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# S T #

Bericht der

nationalräthlichen Kommission über den Rekurs von Albert Pfander von Basel, gegen den Bundesrathsbeschluss vom 29. Dezember 1875, betreffend Montirungsteuer.

(Vom 17. Juni 1876.)

Aus den Akten ergibt sich: I. Rekurrent weigerte sich, eine von der Regierung des Kantons Baselstadt am 5. Dezember 1874 auf Grundlage einer Gesezesbestimmung aus dem Jahre 1817 beziehungsweise 1831 und 1836 dekretirte und im Monat Januar 1875 in Einzug gesezte sog. Montirungsteuer zu bezahlen, und stellte dießfalls mit Schreiben vom 27. März 1875 bei dem schweizerischen Bundesrathe die Einfrage: ob die Behörde von Baselstadt gegenüber dem Art. 20 der Bundesverfassung von 1874 zum Bezüge der Montirungsteuer pro 1875 noch befugt sei.

II. Am 29. März 1875 beschloß der Bundesrath auf Antrag seines Militärdepartements, dem Rekurrenten zu erwidern, er habe sich mit seiner Einfrage vorerst an die Behörden von Baselstadt zu wenden,

332 indem sich der Bundesrath mit der Reklamation erst dann befassen könne, wenn er die kantonalen Instanzen durchlaufen habe.

lu. Da Rekurrent keine Miene machte, das ihm überbundene Steuerbetreffniß von drei Franken zu bezahlen, vielmehr der Aufforderung die Erklärung entgegenseztë, daß er die Steuer als eine unstatthafte, gesez- und verfassungswidrige betrachte und sie demnach zu bezahlen sich nicht pflichtig halte, wurde derselbe am 15. Juni 1875 vor das Polizeistrafgericht geladen und wegen beharrlicher Verweigerung der Bezahlung einer pflichtigen und von der zuständigen Behörde verlangten Steuer nach Maßgabe von Art. 44 des Polizeistrafgesezes in eine Buße von Fr. 5 verfällt, mit der Androhung, daß wenn die Schuld nicht bezahlt werde, Schuldhaft von 24 Stunden eintrete.

IV. Am 17. Juni gelangt nun Pfander neuerdings an den Bundesrath mit der Beschwerde über eine gesezwidrigi Besteurung und mit dem Gesuche um Rechtsschuz und Aufheb ng des strafgerichtlichen Urtheils, weil dasselbe auf einer durch die Bundesverfassung aufgehobenen Gesezesbestimmung beruhe.

V. Der Bundesrath, auf Antrag des Militärdepartementes und nach eingeholtem Berichte des Militärkollegiums von Baselstadt, beschloß unterm 28. Juni: es sei dem Potenten zu erwidern, daß er seine Reklamation bei dem Appellationsgerichte hätte anbringen sollen, und daß auf seine Reklamation nicht eingetreten werden könne.

VI. Rekurrent, dem ihm von hoher Stelle ertheilten Rathe zutrauensvoll folgend, richtet nun mit Eingabe vom 5. Juli an das Appellationsgericht das Reehtsgesuch um Aufhebung des Strafurtheils vom 15. Juni und um richterlichen Schuz gegen die ungesezliche und verfassungswidrige Besteurung. Allein auch das Appellationsgericht wies den Reklamanten mitUrtheil vom 2. September ab, darauf gestüzt: Es handle sich nicht um eine Zahlungsverweigerung rein zivilrechtlicher Natur, sondern Rekurrent bestreite der Staatsbehörde das Recht der Steuererhebung und seze sich hiedurch in Widerspruch gegen die Auffassung der Staatsgewalt in Bezug auf ihre Steuerhoheit. Diese Widersezlichkeit involvire eine eigenmächtige und beharrliche Verweigerung der Zahlung und qualifizire sich im Sinne von Art. 44 des Polizeistrafgesezes so lange als eine widerrechtliche und strafbare, als nicht durch die zuständige Staatsbehörde die Verfassungswidrigkeit des angefochtenen Gesezes konstatirt sei. Diese Staatsbehörde sei aber nicht der Richter, sondern diejenige, welche das Gesez erlasse oder aufhebe.

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Vu. Rekurrent glaubte nun den circulus vitiosus, d. h. den kantonalen Instanzenzug durchlaufen zu haben und wendete sich nun neuerdings sub 10. September in bester Hoffnung auf Hülfe und Rechtsschuz an den Bundesrath mit dem Gesuche um Aufhebung sowohl des Urtheils vom 2. September als desjenigen vom 15. Juni und um Schuz gegen die gesez- und verfassungswidrige Besteurung.

VIII. Endlich fand sich der Bundesrath in der glüklichen Lage dem Reklarnanten mittelst Beschlusses vom 29. Dezember 1875 die Aufklärung geben zu können, daß seine Beschwerden unbegründet seien, weil durch Art. 18 der Bundesverfassung das kantonale Militärsteuergesez von Baselstadt nicht aufgehoben, sondern mit Art. 2 der Uebergangsbestimmungen zur Bundesverfassung vielmehr das G-egentheil gesagt werde, und weil das in Aussicht genommene, zur Zeit der Volksabstimmung unterbreitete Militärpfliohtcrsazsteuergesez des Bundes für das Jahr 1875 jedenfalls nicht in Anwendung gebracht werden könne, daher die kantonalen Geseze pro 1875 noch maßgebend seien.

IX. Gegen diesen Bescheid des Bundesrathes remonstrirt nun Rekurrent mit Eingabe vom 16. Februar abhin an die Bundesversammlung. Den Rekurs begründet er damit: 1) Die ihm abgeforderte ,,Montirungsteuertt könne nur aus der kantonalen Militärorganisation vom 5. Dezember 1853 hergeleitet werden, und zwar 2) lediglich aus dem Art. 78 dieses Gesezes.

3) Die Bestimmung dieses Gesezes treffe aber auf den Rekurrenten deßhalb nicht zu, weil er nicht in der Eigenschaft eines Nichtdienstthuenden erscheine, sondern sich ausweise, seine gesezliche Militärpflicht völlig erfüllt zu haben.

4) Das vom Regierungsrathe von Basel angerufene Gesez von 1831, worauf die Steuerforderung begründet werden wolle, sowie der Art. 44 des Polizeistrafgesezes, auf welchen sich das Strafurtheil vom 15. Juni 1875 basire, seien durch das Gesez über die Militärorganisation vom 5. Dezember 1853 aufgehoben worden; alle auf ein aufgehobenes Gesez abgestellten Verfügungen und Urtheile seien sonach Verfassung«und gesezwidrig.

5) Sollte das Gesez über die Militärorganisation von Baselstadt jene Gesezesbestimmung über die Moutirungsteuer von 1817 resp. 1831 und 1836 nicht aufgehoben haben, so könne leztere Bestimmung angesichts der Bundesverfassung von 1874,

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Art. 20 Ziff. 3, nicht mehr zu Recht bestehen, weil nach dieser maßgebenden Bundesvorschrift die Beschaffung der Bekleidung und Ausrüstung (Montirung) Sache der Kantone sei und die daherigen Kosten den Kantonen vom Bunde vergütet werden.

Die Argumentationen des Rekurrenten fußen auf Voraussezungen und Behauptungen, welche der Kommission nicht haltbar erscheinen: I. Einmal ist es unrichtig, von der Regierung des Kantons Baselstadt in der Vernehmlassung vom 8. März 1876 bestritten und von Seite des Rekurrenten unerwiesen, daß die sog. Montirungsteuer aus dem Geseze über die Militärorganisation von 1853 hergeleitet werde resp. hergeleitet werden müsse. Die ,,Montirungsteuer" fußt gegentheils auf einem Spezialgesez vom 17. November 1831, entstanden durch die theilweise Revision der Militärorganisation von 1817 (4. Februar), und wurde bis auf die jüngste Zeit als solches angesehen und gehandhabt, und soll laut mündlichen Informationen im Laufe des lezten Jahres förmlich aufgehoben worden sein. Lezteres ist um so glaubwürdiger und natürlicher, als weder aus dem Geseze über die Militärorganisation von 1842, noch aus demjenigen von 1853 zu entnehmen ist, daß jenes Spezialgesez wirklich früher aufgehoben worden resp. mit genannten Gesezen im Widerspruch gewesen sei. Jenes Spezialgesez trug keineswegs den Charakter eines Militärpflichtersazsteuergesezes, sondern den allgemeinen Charakter eines Steuergesezes behufs finanzieller Erleichterung des wehrpflichtigen und dienstthuenden Bürgers durch Besteurung des allgemeines Besizes und Erwerbes aller Bürger und Einsaßen, welche nicht im Auszuge dienten, nicht kundlich arm sind oder unterstüzt werden und nicht im Besize eines Minimalbesizes oder Erwerbes stunden (über 3000 Fr. Vermögen, Wittwen und unverheirathete Weibspersonen und bis zum Alter von 65 Jahren resp. lebenslänglich).

II. Ebensowenig kann die Behauptung als richtig anerkannt werden, daß die Bundesverfassung das Steuergesezgebungsrecht der Kantone, insoweit dadurch nicht bundesrechtliche Grundsäze alterirt werden, beschränke oder bestehende Staatssteuergeseze aufhebe.

Diese Tendenz liegt weder im Schlußsaz des Art. 18, noch in den Bestimmungen des Art. 85 der Bundesverfassung. So lange die Kantone Ausgaben für Militärzweke aus ihren Staatskassen zu prästiren

335 haben, werden sie auch troz der Bundesverfassung, das den Ausgaben erforderlichen handen sind, auf dem Wege bezuges zu beschaffen.

der Bestimmung des Art. 20 (III. Saz) Recht und die Pflicht üben, die zu Geldmittel, da wo keine andern vorder Steuergesezgebung und des Steuer-

IH. Die Kommission kann aber auch die Motive des bundesräthlichen Entscheides nicht zu den ihrigen machen, und zwar nicht das Motiv, daß der Rekurs nach Maßgabe von Art. 18 der Bundesverfassung und Art. 2 der Uebergangsbestimmungen zu derselben abgewiesen werden könne, weil diese Argumentation nur dann zuläßig wäre, wenn es sich im vorliegenden Falle um die Erhebung einer Militärpflichtersazsteuer resp. um den Rekurs gegen die Erhebung einer solchen Steuer handeln würde, diese Bedingung aber keineswegs zutrifft. Rekurrent selbst leistet den Nachweis, daß es sich in concreto nicht um eine solche Steuer handeln könne, weil er seinen Milizpflichten durch die gesezliche Dienstleistung im vollen Maße nachgekommen sei. Es liegt auch kein anderer Grund vor, welcher zur Annahme berechtigte, daß man es mit einer Militärpflichtersazsteuer zu thun habe. Ist dieser Vordersaz unhaltbar, so ist es auch das weitere Motiv: der Rekurs müsse abgewiesen werden, weil das Bundesgesez über den Militärpflichtersaz erst im Abstimmungsstadium sich befinde, daher für das Jahr 1875 nicht zur Anwendung gebracht werden könne. Die Rechtskraft dieses Bundesgesezes ändert an der Sache und an der Rechtsstellung des Rekurrenten nichts, weil durch dasselbe die kantonale Steuergesezgebung weder beschränkt noch aufgehoben würde.

Nach dieser thatsächlichen und rechtlichen Auseinandersezung kommt die Kommission des Nationalrathes zu folgendem Antrage: Es wolle der Nationalrath, in B e t r a c h t : daß der Rekurs gegen eine Steuerbelastung und daherige gerichtliche Urtheile gerichtet ist, welche auf kantonalen rechtskräftigen Gesezen beruhen, die weder durch die Bundesverfassung noch durch Bundesgeseze beschränkt oder aufgehoben worden sind, beschließen: Es sei der Rekurs des Albert Pfander gegen die Schlußnahme des Bundesrathes vom 29. Dezember 1875 und gegen die Urtheile

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der stadtbasel'schen Gerichte vom 15. Juni und 2. September 1875 abgewiesen.

B e r n , den 17. Juni 1876.

Namens der Kommission des Nationalraths, Der Berichterstatter : Thoma.

Mitglieder der Kommission: Thoma.

Berdez.

Reinert.

Der Nationalrath tat am 17. und der Ständerath am 20. Juni 1876 den.

Rekurs Pfander gemäß vorstehendem Antrage abgewiesen.

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Uebersicht.

der

"bei der eidgenössischen Staatskasse zu Gunsten der Wasserbeschädigten in der Schweiz eingegangenen Liebesgaben in Geld.

(Fortsezung.)

Total der bis zum 27. Juli 1876 eingegangenen Baarsendungen .

.

. F r . 406,424. 53

171.

172.

173.

174.

175.

176.

177.

178.

Geber.

J. T. v. B Gazette de Lausanne (nachträglich) .

Gäste im Gurnigelbad (Kollekte) .

.

Staatskasse Neuenburg (Ertrag einer Sammlung im Kanton, 2. Sendung) .

.

.

Schweizer in Stuttgart und Umgebung (Sammlung unter denselben) .

.

Schweizerkolonie in Genua .

.

Schweiz. Gesandtschaft in Berlin: Ertrag der vom Schweiz. Konsul in Bremen, Hrn. von Heymann, veranstalteten Kollekte Schweiz. Gesandtschaft in Berlin: Ertrag der vom Schweiz. Konsul in Leipzig veranstalteten Kollekte . Mark 606. -- von einem Anonymen in Frankfurt a/M ,, 29. 10 Sonst eingegangene Gelder ., 364. 90 Mark 1000. -- Uebertrag

Bundesblatt 28. Jahrg. Bd. III.

,, ,, ,,

20. -- 511. -- 800. --

,,

8,000. --

,, ..

500. -- 1,330. 20

,,

221. 40

,,

1,250. --

Fr. 419,057. 13 24

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Geber.

Uebertrag Fr. 419,057. 13 179. Angestellte der Strafanstalt in Bern 83. 30 n 180. Staatsrath von Genf (Ertrag der im dortigen Kanton veranstalteten Kollekte) 35,000. 181. Comité, de secours cantonal de Fribourg (6. Sendung) 500. -- 182. Infanterie-Rekrutenschule Nr. 8 in Bern .

56. 80 183. Regierung von Glarus (Sammlung im dortigen Kanton) .

.

.

.

.

.

36,137. 50 184. Société française de bienfaisance in Basel 2,425. -- 185. Schweiz. Verein ,,Helvetia" in Mülhausen 100. -- 186. Finanzdepartement von Schwyz (Kollekte i m dortigen Kanton) .

.

.

. TI 3,277. 50 187. Bieler Tagblatt (Subscription) 288. 05 T!

188. Comité de secours cantonal de Fribourg (7. Sendung) 1,440. -- 189. Oberst de Vallière in Thun (Kollekte von folgenden Schulen): Artillerie-Rekrutenschule der IV. Division Fr. 280 Positionsartillerie-Rekrutenschule 100 Unteroffizierschule für Verwaltungstruppen ., 130 Schule für Caisson -Chefs der Infanterie ,,. 40 K^fi --· oou.

W iflo. Landammann von Zug (Ertrag einer Kollekte im dortigen Kanton) 2,000. -- VI 191. Konsulat i n Antwerpen .

.

.

. v> 50. 192. Cercle suisse in Mülhausen 600. -- ·n 193. Société française de bienfaisance in Basel 5,565. 55 n 194. Schweiz. Konsulat in Marseille (3. Sendung) 1,000. -- ·p ,, ,, ,, Rotterdam 195.

510. 40 t> ^ ,, Oran (Subscription) . fi 196.

1,200. -- n 197.

,, ,, ,, London ,, 10,000. -- ·n 198. Comité de secours Neuchâtel - Serrières (4. Sendung) .

.

.

1,990. -- ·n 199. Kantonales Hilfskomite in Solothurn (Gaben von Gemeinden im Kanton) 5,200. -- ·n 200. Landammann von Zug, 2. Sendung (Ertrag einer Sammlung im dortigen Kanton 2,000. -- ·n Uebertrag

Fr. 529,031. 23

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Geber.

Uebertrag Fr. 529,031. 23 201. F. Steußi, Sohn, (Ertrag eines Konzertes des Männer- und gemischten Chors in Thun) ,, 288. -- 202. Emile Bourquin in La Chauxdefonds (aufgenommene Kollekte bei einem von der tessinischen Union philharmonique gegebenen Konzerte) ,, 21. 62 203. Schweiz. Gesandtschaft in Paris (Kollekte, 5. Sendung) ,, 20,000. -- 204. Schweizer in Cannstadt (Württemberg) . ,, 23. -- 205. Mannschaft der Batterie Nr. 22 in Villeneuve (Waadt) ,, 320. -- Total bis 3. August 1876

Fr. 549,683. 85

Einnahmen der Zollverwaltung in den Jahren 1875 und 1876.

Monate.

1875.

1876.

1876.

Mehreinnahme.

Januar Februar März April Mai Juni Juli Ausust September Oktober November Dezember

o rt< CO

Fr.

1,200,780 1,228,774 1,497,203 1,514,913 1,447,955 1,291,526 1,337,570 1,383,271 1,470,154 1,641,124 1,506,521 1,616,152

Kp.

Fr.

15 93 64 84 48 08 68 73 25 45 51 17

Total Fr. 17,135,948 91 auf Ende Juli 9,518,724 80

Kp.

1,255,899 1,349,308 1,516,505 1,536,400 1,524,369 1,358,426 1,301,098

Fr.

Ky. .

45 55,119 72 120,533 19,301 31 23 21,486 76,414 58 25 66,900 98

9,842,008

-52

72

323,283

Mindereinnahme.

Fr.

ßp.

36,471

70

30 79 67 39 10 17

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der nationalräthlichen Kommission über den Rekurs von Albert Pfander von Basel, gegen den Bundesrathsbeschluss vom 29. Dezember 1875, betreffend Montirungsteuer. (Vom 17. Juni 1876.)

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1876

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34

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05.08.1876

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331-340

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