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"11. Jahrgang.

Bern, den 9. September 1925.

Band III.

Erscheint wöchentlich. Preis SO Franken im Jahr, 10 Franken im, Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr : 50 Rappen die Petitzeile oder deren Baum, -- Inserate franko an Stämpfli & Cie. in Bern.

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1992

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes betreffend die Bekämpfung der Tuberkulose.

(Vom 1. September 1925.)

Auf den Gesetzesentwurf, den wir Ihnen mit gegenwärtiger Botschaft au unterbreiten die Ehre haben, warten seit vielen Jahren ganz verschiedene und weite Kreise unseres Landes, in denen man sich lebhaft um die .Bekämpfung der Tuberkulose, der schwersten Krankheit unserer Zeit, interessiert.

Um der Beteiligung des Bundes an der Bekämpfung dieser Krankheit eine verfassungsmässige Grundlage zu geben, hat das Schweizervolk am 4. Mai 1913 eine neue Fassung des Artikels 69 der Bundesverfassung -angenommen, durch welche die bisherige Befugnis des Bundes, gegen gemeingefährliche Epidemien gesundheitspolizeiliche Verfügungen zu -treffen, dahin erweitert wurde, dass er nunmehr zur Bekämpfung übertragbarer, stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten gesetzliche .Bestimmungen treffen kann.

Die Verhandlungen, welche in der Bundesversammlung der Annahme ·des neuen Verfassungsartikels vorausgingen, zeigen, dass man, ohne andere schwere Krankheiten, wie Kröpf, Krebs und die Geschlechtskrankheiten, ?zu vernachlässigen, vor allem gegen die Tuberkulose vorgehen wollte und vom Bundesrat in erster Linie die Vorlage eines Gesetzentwurfes zur Bekämpfung dieser Krankheit erwartete.

Da der alte Art. 69 nur von Epidemien sprach, musste die Tuberkulose, welche nicht den Charakter einer Epidemie trägt, sondern vielmehr das Muster einer endemischen, d. h. in der Bevölkerung heimischen, stets annähernd gleich häufigen Krankheit darstellt, notwendigerweise der Bundesgesetzgebung entgehen. Schon lange hatte man aber erkannt, dass es Pflicht des Bundes sei, auch am Kampf gegen diese Krankheit teilzunehmen, die jährlich Tausende von Menschen dahinrafft und durch ihre schweren Folgen für die Nachkommenschaft die Gesundheit unseres Volkes und damit seine Leistungsfähigkeit schwer schädigt.

Diese Erkenntnis bewög Dr. Rikli im Jahr 1909 im Nationalrat folgendes Postulat einzubringen, das erheblich erklärt wurde : ^Der Bundesrat Bundesblatt. 77. Jahrg. Bd. III.

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wird eingeladen, zu prüfen und Bericht zu erstatten, ob nicht auf dem Wege der Vollziehung von Art. 69 BV oder durch Schaffung einer besondern gesetzlichen Grundlage in der Bundesverfassung gegen die chronischeVolksseuche Tuberkulose voin Bund aus ähnlich vorgegangen werden könnte wie gegen die sogenannten gemeingefährlichen Krankheiten."

Aus den angegebenen Gründen musste der Bundesrat freilich erklären, ohne vorgängige Revision von Art. 69 könne dem Postulat kein» Folge gegeben werden, und unterbreitete in Zustimmung zu den Erwägungen, die dasselbe veranlasst hatten, mit Botschaft vom 20. De* zember 1911 der Bundesversammlung den Entwurf eines neuen Artikels 6& der Bundesverfassung. Wie oben erwähnt, handelte es sich dabei nicht mehr bloss um'epidemische, sondern um Krankheiten, die sich durch ihre Übertragbarkeit, Schwere oder Bösartigkeit auszeichnen. Zu diesen gehört ohne Zweifel die Tuberkulose, und ihre Bekämpfung fiel damit unter die gesetzgeberischen Befugnisse des Bundes.

Dieser neue Verfassungsartikel hat uns in den Stand gesetzt, das Epidemiengesetz vom Jahr 1886 durch weitergehende Bestimmungen zu ergänzen, welche den Gegenstand der Novelle vom 18. Februar 1921 bilden und uns die Möglichkeit geben, die Bestimmungen des Gesetzes nötigenfalls auch auf andere besonders gefährliche übertragbare Krankheiten anzuwenden. Der gleiche Artikel hat uns auch, ohne neue Verfassungsrevision, ermöglicht, zur Verhütung der schweren, durch den Missbrauch von Opium, Morphin, Kokain und ihrer Derivate hervorgerufenen Krankheiten das Bundesgesetz betreffend Betäubungsmittel vom 2. Oktober 1924 zu erlassen. Er wird uns nun" auch ermöglichen, das seit langem von berufener Seite sehnlichst gewünschte eidgenössische Tuberkulosegesetz, das den Gegenstand der vorliegenden Botschaft bildet, ins Leben zu rufen.

Bevor wir aber zur Kernfrage übergehen, erlauben wir uns,, ·hier einige Angaben zusammenzustellen über den zu bekämpfenden Feind und über den Umfang der Aufgaben, die uns dieser Kampf auferlegen wird, - . ·' ' * * Die Tuberkulose ist die verbreitetste von allen ansteckenden Krankheiten, kommt überall und in allen Volksschichten vor, und bildet recht eigentlich eine Volkskrankheit. Kein Volk, keine Rasse bleibt von ihr verschont. Sie ist die Begleiterin der Zivilisation, dringt mit ihr bisin die
abgelegensten Gegenden, wütet in den grossen Bevölkerungszentren, greift auf das Land über, befällt selbst auch noch die Tiere, welche ihrerseits das Krankheitsgift weiter verbreiten. Wenige Menschen entgehen ihrer Ansteckung-- bei 90 */o der von ihm untersuchten Leichen fand Nägeli Spuren einer alten geheilten Tuberkulose, und diese Resultate sind von einem französischen Gelehrten, Brouardel, bestätigt worden -- und wenn auch die Mehrzahl der Ansteckung widerstehen und durch das Vorhandensein einiger Bazillen in ihrem Körper kaum belästigt werden,, so erliegen doch viele dem Übel.

11 Man hat berechnet, dass in unserem Lande auf 7 Einwohner während ihres Lebens 2 an Tuberkulose erkranken und dass von 7 Todesfällen einer durch Tuberkulose verursacht wird. Die letztere Verh<niszahl steigt sogar .auf l : 3 für den Lebensabschnitt, in dem der Mensch im Besitze seiner vollen Arbeitskraft und damit für die Volkswirtschaft am wertvollsten ist, d. h. im Alter von 20 bis 50 Jahren.

Die durchschnittliche jährliehe Tuberkulosesterblichkeit der Schweiz, die im Jahrfünft 1891--1895 28,a auf je 10,000 Einwohner betrug, war trotz der energischen Bemühungen zur Bekämpfung der Seuche im Jahrfünft 1916 --1920 immer noch 19,o, in den Jahren. 1921--1922 noch 16,4, °/ooo, was sagen will, dass noch alljährlich rund 7000 Menschenleben von der Tuberkulose dahingerafft werden.

Das Sprechende an diesen Zahlen ist der Umstand, dass die Sterblichkeit an Tuberkulose; welche diejenige an den übrigen Infektionskrankheiten zusammen weit hinter sich lässt und auch diejenige infolge Krebs merklich übersteigt, einer Krankheit zu verdanken ist, die vermieden werden kann, so dass die heutzutage gegen sie ergriffenen Massnahmen, trotz ihrer Unvollständigkeit, sie schon in hohem Masse zurückgedrängt haben. So ist zum Beispiel 1921 die Tuberkulosesterblichkeit in England auf 11,2 %oo und in Deutschland auf 13,7 °/ooo gesunken, und in allen zivilisierten Ländern ist ein ähnlicher Rückgang zu beobachten. In der Schweiz, wo vor 30 Jahren die Tuberkulose jährlich auf je 10,000 Einwohner etwa 30 Opfer forderte, rafft sie deren heute kaum mehr 17 dahin.

Vergegenwärtige man sich nun die soziale Wohltat und die volkswirtschaftlichen Vorteile, wenn es gelingen sollte, die Tuberkulosesterblichkeit der Schweiz auf die Hälfte des heutigen Standes herunterzudrücken und auf diese Weise alljährlich einen Gewinn von 3 bis 4000 Menschenleben zu erzielen, und das zu einer Zeit, wo auch bei uns die Geburtenzahl einen bedenklichen Rückgang aufzuweisen beginnt. Das ist die Aufgabe, welche durch die Tuberkulosebekämpfung verwirklicht werden soll.

Und diese Verwirklichung wird von unseren praktischen und wissenschaftlichen Kenntnissen über die Ursachen der Tuberkulose und deren Verbreitungsweise abhängen.

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Die Erforschung der Ätiologie, d. h. der eigentlichen Ursache der Tuberkulose, erschien der Wissenschaft lange wie eine unlösbare Aufgabe, und zahlreich sind die Theorien, die hierüber aufgestellt worden sind.

Erst in der 2. Hälfte des vorigen Jahrhunderts gelang es, völlige Klarheit zu schaffen dank den grundlegenden Arbeiten von Villemin, der die Überimpfbarkeit der Tuberkulose, nachwies, und von Robert Koch, der ihren Erreger entdeckte. Über alle Zweifel ist heute festgestellt, dass die.

Tuberkulose ansteckend ist, was man freilich längst vermutete, wie die drakonischen Massnahmen beweisen, welche im 18. Jahrhundert seitens

n einiger Staaten gegenüber den Tuberkulösen ergriffen wurden. Die Tuberkulose ist die Folge des Eindringens in den Organismus des Koehschen Tuberkelbazillns, eines bestimmten eigenartigen Krankheitserregers, der sich daselbst ansiedelt, vermehrt und schliesslieh durch die Einwirkung der von ihm abgesonderten Giftstoffe zum Tode führt.

Die Tuberkulose ist somit eine in hohem Masse übertragbare Krankheit. Nur zeichnet sie sich im Gegensatz zu andern Infektionskrankheiten, die, wie z. B. der Abdominaltyphus oder die Pocken, plötzlich ausbrechen und in verhältnismässig kurzer Zeit ablaufen, in der überaus grössten Zahl der Fälle durch einen langsamen schleichenden und darum nur um so trügerischeren Verlauf aus. Der Körper kana schon längst befallen sein, bevor sich die ersten eichern Zeichen der erfolgten Ansteckung einstellen, eine Eigentümlichkeit, die man nicht übersehen darf, wenn man zweckmässige und wirksame Verhütungsmassregeln ergreifen will.

In der grossen Mehrzahl der Fälle muss der Ursprung der Anstekkung beim Menschen gesucht werden. Daneben gibt es allerdings noch andere Ansteckungsquellen ; so hat man in wissenschaftlichen Kreisen wiederholt leidenschaftlich über die Rolle gestritten, welche das Fleisch und die Milch tuberkulöser Tiere oder andere Nahrungsmittel bei der Übertragung der Krankheit spielen. Wenn aber diese Ansteckungsquellen auch nicht unbedingt ausgeschlossen werden können, so nimmt man doch heutzutage allgemein an, dass ihre Rolle nur eine nebensächliche ist.

Sicher ist, dass der tuberkulöse Mensch die Hauptquelle der Ansteckung darstellt ; er ist es, der durch seine bazillenhaltigen Ausscheidungen, namentlich durch seinen Auswurf, die Ansteckung vermittelt. Und zwar ist der Auswurf der hauptsächlichste Verbreiter des Tuberkulosevirus, weil die Fälle von Lungentuberkulose viel häufiger sind als die andern tuberkulösen Erkrankungen und weil im allgemeinen noch die schlechte Gewohnheit besteht, überall hinzuspucken. Auf dem Boden, in der Wäsche trocknet dann der Auswurf ein, ohne dass die Lebensfähigkeit der in ihm enthaltenen Bazillen beeinträchtigt wird. Durch die Behandlung solcher Wäsche oder das Herumtreten auf dem ausgespuckten Aus würfe, besonders in überfüllten Räumen, wird der Krankheitskeim schliesslieh zu Staub verrieben, verschleppt und durch Luftwirbel
überallhin verweht. Es ist darum, nicht so lächerlich, wie vielfach behauptet wird, verbieten zu wollen, wahllos und überallhin auszuspucken; diese unsaubere Gewohnheit trägt mächtig zur Verbreitung der Tuberkulose bei und nichts soll unterlassen werden, um sie, wenn nicht durch gesetzliche Massnahmen, wenigstens doch durch die Aufklärung und die Erziehung zum Verschwinden zu bringen.

Diese Ausführungen zeigen, wie gefährlich der unreinliche und sorglose Tuberkulöse für seine Umgebung ist. Jeder, der mit ihm in Berührung kommt, ist um so mehr gefährdet, je länger er in der infizierten Wohnung verweilt, und am grössten ist die Gefahr für die, welche beständig mit ihm zusammenwohnen müssen. Von diesen abgesehen, nimmt dagegen mit

13 der Entfernung vom Kranken und .mit dem selteneren Verkehr die Ansteckungsgefahr rasch ab. Es wäre deshalb durchaus falsch, überall Tuberkuloseansteckungsgefahr zu wittern, wo doch nur in unmittelbarer Nähe von Kranken solche besteht.

Dazu kommt, dass, wenn auch die Ansteckungsquellen mannigfaltig sind, die erfolgte Ansteckung durchaus nicht immer verhängnisvoll zu sein braucht. Wenn wir alle der Gefahr ausgesetzt sind, Tuberkelbazillen in uns aufzunehmen, so will das noch lange nicht sagen, dass wir nun alle tuberkulös krank werden müssen. Der Bazillus kann im menschlichen Körper als ziemlich unschädlicher Gast existieren; er kann daselbst nur einzelne wenige unsichtbare Kolonien bilden, welche an Ort und Stelle wieder zugrunde gehen. Es können sich grössere, von blossem Auge sichtbare Kolonien entwickeln, ohne dass sich die Ansteckung durch irgendwelche äusseren Krankheitserscheinuogen verrät, weil dem weiteren Wachstum der Bazillen durch die natürlichen Abwehrkräfte des Körpers Einhalt geboten wird. Endlich kann der eingedrungene Feind im Kampf mit dem Organismus Sieger bleiben und verschiedene Bezirke desselben befallen, in welchem Falle wir erst von Tuberkulösen sprechen dürfen.

Glücklicherweise sind das die selteneren Fälle. Man darf deshalb ohne Übertreibung behaupten, die Tuberkulose sei weit davon entfernt, die unheilbare Krankheit darzustellen, wie man lange geglaubt hat. Sie ist im Gegenteil heilbar. Woher rühren nun aber diese grossen Unterschiede in der Entwicklung des Krankheitserregers, der das eine Mal gleich von Beginn in seinem Wachstum gehemmt ist, während er sich das andere Mal ungehindert bis zum Ausbruch der Tuberkulosekrankheit fortentwickeln kann? Bis zu einem gewissen Grad hängt dies von der verschiedenen Virulenz, d. h. der Ansteckungsfäkigkeit des Bazillus ab, vor allem aber von der verschiedenen Beschaffenheit des Bodens, d. h. des Individuums, in welchem er sich entwickelt. Die Entwicklung der Tuberkulosekrankheit ist demnach letzten Endes vielmehr eine Frage des Bodens, d. h. der Konstitution des Angesteckten, als eine solche des Samens, d. h. des Krankheitserregers, und auf dieser Erkenntnis bauen sich unsere Massnahmen zur Verhütung der Tuberkulose auf.

In vielen Fällen, bei genügender Widerstandskraft des Körpers, wird derselbe mit dem eingedrungenen
Krankheitserreger allein fertig; der Keim kann sich nicht entwickeln, die Krankheit kommt nicht zum Ausbruch. In anderen Fällen jedoch fällt der Same auf günstigen Boden, der Organismus steht dem eingedrungenen Feind ohnmächtig und wehrlos gegenüber, und dann muss man ihm zu Hilfe kommen, seine Widerstandsfähigkeit und seine Abwehrkräfte vermehren. Hier aber wie bei Brandausbrüchen wird man, nach dem Spruch des französischen Gelehrten Duclaux, des Erfolges um so sicherer sein, je früher man eingreifen wird.

In der Frage der Bekämpfung der Tuberkulose spielt noch ein anderer Faktor eine wichtige Rolle. Allgemein nimmt man heute an, die Ansteckung

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habe in vielen Erkrankungsfällen. bereits in der Kindheit stattgefunden, und mit Recht, wenn auch mit etwelcher Übertreibung, hat Behring behauptet, die Tuberkulose des Erwachsenen sei das Ende eines Liedes, dessen Anfang dem unglücklichen Kranken schon an der Wiege gesungen sei, eine Behauptung, die sich angesichts der Gewohnheiten der kleinen Kinder und ihres andauernden intimen Verkehrs mit ihren Eltern und Pflegepersonen zur Genüge erklärt. Daraus ergibt sich für die Verhütung der Tuberkulose ein weiteres Gebot : das Kind schützen. Und zwar muss es gleich in den ersten Tagen seines Lebens geschützt, d. h. vor Ansteckung bewahrt und allen- Einflüssen entzogen werden, welche die Entwicklung der Tuberkulose begünstigen könnten. Ist die Ansteckung bereits erfolgt, so muss seine Widerstandsfähigkeit auf alle nur mögliche Weise gehoben und das Kind befähigt werden, sich des eingedrungenen Krankheitskeims zu erwehren. Anderseits ist es heute bekannt, dass die Tuberkulose als solche nicht vererbt wird. Das von tuberkulösen Eltern gezeugte Kind wird selber nicht tuberkulös geboren ; es bringt nur eine eigenartige Konstitution und eine vermehrte Empfänglichkeit für Tuberkulose zur Welt, so dass es an derselben leichter erkrankt als die von gesunden Eltern geborenen Kinder. Von welcher Seite man auch das Problem anfassen will, kommt man zum Schlüsse, dass die Massnahmen zur Verhütung der Tuberkulose vor allem beim Kinde einsetzen müssen, weil bei ihm die Gefahr am grössten ist.

Ansteckend, vermeidbar und heilbar, das sind die Eigenschaften der Tuberkulose, und auf diesen muss sich das Programm der Tuberkulosebekämpfung aufbauen. Diese muss gegen den Bazillus und das Individuum, d. h. gegen den Ansteckungskeim und seinen Nährboden, gerichtet werden.

Einerseits müssen wir uns bemühen, durch geeignete Massnahmen den Bazillus da, wo wir ihn fassen können, zu vernichten und seine Weiterverbreitung zu verhindern, was am Ende der am leichtesten zu lösende Teil des Problems ist; anderseits versuchen, den tuberkulös erkrankten Menschen zu heilen und denjenigen, der es noch nicht ist, zu schützen.

In den ersten Jahren der Tuberkulosebekämpfung bemühte man sich vornehmlich um die H e i l u n g der Tuberkulose, was zur Gründung von Heilstätten, insbesondere in der Höhe, zuerst in Davos, führte, unstreitig haben
diese Heilstätten, die jetzt über die ganze Welt verbreitet sind, unschätzbare Dienste geleistet. Hunderttausende Tuberkulöser verdanken es ihnen, dass sie ihre Erwerbsfähigkeit wieder erlangt haben und wieder nützliche Glieder der menschlichen Gesellschaft geworden sind, für welche sie vorher eine Last bedeuteten. Ihr Nutzen reicht aber noch weiter.

Während seines Aufenthalts im Sanatorium erhält der Kranke eine auf die Abwehr der Tuberkulose abzielende Erziehung und Anleitung zu einer strengen gesundheitsgemässen Lebensweise, welche er auch nach seinem

15 Austritt zu Hause beobachtet, zu aeinem eigenen wie zum Vorteil für «eine Umgebung, der er durch sein Vorbild eine wertvolle Aufklärung bietet, wie man sich vor der Tuberkulose bewahren kann. Das Sanatorium, von welchem wir in der Schweiz mustergültige Typen besitzen, ist also in seinen verschiedenen Formen -- grosses Höhensanatorium, kleines Sanatorium in der Ebene -- unentbehrlich ; es muss allen Tuberkulösen zur Verfügung stehen, welche noch günstige Heilungsaussichten darbieten. Daneben sollten aber da, wo sie noch nicht bestehen, Tuberkulosespitäler oder Tuberkulosepavillons eingerichtet werden, wo Kranke, die keine Heilung mehr erhoffen können, die ihrem Zustand angemessene Pflege erhalten.

Dies alles bezieht sich nur auf die therapeutische Seite des Problems.

Wir wissen aber -- und diese Erkenntnis befestigt sich mit zunehmender .Erfahrung und fortschreitender Wissenschaft immer mehr ---, dass die Hauptaufgabe der Tuberkulosebekämpfung in der V e r h ü t u n g der Krankheit besteht. Da wir konstatiert haben, dass, wenn auch die Tuberkulose häufig vorkommt, viele Individuen der Ansteckung entgehen, trotz der mannigfaltigen Infektionsmöglichkeiten, so müssen wir daher, wie bei andern Infektionskrankheiten, so viel als möglich versuchen, einerseits die Bevölkerung vor der Ansteckung durch die unter ihr lebenden Tuberkulösen zu bewahren, anderseits möglichst viel Personen in den Stand zu setzen, sich der ihnen drohenden Ansteckung zu erwehren. Die Aufgabe ·der T u b e r k u l o s e v e r h t t t u n g , solchermassen genau vorgezeichnet, besteht deshalb in erster Linie darin, den Tuberkulösen womöglich im Beginn, noch bevor sich die Krankheit durch äussere Erscheinungen verraten hat, ausfindig zu machen, um ihn zu verhindern, seine Umgebung anzustecken. Dabei soll ihm gleichzeitig die für ihn und seine Angehörigen erforderliche Hilfe geleistet werden. Ist dies einmal erreicht, so gilt es, :sich mit denen zu beschäftigen, welche gefährdet sind, vorab mit den Kindern, den Schwächlichen, Kränklichen und Veranlagten, überhaupt mit -allen, welche einen günstigen Nährboden für die Entwicklung des Tuberkelbazillus abgeben. Man muss von ihnen die Ansteckungsgefahr abwenden, in der Ebene oder im Gebirge die nötigen Vorbeugungsanstalten oder Preventorien, wie Kinderheime, Erholungsstätten,
Arbeitskolonien usw.

für sie bereitstellen, wo ihre schwachen Körper gekräftigt und wider:Btandsfähiger werden.

Ein guter Teil dieser mannigfaltigen Aufgabe fällt der T u b e r k u l o s e f ü r s o r g e s t e l l e zu. Sie ist der Mittelpunkt oder das Generalquartier der Tuberkulosebekämpfung, sie muss durch ihre eigens geschulte Fürsorgerin den Tuberkulösen in der Wohnung, der Werkstatt oder der Schule ausfindig machen, ihm Rat und Anleitung geben und ihn in seiner Lebensführung überwachen : an sie sollen sich auch alle diejenigen direkt wenden, die Grund zu haben glauben, sich für angesteckt zu halten und 4un sich behandeln lassen zu können, materielle Hilfe benötigen. Die

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Fürsorgestelle soll dem Tuberkulösen die zu seiner Pflege und zum Unterhalt seiner Familie nötwendigen Mittel verschaffen, sie soll seine gesundheitlichen Verhältnisse, Wohnung, Nahrung usw. verbessern und ihn nötigenfalls in die für seinen Zustand zuträglichste Anstalt einweisen.

Die Fürsorgestelle ist gleichzeitig Beratungsstelle für alle zu Tuberkulose Veranlagten und Gefährdeten, die man bei rechtzeitigem Eingreifen noch der bemitleidenswerten Schar der Tuberkulöskrauken entreissen kann, diesich zu den Pforten unserer Heilstätten und Spitaler hindrängen. Die Fürsorgestelle, soziale Einrichtung im besten Sinne des Wortes, ist dazu berufen, eine immer wichtigere Rolle in der Tuberkulosebekämpfung zu spielen, und deshalb musa ihre Tätigkeit durch alle Mittel befördert und erweitert werden.

Das ist, kurz gefasst, die unmittelbare Aufgabe der Tuberkuloseverhütung. Es ist aber noch mehr zu tun. Verschont die Seuche auch keine Klasse der- menschlichen Gesellschaft, so befällt sie doch vornehmlich die Bevölkerungsschichten, die in mangelhaften wirtschaftlichen und gesundheitlichen Verhältnissen leben und in engen, überfüllten und schattigen Räumen wohnen, wo die Ansteckungsgelegenheiten viel häufiger sind und der Bazillus günstige Bedingungen zu seiner Vermehrung vorfindet.

Soll demnach die Tuberkuloseverhütung Erfolg haben, so müssen die Existenzbedingungen der arbeitenden Klasaen verbessert, ungesunde Quartiereassaniert und die dumpfen schmutzigen Behausungen beseitigt werden,, welche in einigen unserer grossen Städte immer noch bestehen. Luft und Licht sollen zu allen Wohnungen Zutritt haben -- bemerkt doch Michelet richtig, von allen Pflanzen bedürfe die menschliche der Sonne am meisten -- und alle Bevölkerungsklassen der Errungenschaften der Hygiene teilhaftig werden. Wir begeben uns damit freilich, über den Rahmen der Tuberkuloseverhütung hinaus, in das weite Tätigkeitsgebiet der sozialen Hygiene ; es ist das aber nicht zu umgehen, indem blossdie enge Zusammenarbeit der beidseitigen Bestrebungen das ersehnte Ziel,, die Ausrottung der Tuberkulose, erreichen dürfte.

Das vorstehend skizzierte, nach Massgabe der Erfahrung und der Fortschritte der Wissenschaft aufgestellte Programm für die Bekämpfung der Tuberkulose wird heutzutage in den meisten zivilisierten Ländern mehr oder weniger vollständig durchgeführt und hat zweifellos da, wo es planmässig zur Anwendung kam, ermutigende Erfolge gezeitigt. Allerdings, um diese richtig zu bewerten, sollte man die Zahl de r Tuberkulöse n in den einzelnen Ländern und au verschiedenen Zeiträumen kennen. Leider ist es aus mannigfachen Gründen nicht möglich, hierüber zuverlässige.

17 statistische Angaben zu erhalten und auch nur annähernd eine Kurve der Erkrankungshäufigkeit an Tuberkulose herzustellen. In Ermangelung einer solchen besitzen wir jedoch sichere Angaben über die Tuberkulosesterbefälle. Wenn weniger Menschen an Tuberkulose sterben, so dürfte dies wohl hauptsächlich davon herrühren, dass es weniger Tuberkulöse gibt.

Nun ist in allen Ländern, wo die Tuberkulose einigermassen planmassig bekämpft wird, ein auffälliger R ü c k g a n g der T u b e r k u l o s e s t e r b l i c h k e i t festzustellen. So ist von 1906 bis 1921 die durchschnittliche, jährliche Tuberkulosesterblichkeit auf je 10,000 Einwohner zurückgegangen in Grossbritannien von 16,6 Schottland ,, 20,6 Dänemark ,, 16,s Deutschland ,, 18,» Norwegen . , ,, 25,3 Schweden 25,0 Niederlande ,, 17,4 Belgien · ,, 13,3 Irland ,, 26,7 Einige Staaten der Union von Nordamerika ,, 18,o Australien ,, 9,a

auf ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,,

11,g 11,7 9,9 13,7 19,o (1918) 17,ï (1918) 14,7 (1920) 11,8 (1920) 21,7 (1917) 9,n 7,i (1918)

In folgenden Staaten scheint sie etwas zugenommen zu haben oder gleich geblieben zu sein : Japan von 19,8 auf 25,? (1918) Spanien ,, 18,8 -, 20,4 (1918) Frankreich .n 22,2 ,, 22,B (1918) Man dürfte sich freilich fragen, ob diese erfreuliche Feststellung die Folge des gegen die Seuche unternommenen Feldzuges ist, oder nicht vielmehr eine Frucht der allgemeinen Fortschritte der Gesundheitspflege und der bessern Lebenshaltung überhaupt. Die Frage ist wohl erlaubt; immerhin haben die an der internationalen Tuberkulosekonferenz in Lausanne von Sir Robert Philip, dem Vorkämpfer gegen die Tuberkulose in Grossbritannien, angeführten Tatsachen den deutlichen Beweis erbracht, dass, wenn auch die Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen auf diesem wie auf allen andern Gebieten der Volkswirtschaft eine Rolle gespielt hat, das Hauptverdienst am Rückgang der Tuberkulose den unmittelbar gegen dieselbe ergriffenen Massnahmen gebührt. Dabei konnte Sir Philip mit voller Sachkenntnis sprechen, ist doch zur Stunde Grossbritannien eines der Länder, wo die Tuberkulose am wirksamsten und plan massigsten bekämpft wird, so dass seine Erfahrungen auch für una sehr wertvoll sind.

18 Was haben wir nun in der Schweiz auf diesem Gebiete geleistet?

Die B e w e g u n g zur B e k ä m p f u n g der T u b e r k u l o s e in der Schweiz blickt schon auf eine lange Geschichte zurück. 1889 ersuchte Dr. Christen in Ölten die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft, sich der Tuberkulösen anzunehmen und Heilstätten in der Höhe zu erstellen.

Der Ruf verhallte nicht ungchört; denn schon 1895 wurde zur Erinnerung an die vor 700 Jahren erfolgte Gründung der Stadt Bern die erste Volksheilstätte Europas, in Heiligenschwendi im Gebirge, eröffnet. Dem Beispiel von Bern folgten die Kantone Baselstadt und Baselland, Glarus, Zürich, Neuenburg, Waadt, Genf, St. Gallen, Solothurn, Aargau, Graubünden, Tessin, Thurgau und Schaffhausen. Gleichzeitig wurden Fürsorgesteilen gegründet, zuerst in Neuenburg, dann in allen grösseren Schweizerstädten, ja selbst auch auf dem Lande. Besondere Spitalbauten, Pavillons für Tuberkulöse taten sich auf, bald als selbständige Anstalten, wie der zuletzt eröffnete Pavillon Mottex ob Vevey, bald im Anschluss an schon bestehende Spitäler. Zur Verhütung der Tuberkulose sowie zur Kräftigung Tuberkulosegefährdeter entstanden allerlei Anstalten: Erholungsheime, Kinderheime, Erholungsstätten u. a, m.

Überall wurden ferner Fürsorgevereine und Ligen gegründet, um die bereits entstandenen Anstalten und Einrichtungen zu unterstützen, zu betreiben und auszubauen oder neue zu erstellen. Wir können nicht auf die Einzelheiten aller dieser Gründungen näher eingehen, in welchen schweizerischer Gcmeinsinn in edler und ergreifender Weise zum Ausdruck gekommen ist. Alle diese Schöpfungen sind dargestellt in dem schönen Buche von Dr. E. Olivier ,,La lutte contre la tuberculose en Suisse", das von der schweizerischen Vereinigung gegen die Tuberkulose · den Teilnehmern an der vierten internationalen Tuberkulosekonferenz in Lausanne 1924 überreicht wurde. In einem lichtvollen und klaren Überblick verbreitet sich der sachverständige Verfasser und überzeugte Apostel der Tuberkulosebekämpfung in der Schweiz über alles das, was auf diesem Gebiete in unserm Lande bereits geleistet worden ist und was noch zu tun übrig bleibt. Wir müssen uns damit begnügen, dieser Arbeit einige Angaben über die Entwicklung und den heutigen Stand der Tuberkulosebekämpfung in der Schweiz zu entnehmen.

Wir besitzen
gegenwartig 24 Volksheilstätten für Erwachsene mit über 2000 Betten und 29 für Kinder mit 1200 Betten, was zusammen 3200 Betten oder l Bett auf 1200 Einwohner ergibt. Im Vergleich zu den andern Ländern, die wir später anführen, ist dieses Verhältnis recht befriedigend und beweist, dass der Zeitpunkt nicht mehr sehr entfernt ist, wo wir das Nötige besitzen werden. Diese Anstalten verpflegen jährlich 4--5000 Tuberkulöse, während die Spitäler deren ungefähr 8000 aufnehmen, wovon etwa 1000 in besondern Pavillons (gegenwärtig 12).

Durch die Bemühungen von 62 Vereinigungen und Ligen, die unter sich durch das Band der schweizerischen Vereinigung verbunden sind,

19 wurden 30 Fursorgestellen eingerichtet, neben welchen auf dem Lande noch gegen 100 Kommissionen für die Tuberkulösen sorgen. 1923 haben diese Anstalten zusammen 25,464 Personen (ungefähr zur Hälfte Kinder und Erwachsene) beraten und in Fürsorge genommen, von welchen 11,493 {3350 Kinder und 8143 Erwachsene) tuberkulös befunden wurden.

Zu diesem unserm Hauptrüstzeug im Kampf gegen die Tuberkulose kommen noch allerlei Hilfsanstalten und-einrichtungen, wie Preventorien Erholungsheime für Erwachsene, Sommerfrischen, Genesungsheime, Arbeitskolonien, Freilufterholungsstätten, Waldschulen u. a. m., bestimmt einerseits für genesene Heilstättepatienten, die yor der Wiederaufnahme ihrer vollen Tätigkeit noch während einiger Zeit der Schonung und leichterer Arbeit bedürfen, anderseits für tuberkulosegefährdete und erholungsbedürftige Personen, die dem Bazillus zum Opfer fallen würden, wenn sie sich nicht durch einen Aufenthalt in diesen Hilfsanstalten stärken könnten. Schliesslich gehören noch dahin die Ferienkolonien, die wie ein Netz über die ganze Schweiz verteilt sind und 1923 über 20,000 schwächliche, kränkliche, schlecht ernährte, in ungesunden Verhältnissen aufwachsende Kinder beherbergt haben.

Ergänzend seien noch 4 Anstalten hervorgehoben : das 1923 eröffnete, grösstenteils durch freiwillige Beiträge der Studenten unterhaltene Hochschulsanatorium in Leysin, das tuberkulösen Studenten .Höhenkuren ermöglichen soll, ohne dass sie ihre Studien ganz unterbrechen müssen; die von der Abteilung für Sanität der Armee gegründeten Arbeitsheilstätten im Tessin, in Novaggio und Tenero ; endlich die von der Zürcher Liga eingerichtete Stellen Vermittlung, imi genesenen, aber noch schonungsbedürftigen Tuberkulösen eine ihrem Zustand angepasste Beschäftigung zu vermitteln.

Bei diesem Anlass möchten wir noch der zwar nicht direkt auf die Bekämpfung der Tuberkulose abzielenden, aber doch in enger Beziehung zu ihr stehenden neuliehen Gründung des Instituts für Hochgebirgsphysiologie* und Tuberkuloseforschung in Davos gedenken. Dasselbe wurde von den Ärztevereinen und Behörden der Landschaft Davos und des Kantons Graubünden sowie von der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft, der Schweizerischen Gesellschaft für Balneologie und vom schweizerischen Roten Kreuz gegründet. Es umfasst gegenwärtig eine Abteilung
lür Physiologie und hofft später noch eine solche für Pathologie und Bakteriologie eröffnen zu können. Es steht zu erwarten, dass dieses in einem Kurort, wo die Kranken von allen Seiten zusammenströmen, gelegene Institut, das allen Gewähr für Tüchtigkeit bietenden Forschern offen steht, unsere Kenntnisse über physiologische und pathologische Vorgänge, namentlich in ihren Beziehungen zur Tuberkulose, wesentlich fördern wird.

20 Welche Erfolge stehen nun diesen Leistungen und daherigen Ausgaben gegenüber? Auch hier muss uns die T u b e r k u l o s e s t e r b l i c h k e i t s s t a t i s t i k Aufschluss geben. Unsere schweizerische Statistik der Todesursachen ist bekanntlich eine der genauesten ; immerhin haften auch ihr allerlei Lücken und Eigentümlichkeiten an, die man kennen muss, um ihre Ergebnisse richtig einzuschätzen. So wurde die Nomenklatur der Todesursachen seit 1876 wiederholt abgeändert, die vertrauliche Sterbekarte, auf welcher die Zuverlässigkeit unserer Statistik beruht, 1890 erst für die Städte über 10,000 Einwohner und 1901 für die übrige Schweiz eingeführt. Der Prozentsatz der ärztliunbescheinigteten Todesfälle, der heute bloss noch 2 % ° / o beträgt, war in den ersten Jahren unserer Statistik noch ziemlich hoch ( % ° / o i m Jahrfünft 1881--1885) und je nach einzelnen (regenden sehr verschieden. Will man sich deshalb ein Bild der tatsächlichen Tuberkulosesterblichkeit verschaffen, s o muss m a n a u s d e r Gesamtzahl d e r todesfälle errechnen und die Zahl der ärztlich bescheinigten Tuberkulosesterbefälle uni die errechneten unbescheinigten ergänzen. Dass diese Ergänzung keine absolut sichere sein kann, liegt auf der Hand; sie muss aber vorgenommen werden, wenn m a n unsere heutigen Ein letzter, allen Statistiken anhaftender Grund der Unzuverlässigkeit ist endlich der Umstand, dass, von der Lungentuberkulose (Lungenschwindsucht) abgesehen, die Kenntnis der übrigen tuberkulösen Erkrankungen vor 40--50 Jahren noch" recht mangelhaft war. Aus allen diesen Gründen dürfte die Zuverlässigkeit einer Tuberkulosestatistik abnehmen je weiter sie in die Vergangenheit zurückgeht.

Folgendes sind nun die Ergebnisse unserer Tuberkulosesterblichkeitsstatistik seit 1891 : Tabelle L

1 [

Andere tuberkulöse Erkrankungen Skrophulose Inbegriffen

Lungentuberkulose

^

Zusammen Vf

l' 1891--1895 1896--1900 1901--1905 1906--1910 1911--1915 1916--1920 1921--1922

6056 6131 6397 6144 5515 5481 4727

233 172 129 95 68 · 68

75

Ip

Zusammeni

20,7 19,5

19,0 17,, 14,5

14,s 12,4

Absolut

1

°/ooo

0/OOÜ

6289 6303 6526 6239 5583 5549 4802

3su

Zusammen

2050 2217 2631 2527 2210 2092 1531

224 161 147 104 99 64 37

2274 2378 2778 2631 2309 2156 1568

7,5

7,4

8,» 7,2

6,0 5;o 4,o

°/000

8563 8681 9304 8870 7892 7705 6370

28,2 26,o 27,t 24,3 20,5

I9,s 16,4

21 Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich ein Rückgang der T u b e r k u l o s e s t e r b l i c h k e i t , ganz besonders seit 1901, d. h. seitdem man die Tuberkulose planmässig zu bekämpfen begann. Von 28,a im Jahrfünft 1891--1895 ist die durchschnittliche jährliche Tuberkulosesterblichkeit auf 19,9 °/ooo im Jahrfünft 1916--1920 und au16,4,°/ooo»o in den Jahren 1921 und 1922 gesunken, 80 können wir sagen, sie habe in den letzten 30 Jahren Tabelle II.

18!91- U895 Kantone

T

19 6-- 19»20

Abnahme in Andere ZuAndere ZuAndere Zu. Prozenten Tub. sammen Lungen-Tub.. Tub. sammen Lungen- Tub. Tub. sammen 10,5

4,3

10,s 12,5

4,8

11,5

6,0 4,9 5, a 5,2 4,0

29,8 13,o

6,2 8,t 4,5

21,o 19,o 27,9 23,e 27,8 24,s 25,4 29,3 27,» 34,i 29,5 32,i 29.» 30,i 27,i 26,3 36,7 28,» 29,3 28,o 28,3 26,i 25,4 38,s 17,6

Schweiz . . . . .

20,7

Städte über 10,000 Einwohner . . .

Übrige Schweiz . .

24,7

Thurgau . . . .

Obwalden . . . .

Baselland . . . .

Appenzell A.-Rh.

Zürich Luzern Schaffhausen .

.

Solothurn . . . .

Uri . . . . . .

Baselstadt . . . .

Neuenburg . . . .

Glarus . . . .

Bern S t . Gallen . . . .

Aargau Nidwaiden . . . .

Appenzell I-Rh. . .

Schwyz . . . .

Graubünden . . .

Waadt Z u g. . " . . , Freiburg . . . .

Tessin . . . .

Genf Wallis

16,4

4,6

13,8

5,3

19,7 16,6

7,o

20,4 17,i 16,o 21,i 16,3

24,7 20,o 24,i 22,4 22,t 20,o 20,2 30,6 20,6 22,o 19,7

20,.-, 19,3 19,2

19,7

19 21/19 22

7,9 7,4

7,* 8,8 8,1 11,0 9,4

9,5 8,3

7,s 8,1 7,i 6,1 6,1 8,1 7,s 8,s 7,8 6,8

12,o 10,« H,o 13,8 9,9 H,4 14,3

5,5

15,9

13,4 13,5

11,.

4,8 3,4

14,8 15,3

9,9

10,0

12,0

3,5

11,7

3,0

15,5 15,8

3,7

15,7

4,!

15,7 15,8

19,4

5,7

20,,, 12,0

5,8

19,7

5,6

H,9

4,,,

15,3

6,3

17,9

6,!

16,6

5,8 5,8

14,o

19,8

5,8

6,3

12,o 12,s 13,i

3,i 4,x

5,o 5,= 6,s

3,, 4,o 2,8 3,9

18,8 15,7

13,a 14,* 14,0 13,i 15,o

13,8

14,8 9,o 15,o 8,3 18,o 10,ü 17,5 9,, 16,,, 10,4

11,6

19,e 12,1 20,s 11,7 19,i 12,8 20,6 12,1 19,4

13,7

3,7 4,6 5,3

16,s 17,0 17*

3,8

17,5

4,e 5,o

18,o

4,3

13,1 24,o 13,s 22,i 14,5

4,4

19,7

4,9

18,e 19,i

5,s 5,0

19,5 19,4

4,o

16,4

42 51 38

21,4

14,3

18,8

20,4

5,6

18,8

7,5

22,3 14,o 23,3 14,4 26,o 16,i 26,, 18,7

7* 28,a

H,3

5,6

19,o

12,4

9,i 33,8 6,6 26,3

15,3

5,3 6,7

20,8

12,6

3,9

16,5

19,6

12,3

4,i

16,4

15,3 16,4

13,9

7,0 6,e

48 35 53 43 51 42 42 48 43 54 47 52 47 46 37 34 52 38 36 33 32 26 24 45 Zunahme 36 ')

21,o 4,9 5,* 23,9

*) Die Zunahme ist nur e in sei heinbre undL daraiuf zurü chzufü hren, dass in diesem gebirgigen und mit wenig Aerzt en ve« ehene n Kant ODE die Regie trieru g der!Todesuraschen früher wenig zuverlässig war. Man wwird iin Übri gen kc nstati eren d ihre 1921 und 1922 eine Abnahme regen a her de r Periöde 1916 bis 1920 bereits ass füreingett d i e 8t.J a r e t e n 1

in der Schweiz um 42 % abgenommen. Die Abnahme betrifft besonders die Lungentuberkulosesterblichkeit, was vielleicht daher rührt, dass man sich bisher hauptsächlich mit dieser besonders gefährlichen und ansteckenden Form

22 der Tuberkulose befasst hat. Die nächste Aufgabe wird sein, den Chirurgisch-Tuberkulösen einen Teil der Fürsorge zu widmen, welche bis jetzt fast ausschliesslich den Lungentuberkulösen zugewendet wurde. Man hat bereits damit begonnen, und es bestehen schon in der Schweiz besondere Volkssanatorien für diese Kranken. Die Sonnenbehandlung, die sich in der Bekämpfung dieser Art der Tuberkulose sehr gut bewährt hat, bildet unzweifelhaft eine vorzügliche Waffe auf diesem Gebiete der Tuberkulosebekämpfung.

Die Tuberkulosesterblichkeit verteilt sich nicht gleichmässig über das ganze Land, sondern ist je nach Bezirk und Kanton sehr verschieden (Tabelle II), wobei sich die Verschiedenheiten weder durch die Bodenbeschaffenheit noch durch das Klima erklären lassen. Auch hat die Tuberkulosesterblichkeit im Laufe der Jahre nicht überall gleichmässig abgenommen ; wo die Abnahme am geringsten war, sollte wohl der Kampf gegen die Seuche mit mehr Ausdauer und Energie geführt werden. So konnte man feststellen, dass die Tuberkulosesterblichkeit in den Städten im allgemeinen mehr abgenommen hat als auf dem Lande, was unzweifelhaft davon kommt, dass der Kampf gegen die Tuberkulose in den Städten, wo zahlreiche -Einrichtungen sich demselben widmen, am nachdrücklichsten geführt wurde.

Wie sich die T u b e r k u l o s e s t e r b l i c h k e i t im K i n d e s a l t e r gestaltet, das bei der Verhütung der Tuberkulose die grösste Rolle spielt, lehrt nachstehende, der Arbeit von Dr. Olivier entnommene Tabelle1) : Tabelle III, 1876-1885 1906-1915

Gewinn

Verlust

Alter unter 15 Jahren . . .

8,0 4,* 44 % -- Alter über 15 Jahren . . . 23,a 20,0 14.°/0 -- Und wenn man die Erwachsenen in zwei Gruppen teilt : von 15 bis 59 Jahren . . . 26,, 20,i 22 % 60 Jahren und darüber . . , 13,2 13,o -- 5% 1)Die beiden Perioden 1876--1885 und 1906--1915 sind für diese Tabelle gewählt worden, weil sie den beiden Volkszählungsjahren 1880 und 1910 entsprechen. Da die definitiven Resultate der Volkszählung von 1920, namentlich, die Verteilung der Bevölkerung auf die verschiedenen Altersklassen, noch nicht bekannt sind, war es nicht möglich, die Berechnung auf eine spätere Periode auszudehnen. Indessen ist es mehr als wahrscheinlich, dass dadurch die allgemeinen Schlüsse, die aus der Tabelle hervorgehen, nicht geändert worden wären.

Es ergibt im Kindesalter zwar im Alter 14 % ; sie hat Erwachsenen.

sich aus dieser Tabelle, dass die Tuberkulosesterblichkeit mehr zurückgegangen ist als bei den Erwachsenen, und unter 15 Jahren um- 44 % im Alter über 15 Jahren um also im Kindesalter dreimal mehr abgenommen als bei den Ist dieses Resultat auch sehr erfreulich, so lässt es doch

23 vermuten, wie Olivier richtig bemerkt, dass viele der In der Jugend vermeintlich Geretteten später doch der Tuberkulose erliegen. Sind auch die unmittelbaren Erfolge gut, so sind doch die schliesslichen Verluste infolge der Krankheit immer noch recht bedeutend. Die Tuberkulose erweist sich zäher als unsere Ausdauer, ihrer Meister zu werden, was uns anspornen soll, ihrer Verhütung im Kiridesalter noch mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Manch einer dürfte verwundert sein, dass nach den oben für andere Länder angegebenen Ziffern der Rückgang der Tuberkulosesterblichkeit .in andern Ländern ausgesprochener ist als in der Schweiz, Gewiss -- und wir wollen uns diesbezüglich keinen Täuschungen hingeben -- haben andere Länder eine geringere Tuberkulosesterblichkeit als wir, sei es, dasa ihre allgemeinen Lebensbedingungen günstiger sind, oder dass sie den.

Kampf gegen die Geissel tatkräftiger führen. Anderseits muss man sich aber auch erinnern, dass unsere Todesursachenstatistik die Tuberkulosesterbefälle vollständiger erfasst als in andern Ländern und dass wir zu unsern Vergleichen stets die ergänzte, d. h. erhöhte Tuberkulosesterblichkeit der Schweiz herangezogen haben, so dass die Lage in der Schweiz entschieden besser ist, als sie es beim ersten Anblick erscheinen dürfte.

Bloss für den Zeitraum von 1901--1922 bedeutet der festgestellte Rückgang der Tuberkulosesterblichkeit einen Gewinn von 30,000 Menschenleben, die durch die allgemeiner und nachdrücklicher durchgeführte Bekämpfung der Seuche entrissen wurden, ein für unsere Volkswirtschaft höchst erfreuliches Resultat. Ob wir freilich die Tuberkulose je ganz werden ausrotten können, ist fraglich; das Ziel ist jedenfalls noch entfernt, doch sollten -wir wenigstens unsere Tuberkulosesterblichkeit auf den Stand der Länder mit der niedersten Tuberkulosesterblichkeit herunterdrücken, was einen weitern jährlichen Gewinn von fast 3000 Menschenleben bringen würde.

Rückgang der Tuberkulosesterblichkeit um 42 °/o, Gewinn von 30,000 Menschenleben in 22 Jahren, das sind die Resultate des gegen die Tuberkulose geführten Feldzuges. Diese Resultate verdanken wir aber fast ausschliesslich der p r i v a t e n I n i t i a t i v e . Sie war es, die in allen Teilen unseres Landes Eürsorgevereine und Ligen gegen die Tuberkulose gründete, Volksheilstätten, Fürsorgestellen
und die übrigen Einrichtungen zur Bekämpfung der Seuche ins Leben rief und fast ohne staatliche Hilfe die hierfür notwendigen Mittel zusammenbrachte. Sie war es auch, welche das Volk über das Wesen und die Verbreitung der Tuberkulose aufklärte und es lehrte, dass sie heilbar und vermeidbar sei und wie man sich vor ihr schützen könne. Der Mut und die Begeisterung der Männer und Frauen, welche den Kampf aufnahmen und allen Schwierigkeiten zum Trotz durchführten, verdient allée Lob und unsern wärmsten Dank. Um jedoch eine so gefährliche, die Volksgesundheit schwer schädigende Krankheit mit Erfolg nieder-

24 ringen zu können, genügt die private Initiative allein nicht. Durch ihre Zersplitterung, ihr vereinzeltes Vorgeheo büsst sie vielmehr einen Teil ihrer Wirksamkeit ein. Es ist deshalb geboten, die privaten Bestrebungen zusammenzufassen, damit sie in enger Zusammenarbeit mit staatlichen und ·Gemeindebehörden den Kampf gegen die Seuche noch wirksamer als bisher durchführen können. Nachdem sie notgedrungen in einer ersten Periode sich allein an diesen Kampf heranwagen mussten, soll jetzt die Tuberkulosebekämpfung auf die richtig verstandene Mithilfe des Staates Anspruch erheben können.

Diese Notwendigkeit ist heutzutage in fast allen Ländern anerkannt worden und die Mitwirkung des Staates bei der Tuberkulosebekämpfung in den meisten so oder anders durchgeführt worden. Es sei uns deshalb gestattet, im nachfolgenden einen Überblick über die T ä t i g k e i t der Behörden zur Bekämpfung der Tuberkulose im Ausland zu bieten : N o r w e g e n ist das erste Land Europas, das in dieser Richtung vorangegangen ist. Ein 1900 erlassenes Gesetz fordert für alle ansteckenden Fälle von Tuberkulose die Anzeige nnd ordnet nötigenfalls die Absonderung oder Unterbringung des Kranken in einem Spital an sowie die Desinfektion seines Zimmers und seiner Effekten. Die Spitalversorgung unbemittelter Kranken erfolgt zu Lasten der Bezirke und Gemeinden, wobei ·der Staat 40% beiträgt. Seit 19 J 4 steht an der Spitze der Tuberkulosebekämpfung ein besonderer Beamter. 1921 hat der Staat zu diesem Zweck, für eine Bevölkerung von 2,700,000 Einwohner, 6 Millionen Kronen ausgegeben. Sehliesslich sei noch erwähnt, dass das Gesetz niemandem gestattet, als Lehrer zu amten, es sei denn, er habe ein Zeugnis vorgewiesen, dass er : nicht an ansteckender Tuberkulose leide.

S c h w e d e n hat 1904 ein ähnliches Gesetz erlassen und 1912 die Beteiligung des Staates am Bau nnd Betrieb von Heilstätten geregelt. Für «ine Bevölkerung von 6 Millionen Einwohnern besass es im Jahre 1920 70 verschiedene Anstalten für Tuberkulöse mit 5150 Betten und ungefähr 170 Fürsorgestellen.

D ä n e m a r k (3,370,000 Einwohner) erliess 1905 ein Gesetz über die gegen die Tuberkulose zu ergreifenden Massnahmen und ein weiteres über die Beteiligung des Staates an den Kosten der Unterbringung Tuberkulöser in Heilstätten und Spitälern, welche beide Gesetze 1918
und 1919 abgeändert wurden. Danach sind die Tuberkulösen der Anzeigepflicht unterstellt, ihre Absonderung und Spitalversorgung vorgeschrieben, ebenso die Desinfektion ihrer Wohnungen und Habseligkeiten beim Todesfall oder Wohnungswechsel. Die daherigen Kosten fallen den Gemeinden auf, denen der Staat s/* vergütet. Von 1913--1917 hat derselbe für diese Zwecke jährlich ll/-i Millionen Kronen bezahlt.

S c h o t t l a n d , wo 1887 die erste Einrichtung gegründet wurde, die später als Muster für die Fürsorgestellen dienen sollte, führte 1907 für

25 die Lungentuberkulose "die Anzeigepflieht ein, die dann 1914 auf sämtliche tuberkulösen Erkrankungen ausgedehnt wurde. Ende 1922 zählte man daselbst für eine Bevölkerung von 5 Millionen Einwohner 104 Heilstätten und Spitäler für Tuberkulöse mit 3711 Betten und 31 Fürsorgestellen, alle vom Staat unterstützt.

In E n g l a n d und Wales besteht seit 1912 die Anzeigepflicht für sämtliche Fälle von Tuberkulose. Die Anzeige erfolgt durch den behandelnden Arzt an den Bezirksarzt, der das Nötige vorkehrt, um die Ansteckungsquelle zu ermitteln und die Weiterverbreitung des Übels zu verhindern. Der Staat übernimmt 8/s der Baukosten von Heilstätten, */» der Ausgaben der Fürsorgestellen und die Hälfte der Spitalkosten für bedürftige Tuberkulöse. Eine Verfügung von 1920 ermächtigt die Grafschaftsräte, gewisse Tuberkulosefälle von Amtes wegen im Spital unterzubringen; eine weitere von 1921 setzt Schutzausschüsse zur Überwachung heilstätteentlassener Personen ein.

Am 31. März 1923 bestanden in England und Wales (35 Millionen Einwohner) 442 Fürsorgestellen, 198 Heilstätten und Tuberkulosespitäler mit 13,300 Betten, wozu noch 2780 Betten in den allgemeinen Spitälern und weitere 3310 in 61 verschiedenen Anstalten hinzukommen. Auf denselben Zeitpunkt hatte der Staat für l,n Millionen £ Beiträge an die Erstellung von Heilstätten gewährt und im Jahre 1922/23 1,2 Millionen S, -an den Betrieb dieser gleichen Anstalten verabfolgt.

In F r a n k r e i c h ordnete ein Gesetz vom Oktober 1915 die Gründung von Heilstätten an und stellte dem Staate zu diesem Zweck einen ersten Kredit von 5 Millionen Franken zur Vorfügung. Ein anderes Gesetz, vom April 1916, veranlasste die Schaffung Ton Fürsorgestellen durch die Departemente, sobald deren Gesamtsterblichkeit während 5 Jahren das Mittel von ganz Frankreich übersteigt. Die daherigen Kosten tragen Staat, Departement und Gemeinden. Ein drittes, vom September 1919, verpflichtete sodann den Staat zu Beiträgen an den Bau von Heilstätten bis zur Hälfte der daherigen Kosten und zu solchen an den Betrieb derselben, und zwar in der Hoho des Betrags, den die Verpflegung in einem Sanatorium mehr kostet als in einem gewöhnlichen Spital.

Im Januar 1919 unterbreitete die Regierung den Kammern einen einführen und bedürftigen Kranken dieser Art die Hilfe des Staates zusichern wollte. Nach langwierigen und leidenschaftlichen Verhandlungen erklärte die ,,Académie de médecine" ihr Einverständnis, aber nur unter dem Vorbehalt, dass erstens, die Anzeige einem beamteten, unter Schweigepflicht stehenden Arzt erstattet werde, der dann die zur Verhütung der Weiterverbreitung der Krankheit erforderlichen Massnahmen zu beaufsichtigen habe ; zweitens, der Staat den bedürftigen Kranken wirklich alle Pflege zuteil lassen werde, an die sie gerechterweise Anspruch Bundesblatt. 77. Jahrg. Bd. m.

3

26 erheben können. Dieser Vorbehalt bestimmte dann die Kammern, deo Gesetzesentwurf noch zu vertagen und erst noch die Schaffung genügender Anstalten und Einrichtungen abzuwarten, I t a l i e n , das erste Land der Erde, das Massnahmen gegen die Tuberkulose ergriffen hat (Republik Luoca 1699 und 1733), besitzt seit 1902 die Anzeigepflicht für Lungentuberkulöse, doch nur für Fälle, die in Wohngemeinschaften, Käsereien und Milchgeschäften vorkommen, sowie bei Todesfall oder Wohnungswechsel.

Durch Gesetz vom Juli 1917 wurde sodann die Bekämpfung der Tuberkulose und die Fürsorge für Tuberkulöse als Aufgabe des Staates erklärt und die Provinzen und Gemeinden beauftragt, sich derselben anzunehmen, Provinzausschüsse sollen für die Gründung der nötigen HeilBtätten, Spitäler, Preventorien (Verhütungsstätten) und anderer ähnlicher Anstalten sorgen. Der Staat unterstützt dieselben durch zinslose langfristige Darlehen sowie durch Beiträge an den Betrieb. Die bisher gegründeten Anstalten sind allerdings anfangs fast ausschliesslich von tuberkulös gewordenen Kriegsteilnehmern benutzt worden, doch dürften sie mit der Zeit mehr und mehr der Zivilbevölkerung offen stehen. 1919 ermächtigten neue Erlasse die staatlichen Ersparniskassen, den Gemeinden bis zum 30. Juni 1927 zinslose, erst nach 35 Jahren zurückzuzahlende Darlehen im Betrag bis zu 45 Millionen Lire zu gewähren, die auch den wohltätigen Anstalten zugute kommen können. Für Tuberkulosefürsorgestellen sowie zur Versorgung unbemittelter Tuberkulöser in Anstalten gibt der Staat überdies jährlich zwei Millionen Lire aus.

In Ö s t e r r e i c h waren es die sozialen Versicherungsgesetze, welche eine bessere Fürsorge für die Tuberkulösen und die Gründung von Heilstätten und Fürsorgestellen ermöglichten. Ein Erlass des Volksgesundheitsamtes vom Februar 1919 verfügt die Anzeigepflicht für Fälle offener, d. h. ansteckender Tuberkulose der Atmungsorgane, während Spitäler, Fürsorgestellen und Wohngemeinschaften sämtliche Tuberkulosefälle anzuzeigen haben. Dabei sind ausser den sichern Bazillenausscheidern aisansteckend anzusehen alle Personen, bei welchen die vollständige ärztliche Untersuchung des Kranken eine offene Tuberkulose erweist. Der Anzeig» hat der behandelnde Arzt auch noch die Mitteilung der ihm notwendig erscheinenden Massnahmen beizufügen.

D e u t s
c h l a n d , wo neben Grossbritannien, einigen Staaten der Union und den skandinavischen Staaten der Kampf gegen die Tuberkuloseam planmässigsten geführt wird und die augenfälligsten Erfolge erzielt worden sind, besitzt zur Stunde noch kein Reichsgesetz zur Bekämpfung der Tuberkulose. Mit derselben haben sich bis jetzt wie bei uns nur die Einzelstaaten befasst. Die Reichsregierung selber hat bis jetzt nur einzelne dahin zielende Weisungen veröffentlicht und das halbamtliche deutsche Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose gegründet. 1904 lud sie

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die Staaten ein, für die Unterbringung bedürftiger Lungenkranker in Heilstätten besondere Mittel bereitzustellen, deren Verwendung nicht das Merkmal der Armenunterstützung tragen soll.

Von grosser Bedeutung für die Entwicklung der Tuberkulosebekämpfung in Deutschland erwies sich die Arbeiter versieherungsgesetzgebung, dank welcher die Landesversicherungsanstalten und teilweise auch Krankenkassen ihre Geldmittel in den Dienst der Tuberkulosebekämpfung stellten. Nicht nur haben sie selber eine grosse Zahl von Heilstätten, Tuberkulosekrankenhäuser und Invalidenheime errichtet oder mittels Beiträgen die Erstellung solcher durch gemeinnützige Vereine gefördert, sondern auch durch Bewilligung regelmäßiger Zuschüsse den Betrieb von Fürsorgestellen, Erholungsstätten nachdrücklich unterstützt und durch Gewährung von Darlehen den Bau gesunder Wohnungen ermöglicht.

Unter den deutschen Einzelstaaten hat P r e u s s e n 1905 durch das Gesetz betreffend die Bekämpfung der übertragbaren Krankheiten die Todesfälle an Lungen- und Kehlkopftuberkulose der Anzeigepflicht unterstellt. Es wurde ferner verfügt, dass Lehrer und Schüler, die an diesen Krankheiten leiden, die Schule nicht betreten dürfen, solange sie Bazillen im Auswurfe haben. Endlich wurde 1923 ein Gesetz zur Bekämpfung der Tuberkulose erlassen, welches auch die Erkrankungen an ansteckender Lungen- und Kehlkopftuberkulose anzeigepflichtig erklärt. Dabei bestimmt eine Verordnung des Gesundheitsmim'steriums, was unter ,,ansteckend" zu verstehen ist und wie die Anzeigen erstattet werden sollen. Mit Zustimmung der Behörden können sie -- gewiss ein praktisches Vorgehen -- unmittelbar an die Fürsorgestellen gerichtet werden, die sie an den Amtsarzt weiterleiten. Halten die Fürsorgestellen gewisse Massnahmen für notwendig, so können sie dieselben, im Einvernehmen mit dem Arzt, den Gemeinden oder anderen Instanzen, gleich durchführen. In Ermangelung einer Fürsorgestelle liegt diese Durchführung dem Arzte ob.

1909 wurde die Anzeigepflicht in H e s s e n und Oldenburg, 1910 in W ü r t t e m b e r g und H a m b u r g , 1911 in B a d e n und B a y e r n eingeführt. Wie in Preussen, erstreckt sie sich bloss auf Fälle von ansteckender Tuberkulose, in den beiden letzten Ländern namentlich auch auf Lehrer und Schüler, die vom Unterricht auf so lange fern bleiben sollen,
als sie für ihre Umgebung gefährlich sind.

Dank der unablässigen Förderung der Tuberkulosefürsorge durch Behörden, Versicherungsanstalten, gemeinnützige Vereine und Private bestehen gegenwärtig in Deutschland (62 Millionen Einwohner) 190 Heilstätten für Erwachsene mit 20,500 Betten, 257 Kinderheilstätten mit 19,000 Betten, 148 Walderholungsstätten, 21 Waldschulen, 6 Arbeitskolonien, 88 Stationen zur Vorbeobachtung der für Heilstätten angemeldeten Kranken und 385 Tuberkulosekrankenhäuser und -abteilungen.

28 Die N i e d e r l a n d e besitzen kein Gesetz gegen die Tuberkulose, doch ist die private Tätigkeit gegen dieselbe seit langem wohl organisiert.

Es bestehen für eine Bevölkerung von zirka 7 Millionen Einwohnern etwa 80 Fürsorgestellen und 2000 Sanatoriumsbetten. Seit 1904 gewährt der Staat diesen Privatanstalten Beiträge, die gegenwärtig l Million Gulden im Jahre ausmachen.

Seit 1901 besitzt P o r t u g a l die Anzeigepflicht für Tuberkulose, die schon früher in Lissabon und Oporto eingeführt worden war.

In den V e r e i n i g t e n S t a a t e n von N o r d a m e r i k a haben einige Staaten schon sehr frühe Massnabmen gegen die Tuberkulose ergriffen.

In den 10 letzten Jahren des vorigen Jahrhunderts hatten nämlich schon einige Staaten und etliche Städte die Anzeigepflicht für Tuberkulosetodesfällle verfügt, die Desinfektion der von Tuberkulösen benutzten Räume beim Todesfall oder Umzug angeordnet und das Spucken auf den Boden verboten. Im Laufe dieses Jahrhunderts erliessen dann die meisten Staaten und fast alle grössern Städte Gesetze und Verordnungen, welche die Gründung und den Betrieb von Heilstätten und Fürsorgestellen ermöglichen, die Anzeige der Tuberkulösen, die Absonderung stark ansteckender Fälle und die Desinfektion ihrer Wohnungen und Effekten vorschreiben, die unentgeltliche Untersuchung des Auswurfs und die Aufklärung des Publikums veranlassen, das Spucken auf den Boden, die Benutzung gemeinsamer Trinkgefässe und die Ausübung gewisser Berufsarten durch Tuberkulöse verbieten. Ein Bundesgesetz von 1906 verbietet sämtlichen Angestellten der Union auf den Boden zu spucken und zwingt diejenigen, welche tuberkulös sind, sich Taschenspuckflaschen zu bedienen und eigene Trinkgefässe zu verwenden. 1916 endlich wurden die Verkehrsanstalten angewiesen, Schwindsüchtige nur zu befördern, wenn sie im Besitz einer dicht schliessenden Spuckflasche und eines genügenden Vorrats von Taschentüchern, Gaze oder ähnlichen Dingen sich befinden.

1904 erliess J a p a n eine Verordnung zur Verhütung der Tuberkulose, welche das Spucken auf den Boden in Schulen, öffentlichen Gebäuden usw.

verbietet und für Kurorte, Seebäder, Spitäler, Erziehungsanstalten u. a. m.

besondere Vorschriften aufstellt. 1919 trat an Stelle dieser Verordnung ein Gesetz betr. Verhütung der Tuberkulose, wonach ein Arzt, der
bei einem Patienten Lungen- oder Kehlkopftuberkulose feststellt,, denselben oder seine Umgebung von der Ansteckungsgefahr benachrichtigen und die zu beobachtenden Vorsiohtsmassregeln angeben soll. Wird die Diagnose erst nach dem Tode gestellt, so ist der Haushaltungsvorstand auf die Notwendigkeit der Desinfektion aufmerksam zu machen. Nötigenfalls kann die Behörde verlangen, dass, wer einen Beruf ausübt, in welchem er die Tuberkulose verschleppen könnte, sich ärztlich untersuchen lasse ; auch kann sie die Berufsausübung verbieten, falls sich der Untersuchte als Bazillenstreuer erweist. Ebenso kann die Behörde Mass-

29

nahmen gegen die Verbreitung der Tuberkulose in gewissen Anstalten (Schulen, Spitälern, Gasthäusern, Fabriken usw.) treffen und die Benützung ungesunder Wohnungen verbieten. Jede Stadt mit mehr als 50,000 Einwohnern kann verhalten werden, ein Sanatorium für unbemittelte Tuberkulöse zu erstellen, an dessen Kosten der Staat 1/6--lfî beiträgt. Gleiche Beiträge erhalten Körperschaften oder Privatpersonen, welche solche Volksheilstätten errichten. Die Behörde kann die Aufnahme unbemittelter, für ihre Umgebung gefährlicher Tuberkulöser in eine Heilstätte veranlassen, wobei der Staat an die daherigen Kosten beiträgt. Durch Dekret von 1922 wurden endlich die auszurichtenden Entschädigungen, die Verteilung der Verpflegungskosten unbemittelter Kranken und die Beiträge des Staates bestimmt, welch letztere in der Regel YIO nicht übersteigen' sollen.

Aus diesen Darlegungen geht hervor, dass alle diese verschiedenen Gesetzgebungen, neben vielen Unterschieden, auf welche wir nicht näher eintreten wollen, etwas Gemeinsames haben : fast alle schreiben die begrenzte oder unbegrenzte Meldepflicht der Tuberkulose vor. Wir möchten schon hier diese Tatsache hervorheben, denn die Frage der Anzeigepflicht hat in der Tuberkulosebekämpfung eine eminent wichtige Bedeutung, auf welche wir noch zurückkommen werden.

In der S c h w e i z nahmen die Behörden am Kampf gegen die Tuberkulose erst teil, nachdem die Privatinitiative vorangegangen war, und blieb ihre Tätigkeit bis jetzt beschränkt.

Als die ersten veröffentlichten die N e u e n b u r g e r Behörden 1891 Verhaltungsmassregeln gegen die Tuberkulose. 1895 verfügte die S t a d t L a u s a n n e die Desinfektion der Wohnung bei Todesfall und Umzug Tuberkulöser und 1896 folgte die S t a d t Z ü r i c h ihrem Beispiel. 1900 verlangten die L a n d s c h a f t D a v o s und die G e m e i n d e A r o s a die Anzeige von Todesfall und Wegzug Tuberkulöser zwecks Vornahme der Reinigung und Desinfektion der von ihnen benutzten Räume, Möbel und Gebrauchsgegenstände. 1902 wurde vom K a n t o n G r a u b ü n d e n die Anzeigepflicht für Tuberkulosesterbefälle und die Pflicht zur Desinfektion der von Tuberkulösen bewohnten Räume und benutzten Gegenstände eingeführt. 1903 erliess die G e m e i n d e L e y s i n ähnliche Bestimmungen, und die Regierung von A p p e n z e l l A.-R h. empfahl
den Ärzten des Kantons dringend die Desinfektion bei Tuberkulose. 1907 verordnete die Regierung des K a n t o n s Z ü r i c h die Anzeigepflicht und die Desinfektion beim Ableben und Wohnungswechsel von Kranken mit offener Tuberkulose und dehnte 1912 diese Pflicht auf alle Kranken mit offener Tuberkulose aus, die ihre Umgebung gefährden. Gleichzeitig wurde das Spucken auf den Boden in den öffentlichen Lokalen verboten und die Aufstellung von Spucknäpfen daselbst verlangt, die für Unbemittelte kostenfreie Untersuchung

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tuberkuloseverdächtiger Ausscheidungen auf Tuberkelbazillen verfügt und die örtlichen Gesundheitsbehörden ermächtigt, bei Gefährdung der Umgebung Massregeln zur Verhütung der Weiterverbreitung der Krankheit zu treffen.

1908 nahm der K a n t o n B e r n ein Gesetz betr. Massnahmen gegen die Tuberkulose an, welches staatliche Beiträge an dio Erstellung und den Betrieb von Anstalten und Einrichtungen zur Pflege und Beratung Tuberkulöser vorsieht. Gestützt auf dasselbe erliess 1910 der Grosse Rat des Kantons ein Dekret betr. Massnahmen gegen die Tuberkulose, das die Ärzte zur Anzeige von Fällen offener Tuberkulose verpflichtet, die ihre Umgebung gefährden, die Desinfektion der von Tuberkulösen bewohnten Räume anordnet, das Spucken auf den Boden in öffentlichen Lokalen verbietet, die bakteriologische Untersuchung tuberkuloseverdächtiger Ausscheidungen erleichtert und die Gemeinden ermächtigt, Personen mit offener Tuberkulose in gewissen Berufsarten zu überwachen und das Bewohnen ungesunder Wohnungen zu untersagen.

Nach dem Vorbild dieser beiden Kantone haben in den folgenden Jahren die Regierungen v o n T h u r g a u , L u z e r n , S c h a f f h a u s e n und G lar u s mehr oder weniger weitgehende Verfügungen zur Bekämpfung der Tuberkulose erlassen.

In den welschen Kantonen bestehen zwar keine besondern Tuberkulosegesetze, dagegen finden sich in den Bau- und Wohnungsgesetzen der Kantone W a ad t, N e u e n b u r g und G e n f Bestimmungen, welche die Desinfektion der von Tuberkulösen bewohnt gewesenen Räume vorschreiben.

D er Kanton Genf und die Städte Neuenburg und Lausanne haben den sanitären Wohnungskataster (casier sanitaire) eingeführt. Für jedes Haus wird ein besonderes Blatt geführt, auf dem alle Mängel, sowie die zu deren Beseitigung nötigen Massnahmen vermerkt sind, eine vorzügliche Einrichtung zur Verbesserung der Gesundheitsverhältnisse unserer Städte, sofern wenigstens die zugehörigen Sanktionen nicht fehlen. Im Kanton Neuenburg wurden überdies die Gemeindebehörden ermächtigt, gegen ungesunde Wohnungen ihre Massregeln zu treffen.

In den Kantonen B a s e l s t a d t und F r e i b u r g wird die Untersuchung tuberkuloseverdächtiger Ausscheidungen und die Wohnungsdesinfektion beim Ableben und Umzug Tuberkulöser für Unbemittelte unentgeltlich ausgeführt.

* * In der Erwartung eines
eidg. Tuberkulosegesetzes haben die Kantone seit 1913 vom Erlass weiterer Gesetze und Verordnungen gegen die Tuberkulose abgesehen.

Aus dem gleichen Grunde hielten auch die Kantone bisher mit ihrer finanziellen Unterstützung von Anstalten und Einrichtungen zur Bekämpfung der Tuberkulose etwas zurück. Einige verabfolgen ihnen direkte

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Beiträge, andere übernehmen den Unterhalt einer gewissen Zahl von Betten in Heilstätten und Spitälern.

Nun ist seit drei Jahren, wie bekannt, auch der B u n d eingesprungen und gewährt den antituberkulösen Hilfswerken, Vereinigungen, Anstalten und Einrichtungen Beiträge, die in dieser Zeit der wirtschaftlieben Krise eine grosse Wohltat bedeuten nnd diese Werke in den Stand gesetzt haben, ihre segensreiche Tätigkeit nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern auch noch zu erweitern (siehe unsere Botschaften vom 12. Dezember 1921, vom 14. Dezember 1922 und vom 26. September 1924). Doch kann «s sich bei diesen Bundesbeiträgen nur um ein vorläufiges Behelfsmittel handeln. Soll die oben erwähnte notwendige Zusammenfassung aller Kräfte im Kampf gegen die Tuberkulose zustande gebracht werden, so bedarf es «ines Gesetzes, das allgemeine Grundsätze und Richtlinien für diesen Kampf aufstellt und, ohne die bisherige Tätigkeit im geringsten zu hemmen, Bund, Kantonen und Gemeinden gestattet, Hand in Hand mit der privaten Initiative zu arbeiten und sich die Mitwirkung und Hilfe aller, die guten Willens sind, zunutze zu machen.

Wir sind uns wohl bewusst, dass ein Gesetz kein Allheilmittel darstellt und nur soweit Erfolg haben kann, als es sich den Verhältnissen, für die es bestimmt ist, anpasst. Nicht die Gesetze schaffen die Sitten, sondern umgekehrt, und vor dem Erlass eines neuen Gesetzes muss der Boden, auf dem es sich auswirken soll, vorbereitet werden. Das ist nun bei uns bereits der Fall. Durch Vorträge, Flugschriften, ja selbst durch das Kino wurde das Volk über die Natur, die Verhütung und die Heilung der Tuberkulose aufgeklärt, und seit langem und in steigendem Masse interessiert es sich um ihre Bekämpfung und die derselben dienenden Unternehmungen. Hat nicht letzten Endes unser Volk mit seiner unermüdlichen Freigebigkeit die zu ihrem Gelingen erforderlichen Geldmittel zusammengesteuert? Das nötige Verständnis ist somit vorhanden, und darum scheint uns die Stunde gekommen, da der Gesetzgeber auch seinerseits eingreifen darf.

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Immerhin ist hervorzuheben, dass der Bund im Rahmen seiner verfassungsrechtlichen Befugnisse schon früher einige bescheidene Versuche zur Bekämpfung der Tuberkulose unternommen hat. So hat er, gestützt auf das eidgenössische Viehsenchengesetz, Massnahmen gegen die Tuberkulose beim Rindvieh ergriffen, gestützt auf das Fabrikgesetz eine Anleitung zur Verhütung der Ansteckung mit Tuberkulose in Arbeitsräumen erlassen und das Spuckverbot in den Räumen der schweizerischen Verkehraanstalten verfügt. Die eidg. Lebensmittelverordnungen enthalten ferner Vorschriften ·aur Verhütung der Übertragung der Tuberkulose duroh Nahrungsmittel (Milch, Brot und Fleisch), und schliesslioh sei auch der Art. 169, 170, 283

32 und 284 des eidg. Zivilgesetzbuches gedacht, die Handhaben zu wirksamerer Bekämpfung der Tuberkulose bieten, indem sie den angerufenen Richter ermächtigen würden, zum Schutz des gesunden vor dem tuberkulösen Ehegatten Massnahmen zu treffen und den Vormundschaftsbehörden gestatten würden, gefährdete Kinder den tuberkulösen Eltern wegzunehmen und anderweitig unterzubringen. Alle diese unstreitig nützlichen, aber vereinzelten und ohne innern Zusammenhang gebliebenen Bestimmungen konnten jedoch unmöglich ein besonderes, direkt gegen die Tuberkulose gerichtetes Gesetz ersetzen.

Wie wir gesehen haben, wurde der Erlass eines solchen Gesetzes erst möglich, nachdem das Schweizervolk im Mai 1913 den neuen Artikel 69 der Bundesverfassung angenommen hatte. Sofort nach dem Volksentscheid ging unser Departement des Innern daran, die neue Gesetzgebung vorzu*bereiten. Um die Meinung der Kantonsregierungen über die Zweckmässigkeit eines eidg. Tuberkulosegesetzes kennen zu lernen, hatte es dieselben im Monat Dezember 1912 bereits ersucht, ihm ihre Wünsche und Bemerkungen zu einem solchen Gesetz zu äussern, namentlich mit Bezug auf Anzeigepflicht, Absonderung der stark ansteckenden Tuberkulösen, Überwachung derselben in gewissen Berufen, Verbot ungesunder Wohnungen, kurz über alle bei der Tuberkulosebekämpfung in Betracht fallenden Fragen.

Im Besitz dieser Äusserungen beauftragte das Departement unser Gesundheitsamt mit der Ausarbeitung eines V o r e n t w u r f s zu einem eidg. Tuberkulosegesetz, der im August 1913 fertiggestellt und darauf vom Vorstand der schweizerischen Zentralkommission besprochen wurde, die als die Vertreterin der antituberkulösen Vereinigungen und Anstalten unseres Landes angesehen werden konnte. Er sollte einer vorberatenden, vom Departement einzuberufenden Expertenkommission unterbreitet werden, als der Weltkrieg ausbrach, der die Bundesbehörden zwang, ihre Aufmerksamkeit anderen dringendem Fragen zuzuwenden und den Erlass eines eidg. Tuberkulosegesetzes auf bessere Zeiten zu verschieben.

Gegen Ende des Krieges wurden die Vorarbeiten zu einem solchen Gesetz wieder aufgenommen, der Vorentwurf umgearbeitet, von Interessenten besprochen und 1918 den ärztlichen Mitgliedern der Bundesversammlung unterbreitet. Dieselben erklärten sich grundsätzlich einverstanden, empfahlen jedoch aus
verschiedenen Gründen einige Bestimmungen aus dem Gesetz in die Ausführungsverordnungen herüberzunehmen. Der Vorentwurf wurde sodann nochmals umgearbeitet und einer vom Departement einberufenen grossen Expertenkommission unterbreitet, die im Januar 1921 zusammentrat und Vertreter der Kantonsregierungen, der Ärzte und aller an der Tuberkulosebekämpfung interessierten Kreise zählte.

Der Entwurf wurde eingehend geprüft und durchberaten und schliesalioh mit verschiedenen, mehr Einzelheiten betreffenden Vorbehalten angenommen, die aber eine nochmalige Umarbeitung nötig machten. Hierauf

33 wurde er von der Sanitätsdirektorenkonferenz wiederholt besprochen und schliesslich noch den Kantonsregierungen zur Vernehmlassung überwiesen.

Alle die verschiedenen Äußerungen ergaben fast vollständige Zustimmung zu den allgemeinen, von den Verfassern des Entwurfs befolgten Richtlinien und Grundsätzen, so dass wir diesem nunmehr die endgültige Form geben zu dürfen glaubten, in welcher wir Ihnen den Entwurf hiermit überreichen. Wir hätten Ihnen denselben gerne schon früher zugehen lassen, um den wiederholt aus dem Schosse der Bundesversammlung, wie aus den verschiedensten Kreisen ausgesprochenen dringenden Wünschen nach baldigem Erlass eines eidgenössischen Tuberkulosegesetzes entgegenzukommen. Doch haben wir denselben bis jetzt nicht ohne gute und triftige Gründe zurückgelegt. Sie wissen, dass ein solches Gesetz, das den Kampf gegen die Tuberkulose durch die Unterstützung des Bundes noch wirksamer gestalten soll, diesem schwere finanzielle Lasten bringen wird. Unsere gespannte Finanzlage legte uns aber während der letzten Jahre, wie wir kaum noch zu betonen brauchen, grosse Vorsicht und Zurückhaltung auf und verbot uns gebieterisch -- und das Tuberkulosegesetz war nicht einzig in diesem Fall --, Ihnen den Erlass von Gesetzen zu beantragen, durch welche unserem Staatshaushalt neue Aufgaben aufgebürdet worden wären. Man wird uns vielleicht erwidern, und dieser Einwand mag in gewöhnlichen Zeiten am Platze sein, Finanzrücksichten dürfen nicht angerufen werden, wenn es sich um eine für das Land so wichtige Frage wie die Bekämpfung der Tuberkulose handle.

Trotzdem gibt es aber Zeiten und Lagen, und .in einer solchen befanden wir uns, wo die Rücksicht und der Hinweis auf das Budget dringend geboten sind und alle anderen Erwägungen verstummen müssen.

Dabei wurde unsere Lage noch erschwert durch den verhängnisvollen Volksentscheid vom 3. Juni 1923, der den Bund der Aussicht beraubte, neue Einnahmequellen zu schaffen, die er für soziale Werke verwenden wollte.

Das war für uns ein weiterer Grund, die Gesetzesvorlage zu verschieben, woraus wir übrigens bei der Beantwortung der an uns gerichteten Interpellationen kein Hehl gemacht haben. Seither scheint sich freilich der Himmel aufheitern zu wollen ; der Stand unserer Finanzen bessert sich langsam aber stetig, so dass wir heute an die Verwirklichung
von Plänen denken dürfen, die uns noch vor kurzem undurchführbar erschienen. Auch hoffen wir, die Lösung der Alkoholfrage sei nur aufgeschoben, das genauer unterrichtete, seiner wahren sittlichen und materiellen Interessen besser bewusste Schweizervolk werde unsere Vorschläge schliesslich doch annehmen und uns die Mittel zur Durchführung der dringend notwendig gewordenen sozialen Werke gewähren.

Übrigens ist es kein Zufall, wenn diese beiden ernsten Fragen der Bekämpfung des Alkoholismus und der Tuberkulose heute zusammentreffen ; gehören beide doch auch sonst eng zusammen. Wie alle den Körper

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schwächenden Einflüsse, so begünstigt auch der Alkoholmissbrauch die Entwicklung der Tuberkulose in hohem Masse, und nicht mit Unrecht hat man behauptet, der Alkohol spiele den Quartiermaoher für die Tuberkulose.

Gegen jenen einschreiten ist somit gleichbedeutend mit der Bekämpfung dieser, und wir sind durchaus berechtigt zu hoffen, dass dem Rückgang des Alkoholismus eine entsprechende Abnahme der Tuberkulose folgen wird.

Aus allen diesen Gründen möchten wir Sie ersuchen, an die Frage der Bekämpfung der Tuberkulose heranzutreten und den Gesetzesentwurf, den wir Ihnen unterbreiten, in Beratung zu ziehen.

Ein Bundesgesetz gegen die Tuberkulose muss vor allem das richtige Zusammenarbeiten zwischen den Behörden und der P r i v a t i n i t i a t i v e erleichtern, der wir fast alles verdanken, was bisher auf diesem Gebiete geleistet worden ist. Weit entfernt, ihre Rolle mit dem Erlass eines eidgenössischen Tuberkulosegesetzes ausgespielt zu haben, wird die Privatinitiative auch in Zukunft bei der Tuberkulosebekämpfung die Hauptrolle zu spielen haben; nur wird ihre Tätigkeit mit derjenigen der Behörden Hand in Hand gehen müssen. Würden ja ohne die Mitarbeit der Privatinitiative die im Gesetz vorgesehenen Massnahmeu ihre Wirksamkeit zum guten Teil einbüssen, unter denen manche recht heikler Art sind und so sehr ins häusliche Leben des einzelnen eingreifen, dass ihre Durchführung von vornherein jeden bureaukratischen Anstrich vermeiden und den privaten Organisationen überlassen werden sollte. Um der Privatinitiative auch in Zukunft möglichst freien Spielraum zu lassen, haben wir versucht, dem Gesetze in weitestem Masse den Stempel ihrer Zusammenarbeit mit den Behörden aufzudrucken, den übrigens die Ausführungsbestimmungen noch in erhöhtem Masse als das Gesetz selber tragen werden.

Eine weitere. Aufgabe des Gesetzes geht dahin, die Mitwirkung des B u n d e s am Kampf gegen die T u b e r k u l o s e zu ermöglichen, und zwar soll diese Mitwirkung vor allem eine finanzielle sein. und in der Gewährung von Beiträgen an staatliche und private Hilfswerke zur Bekämpfung der Tuberkulose bestehen. Man wird nun vielleicht einwenden, hierfür hätte ein blosses Subventionsgesetz genügt ; der Einwand verkennt aber das Bestreben des Gesetzes, eine bessere und wirksamere Zusammenarbeit der verschiedenen an der Bekämpfung der Tuberkulose beteiligten Organisationen und Instanzen zu erzielen. Wir haben schon angedeutet, dass, so wie sie jetzt betrieben wird, die Tuberkulosebekämpfung eine Zersplitterung der Kräfte darstellt, mit welcher eine Vergeudung von Arbeit und Geldmitteln verbunden ist. Um die nötige Einheit und Zusammenarbeit zu erzielen, sollte das G-esetz allgemeine Richtlinien aufstellen und den Rahmen vorzeichnen, innerhalb dessen sich die einzelnen.

"TM-^ 35 Organisationen möglichst frei bewegen können. Was wir im übrigen erstreben miissen, ist nicht allein, denjenigen zu Hilfe zu kommen, die bereits etwas tun. Wir wollen den Kantonen und dem Bunde gewisse Verpflichtungen auferlegen, um ihre Intervention wirksamer zu gestalten, dadurch die Privatinitiative überall zu wecken und eine bessere Kontrolle der Tätigkeit der antituberkulösen Werke zu verwirklichen. Mit einem blosaen Interventionsgesetz käme man nicht zu diesem Ziele, denn eine kantonale Behörde könnte sich berechtigt erachten, in dieser Hinsicht nichts zu tun, indem sie einfach auf die Bundesbeiträge verzichten würde.

Weiter sollte das Gesetz nicht gehen; auch dürfte es besser sein, es nicht mit Einzelheiten zu überladen, sondern solche lieber in die Ausführungsverordnungen und Réglemente zu verweisen, welche innerhalb des Rahmens des Gesetzes zu erlassen sein werden. Die Anwendung wird sich um so reibungsloser gestalten und um so leichter den verschiedenen Verhältnissen angepasst werden können. Alle schon bestehenden Organisationen werden um so leichter dem Zwecke der Tuberkulosebekämpfung dienstbar gemacht werden können und der Übergang von der alten in die neue Ordnung sich um so glatter gestalten. Auch darf man nicht vergessen, dass die Wissenschaft unablässig fortschreitet und es leichter ist, eine Verordnung abzuändern als ein Gesetz.

Wir haben schon gesehen, dass bei der Bekämpfung der Tuberkulose unterschieden werden muss zwischen Massnahmen zur Heilung der an ihr Erkrankten und solchen zu ihrer Verhütung, Die Bedeutung der letzteren entgeht heutzutage niemandem mehr ; ja die Verhütungsmassnahmen treten je länger je mehr in den Vordergrund des Planes zur Bekämpfung der Seuche gemäss dem alten Sprichwort, dass vorbeugen besser ist als heilen.

Wir müssen noch beifügen, dass das Gesetz, das wir Ihnen vorlegen, mit Ausnahme etwa des Gebietes der Wohnungshygiene, keine eigentlichen Neuerungen bringt ; es schafft nur für das bereits Bestehende solide Grundlagen. Fürsorgestellen, Sanatorien, Preventorien, verschiedene Einrichtungen und Anstalten zugunsten bedürftiger Tuberkulöser, alles das ist schon zum grössten Teil vorhanden. Unser Rüstzeug gegen die Tuberkulose ist, wie wir gesehen haben, schon zu einem hohen Grad der Entwicklung gelangt; diese Feststellung schränkt die
Tragweite des Gesetzes, die auf den ersten Blick fast übertrieben erscheinen könnte, wesentlich ein.

Es handelt sich letzten Endes hauptsächlich darum, den Bestrebungen, die auf eine Verhütung der Tuberkulose hinzielen, die Möglichkeit einer weitern Entwicklung zu schaffen, indem man ihnen die nötigen Mittel liefert und die Tätigkeit der verschiedenen Werke in Einklang bringt durch Aufstellung einer Anzahl leitender Grundsätze, Das ist der Zweck unseres Gesetzes, dessen Wosen wir Ihnen in folgendem auseinandersetzen wollen.

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Art. l dient bloss zur Einführung und gibt zu keinen Bemerkungen Anlass.

Art. 2 stellt den Grundsatz der A n z e i g e p f l i c h t auf und ist unseres Erachtens einer der wichtigsten des ganzen Gesetzes. Denn die Anzeigepflicht ist das erste Erfordernis für ein Gesetz, das gegen eine übertragbare Krankheit gerichtet ist. Um eine solche erfolgreich bekämpfen zu können, muss man doch notwendigerweise ihre Opfer kennen. Dieser Grundsatz gilt auch für die Tuberkulose, und wir stehen nicht an, zu erklären, dass ohne Anzeigepflicht keine wirksame Verhütung der Tuberkulose möglich ist. Man wird vielleicht entgegnen, die Tuberkulose sei keine epidemische Krankheit, bei der man ohne Verzug die ersten Fälle kennen müsse, um rasch vorgehen und die Krankheit im Keime ersticken zu können, worauf wir antworten, dass hier nicht die Art des Auftretens der Krankheit, ob gehäuft (epidemisch) oder beständig (endemisch), das entscheidende ist, sondern ihre Übertragbarkeit. Jeder Tuberkulöse kann einen Ansteckungsherd bilden, weshalb die Behörden ebensogut ein Interesse haben, ihn zu kennen und unschädlich zu machen, wie jeden andern an einer ansteckenden oder übertragbaren Krankheit leidenden Menschen, weniger vielleicht, um ihn abzusondern, als um ihn zu gewissen leicht anzuwendenden Vorsichtsmassregeln zum Schutz seiner Umgebung zu verhalten. Durch die Anzeige soll übrigens der Tuberkulöse nicht bloss den Behörden, sondern auch den Fürsorge vereinen zur Kenntnis gebracht werden, damit beide ihm nötigenfalls die Pflege und Hilfe vermitteln können, deren er bedarf.

Die Anzeigepflicht stellt unseres Erachtens den Eckpfeiler eines jeden Tuberkulosegesetzes dar; darum ist sie, wie wir gesehen haben, von den meisten Staaten, die solche Gesetze besitzen, eingeführt worden, und selbst in Frankreich, wo jeder Zwang auf diesen Gebieten stets auf grossen Widerspruch stiess, ist nach hitzigen Verhandlungen der Grundsatz der Anzeigepflicht schliesslich angenommen worden. Immerhin kann die Tuberkulose bezüglich der Anzeigepflicht nicht vollständig den andern übertragbaren Krankheiten, wie zum Beispiel den Pocken und dem Abdominaltyphus gleichgestellt werden; von diesen nimmt man an, dass sie an sich und in allen Fällen gefährlich sind und infolgedessen unter allen Umständen, angezeigt werden müssen. Bei den Tuberkulösen ist
das anders, vor allem, weil sie nicht immer ansteckend sind, so z. B. Chirurgisch-Tuberkulöse, die keine Bazillen ausscheiden. Dann sind auch die an sogenannter offener Tuberkulose leidenden Kranken, welche Ausscheidungen mit Bazillen haben, nicht notwendigerweise gefahrlich für ihre Mitmenschen, sofern sie wenigstens gewisse einfache Vorsichtsmassregeln beobachten. Wir haben deshalb die Anzeigepflicht auf diejenigen Tuberkulosefäll e beschränkt, wo der Kranke für seine Mitmenschen tatsächlich eine Gefahr darstellt, d. h. wo ihm die Verhältnisse, in denen er lebt, nicht gestatten, die vorgeschriebenen Schutzmassnahmen zu beobachten, oder wo sein Zustand so schwer ist,

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dass diese Massnahmen illusorisch werden, oder wo der Kranke, was zuweilen vorkommt, sich weigert, sich ihnen zu unterziehen. So eingeschränkt, scheint uns die Anzeigepflicht kaum triftigen Anläse zu Einwendungen geben zu können. Immerhin wollen wir uns nicht verhehlen, dass es sich um eine heikle Frage handelt, deren Lösung gewisse Schwierigkeiten bietet, und von den Ärzten wird es hauptsächlich abhängen, ob dieselben überwunden werden können.

Wir haben im Gesetz bloss den Grundsatz der Anzeigepflicht aufgestellt und die Verfügungen über die Art und Weise ihrer Handhabung den Ausführungsverordnungen überlassen. Sie werden vorschreiben, wer die Anzeige erstatten soll und an wen sie zu richten ist, damit das Berufsgeheimnis gewahrt bleibe. Einige ausländische Gesetze gestatten die Übermittlung der Anzeigen an die Fürsorgestellen, die sie ihrerseits an die Behörden weiter leiten. Diese Möglichkeit, welche die Tätigkeit der Fllrsorgestelle erleichtert und der Anzeige ihren bureaukratischen Charakter nimmt, dürfte auch bei uns am Platze sein und manchen Einwendungen, welche gegen die Anzeigepflicht erhoben werden, die Spitze abbrechen.

Eine andere Bestimmung des Art, 2 sieht vor, dass die Ärzte für ihre Anzeigen an die Behörden eine Entschädigung erhalten sollen. Die Bestimmung schien uns notwendig, nicht so sehr um des recht bescheidenen materiellen Vorteils, den der Arzt daraus ziehen kann, als vielmehr, um ihm zu zeigen, dass man ihn nicht, wie er sich oft beklagt, als den gehorsamen Diener betrachtet, von dem ,man ohne Gegenleistung alles verlangen kann. Davon, dass der Arzt die Verpflichtung zur Anzeige übernimmt, hängt zum grossen Teil die Wirksamkeit des Gesetzes ab.

Eine letzte Bestimmung legt den Anstalten, an welche die Anzeigen gerichtet werden sollen, die Schweigepflicht auf; diese Bestimmung ist selbstverständlich, denn sie bildet, bei der Tuberkulose noch mehr als bei den andern Infektionskrankheiten, das Gegenstück zu der Anzeigepflicht.

Der Art. 3 ist gewissermassen eine Ergänzung des vorhergehenden, indem er dem Arzt die Möglichkeit an die Hand gibt, in jedem Falle, wo er es zur Sicberstellung der Diagnose für notwendig hält, die bakteriologische Untersuchung ausführen zu lassen. Es ist kaum notwendig, besonders auf den Nutzen dieser Bestimmung hinzuweisen. Wenn die obligatorische
Anzeige tatsächlich eine der Grundlagen der Tuberkuloseverhütung ist, so ist die frühzeitige Erkennung der Krankheit eine andere, sicher ebenso wichtige. Es ist deshalb notwendig, dass diese frühzeitige Erkennung ermöglicht wird und dafür ist die bakteriologische Untersuchung unentbehrlich.

Der Art, 4 umschreibt im allgemeinen die Pflichten, die den Kantonen aus der Anzeige erwachsen. Er steht in direkter Verbindung mit Art. 7, nach dessen Bestimmungen der Bundesrat auf dem Verordnungswege die Massnahmen festsetzt, die den Zweck haben, die Ansteckung

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zu verhüten. Es scheint uns nicht notwendig, die Beetimmungen des Art. 4 eingehend zu erläutern, da die Wahl der Massnahmen und ihre Durchführung in den Grenzen der bundesrätlichen Verordnungen den lokalen Behörden oder den Organisationen und Anstalten zur Bekämpfung der Tuberkulose, hauptsächlich den Füraorgestellen, überlassen werden soll.

Art. 5 betrifft die Tuberkulösen, welche Berufe ausüben, die dazu geeignet sind, die Weiterverbreitung der Krankheit zu begünstigen. Zwei Berufsgruppen kommen hier vor allem in Betracht, einerseits die mit der Pflege und dem Unterricht von Kindern und anderseits die im Nahrungsmittelgewerbe beschäftigten Personen. Nach allem dem, was wir über die Art der Übertragung der Tuberkulose wissen, wird man die Ansteckungsgefahr schon verstehen, die durch die Berufsausübung solcher Personen hervorgerufen wird.

Es ist zum Beispiel klar, dass ein in einem Milchgeschäft, einer Bäckerei, einer Metzgerei oder einer Wirtschaft angestellter, Bazillen verstreuender Tuberkulöser unter Umständen für die Personen, welche die von ihm berührten oder angehusteten Nahrungsmittel gemessen, eine Gefahr bilden kann, die allerdings nicht überschätzt aber auch nicht übersehen werden darf. Deshalb verlangt Art. 5, dass solche Tuberkulöse einer regelmässigen Überwachung unterworfen und die erforderlichen Vorkehren getroffen werden, damit sie nicht zu Überträgern des Krankheitskeims werden, was bedeutet, dass man ihnen nötigenfalls die weitere Ausübung ihrer Beschäftigung untersagen kann.

Recht heikel gestaltet sich die Frage, wie man sich gegenüber einem tuberkulösen Lehrer verhalten soll. Nicht jeder braucht gleich von der Schule entfernt zu werden ; in vielen Fällen dürfte die Beobachtung gewisser einfacher Vorsichtsmassregeln genügen, um die Ansteckungsgefahr auszuschalten, Aber eine regelmässige ärztliche Überwachung wird angezeigt sein, auf dass er aus der Schule entfernt werden kann, sobald es sich herausstellt, dass seine Gegenwart eine Gefahr für seine Schüler bedeutet.

Wir müssen hier ein paar Worte über die finanziellen Folgen dieses Artikels anführen. Wir halten dafür, dass die Behörde, wenn sie einem Kranken im Interesse der Allgemeinheit die weitere Ausübung seines Berufes untersagt, ihm gegenüber gewisse Verpflichtungen übernimmt. Um aber die Tragweite dieses Grundsatzes
einzuschränken, haben wir in den Artikel die Forderung aufgenommen, dass das Bedürfnis nachgewiesen werden muss. Nur im Falle, dass die von der besprochenen Massnahme betroffene Person dadurch in finanzielle Not gerät, soll sie auf eine angemessene Unterstützung Anspruch haben, ohne dass sie deshalb als armengeuössig angesehen werden' darf. Unter dieser Bedingung können die finanziellen Folgen einer derartigen Bestimmung nicht sehr weitgehend sein. Die kantonale oder kommunale Behörde wird es sein, die darüber entscheiden wird, ob eine Person ihren Beruf nicht mehr ohne Gefahr für

39 ihre Umgebung ausüben kann und wird sich dabei verpflichten, ihr im Bedürfnisfall eine angemessene Hilfe angedeihen zu lassen. Es ist nicht zu befürchten, dass die Behörden, die vor allem Interesse daran haben, dasß unnütze Ausgaben vermieden werden, von diesem Artikel einen übertriebenen Gebrauch machen. Eher könnte man besorgen, dass der Artikel in ungenügender Weise und nur in ganz aussergewöhnlichen Fällen angewendet werde.

Art, 6. Mit dem Artikel 5 haben wir schon ein besonderes Kapitel der Tuberkuloseverhütung angeschnitten: das der Schule. Mit dem Artikel 6 kommen wir wieder auf dieses Gebiet. Während der Artikel 5 vom Lehrpersonal handelt, befasst sich Artikel 6 mit den Schülern. Dieser Artikel sieht vor, dass in Schulen, Erziehungs-, Pflege-, Bewahranstalten usw. die Kinder einer regelmäßigen ärztlichen Aufsicht unterworfen werden, tuberkuloseverdächtige und gefährdete beobachtet, ansteckende und darum für ihre Mitschüler gefährliche ausgeschlossen werden. Es bedingt dies notwendigerweise die Bereitstellung und Gründung der verschiedenen in Art. 12 erwähnten Anstalten für kränkliche, tuberkuloseveranlagte und -gefährdete Kinder. Auch wird der Vollzug dieses Artikels logischerweise die Einführung von Schulärzten überall da, wo solche noch nicht bestehen, zur Folge haben, was nach unserem Dafürhalten eine glückliche Frucht des Gesetzes sein wird.

Ein besonderer Absatz dieses Artikels betrifft die Kinder, Waisen- oder Pflegekinder, die von Behörden in Familien versorgt werden. Sind ßie gesund, so sollen sie nur Familien anvertraut werden, wo sie keine Ansteckungsgefahr laufen, sind sie jedoch tuberkulös, so sollen sie nicht in Familien mit gesunden Kindern untergebracht werden. Diese Weisungen sind so einleuchtend, dass sie wohl ohne weiteres verständlich sind.

Man könnte sich fragen, ob die Bestimmung des Artikels 6, der die Einführung einer ärztlichen Überwachung in den Schulen vorschreibt, sich mit dem Artikel 27 biB der Bundesverfassung verträgt, nach dessen Wortlaut die Organisation und die Überwachung des Volksschulunterrichts Sache der Kantone ist. Dieser Einwurf wäre aber nicht begründet, da die Bestimmung, um die es sich handelt, nicht die Organisation des Unterrichts betrifft, sondern eine einfache hygienische Massnahme ist. Überdies bleiben die Kompetenzen der Kantone
vollständig gewahrt, denn diese sind es, die nach ihrem Gutdünken diese ärztliche Überwachung einrichten, die übrigens keine Neuerung bedeutet, da viele Kantone und Gemeinden sie schon für ihre Schulen eingeführt haben.

Art. 7 beauftragt den Bundesrat, auf dem Verordnungsweg die von uns angedeuteten Vorsichtsmassregeln zu bezeichnen, deren gewissenhafte Befolgung dem Tuberkulösen die Anwendung jeglicher Zwangsmassnahme ersparen wird. Da der Krankheitskeim gewöhnlich durch den Auswurf übertragen wird, so wird man dem Kranken zur Pflicht machen, sich

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eines Taschenspucknapfes zu bedienen, seine Wäsche regelmässig desinfizieren zu lassen und jeden engern Verkehr zu vermeiden, durch welchen die Weiterverbreitung des Bazillus begünstigt werden könnte, lauter leicht zu beobachtende Gesundheits- und Reinlichkeitsvorschriften, deren vernünftige Befolgung vielen Tuberkulösen ermöglichen wird, das gewöhnliche Leben zu führen.

Derselbe Artikel beauftragt den Bundesrat mit der Festsetzung von Massnahmeu, die in Gebäuden und Räumen, wo viele Menschen zusammen wohnen, arbeiten oder zusammenkommen (Fabriken, Werkstätten, Transportanstalten etc.), zum Schutz gegen die Tuberkulose zu treffen sind.

Diese Bestimmung ist in ihren Anfängen schon im Bundesgesetz über die Arbeit in den Fabriken enthalten ; es scheint uns aber, dass gerade die Tuberkulosegesetzgebung auf diesem Gebiet der Tuberkuloseverhütung vollständigere Vorschriften aufstellen soll.

Der Art. 8 nimmt hauptsächlich Bezug auf die Desinfektion der von Tuberkulösen benützten Räumlichkeiten und setzt die Fälle fest, in denen diese Desinfektion auszuführen ist. Es handelt sich dabei um die unmittelbare Verhütung der Tuberkulose, die keiner weiteren Erläuterung bedarf.

Man könnte sich höchstens fragen, ob diese Desinfektionen, wie auch die bakteriologische Untersuchung des Auswurfs, nicht in allen Fällen unentgeltlich sein sollten. Die Verhütung der Tuberkulose könnte dabei wohl nur gewinnen, doch hat man gefunden, dass es einstweilen ratsamer sei, die Unentgeltlichkeit auf die Fälle zu beschränken, wo sie vom Arzt verlangt Mtird. Die Frage kann später wieder aufgegriffen werden.

Art. 9 verbietet die Ankündigung, das Feilhalten und den Verkauf von Geheimmitteln zur Behandlung der Tuberkulose ; er soll den Machenschaften gewissenloser Quacksalber und gewinnsüchtiger Industrieller ein Ende bereiten, welche die Leichtgläubigkeit der Kranken ausnutzen, die durch das Gefühl, von einer schweren unheilbaren Krankheit befallen zu sein, dermasseu beeinflusst werden, dass sie wähl- und kritiklos alle die angeblichen Heilmittel hinnehmen, welche im Inseratenteil der Zeitungen angepriesen werden.

Art. 10. Wir haben schon darauf hingewiesen, dass der Staat, indem er die Anzeige des Tuberkulösen verlangt, damit die Aufgabe übernimmt, dem Tuberkulösen Gelegenheit zu geben, sich behandeln zu lassen ; dieser muss
daher überall, zu jeder Zeit und unter den günstigsten Bedingungen die Pflege und Hilfe erhalten können, deren er bedarf. Deshalb legt Art. 12 dem Bund, den Kantonen und Gemeinden die Verpflichtung auf, die zur Bekämpfung der Tuberkulose notwendigen Anstalten und Einrichtungen, Soweit sie noch nicht vorhanden sind, bereitzustellen, damit die Tuberkulösen unterstützt, richtig gepflegt und versorgt werden können. Hier hauptsächlich wird der Staat auf die Mitwirkung der Privatinitiative angewiesen sein, deren grosse Verdienste um die Tuberkulosebekämpfung wir bereits

41 hervorgehoben haben. Wenn wir auf diesen Punkt noch einmal zurückkommen, so geschieht es nur, um die Notwendigkeit zu betonen, dieser Mitarbeit der privaten Initiative innert der vom Gesetz festgesetzten Grenzen möglichste Handlungsfreiheit zu lassen. Weit entfernt, sie zu hemmen, soll 4er Staat im Gegenteil alles tun, um ihrer Entwicklung freien Lauf zu lassen.

Art, 11. Auf dem Gebiet der Tuberkuloseverhütung verdient noch ein weiterer Punkt Beachtung, die W o h n u n g s f r a g e . Es schien uns, ein Tuberkulosegesetz dürfe an derselben nicht vorbeigehen, weshalb wir im Entwurf eine Bestimmung aufgenommen haben, die die Behörden ermächtigt, unter gewissen Bedingungen einzuschreiten und die Benützung ungesunder Wohnungen zu verbieten. Es handelt sich hier um eine Materie, die bis jetzt vollständig der kantonalen Gesetzgebung unterstellt war, aber es scheint uns trotzdem nicht, dass durch den Art. 11 die Befugnisse der Kantone beeinträchtigt werden. Der Artikel formuliert nur eine allgemeine Richtlinie, einen Grundsatz, den die Kantone in der Art und Weise und in dem Ausmasse, wie sie es für gut finden, anwenden werden. Wir glauben auch nicht, dass der Bund, wenn er die Aufmerksamkeit der Kantonsbehörden auf die Notwendigkeit von Massnahmen dieser Art hinlenkt und deren Verwirklichung durch Beiträge fördert, über den Rahmen seiner Aufgaben und seiner Rechte hinausgeht. Anfangs freilich wird man sich auf das allernötigste beschränken müssen, um so mehr als die Kosten nicht unerheblich sein dürften. Unseres Erachtens sollte sich aber unsere ·Gesetzgebung, die auf diesem Gebiete noch recht mangelhaft ist, mit der Zeit entwickeln, da die Anforderungen der Wohnungshygiene zu den ·wichtigsten und dringlichsten der Sozialhygiene überhaupt gehören.

Art. 12, der den Kantonen die Pflicht auferlegt, für Aufklärung des Volkes über Tuberkulose zu sorgen, bedarf keiner näheren Begründung.

Art. 13. Das gleiche gilt von Art. 13, der den Bund verpflichtet, die wissenschaftliche Erforschung der Tuberkulose zu fördern. Diese ist mit der Tuberkulose Verhütung so eng verbunden, dass die Entdeckungen jener ·die Fortschritte dieser notwendig bedingen. Es erscheint uns darum nur recht und billig, dass der Bund, der Verhütungsmassregeln gegen die Tuberkulose treffen soll, ihre wissenschaftliche Erforschung fördere.
Art. là setzt die B e i t r ä g e des B u n d e s fest. Auf welcher Grundlage sollen sie berechnet werden? Das ist eine überaus schwer zu beantwortende Frage, indem es fast unmöglich ist, auch nur annähernd zu schätzen, was die Bekämpfung der Tuberkulose kostet. Fallen ja diese Kosten nicht nur der öffentlichen und der privaten Armenpflege zu, sondern auch Vereinigungen und Einrichtungen, die neben den Tuberkulösen ·noch anderen Gruppen von Unglücklichen und Bedürftigen offen stehen, so dass man darauf verzichten muss, die Kosten für die einen und die andern genau auseinanderzuhalton. Wir müssen deshalb unsere Berechnungen auf -Umwegen vornehmen und bloss auf Schätzungen abstellen.

Bundesblatt. 77. Jahrg. Bd. III.

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42 Eine erste Schätzung bezieht sich auf die Z a h l der T u b e r k u l ö s e n i n der S c h w e i z , die die Grundlage unserer Berechnungen bilden sollte ; diese Zahl kennen wir aber nicht genau. Eine allgemeine Erhebung wäre schlechterdings unmöglich, da ihr immer eine grosse Zahl Tuberkulöser entgehen würde. Ebenso sind Teilerhebungen, wie die Zählung der chirurgisch Tuberkulösen in der Stadt Basel im Jahre 1913, viel zu spärlich und lückenhaft, als dasa man daraus Schlüsse ziehen könnte. :Da man allgemein annimmt, dass auf einen Todesfall an Tuberkulose 8 -- andere sagen 10 ·-- tuberkulös Kranke kommen, so hätten wir es in der Schweiz, wo jährlich zwischen 7000 und 8000 Todesfälle an Tuberkulose sich ereignen, mindestens mit 56--64,000 Tuberkulösen zu tun, wozu noch etwa 120--130,000 Gefährdete und Angesteckte, welche keine äusseren Zeichen der Krankheit aufweisen, hinzukommen dürften, deren Zahl erfahrungsgemäss auf etwa das Doppelte der tuberkulös Kranken geschätzt wird.

Wie hoch sich nun die durch diesen grossen Bestand von Tuberkulösen und Tuberkulosekandidaten verursachten K o s t e n der T u b e r k u l o s e für unser Land belaufen, das hat auf Grund der oben angeführte» Zahlen vor einigen Jahren unser Gesundheitsamt zu ermitteln gesucht..

Es wurden die Pflegekosten Tuberkulöser in Heilstätten, Spitälern, Heimen und zu Hause, nebst den Unterstützungsbeiträgen für ihre Familien und Angehörigen, die Kurkosten für Gefährdete, die Kosten für Untersuchung des Auswurfs und für Desinfektion, die Entschädigungen für Berufsaufgabe, die Ausgaben für Aufklärung usw. berechnet, wobei man auf eine Summe von rund 20 Millionen Franken gelangte. Hierzu kämen noch die Kosten für Erstellung oder Erweiterung von Heilstätten, Spitalabteilungen, Heimen und anderen für Tuberkulöse bestimmten Anstalten und Einrichtungen. Unter der Annahme, dass jährlieh 100 neue Betten zu durchschnittlich Fr. 7000' (Fr. 10,000 für Heilstättebetten, 7500 für Spitalbetten und 3--5000 für sonstige Anstaltsbetten) bereitgestellt werden, gelangen wir zu einer weiteren jährlichen Ausgabe von Fr. 700,000. Berücksichtigen wir nun die seit den Berechnungen des Gesundheitsamts (1916) eingetretene Teuerung, den Umstand, dass dieselben auf Mindestansätzen fussten und stellen wir einen Ansatz für unvorhergesehene Ausgaben ein, so
dürfen wir ohne Übertreibung die damals erhaltene Summe um 50 °/o erhöhen, womit die Kosten, welche die Tuberkulose unserem Lande alljährlich verursacht, auf rund 30 M i l l i o n e n F r a n k e n zu veranschlagen sind, was einer jährlichen Steuer von nahezu Fr. 8 pro Kopf der Bevölkerung gleichkommt. Dabei sind die Ausfälle infolge Erwerbseinbusse der im erwerbsfähigen -Alter von 15 bis 50 Jahren gestorbenen Tuberkulösen, infolge der durch die Tuberkulose bedingten Verkürzung der Lebensdauer und infolge anderer Faktoren nicht gerechnet ; gewisse Berechnungen schätzen die allen diesen Faktoren zuzuschreibenden, durch die Tuberkulose verursachten wirtgr.haftliehen Verluste für unser Land sogar auf 120 Millionen Franken (Dr. Olivier),,

43 doch haben wir uns hier nicht weiter damit zu befassen. Wir wollen noch erwähnen, dass die uns von einigen wenigen Kantonen über ihre Kosten für Tuberkulosebekämpfung erteilten ziemlich genauen Auskünfte im allgemeinen das Ergebnis der Berechnungen des Gesundheitsamts bestätigt haben ; leider waren die diesbezüglichen Angaben der meisten Kantone nicht verwendbar. Angenommen ferner, die von der öffentlichen und privaten Armenpflege unterstützten Tuberkulösen machen die Hälfte sämtlicher Tuberkulösen aus, so müsste ungefähr die Hälfte obiger Summe von 30 Millionen Franken, d. h. 15 Millionen Franken, von den Behörden, den privaten Fürsorgevereinen und Anstalten getragen werden, welch letztere Summe denn auch der Ermittlung der vom Bund zu leistenden Beiträge zugrunde gelegt werden soll.

Zur Bemessung der Höhe dieser Leistungen des Bundes dienen die Auskünfte, die bei Gelegenheit der Verteilung des von der Bundesversammlung zugunsten der antituberkulösen Hilfswerke gewährten Kredites gesammelt worden sind. Diese Hilfsaktion war durchaus notwendig geworden und sollte diesen Werken bis zum Erlass eines eidgenössischen Tuberkulosegesetzes die wirtschaftliche Krise überwinden helfen. Die Hilfsaktion begann 1921 und hat seither angedauert; wir haben schon hervorgehoben, wie willkommen sie war und welch glücklichen Einfluss sie auf die Tätigkeit der verschiedenen Fürsorge v ereine und Anstalten ausgeübt hat.

Der uns zur Verfügung gestellte Kredit von je einer Million Franken für die Jahre 1921 und 1922 und von ll/4 Million Franken für das Jahr 1923 wurde nach den in unsern Botschaften auseinandergesetzten und begründeten Grundsätzen verteilt. Die Vereinigungen (Ligen) und Fürsorgestellen erhielten Beiträge von ungefähr 30 °/o ihrer jährlichen Ausgaben, während die Beiträge an Anstalten (Heilstätten, Spitäler, Heime u. a.)

auf Grund der an Kranke und Gefährdete gewährten Pflegetage in der Höhe von 35-I-40 Rappen pro Pflegetag ausgerichtet wurden, wozu dann noch ein Beitrag von 2,s °/o der Betriebskosten hinzukam. Die verschiedenen so bedachten Fürsorgevereine und Anstalten haben 1923 insgesamt über 9 Millionen Franken ausgegeben, so dass die vorabfolgten Bundesbeiträge ungefähr 14--15 °/o ausmachten.

In dieser Summe von 9 Millionen Franken sind aber weder inbegriffen die Erstellungskosten für Anstalten,
noch die Verpflegungskosten der zahlreichen in den allgemeinen Spitälern verpflegten Tuberkulösen -- bis jetzt haben wir bloss an die Kosten der in Tuberkulosepavillons oder Tuberkuloseabteilungen Verpflegten Beiträge gewährt --, noch die Entschädigungen an Personen, die zur Verhütung der Ansteckung ihren Beruf aufgeben müssen, noch endlich die Kosten für Assanierung ungesunder Wohnungen.

Wenn wir alle diese Kosten auch noch in Anschlag bringen, so gelangen wir zu einer G e s a m t a u s g a b e n s u m m e für die B e k ä m p f u n g der Tuberkulose zu Lasten der Behörden und der Privat-

44

W o h l t ä t i g k e i t , die von der oben durch Berechnung erhalteneu v o n 15 M i l l i o n e n F r a n k e n kaum erheblich abweichen dürfte.

Würden wir für den Beitrag des Bundes an diese Summe den gleichen Prozentsatz annehmen, der sich bei der Verteilung der bisherigen vorläufigen Tuberkulosekredite ergab, nämlich 15 °/o, so ergäbe sich eine jährliche Leistung des Bundes von 2%--2y2 Millionen Fr. Angesichts der im G-esetzesentwurf vorgesehenen Ansätze wäre jedoch dieser Prozentsatz, sicher nicht ausreichend. Und zwar schon deshalb, weil der Entwurf die an Vereinigungen, und Fürsorgestellen zu gewährenden Beitrage auf 33°/o statt auf 30% ihrer Ausgaben festsetzt, dann aber auch, weil der im Entwurf vorgesehene Beitrag von 8--10°/0 an die Kosten für die in Heilstätten und Spitälern verpflegten Tuberkulösen sicher höher kommt als die bis jetzt ausbezahlten 35--40 Rappen pro Pflegetag, endlich weil die vorgesehenen Beiträge an die Erstellungskosten von Anstalten und an die Kosten für Assanierung ungesunder Wohnungen -- letztere bilden eine Leistung, deren finanzielle Tragweite wir zurzeit nicht abschätzen können -- auf 25 °/o ansteigen dürfen. Schliesslich darf man nicht vergessen, dass das Gesetz die ganze private, freiwillige Bewegung zur Bekämpfung der Tuberkulose fördern will und dass diese Förderung notwendigerweise während einer gewissen Zeit eine stetige Zunahme der Ausgaben nach sich ziehen wird. Alle diese Erwägungen führen zum Schluss, dass der Bund für die Bekämpfung der Tuberkulose, wenn nicht sogleich, so doch im Verlaufe der Zeit 3--4 Millionen Fr. im Jahr wird verwenden müssen. Zu dieser Summe kommt noch der Betrag der Subventionen, die den Krankenversicherungskassen nach Art. 15 des Gesetzes ausgerichtet werden. Bevor wir aber zur Besprechung dieses Artikels übergehen, wollen wir noch einige Erklärungen zu den Bestimmungen des Art. 14 geben.

In diesem Artikel wird eine Einteilung der Bundesbeiträge nach einer gewissen Anzähl von Kategorien gemacht. Die erste (Alinea l des Artikels) umfasst die Beiträge, die den Kantonen für die Durchführung der ihnen vom Gesetze auferlegten Verpflichtungen ausbezahlt werden und die in der Anzeigepflicht (Art. 2), bakteriologischen Untersuchungen (Art. 3), den verschiedenen Massnahmen zur Verhütung der Weiterverbreitung der Tuberkulose (Art. 4,
5, 6), der Desinfektion (Art. 8), 4er Wohnüngshygiene (Art. 11) und der Volksaufklärung über die Bekämpfung der Tuberkulose (Art. 12) bestehen. Über diese verschiedenen Ausgaben haben wir die wenigsten Anhaltspunkte, da es sich um ein Gebiet handelt, auf dem die Tätigkeit der Kantone bis jezt eine sehr beschränkte war.. Wir haben deshalb für richtig erachtet, für die Beiträge dieser Kategorie keine feste Prozentzahl festzusetzen, sondern ein Maximum (25 %), das gestatten würde, die Beiträge unter Berücksichtigung aller Bedingungen, unter denen die Gesuche gestellt würden und die jedenfalls sehr verschiedenartig sein werden, zu bemessen. Wir haben aus denselben

45 Gründen den gleichen Höchstansatz von 25 % auch für die Subventionen zugunsten der Wohnungsverbesserungen angenommen.

Was die eigentlichen Anstalten zur Bekämpfung der Tuberkulose anbelangt, so stehen wir hier auf soliderer Grundlage und wissen, woran wir sind. Es handelt sich um Einrichtungen, die zum grossen Teil schon bestehen, die bereits provisorische Bundesbeiträge erhalten und über die wir die nötigen Aufzeichnungen, von denen wir gesprochen haben, besitzen.

Die Erkundigungen, die wir eingezogen haben, zeigten uns, dass die von uns aufgestellten Normen für die Zuteilung der provisorischen Beiträge im grossen und ganzen glücklich gewählt waren und dass wir uns also daran halten konnten. Wir haben sie deshalb in unserem Art. 14 wieder aufgeführt und haben geglaubt, da es sich um Anstalten und Einrichtungen handelt, die unter ungefähr gleichen Bedingungen arbeiten, einen festen Prozentsatz für die Beiträge aufstellen zu dürfen. Dieser Prozentsatz belief sich bis jetzt auf etwa 30 für die in Art. 14, lit. &, aufgeführten Anstalten (Fürsorgestellen., Beratungsstellen etc.)- Wir haben uns darauf beschränkt, den Ansäte auf 33 °/o zu erhöhen und erachten diesen Prozentsatz als annehmbar. Für die im Art. 14 unter a und c angegebenen Anstalten (Sanatorien, Preventorien, Spitäler) haben wir bis jetzt als Grundlage für die Berechnung unserer Beiträge die Kosten des Krankenpflegetages angenommen ; wir haben diese Norm auch in das Gesetz herlibergenommen und die Höhe der Beiträge auf 8 bis 10 °/o festgesetzt.

Es handelt sich eigentlich um einen festen Ansatz; wenn wir eine bescheidene Margo von 2 °/o zugelassen haben, so ist es deshalb, weil unter den Anstalten, von denen wir hier sprechen, sich solche befinden (wir denken hier hauptsächlich an die Sanatorien im Hochgebirge), die unter schwierigeren Bedingungen arbeiten als andere und für die wir uns die Möglichkeit vorbehalten müssen, etwas höhere Beiträge auszurichten als an andere.

Es bleiben die Bundesbeiträge an den Bau, die Vergrösserung und den Erwerb von Anstalten, von denen wir soeben gesprochen haben.

Auch hier haben wir nicht einen festen Prozentsatz angesetzt, sondern ein Maximum von 25 °/o, im Gedanken, dass wir, wenn es sich um die Gewährung dieser Beiträge handelt, vor verschiedenartigen Verhältnissen stehen werden, denen Rechnung
getragen werden muss.

Zusammenfassend können wir sagen, dass der Artikel 14 zwei Arten yon Subventionen umfas8t: einerseits solche, die sich auf Gegenstände beziehen, über die wir gegenwärtig keine genauen Angaben besitzen und für welche es uns gegeben schien, einen variablen Prozentsatz mit einem bestimmten Maximum anzunehmen ; anderseits solche, die ein Gebiet beschlagen, über das genaue Angaben vorhanden sind und für die wir, anhand der gemachten Erfahrungen, Prozentsätze aufstellten, die ungefähr denjenigen entsprechen, nach welchen wir seit 3 Jahren unsere provisorischen Beiträge auszahlen.

46 Art. 15. Die Bestimmungen dieses Artikels sollen dem Bunde erlauben, den anerkannten Krankenkassen besondere Subventionen auszurichten, wenn sie statutengemäss ihren tuberkulosekranken Mitgliedern Leistungen gewähren, welche nach Inhalt oder Dauer über die Pflichtleistungen des Bundesgesetzes betreffend die Kranken- und Unfallversicherung hinausgehen. Der nämlichen Vergünstigung sollen unter den gleichen Bedingungen Gegenseitigkeitsverbände teilhaftig werden können, welche zur Erweiterung der Krankenversicherung bei den einzelnen anerkannten Kassen gegründet werden.

Eine direkte Subventionierung der Krankenversicherung bei den anerkannten Kassen neben den Subsidien, welche ihnen indirekt bei ihrer Beteiligung an Anstalten und Einrichtungen .zur Verhütung der Tuberkulose oder zur Behandlung Tuberkulöser zufliessen werden, rechtfertigt sich aus verschiedenen Gründen. Die Beteiligung an solchen Anstalten und Einrichtungen, wie Sanatorien und dergleichen, wird aber nur für wenige grosse Krankenkassen in Frage kommen. Die Mehrzahl der Kassen fällt nicht in Betracht, da einer intensivem und allgemeinern Tätigkeit der Kassen auf diesem Gebiete schon die Anforderung der Sicherheit der Kasse und einer gewissen Liquidität der Kassenmittel Grenzen entgegensetzen.

Dagegen ist es überaus wünschbar, durch besondere Bundessubventionen die Kassen zu einer Verbesserung und Erweiterung ihrer Versicherungsleistungen anzuregen, welche gerade bei Tuberkulosefällen sich vielfach als unzulänglich erweisen. Eine solche Verbesserung kann erreicht werden, sei es durch eine Verlängerung der statutarischen Leistungsdauer, sei es durch Übernahme der vollen oder eines Teiles der Kurkosten bei Tuberkulose über den Aufwand für ärztliche Behandlung und Arznei hinaus.

Diese Bedingungen, an die wir die Ausrichtung der Subventionen knüpfen wollen, können ^auch kleine und kleinste Kassen erfüllen. Eine solche Subventioniefung entspricht überdies dem Grundgedanken des geltenden Krankenversicherungsgesetzes, die Staatshilfe mit dem Masse der Selbsthilfe durch Kasse und Versicherte ansteigen, zu lassen. Gleichzeitig werden dadurch, zunächst einmal für die verbreitetste Volkskrankheit, die Tuberkulose, die Krankenkassen veranlagst, den langandauernden und damit wirtschaftlich und sozial drückendsten Erkrankungen erhöhte Aufmerksamkeit
zuzuwenden, sei es allein oder in gegenseitiger Verbindung.

Für die Verteilung der Subvention kann an verschiedene Systeme gedacht werden. Das beste ist dasjenige, welches unter der gebotenen Rücksichtnahme auf die Mittel des Bundes am meisten zur Förderung der Krankenversicherung beiträgt. Da erst die Erfahrung die Zweckmässigkeit eines Systems'erweisen dürfte, so empfiehlt es sich, in das Gesetz bloss den Grundsatz der Subventionierung aufzunehmen, alles Nähere aber der Vollziehungsverordnung zu überlassen, die leichter der Erfahrung angepasst werden kann. Die Erfahrung allein wird auch einwandfreies Material zur Beurteilung der Belastung des Bundes beschaffen, so dass auch die Sub?

ventionssätze im Gesetze nicht festgelegt werden sollen.

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Am ehesten kommt wohl die Gewährung von Beiträgen an die Kosten des Sanatoriumsaufenthaltes bei längerer Dauer in Betracht, wenn die Kasse einen zu bestimmenden wesentlichen Anteil dieser Kosten übernimmt.

Damit werden die Mittel des Bundes auf die dringendsten und schwersten Fälle konzentriert und zugleich wird einer übermässigen Beanspruchung von vornherein gewehrt. Eine approximative Abschätzung der Belastung des Bundes bei dieser Art der Subveutionierung gestatten heute folgende statistische Ergebnisse : Dem statistischen Material von vier grossen Krankenkassen ist zu entnehmen, dass von ihren sämtlichen Mitgliedern 0,as °/o bis 2,55 % an Tuberkulose erkrankt waren oder als Tuberkulosegefährdete unterstützt wurden (diese Zahlen, aus welchen sich ein Durchschnitt von l,s °/o ergibt, sind derjenigen sehr nahe, die wir weiter oben für die ganze Schweiz angegeben haben). Die von den Kassen übernommenen Ausgaben machten 5,g bis 10,6 °/o sämtlicher Krankenpflegekosten aus; auf den einzelnen Versicherten berechnet ergab sich Fr. 1. 03 bis Fr. 2. 75.

Aus der Statistik der schweizerischen Volksheilstätten im Jahre 1923 «rgibt sich anderseits, dass die mittlere Kurdauer der Kranken, die an Lungentuberkulose erkrankt waren und welche nach mehr als vierwöchentlichem Aufenthalt entlassen -wurden, 164 Tage betrug; es darf aber unter Berücksichtigung des Urastandes, dass die Kurdauer bei chirurgischer Tuberkulose länger ist, mit 170 Tagen gerechnet werdend Dabei schieden nach dem oben Gesagten alle leichteren und deshalb nur einen kürzeren Sanatoriumsaufenthalt benötigenden Fälle aus. Der Beitrag würde somit nicht sofort mit dem Beginn der Sanatoriumskur, sodern einige Zeit später, z. B.

vom 90. Tag an gewährt werden. Nimmt man nun an, dass von rund l Million Krankenkassenmitgliedern, wie wir bereits angegeben haben, rund iy z °/o an Tuberkulose erkrankt sind und dass vom 90. Tage des Sanatoriumaufenthaltes an eine Subvention von Fr. 1.-- gewährt würde, welcher Betrag rund Y« ^el' Kosten des Verpflegungstages ausmacht, so käme man zu einer Belastung von l ,2 Millionen Franken. Bei dieser Schätzung wird aber, wie erwähnt, mit 15000 an Tuberkulose Erkrankten gerechnet, eine Zahl die unverhältnissmässig hoch erscheint, wenn man bedenkt, dass Bich im Jahre 1923 nur rund 4000 Personen in den Volksheilanstalten
befunden haben, wovon wohl nur ein Bruchteil einer Krankenkasse angehören dürfte. Hingegen ist nicht ausser acht zu lassen, dass an Tuberkulose erkrankte Kassenrnitglieder nicht selten auch .in Anstalten, wie Spitäler, behandelt werden, die nach den gleichen Grundsätzen wie Sanatorien geleitet werden und deshalb wie diese berücksichtigt werden sollten.

Sodann erheischen auch zahlreiche schwere Fälle eine Behandlung, die die genannte Kurdauer von 170 Tagen überschreitet. Zieht man alle diese umstände in Erwägung, so dürfte schätzungsweise für den Anfang ein Budgetposten von i/3 Millionen Franken genügen.

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'

Die Subvention würde den Kassen anhand der Ausweise über die von ihnen entschädigten fälle ausgerichtet, welche Ausweise von den Kassen unschwer erstellt werden könnten. Die Prüfung der Subventionsberechtigung, die Kontrolle der Ausweise und die Ausrichtung der Subvention hätte durch den Bund direkt, und zwar durch die Instanz z» erfolgen, der die Aufsicht über die Krankenkassen überhaupt übertragen ist, das Bundesamt für Sozialversicherung, so dags die Kassen nur mit einer Amtestelle zu verkehren hätten.

Von einer solchen Subventionsbestimmung ist nicht nur eine wirksame Bekämpfung der Tuberkulose, sondern auch eine wertvolle Förderung der Krankenversicherung zu erwarten. Mit ihr wird auch.der Wunsch des Konkordates der schweizerischen Krankenkassen erfüllt, an der Durchführung der Tuberkulosebekämpfung und der Tuberkulosefürsorge mitzuarbeiten.

Die finanziellen Folgen des Gesetzes für den Bund, wie sie sich aus den Artikeln 14 und 15 ergeben, lassen sich also in zwei Zahlen zusammenfassen: 3 bis 4 Millionen jährlich an Subventionen für die eigentlichen Organisationen und Anstalten zur Bekämpfung der Tuberkulose, mindestens eine halbe Million an Beiträgen an die Krankenversicherungskassen ; im ganzen also eine Summe von 3Va bis 4J/ä Millionen, d. h. 2 bis 3 Millionen mehr, als was der Bund bis jetzt in Form von provisorischen Subventionen (jährlich I1/a Million) ausgegeben hat.

Zweifellos ist diese Summe recht hoch ; wir sind aber überzeugt, dass das vom Bund ausgegebene Geld wohl verwendet sein und später reichliche Zinsen abwerfen wird. Alles, was wir über die Tuberkulose als Volksaeuche und über die durch sie verursachten schweren wirtschaftlichen Schädigungen gesagt haben, beweist das hinlänglich und enthebt uns weiterer Erörterungen.

Die Summe, die wir hier angeben, wird übrigens nicht von Anfang an notwendig sein. Die Ausgaben des Bundes werden der Entwicklung des Kampfes gegen die Tuberkulose und dem Impuls, den diesem die neue Gesetzgebung gibt, parallel gehen, und die Leistungen des Bundes werden deshalb erst in einigen Jahren die Höhe erreichen, zu der uns unsere Schätzungen geführt haben. Anderseits können wir erwarten, dass sich die Verheerungen der Tuberkulose infolge der energischen Bekämpfung nach und nach vermindern werden, so dass einmal der Tag kommen wird, wo auch die Kosten
der Bekämpfung sich wieder vermindern. Die Lasten, welche die. Eidgenossenschaft zu tragen haben wird, können also durch eine Kurve dargestellt werden, die nach einer Periode der Aufwärtsbewegung langsam sinken wird bis zu dem Tage, an dem der Kampf gegen die Tuberkulose zu Ende sein wird.

Bevor wir dieses Kapitel verlassen, möchten wir iiuch erwähnen, das» die Bundesbeiträge durch Vermittlung und nach Vernehmlassung der kanto-

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nalen Behörden ausgerichtet werden sollen. Da diese Behörden das Gesetz zuvollziehen und die mit Beiträgen bedachten Anstalten und Einrichtungen zu überwachen haben werden, so versteht sich diese Bestimmung von selbst.

Art. 16 und 17. Diese Artikel haben rein juristischen Charakter und wir haben uns deshalb dabei nicht aufzuhalten. Der Artikel 16 regelt das Rekursverfahren sowohl auf kantonalem als auch eidgenössischem Boden und der Artikel 17 stellt die Strafbestimmungen fest. Ein Gesetz über dieBekämpfung der Tuberkulose kann natürlich kein Zwangsgesetz sein und das Kapitel der Strafbestimmungen ist deshalb nur von sekundärer Wichtigkeit. Immerhin schien es uns notwendig, gerade im Interesse derjenigen, deren Schutz das Gesetz bezweckt, sowohl gegen die eigentlichen Verstösse gegen dasselbe als auch gegen Missbräuche, zu denen seine Durchführung Anlass geben könnte, Vorsorge zu treffen.

Art. 18 bis 31. Die übrigen Artikel des Entwurfs betreffen Bestimmungen, die sich in jedem eidgenössischen Gesetz vorfinden. Immerhin, möchten wir Ihre Aufmerksamkeit noch auf Art. 18 hinlenken, der die Kantone beauftragt, die mit der Durchführung des Gesetzes betrauten Organe zu bezeichnen. Wir hoffen, diese Bestimmung werde die Kantone veranlassen, da, wo solche noch nicht bestehen, Kantonsärzte anzustellen, eine unseres Erachtens für die gute Durchführung nicht nur der Tuberkulosebekämpfung, sondern überhaupt aller sanitätspolizeilichen Gesetze unentbehrliche Einrichtung.

Wir sind damit am Schluss unserer Ausführungen angelaugt. Wir glauben, die Wichtigkeit der Bekämpfung der Tuberkulose genügend hervorgehoben und die Notwendigkeit für den Bund dargetan zu haben, an einem Werk gegenseitiger Hilfeleistung mitzuarbeiten, das gebieterisch die Zusammenfassung aller Hilfsmittel und die Mitwirkung aller, die guten Willens sind, erheischt, Darum ersuchen wir Sie, dem Gesetz, das wir Ihnen unterbreiten, zuzustimmen, überzeugt, dass es einen wichtigen Schritt vorwärts bedeutet auf dem Wege der sozialen Gesetzgebung, deren Verwirklichung wir uns zum Ziele gesteckt haben.

B e r n , den I.September 1925.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Vizepräsident: Häberlin.

Der Bundeskanzler :

Kaeslin.

so (Entwurf.)

Bundesgesetz betreffend

Massnahmen gegen die Tuberkulose.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Art. 69 der Bundesverfassung, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 1. September 1925, beschliesst: Art. 1. Zur Bekämpfung der Tuberkulose treffen der Bund, die Kantone und Gemeinden unter Mitwirkung der privaten Wohltätigkeit die in den nachstehenden Artikeln aufgezählten Massnahmen.

Art. 2. Die Tuberkulose wird der Anzeigepflicht unterworfen in allen Fällen, wo der Kranke nach dem Stand der Krankheit und seinen persönlichen Verhältnissen eine Ansteckungsgefahr bildet.

Der Bundesrat bestimmt durch Verordnung die zur Durchführung der Anzeigepflicht von den Kantonen anzuwendenden Massnahmen.

Die Ärzte erhalten für die Anzeigen von den Behörden eine Entschädigung.

Für die Amtsstellen, an welche die Anzeigen zu richten sind, gilt die Schweigepflicht.

Art. 3, Die Kantone sorgen dafür, dass die Ausscheidungen jeder an Tuberkulose erkrankten oder tuberkuloseverdächtigen Person bakteriologisch untersucht werden können. Auf Verlangen des Arztes oder der Fürsorgestelle bei der zuständigen Behörde können diese bakteriologischen Untersuchungen unentgeltlich stattfinden.

Art. 4. Die Kantone sorgen dafür, dass die nötigen Massnahmen zur Verhütung der Weiterverbreitung der Tuberkulose durch Kranke, die geiuäss Art. 2 gemeldet worden sind, getroffen werden.

Art. 5. Die Kantone sorgen namentlich dafür, dass an Tuberkulose erkrankte Personen, deren Beschäftigung die Weiterverbreitung der Krankheit begünstigt, insbesondere Personen, die beruflich regelmässig mit Kindern verkehren, einer ärztlichen Überwachung unterworfen werden. Dabei treffen sie nötigenfalls die erforderlichen Vorkehren, damit diese Kranken die Tuberkulose nicht weiter verbreiten.

51 Sollte es den genannten Personen durch diese Massnahmen unmöglich werden, ihren Beruf weiter zu betreiben oder Ersatzarbeit zu finden, so sind sie, falls die zuständige Behörde die Bedürftigkeit feststellt, angemessen zu unterstützen, ohne dass sie deswegen als armengenössig zu betrachten wären.

Art. 6. Die Kantone sorgen dafür, dass in Schulen, Erziehungsanstalten, Pflegeanstalten, Bewahrungsanstalten, überhaupt überall, wo Kinder zusammenleben, diese einer regelmässigen ärztlichen Aufsicht unterworfen, tuberkuloseverdächtige Kinder beobachtet und offenbar tuberkulöse, die «ine Ansteckungsgefahr bilden, aus der Anstalt entfernt werden.

Nichttuberkulöse Kinder dürfen von Behörden nur in Haushaltungen untergebracht werden, wo keine Tuberkulösen sie gefährden können, Tuberkulöse nur in Haushaltungen, wo sich keine nichttuberkulöse Kinder befinden, Art. 7. Der Bundesrat bestimmt durch Verordnung die in Art. 4, 5 und G zur Beseitigung der Ansteckungsgefahr vorgesehenen Massnahmen.

Ebenso setzt der Bundesrat die Massnahmen fest, die in Werkstätten, Fabriken, Betrieben, im Lebensmittelgewerbe, in Verkehrsanstalten und öffentlichen Gebäuden zum Schutze gegen die Tuberkulose zu treffen sind.

Art. 8. Alle von Tuberkulösen, die im Sinne von Art. 2 als gefährlich erkannt worden sind, regelmässig benutzten Räume sind, besonders wenn der Kranke die Wohnung wechselt, wenn er in ein Spital überführt wird oder wenn er stirbt, zu desinfizieren und sorgfältig zu reinigen.

Die Kantone sorgen für die Durchführung dieser Massnahme, die auf Verlangen des Arztes oder der Fürsorgestelle bei der zuständigen Behörde unentgeltlich durchgeführt werden kann.

. E s bleibt den Kantonen vorbehalten, strengere als die in Abs. l vorgesehenen Massnahmen vorzuschreiben.

' Art. 9. Es ist verboten, Geheimmittel zur Behandlung der Tuberkulose anzukündigen, feilzuhalten \md zu verkaufen.

Art. 10. Nach Massgabe des Bedürfnisses und sofern es nicht schon geschehen ist, haben die Kantone zu sorgen für die Errichtung: a. der nötigen Anstalten und Einrichtungen zur Verhütung der Tuberkulose und zur Kräftigung der tuberkulosegefährdeten Personen, insbesondere der Kinder, wie Preventorien, Genesungsheime, Ferienkolonien und Ferienheime für tuberkuloseverdächtige und tuberkulosegefahrdete Kinder ; b. von Fürsorgestellen oder
Fürsorgediensten zur Ermittlung der Tuberkulösen, zur Beratung, Überwachung und Unterstützung der zu Hause gepflegten Tuberkulösen und ihrer Familien, insbesondere der tuberkuloseverdächtigcn und tuberkuloeegefährdctcn Kinder, sowie zur Stellenvermittlung für Arbeitsfähige;

52 c. der nötigen Anstalten und Einrichtungen zur Aufnahme und Behandlung Tuberkulöser und ihrer Wiedergewöhnung an Arbeit, wie Heilstätten, Tuberkulosespitäler, Abteilungen oder Stationen für Tuberkulöse in Heilanstalten, Arbeitsgenesungsheime.

Art. 11. Die Kantone stellen zur Bekämpfung der Tuberkulose Vorschriften über die Wohnungshj'giene auf. Sie können : a. das Bewohnen und Benützen von Räumen, die von der zuständigen Behörde als tuberkulosefördernd erklärt worden sind, verbieten; 6. an die bauliche Umänderung solcher Räume dem Eigentümer, sofern : ihm die Übernahme der Kosten hierfür billigerweise nicht zugemutet werden kann, Beiträge bewilligen.

Art. 12. Die Kantone sorgen für angemessene Belehrung über Wesen, Gefahren und Verhütung der Tuberkulose.

Art. 13.

Tuberkulose.

Der Bund fördert die wissenschaftliche Erforschung der

Art. 14. An die nachgewiesenen Auslagen für die Durchführung der Art. 2--6, 8 und 12 gewährt der Bund den Kantonen Beiträge bis zu 25 °/o ihrer reinen Gesamtausgaben.

An die in Art. 11 unter b vorgesehenen WohnungsVerbesserungen leistet der Bund Beiträge bis zu 25 % der Gesamtkosten ; der Bundesrat, dem die Pläne und Kostenvoranschläge zur Genehmigung vorzulegen sind, überprüft auch die Begründetheit derartiger Beitragsgesuche.

Für die in Art. 10 erwähnten Anstalten und Einrichtungen, die von Kantonen, Gemeinden, Krankenkassen und Krankenkassenverbänden oder von der privaten Wohltätigkeit unterhalten werden, leistet der Bund folgende Beiträge: 1. an die Erstellung, Erweiterung oder den Erwerb der in Art. 10 unter a und c erwähnten Anstalten und Einrichtungen Beiträge bis zu 25 °/o der Gesamtausgaben; die Pläne und Kosten Voranschläge sowie die Kaufverträge sind dem Bundesrat zur Genehmigung vorzulegen ; 2. an die Betriebskosten der in Art. 10 unter a und c- genannten Anstalten und Einrichtungen Beiträge nach Massgabe der Zahl der Krankenpflegetage Tuberkulöser ; diese Beiträge können je nach der Natur der Anstalt 8--10 °/o der wirklichen Kosten des Pflegetages betragen; 3. an die in Art. 10 unter b genannten Einrichtungen sowie an Vereinigungen zur Bekämpfung der Tuberkulose 33 % der reinen Ausgaben.

Sämtliche Buudesbeiträgo werden nach Anhörung der kantonalen Behörden und durch deren Vermittlung ausgerichtet.

53 : Der Bundesrat kann jedoch solchen Vereinigungen, Anstalten und Einrichtungen, deren Tätigkeitsgebiet sich auf mehrere Kantone erstreckt, unmittelbar Beiträge zuerkennen.

Art. 15. Der Bund kann den im Sinne des Buudesgesetzes über die Kranken- und Unfall Versicherung, anerkannten Krankenkassen, welche in ihren Statuten für Behandlung und Pflege tuberkulosekranker Mitglieder besondere, nach Umfang oder Dauer über die gesetzlichen Pflichtleistungen hinausgehende Aufwendungen vorsehen, besondere Beiträge auf Grund des gegenwärtigen Gesetzes gewähren. Das gleiche gilt für Versicherungseinrichtungen auf Gegenseitigkeit, welche zwecks Ergänzung der Versicherung bei Krankenkassen gegründet werden.

Diese Beiträge werden unmittelbar vom Bunde ausgerichtet.

Der Bundesrat setzt durch Verordnung das Nähere über die Voraussetzungen für die Auerichtung des Beitrages, seine Berechnung und seine Auszahlung fest.

Art. 16. Die Kantone bestimmen, in welchen Fällen die in Anwendung dieses Gesetzes ergangenen Entscheide und Verfügungen an obere kantonale Behörden weitergezogen werden können, und ordnen den Instanzenzug.

Vorbehalten bleibt die Beschwerde wegen Verletzung des Bundesgesetzes an den Bundesrat nach Massgabe des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege (Art. 189, Abs. 2) ; der Bundesrat entscheidet endgültig.

Art. 17. Wer vorsätzlich oder fahrlässig den gesundheitspolizeilichen Vorschriften dieses Gesetzes oder den eidgenössischen oder kantonalen Ausfuhrungsvorschriften zuwiderhandelt, wird mit Busse bis zu Fr. 1000 bestraft.

Wer durch unwahre Angaben oder durch Unterdrückung von Tatsachen für sich oder für einen andern die Ausrichtung einer 'Unterstützung oder die Anordnung einer unentgeltlichen Fürsorgemassnahme erwirkt oder zu erwirken versucht, wird, sofern nicht eine schärfere Strafbestimmung Anwendung findet, mit Busse bis zu Fr. 2000 bestraft.

Die allgemeinen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Bundesstrafrecht der schweizerischen Eidgenossenschaft vom 4. Februar 1853 finden Anwendung, soweit in diesem Gesetze nichts anderes bestimmt wird.

Die Strafverfolgung und Beurteilung liegt den Kantonen ob.

Die Bussen fallen den Kantonen zu.

Art. 18. Der Bundesrat erlässt die zur Durchführung dieses Gesetzes notwendigen Ausfühmngsvorschriften und überwacht deren Ausführung durch die Kantone.

54 Art. 19. Die Kantone erlassen die zur Durchführung dieses Gesetzes auf ihrem Gebiete erforderlichen Bestimmungen.

Sie bezeichnen die kantonale Aufsichtsbehörde sowie die übrigen mit der Durchführung betrauten Stellen (Kantonsarzt, Amtsarzt, Fürsorgestelle etc.). Sie bestimmen deren Befugnisse und Obliegenheiten.

Die kantonalen AuBführungsbestinimungen bedürfen der Genehmigung durch den Bundesrat.

Art. 20. Die Kantonsregierungen erstatten dem Bundesrat alljährlich Bericht über die Ausführung des Gesetzes und die dabei gemachten Beobachtungen.

Art. 21. Der Bundesrat setzt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes fest.

Die eidgenössischen und kantonalen Bestimmungen, die mit diesem Gesetz im Widerspruch stehen, sind auf den gleichen Zeitpunkt aufgehoben.

H3S~-

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes betreffend die Bekämpfung der Tuberkulose. (Vom 1. September 1925.)

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36

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1992

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