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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Veröffentlichung der Verhandlungen der Bundesversammlung.

(Vom 24. November 1876.)

Tit. !

Am 4. Juli dieses Jahres haben die eidgenössischen gesezgebenden Räthe folgendes Postulat angenommen : ,,Der Bundesrath wird eingeladen, die Frage zu untersuchen ,,und darüber Bericht zu erstatten, ob eine regelmäßige amtliche ,,Veröffentlichung der Verhandlungen in beiden Räthen zu veran,,stalten sei und bejahendenfalls, in welcher Form dieses geschehen ,,soll."

Zunächst beauftragt, dieses Postulat zu begutachten, hat der Herr Kanzler der Eidgenossenschaft dem eidg. Departement des Innern einen sehr interessanten Bericht erstattet, in welchem er die zahlreichen Vorschläge und Versuche in Erinnerung bringt, die seit 1848 zu demselben Zweke gemacht worden sind. Wir verweisen auf diesen Bericht, dessen Druk wir angeordnet haben, indem derselbe ausführliche Nachweisungen über die ganze Frage gibt.

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Die Ansicht des Bundesrathes über die Zukömmlichkeit einer amtlichen Veröffentlichung der Verhandlungen der Rälhe ist bedingt durch die Art und Weise, in welcher diese Veröffentlichung geschehen soll. So wünschenswert!!, besonders seit der Einführung des Referendums, es auch sein mag, daß das schweizerische Volk an der Hand einer unparteiischen und vollständigen Berichterstattung den Verhandlungen der Bundesversammlung folgen könne, so muß man doch prüfen, ob die zu diesem Zwcke geschehenen Bemühungen nicht fruchtlos gemacht würden durch die besonders schwierigen Urnstände, unter denen eine solche Berichterstattung veröffentlicht werden müßte.

Die Verschiedenheit der Sprachen ist für diese Veröffentlichung der erste Uebelstand. Es ist sicher, daß ein Bulletin, um bei der Bevölkerung der verschiedenen Gegenden der Schweiz Anklang zu finden, in der den verschiedenen Laudestheilen « eigenen Sprache verfaßt sein müßte. Ein mehrsprachiges Bulletin, wie es von den 44 Unterzeichnern der Motion ins Auge gefaßt wurde, welche das Postulat vom 4. Juli zur Folge hatte, würde nur einer äußerst beschränkten Zahl von Lesern genügen. Der Zwek der allgemeinen Verbreitung der geltend gemachten Ansichten, den man im Auge hat, würde also nicht erreicht.

Ein ausführliches Bulletin, welches in den drei Landessprachen oder zum Mindesten deutsch und französisch herausgegeben würde, hätte eine Verdoppelung, wenn nicht eine Verdreifachung der gewöhnlichen Kosten einer solchen Veröffentlichung zur Folge. Die Druka'rbeit würde sich in gleichem Maße vermehren, und es würde sich hieraus die sehr große Schwierigkeit ergeben, daß das Bulletin nicht schnell genug erscheinen könnte, um sich wirkliches Interesse zu sichern. Wenn nicht von einem Tag zum andern die Berichterstattung der Oóffentlichkeit übergeben werden kann, so wird sie neben den Zeitungen im Nachtheil sich befinden 'und den Reiz der Neuheit verlieren. Es ist dies der Fall mit einem Großrathsbülletin der romanischen Schweiz, das oft um ein Jahr im Rükstand ist und lediglich für Nachschlagungen noch Werth hat. Man soll sich also nur keiner Täuschung hingeben. Wenn das Blatt sehr umfangreich, d. h sehr vollständig ist, so wird es nur wenig gelesen, und wenn es in Folge der Fülle des Stoffes im Druk verspätet wird, wird es gar nicht gelesen werden. Das Publikum wird
es vorziehen, sich an die oft tendenziösen und kurz gefaßten Berichte der Zeitungen zu halten, welche den Vorzug haben, daß sie unmittelbar nach jeder Sizung erscheinen. Die öffentliche Presse selbst wird das amtliche Bulletin nur wenig benuzen, namentlich wenn es verspätet erscheint,/ denn das Bulletin wird mit dem Umfanse unserer ZeiO

705 tungen nicht vereinbar und für dieselben nur mit Abkürzungen, in .Auszügen u. s. w. dienlich sein. Die meisten Redaklionen werden es daher ohne Zweifel vortheilhafter finden, ihren Berichterstatter : in der Bundesversammlung beizubehalten.

Wenn diese Voraussezungen begründet sind, und wir glauben, · daß sie es sind, lohnt es sich dann wohl, in Aussicht eines so problematischen Erfolges, so beträchtliche Kosten zu verursachen ? Wir glauben es nicht und sind der Meinung, man habe somit vor Allem auf ein Bulletin zu verzichten, welches große Arbeit, die Einrich·tung eines stenographischen Bureau für jeden Rath -und große .Drukkosten erfordern und dafür nur wenige Abonnenten und Leser .finden würde.

Das beste Mittel, um das Volk über die Fragen, um die es /sich wirklich interessili und die gewöhnlich diejenigen sind, über welche Volksabstimmung verlangt wird, zu belehren, ist nach un,serer Ansicht, jedem Gesez, das ihm unterbreitet wird, eine Botschaft der Bundesbehörde beizulegen, welcher Gedanke schon früher angeregt wurde durch das Postulat vom 1. Juli 1875, auf das wir . gelegentlich zurükkommen werden.

Wir können also die Herausgabe eines jedenfalls sehr kost- spieligen ausführlichen Bulletins nicht anempfehlen, hinwieder könnten wir uns dazu verstehen, daß man unter dem Namen eines Versuchs den Druk der beiden Rathsprotokolle anordne, unter dem Vorbehalt, daß sie künftighin gleichmäßig verfaßt würden, was dermalen bekanntlich nicht der Fall ist.

Aber auch diese Veröffentlichung ist in unsern Augen überflüßig. Sie könnte zwar leichter in ziemlich kurzer Zeit gemacht werden, und würde die Bestellung eines neuen Sekretariatspersonals nicht erheischen. Dennoch würde sie gleichermaßen Kosten verursachen, die in keinem Verhältnisse zu den Resultaten, die man erzielen würde, stünden. Die Berechnung eines Drukers läßt uns die Summe, welche zur Herausgabe der Rathsprotokolle mit Botschaften, Berichten u. s. w. in den zwei Sprachen erforderlich wäre, auf 36,000 Fr. für 50 Sizungen veranschlagen, wobei die Zahl der Sizungen allerdings geringer angenommen ist, als sie in den lezten Jahren wirklich war. Von dieser Summe müßte man den Ertrag der Abonnemente abziehen, der jedenfalls, nach den Erfahrungen zu urtheilen, die wir gemacht haben, ein nur geringer sein wird.

Es scheint uns also, daß wir nach allen fehlgeschlagenen Versuchen, die im Berichte der Bundeskanzlei erwähnt sind, und AnBundesblatt. 28. Jahrg. Bd. IV.

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gesichts unserer Finanzlage die 36,000 und mehr Franken, welche für eine solche-Veröffentlichung nöthig wären, auf eine nüzlichere Weise verwenden können, und schließen sonach mit dem Antrage,, daß dem Postulate vom 4. Juli dieses Jahres keine weitere Folge gegeben werde.

Wir benuzen übrigens die Gelegenheit, Sie, Tit., unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 24. November 1876.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes.

Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft; Schiess.

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Bericht an

das eidg. Departement des Innern über die Veröffentlichung der Verhandlungen der Bundesversammlung.

(Vom 20. Oktober 1876.)

Hochgeachteter Herr Bundesrath!

In der Sizung vom 24. Juni abhin war von 44 Mitgliedern des Nationalrathes folgende Motion gestellt worden: ,,Der Bundesrath wird eingeladen, die nöthigen Vorkehrungen ,,zu treffen zum Zweke einer versuchsweisen Veröffentlichung der ,,Verhandlungen der beiden Räthe während der nächsten Session ,,der Bundesversammlung. Diese Veröffentlichung soll enthalten: a. die Gesezentwürfe in deutscher, französischer und italienischer Sprache ; b. in deutscher und französischer Sprache: die Botschaften des Bundesraths, die Berichte der Kommissionen, die im Laufe der Verhandlungen gestellten Anträge und die Beschlüsse der Räthe ; c. die Voten der einzelnen Mitglieder, jedoch nur ihrem wesentlichen Inhalte nach und nur in derjenigen Sprache, in welcher sie abgegeben wurden;

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Veröffentlichung der Verhandlungen der Bundesversammlung. (Vom 24. November 1876.)

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Jahr

1876

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55

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

16.12.1876

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703-707

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