesem Gebiete wählte man zunächst die Vielheit der Ausgabestellen, sah dann aber schliesslich ein, dass die einzige Ausgabestelle die beste Lösung ist. Wird es beim Pfandbriefe anders sein? "Warum vermeidet man nicht von vornherein den umständlichen, zeitraubenden Umweg über die Vielheit?

Die solche Fragen stellen und als Antwort darauf einer einzigen Stelle das Monopol der Pfandbriefausgabe zuerkennen wollen, übersehen vielleicht, dass die Banknote ein Umlaufsmittel, sagen wir schlechthin G e l d ist, wogegen der Pfandbrief unter den Begriff W a r e , im besonderen Kapitalanlage, fällt. Das Geld strebt stets zum Markte, damit es seinen Zweck, den Warenumsatz, besorgen kann. Die Ware dagegen strebt danach, möglichst rasch aus dem Markte heraus zu kommen, um endgültig gebraucht oder verbraucht zu
werden. Das Ziel des Geldes liegt im Tauschprozesse, im Markte, das Ziel der Ware ausserhalb desselben. Der Pfandbrief sucht auf dem Markte einen Abnehmer, der ihn möglichst lange als laufende Einkommensquelle behält und nur im Notfalle wieder auf dem Markte gegen Geld anbietet. Die Umlaufsfähigkeit ist beim Gelde erstes Erfordernis ; bei der Kapitalanlage ist sie gewiss nicht unwichtig, aber immerhin nicht die Hauptsache.

Die Einführung eines Monopols halten wir übrigens angesichts der heutigen politischen Strömungen im Schweizervolke für aussichtslos. Aber

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auch technische Erwägungen scheinen uns gegen eine völlige Zentralisierung der Pfandbriefausgabe zu sprechen. So klein die Schweiz ist, so wenig sind die Zinsverhältnisse durehgehends übereinstimmend. In den Landesteilen mit überwiegend landwirtschaftlicher Struktur, wie in der Innerschweiz, in gewissen Gegenden dee Kantons Bern und im Kanton Appenzell I.-Rh., ist der Hypothekarzinsfuss in der Kriegs- und Nachkriegszeit stets etwas tiefer gewesen als in den industriellen und kommerziellen Zentren. Schon diese Tatsache zeigt, dass viele Kapitalisten und Sparer ihr Geld im engern Gebiete ihrer Gemeinde, ihres Kreises oder Kantons anzulegen die Gewohnheit haben. Nicht jeder, der die Obligation oder den Pfandbrief einer bestimmten Kantonal- oder Hypothekenbank zu kaufen gewillt ist, würde ohne weiteres auch mit dem Pfandbriefe einer eidgenössischen Zentrale vorlieb nehmen. Der Monopolpfandbrief vermöchte den vorwiegend ländlichen Gegenden der Schweiz kein billigeres Geld als das auf bisherige Art und Weise beschaffte zu bringen. Die Tatsache, dass in der Schweiz bis heute noch keine vollständige ZingniveUierung für gleiche Anlagen Platz gegriffen, hat bei den Landkassen die Befürchtung aufkommen lassen, dem Monopolpfandbriefe könnte es im Verlaufe der Jahre und angesichts der zunehmenden Rationalisierung des wirtschaftlichen Denkens gelingen, die billigen Spar- und Obligationengelder vom Lande weg in die städtischen Zentren zu ziehen. Wollte man dieser Befürchtung den Einwand entgegenhalten, dass sich die Landbanken zum Ersatz einfach an den Pfandbriefzentralen zu beteiligen brauchten, so liesse sich erwidern, dass die dem flachen Lande entzogenen Gelder kraft der Ausgleichsfähigkeit der Pfandbriefzentralen verteuert zurückkehren würden.

Soll sich der Pfandbrief nur an diejenigen Kapitalisten und Sparer wenden, die keine regionale Vorliebe und Anhänglichkeit kennen? Oder liegt es nicht im Interesse einer möglichst weitgehenden Durchdringung des anlagesuchonden Publikums mit Pfandbriefen, auch für die engern Kreise kleinere Pfandbriefmärkte zu schaffen, regionale Anlagemärkte, die nur teilweise oder überhaupt nicht zum interkantonalen oder gar internationalen Pfandbriefmarkte einer Zentrale gestossen wären? Wir glauben, dass die schon politisch bedingte Zuerkennung des Pfandbriefausgaberechtes an die
Kantonalbanken sich auch wirtschaftlich und technisch begründen lasse.. Übrigens gibt es auch Kantonalbanken, deren Einzugsgebiet, namentlich bei der Ausgabe von Anleihen und Pfandbriefen, nicht lokal begrenzt ist. Sicherlich werden nicht alle Kantonalbanken ihr Recht in die T;U umsetzen. Andere wiederum worden einen Versuch mit der selbständigen Ausgabe von Pfandbriefen machen, dabei ihre Erfahrungen sammeln und sich ein Urteil darüber zu bilden suchen, ob es sich verlohnt, weiterzufahren oder sich lieber der Pfandbriefzentrale des Verbandes zu bedienen oder das eine Mal eigene, das andere-Mal Zentralpfandbriefe auszugeben. Endlich wird es solche geben, die von vornherein ausschliesslich die Pfandbriefzentrale der Kantonalbanken benützen werden.

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Wird den Käntonalbanken das Recht zur Pfandbriefausgabe zuerkannt, so erscheint es vollauf gerechtfertigt, wenigstens den grössern privaten Hypothekenbanken (mit einem Eigenkapital von mindestens 8 Millionen Franken) die gleiche Befugnis einzuräumen. Auch von ihnen gilt, dass sie nicht alle von ihrem Rechte Gebrauch machen werden und dass die eine oder andere sich der Pfandbriefzentrale der Lokalbanken anschliessen wird.

Alle übrigen Banken und Kassen, ob Bodenkreditanstalten oder nicht, aber auch diejenigen, die das Recht zur Ausgabe eigener Pfandbriefe haben, können sich zu Pfandbriefzentralen zusammenschliessen. Deren Aufgabe besteht darin, das anlagesuchende Kapital auf dem interkantonalen und unter Umständen auch ausländischen Markte zu sammeln und den Mitgliedinstituten zur Finanzierung erster Hypotheken zur Verfügung zu stellen.

Wir haben schon im ,,Werdegange des Entwurfes" geschildert, wie zwei grosse Bankenverbände die bestimmte Absicht kundgetan haben, je eine Pfandbriefzentrale ins Leben zu rufen, und wie alle Versuche unseres Finanzdepartementes, die beiden Verbände zur Vereinigung ihrer Zentrale zu bewegen, fehlschlugen. Obgleich wir in einer gewissen Dezentralisierung der Pfandbriefausgabe durch E i n z e l anstalten kein Unglück sehen, so sind wir doch auch heute noch der Meinung, dass es besser wäre, nur einen einzigen z e n t r a l e n Pfandbrief zu schaffen. Wir beugen uns aber vor der Macht .der Verhältnisse. Doch haben wir wenigstens die begründete Hoffnung, ja die bestimmte Überzeugung, dass nicht mehr als zwei Pfandbrief'zentralen gegründet werden, eine Zentrale der Kantonalhanken und eine aller übrigen Banken und Sparkassen. Es ist gewiss richtig, dass in den Portefeuilles unserer Kapitalisten, Banken und .Versicherungsgesellschaften sehr wohl Platz für zwei Zentralpfandbriefe ist, ja, dass sie die Mischung beider Pfandbriefe sogar begrüssen und an beiden zusammen ein grösseres Paket halten werden, als wenn nur ein einziger Zentralpfandbriof auf den Markt gebracht würde. Mit Rücksicht auf den ausländischen Kapitalmarkt, der sich eines Tages sicherlich wieder für schweizerische Anlagen interessieren wird, hätten wir es doch gerne gesehen, wenn d e r schweizerische Zentralpfandbrief geschaffen worden wäre.

8. Bundesbeteiligung oder Bundesaufsicht?

Eine Beteiligung des Bundes mit Kapitalien an den Zentralen in irgendeiner Form ist nicht in Aussicht genommen. Wir wollen keine neuen Bundesanstalten schaffen. Hat der Pfandbrief wirklich die Vorzüge, die ihm nachgerühmt werden, so setzt er sich, wenn einmal die gesetzlichen Voraussetzungen vorhanden sind, von selbst durch. Ihn mit Bundesgeldern besonders zu begünstigen, halten wir nicht für gerechtfertigt.

Der Pfandbrief dient der Finanzierung erststelliger Hypotheken, und deren Schuldner sind als solche jedenfalls weniger unterstützungsbedürftig als

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viele andere Leute. Wenn der Bund der Schuldnerschaft durchaus Opfer bringen sollte, so wäre eine Hilfeleistung eher ara Platze zur Entlastung der Schuldner nachstelliger Hypotheken, zur Anbahnung einer planmassigen Entschuldung der Landwirtschaft oder zur Erleichterung der Zinsbedingungen bei der Gewährung von Meliorationskrediten, Es ist nicht zu verkennen, dass nicht jeder Schuldner einer ersten Hypothek zugleich Schuldner einer zweiten Hypothek ist, in ländlichen Gegenden noch weniger als in städtischen. Es kommt also durchaus nicht auf dasselbe hinaus, ob man öffentliche Mittel der einen oder andern Gruppe von Hypothekarschuldnern zuwende.

Noch aus einem andern Grunde ist die staatliche Kapitalbeteiligung nicht ratsam. Private Unternehmen, die im Wettkampfe mit andern stehen, haben das Bestreben, möglichst billig zu. arbeiten. Da, wie wir gesehen haben, die Pfandbriefausgabe zumeist nicht fortlaufend, sondern eher stossweise erfolgen dürfte, wird wohl eines der Mitgliedinstitute, das seinen Sitz an einem Börsenplatze hat, die Geschäftsführung der Zentrale mindestens für den Anfang übernehmen. Hätte sich der Bund an einer Zentrale mit Kapital zu beteiligen, so wäre die Wahrscheinlichkeit gross, dass von Anfang an ein kostspieliger Verwaltungs- und Geschäftsapparat ins Leben gerufen würde.

Die Haftung des Bundes für die Verbindlichkeiten der Zentralen ist überflüssig. Die Sicherheit des Pfandbriefes ist nicht zu übertreaen. Ein Übermass an Sicherung und Haftung wird vom Anlagesuchenden nicht entsprechend höher geschätzt. Obgleich beispielsweise für die Anleihen der Bundesbahnen nicht nur deren ausgewiesenes, sehr wertvolles Vermögen, sondern die Eidgenossenschaft überhaupt haftet, sind doch die Kurse der Bundesbahnanleihen stets um ein geringes ungünstiger als diejenigen des Bundesanleihen. Was das Ausland betrifft, so schätzt man dort die privatrechtliche Sicherung ohnehin höher ein als die staatliche Haftung.

Will der Bund weder eine finanzielle Beteiligung, noch eine Haftung für die Verbindlichkeiten in Aussicht nehmen, so kann er dagegen nicht umhin, die Pfandbriefanstalten unter seine Aufsicht zu bringen. Eine in jeder Beziehung unabhängige Stelle muss immerhin vorhanden sein, die darüber wacht, ob die Pfandbriefanstalten und ihre Mitglieder den gesetzlichen Vorschriften nachkommen. Zu
dieser Aufsicht gehört vor allem der Nachweis, dass die vorgeschriebene Deckung der Pfandbriefe jederzeit bereit liegt.

Wir glaubten anfänglich, dass das Kontrolldepartement der Schweizerischen Nationalbank auf dem Wege vertraglicher Vereinbarung das Inspektorat übernehme. Die Hoffnung hat sich nicht erfallt. Ist auch mit der Ausübung der Pfandbriefinspektion keine rechtliche Haftung verknüpft, so wollte es doch der Bankausschuss unseres Zentralinstitutes vermeiden, dass der Notenkredit irgendwie mit dem Pfandbriefkredit verquickt werde.

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Wir haben die Absicht, eine Abteilung unseres Finanzdepartementes mit den Aufgaben des eidgenössischen Pfandbrief i nspektorates zu betrauen.

Das rechtlich und banktechnisch vorgebildete Personal wäre da vorhanden.

Zum mindesten für den Anfang wäre die Neuausteilung von Personal nicht nötig. Soviel steht jetzt schon fest, dass ein grosser, wenn nicht der grösste Teil der Aufsichtstätigkeit dem Bunde gemäss Art. 37 von Bankverbänden abgenommen werden wird. Im übrigen vermag der Umfang der zu bewältigenden Arbeit zum voraus nicht beurteilt zu werdenEs dürfte daher zweckmässig sein, bereits beschäftigtes Personal von Fall zu Fall die Funktionen des Inspektorates ausüben zu lassen, bis die Ausdehnung des Pfandbriefwesens die Anstellung eines dauernd beschäftigten Pfandbriefinspektors verlangt.

9. Die Pfandbriefanstalten als Krisenkassen.

Die Pfandbriefanstalten sind dazu berufen, in Zeiten der Geld- und Kreditnot die eidgenössische Darlehenskasse zu ersetzen. Da die Pfand briefe als erstklassige Wertpapiere bei der Schweizerischen Nationalbank lombardfähig sein werden, so ist es in Zukunft nicht mehr nötig, eine besondere Geldbeschaffungsstelle als Krisenbank und ein besonderes Papiergeld ins Leben zu rufen, um die Beleihung von Hypotheken zu ermöglichen. Für diejenigen Banken, die nicht eigene Pfandbriefe zu schaffen das Recht haben, genügt der Anschluss an eine Pfandbriefzentrale, um sogleich gegen erste Hypotheken auf dem Umwege über die Zentrale Nationalbankgeld in Empfang nehmen zu können, soweit nicht währungspolitische Bedenken Einhalt gebieten. Die Hypothek wird so zu einem liquiden Mittel und die Zentrale zur Krisenkasse.

Ist vorauszusehen, dass sich der Beitritt als Mitglied aus irgendwelchem Grunde verzögert, oder hat die kreditheischende Bank gar nicht den Wunsch, Mitglied zu werden, oder schliessen die Statuten der Zentrale den Beitritt gewisser Institute aus, so lässt das Gesetz einen praktischen Ausweg zu. In einem solchen Falle braucht die kreditbegehrende Bank oder Sparkasse nur ihre als Pfandbriefdeckung geeignet befundenen Forderungen im Werte von mindestens 105 vom Hundert der gewünschten Vorschüsse der Pfandbriefzentrale gemäss Art. 899 bis 901 ZGB auszuliefern und zu verpfänden.

10. Das Pfandrecht.

Die Pfandbriefanstalt ist ein Stausee, worin unzählige individuell gestaltete
Grundpfandrechte gleich kleinen Bächen zusammenfliessen und dem ein gleichförmiger Strom fungibler, grundpfandgedeckter AnleihensObligationen entweicht. Der Pfandbrief überträgt die Grundpfandsicherheit auf die Anleihensobligation er stellt die Anleihensobligation in den Dienst

54» des Grundbesitzes und die Grundpfandsicherheit in den Dienst der Kapitalgeber.

Handelt es sich um eine Einzelanstalt, die Pfandbriefe ausgibt, so sind drei Rechtssubjekte daran beteiligt: der Pfandbriefgläubiger, der Pfandbriefschuldner und der Grundpfandschuldner. In der Mitte steht der Pfandbriefschuldner, die Bank. Sie ist nach der einen Seite Schuldnerin der Pfandbriefe und nach der andern Seite Gläubigerin der Grundpfandrechte (der Grundpfandverschreibungen, Schuldbriefe und Gülten).

Diese Grundpfaudrechte bilden die Sicherung der Pfandbriefgläubiger.

Schiebt sich in diese Rechtsverhältnisse ein weiteres Rechtssubjekt, die Pfandbriefzentrale, hinein, so stellt sich uns folgende Reihe vor: Pfandbriefgläubiger, Pfandbriefschuldner, Vorschussschuldner, Grundpfandschuldner. Zwischendrin stehen einmal die Pfandbriefzentrale als Pfandbriefschuldnerin und Vorschussgläubigerin und dann die hypothekenbesitzende Mitgliedbank als Vorschussschuldnerin und Grundpfandgläubigerin.

Solche Pfandbriefe haben zunächst ein Pfandrecht an den Vorschussforderungen der Zentralstelle gegenüber den Mitgliedbanken. Für die Vorsehussforderungeu haften die Grundpfandforderungen, die den Mitgliedbanken den Grundeigentümern gegenüber zustehen. Dieses Grundpfandrecht dient also in letzter Linie als Sicherheit für die Pfandbriefgläubiger der Zentralanstalt.

Das Pfandrecht unseres Entwurfes erstreckt sich auf alle in das Deckungsregister eingetragenen Werte (Forderungen und Münzen) ; es entsteht mit der Eintragung. Wichtig ist nun, dass die registrierten Werte weder dem Gläubiger, noch einem Treuhänder (Pfandhalter) ausgehändigt werden müssen, sondern beim Pfandbrief- oder Vorschussschuldner verbleiben können. Der Grund ist bank- und verkehrstechnischer Natur.

Wir müssen alles vermeiden, was die Banken veranlassen könnte, auf die Ausgabe von Pfandbriefen oder die Beanspruchung von Vorschüssen zu verzichten. Es ist nur vorgeschrieben, dass diese Werte vom übrigen Vermögen ausgeschieden und gesondert zu verwalten seien und dass das PJandregister und die Deckung der ^ständigen Aufsicht eines eidgenössischen Pfandbriefinspektorates unterstehen. Wichtig ist ferner, dass trotz dieser Erleichterung die Deckungswerte nicht durch Abstempelung oder Anmerkung als mit Pfandrecht behaftet gekennzeichnet werden. Der Kredit des
Schuldners könnte sonat darunter leiden und; der Verkehr würde ersehwert.

,.,';.

: Die Wirkung des Pfandrechtes gegenüber Dritten beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechtes. Wenn z. B. fein gutgläubiger Dritter einen im Deckungsregister eingetragenen Schuldbrief zu Eigentum oder als Pfand erwirbt, so wird er in seinem Erwerbe geschützt.

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11. Das Konkursvorrecht.

Die Pfandbriefanstalt haftet für ihre Schuldverpflichtungen und damit auch für ihre Pfandbriefe mit ihrem ganzen Vermögen, desgleichen die Mitglieder einer Pfandbriefzentrale für die bezogenen Vorschüsse. Die Pfandbrief- und Vorschussgläubiger würden, wenn eine besondere Regelung nicht erfolgte, mit allen andern Gläubigern der Anstalt konkurrieren.

Man möchte sie aber besonders sicherstellen. Das könnte geschehen, indem man ihnen eia Vorrecht der Befriedigung ihrer Forderungen aus dem ganzen Vermögen des Schuldners zugestehen würde. Es wäre dies ein reines Konkursprivileg. Mit einem solchen hat man sieh aber in keinem Lande, wo der Pfandbrief eingebürgert ist, begnügt. Überall scheidet man bestimmte Teile aus dem Vermögen des Schuldners aus und lässt sie dem Pfandbriete besonders verhaften. Wenn beispielsweise das deutsehe Hypothekenbankgesetz den Pfandbriefgläubigern ein Vorzugsrecht im Konkurse der Hypothekenbank einräumt, so unterscheidet sich dieses Vorzugsrecht von den Vorrechten der deutschen Konkursordnung dadurch, dass die Pfandbriefgläubiger nicht das Vorrecht auf Befriedigung aus der gesamten Masse haben, sondern nur ein Vorrecht auf Befriedigung aus gewissen Bestandteilen der Masse, nämlich den zur Pfandbiiefdeckung bestimmten Werten. Aus dem sonstigen Vermögen der Hypothekenbank können sie nur v e r h ä l t n i s m ä s s i g e Befriedigung für den A u s f a l l verlangen, den sie bei der vorzugsweisen Befriedigung ihrer Pfandbriefforderungen erlitten haben. Das wäre beim Bestehen eines gesetzlichen Pfandrechtes an den Deckungswerten nicht anders. Während aber die Konkurseröffnung für nicht pfandversicherte Forderungen jede weitere Zinspflicht aufhebt, bleibt das gesetzliche Pfandrecht auch für die laufenden Zinsen (und die Botreibnngskosten) bis zur Versteigerung bestehen. Im übrigen sorgt das deutsche Hypothekenbankgesetz genau so, wie wenn es das gesetzliche Pfandrecht hätte schaffen wollen, für das Vorhandensein einer vorschriftmässigen, registrierten Deckung und schützt die Deckung durch den Mitverschluss eines Treuhänders vor nnrechtmässigen Verfügungen der Bank und Dritter.

Indem unser Entwurf verzichtet 1. auf die Abstempelung oder Anmerkung auf den Urkunden, 2. auf den Sperrvorschluss, 3. auf die Mitverhaftung der nicht im Register eingetragenen,
aber zur Deckung bestimmten Werte, sowie der eingetragenen, aber veräusserten oder Dritten verpfändeten Forderungen mit Wertpapiereigenschaft, vermindern wir da nicht den Wert des Pfandrechtes? Diese Frage kann nicht anders als bejaht werden. Wenn dem so ist, so müssen wir notgedrungen die entstandene Lücke wieder ausfüllen und für einen vollwertigen Ersatz Sorge tragen. Diesen Ersatz glauben wir in einem Konkursvorrecht zweiter Klasse zugunsten der Pfandbrief- und Vorschussgläubiger für den Ausfall bei der Versilberung der Deckung gefunden zu haben. Nach dem geltenden

545 Konkursrecht wären dagegen die durch den Pfanderlös ungedeckt gebliebenen Forderungen der Pfandbriefgläubiger in die 5. Klasse einzureihen.

Wir wollen nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, dass unser Justiz- und Polizeidepartement die Sicherung der Gläubiger durch Sperrverschluss oder Anmerkung der Schaffung eines Konkursvorrechtes vorgezogen hätte.

Hat bei dieser. Regelung der Kurrentgläubiger nicht stets damit.zu rechnen, dass ihm im Konkurs des Schuldners ein Teil oder die Gesamtheit des pfandfreien Vermögens durch die privilegierten Gläubiger vorweg genommen werde?

Solange der Schuldner nicht in Konkurs gerät muss jeder Gläubiger annehmen, dass für die Pfandbriefe volle Deckung vorhanden ist, um so mehr, als ja das eidgenössische Pfandbriefinspektorat eine ständige Überwachung ausübt. Kein Kurrentgläubiger wird einer Bank Geld in der Erwartung anvertrauen, dass sie fahrlässig oder widerrechtlich Werte aus der Pfandbriefdeckung nehme und zu den freien Aktiven schlage. Wer einer Pfandbriefanstalt Kredit gewährt, der weiss oder kann es jederzeit aus den öffentlich aufgelegten Jahres- und Monatsbilanzen erfahren, dass gewisse Vermögensbestandteile den umlaufenden Pfandbriefen der Anstalt verhaftet und im Konkurse nicht frei verfügbar sind. Und weil jedermann, der mit einer Pfandbriefanstalt in Berührung kommt, im Falle des Konkurses auf die volle Befriedigung der Pfandbriefgläubiger baut, bereitet ihm das Konkursprivileg, solange der Konkurs nicht in Aussicht steht, auch keine Sorgen. Denn dieses Konkursvorrecht gibt dem Pfandbriefgläubiger nicht mehr als die volle Deckung seiner Forderungen. Es wirkt als Sicherheitsventil; Ist die Deckung vollständig vorhanden, und daran zweifelt unter gewöhnlichen Umständen niemand, so tritt es nicht in Funktion; erweist sich dagegen die Deckung als unvollständig, was der Gläubiger zu seiner grossen Überraschung wohl erst erfährt, wenn der Konkurs ausgebrochen-ist, so tritt das Ventil in Tätigkeit und nimmt dem Kurrentgläubiger etwas, was er gar nicht erwartet hat und was ihm .bei Mitverschluss der Deckung durch einen Treuhänder auch nicht zugekommen wäre.

Nehmen wir an, es sei weder ein Konkursvorrecht noch ein Mitvorschluss vorhanden und die Deckung nicht hinreichend, so stecken die entnommenen Forderungen oder deren Gegenwert unter den freien Aktiven,
und dann kommt der Kurrentgläubiger .'zu einem ganz unerwarteten und ungerechtfertigten Vorteil. Es ist freilich auch der Fall denkbar, dass die Leitung der Pfandbriefanstalt aus dem Anstaltsvermögen gewisse Bestandteile zu persönlichen Zwecken unrechtmässig entnimmt. Bei Mitverschluss der Deckung durch einen Treuhänder könnte diese rechtswidrige Handlung nur das freie Vermögen zum - Gegenstande haben und .ginge auf Kosten der Kurrentgläubiger. Enthält das Gesetz ein Konkursvorrecht, so leidet ebenfalls in erster Linie der Kurrentgläubiger unter dem Rechtsverstoss.

Mitverschluss und Konkursvorrecht haben, also für den nicht privilegierten Gläubiger sehr ähnliche konkursrechtliche Wirkung. Auf die Frage, ob Bundesblatt. 77.. Jahrg. Bd. .'III.

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546 das Konkursprivileg geeignet sei, Misstrauen zu wecken, antworten wir: Nicht mehr und nicht weniger, als wenn die Pfandbriefdeckung durch einen Treuhänder unter Mitverschluss des Schuldners verwahrt würde.

Die Privilegierung des Pfandbriefgläubigers beginnt eben nicht erst beim Konkursvorrecht, sondern schon beim Pfandrecht. Da das Pfandrecht nach unserm Entwurfe gegenüber Aktiengesellschaften und Genossenschaften nur im Konkurse geltend gemacht werden kann, stellt es im Grunde genommen bereits eine Art Konkursvorrecht dar. Das Pfandrecht lässt sich verschieden stark sichern. Verzichten wir auf den Mitverschluss und füllen die Lücke durch ein Konkursprivileg aus, so haben wir die Parität der Sicherung ungefähr wiederhergestellt. Nicht zu vergessen ist, dass das Konkursvorrecht als Lückenbüsser zur Bedeutungslosigkeit herabsinkt, sofern die Überwachung durch das eidgenössische Pfandbriefinspektorat eifrig und streng durchgeführt wird. Trotzdem ist diese Sicherungsmassoahme nicht überflüssig ; denn es ist nicht ausgeschlossen, dass einer Revision, deren Ergebnis die Feststellung einer unzureichenden Deckung war, die Konkurserklärung auf dem Fusse folgt oder dass zwischen der letzten Revision und einer vom Pfandbriefinspektor nicht erwarteten Konkurserklärung Werte aus der Deckung herausgenommen werden. Das Konkursprivileg hebt die Wirkung solcher Fehlbeträge in der Pfandbriefdeckung auf.

Es mag sein, dass bei der einen oder andern Anstalt ein zunehmender Pfandbriefumlauf den nicht privilegierten Gläubigern schliesslich Bedenken einflösst. Eine umsichtige Bankleitung wird an dem geringern Zufluss nicht pfandversicherter fremder Gelder merken, wann ein solches Misstrauen um sich zu greifen beginnt, und beizeiten die weitere Ausgabe von Pfandbriefen einstellen.

12. Die Bodenständigkeit des schweizerischen Pfandbriefes.

Unsere Lösung des Pfandbriefproblems nimmt Rücksicht auf die herrschenden politischen Anschauungen, auf die Bedürfnisse der verschiedenen Landesgegenden und auf die eingelebten Geld- und Anlagebedürfnisse im Schweizervolke. Das vorgeschlagene Pfandbriefgesetz hat den grosseh Vorzug, dass es auf dem Hergebrachten fusst und dennoch einen schätzenswerten technischen Fortschritt bringt. Die Idee des Pfandbriefes ist fremder Samen ; er soll in schweizerisches Erdreich gesetzt werden
und zu einem bodenständigen, kräftigen Baume heranwachsen, der seine besondern Eigenheiten hat und sich von den ausländischen Namensvettern merklich unterscheidet. Es ist ein in jeder Beziehung s c h w e i z e r i s c h e r Pfandbrief, den wir im Entwurfe zu schaffen versuchten. Wir sind überzeugt, dass er dem Schweizervolke zum Vorteile gereicht.

547

IL Besonderer Teil.

Begründung und Erläuterung der einzelnen Bestimmungen des Entwurfes.

Eingang.

Art. 64 der Bundesverfassung ermächtigt den Bund zur Gesetzgebung auf dem Gebiete des Zivilrechtes im allgemeinen und daher auch auf dem Gebiete des Pfandbriefwesens im besonderen. Von dieser Befugnis hat er durch den Erlass des Zivilgesetzbuches vom 10. Dezember 1907 Gebrauch gemacht. Darin sind in einem kurzen Abschnitte bereits einige Regeln für die Ausgabe von Pfandbriefen aufgestellt (Art. 916 bis 918 ZGB). Hierzu gehört die Bestimmung, dass die Bundesgesetzgebung die Bedingungen, unter denen die Ausgabe von Pfandbriefen erfolgen dürfe, festsetzen und über die Einrichtung der Anstalten nähere Vorschriften aufstellen werde. Das geschieht durch den vorliegenden Entwurf eines Gesetzes, das zugleich an die Stelle der bisherigen, sozusagen vorläufigen und unzureichenden Ordnung treten soll, wie in der Schlussbestimmung (Art. 49) ausdrücklich gesagt wird.

A, Die Ermächtigung zur Ausgabe von Pfandbriefen.

Art. 1. Der Begriff des Pfandbriefes ergibt sich aus dem Inhalte dieses Gesetzes. Wer immer den Bedingungen des Pfandbriefgesetzes zu genügen vermag, hat Anspruch darauf, vom Bundesrate die Ermächtigung zur Pfandbriefausgabe zu erlangen.

Die Konzeesionierung ist schon in Art. 918 ZGB ausgesprochen. Zuständig sind danach bis zur bundesrechtlichen Ordnung die Kantone. Seit Erlass des ZGB hat ein einziger Kanton, nämlich Genf, eine Ermächtigung erteilt. Der vorliegende Gesetzesentwurf gibt die Befugnis einer Bundesinstanz, und zwar deshalb, weil die einheitliche Ordnung durch das Gesetz auch ein einheitliches Verfahren in der Bewilligung der Konzessionen und in der Ausübung derselben verlangt. Die Möglichkeit, Pfandbriefzentralen zu errichten, deren Wirkungskreis mehrere Kantone umfassen kann, erheischt an sich schon die Bezeichnung einer Bundesinstanz als der zuständigen Konzessionsbehörde.

Der Art. 2 bezweckt eine Einschränkung des Kreises derjenigen, die zur Ausgabe von Pfandbriefen ermächtigt werden können. Die Auswahl wurde nach zwei Gesichtspunkten getroffen.

Einmal sollen alle die verschiedenen Landesgegenden der Schweiz des Vorteils der Pfandbriefausgabe teilhaftig werden können. Daher erhalten

548 die Kantonalbanken, unter dem Vorbehalt des Art. 3, das Recht, ohne Rücksicht auf die Grosse ihres Eigenkapitals eigene Pfandbriefe auszugeben. In ihrem Kantone und Einzugsgebiete sind die Kantonalbanken oft wenn nicht das einzige, so doch das wichtigste Bodenkreditinstitut. Das Eigenkapital spielt übrigens bei den Kantonalbanken nicht die gleiche Rolle wie bei privaten Instituten. Die kantonale Garantie ist wichtiger als die Grosse des Dotationskapitals. Erhöht eine Kantonalbank ihr Dotationskapital, so geht damit gleichzeitig eine entsprechende Vermehrung der kantonalen Staatsschuld einher, und der Wert des Garantiekapitals zusammen mit. der kantonalen Haftung bleibt sich für die Gläubiger der Kantonal bank ziemlich gleich.

Es ist nicht anzunehmen, dass alle Kantonalbanken von ihrer Befugnis Gebrauch machen werden. Diejenigen unter ihnen werden es tun, die von der Ausgabe eigener Pfandbriefe merkliche Vorteile für die Hypothekarschuldner im Hinblick auf die Langfristigkeit und den Zins der Darlehen erwarten. Andere wiederum werden sich an den Emissionen der in Avissicht gestellten Pfandbriefzentralen beteiligen.

Von den übrigen Bankinstituten des Landes sollen, und das ist der /.weite angewandte Grundsatz, nur die schweizerischen Bodenkreditanstalten und von diesen wiederum nur die grösseren das Recht der Ausgabe eigener Pfandbriefe erhalten. Den Bedingungen des Entwurfes entsprechen gegenwärtig bloss 4 oder 5 Hypothekarbanken. Von diesen wenigen haben zwei bereits die Absicht geäussert, sich an der Pfandbriefzentrale der Lokalbanken zu beteiligen und auf die Ausgabe eigener Pfandbriefe zu verzichten. Von dieser Seite ist also eine Zersplitterung, der Pfandbriefausgabe nicht zu befürchten.

.

.

Diesem zweiten Grundsatze ist auch die Errichtung von Pfandbriefzentralen unterstellt. Auch sie müssen sich über ein bestimmtes Eigen- .

kapital ausweisen können. Wird von den Einzelanstalten, soweit es sich nicht um Kantonalbanken handelt, ein solches von 8 Millionen Franken verlangt, so von den Zentralen von 5 Millionen Franken. Der Unterschied in der Anforderung an die Grosse des Eigenkapitals hängt damit zusammen, dass die Einzelanstalten mindestens 60 vom Hundert der Bilanzsumme in Grundpfandforderungen besitzen müssen, wogegen die Zentralen deren gegen 100°/o haben werden.

An den
Pfandbriefzentralen können sich alle Kreditanstalten beteiligen, die ihre Hauptniederlassung in der Schweiz haben, also sowohl diejenigen, die zur Ausgabe eigener Pfandbriefe nicht ermächtigt sind, wie die andern, die dazu das Recht haben. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die eine oder andere Bank sich die nötigen Gelder gleichzeitig oder abwechselnd durch den Verkauf an ihren Schaltern von eigenen Pfandbriefen und Zentralpfandbriefen verschafft.

Von den Einzelanstalten, die nicht Kantonalbanken sind, wird die Form der Aktiengesellschaft verlangt. Dies deshalb, weil das Aktien-

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kapital geringern Schwankungen als das Stammkapital der Genossenschaften unterliegt und grössere Gewähr für die Einlösung aller Ver. pflichtungen bietet. Dagegen können sich die Pfandbriefzentralen auch in die Form der Genossenschaft kleiden. Hier darf man etwas weitherziger sein, weil den Zentralpfandbriefen, neben dem Eigenvermögen der Zentrale, auch noch das Vermögen der vorschussnehmenden Mitglieder haftet.

Einer Erläuterung bedarf der Begriff ,,Kreditanstalt". Er umfasst die Unterbegriffe Bank, Hypothekarkasse, Spar- und Leihkasse und Sparkasse.

Art. 3. Nach dem vorliegenden Entwurfe gelten nur diejenigen Kreditanstalten als Kantonalbankon, für deren Verbindlichkeiten der Kanton haftet. Dabei ist gleichgültig, ob die Haftung solidarisch oder subsidiär sei. Soweit wir sehen, haften mit zwei Ausnahmen alle Kantone subsidiär für alle Verbindlichkeiten ihrer Kantonalbank. Die zwei Ausnahmen sind Neuenburg und Waadt.

Nach dem Gesetze vom 26. Februar 1907 über die Neuenburger Kantonalbank ist die Haftung des Kantons subsidiär und partial, doch erstreckt sie sich auf die Obligationen, Depositen, Spargelder und die der Bank zur Aufbewahrung anvertrauten Wertgegenstände, nähert'sich also der totalen Haftung und würde sich offenbar auch auf die Pfandbriefe beziehen.

In der Waadt ist die Kantonalbank als Aktiengesellschaft errichtet, an deren Kapital der Staat beteiligt ist. Das gleiche gilt vom dortigen Crédit Foncier. Eine Staatsgarantie geniessen diese beiden Institute nicht.

Art. 3 des Gesetzentwurfes gilt daher nicht für sie. Dagegen wird der Crédit Foncier Vaudois auf Grund der Artikel 2 und 4 des Entwurfes die Ermächtigung zur selbständigen Ausgabe von Pfandbriefen erhalten.

Auch die Zuger Kantonalbank ist in die Form der Aktiengesellschaft gekleidet. Nach dem Gesetze vom 18. Juli 1912 betreffend die Zuger Kantonalbank haftet für die Verbindlichkeiten der Bank in erster Linie ihr Vermögen, in zweiter Linie der Kanton (§ 8). Allerdings ist der Kanton befugt, seine Garantie zu kündigen, und zwar erstmals auf den 31. Dezember 1930 oder schon früher, falls die Bank während fünf aufeinanderfolgenden Jahren weniger als 4 °/o Gewinn abwerfen sollte. Mit der Kündigung der Garantie geht jedoch die Bank in das Eigentum des Kantons über (§ 37}. Also trifft für die Zuger .Kantonalbank die Bedingung des
Art. 3, Absatz l, zu.

Der oben erwähnte Grundsatz, die verschiedenen Landesgegenden bei der Einräumung des Pfandbriefäusgaberechtes zu berücksichtigen, führt dazu, vorzuschreiben, dass in denjenigen Kantonen, wo zwei staatliche Bankinstitute vorkommen, nur dasjenige sich mit Erfolg um die Ermächtigung zur Pfandbriefausgabe bewerben kann, das über den grössern Hypothekenbestand verfügt. In zwei Kantonen hat diese Bestimmung praktische Bedeutung: in den Kantonen Bern und Luzern, wo es neben der Kantonalbank noch eine staatliche Hypothekarkasse gibt;.

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Art. 4. Die Umschreibung des Begriffes ,,Schweizerische Bodenkreditanstalt11 ist bis auf untergeordnete Unterschiede dem Stempelgesetz Art. 13, Absatz 3, und der Stempelverordnung Art. 10, Absatz 2, entnommen.

Notwendig erschien die Einschaltung, dass die der Anerkennung einer Anstalt als Bodenkreditinstitut zugrunde liegende Bilanz den.Vorschriften des Bundesrates (Art. 35) entsprechen müsse. Sonst könnte eine Kompensation zwischen Aktiven und Passiven vorgenommen werden, wobei dann die ausgewiesene Bilanzsumme kleiner und der Prozentsatz der Bodenkreditforderungen gröeser erschiene. Ferner war es gegeben, zu den im inländischen Bodenkreditgeschäft erworbenen Forderungen auch die inländischen Pfandbriefe zu rechnen und desgleichen die Vorschüsse mit Kündigungsfristen, von mindestens drei Monaten. Da die Kontokorrentkredite nicht unter den in diesem Artikel umschriebenen Begriff ,,Vorschüsse" fallen, brauchten sie auch nicht besonders ausgeschlossen zu werden.

Art. 5 muss im Zusammenhange mit Art, 6 beurteilt werden. Da nach diesem Artikel das Eigenkapital der Pfandbriefzentrale angelegt werden kann unter anderem in Gülten und sonstigen "Wertpapieren, so kommt es für die Zentrale praktisch auf dasselbe heraus, wenn die Mitglieder ihren Kapitalanteil nicht in bar einzuzahlen brauchen, sondern dafür Gülten oder andere Wertpapiere verpfänden. Für die Mitglieder aber und damit für die Gründung und Ausdehnung einer Zentrale bedeutet diese Vergünstigung eine wesentliche Erleichterung. Die Mitglieder sind nicht gezwungen, Wertpapiere auf den Markt zu werfen und zu versilbern, sondern können sie der Pfandbriefzentrale, allerdings mit Überdeokung, in Pfand geben.

Nun soll auf der andern Seite der Art. 6 mithelfen, das Gültgeschäft zu fördern. Damit der Art. 6 nicht durch den Art. 5 durchbrochen werde, begünstigen wir die Verpfändung von Gülten. Die Nationalbank beleiht nämlich die allerbesten Wertpapiere bis zu 90 °/0 des Börsenkurses, wogegen der Art. 5 bei der Verpfändung von Gülten nur einen Kurseinschlag von 5 */o verlangt.

Es gibt nun allerdings Banken, zumal auf dem Lande, die über keine oder nur wenige Gülten verfügen und ihre Wertpapiere je weilen zu vorübergehender Geldbeschaffung bei der Nationalbank zu lombardieren pflegen. Solche Institute sind daher nicht in der Lage, vom Art. 5 Gebrauch
zu machen. Sollte man ihnen nicht gestatten, auch Schuldbriefe mit einem gewissen Kurseinschlag zu verpfänden? So einfach, praktisch und billig diese Art der Finanzierung der Pfandbriefzentralen auch scheinen mag, so können wir doch nicht umhin, sie abzulehnen, weil sie mit den verschiedenen Zielen des Art. 6 im Widerspruch steht, die eigenen Mittel der Zentrale jeder Elastizität bar wären und schliesslich andere, zweckdienlichere Erleichterungen der Finanzierung gestattet sind.

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Nach dem ersten Vorentwurfe des Finanzdepartementes sollten nur solche Kreditanstalten Mitglieder einer Pfandbriefzentrale ·werden können, die von ihr Vorschüsse beziehen und Grund- oder Stammkapital von mindestens 5 vom Hundert der gewährten Vorschüsse übernehmen. Wir haben diese Vorschrift fallen lassen, damit solche Banken, die sich aus blosser Solidarität mit ihresgleichen oder schwächeren Instituten einer Zentrale anschliessen wollen, selbst aber keinen Vorschussbedarf haben, von der Beteiligung nicht ausgeschlossen sind. Im übrigen soll die Verteilung des Grund- oder Stammkapitals Sache der freien Vereinbarung unter den Mitgliedern sein.

Wir verweisen auch auf den Art. 12, wonach die Schuldverpflichtungen einer Zentrale nicht grösser sein dürfen als das Zwanzigfache ihres eigenen Kapitals.

Art. 6. Dem Wunsche landwirtschaftlicher Kreise entspricht es, dass die Pfandbriefzentrale auch eigene Grundkreditgeschäfte botreiben könne, und zwar solche, die nach ihrer Auffassung von den bestehenden Banken und Kassen vernachlässigt werden. Daher soll die Zentrale zunächst ihr Eigenkapital, das mindestens 5 °/0 des Pfandbriefumlaufes betragen wird (Art. 12), in Gülten, Meliorationshypotheken und Meliorationsbaukrediten anlegen dürfen. Damit nicht genug, soll sie die Möglichkeit haben, 10 °/o des Pfandbriefumlaufes zum Ankaufe von Gülten und Meliorationshypotheken zu verwenden. Die Anlage in solchen eigenen Hypothekargeschäften kann also unter Umständen mehr als 15 °/0 der Bilanzsumme betragen.

Wohl verstanden sind nur die Meliorations h y p o t h e k e n gemäss ZGB 820 als Pfandbriefdeckung verwendbar (siehe auch Art. 16), nicht aber die Meliorations b au kr e di te. Diese fallen nur als Anlage für das E i g e n k a p i t a l der Zentrale in Betracht. Die Sicherheit der Pfandbriefdeckung durch Meliorationshypotheken gemäss ZGB 820 steht ausser Frage. Eine Revision der Artikel 820, 821 und 836 ZGB, wie sie von landwirtschaftlichen Mitgliedern der Expertenkommission angeregt worden ist, wäre keine Vorbedingung für die Schaffung des Pfandbriefgesetzes.

Unser Justizdepartement hat sich in einem Gutachten vom 17. März 1923 dagegen ausgesprochen, dass die angeführten 3 Artikel des Zivilgesetzbuches gleichzeitig mit dessen Pfandbriefbestimmungen revidiert werden.

Damit die Befugnis der Pfandbriefzentrale,
ihr Eigenkapital und den zehnten Teil ihres Plandbriefumlaufes in Gülten und Meliorationsdarlehen anzulegen, nicht missachtet werde und überhaupt die Interessen der Hypothekarschuldner gewahrt bleiben, kann der Bundesrat nach Art. 34 einen Vertreter derselben in den Verwaltungsrat der Zentrale abordnen.

Der Begriff ,,nationalbankfähige Wechsel und Wertpapiere" ist in der Bankpraxis geläufig. Es sind Forderungen, die.von der Nationalbank auf Grund ihrer Vorschriften diskontiert und lombardiert werden.

Die ,,sonstigen Bankgeschäftea glattweg zu verbieten, geht nicht an, «s sei denn, man wolle den Zentralen jegliche Bewegungsfreiheit nehmen

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und ihre Emissionstätigkeit erschweren. Hat beispielsweise eine Pfandbriefemission nur teilweisen Erfolg gehabt, so muss die Zentrale den nicht plazierten Betrag ins eigene Portefeuille nehmen und vorübergehenden Lombardkredit beanspruchen können. Umgekehrt kann sich der Fall ereignen, dass einer Zentrale aus einer besonders günstigen Emission vorübergehend Gelder zur Verfügung stehen, die nicht sogleich vollständig in ^Vorschüssen" an die Mitglieder untergebracht zu werden vermögen und daher eine Zwischenanlage erheischen. Oder es gelangen Vorschussbegehren an die Zentrale, ohne dass es sich im Augenblicke empfiehlt, eine Pfandbriefanleihe aufzunehmen, entweder weil der Betrag zu klein ist, oder weil die Jahreszeit für Emissionen ungünstig erscheint oder der Kapitalmarkt für nur vorübergehend angespannt gehalten wird, Die Anlage in eigenen Pfandbriefen ist nicht zu beanstanden, denn die Zentrale wird mitunter in den Fall kommen, zur Stützung des Kurses ihrer Pfandbriefe solche Titel an der Börse aufzukaufen. Ausserdem musa die Zentrale in der Lage sein, an ihren Kassenschaltern und denjenigen ihrer Mitglieder jederzeit freihändig eigene Pfandbriefe zu verkaui'en.

Die Möglichkeit, das Eigenkapital in laufender Rechnung bei ihren Mitgliedern anzulegen, verfolgt den Hauptzweck, die Einzahlung des Grund- oder Stammkapitals durch die Mitglieder zu erleichtern. Die Mitgliedbank schreibt der Zentrale den einzuzahlenden Kapitalanteil auf Kontokorrent gut, womit die Einzahlung als erfolgt und der einbezahlte Betrag gleichzeitig bei der Mitgliedbank als in laufender Rechnung angelegt erscheint.

Die Einzahlungserleichterungen gemäss Art. 5 und 6 des vorliegenden Entwurfes kommen in letzter Linie wiederum dem Hypothekarschuldner zugute. Je weniger umständlich und kostspielig die Gründung und der Betrieb der Pfandbriefzentrale ist, desto kräftiger werden sich die Banken bei ihrer Anlagekundschaft für den Pfandbrief einsetzen und desto populärer wird dieser neue Anlagetyp, Art. 7. Der Steuerfreiheit, die dieser Artikel einräumt, ist nach zwei Richtungen eine Grenze gesteckt.

Subjektiv ist die steuerrechtliche Begünstigung auf die Pfandbriefzentralen beschränkt; den Einzelpfandbriefstellen wird sie nicht gewährt.

Diese Ordnung entspricht der Verschiedenartigkeit in der Organisation und Betätigung der beiden
Arten von Pfandbriefanstalten. Die Pfandbriefzentralen dienen fast ausschliesslich der Verbreitung des neu zu schaffenden Pfandbriefes, dessen Einführung erleichtert werden soll ; die Einzelpfandbriefstellen dagegen behalten den Charakter einer Kreditanstalt im herkömmlichen Sinne und betreiben die Pfandbriefausgabe nur nebenbei.

Objektiv wird das Steuerprivileg auf die direkten Steuern des Bundes, der Kantone und der Gemeinden, unter Vorbehalt der Grundsteuern der Kantone und Gemeinden, beschränkt. Die indirekten Steuern, wozu auch

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die eidgenössischen und kantonalen Stern pclabgaben gehören, die Gebühren und die Vorzugslasten dagegen sind unier allen Umständen zn befahlen.

Für die Befreiung der Pfaudbriefzentralen von den direkten Steuern, d. .h. also von den Steuern auf dem Kapital (-Vermögen) und dem Ertrage (Einkommen), sprechen folgende Gründe: Das Grund- oder Stammkapital der Zentralen erscheint in Form von Aktien oder Anteilscheinen in den Bilanzen der Mitgliedbauken, wie auch der Reinertrag der Zentralen in der Gewinn- und Verlustrechnung der Mitgliedbanken zum Vorschein kommt. Würden Vermögen und Einkommen der Zentralen durch die eidgenössische Kriegssteuer und die kantonalen und kommunalen Vermögens- und Einkommenssteuern belastet, währenddem die Mitgliedbanken für ihre Beteiligung am Vermögen und Einkommen der Zentralen ohnehin besteuert werden, so ergäbe sich daraus, wirtschaftlich betrachtet, eine Doppelbesteuerung, welche die Mitgliedbanken gegenüber den Einzelpfandbriefanstalten ungebührlich benachteiligen würde. Die Errichtung von Pfandbriefzentralen würde dadurch gehemmt. Sie soll aber nicht erschwort, sondern eher erleichtert werden. Die Steuerfreiheit stellt die Zentralen grundsätzlich auf gleichen FUSS mit den Einzelanstalten und räumt ihnen sogar einen bescheidenen Vorteil ein, insofern wohl der im Geschäftsergebnis enthaltene E r t r a g der Reserven der Pfandbriefzentralen in der Gewinn- und Verluatrechnung ihrer Mitglieder erscheint, nicht aber der dem Aktienbesitz entsprechende Anspruch auf die R e s e r v e n der Zentralen in den Bilanzen der Mitglieder. Diese Reserven bezahlen somit als Vermögen weder mittelbar noch unmittelbar eine Steuer.

Die Steuerfreiheit macht hingegen Halt vor den indirekten Steuern, den Gebühren und Vorzugslasten. Die Zentralen haben also namentlich auch die eidgenössischen Stempelabgaben zu bezahlen. Andernfalls wären die Einzelpfandbriefanstalten namentlich durch den eidgenössischen Emissions- und Couponsstempel benachteiligt. Die Zentralpfandbriefe treten an die Stelle von Kassenobligationen der Mitgliedbanken. Um den Betrag der bezogenen Vorschüsse haben die Mitgliedbanken weniger stempelbelastete Wertpapiere im Umlaufe und um den Betrag der Zinsen der Vorschüsse haben sie weniger stempelabgabepfliehtige Coupons einzulösen.

Ea ist nur gerecht, wenn statt dessen die
Zentralpfandbriefe abgabepflichtig sind. Da für die Pfandbriefe gemäss Art. 13, lit. c, des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1917 nur die Hälfte der normalen Effektensteuer zu entrichten ist und die Mitgliedbauken häufig keine Bodenkreditanstalten sein werden, so bringt die Beteiligung an einer Pfandbriefzentrale, trotz der Beschränkung ihrer Steuerfreiheit auf die direkten Steuern, vielen Kreditanstalten nicht zu unterschätzende Vorteile.

Endlich soll allfälliges Grundeigentum der Zentralen nicht steuerfrei sein. Zum mindesten für den Anfang wird die "Gesehäftsleitung der Zentralen wohl einer Mitgliedbank anvertraut werden. Entwickelt sich der Geschäftsbetrieb der Zentralen zum Vorteil der Mitglieder derart, dass

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sich die Anschaffung eines eigenen Gebäudes empfiehlt, so darf der Zentrale ruhig zugemutet werden, die mit Grundeigentum verbundenen kantonalen und kommunalen Lasten zu tragen. Von der eidgenössischen Kriegssteuer soll das Grundeigentum veiechont bleiben. Praktisch hat diese Befreiung deshalb keine nennenswerte Bedeutung, weil der Grundbesitz der Pfandbriefzentralen nie grossen Umfang annehmen wird, zumal nicht bis zum Zeitpunkte, wo die eidgenössische Kriegssteuer dahinfällt.

Der Begriff ,,direkte Steuer^ ist in der schweizerischen Verwaltungsund Gerichtspraxis fest umrissen und vom Begriff ,,indirekte Steuer"1 streng und unzweideutig geschieden.

Art. 8. Da stille Reserven nicht in der Bilanz ausgewiesen werden, dürfen sie auch nicht in die Berechnung des Eigenkapitals einbezogen werden. Welche Bilanzposten im übrigen als Reserven im eigentlichen Sinne des Wortes zu betrachten sind, wird von Fall zu Fall zu entscheiden sein. Oft wird als Reserve bezeichnet, was tatsächlich nur ein Ausgleichs- oder Berichtigungsposten für zu hoch bewertete Aktiven ist. Das gilt z. B. vom Erneuerungsfonds und vom Delcrederefonds, die im allgemeinen keine eigentlichen Reserven darstellen. Freilich vermögen auch die Korrektivposten zu hoch angesetzt zu sein, so dass darin wirkliche Reserven verborgen sind. Es ist oft schwer, die Grosse des Eigenkapitals einer Unternehmung annähernd genau festzustellen.

B. Die Ausgabe Ton Pfandbriefen und die Bewilligung von Torschüssen.

Art. 9. Es ist absichtlich davon abgesehen worden, ein einheitliches Formular vorzuschreiben. Pfandbriefe sind keine Banknoten, kein Geld, sondern Kapitalanlagen, die an der Börse je nach dem Ansehen des Schuldners, der Höhe des Zinsfusses, der Rückzahlungsfrist usw. verschiedene Kurse haben. Nur innerhalb des gleichen Anleihens und der gleichen Serie sind sie vertretbar, beliebig lieferbar und haben denselben Kurs.

Es ist daher richtiger, wenn die verschiedenen Anleihen und Serien eich auch äusserlich, in der Grosse, Farbe usw. voneinander unterscheiden.

Es entsteht dann nicht der irrtümliche Eindruck, als ob es nur einen einzigen Pfandbrieftypus gebe.

Die gleichen Erwägungen sprechen hingegen für die Vorschrift eines einheitlichen Inhaltes für alle Pfandbriefe. Der Pfandbrief soll sich von allen andern Wertpapieren unterscheiden. Dieser einheitliche Inhalt hätte die, wichtigsten Deckungs- und Überwachungsbestimmungen des vorliegenden Gesetzentwurfes klar und bundig zusammenzufassen.

Zu Absatz 2 ist folgendes zu bemerken : der Pfandbrief wurde überall als Wertpapier geschaffen". Das Verhältnis der Forderung zur Urkunde ist nicht anders als bei unversicherten Anleiheusobligationen. Die Übertragung zu Eigentum und die Verpfändung des Pfandbriefes stehen unter

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·den für die Wertpapiere im allgemeinen aufgestellten Vorschriften (ZGB £99 ff.), so dass es einer beeondem Ordnung für sie nicht bedarf. Ausser«iera gelten für den Pfandbrief, der auf den Inhaber lautet, die Vorschriften des OR 847, Art. 10. Die Unkündbarkeit des Pfandbriefes durch den Gläubiger gilt als eines der wesentlichen Merkmale des Begriffes Pfandbrief, wo immer er in der juristischen und banktechnischen Literatur und in der Gesetzgebung verwendet wird. Wollte man etwa in der Hoffnung, den Pfandbrief im schweizerischen Publikum leichter plazieren zu können, die Unkündbarkeit beschränken oder fallen lassen, so wäre es jedenfalls richtiger und würde viele Missverständnisse verhüten, wenn auf den Ausdruck Pfandbrief verzichtet würde.

Durch die Ausgabe von Pfandbriefen in der Schweiz soll die Anlagekundschaft der Banken und Sparkassen dazu erzogen werden, dem Hypothekarkredit langfristiges Kapital zur Verfügung zu stellen. Je mehr solches Kapital bei den Banken und Sparkassen liegt, desto weniger unterliegen sie den Schwankungen des Zinsfusses und desto weniger sind sie .gezwungen, von ihren Hypothekarschuldnern die Rückzahlung des Darlehens oder die Entrichtung eines höheren Zinses zu verlangen. Dafür »ber, dass die Banken den Vorteil der Unkündbarkeit des Pfandbriefes durch den Gläubiger nicht für sich allein ausnutzen, sondern ihren Schuldnern zukommen lassen, sorgt einmal die freie Konkurrenz unter der grossen Zahl von Bodeokreditanstalten, Kantonalbanken und andern Banken, die das Bodeukreditgeschäft im Nebenzweige betreiben, und sorgt ferner die in solchen Dingen stets wachsame und äusserst empfindliche öffentliche Meinung.

Im Gegensatze zur Unkündbarkeit des Pfandbriefes durch den Gläubiger steht die Kündbarkeit durch den Schuldner. Dieser wird von seinem Vorrechte nur dann Gebrauch machen, wenn auf dem offenen Kapitalmarkte der Zins unter demjenigen steht, der für die umlaufenden Pfandbriefe bezahlt werden muss. Durch diese Möglichkeit vermag der Pfandbriefschuldner jederzeit aus einem Zinsfussrückgange Vorteil zugunsten der Hypothekarschuldner zu ziehen, bleibt dagegen, solange das Anleihen läuft, von Zinsfusserhöhungen verschont. Die Frage ist nur die, ob solche Pfandbriefe, die alle Vorteile der künftigen Zinsfussbewegung den Schuldnern zuhalten, Absatz finden. Weil ein gewisser
Zweifel berechtigt erscheint, ist in Absatz 2 vorgesehen, dass der Schuldner das Anleihen in allen Fällen nicht vor Ablauf von 5 Jahren zurückbezahlen darf. Dagegen steht «s ihm frei, diese Sperrfrist, innerhalb welcher er auf die Rückzahlung verzichtet, im Anleihensvertrage sogar auf 10 Jahre auszudehnen, aber nicht darüber (eine Bestimmung, die dem § 8 des deutschen Hypothekcnbankgesetzes entspricht). Durch diese Bindung des Schuldners dürfte es möglich sein, die Anlagesuchenden zu interessieren. Allerdings hat die Bindung auf der andern Seite zur notwendigen Folge, dass der Schuldner

556 in Zeiten des hohen, aber als vorübergehend betrachteten Zinsstandes sich zweimal besinnt, bevor er Pfandbriefe ausgibt, und dass er es unter solchen Umständen vorzieht, im ureigensten Interesse der Hypothekarschuldner, Kassenscheine zu emittieren. Weil diese Kassenscheine gewöhnlich weniger lang als 5 Jahre laufen, halten sie einen hohen Zins auch, woniger langfest als die Pfandbriefe.

Über die Frage, ob das Gesetz die Ausgabe von Pfandbriefen mit veränderlichem Zinsfusse gestatten solle, haben wir uns irn allgemeinen Teile der Botschaft im verneinenden Sinne ausgesprochen.

Die Pfandbriefe werden wohl als nach einer festen. Anzahl Jahre fällig oder als auf einen bestimmten Termin durch den Schuldner kündbar ausgestellt werden. Weniger lang als 5 Jahre kann der Pfandbrief nicht laufen. Die Rückzahlung eines Pfandbriefanleihens kann auch durch Auslosungen nach einem bestimmten Plan erfolgen, wobei jedoch die Teilrückzahlungen nicht vor Ablauf der ausbedungenen Sperrfrist beginnen dürfen. Die Rückzahlungsweise durch Auslosungen ist in der deutschen Schweiz weniger gebräuchlich als in der welschen oder im Auslande.

Art. 11. Vor ihrer Ausgabe muss die Deckung der Pfandbriefe bereits bestellt sein. Wird dadurch nicht die Finanzierung des Hypothekargeschäftes erschwert? Kaum, denn bei einem Bestände von etwa 4^/2 Milliarden Franken erster Hypotheken werden unsere Banken und - Sparkassen stets in der Lage sein, aus ihrem vorhandenen, das heisst also bereits finanzierten Hypothekenportefeuille die nötige Deckung für die Ausgabe neuer Pfandbriefe auszusondern. Im Anfange wird es sich ohnehin zumeist darum handeln, zum Verfall kommende Kassenobligationen durch Pfandbriefe zu ersetzen. Gilt es dagegen, neue Hypothekardarlehen mit neuem Gelde zu gewähren, so wird die Bank zunächst alte Hypothekarforderungen ihren Beständen entnehmen und als Pfandbriefdeckung verwenden; später kann sie, wenn es ihr passt, die alten Titel gemäss Art. 17 durch die neuen ersetzen.

Art. 12 stellt eine Sicherungsm assnah me dar. Je grösser das Aktienoder Genossenschaftskapital im Verhältnisse zu den Schuldverbindlichkeiten eines Unternehmens ist, desto günstiger wird seine Lage im allgemeinen beurteilt. Dabei fällt die Art der Geschäftstätigkeit mit ins Gewicht. Von den Hypothekenbanken mit g e m i s c h t e m Geschäftsbetrieb
muss verlangt werden, daas sie ein verhältnismässig grösseres Garantiekapital bereithalten als die Pfandbriefzentralen mit ihrem fast reinen Bodenkreditgeschäfte. Die Zahlen 12 und 20 sind nicht willkürlich gewählt, sondern stehen im gleichen Verhältnisse zueinander wie die Bodenkreditanlagen von 60 und 100 % (Art. 4 und 6) und das Eigenkapital von 5 und 8. Millionen Franken (Art, 2}.

: Art. 13. Diese Bestimmung hat den Zweck, Banken und Kassen, die selbst nicht Pfandbriefe ausgeben dürfen oder wollen, den gleichen Vor-

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teil der Langfristigkeit des Darlehens zu verschaffen, wie wenn sie eigene Pfandbriefe emittiert hätten.

Art. 14. Die vorschussnehmende Anstalt darf also den Vorschuss jederzeit mit solchen Pfandbriefen zurückzahlen, zu deren Deckung der Vorschuss zusammen mit andern, seinerzeit bestellt worden ist. Es ist selbstverständlich, dass in diesem Falle auch der entsprechende Anteil an den Emissionskosten des betreßenden Anleihens vergütet werden muss Zumal bei Unterpariemissionen mögen die zu tilgenden Kosten jeweilen nicht unbeträchtlich sein.

·

C. Die Deckung der Pfandbriefe und Torschüsse.

Art. 15 bringt den Grundsatz der Deckung zum Ausdrucke. Die Pfandbriefe oder Vorschüsse müssen danach durch schweizerische Grundpfandforderungen gedeckt sein, die mindestens den gleichen Kapitalbetrag und den gleichen Zinsertrag aufweisen.

Zunächst ist der. Begriff ,,Forderung" zu erläutern. Darunter sind alle Arten von Grundpfandforderungen verständen, nämlich sowohl die in Wertpapieren mit öffentlichem Glauben. verbrieften Schuldbrief- und Gültforderungen als die blossen Grundpfandverschreibungen, für die ein Pfandtitel nicht ausgestellt wird (ZGB Art. 825, Abs. 2), Die Zulassung von Grundpfandverschreibungen zur Deckung mag streng rechtlich nicht unbedenklich erscheinen. Der Schuldner einer solchen Urkunde kann nämlich ihrem Erwerber alle Einreden entgegenhalten, die der Forderung des Abtretenden entgegenstehen (OR Art. 169). Wollte das Gesetz den Grundpfandverschreibungen die Deckungsfähigkeit vorenthalten, so könnte die West- und Nordwestschweiz, wo die Grundpfandverschreibung gang und gäbe ist, aus dem Pfandbriefe keinen Nutzen ziehen.

Für. andere schweizerische Landesteile, zumal Kantone mit gesetzlichem Maximalzinsfusse für Hypotheken, ist der letzte Satz des Art. 15 von Bedeutung, dass Vorschüsse mit festen Schuldsummen und festen Verfallzeiten oder Kündigungsfristen von mindestens drei Monaten, deren Faustpfand ausschliesslich aus schweizerischen Grund pfandforderungen besteht, den unmittelbaren Grundpfandforderungen gleichgestellt werden.

Praktisch ist die Sicherheit gleichwertig, rechtlich besteht zweifellos ein Unterschied, insofern im einen Falle das Grundstück unmittelbar haftet, im andern Falle nur durch Vermittlung der Grundpfandforderung. Doch behalten sich die Banken stets das Recht vor, das Faustpfand auf dem ihnen gutscheinenden Wege zu veräussern, wenn der Schuldner nach Verfall und Mahnung mit der Rückzahlung oder Verzinsung im Rückstaude bleibt.

Wenn die Grundpfandforderungen mindestens den gleichen Nennwert und gleichen Zinsertrag haben müssen wie die zu deckenden Pfandbriefe oder Vorschüsse, so bedingt diese Vorschrift, dass Grundpfandforderungen

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zu tieferem Zinsfusse als dem Pfandbrief- oder Vorschusszinsfuss in entsprechend grösserem Kapitalbetrage als Deckung bestellt werden müssen, damit die Zinserträge Übereinstimmen.

Wir haben davon abgesehen, vorzuschreiben, dass die Deckung ganz oder teilweise aus Amortisatioushypotheken zu bestehen habe. Einmal sind solche Hypotheken, nach mancherlei gescheiterten Versuchen, zumal in der deutschen Schweiz, nicht sehr verbreitet. Dann drängt sich bei ersten Hypotheken, die allein als Pfandbrief- und Vörschussdeckung in Betracht kommen, eine planmässige Tilgung in viel geringerem Masse auf als bei den nachstelligen Hypotheken. Endlich fällt es dem Landwirt in schlechten Jahren oft schwer, die Tilgungsquote aufzubringen ; es besteht die Gefahr, dass er sein Betriebskapital schmälert oder neue Schulden za härteren Zins- und Rückzahlungsbedingungen eingeht. Sobald es der Landwirtschaft gut geht, werden in der Regel aus freien Stücken grosse Kapitalabzahlungen geleistet. In Landesgegenden mit zahlreichen kleinen Verschreihungen würde eine Verpflichtung zur Amortisation infolge der vielen kleinen Tilgungsleistungen und Grundbucheintragungen den Kredit verteuern. Das schweizerische Bauernsekretariat hat in seiner Vemehmlassung vom 14. Juni 1922 empfohlen, im Pfandbriefgesetze die Amortiaationsfrage nicht zu berühren.

Art. 16. tn diesem bescheidenen Umfange Kommunaldarlehen zur Deckung der. Pfandbriefe und Vorschüsse zuzulassen, hat gewiss keine Bedenken. Die aufgeführten öffentlich-rechtlichen Körperschaften müssen das Recht der Steuererhebung haben. Praktisch kommt eine schweizerisch» Gemeinde nie in Zwangsliquidation.

Den gleichen Bruchteil ihres Pfandbriefumlaufes darf die Pfandbriefzentrale im eigenen Geschäfte in Gülten und Meliorationshypotheken anlegen. Siehe darüber die Erläuterungen zu den Artikeln 6 und 34.

Art. 17 bedarf keines Kommentars.

'. Art. 18. In denjenigen Ausnahmefällen, wo eine Auffüllung der Deckung oder eine Verminderung der umlaufenden Pfandbriefe oder bezogenen Vorschüsse nicht sofort durchzuführen ist, muss für Ersatzdeckung; gesorgt werden. An die Stelle der Ersatzdeckung hat möglichst rasch wieder Normaldeckung zu treten.

Geht der (bezahlte oder Geld-} Tageskurs der öffentlich kotierten Schuldverschreibungen des Bundes, der Kantone oder Gemeinden zurück, so ist die Deckung
entsprechend aufzufüllen; steigt er, so wird ein Teil der Deckung frei und anderweitig verfügbar.

Wird die Pfandbrief- oder Vorschussdeckung durch Geld ergänzt, so ist darauf zu .achten, dass gemäss Art. 16 auch für die fälligen und laufenden Pfandbrief- oder Vorschusszinsen Deckung vorhanden ist.

Unter Geld ist hier zu verstehen, was die Praxis gemeinhin als solches betrachtet und behandelt: Münzen mit gesetzlichem Kurse, Noten der

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Schweizerischen Nationalbank (auch wenn deren gesetzlicher Kurs aufgehoben wird), Giroguthaben bei der Schweizerischen Nationalbank und bei der eidgenössischen Post.

Im vorliegenden Gesetzesentwurfe ist immer dann von Deckungs,, werten", im Gegensatze zu den Deckungs^forderungen"1, die Rede, wenn auch das Geld in den Deckungsbegriff einbezogen sein soll. Zwar sind die Banknoten und Giroguthaben rechtlich ebenfalls Forderungen, wenn auch nicht die Münzen, aber im Geschäftsleben wird kein Unterschied gemacht, gelten sie schlechthin als Geld und werden den Forderungen gegenübergestellt.

In unserem Begriffe ,,Deckungswerte"1 sind die Deckungsforderungen und das als Ersatzdeckung dienende Geld gemeinsam eingeschlossen.

Art. 19. Die zur Deckung und Ersatzdeckung bestimmten Forderungen und das zur Ersatzdeckung bestimmte Geld sollen vom übrigen Vermögen ausgesondert sein und davon getrennt verwahrt werden. Ferner sind die Deckungswerte in ein Register einzutragen, das von der pfandbriefausgebenden Einzelanstalt oder dem vorachussnehmenden Mitglied einer Pfandbriefzentrale selbst geführt wird. Geld, also Münzen, Banknoten und Giroguthaben, ist dabei nicht nach einzelnen Stücken, sondern nur als Summe einzutragen..

Die Eintragung ist ihrer rechtlichen Natur nach nicht nur Ordnungsvorschrift, sondern konstitutiv. Das Pfandrecht im Sinne des Gesetzesentwurfes wird erst durch die Eintragung in das Pfandregister begründet.

Siehe darüber im weitern die Erläuterungen zum folgenden Artikel.* Art. 20. Diese Bestimmung ist der Dreh- und Angelpunkt der ganzen Vorlage und stimmt in den Hauptpunkten überein mit dem Art. 916 ZGB.

Die Deckung der Pfandbrief- und Vorschussgläubiger erfolgt danach nicht auf dem durch die allgemeine Pfandrechtsordnung gewiesenen Wege, sondern durch das in diesem Gesetze vorgesehene besondere Pfandrecht, wie es mit der Eintragung in das Deckungsregister entsteht.

Es würde den Ansohluas der Banken und Kassen an eine Pfandbriefzentrale ausserordentlich erschweren und die Lust, Vorschüsse von der Zentrale zu beziehen, in vielen Fällen im Keime ersticken, wenn als Regel verlangt würde, dass die zur Sicherung verpfändeten Grundpfandforderungen und Gemeindedarlehen von der Zentrale zu verwalten seien. Zwischen den Banken und Kassen auf der einen Seite und den Grundbuchämtern auf der andern
Seite besteht ein reger Verkehr. Täglich wandert eine grosse Menge Hypothekartikel hin und her, weil Änderungen im Unterpfande, im Kapitalbetrage, in der Zinshöhe usw. vorzumerken sind. Eine Zentrale wäre nie in der Lage, diese Arbeit gleich rasch und billig zu besorgen.

Auch würde es dem Kredit einer Kantonal- oder Lokalbank Abbruch tun, wenn der Hypothekarschuldner nicht mehr mit ihr selbst, sondern mit einem ihm fremden Institute zu verkehren hätte. Es ist vorgeschlagen worden, der Zentrale zwar die Originaltitel auszuhändigen, für die vor-

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schussnehmenden Mitglieder dagegen beglaubigte Abschriften ausfertigen zu lassen und ihnen die Verwaltung anzuvertrauen. Die Ausfertigung solcher beglaubigter Kopien ·wäre jedoch sehr zeitraubend lind kostspielig, namentlich in jenen Landesteilen, wo die kleinen Hypothekartikel vorherrschend sind. Oft musate auch von der Zentrale die vorabergehende Aushändigung der Originaltitel verlangt werden. Wollen wir durch den Pfandbrief den Hypothekarkredit nicht verteuern, sondern eher verbilligen, so müssen wir uns jedenfalls hüten, den Banken eine umständliche Geschäftsabwicklung und überflüssige Schreibarbeit aufzunötigen.

Art. 31 und 22 sind folgerichtige Anwendungen des im Art. 20 ausgesprochenen Grundsatzes, die Deckungswerte beim Vorschussschuldner zu belassen.

Art. 33. Diese Bestimmung hat Bedeutung einmal für solche Institute, deren Kredit einer Pfandbriefzentrale nicht als genügend gross erscheint, als dass sie 'als Mitglieder aufgenommen werden könnten, und sodann im Hinblick auf plötzlich ausbrechende lokale oder nationale Bank- und Wirtschaftskrisen^ während denen die Kredit- und Anschlusswürdigkeit geldbedürftiger Kreditanstalten von den Organen der Zentralen nicht von heute auf morgen beurteilt zu werden vermag. Es ist jedoch klar, dass man Banken, deren Kredit zur Aufnahme als Mitglied nicht genügt, oder innert nützlicher Frist nicht überprüft werden kann und die keinen Anteil am Aktien- oder Genossensohaftskapitale zu übernehmen haben, nicht gleich zu behandeln sind wie die Mitgliedbanken, sondern den Verhältnissen entsprechend etwas strenger. Daher wird die fauetpfändliche Übergabe -der Deckungswerte verlangt und ausserdem eine Überdeckung von mindestens 5 vom Hundert. Die mit der Auslieferung der Deckungswerte verbundene Lästigkeit in ihrer Verwaltung wird das vorschussnehmendo Institut dadurch zu vermindern trachten, dass es möglichst grosse Hypotheken in Pfand gibt. Wer die Inkassi zu besorgen, die Kosten eines Titelaustausches und die sonstigen Spesen zu tragen hat, das zu bestimmen wird Sache der freien Vereinbarung zwischen Vorschussgläubiger und -Schuldner sein.

Ist eine allgemeine Wirtschaftskrisis ausgebrochen und die Ausgabe von Pfandbriefen ausgeschlossen, so wird die nationale Notenbank, .die in solchen Zeiten ohnehin einen gewaltigen Thesaurierungsbedarf zu befriedigen hat, die Pfandbriefe im Rahmen ihrer währungspolitischen Grundsätze in Geld verwandeln.

D. Die Befriedigung aus dem Pfände.

Art. 2a will eine klare, unzweideutige betreibungs- und konkursrechtliche Sachlage schaffen.

.

Der vorliegende Entwurf führt ein Pfandrecht an Grundpfandforderungen von .Gesetzes wegen ein, wobei die Forderungen beim Schuldner Wäre nichts Besonderes bestimmt und würde der Gläubiger . verbleiben.

v

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für seine Forderung Betreibung anheben, so handelte es sich um eine solche auf Pfand Verwertung. Das wäre eine Spezialexekution. Jeder Gläubiger könnte von sich aus vorgehen und Betreibung verlangen. Die ganze Deckung käme damit auf dio Gant. Allerdings dürfte nur soviel verwertet werden, als die Forderung beträgt. Das gesonderte Vorgehen einzelner gläubiger wäre jedoch mit Art. 26 unverträglich, wonach alle Pfandbriefe und Vorschüsse in gleichem Range am Pfandrechte teilnehmen.

Wir haben uns daher für die Lösung entschieden, dass für Pfandbriefforderungen gegenüber Aktiengesellschaften und Genossenschaften auf Konkurs zu betreiben ist, weil sonst unhaltbare Verhältnisse geschaffen würden. Man stelle sich vor, es seien Pfandbriefe in verschiedenen Serien ausgegeben M'orden. Serie A sei heute fällig, Serie B in einem Jahre. Die Deckung sei ungenügend. Nun könnte, wenn nicht 4ie Vorschrift der Konkursbetreibung bestände, nur Serie A betreiben.

Dadurch wäre der Serie A die Möglichkeit gegeben, der Serie B alles vorwegzunehmen. Diese Möglichkeit würde den Pfandbrief in der Öffentlichkeit jeglichen Vertrauens berauben. Die Schlussfolgerung ist unabwendbar, dass, wenn es zur Zwangsvollstreckung kommt, nur die 'Generalexekution der Deckung Platz greifen darf. Es kommt hinzu, dass alle Beteiligten ein Interesse an der raschen Durchführung der Betreibung haben; der Ausschluss der Betreibung auf Pfandverwertung kommt diesem Bedürfnis entgegen, Schliesslich drängt sich die getroffene Lösung auch deswegen auf, weil für Pfandbrief- und Vorschussforderungen in der Praxis die Betreibung nur danu angehoben wird, wenn die Deckung ungenügend ist. In diesem Falle folgt der Konkurs aber ohnehin nach.

Es empfiehlt sich in diesem Zusammenhange, die Art. 38 bis 40 des Entwurfes ins .Auge zu fassen.

Die Regelung in Art. 24 steht nicht vereinzelt da. So heisst es in Art. 13 des Bundesgeseizes vom 24. Juni 1874 über die Verpfändung und Zwangsliquidation der Eisenbahnen: ,,Mit der Realisierung dos Pfandrechtes ist die Liquidation des ganzen Vermögens der Gesellschaft verbunden." Freilich liegen bei den Eisenbahnen ganz besondere Verhältnisse vor. Weiter ist auf das Bundesgesetz vom 8. März 1881 über die Ausgabe und Einlösung von Banknoten zu verweisen. Kommt nach Art. 26 dieses Gesetzes eine Emissionsbank der Pflicht
zur Einlösung ihrer besonders gedeckten Noten nicht rechtzeitig nach und hat der Inhaber solcher Noten die Nichteinlösung durch Protesterhebung amtlich feststellen lassen, «o ist er auf Grund von Art. 29 berechtigt, beim Bundesgericht die Zwangsliquidation (Konkurs) der betreffenden Emissionsbank zu verlangen, Art. 25. Es bleibt nicht nur beim Pfandrechte, es wird ausdrücklich noch ein Konkurs Vorrecht statuiert. Die Erwägungen, die dazu geführt haben, sind im 11. Kapitel des allgemeinen Teiles dargelegt worden.

Art. 26. Alle Deckungswerte haften gemeinsam und iin gleichen Range für alle ausgegebenen Pfandbriefe und bezogenen Vorschüsse, ohne Bundesblatt. 77. Jahrg. Bd. III.

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Rücksicht auf die Zeitfolge ihrer Ausgabe oder Benützung. Da schliesslicfo auch die Vorschüsse verschiedene Gläubiger haben können, ist es nicht überflüssig, auch sie in diesem Artikel zu erwähnen. Daf'ür spricht auch noch ein anderer Grund. Es kann sein, dass eine Anstalt gleichzeitig eigene Pfandbriefe emittiert und Vorschüsse von einer Pfandbriefzentrale bezieht. Trotzdem besteht nur ein einziges Deckungsregister und sind diePfandbrief- und Vorschussgläubiger pfand- und konkursrechtlich gleichgestellt.

Art. 27. Nach dem Entwurfe zur Revision der Titel 24 bis 33 des Obligationenrechtes ist vorgesehen, die Gläubigergeraeinschaft auf AnleihensObligationen zu. beschränken. Im Interesse der Gläubiger erscheint es jedoch angezeigt, die Pfandbriefe, seien sie durch Emission oder sonstwie ausgegeben, den Vorschriften über die Gläubigergemeinschaft zit unterstellen. Auf diese Weise kann, wenn sich eine Pfandbriefanstalt, nur vorübergehend in Zahlungsschwierigkeiten befindet, die Zwangsliquidation verhindert werden.

Art. 28. Hier handelt es sich nicht um ein Pfandrecht gemäss vorliegendem Entwurfe, sondern um ein Pfandrecht an Forderungen gemass Art. 899 bis 901 ZGB oder, banktechnisch gesprochen, eine Lombardierung von Wertpapieren oder sonstigen Forderungen, bei der die in Art. 28 gestattete Befriedigung aus dem Pfände allgemein üblich ist..

Die Geltung von Art. 894 ZGB bleibt unberührt.

E. Die Schätzung der Grandpfänder.

Art. 39. Die Art der Schätzung der für die Deckung der Pfandbriefe und Vorschüsse pfandrechtlich haftenden Grundstücke ist von entscheidenderBedeutung. Die Bewertungsgrundsätze gehen von Kanton zu Kanton und von Bank zu Bank zum Teil ziemlich stark auseinander. Der Entwurf verlangt nun nicht, dass alle pfandbriefausgebenden Banken genau dieselben Vorschriften der Bewertung zu befolgen hätten, sondern nur, daas die Réglemente dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen seien. DerBundesrat hat auf Grund der Begutachtung durch das eidgenössische Pfandbriefinspektorat dafür zu sorgen, dass die angewandten Grundsätze annähernd gleichwertig sind.

In denjenigen Landesgegenden oder bei solchen Banken, wo di&bisher gebräuchlichen Bewertungsregeln erheblich aus dem vom Bundesrate vorgezeichneten Rahmen herausfallen, kann natürlich nicht die Rededavon sein, dass alle haftenden Liegenschaften
allein aus diesem Grunde neu einzuschätzen seien. Das wäre zu kostspielig und würde der Benützung des Pfandbriefes als neuen Finanzierungsmittels schweren Eintrag: tun. Vielmehr sind wir der Auffassung, dass die auf überschätzten Liegenschaften haftenden Grundpfandforderungen zu entsprechend wenigerals zwei Dritteln des Verkehrswertes (Art, 31) zur 'Pfandbrief- oder Vor-

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schüssdeckuDg heranzuziehen seien. Darüber wird in der Vollziehungsverordnung zum vorliegenden Gesetze etwas zu sagen sein. Der Hauptzweck des Pfandbriefgesetzes ist die möglichste Ausbreitung des Pfandbriefes und nicht die Vereinheitlichung der Bewertungsgrundlagen, so erwünscht sie auch sein mag.

Der Art. 29 verlangt nicht, dass auch die vorschussnehmenden Mitglieder von Pfandbriefzentralen ihre Réglemente dem Bundesrate vorzulegen hätten. Es ist Sache der Zentrale, zu prüfen und dem Pfandbriefinspektorate Rechenschaft darüber abzulegen, ob die von ihren Mitgliedern benützten Schätzungsanleitungen mit ihrem eigenen, vom Bundesrate genehmigten Réglemente im grossen und ganzen übereinstimmen. Sie hat ja selbst das grösste Interesse daran, dass kein Mitglied vor dem andern bevorzugt werde.

Art. 30 zeichnet zwei Richtlinien der Bewertung. Es ist klar, dass für die Ermittlung des Verkehrswertes einer Liegenschaft nicht zufällige Umstände den Aueschlag geben dürfen, dass vielmehr die dauernden Eigenschaften wertbestimmend sein müssen, worunter derjenige Ertrag, den die Liegenschaft bei landesüblicher Bewirtschaftung jedem Besitzer nachhaltig gewährt. Weder soll die Gunst weniger Jahre, noch die besondere Tüchtigkeit des gegenwärtigen Eigentümers usw. die Schätzung beeinflussen.

Dient das Grundstück vorwiegend landwirtschaftlichen Zwecken, so ist die Schätzung nach dem Ertrage anzustreben. Dieser Grundsatz ist ein altes Postulat des schweizerischen Bauernsekretariates, an dem es mit allen Fasern festhält. Es hofft, durch seine Verwirklichung auf der einen Seite die Überzahlung und Überschuldung der Liegenschaften zu verhindern und auf der andern Seite die Besteuerung der landwirtschaftlichen Betriebe gerechter zu gestalten. Dabei versteht es unter Ertragswert einen objektiven Wert, der festgestellt wird ohne Rücksicht auf den augenblicklichen Bewirtschafter. Er richtet sich nach dem Ertrage bei landesüblich guter Bewirtschaftung durch einen durchschnittlichen Bewirtschafter.

In weitgehendem Masse könnte bei diesen Schätzungen auf die Rentabilitätsberechnungen des schweizerischen Bauernsekretariates abgestellt werden.

Im.allgemeinen sei der Ertragswert etwas niedriger als der Verkehrswert, doch liege der Unterschied der beiden Schätzungsarten weniger im materiellen Ergebnisse, als in der psychologischen
Wirkung auf den Kreditnehmer. Werde der Verkehrswert der Grundkreditgewährung zugrunde gelegt, so entstehe beim Landwirt der Eindruck, ein fiktiver Wert sei dabei massgebend. Das Pfandbriefgesetz, so wird im weitern das Postulat begründet, soll die Möglichkeit schaffen, dass mehr und mehr für die Schätzung der landwirtschaftlichen Grundstücke der Ertragswert zur Geltung komme. Um den Übergang zu erleichtern und um Kosten zu ersparen, soll für den Anfang so viel als möglich noch auf die bisherigen

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Sehätzungen abgestellt werden. Daher hat denn auch, die Fassung von Absatz 2 mehr die Form eines Programmes als einer zwingenden Gesetzesvorschrift. Das Gesetz soll die Ausdehnung der Ertragswertschätzung fördern helfen.

Die Banken werden gegen die Ausbreitung der Ertragswertschätzung kaum viel einwenden, sofern der der Beleihung zugrunde gelegte Ertragswert nicht höher ist als der Verkehrswert, die bereits vorliegenden Schätzungen unter Vorbehalt des Art. 29 Geltung haben und erst bei sonstwie notwendig gewordenen Neuschätzungen nach dem Ertrage zu bewerten ist. Müsaten die Banken hingegen, um ihre landwirtschaftlichen Hypotheken als Pfandbriefdeckung benützen zu können, auf eigene Kosten Neuschätzungen der Unterpfänder vornehmen lassen, so hätte dies die unerwünschte Folge, dass die landwirtschaftlichen Liegenschaften als Unterlage der Pfandbriefausgabe vernachlässigt und die Pfandbriefe der Landwirtschaft nur wenig Geld zuführen würden.

Wo, wie im Kanton Luzern, die Schätzung der ländlichen Grundstücke nach dem Ertrage durch kantonales Recht gemäss Art. 848, Abs. 3, ZGB bereits geordnet ist, wird der Bundesrat in der Vollziehungsverordnung zum vorliegenden Gesetze die Schätzungen anerkennen. Bekanntlich ist die Ertragswertschätzung im ganzen Kanton Zürich durchgeführt und der Besteuerung zugrunde gelegt worden. Auch für solche Kantone, die sich über die Zuverlässigkeit der vorhandenen Ertragswertschätzungeu ausweisen können, dürfte die Vollziehungsverordnung die Anerkennung der Schätzungen enthalten. ~ Endlich haben wir keine Bedenken, eine Vorschrift folgenden Inhaltes in die VollziehungsVerordnung aufzunehmen: ,,Haften die Gemeinden den pfandbriefausgebenderi oder vorsehussnehtnenden Einzelanstalten von Gesetzes wegen für deren Grundpfandforderungen, so wird für die betreffenden Grundstücke die amtliche Grundsteuerschatzung dem Verkehrswerte gleichgestellt1'-. Die Bestimmung hätte insbesondere Geltung für die Hypothekarkasse des Kantons Bern.

Art. 31. Auf landwirtschaftlichen und städtischen Liegenschaften haftende Hypothekarforderungen sollen bis zu höchstens zwei Dritteln des Verkehrswertes der Unterpfänder als Pfandbriel'deckung zugelassen sein.

Das ist die obere Grenze für beiderlei Grundstücke. Für die landwirtschaftlichen ist eine zweite obere Grenze vorgesehen, die aber nicht höher
als die erste liegen darf: fünf Sechstel des Ertragswertes, sofern eine Ertragswertschätzung vorliegt.

Von bäuerlicher Seite ist dieser Bruchteil in der Annahme angeregt worden, dass er den zwei Dritteln des Verkehrswertes am nächsten liege.

Durch die Wahl der fünf Sechstel werde erreicht, dass der als Pfandbriefdeekung in Betracht fallende Betrag sich meistens mit den zwei Dritteln des Verkehrs wertes decke. Das sei aber nicht etwa ein Grund, auf die

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zweite Grenze zu verzichten, denn die erzieherieche Wirkung auf den Landwirt und die Bedeutung für die Hebung des Kreditwesens seien ganz anderer Art, wenn man einen höhern Teilbetrag eines niedrigeren, aber effektiven Wertes als Grenze ansetze, als wenn man auf eine niedrigere Quote eines höhern, aber zum Teil fiktiven Wertes abstelle.

Art. 32. In der Expertenkommission war man der Meinung, dass für Bauplätze, industrielle Anlagen, Berghotels und Villen statt den zwei Dritteln als Höchstgrenze nur ein Viertel massgebend sein sollte.

Art. 33. Mit der Ausbeutung einer Grube oder eines Steinbruches schwindet auch ihr Ertrags- und Verkehrswert. Daher eignen sich solche Grundstücke nicht zur Pfandbrief- und Vorschüssdeckung.

F. Die Überwachung und der Entzug der Ermächtigung.

Art. 34. Um die öffentlichen Interessen und namentlich diejenigen der ländlichen und städtischen Hypothekarschuldner wirksam bei den Pfandbriefzentralen zu vertreten, ist der Bundesrat befugt, ein Mitglied des Verwaltungsrates zu ernennen. Das soll eine Gewähr dafür sein, dass die Verhandlungen im Verwaltungsrate nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor sich gehen, dass alles geschieht, was, ohne den guten Gang der Geschäfte zu beeinträchtigen, zum Wohle der Schuldner vorgekehrt zu werden vermag.

Art. 35. Durch diese Vorschrift sollen der breiten Öffentlichkeit, zumal der Presse, Anhaltspunkte zur Beurteilung der Verhältnisse geboten werden, soweit aus einer Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung überhaupt zuverlässige Schlüsse gezogen werden können. Der Verband schweizerischer Kantonalbanken veröffentlicht seit vielen Jahren die Monatsbilanzen seiner Mitglieder. Wenn dasselbe von den pfandbriefemittierenden Hypothekenbanken und den Pfandbriefzentralen verlangt wird, lässt sich dagegen gewiss kein ernsthafter Einwand geltend machen. Über das Schema wird man sich mit den Fachkreisen vor dem Erlasse der Vollziehungsverordnung verständigen.

Art. 36. Die Überwachung durch das eidgenössische Pfandbriefinspektorat erstreckt sich ausdrücklich nur auf die Geschäfts-, Buch- und Eassenführung der pfandbriefausgebenden und vorschussnehmenden Kreditanstalten, soweit sie sich auf die Ausgabe von Pfandbriefen und den Bezug von Vorschüssen und deren Deckung bezieht.

Soweit die Beamten des Pfandbriefinspektorates der Schweigepflicht zu unterstellen sind, soll die Vollziehungsverordnung die nötigen Bestimmungen enthalten.

Weitere Erläuterungen sind im 8. Kapitel des allgemeinen Teiles der Botschaft zu finden.

566 Art. 37. Die Inspektionen und Revisionen häufen sich nachgerade bei den Banken und Kassen. Werden. solche bereits durch ein Verbandsinspektorat scharf überwacht, so ist der Bundesrat bereit, auf selbständige Inspektionen des eidgenössischen Pfandbriefinspektorates zu verzichten.

Wir wollen nicht zur Vermehrung der Bankspesen beitragen und die Belästigung der Bankorgane nicht unnötig vergrössern. Immerhin bleibt dem eidgenössischen Inspektorate dio Oberaufsicht ausdrücklich vorbehalten.

Art. 38. Die Frist, innerhalb der für Abhilfe gesorgt werden muss, wird naturgemäas, den Umständen entsprechend, oft sehr verschieden sein.

Das Eigenkapital zu erhöhen oder die Schuldverbindlichkeiten zu vermindern, ist wohl stets eine weniger dringende Notwendigkeit, als beispielsweise eine den Anforderungen der Artikel 15 und 18 nicht genügende Deckung aufzufüllen, ganz abgesehen davon, dass dem zweiten Begehren rascher entsprochen zu werden vermag.

Art. 39. Wir haben uns gefragt, ob jede Verletzung des Pfandbriefgesetzes und der zugehörigen Vollziehungsverordnung mit Busse zu belegen o sei. Eine lange Liste aller der möglichen Straffälle wäre aufzusetzen gewesen, die unter Umständen nicht einmal hätte Anspruch auf Lückenlosigkeit erheben können. Ganz abgesehen davou, dass es kein Rechtsgrundsatz ist, alle und jede Gesetzesübertretung zu bestrafen, mussten wir uns sagen, dass die Erfahrungen mit dem Bussensystem nicht die erfreulichsten sind. Einmal ist es nicht unbedenklich, durch eine Verwaltungsstelle (z. B. das Pfandbriefinspe.ktorat) Bussen aussprecheu zu. lassen; was aber die Hauptsache ist: die Busse kann bezahlt werden und der Übelstand trotzdem andauern. Die vergangenen zehn Jahre haben die häutige Wirkungslosigkeit der Bussen zur Genüge dargetan. Über Banken und Kassen Bussen zu verhängen, hat dazu noch eine sicherlich nicht erwünschte Nebenwirkung : Wird die Büssung in der Öffentlichkeit bekannt, was meistens schwerlich zu verhindern ist, so entstehen übertriebene Gerüchte und damit Kursstürze nicht nur derjenigen Pfandbriefe, die von der gebüssten Anstalt ausgegeben worden sind, sondern durch Übertragung und Verallgemeinerung des Misstrauens auch der übrigen Pfandbriefe. Der ganze Pfandbriefmarkt wird beunruhigt und der Erfolg neuer Emissionen in Frage gestellt. Dem Pfandbriefgläubiger gibt die
Busse keine vermehrte Sicherheit, sondern flösst ihm Missbehagen ein ; dem Hypothekarschuldner erschwert sie die weitere Finanzierung.

Aus solchen Überlegungen heraus ist der Artikel 39 entstanden.

Gewiss ist die Auslieferung der Deckungswerte eine sehr harte Strafe für eine Bank und stellt nichts anderes als eine Bevogtung dar. Bevor ein Kreditiastitut es soweit kommen lässt, wird es alles tun, dem Gesetze Geniige zu leisten. Ausserdem hat diese schwere Strafe den grossen Vorzug, dass die Pfandbriefgläubiger und in letzter Linie auch die HypothekarSchuldner nicht auch darunter zu leiden haben, und darauf kommt es uns an.

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Zu beachten ist, dass der Bundesrat die Auslieferung der Deckungswerte verlangen k a n n , nicht muss. Es steht ihm frei, andere für die Wahrung der Rechte der Pfandbrief- oder Vorschussgläubiger erforderliche Hassnahmen zu ergreifen. Beispielsweise könnte er mit einer andern Bank ^Unterhandlungen über die Übernahme der,,Deckungswerte und Pfandbriefverpflichtungen anknüpfen oder fördern.

Verfügt das eidgenössische Pfandbriefinapektorat nicht über die erforderlichen Einrichtungen zur sichern Aufbewahrung der ausgelieferten Deckungswerte, so wird es die Nationalbank oder eine andere Bank damit ·betrauen.

Art. 40. Verfangen alle bisher vom eidgenössischen Pfandbriefinspektorate und Bundesrate ergriffenen Massnabmeu nicht, so k a n n der Bundesrat (er muss aber nicht) mit dein Entzug der Ermächtigung zur Pfandbriefausgabe, mit dem Verfalle der Pfandbriefe und Vorschüsse und damit tatsächlich mit dem Konkurse drohen. Natürlich wird er, bevor er zum -äussersten schreitet, die gegebenen Verhältnisse von Fall zu Fall prüfen und berücksichtigen. Ist eine Anstalt infolge einer Wirtschaftskrise ausserstande, ihren Deckungsverpflichtungen nachzukommen, so wird zu unter.suchen sein,, ob später mit einer Erholung gerechnet werden kann.

Andernfalls bleibt im Interesse der Gläubiger nichts anderes übrig, als -den Schnitt zu tun.

0. Strafbestimmungen.

Art. 41 bis 46. Die Fassung der einzelnen Bestimmungen ist der im bundesrätlichen Entwurfe zum eidgenössischen Strafgesetzbuche vom 23. Juli 1918 enthaltenen Formulierung angepasst worden. Insbesondere «ntsprieht Art. 42 des vorliegenden Entwurfes zum Pfandbriefgesetze dem Art. 149 StGB. Der allgemeine Teil des geltenden ßundesstrafrechtes ist in Art. 45 vorbehalten, weil man sonst nicht wüsste, nach welchen ·Grundsätzen Versuch, Teilnahme usw. zu beurteilen wären.

II. Übergangs- und Schlussbestimmungen.

Art. 47 bis 49. Einer Erläuterung bedarf Art. 48. Einen Pfandbrief auf Grund kantonalen Rechtes kennt allein Genf. Die Caisse Hypothécaire du Canton de Genève, eine durch die kantonale Verfassung geschaffene Bodenkreditanstalt, gab bis zum Jahre 1911 sog. Cédules hypothécaires aus, denen ein Liquidationsprivileg eingeräumt war. Am 25. März jenes Jahres erfuhren die Statuten der Hypothekarkasse von Gesetzes wegen -eine Revision. Dabei wurden die Cédules in Lettres de gage umgetauft

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und ihnen die Grundpfandtitel und alle Forderungen der Bank aus ihrem laufenden Geschäftsverkehre verhaftet.

Am Schlüsse unserer Ausführungen angelangt, beehren wir uns,, Ihnen den vorliegenden Gesetzesentwurf zur Annahme zu empfehlen.

B e r n , den 14. Dezember 1925.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Musy.

Der Bundeskanzler: Kaeslin.

569

(Entwurf.)

Bundesgesetz über

die Ausgabe von Pfandbriefen.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Art. 64, Absatz 2, der Bundesverfassung; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 14. Dezember 1925;

beschliesst: A. Die Ermächtigung zur Ausgabe TOD Pfandbriefen.

Art. i.

1

Das Recht zur Ausgabe von Pfandbriefen (Lettres de gage, I. Ermächti- !

Obbligazioni fondiarie) steht nur denjenigen Anstalten zu, die vom gungszwang.

Bundesrate dazu ermächtigt worden sind.

51

Der Bundesrat ordnet das Verfahren, in dem diese Ermächtigung erteilt wird.

Art. 2.

Die Ermächtigung zur Ausgabe von Pfandbriefen darf nur er- IL "Voraussetzungen teilt . werden : der Ermächti1. einzelnen Kreditanstalten (Einzelpfandbriefanstalten), die An- gung.

stalten der Kantone (Art. 3) oder Aktiengesellschaften sind.

Die Aktiengesellschaften müssen ein Eigenkapital (Art. 8) von mindestens acht Millionen Franken besitzen und als schweizerische Bodenkreditanstalten (Art. 4) gelten ; 2. zentralen Kreditanstalten (Pfandbriefzentralen), die, als Aktiengesellschaften oder Genossenschaften errichtet, über ein Eigenkapital (Art. 8) von mindestens fünf Millionen Franken verfügen und deren Mitglieder ausschliesslich Kreditanstalten gemäss Art. 5 sind.

r, 70 Art. 3.

1 III. EinzolAls Anstalten der Kantone gelten die durch kantonales Recht pfandbriefanstalten: errichteten Banken, für deren Verbindlichkeiten der Kanton haftet.

2 «.Anstauender Bestehen in einem Kantone mehrere derartige Anstalten, so Kantone ;

darf die Ermächtigung zur Ausgabe von Pfandbriefen nur derjenigen Anstalt erteilt werden, deren Bodenkreditanlagen am grössten sind.

Art. 4.

1 b, SchwcizeAls schweizerische Bodenkreditanstalten im Sinne dieses GerlscheBodenkreditsetzes gelten Banken, die ihren Hauptsitz in der Schweiz haben anstalten.

und deren Aktiven nach Massgabe der für das letztabgelaufene Rechnungsjahr veröffentlichten, den Vorschriften des Bundesrates (Art. 35) entsprechend erstellten Bilanz zu mehr als sechzig vom Hundert der Bilanzsumme aus Forderungen bestehen, die ; im inländischen Bodenkreditgeschäft erworben worden sind.

2 Als im inländischen Bodenkreditgesebäft erworbene Forderungen gelten inländische Grundpfandforderungen und inländische Pfandbriefe, ferner durch Faustpfand gesicherte Vorschüsse mit festen Schuldsummen und festen Verfallzoiten öder Kündigungsfristen von mindestens drei Monaten, sofern das Pfand ausschliesslich aus solchen Grundpfandforderungen und Pfandbriefen besteht.

Art. 5.

IV. PfandbriefDie Mitgliedschaft einer Pfandbriefzenlrale können nur solche zentralen: Kreditanstalten erwerben, die ihre Hauptniederlassung in der Schweiz a. Mitgliedschaft; haben und ihren Anteil am Grund- oder Stammkapital der Pfand-

briefzentrale voll einzahlen oder ihr,für den nicht einbezahlten Betrag Gülten mit einem Kurseinschlage von fünf vom Hundert oder andere Wertpapiere zu den Belehnungsbestimmungen der Schweizerischen Nationalbank verpfänden.

t, GeschEftskreis;

Art. 6.

Die Pfandbriefzentralen sind befugt, ihr Eigenkapital vorzugsweise in Gülten (ZGB Art. 847), Meliorationshypotheken (ZGB Art. 820) und Meliorationsbaukrediten anzulegen, daneben auch in nationalbankfähigen Wechseln und Wertpapieren, eigenen Pfandbriefen und in laufender Rechnung bei ihren Mitgliedern und andern Kredit-.

anstalten. Über das Eigenkapital hinaus darf die Anlage in Gülten und Meliorationshypotheken höchstens bis zu einem Zehntel ihres Pfandbriefumlaufes gehen (Art, 17). Sonstige Bankgeschäfte dürfen sie nur insoweit betreiben, als die Bewilligung von Vorschüssen im Sinne dieses Gesetzes und die Ausgabe von Zentralpfandbriefen es erfordert,

571 Art. 7.

Die Pfandbriefzentralen sind von den direkten Steuern des Bundes, der Kantone und Gemeinden befreit ; die Befreiung erstreckt sich nicht auf die direkten Steuern der Kantone und Gemeinden auf dem Grundeigentum.

c. Steuerfreiheit.

Art. 8.

Als Eigenkapital gilt das einbezahlte oder sichergestellte Aktien- V. Eigenkapital.

öder Stammkapital, vergrössert um die ausgewiesenen Reserven und ßilanzüberschüsse und vermindert um die Bilanzfehlbeträge.

B. Die Ausgabe von Pfandbriefen und die Bewilligung TOU Torschüssen.

Art. 9.

1

Die Pfandbriefe sind mit einem vom Bundesrate zu bestim- I. Inhalt der Pfandbriefe.

menden einheitlichen Inhalt auszustatten.

s Sie lauten auf den Namen oder Inhaber und sind mit auf ·den Inhaber ausgestellten Zinscoupons versehen. Die auf den Namen dautenden Pfandbriefe können durch Indossament übertragen werden.

Art. 10.

1

II. Laufzeit der Die Pfandbriefe sind für die Gläubiger unkündbar.

Pfandbriefe Der Pfandbriefschuldner darf sich die Rückzahlung nach frühestens fünf Jahren vorbehalten und auf dieses Recht für einen Zeitraum von höchstens zehn Jahren verzichten.

2

Art. II.

Auf den Pfandbriefen ist vor ihrer Ausgabe von den verant- III.

wortlichen Organen zu bescheinigen, dass die gesetzliche Deckung vorhanden ist.

Voraus-1 setzung der Auagabe.

Art. 12.

Die zur Ausgabe von Pfandbriefen ermächtigten Aktiengesell- IV. Hübe der Ausgabe.

schaften und Genossenschaften dürfen Pfandbriefe nur in solcher Höhe ausgeben, dass der Betrag aller bilanzmässigen Schuldverpflichtungen (einschliesslich der Pfandbriefe) bei Einzelp fandbrietanstalten das Zwölffache und bei Pfandbriefzentralen das Zwanzigfacbe des Eigenkapitals (Art. 8) nicht übersteigt.

572

V. Laufzeit der Vorschüsse.

VI. Vorzeitige Rückzahlung der Vorschüsse,

Art. 13.

Die Pfandbriefzentralen bewilligen ihren Mitgliedern und nach Gutünden andern Kreditanstalten (Art. 23) Vorschüsse für eine Zeitdauer, die nicht kürzer sein darf als diejenige, für welche diei Pfandbriefzentralen sich des Rechtes auf Rückzahlung ihrer gleichzeitig ausgegebenen Pfandbriefe begeben.

Art. 14.

Die vorzeitige Rückzahlung von Vorschüssen ist zulässig, wenn der Schuldner an Zahlungsstatt einen entsprechenden Betrag von Pfandbriefen an die Zentrale abliefert, und zwar von derselben Gattung wie diejenigen, aus deren Erlös der Vorschuss seinerzeit bewilligt wurde, und wenn er der Zentrale gleichzeitig den darauf entfallenden noch nicht getilgten Rest der Pfandbriefausgabekosten vergütet.

C. Die Deckung der Pfandbriefe und Torschüsse.

Art. 15.

Die im Umlaufe befindlichen Pfandbriefe und die bei dea Pfandbriefzentralen bezogenen Vorschüsse der Einzelanstalten müssen in dem Kapitalbetrage, zu dem sie zurückzuzahlen sind, nebst sämtlichen darauf ausstehenden pfandversicherten Zinsen, jederzeit durch Forderungen gedeckt sein, die nach Massgabe der folgenden Bestimmungen durch schweizerische Grundpfändcr versichert sind und.

mindestens den gleichen Nennwert und gleichen Zinsertrag aufweisen.

Durch Faustpfand versicherte Vorschüsse mit festen Schuldsummen, und festen Verfallzeiten oder Kündigungsfristen von mindestens drei Monaten werden diesen Forderungen gleichgestellt, sofern das Pfand ausschliesslich aus schweizerischen Grundpfandforderungen und Pfandbriefen besteht.

2 Die im Umlaufe befindlichen Pfandbriefe der Pfandbriefzentralen müssen jederzeit durch Vorschüsse im Sinne dieses Gesetzes gedeckt sein.

Art. 16.

1 6. andere ForDie Einzelpfandbriefanstalt darf höchstens einen Zehntel ihre» derungen.

Pfandbriefumlaufes oder der von ihr bezogenen Vorschüsse statt durch Grundpfandforderungen durch nicht grundpfändlich versicherte Forderungen an inländische, mit dem Rechte der Steuererhebung ausgerüstete Bezirke, Kreise oder Gemeinden decken.

2 Die Pfandbriefzentrale darf höchstens einen Zehntel ihre» Pfandbriefumlaufes 'statt durch Vorschüsse durch Gülten und Meliorationshypotheken (Art. G) decken.

I. Deckung durch : n. Grnndpfandforderungen;

1

573 3

Der Zinsertrag solcher Forderungen musa den Zinsen der dadurch gedeckten Pfandbriefe oder Vorschüsse mindestens gleichkommen.

Art. 17.

Der Pfandbrief- oder Vorschussdeckung darf eine Forderung II- Ergänzung nur dann entnommen -werden, wenn gleichzeitig an Stelle dor ent- der Deckung.

nommenen eine neue, den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Forderung in die Deckung aufgenommen oder von den umlaufenden Pfandbriefen oder bezogenen Vorschüssen ein entsprechender Betrag zurückbezahlt wird.

Art. 18.

Ist infolge der Rückzahlung von Deckungsforderungen oder aus III. Ersatzdeckung.

einem andern Grunde die vorgeschriebene Deckung nicht mehr vollständig vorhanden und lässt sich der Mangel weder durch Aufnahme neuer Deckungsforderungen, noch durch Rückzahlung von Pfandbriefen oder Vorschüssen sofort beheben, so hat die pfandbrief·ausgebende oder vorschussnehmende Einzelanstalt die fehlende Deckung durch öffentlich kotierte Schuldverschreibungen des Bundes, der Kantone oder anderer inländischer, mit dem Rechte der Steuererhebung ausgerüsteter Körperschaften oder durch Geld zu ersetzen.

Die Schuldverschreibungen sind dabei zu einem Betrage zu bewerten, der um mindestens fünf vom Hundert unter dem jeweiligen Tageskurse steht.

Art. 19.

Die pfandbriefausgebenden Einzelanstalten oder vorschuss- IV. Register und Aufbenehmenden Mitglieder der Pfandbriefzentralen haben die Decklingswahrung.

forderungen einzeln und das als Ersatzdeckung bestimmte Geld als Summe in ein Register einzutragen und von ihren übrigen Vermögensbeständen getrennt aufzubewahren.

* Die Einzelheiten dieser Eintragung und Aufbewahrung ordnet der Bundesrat.

1

Art. 20.

Die von Einzelanstalten ausgegebenen Pfandbriefe und die von V. Pfandrecht dir PfandMitgliedern der Pfandbriefzentraleii bezogenen Vorschüsse gemessen hricfeund Mitgliederein Pfandrecht an den im Deckungsregister eingetragenen Werten, vorschüaae.

desgleichen die Pfandbriefe der Zentralen an den von ihnen gewährten pfandversicherten Vorschüssen, ohne dass, unter Vorbehalt von Art.'23, oin besonderer Verpfändungsvertrag und die Übergabe der Deckungswerte an die Pfandbrief- oder Vorschussgläubiger oder deren Vertreter erforderlich wären.

574 i

VI. Verwaltung der Deckung.

VIL Rechnungs-ablegung.

Art. 21.

Das vorschussnehmende Mitglied einer Pfandbriefzentrale ist berechtigt und verpflichtet, alle Ansprüche aus den der Zentrale verpfändeten Forderungen in eigenem Namen, jedoch für Rechnung der Zentrale und deren Pfandbriefgläubiger, geltend zu machen. Eshat die Zinsen der Forderungen einzuziehen, die eingegangenen Zinsbeträge jedoch nur dann an die Zentrale abzuliefern, wenn siemit ihren eigenen Verpflichtungen der Zentrale gegenüber im Rückstand ist, und nur insoweit, als es zur Deckung der Rückstände an fälligen Zins- oder Kapitalbeträgen auf dem ihr von der Zentralebewilligten Vorschuss erforderlich ist.

Art. 22.

1 Über die Verwaltung seiner Deckung hat das vorschussnehmende Mitglied alljährlich der Pfandbriefzentrale auf einen bestimmten Tag, und ausserdem sooft sie es verlangt, Rechnung abzulegen.

a Für diese Verwaltung und die darüber erfolgte Rechnungsstellung bezieht das vorschussnehmende Mitglied keine Entschädigung-

Art. 23.

VIII.VorschüsVorschussnehmende Einzelanstalten, die nicht Mitglieder einer se an Nichtmit Pfandbriefzentrale sind, haben die als Pfandbriefdeckung geeignet glieder : befundenen Forderungen und das als Ersatzdeckung bestimmte Geld 0. Pfandrecht; im Werte von mindestens hundertfünf vom Hundert der bezogenen Vorschüsse zu deren Sicherstellung der Pfandbriefzentrale gemäss Art. 899 bis 901 ZGB zu verpfänden.

3 Die Registerführung für diese Deckungswerte obliegt der b. Register führung; Pfandbriefzentrale.

3 e. Ergänzung Die Pfandbriefzentrale ist befugt, bei Rückgang des Wertes der Deckung der verpfändeten Sicherheiten Vormehrung der Deckung oder Abzahlung eines entsprochenden Teilbetrages der Vorschussforderung gemäss Art. 14 zu verlangen.

1

I. Betreibungsart.

II. KonkursVorrecht.

D. Die Befriedigung aus dem Pfände.

Art. 24.

Für Pfandbrief- oder Vorschussforderungen gegenüber Aktiengesellschaften und Genossenschaften kann nur Betreibung auf Konkurs angehoben werden.

Art. 25.

Die Pfandbriefe und Vorschüsse gemessen im Konkurse der.

Pfandbrief- oder Vorschussschuldner ein Vorrecht zweiter Klasse für einen Betrag in der Höhe der fehlenden Pfandbrief- oder Vorschussdeckung (Art. 47).

575

Art. 26.

Am Pfandrecht und Konkursvorrechte nehmen alle Pfandbriefe und Vorschüsse ohne Rücksicht auf die Reihenfolge ihrer Ausgabe oder Benutzung in gleichem Range teil.

III. Rangordnung-

Art. 27.

Die Vorschriften über die Gläubigergemeinschaft bei Anleihens- IV.

obligationen sind auf die Pfandbriefgläubiger von Aktiengesellschaften und Genossenschaften, anzuwenden. Dabei bilden alle diejenigen Gläubiger je eine Gemeinschaft, deren Forderungen gleiche Zinsund Rückzahlungsbedingungen aufweisen.

Art. 28.

Hat eine Pfandbriefzentrale einen Vorschuss gemäss Art. 23 gewährt, so kann sie bei nicht pünktlicher Erfüllung der Verpflichtungen durch den Schuldner und nach erfolglos gebliebener Mahnung die verpfändeten Sicherheiten versilbern und sich aus dem Erlöse bezahlt machen.

GlÄubigergemeinschaft.

V.Befriedigung gegenüber Nichtmitgliedern,

E. Die Schätzung der Grundpfänder.

Art. 29.

Jede Anstalt, die Pfandbriefe ausgibt, hat über die möglichst zuverlässige Ermittlung des Wertes der für die Deckung pfandrechtlich haftenden Grundstücke Vorschriften zu erlassen, die der Genehmigung des Bundesrates bedürfen.

I. Schätzungs.

Vorschriften.

Art. 30.

Grundlagen, Bei der Schätzung des Verkehrswertes eines Grundstückes II. der Schätzung..

dürfen nur seine dauernden Eigenschaften berücksichtigt werden.

a Dient das Grundstück überwiegend landwirtschaftlichen Zwecken, so ist die Schätzung nach dem Ertrag anzustreben.

1

Art. 31. .

BeleihungsUnter Berücksichtigung etwaiger Kapitalvorstände und pfand- III. grenzen : versicherter Zinsen kommen als Pfandbrief- oder Vorschussdeckung in Betracht : Höchstan1. die auf städtischen Grundstücken haftenden Grundpfandforde- a. sätze rungen bis zu höchstens zwei Dritteln .des Verkehrswertes und 2. die auf Grundstücken mit überwiegend landwirtschaftlicher Nutzung haftenden Grundpfandforderungen bis zu höchstens fünf Sechsteln des Ertragswertes, sofern eine solche Schätzung vorliegt, keinesfalls aber mehr als zwei Dritteln des Verkehrsweges.

576 Art. 32.

Für Bauplätze und industrielle Anlagen, sowie für Waldungen und andere, nach der Art des Ertrages ähnliche Grundstücke setzen die gemäss Art. 29 zu erlassenden Vorschriften entsprechend niedrigere Beleihungsgrenzen und schützende Bestimmungen gegen eine Entwertung der Unterpfänder fest.

6. tiefere Ausätze ;

Art. 33.

Forderungen mit Pfandrechten an Grundstücken, deren Ertrag ihren Wert aufzehrt, wie insbesondere solche an Gruben und Steinbrüchen, sind von der Verwendung als Pfandbrief- oder Vorschussdeckung ausgeschlossen.

c Ausschluss

F. Die Überwachung und der Entzag der Ermächtigung.

I. Vertreter deiHypothekarschuldner

Art. 34.

Der Bundesrat ist befugt, einen Vertreter der HypothekarSchuldner zum Mitgliede des Verwaltungsrates oder Vorstandes jeder Pfandbriefzentrale zu ernennen.

Art. 35.

Der Bundesrat bestimmt, in welcher Form die jährlichen Bilanzen II. Bilanz-vorschriften.

und Gewinn- und Verlustrechnungen, sowie die monatlichen Zwischenbilanzen der Pfandbriefanstalten aufzustellen und zu veröffentlichen sind, welche Einzelangaben sie zu enthalten haben und über welche Einzelerscheinungen des Geschäftsbetriebes im Geschäftsberichte erläuternde Aufschlüsse zu erteilen sind.

Art. 36.

III. Eidgenössiedles . Pfandbriefinspektorat.

1

Die pfandbriefausgebenden Anstalten und die vorschussnehmenden Mitglieder von Pfandbriefzentralen unterstehen, unabhängig von der ihren Verwaltungs- und Aufsichtsorganen zukommenden Überwachungspflicht, in ihrer Geschäftsführung, soweit sie durch dieses Gesetz geregelt ist, einer ständigen Überwachung durch das Eidgenössische Pfandbriefinspektorat.

2 Der Bundesrat ordnet das Überwachungsverfahren und setzt die Überwachungsgebühr fest.

Art. 37.

IV. Verbandsinspektorate.

1

Gehören pfandbriefausgebende Einzelanstalten oder vorschussnehmende Mitglieder einer Pfandbrief zentrale einem Verband an, der ihre Geschäftstätigkeit durch sein eigenes, fachkundiges Inspektorat überwacht, so kann der Bundesrat dieses Inspektorat mit der in Art. 36 vorgesehenen Überwachung betrauen.

577 8 Mitglieder eines zu solcher Überwachung ermächtigten Verbandes sind von der Bezahlung einer Überwachungegebühr an das Eidgenössische Pfandbriefinspektorat befreit.

3 Das Verbandsinspektora hat dem Eidgenössischen Pfandbriefinspektorat über seine Prüfungen, soweit sie die in diesem Gesetze geregelte Geschäftstätigkeit beschlagen, Bericht zu erstatten und jederzeit Auskunft zu erteilen. Dem Eidgenössischen Pfandbriefiaspektorate bleibt das Recht vorbehalten, den Befund des Verbandsinspektorates bei den Verbandsmitgliedern nachzuprüfen und ausnahmsweise eigene Prüfungen vorzunehmen.

Art. 38.

Das Eidgenössische Pfandbriefinspektorat erstattet dem Bundesrat V. Inspektion!berieht.

über jede selbst oder gemäss Art. 37 vorgenommene Prüfung schriftlichen Bericht und teilt ihn den verantwortlichen Organen der geprüften Anstalt und, falls es sich um das Mitglied einer Pfandbriefzentrale handelt, auch dieser mit. Sind Bestimmungen dieses Gesetzes oder der Vollziehungsverordnung übertreten worden, so ist im Bericht eine bestimmte Frist zu nennen, innerhalb der für Abhilfe gesorgt werden muss.

Art. 39.

Kommen die verantwortlichen Organe der fehlbaren Anstalt VI. Säumnisfolgen.

einer gemäss Art. 38 ergangenen Aufforderung nicht rechtzeitig nach oder wiederholen sich die Übertretungen dieses Gesetzes oder der Vollziehungsverordnung oder stellen sich sonstige, das Vertrauen zu der Anstalt beeinträchtigende Umstände ein, so ordnet der Bundesrat das für die Wahrung der Rechte der Pfandbrief- oder Verschussgläubiger Erforderliche an. Er kann von der betreffenden Anstalt die Auslieferung der Deckungswerte an das Eidgenössische Pfandbriefinspektorat verlangen, das deren Verwaltung als Treuhänder auf Kosten der Anstalt so lange besorgt, bis der Aufforderung Genüge geleistet oder das Vertrauen zurückgekehrt ist.

Art. 40.

.Widersetzt sich die fehlbare Anstalt der an sie gemäss Art. 39 VII. Entzug der Ermächergangenen Aufforderung zur Auslieferung der Deckungswerte oder tigung.

erweist es sieh nach der Auslieferung, dass sie ihren DeckungsVerpflichtungen gemäss Art. 15 bis 19 trotz Mahnung nicht nachkommt, so kann ihr der Bundesrat die Ermächtigung zur Pl'andbriefausgabe entziehen und die ausgegebenen Pfandbriefe oder bezogenen Vorschüsse als verfallen erklären.

Bundesblatt. 77. Jahrg. Bd. III.

41

578

G. Strafbestimmungen.

Art. 41.

L Strafbare Wer als Pfandbriefe bezeichnete Schuldverschreibungen ausTatbestände.

gibt, ohne dazu die Ermächtigung zu haben (Art. 1), 3 wer Pfandbriefe ausgibt oder Vorschüsse bezieht, deren Deckung gemäss Art. 15 bis 19 fehlt oder unvollständig ist, 3 wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder Busse bis zu 50,000 Franken bestraft. Die beiden Strafen können verbunden werden.

Art. 42.

1 II Strafbarkeit Werden die im Art. 41 unter Strafe gestellten Handlungen der Organe.

im Geschäftsbetriebe einer juristischen Person begangen, so finden!

die Straf bestimmungen auf die Direktoren, Bevollmächtigten, Liquidatoren und die Mitglieder der Verwaltungs- oder Aufsichtsorgane Anwendung, die diese Handlung begangen haben.

2 Werden diese Handlungen im Geschäftsbetriebe einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft begangen, so finden die Strafbestimmungen auf die schuldigen Gesellschafter Anwendung.

1

HL Fahrlässigkeit und Gewinnsucht.

Art. 43.

Die im Art. 41 vorgesehenen Strafen finden auch bei fahrlässigem Verhalten Anwendung.

ä Hat der Täter in gewinnsüchtiger Absicht gehandelt, so kann die Gefängnisstrafe auf drei Jahre erhöht und damit der Verlust der bürgerlichen Ehren und Rechte verbunden werden.

1

Art. 44.

Erfüllt eine der im Art. 41 genannten Handlungen einen TatIV. Vorbehalt der Straf- bestand, fitr den das eidgenössische oder das kantonale Strafrecht gesetze.

eine schwerere Strafbestimmung enthält, so ist diese anzuwenden.

Art. 45.

Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sind die allgeV. Ergänzung durch das meinen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Bundesstrafrecht Bundesstrafrecht. der schweizerischen Eidgenossenschaft vom 4. Körnung 1853 anzuwenden.

Art. 46.

Die Verfolgung und Beurteilung strafbarer Handlungen gemäss VI. Verfolgung: und BeurArt. 41 liegt den Kantonen ob.

teilung.

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H. Übergangs- un Schlussbestimmungen Art. 47.

Art. 219 des Bundesgesetzes vom 11. April 1889 über Schuld- t. Abänderung des Schuldbetreibung und Konkurs erhält folgenden Zusatz: betreibungsZweite Klasse: d. die Forderungen der Pfandbriefgläubiger und die Forderungen der Pfandbriefzentralen aus den ihren Mitgliedern gemäss Art. 13 des Bundesgesetzes über die Ausgabe von Pfandbriefen gewährten Vorschüssen in der Höhe der fehlenden Pfandbrief- oder Vorschussdeckung.

und Konkursgesetzes.

Art. 48.

Die auf Grund kantonalen Eechtes vor Inkrafttreten dieses II. Pfandbriefe kantonalen Gesetzes ausgegebenen Pfandbriefe werden durch dasselbe nicht Hechtes.

berührt Art. 49.

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt, in dem dieses Gesetz III. Inkraftreten.

in Kraft tritt.

2 Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes sind die Art. 916 bis 918 des Zivilgesetzbuches vom 10. Dezember 1907 aufgehoben.

1

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwürfe eines Bundesgesetzes über die Ausgabe von Pfandbriefen. (Vom 14. Dezember 1925.}

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Jahr

1925

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3

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50

Cahier Numero Geschäftsnummer

2031

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

16.12.1925

Date Data Seite

527-579

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