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Bundesrathsbeschluss in

Sachen des J. Baptist S c h m i d , von Füll (Aargau), betreffend Verweigerung von Heimatschriften.

(Vom 22. November 1875.)

Der s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s r ath hat

in Sachen des J. Baptist S c h m i d , von Füll (Aargau), betreffend Verweigerung von Heimatschriften; nach angehörtem Berichte des Justiz- und Polizeidepartements und nach Einsicht der Akten, woraus sich ergeben: I. J. Baptist Schmid, von Füll, Kantons Aargau, Taglöhner in Riesbach, Kantons Zürich, beschwerte sich unter Berufung auf die Bundesverfassung gegen einen Beschluß der Regierung von Aargau vom 22. September d. J., womit ihm die Ausstellung eines Familienheimatscheines verweigert worden ist, so lange er die rükständigen Militärsteuern für die Jahre 1869 bis und mit 1875 im Betrage von 84 Franken nicht bezahlt habe.

II. Die Regierung des Kantons Aargau rechtfertigte diesen Beschluß durch § 19 der Vollziehungsverordnung vom 16. Juni 1871 zu dem aargauischen Geseze über die Besteuerung der vom persönlichen Militärdienst Befreiten, wonach keinem Schweizerbürger, der das wehrpflichtige Alter angetreten, Heimatschriften ausgehändigt oder erneuert werden dürfen, bevor er über die Erfüllung der Wehrpflicht durch persönliche Dienstleistung oder durch Entrichtung der Militärsteuer sich ausgewiesen habe.

116 Die Gesichtspunkte, gestüzt auf welche die Bundesbehörden die Rükhaltung von Heimatschriften wegen Forderungen als unzuläßig erklärt haben, können auf die Militärsteuer nach der besondern Natur dieser Verpflichtung nicht maßgebend sein. Die Bundesverfassung stelle den Grundsaz der a l l g e m e i n e n W e h r p f l i c h t auf, welcher entweder durch persönliche Dienstleistung oder durch Bezahlung der Militärersazsteuer genügt werden müsse; In E r w ä g u n g : Die Bundesversammlung hat bestimmt erklärt, daß die Zurükbehaltung von Ausweisschriften wegen Schulden im Widerspruche stehe mit der Bundesverfassung und namentlich mit den Art. 45 und 59 derselben. (Vergi. Bundesblatt von 1875, Bd. II, S. 669); Die Bundesversammlung hat hierbei keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Arten von Schulden gemacht; es ist also nicht zu unterscheiden zwischen Schulden, welche an Privaten, und solchen, welche dein Staate für Steuern abzutragen sind; Wenn die Zurükbehaltung oder Beschlagnahme von Ausweisschriften wegen Schulden eine Verlezung der Bundesverfassung enthält, so gilt dieß auch für die Weigerung, welche eine Gemeinde aus fiskalischen Rüksichten der Verabfolgung der einem Schweizerbürger für seine eigene Niederlassung und diejenige seiner Familie erforderlichen Schriften entgegenstellt ; beschlossen:.

1. Der Rekurs ist begründet.

2. Dieser Beschluß ist einerseits dem Rekurrenten Schmid, andererseits der Regierung des Kantons Aargau mitzutheilen, mit der Einladung an leztere, dem J. B. Schmid durch die Gemeinde Füll die Ausweisschriften verabfolgen zu lassen, deren er für seine und seiner Familie Niederlassung in Riesbach bedarf.

B e r n , den 22. November 1875.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Scherer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schiess.

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Summarische Uebersicht der

Ein-, Aus-

u nd D u r c h f u h r

in der Schweiz im Monat Dezember 1875 und 1874.

(Mit Angabe der wichtigsten Artikel dieses Verkehrs.)

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Bundesrathsbeschluss in Sachen des J. Baptist Schmid, von Full (Aargau), betreffend Verweigerung von Heimatschriften. (Vom 22. November 1875.)

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1876

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22.01.1876

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115-117

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