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Schweizerisches Bundesblatt.

28. Jahrgang. II.

Nr. 19.

6. Mai 1876.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

E i n r ü k u n g s g e b ü h r per Zeile 15 Ep. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden.

Druk und Expedition der Stämpflischen Buchdrukerei in Bern.

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Bericht des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahre 1875.

Geschäftskreis des politischen Departements.

I. Beziehungen mit dem Auslande.

A. Abgeschlossene oder ratifizirte Verträge.

Im leztjährigen Geschäftsbericht zeigten wir an, daß der H a n d e l s - und N i e d e r l a s s u n g s v e r t r a g zwischen der Schweiz und D ä n e m a r k unterm 10. Februar 1875 in Paris unterzeichnet worden. Dieser Vertrag wurde dann ratifizirt: von der Bundesversammlung am 16. und 18. März, und von Seite Dänemarks am 10. Juni gleichen Jahres. Im Weitern ist unterm 22. Mai ein Zusazartikel über Auslegung der Artikel l und 2 des Vertrags, betreffend Ausübung von Berufsarten im Allgemeinen, in Paris durch, die Bevollmächtigten der beiden Regierungen unterzeichnet worden.

Die Ratifikationen wurden am 10. Juli ausgewechselt.

Am 17. Dezember 1875 erfolgte zwischen dem Bundespräsidenten und Herrn General von Roeder, Minister Deutschlands in Bundesblatt. 28. Jahrg. Bd. IL

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186 der Schweiz, der Austausch der Ratifikationen der Uebereinkunft zwischen der Schweiz und dem Großherzogthum B a d e n über Anwendung gleichartiger Bestimmungen für die F i s c h e r e i im Rhein und seinen Zuflüssen, einschließlich des Bodensees. Diese am 25. März gleichen Jahres abgeschlossene Uebereinkunft war von der Schweiz am 30. November und vom Großherzogthum Baden am 5. Dezember ratifizirt worden.

Eine weitere Auswechslung der Ratifikationen fand am 28. Dezember 1875 statt zwischen dem Bundespräsidenten und dem General von Roeder in Bezug auf den Staatsvertrag zwischen der Schweiz, und dem Großherzogthum B a d e n , betreffend die Verbindung der beiderseitigen E i s e n b a h n e n bei Schaffhausen und bei Stühlingen, welcher Vertrag am 21. Mai 1875 unterzeichnet, am 29. Juni und 2. Juli von der Bundesversammlung und am 9. Dezember vom Großherzogthum Baden ratifizirt wurde.

Troz unserer dringenden Verwendung bei der Regierung von Portugal konnten wir noch immer nicht den Austausch der Ratifikationen des zwischen der Schweiz und P o r t u g a l am 6. Dezember 1873 abgeschlossenen H a n d e l s v e r t r a g e s erwirken.

Vormerkungsweise erwähnen wir hier noch, daß am 7. Dezember 1875 in Bern ein N i e d e r l a s s u n g s v e r t r a g zwischen der Schweiz und O e s t e r r e i c h - U n g a r n unterzeichnet worden ist. Die Bundesversammlung hat diesen Vertrag am 13/16. Dezember ratifizirt und es wird die Auswechslung der Ratifikationen nächstens erfolgen.

B. Erklärungen, Aufkündnngeu und Modifikationen bestehender Uebereinkünfte, Beitrittserklärungen etc.

Wir haben mit der Regierung von I t a l i e n Erklärungen ausgetauscht, betreffend gegenseitige unentgeltliche V e r p f l e g u n g von Armen, welche auf Gebiet des andern Staates erkranken oder sterben. Diese vom 6. und 15. Oktober 1875 datirten Erklärungen fußen auf dem Grundsaze, daß ein Ersaz der Pfleg- oder Beerdigungskosten nicht gefordert werden kann, außer wenn der Unterstüzte oder seine Familie im Stande ist, sie zu vergüten. Für diesen Fall sichern sich die beiden Staaten gegenseitig ihren Beistand zu, um, die Kostenvergütung zu erwirken.

Bei diesefil Anlaße haben wir uns die Frage vorgelegt, ob es nicht zwekmaßig wäre, auch mit andern Staaten ähnliche Vereinbarungen abzuschließen; denn durch eine gleichmäßige Regelung dieser Unterstüzungfragen vermeidet man in vielen Fällen langwierige Erörterungen. Man wird übrigens bemerken, daß die mit

187 Italien ausgetauschten Erklärungen die gleichen Grundsäze zur Grundlage haben, wie das Bundesgesez vom 22. Juni 1875 über die Kosten der Verpflegung erkrankter und der Beerdigung verstorbener armer Angehöriger anderer Kantone.

Die hier aufgeworfene allgemeine Frage ist noch Gegenstand der Prüfung; wir hoffen aber, das Ergebniß derselben in unserm nächsten Geschäftsberichte mittheilen zu können.

Bereits im Laufe des Jahres 1874 hatte F r a n k r e i c h bei der Schweiz den Austausch von Erklärungen angeregt betreffend gegenseitige M i t t h e i l u n g von C i v i l s t a n d s a k t e n . Die Unterhandlungen führten zu der am 1. Dezember 1875 erfolgten Auswechslung solcher Erklärungen, worauf \vir mit Botschaft vom 14. Dezember bei Ihrer hohen Versammlung die vorbehaltene Ratifikation nachsuchten. Der Nationalrath lehnte dieselbe jedoch ab und beharrte definitiv auf seiner ablehnenden Schlußnahme, während der Ständerath geneigt gewesen wäre, die ausgetauschten Erklärungen zu ratifiziren. Nach diesem Scheitern der Angelegenheit mußten wir der französischen Regierung Kenntniß geben von dem Ergebnisseder Berathungen der Bundesversammlung, sowie von den Motiven der Schlußnahme des Nationalraths. Wir bemerkten, daß mehrere Kantone sich über das System Frankreichs beschweren, die Söhne, welche von französischen Eltern vor der Naturalisation ihres Vaters in der Schweiz geboren wurden, als Franzosen zu betrachten und als solche zum Militärdienst anzuhalten, -- und daß, wenn Frankreich diesen Anspruch fallen ließe, die Bundesversammlung wohl nicht anstehen würde, die zwischen den beiden Regierungen ausgetauschten Erklärungen zu ratifiziren.

Die Unterhandlungen betreffend die Revision der K o n s u l a rk o n v e n t i o n zwischen B r a s i l i e n und der Schweiz vom 26. Januar 1861 sind noch nicht zu Ende gediehen; wir haben daher dem diesfalls in unserm vorigen Berichte Gesagten nichts beizufügen.

Uebrigens können wir bestätigen, daß die Beziehungen unserer Konsularagenten mit den brasilianischen Behörden noch immer eben so gut als früher sind, ungeachtet der Aufkündung der Uebereinkunft, und daß das gegenwärtige Provisorium bis anhin keinen praktischen Uebelstand dargeboten hat.

Solange die Frage eines internationalen Vertrages über die Geseze und Gebräuche des Krieges noch schwebend ist,
schien es nicht zeitgemäß, die Unterhandlungen betreffend die Ratifikation der Zusazartikel zur G e n f e r k o n v e n t i o n oder die Revision dieser Konvention wieder aufzunehmen. Uebrigens werden wir diese Frage nicht aus dem Auge lassen, vielmehr dieselbe wieder in Anregung bringen, sobald sich dies ohne Anstand thun läßt.

188 Ihren Beitritt zur Genferkonventiou haben erklärt: der Präsident der Republik San S a l v a d o r namens dieses Staates, mit Erklärung vorn 30. Dezember 1874, und der Fürst von M o n t e n e g r o mit Erklärung vom 29/17. November 1875. Diese zwei Beitrittserklärungen haben wir den Signatarstaaten mitgetheilt.

C. Projektirte Verträge.

In unserm lezten Geschäftsberichte zeigten wir an, daß die P f o r t e Anfangs 1875 endlich eine Antwort auf die Vorschläge gegeben habe, die wir derselben im November 1873 bezüglich des Beitritts der Schweiz zum 1867er Protokoll über Erwerbung von G r u n d e i g e n t u m in der Türkei durch Ausländer gemacht hatten. Diese Antwort, welche sich darauf beschränkte, die Discussion auf ein anderes Terrain zu verlegen, förderte die Frage um Nichts, machte vielmehr den Eindruk, sie nur hinausschieben .zu wollen. Wir konnten uns daher überzeugen, daß wir auf dem .ìris dahin befolgten Wege zu keinem Ergebnisse gelangen würden.

Bevor es jedoch möglich war, durch einen andern Kanal die Unterlandlungen wieder aufzunehmen, traten die Wirren in der Herzegowina ein. Bei diesem Stande der Dinge schien uns in der That keine Hoffnung dafür vorhanden zu sein, die durch innere Angelegenheiten vollauf in Anspruch genommene Pforte bewegen zu können, auf die Anträge einzutreten, welche wir ihr vorzulegen wünschten; ·wir mußten vielmehr finden, es sei besser, die Sache einstweilen auf sich beruhen zu lassen.

,, D e u t s c h l a n d , welches gewünscht hatte, die Fortsezung déliant Jahr 1874 von ihm angeknüpften Unterhandlungen über Mitt h e i l u n g der C i v i l s t a n d s ak t e n bis zur Annahme des Reichs;gesezes über den Civilstand zu verschieben, machte uns noch keine .Eröffnung betreffend Wiederaufnahme dieser Unterhandlungen.

Wie wir im vorhergehenden Berichte bemerkten, hatte die [kaiserliche Regierung von R u ß l a n d im September 1874 die Regierungen der Staaten, welche an den Berathungen der B r ü s s e l e r K o n f e r e n z über die Geseze und G e b r ä u c h e im Kriege theilgenommen haben, eingeladen, ihr die Schlüsse, Bemerkungen oder Vorschläge mitzutheilen, zu denen sie durch die Prüfung der Arbeiten der Konferenz veranlaßt sein könnten. Wenn die kaiserliche Regierung (wurde bemerkt) sich im Besize dieser Materialien befinde, so werde sie darauf bedacht sein, sei es die Punkte, über welche lEinverständniß herrsche, in einem zum Austausehe von Erklärungen ^zwischen den Mächten bestimmten Akte niederzulegen, sei es ihnen ssinen neuen Entwurf zu unterbreiten, sei es endlich eine neue

189 Zusammenkunft der Delegirten oder Vertreter der Regierungen zu veranstalten, um die auseinandergehenden Ansichten einer schließlichen Vereinbarung entgegenzuführen, welche in einem endgültigen Akte formulirt würde.

Mit Note vom 17. Juni 1875 hat sodann die russische Gesandtschaft in Bern uns ein Kreisschreiben der kaiserlichen Regierung an ihre diplomatischen Vertreter im Auslande mitgetheilt. Dasselbe, datirt vom 20. Mai/l. Juni 1875, bringt den Regierungen, welche an der Brüsseler Konferenz theilgenomrnen haben, die Mittheilung in Erinnerung, welche im September des vorhergehenden Jahres an sie gerichtet wurde in Betreff des Ganges, der für das aus dieser Konferenz hervorgegangene Projekt befolgt werden sollte. Erst wenn die Regierung die betreffenden Antworten kenne, werde sie beurtheileii können, welche Folge dem Brüsseler Projekte zu geben und insbesondere, ob eine neue Konferenz zeitgemäß sei. Im Weitern finde die kaiserliche Regierung für nöthig, zu erinnern, daß die Prüfung des Brüsseler Entwurfs nicht vom Standpunkte des Abschlusses eines internationalen Vertrages aus stattzufinden habe. Diese Lösung sei von der Brüsseler Conferenz selbst ausgeschlossen worden. Es handle sich einfach darum, die bestehenden Regeln des internationalen Kriegsrechtes einverständlich auszulegen und zu vervollständigen, wobei die Regierungen durch Austausch gegenseitiger Erklärungen sich verpflichten würden, diese Regeln zur Grundlage für die ihren eigenen Armeen zu ertheilendeu Instruktionen zu nehmen. In unserer Antwort glaubten wir erklären zu sollen, daß nach unserer Ansicht das Werk der Brüsseler Konferenz von der Schweiz erst nach einer entsprechenden Revision desselben acceplirt werden könnte, und daß wir nicht anstehen würden, uns bei einer allfälligen neuen Konferenz vertreten zu lassen.

Seither erhielten wir keine Mittheilung darüber, welche weitere Folge man den Unterhandlungen zu geben gedenke; namentlich erfuhren wir nichts davon, daß eine zweite Konferenz beschlossen und der Zeitpunkt für dieselbe festgesezt worden wäre.

Mit Note vom 4. März 1875 gab nns die Gesandtschaft G r o ß b r i t a n n i e n s in der Schweiz den Wunsch ihrer Regierung kund, mit der Schweiz eine Vereinbarung abzuschließen über Erbs c h a f t s - und V e r m a c h t n i ß s t e u e r n , welche in Todesfällen von
Angehörigen des einen Staates, welche auf dem Gebiete des andern sterben, bezogen werden können.

Wir richteten am 12. März 1875 folgendes Kreisschreiben an sämmtliche eidgenössische Stände: ,,Wir haben unterm 27. August 1872 im Namen des Kantons Waadt eine Vereinbarung mit der königlich Großbritannisehen

190 Regierung in Betreff des gegenseitigen Bezugs von Erbschafts- und Vermächtnißsteuern eingegangen. Mit Zuschrift vom 4. laufenden Monats spricht nun die Großbritannische Gesandschaft zufolge Auftrags der königlichen Regierung den Wunsch aus, ein gleichartiges Uebereinkommen auch mit den übrigen eidg. Ständen zu treffen.

Sie ersucht uns, diesen Wunsch den Kantonsregierungen mitzutheilen und Hochdieseiben anzufragen, ob Sie geneigt seien, Erklärungen über Erbschaftssteuern auszuwechseln und zu einer Verständigung im Sinne des Abkommnisses vom 27. August 1872 (vergleiche Amtliche Sammlung X, 1011) Hand zu bieten.

,,Wir geben diesem Ansinnen mit gegenwärtigem Schreiben au sämmtliche Kantonsregierungen, Waadt ausgenommen, und unter Mittheilung eines Abdrukes mehrerwähnter Erklärung Folge, indem wir Sie ersuchen, den Vorsehlag in Erdaueruug zu ziehen und sich darüber thunlich bald vernehmen zu lassen, wobei insbesondere folgende drei Fragen zu beantworten sein werden : 1) Sind Sie geneigt, mit Großbritannien eine Vereinbarung über den Bezug von Erbschafts- und Vermächtnißsteuern auf dem Vermögen der in Großbritannien niedergelassenen Bürger Ihres Kantons und der auf Ihrem Kantonsgebiete niedergelassenen Britischen Unterthanen abzuschließen?

2) Zustimmenden Falles wollen Sie eine Erklärung wie diejenige der Regierung des Kantons Waadt auswechseln?

3) Haben Sie Aenderungen oder Ergänzungen derselben vorzuschlagen und welche?

,,Nach Eingang der Antworten sämmtlicher Kantousregierungen ·werden wir deren Bemerkungen der Großbritannischen Gesandtschaft zur Kenntniß bringen."· Aus den Antworten der Kantonsregierungen auf dieses Kreisschreiben ist ersichtlich, daß eine Vereinbarung, wie die von Großbritannien vorgeschlagene, auf Schwierigkeiten stoßen wird, so lange die Begriffe Wohnort, Niederlassung, Aufenthalt nicht durch ein Bundesgesez definirt sind ; denn es herrscht zur Zeit .eine große Verwirrung in der Auffassung dieser Ausdrüke in den verschiedenen Kantonen der Schweiz. Wir machten daher der groß britannischen Regierung den Vorschlag, den Erlaß des im Art. 47 der Bundesverfassung vorgesehenen Bundesgesezes, welches den Unterschied zwischen Niederlassung und Aufenthalt bestimmen soll, -abzuwarten.

Artikels des P o s t v e r e ins V e r t r a g s vom 9. Oktober 1874 schreibt vor: ,,Der auf den Postdienst bezügliche amtliche Schrift-

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Wechsel ist portofrei. Im Uebrigen finden weder Porto-Befreiungen noch Ermäßigungen statt."'

Es bestanden nun aber früher besondere Abkommen zwischen einzelnen auswärtigen Regierungen und Schweizerkantonen, durch welche sich die betreffenden Staaten Portofreiheit für ihre Korrespondenz zusicherten. Nachdem diese Uebereinkommen durch den obcitirten Art. 8 dahingefallen, hat man von verschiedeneu Seiten das Ansuchen an uns gestellt, den Abschluß einer Vereinbarung zu erwirken, durch welche die zum Postverein gehörenden Staaten sich verpflichten würden, gegen Reciprocität ihre Korrespondenz mit der Schweiz zu frankiren, um die in Art. 3 des Vertrags für unfrankirte Korrespondenzen vorgesehene Doppeltaxe zu vermeiden.

Wir haben diesem Wunsche Folge gegeben, indem wir unterm 12. November an alle Staaten des Postvereins eine Zirkularuote richteten, welche ihnen den Austausch von Erklärungen im angedeuteten Sinne vorschlägt. Ihre Antworten sind uns noch nicht eingegangen.

Schon vorher hatten wir mit dem Großherzogthum B a d e n auf sein Ansuchen vereinbart, daß die amtliche Korresporidenz zwischen den beiden Staaten fraukirt werden solle. Diese Verfügung wurde den eidgenössischen Ständen durch Kreisschreiben vom 12. November zur Kenntniß gebracht, und die badisene Regierung ihrerseits theilte uns mit, daß sie mittelst Bekanntmachung vom 23. Oktober im Amtsblatte die erforderlichen Weisungen an die verschiedenen Behörden des Großherzogthums Baden erlassen habe, um die Einhaltung der zwischen den beiden Staaten abgeschlossenen Vereinbarung zu sichern.

Spezialfälle.

Am 4. Januar 1875 haben wir Herrn Oberst Siegfried, Chef des Stabsbüreaus, beauftragt, den Vermarkungsoperationen beizuwohnen, welche im Laufe des Jahres, in Vollziehung des Schiedsspruches vom 23. September 1874 betreffend die G r e n z e zwischen der Schweiz und I t a l i e n auf der C r a v a i r o l a - A l p vorzunehmen waren (siehe Geschäftsbericht für 1874, Seite 19).

Italien ließ sich dabei durch Hrn. Philipp Terzaghi, Stabsmajor, und die Regierung von Tessin durch Hrn. Ingenieur Luigi Viglieso von Lugano verbeten. Die Grenzsteinsezung fand am 7. September statt, und es wurde dabei ein Protokoll unterzeichnet, von welchem uns durch Hrn. Siegfried ein Doppel zugestellt wurde, das wir in's eidgenössische Archiv niederlegten. Diese Angelegenheit der Alp

192 Cravairola, die wir seit so vielen Jahren in jedem Geschäftsberichte bei Ihrer hohen Versammlung zur Sprache bringen mußten, ist demnach jezt endgültig erledigt.

Bereits voriges Jahr machten wir auf einen zwischen dem Kanton T h u r g a u und dem Großherzogthum B a d e n aufgetauchten Anstand aufmerksam, betreffend die Bauten und D a m m a r b e i t e n , welche vom Gebiete des Kantons Thurgau aus in den See hinein bis zu den Zugängen der Stadt Konstanz stattfinden.

Wir bemerkten, daß wir mit Note vom 20. November die diesfalls vom Großherzogthum Baden erhobene Reklamation abgelehnt haben und daß wir noch nicht im Besize seiner Antwort seien. Diese Antwort, welche uns am 15. und 24. Juni 1875 zugekommen ist, hat uns gezeigt, daß zwischen den beiden Regierungen Meinungsdifferenzen über die grundsäzliche Frage walten.

Es ist jedoch unbestreitbar, daß, wenn man die durch die großherzogliche Regierung den Verträgen gegebene Auslegung annehmen wollte, die Grenze zwischen den beiden Ländern in einer so vagen und unpraktischen Weise definirt würde, daß eine neue Abgrenzung durchaus nothwendig erscheint. Mit Rüksicht auf diese Sachlage glaubten wir der badischen Regierung vorschlagen zu sollen, auf freundschaftlichem Wege eine Lösung zu suchen, welche geeignet wäre, die beiden Parteien zu befriedigen. Ihre Antwort ist uns noch nicht zugekommen.

In der Gemeinde T h ô n e x , im Kanton Genf, sollte der Pfarrer, der sich geweigert hatte, den vom Geseze geforderten Eid zu leisten, entlassen werden. Es wurde ihm jedoch gestattet, provisorisch seine Funktionen fortzusezen. Inzwischen machte die Botschaft von Frankreich in Bern, im Laufe des Monats August 1875, uns aufmerksam, daß die Kirche und zugehörigen Gebäude von Thônex der Pfarrgemeinde Thônex und Gaillard angehören, indem dieser leztere Ort in Kultussachen mit Thônex verbunden sei und mit ihm eine einzige Pfarrgemeinde bilde. Gaillard sei aber ein französisches Dorf, und seine Einwohner haben stets ihre Verbindlichkeiten erfüllt durch Beisteuern an die Unterhaltung der den Kultuszweken dienenden Gebäude. Die Botschaft von Frankreich finde daher, daß die Regierung von Genf den gegenwärtigen Stand der Dinge nicht ändern könnte, ohne die Eigentumsrechte der Bewohner von Gaillard zu beeinträchtigen.

Die Regierung von Genf, welcher wir hievon Kenntniß gaben, erwiderte, daß zwischen der Gemeinde Gaillard und der Gemeinde Thônex kein Rechtsverband bestehe, und daß die auf dem Gebiete

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der Gemeinde Thônex gelegenen, zu Kultuszweken dienenden Gebäude ihr ausschließliches Eigenthum seien.

Es bestimme nämlich eine Uebereinkunft vom 11. Mai 1834 zwischen Sardinien und der Republik Genf ausdrüklich in Bezugauf die Gemeinden, von denen im Jahr 1816 von Seite Sardiniens nur eine Fraktion an die Schweiz abgetreten wurde, zu welchea Gemeinden eben auch Thônex gehörte, daß die Kirchen, Pfarrhäuser, Friedhöfe etc. ausschließliches Eigenthum derjenigen Genieindefraktion sein sollen, auf deren Gebiet sie gelegen sind, ohne daß die andere Fraktion irgendeine Entschädigung dafür ansprechen könne. Die Regierung von Genf ist daher der Ansicht, daß wena bisanhin die Bewohner von Gaillard fortgefahren haben, die Vortheile zu genießen, welche die Pfarrgemeinde Thônex ihren Einwohnern gewährt, dies lediglich auf einem Akt der Toleranz beruhe, und bestreitet, daß man an die ersteren jemals die Forderung gestellt habe, an den Unterhalt der Gebäude beizutragen.

Wir ermangelten nicht, der Botschaft von Frankreich von der Anschauungsweise der Regierung von Genf Kenntniß zu geben.

II. Diplomatische und Konsularvertretung der Schweiz im Auslande.

A. Gesandtschaften.

Auf 31. Dezember 1875 gestaltet sich der Etat des Personals der schweizerischen Agentschaften im Auslande wie folgt: P ari s: Hr. Dr. K e r n , von Berlingen (Thurgau), außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister.

,, Dr. L a r d y, von Neuenburg, Legationsrath.

., R o g u i n, von Yverdon (Wuadt), Legationssekretär.

Rom: ,, J.B. Pi o da, von Locamo, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister.

,, L. Pioda, von Locamo, Legationsrath.

Wien: ,, v. Tschudi, von Glarus, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister.

,, A. de C l a p a r è d e , von Genf, Legationsrath.

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B er lin:

Hr. B. H a m m e r , von Ölten, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister.

,, de C l a p a r è d e , von Genf, Legationsrath.

,, de F r e u d e n r e i c h , von Bern, Legationssekretär.

" W a s h i n g t o n : ,, J. H i t z, Generalkonsul und diplomatischer Agent.

£. Konsulate.

Im Personal des Konsularkorps sind folgende Aenderungen vorgekommen : Konsulat in Lyon: Hr. E d m o n d V e r n e t , von Genf, ersezt den ausgetretenen Hrn. Rufler.

"Vizekonsulat in Nizza: Hr. E d u a r d F i s c h e r , von Unterseen (Bern), ersezt den ausgetretenen Hrn. Zündel.

Konsulat in Liverpool: Hr. K a r l E h r e n s p e r g e r , von Frauenfeld, früher Vizekonsul in Liverpool, ersezt den ausgetretenen Hrn. Forget.

Das Vizekonsulat ist aufgehoben.

K o n s u l a t in T r i e s t : Hr. A. P a r i s , von Peseux (Neuenburg), ersezt Hrn. Wilhelm Cloetta.

Konsulat in Buda-Pest: Hr. H e i n r . H a g g e n m acher, von Winterthur, ersezt den ausgetretenen Hrn. Keller.

G e n e r a l k o n s u l a t in L i s s a b o n : , Hr. G e o r g e s Torlades 0 ' N e i l, englischer Unterthan, ersezt den ausgetretenen Hrn. Manuel Joao da Silva.

G e n e r a l k o n s u l a t i n St. P e t e r s b u r g : Hr. E u g è n e D u p o n t , von Genf, ersezt den ausgetretenen Hrn. Philippin-Duval.

Konsulat in Moskau: Hr. A u g u s t F ä s y von Zürich wurde für diesen während einigen Monaten vakant gebliebenen Posten gewählt und ihm ein Vizekonsul in der Person des Hrn. Ferdinand Luchsinger von Glarus beigegeben.

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Vizekonsulat in Madrid: Hr. E d u a r d L a r d e t , von Fleurier, ersezt den ausgetretenen Hrn. Bugnot.

Vizekonsulat in Philadelphia: Hr. W e r n e r I t s c h n e r , von Stäfa (Zürich), ersezt den ausgetretenen Hrn. Wildberger.

G e n e r a l k o n s u l a t in M e x i k o : Hr. A l b e r t K i e n a s t , von Kilchberg (Zürich), ersezt den ausgetretenen Hrn. Louis Kienast.

K o n s u l a t i n Pernambuco: Hr. A u g u s t W e g e l i n von St. Gallen wurde für den dortigen Konsulatsposten ernannt, dessen Erledigung wir in unserm lezten Berichte anzeigten.

K o n s u l a t in B a h i a : Hr. J u l i u s Meili, von Hettlingen (Zürich), früherer Vizekonsul, ersezt als Konsul den ausgetretenen Hrn. Kohler.

Das Vizekonsulat ist aufgehoben.

K o n s u l a t e in M e l b o u r n e und S i d n e y : Mit Befriedigung können wir Ihrer hohen Versammlung anzeigen, daß es uns endlich gelungen ist, die seit manchen Jahren vakanten Konsulate in Melbourne und Sidney wieder zu besezen.

Hr. A u g u s t Par rot von Frankfurt a. M. wurde zum Konsul in Sidney und Hr. G u i l l a u m e de Pury, von Neuenburg, Friedensrichter zu Lillydale bei Melbourne, zum Konsul in Melbourne gewählt.

K o n s u l a t in W a r s c h a u : Schon seit längerer Zeit konnten wir uns von der Nothwendigkeit überzeugen, in Warschau ein schweizerisches Konsulat zu errichten, waren jedoch bis anhin nicht dazu gekommen, in dieser Stadt eine Persönlichkeit zu finden, welche sich für diese Stelle geeignet hätte und zu deren Uebernahme bereit gewesen wäre.

Unsere Bemühungen haben nun endlich zum gewünschten Erfolge geführt, indem Herr S e m a d e n i, von Poschiavo, im Laufe des lezten Jahres an den gedachten Posten berufen wurde.

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Konsulat in Montreal: Die in Kanada, insbesondere in der Kolonie Montreal niedergelassenen Schweizer verlangten die Errichtung eines Konsulats in dortiger Stadt.

Wir glaubten diesem Wunsche entsprechen zu sollen,, und ernannten Hrn. Nicolas, genannt Napoleon Aubin, von Genf, zum schweizerischen Konsul in Montreal.

K o n s u l a t in B u eno s - A y r es : Dasselbe ist gegenwärtig in Folge Demission des Inhabers vakant. Bei der Wichtigkeit dieses Postens thaten wir sofort die nöthigen Schritte für Ersezung des Demissionärs> leider aber bisanhin ohne Erfolg. Wir hoffen indessen, in nächster Zeit im Falle zu sein, eine Wahl treffen zu können.

Die Konsulate in C a m p i n a s und G e n u a wurden, in Folge Ablebens der Inhaber, auf Ende 1875 vakant.

Im Laufe des Jahres 1875 kamen uns verschiedene Anerbietungen zu für Uebernahme von Konsulatsposten in Béziers, Rouen, Lübeck, Karlsruhe, Gibraltar und Porto. Nach Einholung von Erkundigungen glaubten wir diese Anträge nicht annehmen zu sollen, da uns die Zwekmäßigkeit der Errichtung von Konsulaten auf diesen verschiedenen Pläzen nicht hinlänglich dargethan schien.

Der Voranschlag für 1875 sezte einen Kredit von Fr. 50,000 als B e t r a g an die s c h w e i z e r i s c h e n K o n s u l a t e aus.

Die Vertheilung geschah in folgender Weise: Es erhielten: Das Generalkonsulat in Washington .

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Fr. 16,000 ,, ,, ,, Rio Janeiro ,, 9,000 Das Konsulat in Neu-York ,, 5,000 * Havre ,, 5,000 ,, Generalkonsulat in St. Petersburg ,, 3,000 ,,' Konsulat in Neu-Orleans ,, 2.000 ., ,, ,, Philadelphia .

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,, 2,000 ,, ,, ,, Marseille ,, 2,000 ,, ,, ,, Buenos-Ayres ,, 2,000 ., ,, -, Bremen ,, 1,000 ,, Genua ,, 1,000 ,, ,, ,, Amsterdam ,, 1,000 ,, ,, ,, Antwerpen .

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,, 1,000 Kredit für 1875

Fr. 50,000

197 Da jedoch im Laufe des Jahres sich die Nothwendigkeit zeigte, auch noch andern Konsulaten eine Entschädigung zu gewähren, so hatten wir die Ehre, zu diesem Zweke bei Ihrer hohen Behörde einen Nachtragskredit von Fr. 10,000 nachzusuchen. Dieser am 26. Juni und 2. Juli bewilligte Kredit wurde in folgender Weise verwendet: Dem Konsulat in Moskau wurde zugesprochen eine jährliche Entschädigung von .

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Fr. 3,000 dem Konsulat in Lyon eine solche von .

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,, 4,000 Total Fr. 7,000 sodaß verfügbar blieben ,, 3,000 Nachkredit Fr. 10,000 In unserm vorjährigen Geschäftsberichte sagten wir, daß wir -- im Begriffe stehend, die lezte Hand an die Revision des Reglem e n t s für die s c h w e i z e r i s c h e n K o n s u l a t e zu legen -- hierin durch den Umstand aufgehalten wurden, daß im Bundesgesez über Zivilstand und Ehe eine Bestimmung Aufnahme gefunden hat, welche die Möglichkeit vorsieht, den Konsularbeamten neue Befugnisse einzuräumen für Konstatirung von Geburten und Todesfällen und für Abschließung von Ehen.

Sofort nach Inkrafttreten des Gesezes über den Zivilstand nahmen wir unsere Arbeit wieder auf und erließen dann unterm 26. Mai 1875 ein neues Reglement, welches mit dem 1. Januar 1876 in Kraft trat.

Die Revision des Reglements vom 1. Mai 1851 war zn^'iederholten Malen, theils durch die Bundesversammlung, theus durch die Konsularbeamten selbst verlangt worden. Einzelne sachbezügliche Fragen bildeten den Gegenstand von Spezialbesclilüssen der Bundesversammlung. So wurden durch einen Beschluß vom 20. Juli 1872 (X. 936) und durch den Bundesbeschluß vom 18./22. Juli 1873 (Bundesblatt 1873, DI, 369, Ziffer 2) diesfällige Einladungen an den Bundesrath gerichtet, namentlich dahingehend, zu untersuchen, ob es nicht möglich sei, Mittel der Ueberwachung aufzufinden, welche geeignet sein dürften, bei den schweizerischen Konsulaten im Auslande ähnlichen Vorkommnissen vorzubeugen, wie solche beim schweizerischen Generalkonsulat in St. Petersburg stattgefunden haben.

Trozdem wir von der Dringlichkeit weitgehender Reformen durchdrungen waren, so fanden wir uns doch durch verschiedene Umstände aufgehalten, namentlich durch die Revision der Bundesverfassung, deren Ergebnisse abgewartet werden mußten, bevor -unsere Arbeit zum Abschlüsse reif war.

198 Die Aenderungen und Neuerungen, welche das neue Reglement enthält, basiren theils auf zwanzig] ährigen Erfahrungen in der Konsularadministration, theils auf Wünschen, welche von den durch ein besonderes Kreisschreiben befragten Konsularbeamten selbst ausgesprochen wurden. An den wesentlichen Grundlagen unserer bisherigen Konsular-Organisation, welche den politischen Verhältnissen der Schweiz zu entsprechen scheint, ist nichts geändert.

Wir haben uns darauf beschränkt, den neuen Bedürfnissen Genüge zu leisten, welche sich fühlbar gemacht haben, namentlich demjenigen einer größern Aktionseinheit im Konsularkorps, welche, auch bewirken soll, die Ueberwachung und die Kontrole zu erleichtern und wirksamer zu machen.

Wir wollen hiemit keineswegs der Vermuthung Raum geben, unser Konsularkorps verdiene gegenwärtig weniger Zutrauen als früher, und es sei deßwegen eine strengere Reglementirung in den legten Jahren nothwendig geworden. Wir halten im G/egentheil darauf, der Hingebung und dem Eifer, wovon unsere Konsularagenten stetsfort Zeugniß geben, hier unsere Anerkennung auszusprechen. Wir erfüllen diese Pflicht um so angelegentlicher, als die bei einigen unserer Konsulate vorgekommenen Erscheinungen die Meinung weken könnten, als hätte diesfalls eine allgemeinere Erschlaffung Plaz gegriffen. Jene Erscheinungen sind durchaus vereinzelt geblieben, sodaß es ungerecht wäre, eine daherige Verantwortlichkeit einer Mehrzahl von Bürgern aufzubürden, welche wir in den meisten Fällen auf der Höhe ihrer oft unangenehmen und heiklen, Aufgabe gefunden haben. Unser Konsularkorps leistet im Allgemeinen was es^jjann und was es unter den Verhältnissen, in denen es sich, befindet, leisten soll. Es verdient dies um so mehr hervorgehoben zu werden,, als unsern Konsuln für ihre Arbeit keine andere Entschädigung zu Theil wird, als diejenige, welche für sie im Gefühle der erfüllten Pflicht und in der Anerkennung Seitens ihrer Lands leute liegt.

Es kann nicht unsere Absicht sein, die am frühern Reglement (von 1851) vorgenommenen Aenderungen im Detail darzulegen.

Wir verweisen diejenigen, welche diese Frage näher interessirt, auf den Text des neuen Reglements (A. Samml. n. F. I, 528), sowie auf das erläuternde Kreisschreiben an die diplomatischen und Konsular-Beamten der Eidgenossenschaft vom 4. Juni 1875 (Bundesblatt 1875,
m, 779).

Das oben Gesagte kurz zusammenfassend, fügen wir bei, daß wir in dem neuen Reglement den Grundsaz der Hierarchie zwischen den Konsularbeamten unter sich und gegenüber unsern diplomatischen; Agenten, welcher Grundsaz im Keime bereits im 1851er Reglement liegt, schärfer ausgeprägt haben.

199 In weiterer Ausführung des Reglements beschäftigen wir uns mit einer nähern Umgrenzung der Konsularbezirke, wo eine solche thunlich erschien.

Durch eine Umgrenzung des Geschäftskreises jedes einzelnen.

Konsuls erleichtert man die Kontrole und vermeidet Kompctenzkonflikte.

Auch waren wir bemüht, bei unsern Konsuln mehr Interesse für die Abfassung der jährlichen Geschäftsberichte zu weken und überhaupt ihre Thätigkeit für das eigentliche Handelswesen anzuspornen.

Hinsichtlich der Mitwirkung der Konsularbeamten in Zivilangelegenheiten brachten wir die Bestimmungen des neuen Reglements mit den Grundsäzen in Einklang, welche durch die revidirte Bundesverfassung und durch das Bundesgesez über Zivilstand und Ehe in unser öffentliches Recht eingeführt worden sind. Was die Kompetenz der Konsulate in Bezug auf Zivilstand betrifft, so beschränkten wir uns einstweilen darauf, in das Reglement den Grundsaz aufzunehmen, der im Art. 13 des Gesezes ausgesprochen ist, dahingehend : Der Bundesrath kann die Konsularbeamten ermächtigen, Geburten und Todesfälle schweizerischer Angehöriger zu erwahren und Ehen zwischen Schweizern unter sich, sowie Ehen zwischen Schweizern und Ausländern abzuschließen. Das Reglement sieht überdies die Erlassung einer besondern Verordnung und die Aufstellung eines Tarifs hierüber vor.

Im Weitem wurden die Befugnisse der Konsuln betreffend Erbschaftsliquidationen näher präzisirt, unter Berüksichtigung der für solche Fragen maßgebenden internationalen Verträge.

Endlich untersagten wir den Konsularbeamten -- hierin den von Ihrer hohen Behörde ausgesprochenen Wünschen nachkommend -- in ihrer amtlichen Eigenschaft Geldhinterlagen anzunehmen oder die Verwaltung, die Uebermittlung, Einkassirung etc.

von Werthbeträgen, Hinterlagen oder Darleihen zu übernehmen, ohne eine besondere Erlaubniß des Bundesrathes. Wir. untersagten ihnen ferner, Aktenstüke, welche sie außerhalb der Ausübung ihrer öffentlichen Funktionen empfangen oder absenden, in ihrer amtlichen Eigenschaft zu unterzeichnen oder mit dem Konsularsiegel zu versehen.

Wir übergehen hier einige Detailbestimmungcn, betreffend die gleichmäßigere Einrichtung der Konsularkanzleien, die Sicherung einer guten Aufbewahrung des Archivs, und die Regelung der Urlaube, Demissionen und Ernennungen. Der Gebührentarif wurde etwas erhöht, um ihn mit den materiellen Lebensverhältnissen in Einklang zu sezen.

200

Dies ist das Wesentliche der Aenderungen am Réglemente ·von 1851, welches nach 24jährigem Bestehen nunmehr durch dasjenige vom 26. Mai 1875 ersezt ist.

Wie wir bereits oben andeuteten, beschäftigten wir uns auch mit der Feststellung von Konsularkreisen in den verschiedeneu Staaten, wo diese Organisation noch nicht besteht.

Diese Arbeit ist für Deutschland beendigt. Nachdem wir uns mit der deutschen Regierung verständigt, haben wir die dortigen Kreise wie folgt eingetheilt: I. Kreis: K o n s u l a t in H a m b u r g , umfassend: Hamburg, Schleswig-Holstein, Lübeck, die beiden Mecklenburg und Lauenburg.

II. Kreis: K o n s u l a t von Bremen, umfassend: Bremern Oldenburg, Hannover, Westphalen, Braunschweig, Lippe-Detmold, Schaumburg-Lippe, Waldeck und Pyrmont.

HI. Kreis: K o n s u l a t von Leipzig, umfassend: Sachsen (Königreich), Sachsen-Weimar (Großherzogthum), die Herzogthümer Sachsen-Altenburg, Sachsen-KoburgGotha, Sachsen-Meiningen und Anhalt, die Fürstenthümer Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen, Reuß, ältere und jüngere Linie.

IV. Kreis: K o n s u l a t von Berlin, umfassend: Provinzen Brandenburg, Sachsen, Posen, Schlesien und Pommern.

V. Kreis: V i z e k o n s u l a t v o n K ö n i g s b e r g : ProvinzPreußen.

VI. Kreis: F r a n k f u r t a./M., umfassend: Provinzen Hessen, Nassau, Rhein und Großherzogthum Hessen.

VH. Kreis: K o n s u l a t von M ü n c h e n , umfassend: Königreich Bayern.

VIII. Kreis: K o n s u l a t von S t u t t g a r t : Königreich Württemberg.

IX. Kreis: K o n s u l a t von K a r l s r u h e oder S t r a ß b u r g , umfassend: Großherzogthum Baden, Elsaß-Lothringen und Pfalz.

Wir sehen also die Errichtung neuer Konsulate in Berlin, Königsberg, Frankfurt a. M., München, Stuttgart und Karlsruhe oder Straßburg vor. Uebrigens werden wir günstige Anläße abwarten, um zur Besezung dieser verschiedenen Posten zu schreiten, wobei einstweilen die Geschäfte für diese Kreise wie früher durch die schweizerische Gesandtschaft in Berlin besorgt werden.

Die Frage der Organisation von Konsularkreisen in Rußland und Frankreich unterliegt noch der Prüfung.

201

III. Auswärtige Gesandtschaften und Konsulate in der Schweiz.

A. G e s a n d t s c h a f t e n .

Die einzige Aenderung, welche im Personal des diplomatischen Korps in Bern vorkam, ist die Ersezung des Herrn Grafen de la Almina, Geschäftsträger der Spanischen Republik, durch Herrn Vicomte de M a n z a n e r a , der am 19. August 1875 als b e v o l l m ä c h t i g t e r M i n i s t e r S p a n i e n s in Bern beglaubigt wurde.

B. K o n s u l a t e .

Im Jahre 1875 ist das eidgenössische Exequatur ertheilt worden : der Ernennung des Herrn François Grecchi zum italienischen K o n s u l i n L u g a n o , in Ersezung des verstorbenen Herrn Chiora.

IV. Hilfsgesellschaften.

Der im Budget für 1875 für die schweizerischen Hilfsg e s e l l s c h a f t e n ausgesezte K r e d i t von Fr. 12,000 wurde wie folgt vertheit: 1.

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16-

V e r t h e i l u n g s l i s t e f ü r1 8 7 5 : Philhelvetische Gesellschaft in Brüssel .

. Fr.

150 Gesellschaft Helvetia in Augsburg ,, 75 Schweiz. Hilfsgesellschaft in München .

.

. ,, 75 ,, Hilfskasse in Hamburg ,, 200 ,, Wohlthätigkeitsgesellschaft in Berlin . ,, 350 ,, Gesellschaft Helvetia in Frankfurt a. M. ,, 100 ,, Gesellschaft in Leipzig .

.

.

. ,, 75 ,, Hilfsgesellschaft Helvetia in Eßlingen . ,, 50 ,, Gesellschaft Helvetia in Stuttgart .

. ,, 75 ,, ,, ,, ,, Mannheim . ,, 100 ,, Wohlthätigkeitsgesellschaft in Bordeaux ,, 250 ,, ,, ,, Marseille ,, 800 Helv. Gesellsch. f. gegenseitige Unterstüzung i. Nizza ,, 150 Helvetische Wohlthätigkeitsgesellschaft in Paris . ,, 1,400 Schweiz. Gesellsch. f. gegenseitige Unterstüzg. i. Paris ,, 500 * ,, « Lyon ,, 100 ,, üebertrag Fr.

Bundesblatt. 28. Jahrg. Bd. II.

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4,450

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53.

Uebertrag Fr.

Schweiz. Hilfsfond-Gesellschaft in London .

11 Reformirte Kirche, Wohlthätigkeitskasse in Florenz » Schweizerische Gesellschaft Concordia in Ancona H Helvetische Wohltbätigkeitsgesellschaft in Genua » Schweizerische Hilfskasse in Mailand .

n Helvetische Wohlthätigkeitsgesellschaft in Neapel 11 ,, -n -n Livorno ~n ,, v -n Rom · n Schweizerische Hilfsgesellschaft in Turin ·n Helvetische Wohlthätigkeitsgesellschaft in Venedig ·n ,, Hilfsgesellschaft in Triest ·n Schweiz. Hilfsgesellschaft in Wien n ,, ,, ,, Pesth .

.

. 5l ,, Wohlthätigkeitsgesellsch. in St. Petersburg n ,, ,, ,, Moskau n ,, ,, ,, Odessa 11 ,, Hilfskasse in Amsterdam n Wohlthätigkeitsgesellsch. in Lissabon fl n ,, ,, ,, Neu- York . n ,, ,, ,, Washington n ,, ,, ,, Philadelphia n ,, Hilfsgesellschaft in San Francisco 7) ,, ,, ,, Boston .

n ,, Wohlthätigkeitsgesellsch. in Chicago 11 ^ ,, ,, Cincinnati . n ,, Philanthr. Gesellsch. in Rio de Janeiro 11 ,, Wohlthätigkeitsgesellschaft in Bahia ·n ,, ,, ,, Valparaiso ·n ,, Philanthropische Gesellsch. i. Buenos Ayres n Diakonissenspital in Alexandrien 11 Schweiz. Hilfsgesellschaft in Cairo n ,, ,, ,, Alexandrien Y> ,, ,, ,, i n St. Louis i) ,, ,, ,, Köln Mülheim ' n Helvetische Wohlthätigkeitsgesellschaft in Algier n Schweiz. Gesellschaft in Bukarest n ., Hilfsgesellschaft in Straßburg n

4,450 400 100 150 100 100 1,150 100 150 150 125 100 200 50 300 50 100 100 125 1,000 200 200 400 50 200 50 300 100 100 250 200 150 200 200 50 100 150 100

Fr. 12,000 Es haben also im Jahr 1875 dreiundfünfzig Gesellschaften an dem Bundesbeitrage für die Wohlthätigkeitsgesellschaften Theil genommen. Zur Grundlage bei der Vertheilung dieses Kredits nahmen wir die Finanzverhältnisse der verschiedenen Gesellschaften und die

203 von ihnen geleisteten Dienste. So ließen wir eine Erhöhung des Betrags von Fr. 1000 auf Fr. 1150 eintreten für die Gesellschaft in Neapel, welche, nachdem sie im Jahre 1874 Unterstüzungen im Betrage von Fr. 7938. 44 ausgetheilt, ihre Rechnung mit einem Defizit von Fr. 1596. 33 abgeschlossen hat. Einige auf der Liste eingeschriebene Gesellschaften, welche den Bericht nicht eingesandt haben, sind von der Vertheilung ausgeschlossen worden. Es sind dieß die Gesellschaften von Besançon, Barcelona, Neu-Orleans und Havanna.

Das Schweizerasyl in Paris verlangt keinen Beitrag. Neugegründete Gesellschaften, welche an der Bundessubvention Antheil nahmen, sind die Hüfsgesellschaften Köln Mülheim und Straßburg.

Endlich erwähnen wir folgende acht Gesellschaften, die im Jahr 1875 gegründet, aber noch nicht in die Vertheilungsliste aufgenommen wurden: 1. Schweizerische Wohlthätigkeitgesellschaft in Madrid.

2. Schweizerische Gesellschaft für gegenseitige Unterstüzung in Lyon.

' 3. Schweizerbund in Mannheim.

4. Wohlthätigkeitsgesellschaft in Warschau.

5. Schweizerische Wohlthätigkeitsgesellschaft in Florenz.

6.

,, ,, ,, Frankfurt a/M.

7.

,, ,, ,, i n Riga.

8.

,, Gesellschaft für gegenseitige Unterstüzung in Cannes.

Das Gesellschaftskapital der schweizerischen Gesellschaften, welche im Jahr 1875 an der Bundessubvention Antheil gehabt haben, belief sich auf Ende des Geschäftsjahres 1874 auf Franken 406,677. .38, Ende 1873 auf Fr. 367,139. 12. Die Gesammtausgaben der Wohlthätigkeitsgesellschaften erreichten im Jahre 1874 die Summe von Fr. 205,318. 92. Wegen nähern Einzelheiten verweisen wir auf die im Bundesblatte 1875, Bd. IV, Beilage zu Seite 512 erschienene Tabelle.

Diese Ziffern beweisen, daß das Mildthätigkeitswerk, dem sich die schweizerischen Gesellschaften im Auslande gewidmet haben, in voller Entwiklung begriffen ist. Pflicht des Bundes und der Kantone ist es aber, sie in dieser Aufgabe zu unterstüzen und zu ermuthigen. Dieß hat auch die Bundesversammlung gefunden, als sie im Budget für 1876 den früher hiefür ausgesezten Kredit erhöhte.

Ein anderes Mittel, das philanthropische Werk, dessen Förderung sich die Gesellschaften zur Aufgabe machen, zu unterstüzen, besteht darin, die vom Bunde und von den Kantonen bewilligten Beiträge so gerecht als möglich zu vertheilen. Bisher haben einzelne

204 Kantone die Summen, die sie für diese Gesellschaften bestimmten, denselben durch Vermittlung des Bundesrathes, andere dagegen direkt übermittelt.

Es schien nun wünschbar, die Mitwirkung des Bundes und der Kantone besser zu kombiniren und zu diesem Zweke alle Unterstüzungen in unserer Hand zu konzentriren. Selbstverständlich werden die Kantone wie bisher ihre Beiträge nach ihrem Belieben bestimmen ; nur wird der Bundesrath in den Stand gesezt, die Gaben in Berüksichtigung zu ziehen, welche die Gesellschaften yon anderer Seite erhalten, um dann den Bundesbeitrag darnach zu bemessen.

Wir richteten daher an die eidgenössischen Stände unterm 20. Oktober 1875 ein Kreisschreiben, welches ihnen vorschlägt, ihre Beiträge uns zur Beförderung an ihre Bestimmung zu übersenden (Bundesblatt 1875, IV, 511).

V. Innere Angelegenheiten.

Die einzige innere Angelegenheit, mit welcher das politische Departement sich zu befassen hatte, bilden die von verschiedenen Seiten gegen den Beschluß des Regierungsrathes des Kantons Bern vom 30. Januar 1874, welcher einer Anzahl k a t h o l i s c h e r P r i e s t e r den Aufenthalt in den Bezirken des b e r n i s c h e n J u r a untersagt, ergriffenen R e k u r s e . Da diese Angelegenheit vor Ihre hohe Behörde gebracht und zu verschiedenen Malen im Schöße derselben diskutirt wurde, so beschränken wir uns hier darauf, ihre verschiedenen Phasen kurz in Erinnerung zu bringen.

Die ersten Rekurse gegen die angedeutete Ausweisungsmaßregel datiren vom Februar 1874 und rühren von der katholischen Fraktion des bernischen Großen Raths, sowie von den ausgewiesenen Priestern her.

Diese Rekurse wurden durch unsern Beschluß vom 26. März 1874 abgewiesen. Am 30. Juni rekurrirten die katholischen Mitglieder des Großen Rathes des Kantons Bern hiegegen an die Bundesversammlung. Auf der andern Seite wendeten sich die ausgewiesenen Priester neuerdings an den Bundesrath, indem sie verlangten, in die Bezirke des bernischen Jura zurükkehren zu dürfen.

Hiebei machten sie ein neues, aus der am 29. Mai 1874 in Kraft getretenen revidirten Bundesverfassung hergeleitetes Motiv geltend, nämlich die Bestimmung von Art. 44, welche besagt, daß kein Kanton einen Kantonsbürger aus seinem Gebiete verweisen dürfe.

Dieser Rekurs wurde an den Regierungsrath des Kantons Bern zur Berichterstattung gesandt, nebst einer im gleichen Sinne von

205 9100 Unterzeichnern aus der katholischen Bevölkerung des bernischen Jura eingegebenen Protestation. Am 19. März 1875 beschloß die Bundesversammlung, auf die bei ihr anhängigen Rekurse nicht einzutreten, sondern ' die Sclilußnahme des Bundesrathes über die neuern Rekurse vorher abzuwarten. Durch unsern Beschluß vom 27. März verfügten wir sodann, ohne auf das Materielle der Frage einzutreten, die bernische Regierung einzuladen, uns zu berichten, ob sie die Ausweisungsmaßregel gegen die betreffenden katholischen Priester noch länger fortbestehen zu lassen gedenke. Wenn ja, so seien die Grunde näher auseinanderzusezen, welche nach ihrem Dafürhalten die Aufrechthaltung dieser Ausnahmsmaßregel nothwendig machen.

Endlich haben wir durch Beschluß vom 31. Mai 1875 die Regierung von Bern eingeladen, ihren Beschluß vom 30. Januar 1874, betreffend Ausweisung einer Anzahl katholischer Geistlicher aus den jurassischen Bezirken, aufzuheben, und haben ihr hiefür eine Frist von zwei Monaten eingeräumt.

Infolge Rekurses hiegegen hat die Bundesversammlung, durch motivirten Beschluß vom 29. Juni 1875, die Dispositive unserer Sclilußnahme bestätigt, jedoch unter Erstrekung des der bernischen Regierung für die Zurükziehung ihrer Schlußnahme einzuräumenden Termins bis Mitte November.

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Bericht des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahre 1875.

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1876

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2

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19

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06.05.1876

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185-205

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