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Botschaft des

".Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung betreffend das Begnadigungsgesuch des Gottfried Bachmann von Röthenbach, in Escholzmatt.

(Vom 25. Oktober 1876.)

Durch Urtheil des Kriegsgerichtes der IV. Division vom 4. Oktober 1876, wurde G o t t f r i e d Bac h m a n n von Röthenbach, Kts. Bern, wohnhaft in Escholzmatt, wegen ausgezeichneten Diebstahls in Anwendung der Art. 131, 132 und 136 des Bundesgesezes vom 27. August 1851 über die Strafrechtspflege der eidgenössischen Truppen (II, 606) verurtheilt zu einem Jahr Zuchthaus, zur Kassation und zu dem Verluste der bürgerlichen Ehren auf die Dauer von zwei Jahren.

Der Thatbestand des Verbrechens besteht darin, daß Bachmann in der Nacht vom 20. auf den 21. September 1876 in der Kaserne in Luzern von seinem Bette aus seinem schlafenden Kameraden Peter Gerber von Langnau aus den aufgehängten Hosen das Portemonnaie mit Inhalt von Fr. 49. 20 Cts. entwendet hat.

Fr. 10 hat Bachmann sofort aus dem Portemonnaie enthoben und in seinen Geldbeutel gelegt, den Rest dagegen unter seiner Bettmatrazze verborgen.

Nach anfänglichem Leugnen hat Bachmann die That reuevoll ·eingestanden und gesagt, er habe eigentlich bloß zwei FünffrankenBundesblatt. 28. Jahrg. Bd. IV.

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stüke nehmen und das Uebrige sammt Portemonnaie wieder in Gerber's Hosentasche legen wollen, sei aber daran dadurch verhindert worden, daß Jemand durchs Zimmer gegangen, worauf er das Portemonnaie rasch unter die Matrazze geschoben.

Der Verurtheilte hat ein Begnadigungsgesuch eingereicht, welches vom Kriegsgericht aus folgenden Gründen unterstüzt wird :.

,,Der Beklagte ist etwas beschränkter Intelligenz, bisanhin sowohl als Bürger wie auch als Soldat durchaus unbescholtenen Rufes, seine Eltern sind vermögenslos und besizen ein Lehen in der Gemeinde Escholzmatt, haben 7 lebende Kinder, wovon der Verurtheilte das älteste ist. Da die Eltern vorgerükten Alters sind, so hat der Verurtheilte die Hauptsache in der Landwirtschaft besorgt und allen seinen Erwerb seinen Eltern zur Verfügung gestellt, und so deren wesentliche Stüze gebildet. Die entwendete Summe ist verhältnißmäßig eine sehr geringe und vollständig restituirt, so daß.

in keiner Weise Schaden besteht. Das Gesez ist hart und eine Begnadigung in diesem Falle gerechtfertigt.1* Der Großrichter führt bei der Uebermittlung des Urtheils an das Militärdepartement noch weitere Begnadigungsgründe an, namentlich macht er geltend, Bachmann habe offenbar das Bewußtsien von der Schwere seines Vergehens nicht gehabt, um der Versuchung zu widerstehen, die unter den obwaltenden Umständen an ihn herangetreten, zumal es bloß eines Griffes in die offen am Rechen hängenden Hosen des Schlafkameraden bedurft habe, um sich Geld zu verschaffen.

Aus den Akten ergibt sich, daß Bachmann gut beleumdet ist.

Nach dem Zeugniß des Gemeinderaths von Escholzmatt hat er sich bisher klaglos und rechtschaffen betragen und auch während seiner Dienstzeit als Rekrut nach dem Zeugnisse seiner Vorgesezten keine Veranlaßung zu Rüge gegeben. Er steht geistig nicht auf hoher Stufe und es ist wahrscheinlich, daß er die Schwere seines Vergehens im Momente der Begehung desselben nicht erfaßt hat. Ober durch äußere Verumständungen verhindert worden sei, das Portemonnaie mit dem größten Theile des Inhaltes desselben zu restituiren, ist zweifelhaft, aber sicher ist, daß ohne sein Geständnis eine Verurtheilung nicht stattgefunden haben würde.

Das Gesez ist in der That mit Rüksicht auf die Verumständungen des vorliegenden Falles etwas streng und es darf dabei wohl in Berüksichtigung gezogen
werden, daß eine einjährige Z u c h t h a u s s t r a f e für diesen ersten Fehler eines bisher gut beleumdeten jungen Mannes und für seine ganze Zukunft zu schwer Tviegen dürfte.

135 Aus diesen Gründen und gestüzt darauf, daß das Kriegsgericht die Begnadigung von Amtes wegen empfiehlt, wird beantragt, die einjährige Zuchthausstrafe im Wege der Begnadigung in sechsmonatliches Gefängniß umzuwandeln.

B e r n , den 25. Oktober 1876.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, DerBundespräsident:

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schiess.

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung betreffend das Begnadigungsgesuch des Gottfried Bachmann von Röthenbach, in Escholzmatt. (Vom 25.

Oktober 1876.)

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1876

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11.11.1876

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