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Ablauf der Referendumsfrist : 29. Juni 1925.

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Bundesbeschluss betreffend

die Genehmigung der am 30. Oktober 1924 zwischen der Schweiz und Frankreich abgeschlossenen Schiedsordnung bezüglich der Freizonen Hochsavoyens und der Landschaft Gex.

(Vom 26. März 1925.)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 89, Absatz 3, der Bundesverfassung, nach Einsicht der Botschaft des Bundesrates vom 25. November 1924, b eschliesst : Art. 1. Die am 30. Oktober 1924 "zwischen der Schweiz und Frankreich abgeschlossene Schiedsordnung bezüglich der Freizonen Hochsavoyens und der Landschaft Gex wird genehmigt.

Der Bundesrat wird mit dem Vollzuge dieses Beschlusses beauftragt. Insbesondere wird er ermächtigt, erforderlichenfalls die in Artikel 2, Absatz 2, der Schiedsordnung erwähnten Fragen zu regeln.

Art. 2. Dieser Beschluss unterliegt den Bestimmungen des Artikels 89, Absatz 3, der Bundesverfassung betreffend die Annahme der Staatsverträge durch das Volk.

Also beschlossen vom Nationalrate, B e r n , den 18. März 1925.

Der Vizepräsident: Hofmann.

Der Protokollführer : F. T. Ernst.

Also beschlossen vom Ständerate, B e r n , den 26. März 1925.

Der Präsident: Andermatt.

Der Protokollführer: Kaeslin.

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Der s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s r a t beschliesst: Der vorstehende Bundesbeschluss ist gemäss Art. 89, Absatz 3, der Bundesverfassung und Art. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse zu veröffentlichen.

B e r n , den 26. März 1925.

Im Auftrag des Schweiz. Bundesrates, Der Bundeskanzler:

Kaeslin.

Datum der Veröffentlichung: 1. April 1925.

Ablauf der Referendumsfrist: 29. Juni 1925.

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(Übersetzung aus dem französischen Originalwortlaute.)

Schiedsordnung zwischen

der Schweiz und Frankreich vom 30. Oktober 1924 bezüglich der Freizonen Hochsavoyens und der Landschaft Gex.

Der Schweizerische Bundesrat und

der Präsident der Französischen Republik, in der Erwägung, dass sich die Schweiz und Frankreich aber die Auslegung des Artikels 435, Absatz 2, des Versailler Vertrages, mit seinen Beilagen, nicht haben verständigen und dass die daselbst vorgesehene Einigung im Wege unmittelbarer Verhandlungen nicht hat erzielt werden können ; haben beschlossen, zum Schiedsverfahren zu greifen, um diese Auslegung festzustellen und die Gesamtheit der Fragen zu regeln, welche die Durchführung des Absatzes 2 von Artikel 435 des Versailler Vertrages stellt, und haben in dem Wunsche, eine Schiedsordnung abzuschliessen, die gleicherweise den Willen der Schweiz wie denjenigen Frankreichs zur ehrlichen Erfüllung ihrer zwischenstaatlichen Verpflichtungen bezeugt, zu ihrem Bevollmächtigten ernannt der Schweizerische Bundesrat: Herrn Alphonse D u n a n t , außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister in Paris, Herrn Paul L o g o z , Professor an der Universität Genf; der Präsident der Französischen Republik: Herrn Edouard H e r r i o t, Präsidenten des Ministerrates. Minister der Auswärtigen Angelegenheiten, Herrn Henri F r o m a g e o t , Rechtsberater des Ministeriums der Auswärtigen Angelegenheiten, die, nachdem sie sich ihre Vollmachten mitgeteilt und sie in guter und gehöriger Form befunden haben, über folgende Bestimmungen übereingekommen sind:

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Artikel 1.

Es steht dem ständigen internationalen Gerichtshofe zu, darüber zu befinden, ob der Artikel 435, Absatz 2, des Versailler Vertrages, mit seinen Beilagen, zwischen der Schweiz und Frankreich die Bestimmungen des Protokolls der Pariser Konferenzen vom 3. November 1815, des Pariser Vertrages vom 20, November 1815, des Turiner Vertrages vom 16. März 1816 und des Manifesta des Rechnungshofes von Sardinien vom 9, September 1829, betreffend die Zoll- und Wirtschaftsordnung der Freizonen Hoohsavoyens und der Landschaft Gex, aufgehoben oder ob er zum Zwecke hat, diese Bestimmungen aufheben zu lassen ; dabei hat der Gerichtshof alle zeitlich vor dem Versailler Vertrag liegenden Tatsachen, wie die im Jahre 1849 erfolgte Errichtung der eidgenössischen Zollämter, in Berücksichtigung zu ziehen, soweit der Gerichtshof diese Tatsachen als rechtserheblich erklärt.

Die Hohen vertragschliessenden Teile sind damit einverstanden, dass der ständige Gerichtshof nach Abschluss seiner Beratung über dieso Frage und vor der Fällung irgendeines Spruches den beiden Parteien eine angemessene Frist einräume, damit sie nach Massgabe des Artikels 435, Absatz 2, des erwähnten Vertrages die neue Rechtsordnung der genannten Gebiete untereinander s» regeln können, wie beide Parteien es für zweekmässig erachten.

Die Frist kann auf Ansuchen beider Parteien verlängert werden.

Artikel 2.

Falls ein Abkommen von den Parteien in der festgesetzten Frist nicht abgeschlossen und ratifiziert werden kann, steht es dem Gerichtshofe zu, durch ein und denselben Spruch, der gemäse Artikel 58 des Statuts des Gerichtshofes erlassen wird, seinen Entscheid über die in Artikel l hiervor umschriebene Frage zu fällen und für eine Dauer, deren Festsetzung ihm zusteht, und unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Verhältnisse die Gesamtheit der Fragen zu regeln, welche die Durchführung des Absatzes 2 von Artikel 435 des Versailler Vertrages stellt.

Sieht der Spruch vor, dass Waren zollfrei oder zu ermässigten Ansätzen durch die schweizerische Zollinie oder durch die französische Zollinie eingeführt werden dürfen, so kann diese Einfuhr nur mit Zustimmung beider Parteien geregelt werden.

Artikel 3.

Jeder der Hohen vertragschliessenden Teile wird bei der Gerichtsschreiberei des ständigen Gerichtshofes folgende Prozess-

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Schriften in der nach Artikel 34 des Reglements dea Gerichtshofes vorgeschriebenen Anzahl von Ausfertigungen hinterlegen: 1. innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von der Ratifikation der gegenwärtigen Schiedsordnung an, seinen S c h r i f t satz über die in Artikel l, Absatz l, umschriebene Frage, unter Beilage der beglaubigten wortgetreuen Abschriften aller zugehörigen Dokumente und Schriftstücke; 2. innerhalb von fünf Monaten, gerechnet vom Ablauf der vorhergehenden Frist an, seinen G e g e n s c h r i f t s a t z , unter Beilage der beglaubigten wortgetreuen Abschriften aller zugehörigen Dokumente uni Schriftstücke; 3. innerhalb von fünf Monaten, gerechnet vom Ablauf der vorhergehenden Frist an, seine R ü c k ä u s s e r u n g , unter Beiloge der beglaubigten wortgetreuen Abschriften aller zugehörigen Dokumente und Schriftstücke, und seine S c h i u s e a n t r a g e .

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Artikel 4.

Ist der Gerichtshof nach Massgabe von Artikel 2 berufen, selbst die Gesamtheit der Fragen zu regeln, welche die Durchführung des Artikels 435, Absatz 2, des Versailler Vertrages stellt, so räumt er den Parteien angemessene Fristen ein für die Vorlage jeglicher Dokumeote, Entwürfe und Bemerkungen, die sie dem Gerichtshof im Hinblick auf diese Regelung unterbreiten zu sollen glauben, sowie für deren Beantwortung.

Überdies kann der Gerichtshof zur Erleichterung der genannten Regelung von jeder Partei ersucht werden, eines oder drei seiner Mitglieder abzuordnen, um Erhebungen an Ort und Stelle vorzunehmen und alle Interessenten anzuhören.

Artikel 5.

Die gegenwärtige Schiedsordnung soll ratifiziert und die Ratifikationsurkunden sollen sobald als möglich in Paris ausgetauscht werden.

So geschehen zu Paris in doppelter Urschrift den 30. Oktober 1924.

(gez.) Dunant.

Pani Logoz.

E. Herriot, Henri Fromageot.

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Bundesbeschluss betreffend die Genehmigung der am 30. Oktober 1924 zwischen der Schweiz und Frankreich abgeschlossenen Schiedsordnung bezüglich der Freizonen Hochsavoyens und der Landschaft Gex. (Vom 26. März 1925.)

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01.04.1925

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