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Bundesgesez betreffend

die Arbeit in den Fabriken.

Beschluss des Nationalrathes (vom 16 Juni 1876) und

Anträge der Kommission des Ständerathes Mehrheit und Minderheit) (vom 27 Oktober 1876).

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Beschluss des Nationalrathes vom 16. Juni 1876.

Bundesgesez betreffend die Arbeit in den Fabriken.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenoßenschaft, mit Hinsicht auf Art. 34 der Bundes v erfaßung; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 6. Christmonat 1875, beschließt:

L Allgemeine Bestimmungen.

Art. 1.

Als Fabrik, auf welche gegenwärtiges Gesez Anwendung findet, ist jede industrielle Anstalt zu betrachten, in welcher gleichzeitig und regelmäßig eine Mehrzahl von Arbeitern außerhalb ihrer Wohnungen in geschloßenen Räumen beschäftigt wird.

Wenn Zweifel waltet, ob eine industrielle Anstalt als Fabrik zu betrachten sei, so steht darüber der endgiltige Entscheid dem Bundesrathe zu.

Art. 2.

In jeder Fabrik sind die Arbeitsräume, Maschinen und Werkgeräthschaften so herzustellen und zu unterhalten, daß dadurch Gesundheit und Leben der Arbeiter bestmöglich gesichert werden.

Es ist namentlich dafür zu sorgen, daß die Arbeitsräume während der ganzen Arbeitszeit gut beleuchtet, die

221 Anträge der Kommission des Ständerathes, vom 27. Oktober 1876.

Die Mehrheits-Anträge sind mit gewöhnlicher, die MinderheitsAnträge mit Petit-Schrift gedrukt.

Ueber die Frage, ob eine industrielle Anstalt im Sinne dieses Gesezes als Fabrik zu betrachten sei, entscheidet die Kantonsregierung. -- Gegen einen solchen Entscheid bleibt jedoch den Betheiligten der Rekurs an den Bundesrath ofien, welchem überdieß in allen Fällen das Recht zusteht, von Amts wegen endgültig zu entscheiden.

Bundesblatt. 28. Jahrg. Bd. IV.

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Beschluss des Nationalrathes.

Luft von Staub möglichst befreit und die Luftveränderung immer eine der Zahl der Arbeiter und der Beleuchtungsapparate sowie der Entwiklung schädlicher Stoffe entsprechende sei.

Diejenigen Maschinenteile und Triebriemen, welche eine beständige Gefährdung dei' Arbeiter bilden, sind sorgfältig einzufriedigen.

Zum Sehuze der Gesundheit und zur Sicherheit gegen Verlezungen sollen überhaupt alle erfahrungsgemäß und nach dem jeweiligen Stand der Technik ermöglichten Schuzmittel angewendet werden.

Art. 3.

Wer eine Fabrik zu errichten und zu betreiben beabsichtigt, oder eine schon bestehende Fabrik umgestalten will, hat hievon der Regierung des Kantons Kenntniß zu geben und sich durch Vorlage des Planes über Bau und innere Einrichtung, über die zur Verwendung kommenden Stoffe auszuweisen, daß die Fabrikanlage den gesezlichen Anforderungen in allen Theilen Genüge leiste.

Die Eröffnung der Fabrik, beziehungsweise des neuen Betriebes, darf erst auf förmliche Ermächtigung der Regierung hin stattfinden, welche bei Fabrikanlagen, deren Betrieb ihrer Natur nach mit besonderen Gefahren für Gesundheit und Leben der Arbeiter und der Bevölkerung der Umgebung verbunden ist, die Bewilligung an besondere Vorbehalte zu knüpfen hat.

Erzeigen sich im Verlaufe des Betriebes einer erstellten Fabrik wesentliche Uebelstände, welche nachweisbar Gesundheit und Leben der Arbeiter gefährden, so ist die Behörde, der ertheilten Betriebsbewilligung unbeschadet, gehalten, von dem Fabrikbesizer Abstellung jener Uebelstände zu verlangen und unter Würdigung aller Verhältnisse eine

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Anträge der Kommission des Ständerathes.

Das Wort ,,beständige11 ist zu streichen.

Nach ,,Stand der Technika ist einzuschalten : ,,und den gegebenen Verhältnissena . . . .

Art. 3.

Wer eine Fabrik zu erachten und zu betreiben beabsichtigt, oder eine schon bestehende Fabrik umgestalten will, hat der Regierung des Kantons von dieser Absicht und der Art und Gattung des beabsichtigten Betriebes Kenntniß zu geben und sich durch Vorlage des Planes über Bau und innere Einrichtung auszuweisen, daß die Fabrikanlage den gesezlichen Anforderungen in allen Theilen Genüge leiste.

. . . . wesentliche neu auftretende Uebelstände . . . .

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Beschluss des Nationalrathes.

bestimmte Frist anzusezen, innerhalb welcher der Fabrikbesizer verpflichtet ist, die verlangten Verbeßerungen auszuführen.

Anstände, welche sich bei Ausführung dieses Artikels zwischen kantonalen Behörden und Fabrikinhabern ergeben, entscheidet auf Klage hin der Buudesrath.

Der Bundesrath erläßt die zur genauen Nachachtung dieses Artikels nöthigen Réglemente.

Art. 4.

Jeder Fabrikbesizer ist verpflichtet, von einer durch den Betrieb seiner Fabrik vorgekommenen Tödtung oder erheblichen Körperverlezung sofort der kompetenten Lokalbehörde Anzeige zu machen. .Diese hat über die Ursachen und Folgen des Unfalles eine amtliche Untersuchung einzuleiten und der Kantonsregierung davon Kenntniß zu geben.

Leztere wird, wenn die Verlezung oder Tödtung von fehlerhaften Einrichtungen der Fabrik herrührte, im Sinn von Art. 3 das Erforderliche anordnen und, wenn Anzeichen von gesezwidrigem Verhalten vorliegen, gerichtliche Untersuchung, beziehungsweise Bestrafung (Art. 18) veranlaßen.

Art. 5.

Wenn durch den Betrieb einer Fabrik die Körperverlezung oder der Tod eines Arbeiters herbeigeführt wird, so haftet der Fabrikbesizer für den dadurch entstandenen Schaden, wenn er nicht beweist, daß der Unfall durch höhere Gewalt oder durch eigenes Verschulden des Getödteten oder Verlezten erfolgt ist.

Der Fabrikbesizer ist ebenfalls haftbar in Fällen, wo erwiesenermaßen eine Industrie bestimmte krankhafte Zustände zur Folge hat, die nicht auf andere Ursachen zurükgeführt werden können (zum Beispiel Nekrose der Kiefer

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Anträge der Kommission des Ständerathes.

Art. 4.

Der Fabrikbesizer ist verpflichtet, von jeder in seiner Fabrik vorgekommenen erheblichen Körper veri ezung oder Tödtung sofort der kompetenten Lokalbehörde Anzeige zu machen. Diese hat u. s. w. nach Nationalrath.

Art. 5.

Ueber die Haftpflicht aus Fabrikbetrieb wird ein Bundesgesez (Art. 64 der Bundesverfassung) das Erforderliche verfügen.

In der Zwischenzeit gelten immerhin für den urtheilenden Richter nachfolgende Grundsäze : a. Der Fabrikant haftet für den entstandenen Schaden, wenn ein Mandatar, Repräsentant, Leiter oder Aufseher der Fabrik durch ein Verschulden in Ausübung der Dienstverrichtung Verlezung oder Tod eines Angestellten oder Arbeiters herbeiführt.

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Beschluss des Nationalrathes.

bei der Fabrikation von Phosphorzündhölzchen, Saturninlähmung in Bleiweißfabriken).

Fällt dem Getödteten oder Verlezten ein Mitverschulden zur Last, so wird dadurch die Schadenersazpflicht des Fabrikbesizers angemessen reduzirt.

Wenn der Unfall durch Verschulden eines Dritten verursacht worden ist, so steht dem Fabrikbesizer Regreß auf denselben zu.

Der Umfang 'des zu ersezenden Schadens ist im Streitfalle unter Würdigung aller bezüglichen Verhältnisse durch richterliches Ermessen festzustellen.

Die Schadenersazansprüche verjähren in zwei Jahren, von dem Tage an, an welchem die Tödtung, Verlezung oder Beschädigung stattgefunden hat, beziehungsweise an welchem die im Lemma 2 dieses Artikels erwähnten krankhaften Zustände erkennbar geworden sind.

Art.

6.

Die Fabrikbesizer haben über die in ihren Anstalten beschäftigten Arbeiter ein Verzeichniß nach einem vom Bundesrath aufzustellenden Formular zu führen.

Art. 7.

Der Fabrikbesizer ist verpflichtet, über die gesammte Arbeitsordnung, die Fabrikpolizei, die Bedingungen des Einund Austritts und die Ausbezahlung des Lohnes eine Fabrikordnung zu erlassen.

Wenn in einer Fabrikordnung Bußen angedroht werden, so dürfen dieselben die Hälfte des Taglohnes des Gebüßten nicht übersteigen.

Die verhängten Bußen sind im Interesse der Arbeiter, namentlich für Unterstüzungskassen, zu verwenden.

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Anträge der Kommission des Ständerathes.

b. Der Fabrikant haftet gleichfalls, wenn, auch ohne ein solches spezielles Verschulden, durch den Betrieb der Fabrik Körperverlezung oder Tod eines Arbeiters oder Angestellten herbeigeführt wird, sofern er nicht beweist, daß der Unfall durch höhere Gewalt oder eigenes Verschulden des Verlezten oder Getödteten erfolgt ist.

Fällt dem Verlezten oder Getödteten eine Mitschuld zur Last, so wird dadurch die Ersazpflicht des Fabrikanten angemessen reduzirt.

c. Obige Ersazansprüche verjähren in zwei Jahren von dem Tage an, an welchem die Verlezung oder Tödtung stattgefunden hat.

Im Uebrigen urtheilt, bis nach Erlaß des eingangs erwähnten Gesezes, der kompetente Richter über den Umfang des zu ersezenden Schadens, unter Würdigung aller Verhältnisse, nach bestehendem kantonalem Recht.

Minderheitsantrag

Art. 7.

Der Fabrikbesizer ist verpflichtet, über die gesammte Arbeitsordnung und Polizei in seiner Fabrik ein Reglement zu erlassen.

Die in dieser 'Fabrikordnung verhängten Bußen sind im Interesse der Arbeiter, namentlich für Unterstüzungskassen, zu verwenden.

228 Beschluss des Nationalrathes.

Art. 8.

Die Fabrikordnungen sowie deren Abänderungen sind der Genehmigung der Regierung des betreffenden Kantons zu unterstellen. Diese wird die Genehmigung nur ertheilenj wenn dieselben nichts enthalten, was gegen die gesezlichen Bestimmungen verstößt.

Bevor die Genehmigung ertheilt wird, soll den Arbeitern Gelegenheit · gegeben worden sein, sich über die sie betreffende Verordnung auszusprechen.

Die genehmigte Fabrikordnung ist für den Fabrikbesizer und die Arbeiter verbindlich. Zuwiderhandlungen seitens des erstem fallen unter Art. 18 des Gesezes.

Wenn sich bei der Anwendung der Fabrikorduung Uebelstände herausstellen, so kann die Kantonsregierung die Revision derselben anordnen.

Die Fabrikordnung ist. mit dei' Genehmigung der Kantonsregierung versehen, in großem Druk und an auffälliger Stelle in der Fabrik anzuschlagen und jedem Arbeiter" bei seinem Dienstantritt besonders zu behändigen.

Art. 9.

Wo nicht durch schriftliche Uebereinkunft etwas Anderes bestimmt wird, kann das Verhältniß zwischen dem Fabrikbesizer und Arbeiter durch eine, jedem Theile freistehende, mindestens vierzehn Tage vorher erklärte Kündigung aufgelöst werden und zwar jeweilen am Zahltag oder am Samstag. Wenn nicht besondere Schwierigkeiten entgegenstehen, soll bei Stüklohn jedenfalls die angefangene Arbeit vollendet werden. Innerhalb obiger Frist darf einseitig das Verhältniß von dem Fabrikbesizer nur dann aufgelöst werden, wenn sich der Arbeiter einer angefangenen Arbeit unfähig erweist, oder wenn er sich einer bedeutenden Verlezung der Fabrikordnung schuldig gemacht hat, und der

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Anträge der Kommission des Ständerathes.

Minderheitsantrag Art. 8, Lemma 2.

,,Bevor die Genehmigung . . . . . . . auszusprechen," soll gestrichen werden.

Art. 9.

Von der Minderheit gestrichen.

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Beschluss des Nationalrathes.

Arbeiter ist nur dann zu einseitigem sofortigem Austritt befugt, wenn der Fabrikbesizer die bedungene Verpflichtung nicht erfüllt oder eine ungesezliche oder vertragswidrige Behandlung des Arbeiters verschuldet oder zugelaßen hat.

Streitigkeiten über die gegenseitige Kündigung und alle übrigen Vertragsverhältnisse entscheidet der zuständige Richter.

Art. 10.

Die Fabrikbesizer sind verpflichtet, die Arbeiter spätestens alle zwei Wochen in Bar, in gesezlichen Münzsorten, und in der Fabrike selbst auszuzahlen.

Durch besondere Verständigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, oder durch die Fabrikordnung, kann auch monatliche Auszahlung festgesezt werden.

Am Zahltage darf nicht mehr als der lezte Wochenlohn ausstehen bleiben. Bei Arbeiten auf Stük werden die Zahlungsverhältnisse zwischen den Betheiligten bis zur Vollendung des Stükes ihrer gegenseitigen Vereinbarung überlassen.

Ohne gegenseitiges Ei n verstand niß dürfen keine Lohnbetreffnisse zu Spezialzweken zurükbehalten werden.

Art. IO*1».

Die Zahl dei1 Feiertage, außer den Sonntagen, an welchen das Arbeiten in den Fabriken verboten werden kann, darf sechs nicht übersteigen.

Wer aber an weitern kirchlichen Feiertagen nicht ar.beiten will, soll wegen Verweigerung der Arbeit nicht gebüßt werden dürfen.

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Anträge der Kommission des Ständerathes.

Art. 10.

Von der Minderheit gestrichen.

Art. 10 bis

(Minderheitsantrag.)

Hier Streichung; unten mit Art. 13 bis in einen Artikel zu verschmelzen.

. . . . darf acht nicht übersteigen.

(Mehrheits-Antrag.)

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·

Beschluss des Nationalrathes., Art. 11.

Die Dauer der regelmäßigen Arbeit eines Tages darf nicht mehr als 11 Stunden, an den Vorabenden von Sonnund Festtagen nicht mehr als 10 Stunden betragen und muß in die Zeit zwischen 6 Uhr Morgens und 8 Uhr Abends verlegt werden.

Bei gesundheitschädlichen und auch bei andern Gewerben, bei denen durch bestehende Einrichtungen oder vorkommendes Verfahren Gesundheit und Leben der Arbeiter durch eine tägliche eilfstündige Arbeitszeit gefährdet sind, wird der Bundesrath dieselbe nach Bedürfniß reduzireri, immerhin nur bis die Beseitigung der vorhandenen Gesundheitsgefährde nachgewiesen ist.

Zu einer ausnahmsweise!! Verlängerung der Arbeitszeit, welche von einzelnen Fabriken verlangt wird, ist, sofern das Verlangen die Zeitdauer einer Woche nicht übersteigt, von den zuständigen Bezirksbehörden, sonst aber von der Kantonsregierung die Bewilligung einzuholen.

Für das Mittagessen ist um die Mitte der Arbeitszeit wenigstens eine Stunde frei zu geben. Arbeitern, welche ihr Mittagsmahl mitbringen, oder dasselbe sieh bringen laßen, sollen außerhalb den gewohnten Arbeitsräumen angemeßene, im Winter geheizte Lokalitäten unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.

Die Arbeitstunden sind nach der öffentlichen Uhr zu richten und der Ortsbehörde anzuzeigen.

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Anträge der Kommission des Ständerathes.

Dem ersten Lemma ist der Schlußsaz des Artikels anzufügen : Die Arbeitstunden sind nach der öffentlichen Uhr zu richten und der Ortsbehörde anzuzeigen.

Zu einer vorübergehenden Verlängerung der Arbeitszeit, welche von Fabriken oder Industrien verlangt wird, ist, sofern das Verlangen die Zeitdauer von zwei Wochen nicht übersteigt, von den zuständigen Bezirksbehörden, oder wo solche nicht bestehen, von den Ortsbehörden, sonst aber von der Kantonsregierung die Bewilligung einzuholen.

(Bin Mitglied der Kommissionsmehrheit will das Wort ,,einzelne'1 Fabriken stehen lassen.)

Schlußsaz ist hier zu streichen, siehe erstes Lemma.

234 Beschluss des Nationalrathes.

Art. 12.

Die Bestimmungen des Artikel 11 finden keine Anwendung auf Arbeiten, welche der eigentlichen Fabrikation als Hilfsarbeiten vor- oder nachgehen müßen und die von männlichen Arbeitern oder unverheiratheten Frauenspersonen über 18 Jahren verrichtet werden.

Art. 13.

Nachtarbeit, d. h. Arbeit zwischen 8 Uhr Abends und 6 Uhr Morgens, ist bloß ausnahmsweise zuläßig uad es können die Arbeiter nur mit ihrer Zustimmung dazu verwendet werden.

In jedem Falle, wo es sich nicht um dringende, nur einmalige Nachtarbeit erheischende Reparaturen handelt, ist die amtliche · Bewilligung einzuholen, welche, wenn die Nachtarbeit länger als eine Woche dauern soll, nur von der Kantonsregierung ertheilt werden kann.

Bei Fabrikationszweigen, die ihrer Natur nach einen ununterbrochenen Betrieb erfordern, kann regelmäßige Nachtarbeit stattfinden.

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Anträge der Commission des Ständerathes.

Minderheitsantrag Zum Art. 11.

Der Bundesrath ist befugt, bei gesundheitschädlichen und auch bei andern Gewerben, bei denen durch bestehende Einrichtungen oder vorkommendes Verfahren Gesundheit und Leben der Arbeiter gefährdet sind, abgesehen von den Befugnissen in Art. 2, lezter Saz, die tägliche Arbeitszeit festzusezen, resp. die bestehende zum Zwek der Beseitigung der Gesundheitsgefährde zu reduziren.

Den Arbeitern in Fabriken ist für das Mittagessen um die Mitte der Arbeitszeit mindestens eine Stunde freizugeben. Arbeitern, welche ihr Mittagessen mitbringen oder sich bringen lassen, sollen ausserhalb den gewohnten Arbeitsräumen angemessene, im Winter geheizte, Lokalitäten unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.

Art. 12.

Von der Minderheit gestrichen.

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Beschluss des Nationalrathes.

Unternehmungen, welche diese Bestimmung für sich ansprechen, haben sich bei dem Bundesrath über die Nothwendigkeit ununterbrochenen Betriebes auszuweisen und mit ihrer Eingabe gleichzeitig ein Reglement vorzulegen, aus welchem die Arbeitsordnung und die auf die Arbeiter entfallende Arbeitszeit, welche unter keinen Umständen für den Einzelnen 11 Stunden während 24 Stunden überschreiten darf, ersichtlich ist.

' Die Bewilligung kann bei veränderten Verhältnissen der Fabrikation zurükgezogen oder abgeändert werden.

Art. IS*1».

Die Arbeit an den Sonntagen ist, Nothfälle vorbehalten, untersagt, ausgenommen in solchen Etablissementen, welche ihrer Natur nach einen ununterbrochenen Betrieb und hiefür die durch Artikel 13 vorgesehene Bewilligung des Bundesrathes erlangt haben. Auch in den Anstalten dieser Art.

muß aber für jeden Arbeiter je der andere Sonntag frei bleiben.

Der Kantonalgesezgebung steht frei, Festtage zu bestimmen, an denen die Fabrikarbeit im Sinne obiger Vorschrift, ebenfalls ausgeschlossen sein soll.

Die Arbeitsverweigerung an Sonn- und Festtagen bildet keinen Entlassuugsgrund.

II. Beschäftigung von Frauen in Fabriken.

Art. 14.

Frauenspersonen sollen unter keinen Umständen zur Sonntags- oder zur Nachtarbeit verwendet werden.

Wenn dieselben ein Hauswesen zu besorgen haben, so sind sie eine halbe Stunde vor der Mittagspause zu entlassen, sofern diese nicht mindestens l'/a Stunden beträgt. Vor

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Anträge der Kommission des Ständerathes.

Miiaderheitsanträge.

Im vorlezten Saz des Art. 13 sollea die Worte ,,welche unter keinen Umständen überschreiten darf," gestrichen werden.

Im Uebrigen bliebe der Artikel stehen.

Art. 13Ms soll (siehe auch Art. lOMs) lauten : Die Arbeit an den Sonntagen ist, Nothfälle vorbehalten, untersagt, ausgenommen in solchen Etablissementen, welche ihrer Natur nach ununterbrochenen Betrieb erfordern und hiefür die in Art. 13 vorgesehene Bewilligung des Bundesrathes erlangt haben. Auch in den Anstalten dieser Art muß aber für jeden Arbeiter der zweite Sonntag frei bleiben.

Der Kantonalgesezgebung steht frei, weitere Festtage zu bestimmen, an denen die Fabrikarbeit, wie an den Sonntagen, untersagt sein soll. Diese Festtage dürfen jedoch die Zahl acht per Jahr nicht übersteigen.

Die Arbeitsverweigerung an Sonntagen, sowie an kirchlichen Feiertagen überhaupt, bildet keinen Entlassungsgrund.

Bundesblati 28. Jahrg. Bd. IV.

17

238

Beschluss des Nationalrathes.

und nach ihrer Niederkunft dürfen Wöchnerinnen im Ganzen während acht Wochen nicht in der Fabrik beschäftigt wer· den. A Ihr Wiedereintritt in dieselbe ist an den Ausweis geknüpft, daß seit ihrer Niederkunft wenigstens sechs Wochen verflossen sind.' Diese Frist von sechs Wochen kann abgekürzt werden, wenn durch ärztliches Zeugniß bescheinigt wird, daß damit keine Gefahr für Mutter oder Kind verbunden ist.

Der Bundesrath wird diejenigen Fabrikationszweige bezeichnen, in welchen schwangere Frauen überhaupt nicht arbeiten dürfen.

Zur Reinigung im Gange befindlicher Motoren, Transmissionen und gefahrdrohender Maschinen dürfen Frauenspersonen nicht verwendet werden.

III. Beschäftigung von minderjährigen Arbeitern in Fabriken.

Art. 15.

Kinder, welche das vierzehnte Altersjahr noch nicht zurükgelegt haben, dürfen nicht zur Arbeit in Fabriken verwendet werden.

Für Kinder zwischen dem angetretenen 15. bis und mit dem vollendeten 16. Jahre sollen der Schulunterricht und die Arbeit in der Fabrik zusammen zehn Stunden nicht übersteigen. Der Schulunterricht darf durch die Fabrikarbeit nicht beeinträchtigt werden, namentlich darf die leztere dem erstem nie vorgehen.

Alle Sonntags- und Nachtarbeit von jungen Leuten unter achtzehn Jahren ist untersagt.

Der Bundesrath ist ermächtigt, diejenigen Fabrikzweige zu bezeichnen, in welchen Kinder überhaupt nicht beschäftigt werden dürfen.

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Anträge der Kommission des Ständerathes.

Der Saz: ,,Diese Frist . . . . verbunden ist strichen werden.

soll ge-

statt Schulunterricht soll es heißen : ,,Schul- und Konfirmandenunterricht u. s. w.; statt zehn soll es heißen: ,,eilf Stunden."

Art. 15 -wird, von der Minorität folgendermassen redigirt . Art 15.

Kinder, welche das vierzehnte Altersjahr noch nicht zurükgelegt haben, dürfen nicht zur Arbeit in Fabriken verwendet werden.

Für Kinder zwischen dem angetretenen fünfzehnten bis und mit dem vollendeten sechszehnten Jahre sollen der Schul- und Konfir-

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Beschluss des Nationalrathes.

Ein Fabrikbesizer kann sich nicht mit Unkenntniß des Alters seiner Arbeiter entschuldigen.

IV. Vollziehungs- und Strafbestimmungen.

Art. 16.

Die Durchführung dieses Gesezes, welches sowohl auf bereits bestehende als auf neu entstehende Fabriken Anwendung finden soll, und die Vollziehung der in Gemäßheit des Gesezes vom Bundesrath ausgehenden Verordnungen und Weisungen liegt den Regierungen der Kantone ob, welche hiefür geeignete Organe bezeichnen werden.

Die Kantonsregierungen haben dem Bundesrathe Verzeichnisse der auf ihrem Gebiete bestehenden, sowie später der neu entstehenden und der eingehenden Fabriken einzusenden und über deren Verhältnisse, so weit sie von dem gegenwärtigen Geseze berührt werden, nach den vom Bundesrath hiefür aufgestellten Vorschriften die nöthigen statistischen Angaben zu machen.

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Anträge der Kommission des Ständerathes.

mandenunterricht und die Arbeit in der Fabrik zusammen zehn Stunden per Tag nicht übersteigen. Der Unterricht darf durch die Fabrikarbeit nicht beeinträchtigt werden.

Sonntags- und Nachtarbeit von jungen Leuten unter achtzehn Jahren ist untersagt. Bei Gewerben, für welche die Notwendigkeit des ununterbrochenen Betriebs gemäß Art. 13 bundesräthlich erstellt ist, kann der Bundesrath, sofern die Unerläßlichkeit der Mitwirkung junger Leute gleichzeitig dargethan ist, zumal wenn es im Interesse tüchtiger Berufserlernung derselben selbst förderlich erscheint, ausnahmsweise gestatten, daß auch junge Leute von dreizehn bis achtzehn Jahren hiebei verwendet werden. Der Bundesrath wird jedoch in solchen Fällen für die jungen Leute die Nachtarbeit unter die Maximalzeit von zehn Stunden festsezen, Abwechslung, schichtenweise Verwendung und dergleichen anordnen, überhaupt nach Erdaurung der Sachlage jede für diese ausnahmsweise Bewilligung im Interesse der jungen Leute und ihrer Gesundheit nöthige Vorschrift und Garantie, der Bewilligung beifügen.

Der Bundesrath ist ermächtigt, diejenigen Fabrikzweige zu bezeichnen, in welchen Kinder überhaupt nicht beschäftigt werden dürfen.

Ein Fabrikbesizer kann sich nicht mit Unkenntniß des Alters seiner Arbeiter entschuldigen.

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Beschluss des Nationalrathes.

Die Regierungen erstatten dem Bundesrathe am Schluße jedes Jahres über ihre Thätigkeit behufs Vollziehung des Gesezes, über die dabei zu Tage getretenen Erscheinungen, über die Wirkung des Gesezes u. s. w., einen ausführlichen Bericht, über dessen Anordnung vom Bundesrath das Nähere festgestellt wird.

Ebenso geben sie ihm, beziehungsweise dem hiefür bezeichneten Departement oder andern gesezlich aufgestellten Organen, in der Zwischenzeit jede wünschenswerthe sachbezügliche Auskunft.

Art. 17.

Der Bundesrath übt die Kontrole über die Durchführung dieses Gesezes aus. Er ernennt für das ganze Gebiet der Eidgenoßenschaft je nach Bedürfniß zwei bis vier Fabrikinspektoren mit einer Jahresbesoldung von 5000 bis 6000 Franken.

Der Bundesrath sezt die Pflichten und Befugnisse der Inspektoren fest.

Art. 18.

Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieses Gesezes oder gegen die schriftlich zu ertheilenden Anweisungen der zuständigen Aufsichtsbehörden sind, abgesehen von den civilrechtlichen Folgen, mit Bußen von 5 bis 500 Franken durch die Gerichte zu belegen..

Im Wiederholungsfall darf das Gericht außer angemeßener Geldbuße auch Gefängniß bis auf 3 Monate verhängen.

243

Anträge der Kommission des Ständerathes.

Art. 17.

Der Bundesrath übt die Kontrole über Durchführung dieses Gesezes aus. Er bezeichnet zu diesem Zweke ständige Inspektoren und sezt die Pflichten und Befugnisse derselben fest. Der Bundesrath kann überdieß, soweit er es für nothwendig erachtet, Spezialinspektionen über einzelne Industriezweige oder Fabriken anordnen. Er verlangt zu diesem Zweke von der Bundesversammlung die nöthigen Kredite.

244

Beschluss des Nationalrathes.

(Ari 19 und 20 von der ständeräthlichen Kommission *) unverändert angenommen.)

V. Schlussbestimmungen Art, 19.

Die Bestimmungen kantonaler Geseze und Verordnungen> welche dem gegenwärtigen Geseze widersprechen, sind aufgehoben.

Art. 20.

Der Bundesrath wird beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesezes vom 17. Brachmonat 1874 betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesez und Bundesbeschlüsse (A. S., neue Folge I, S. 116), die Bekanntmachung dieses Gesezes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit der einzelnen Bestimmungen desselben festzusezen.

*) Von derselben folgt in einiger Zeit noch ein Minderheitsbericht.

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Uebersicht der

bei der eidgenössischen Staatskasse zu Gunsten der Wasserbeschädigten in der Schweiz eingegangenen Liebesgaben in Geld.

(Fortsezung)

Total der bis zum 16. November 1876 eingegangenen Baarsendungen .

. ' . Fr. 1,075,987. 63 434.

435.

436.

437.

438.

439.

440.

441.

442.

443.

444.

Geber.

Dons d'anonymes in Genf Hilfsgesellschaft in Winterthur .

Schweiz. Kolonie in Alexandrien (Aegypten), Subscription, 2. Sendung .

.

Schweiz. Generalkonsulat in Lissabon (Kollekte) Schweiz. Konsulat in Melbourne (Australien), Subscription von Schweizern in dort Schweiz. Generalkonsulat in Washington (Kollekte von Schweizern in Columbus, New-Philadelphia, New-York und NewHaven Schweiz. Konsulat in Manilla (Kollekte von Schweizern in den Provinzen der Insel Manilla, 2. Sendung des Konsulats) .

Landammann Durrer von Nidwaiden (6. Sendung der im dortigen Kanton veranstalteten Kollekte) Schweizr Konsulat in Nancy (Subscription, 3. Sendung) Schweiz. Konsulat in New-York (Subscription, 4. Sendung) Schweiz. Gesandtschaft in Berlin (Subscription, 3. Sendung) .

.

Total bis zum 23. November 1876

,, ,,

78. 50 20,000. --

,,

500. --

,,

337. 50

,,

4,006. 60

,,

575. --

,,

494. 90

,,

150. 30

,,

127. 85

,,

· 1,907. 20

,,

20. --

Fr. 1,104,185. 48

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesgesez betreffend die Arbeit in den Fabriken. Beschluss des Nationalrathes (vom 16 Juni 1876) und Anträge der Kommission des Ständerathes (Mehrheit und Minderheit) (vom 27 Oktober 1876).

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Foglio federale

Jahr

1876

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

51

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

25.11.1876

Date Data Seite

219-245

Page Pagina Ref. No

10 009 339

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